Anfragen der Bündnis 90/ Die Grünen vom 19.10.2010 1. Wie begründet die EWE diese hohen, über dem durchschnittlichen Marktniveau liegenden Preise? Der Energiemarkt hat sich in den letzten Jahren zu einem hart umkämpften Wettbewerbsmarkt entwickelt. Auch wenn Strom ein austauschbares Produkt ist, so sind viele Angebote und Vertragsbedingungen anderer Anbieter nicht immer eins-zu-eins mit denen von EWE zu vergleichen. Ein reiner Preisvergleich ist daher nicht alleinig aussagekräftig. Zum Beispiel agieren viele Billiganbieter mit Einmalboni und Vorauskasse. Ziel eines Einmalbonus ist das Suggerieren der Preisbilligkeit, die nach dem Wegfall des Einmalbonus nicht mehr zwingend gegeben ist. Wenn Kunden sich für einen Anbieter mit einem Vorauskassemodell entscheiden, gehen Sie in diesem Zuge immer auch ein gewisses Risiko ein, welches einem Preisvorteil entgegensteht. Dass dieses Risiko auch zu einem Nachteil der Kunden avancieren kann zeigt das jüngste Beispiel der Firma TelDaFax. Ob und wie Kunden ein im Voraus gezahltes Geld zurück erhalten, ist mehr als fraglich. Neben verschiedenen Geschäftsmodellen und Vertragsbedingungen, ist anzumerken, dass über 60% des Strompreises von EWE nicht zu beeinflussen sind: Im Strommarkt sind über 60% des Preises von EWE nicht zu beeinflussen Zusammensetzung des Strompreises der Strom Grundversorgung in Prozent EEG: 8,16% KA: 5,69% KWK-G: 0,52% Netz: 24,80% Stromsteuer: 8,16% MwSt. : 15,97% Energie: 36,71% Zusammensetzung des Strompreises im EWE Strom comfort (Durchschnittlicher Endverbraucherhaushalt: 3.500 kwh/jahr); Stand: 1. Januar 2010 Im Jahre 2020 kann EWE nur noch 10% des Bruttopreises über den Großhandelspreis beeinflussen. Lediglich die Komponenten Energie sind durch den Einkauf zu beeinflussen. Der Preisvorteil von alternativen Anbietern kommt zumeist durch Einmalboni oder bewussten Verzicht auf einen positiven Ertrag zustande. Zudem ist es wichtig aufgrund unterschiedlicher Netzentgelte (reguliert) immer die Preise innerhalb einer Netzgebietes zu vergleichen. Grundsätzlich sind die Netzentgelte in ländlichen Gebieten mit einer geringen Einwohnerdichte deutlich höher als in Städten. Das Gebiet von EWE mit einer Einwohnerdichte von 100 Einwohner/km² zeichnet sich durch eine geringe Energiedichte aus, welche sich in vergleichbar höheren Netzentgelten widerspiegelt. 2 Eine weitere Komponente ist die EEG-Umlage. Das starke Wachstum erneuerbarer Energien wird im Jahr 2011 erneut zu höheren Kosten führen. Laut des Bundesverbandes der
Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) werden Verbraucher im Jahr 2011 3,530 Cent für jede Kilowattstunde (kwh) Strom zur Förderung des Ausbaus der Erneuerbaren zahlen. Im Jahr 2010 habe die EEG-Umlage bei 2,047 Cent/kWh gelegen. Damit liegt die Förderung der erneuerbaren Energien erstmalig über der Belastung der Ökosteuer, so der Verband. Es sei bereits absehbar, dass die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geförderten Strommengen im nächsten Jahr weiter steigen werden. Bei einem Preisvergleich auf verivox.de (PLZ 26122 Oldenburg) (unter Ausschluss der Vorauskasse-Anbieter, ohne Boni, ohne Naturstrom) belegt EWE Strom online derzeit den Platz 29 von über 110 Tarifen. 2. Trifft es zu, dass die EWE Strom außerhalb der Region auf neuen Märkten günstiger anbietet als im Bereich der Anteilseigner? Nein. Der Preisunterschied des EWE Strom direkt (Tarif für externe Gebiete) kommt allein durch die unterschiedlichen Netznutzungsentgelte in den verschiedenen Gebieten zustande. Diese Netzentgelte sind reguliert durch die Bundesnetzagentur und daher für keinen Anbieter beeinflussbar und stellen einen festen Kostenblock dar. Da das Vertriebsgebiet von EWE durch eine geringe Einwohnerdichte gekennzeichnet ist, sind die Netzentgelte im Vergleich zu einer Stadt wie Braunschweig höher. Dieser Unterschied der Netzentgelte ist der einzige Grund für unterschiedliche Preise im EWE-Gebiet und außerhalb. Im Übrigen führt daher auch auf der Erdgasseite der Unterschied der Netzentgelte in den EWE-Gebieten Ems-Weser-Elbe und Brandenburg zu unterschiedlichen Endkundenpreisen in diesen beiden Gebieten. EWE bietet somit in externen Gebieten den Strom zu denselben Energiepreisen (beeinflussbarer Teil) wie im Heimatmarkt an. Preisunterschiede (nach oben oder unten) entstehen lediglich durch unterschiedlich hohe Netzentgelte. 