Eisschilde und Eiskernarchive



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Eisschilde und Eiskernarchive Michael Pirrung (michael.pirrung@uni-jena.de) Martina Kunz-Pirrung (martina.kunz-pirrung@ufz.de) Seminar Stoffkreisläufe SS2002 Leitung Prof. Lothar Viereck-Götte, lothar.viereck@uni-jena.de Institut für Geowissenschaften, Friedrich-Schiller-Universität Jena, http://www.geo.uni-jena.de/igw.html Übersicht 1. Wo kommt Eis auf der Erde vor? 1.1. Gletscher Grönland Alpen Patagonien Antarktis 1.2. Eisschelfe 1.3. Meereis Meereisbildung Meereisdrift Meereis und Ozeanzirkulation 1.4. Permafrostboden 1.5. Seeeis 1.6. Flußeis 2. Eiszeiten und Warmzeiten 2.1. Glazial-/Interglazialwechsel 2.2. Orbitale Zyklen 2.3. Sauerstoffisotopen 3. Eiskerne als Klimaarchive 3.1. Stabile Isotopen 3.2. Staub 3.3. Spurengase 4. Zusammenfassung 4.1. Unsichere Zukunft 5. Websites 6. Literatur 1. Wo kommt Eis auf der Erde vor? 80 % der Süßwasservorräte der Erde sind in den Eismassen gespeichert (Abb. 1-1). Würden die polaren Eiskappen abschmelzen, käme es zu einem Anstieg des Meeresspiegels von 75 m (Westantarktis: 5-6 m). Nach Modellierungen für die nächsten 100 Jahre wird ein Rückgang der Eismassen des Grönländischen Eisschildes durch eine Zunahme des antarktischen Eises weitgehend ausgeglichen, sodaß Änderungen des Meeresspiegels durch Eisvolumenänderungen der polaren Eiskappen möglicherweise nur gering sind (Huybrechts, 1998). Für exaktere Modellierungen sind jedoch längere Zeitreihen, möglichst über mehrere Glazial-Interglazial-Zyklen, und genauere Daten zur modernen Eisvolumenvariabilität der Polargebiete notwendig.

Abb. 1-1: Volumen der Salz- und Süßwasservorräte. Umgezeichnet nach Hamblin (1992: Abb. 2.4). 1.10. Gletscher Gletscher bedecken 10.7 % der Erdoberfläche (davon Antarktis + Grönland = 99.2 %) Die Ausdehnung und Fließgeschwindigkeit der Gletscher wird durch Temperatur, Niederschlag und Topografie bestimmt und dadurch, ob das Gletscherbett gefroren(geringere Geschwindigkeit) oder naß (Schmelzwasser, höhere Geschwindigkeit) ist (Abb. 1.1-1). Vorstoß oder Rückzug hängen von lokalen Faktoren ab, sodaß nicht ohne Weiteres aus einem Rückzug eines Gletschers auf eine regionale Erwärmung geschlossen werden kann.