3. Im Sommer diesen Jahres bestätigte das BGH ein Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg, das Preiserhöhungen für viele Gaskunden des Oldenburger Energieversorgers zwischen 2004 und 2008 für teilweise unwirksam erklärt hatte. Die Presse berichtet, dass die EWE den zu viel verlangten Gaspreis nicht vollständig zurückzahlt, sondern nur zum Teil? Trifft dies zu? Wenn ja, welche Gründe gibt es hierfür und wie ist die Haltung der Landkreis Vertreter hierzu? Der BGH erklärte am 14.07.2010 die von EWE verwendete Preisanpassungsklausel in Sonderkundenverträgen mit Gaskunden mit Wirkung ab 01.04.2007 für unwirksam. Auf der Grundlage dieser Preisanpassungsklausel hatte EWE die Gaspreise ab 01.04.2007 zweimal erhöht und dreimal gesenkt. Über Rückzahlungsansprüche der Gaskunden wurde vom BGH nicht entschieden. Als kundenfreundliche Lösung hat sich EWE daraufhin für eine Rückzahlung auf der Grundlage eines Vergleichsangebots gegenüber den Kunden entschieden. Mit der Entwicklung dieses Angebots wurde der ehemalige Bremer Bürgermeister Henning Scherf beauftragt. Das von diesem erarbeitete Vergleichsangebot beläuft sich auf insgesamt rd. 100 Mio. Euro und berücksichtigt nach dessen Aussagen die Preiserhöhungen und Preissenkungen in dem betroffenen Zeitraum. Die Vertreter des Landkreises Harburg in der EWE-Zweckverbandsversammlung unterstützen dieses Angebot.
4. Die Kommunen haben 26% ihrer EWE-Anteile an EnBW abgegeben. Zu welchem Preis? Wie viel ist davon an die Kommunen geflossen? Wie hoch ist der Anteil des Landkreises? Die genaue Summe des Verlaufserlöses der 26% EWE-Anteile unterliegt der Vertraulichkeit der Vertragsparteien. Der kommunizierte Erlös in Höhe von 2 Mrd. Euro entspricht in etwa den Tatsachen. Die im EWE-Zweckverband zusammengeschlossenen Kommunen haben einen erheblichen Teil dieser Summe erhalten, um ihre Kredite zu tilgen, die zur zwischenzeitlichen Übernahme des damaligen E.ON- Anteils aufgenommen worden waren. Zudem hat der EWE-Verband beschlossen, eine Sonderzahlung in Höhe von 50 Millionen Euro zu leisten, die in den Jahren 2010 und 2011 geleistet wird. Die restliche Summe ist als Kapitalerhöhung zurück in das Unternehmen geflossen, um EWE für anstehende Investitionen wie den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Region zu stärken und für die Zukunft nachhaltig zu rüsten. 5. Früher war Zielsetzung der EWE, die Region preiswert mit Energie zu versorgen als unser Unternehmen. Welchen Kurs steuert die EWE nach Beteiligung der EnBW? Regionale Tradition und internationale Ausrichtung sind für EWE kein Widerspruch, sie zeichnen ganz im Gegenteil einen modernen Energieversorger aus. Diese grundsätzliche Unternehmensstrategie hat sich auch durch den Einstieg von EnBW nicht verändert. EWE ist wie bereits in den 70er Jahren zuvor im kommunalen Besitz (74 %). Die Phase des 100%igen kommunalen Anteils war nur ein Übergang von 2004 bis 2009. Darüber hinaus weist auch der neue Aktionär von EWE eine kommunale Beteiligungsstruktur auf. Mehr als 50 % von EnBW werden gehalten von den Kommunen in Baden-Württemberg. Aus diesem Grund sind nicht nur die Kulturen, sondern auch die gesetzten Ziele beider Unternehmen und beider Anteilseigner deckungsgleich. Regionalität gehört zu einer dieser Maxime. Regionale Orientierung (mit viele Servicepunkten, Kundencentern, Bezirksmeistereien und Geschäftsregionen) ist für EWE ein strategischer Wettbewerbsvorteil. Dieses wird durch die neue Konzernstruktur Ausgründung der EWE ENERGIE AG unterstrichen. Die Kernregionen profitieren von den Erfahrungen, die EWE im Ausland macht. 6. Im Hinblick auf die finanziellen Probleme der Landkreise liegt es nahe, einen Verkauf der Landkreis-Anteile in Betracht zu ziehen. Wie ist diesbezüglich die Haltung anderer Landkreise? Der Landkreis Harbrug besitzt keinen direkten Anteil an der EWE AG, sondern er ist an dem EWE-Zweckverband beteiligt. Dieser Zweckverband wiederum hält 74% der EWE-Anteile. Sollte der LK Harburg darüber nachdenken, die Anteile nicht mehr halten zu wollen, so ist dies allein über die Niederlegung der Anteile an dem Zweckverband möglich. Wie diese Niederlegung im Detail aussieht, ist in den 15/16 der EWE- Verbandsordnung festgesetzt(s. Anlage). Zumal EWE seit Jahren nicht nur ein großer Anker für die Region ist, sondern darüber hinaus auch eine konstante Rendite erwirtschaftet und eine sichere Energieversorgung für die Kunden gewährleistet, gibt es bei anderen Landkreise keine Tendenzen oder Anzeichen, sich von einem EWE-Engagement zu trennen. 7. Mit welchen Gewinnausschüttungen/Dividenden rechnet der Landkreis Harburg in den nächsten Jahren?