Abb. 1.1-1: Topografie eines Talgletschers, verändert nach Anderson (1999: Abb. 1.13). Die Fließgeschwindigkeit ist höher bei nassem Gletscherbett (temperierte Gletscher, Schmelzwässer an der Basis) als bei gefrorenem. Sie nimmt an der Aufsetzlinie stark zu, da das aufschwimmende Eis keine Reibungsverluste mit dem Gesteinsuntergrund erfährt und ausdünnt. Ähnlich ist die Struktur eines Eisschildes mit vorgelagertem Schelfeis. In Gletschern, deren Zunge auf Gestein aufliegt, nimmt die Fließgeschwindigkeit an der Gletscherstirn dagegen ab. Von der Form und Ausdehnung her unterscheidet man: Eiskappe auf hohen Bergkuppen Talgletscher füllen von einem steilwandigen Kargebiet oder einer Eiskappe aus ein Trogtal Tide-Wasser-Gletscher - Gletscherzunge liegt im Meer, durch Gezeiten wird das Kalben des Gletschers beeinflußt Fjord-Gletscher mündet in einen Fjord, einen tiefen durch frühere Gletscher ausgeräumten Meeresarm, und füllt diesen Fjord meerwärts der Aufsetzlinie mit Eismassen aus. Eisfeld zusammenhängendes Gletschergebiet mit mehreren Eiskappen oder Karen, mit zahlreichen Talgletschern Eisstrom sehr hohe Fließgeschwindigkeit Eisschild bedeckt große Teile eines Kontinents Top des Kapitels Grönland Schneefälle sind in Nordgrönland nur gering, während Zentral- und Südgrönland hohe Niederschläge aufweisen. Im Sommer ist die Schneebedeckung küstennaher Gebiete deutlich geringer als im Winter (Abb. 1.1-2). Über dem bis zu 3 km hohen Eisschild Grönlands (und auch der Antarktis) bilden sich kalte katabatische Fallwinde mit hohen Geschwindigkeiten, sie wehen von vereisten Gebieten küstenwärts (höchste gemessene Windgeschwindigkeit 333 km/h in Thule, Nordwestgrönland). Mit Satelliten-Radar-Backscatter-Aufnahmen und Interferometrie kann die Oberflächenstruktur der Gletscher, d.h. der oberflächliche Feuchtegehalt, bestimmt werden (Abb. 1.1-3 ). Abb. 1.1-2: Satellitenbild Ostgrönlands mit dem Scoresbund Sund, der Fjord mit dem größten Eistransport in Ostgrönland, an der Mündung (70 N, 22 W) 30 km breit. Spätfrühling, Ostgrönlandstrom mit küstennaher Polynya (einzelne scharf umgrenzte Eisberge und dunkle, offene Wasserbereiche) sowie weiter östlich Meereis (hell) mit randlichen Wirbeln im Bereich der Polarfront, wo sich polare und atlantische Wassermassen mischen. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?11155. Abb. 1.1-3: Satelliten-Backscatter-Radarbild Grönland, Tagesmittel und Tagesvariation, im zentralen Teil des Eisschildes, dem Trockenschneegebiet, gibt es kein oberflächliches Auftauen, während randliche Bereiche, vor allem im Süden, nasse Schneeoberflächen aufweisen. Gerade im Süden treten aber auch im Jahresmittel die höchsten Niederschläge auf, so daß es zu einer netto Akkumulation kommen kann. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?2001 Feldfunktion geändert

Top des Kapitels Alpen Gletscher finden sich nur noch in einigen Hochlagen der Alpen (Abb. 1.1-4, 1.1-5, 1.1-6). Sie sind seit 1850 auf etwa die Hälfte des Volumens geschrumpft. Dabei zeigen sich starke lokale Unterschiede, große Gebirgsgletscher zeigen einen geringeren prozentualen Schwund als kleinere Gletscher. Der Aletschgletscher im Oberwallis (Abb. 1.1-7) ist mit 23 km (1981) und einer Fläche von 110 km 2 der längste Gletscher der Alpen. Von 1900-1980 verlor er nur etwa 10 % seiner Fläche, während der durchschnittliche Flächenverlust in der Schweiz 26% betrug. Modellierungen zeigen, dass vermutlich ab 2050 die Hälfte der heutigen Alpengletscher verschwunden sein wird (Haeberli et al., 1998). Abb. 1.1-4: Satellitenbild Alpen, nur die Hochregionen sind vergletschert, es gibt keine größeren zusammenhängenden Eismassen. http://visibleearth.nasa.gov/cgibin/viewrecord?10359. Abb. 1.1-5: Rhônetal mit Aletschgletscher, nördlich davon von W nach E Jungfrau, Mönch und Eiger. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?10371.