Die EWE-Dividende ist seit 1996 stetig gestiegen, welches auch immer dem LK Harburg zugutegekommen ist. Der Landkreis Harburg ist mit 3,59% an dem EWE-Zweckverband beteiligt, welcher wiederum mit 74 % an EWE beteiligt ist. Damit ist der LK Harburg mit umgerechnet 2,66% an EWE beteiligt und erhält umgerechnet diesen Anteil der Dividende. In 2010 ist daher ein Betrag i.h.v. 1,12 Mio. Euro zu erwarten sowie eine Sonderausschüttung von 0,89 Mio. Euro (s. 4.). Dividendenentwicklung seit 1996 in Mio. 100 90 80 88,0 70 60 50 60,0 60,0 60,0 65,0 65,0 40 30 20 23,8 23,8 26,1 27,6 27,6 41,0 42,0 46,0 10 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 77 Anlage: Auszug der EWE Verbandsordnung 15 Auflösung und Abwicklung des Zweckverbandes (1) Die Auflösung des Zweckverbandes bedarf eines Beschlusses der Verbandsversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln aller Stimmen. (2) Wird die Auflösung beschlossen, ist das Vermögen des Verbandes zu verwerten. Dazu hat der Verbandsausschuss der Verbandsversammlung ein Verwertungskonzept vorzulegen, das der Beschlussfassung durch die Verbandsversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln aller Stimmen bedarf. (3) Ein nach Verwertung des Verbandsvermögens, Einzug von Forderungen des Zweckverbandes und Erfüllung seiner Verpflichtungen verbleibender Überschuss wird an die Verbandsmitglieder nach dem Verteilerschlüssel gemäß 14 Abs. 3 ausgeschüttet. Etwaige Verluste werden nach dem Verteilerschlüssel gemäß 14 Abs. 3 auf die Verbandsmitglieder umgelegt. 16 Ausscheiden eines Verbandsmitgliedes
(1) Will ein Verbandsmitglied aus dem Zweckverband ausscheiden, hat es die Kündigung gegenüber der Verbandsgeschäftsführerin oder dem Verbandsgeschäftsführer unter Einhaltung einer zweijährigen Kündigungsfrist zum Ende des Kalenderjahres schriftlich zu erklären. Das Ausscheiden aus dem Zweckverband durch Kündigung bedarf der Annahme durch die Verbandsversammlung, die hierüber mit einer Mehrheit von drei Vierteln aller Stimmen zu beschließen hat. Die Kündigung kann bis zur Annahme durch die Verbandsversammlung zurückgenommen werden. Nach der Annahme der Kündigung ist die Verbandsordnung entsprechend zu ändern. (2) Ein ausscheidendes Verbandsmitglied hat keinen Anspruch auf das Vermögen oder einen Anteil am Vermögen des Verbandes. (3) Das ausscheidende Verbandsmitglied erhält eine Abfindung, die wie folgt berechnet wird: Grundlage ist der Durchschnitt der dem Verbandsmitglied gemäß 14 Abs. 4 zugeflossenen Ausschüttungen des Bilanzgewinns oder von Teilen des Bilanzgewinns für die letzten fünf Jahre seiner Mitgliedschaft im Verband. Dieser Durchschnittsbetrag wird über zehn Jahre kapitalisiert. Die Abzinsung erfolgt unter Zugrundelegung der Umlaufrendite für festverzinsliche Anleihen der öffentlichen Hand mit einer Laufzeit von zehn Jahren, die am letzten Tag der Mitgliedschaft des Verbandsmitgliedes gilt (gemäß Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Statistischer Teil, VII Kapitalmarkt, 5. Renditen und Indizes deutscher Wertpapiere, Umlaufsrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten, Anleihen der öffentlichen Hand, börsennotierte Wertpapiere mit Restlaufzeit über 9 bis 10 Jahre). Der Abfindungsbetrag wird ermittelt, sobald über eine Ausschüttung des Bilanzgewinns oder von Teilen des Bilanzgewinns gemäß 14 Abs. 4 für das letzte Jahr seiner Zugehörigkeit zum Verband beschlossen ist und ist innerhalb von drei Monaten fällig.