Abb. 1.1-6: Rhônetal mit Aletschgletscher, dem längsten Alpengletscher. Braune Streifen auf dem Eis sind Mittelmoränen, die sich beim Zusammentreffen zweier Gletscher aus den Seitenmoränen bilden. Die Trogtäler enden im oberen Bereich oft in einem hufeisenförmigen, steilwandigen Kar, im unteren Bereich liegen Seen, die durch feine Gesteinspartikel ( Gletschermilch ) eine helle grünlichgraue Färbung haben. Die Pfeile geben den Blick der nächsten Abb. wider. Dies ist ein Detail aus: http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?10371.

Abb. 1.1-7: Aletschgletscher vom Aletschwald aus gesehen, gleicher Aufnahmestandort, unterschiedliches Objektiv. Links: August 1984, rechts: August 1987. Zwischen beiden Zeitpunkten sind die Unterschiede in diesem Beispiel nur gering, siehe Pfeil. Während des letzten Glacialen Maximums ragten nur die höchsten Bergspitzen über die Gletscher (Abb. 1.1-8). Heute zeigen die großen Trogtäler seitlich einmündende kleinere Trogtäler (Abb. 1.1-9). Das Niveau der Trogschultern zeigt die ehemalige Oberfläche der großen Talgletscher an. Zahlreiche, oft mehrere hundert m tiefe Seen in den Alpen füllen ehemalige Gletscherbecken aus, z.b. der Sankt Moritz See. Während die meisten Gletscher sich zurückziehen (z.b. Morteratschgletscher im Engadin, Abb. 1.1-10) und Rhônegletscher im Wallis), gibt es auch einige vorstoßende. Die meisten Gletscher enden zwischen 1600 und 2000 m ü.m. Die Niederschlagsmengen in den Hochregionen der Alpen erreichen bis über 3 m. Nur oberhalb etwa 3500 m ü.m. liegen die Temperaturen im Jahresmittel unter 0 C.

Abb. 1.1-8: So ähnlich könnte es im Letzten Glazialen Maximum ausgesehen haben: nur die Spitzen der Gipfel ragten über die vergletscherten (hier im Nebel liegenden) Alpentäler heraus. Nördliche Schweizer Alpen, rechts hinten das schneefreie Inntal im Unterengadin, November 1993. Abb. 1.1-9: Trogtal am Suvretta Paß (2615 m ü.m.) mit Blick nach Norden ins Tal Suvretta da Samedan, nördlich von St. Moritz, 21.08.1986. Sieht so die Zukunft der Alpengletschertäler aus?

Abb. 1.1-10: Der Rückzug des Morteratschgletschers im Oberengadin bei St. Moritz legt die Grundmoräne mit an der Basis mitgeführten Geschieben frei, rechts im Hintergrund ist eine ältere, steile, völlig kahle Seitenmoräne zu erkennen, sie wurde durch Schutt gebildet, der randlich auf dem Eis liegt, wie es rechts des Schildes zu erkennen ist. Der Rückzug dieses Talgletschers erfolgt so rasch, dass sich keine Endmoräne bilden kann. In Verlängerung des Weges ist links davon das Gletschertor zu sehen, weiter nach links zu ist der Gletscher von Schuttmassen bedeckt, die von den Seiten auf das Eis herabgestürzt sind. Aufschrift auf dem Schild: Gletscherzunge 1970, Rückzug von 1900 bis 1970: 1318 m, Aufnahme 29. August 1986. Top des Kapitels Patagonien Gletscher in Südamerika (Abb. 1.1-11) gibt es im Nordpatagonischen (Abb. 1.1-12, 1.1-13, 1.1-14) und Südpatagonischen Eisfeld (Abb. 1.1-15) und auf Feuerland. sind überwiegend im Rückzug begriffen. Nur wenige Gletscher stoßen derzeit vor: Brüggen Gletscher (Abb. 1.1-15). Abb. 1.1-11: Karte der Gletschergebiete in Südamerika. http://pubs.usgs.gov/prof/p1386i/ chile-arg/wet/historic.html. Abb. 1.1-12: Satellitenbild Nordpatagonisches Eisfeld. http://visibleearth.nasa.gov/cgibin/viewrecord?11549. Abb. 1.1-13: Falschfarben-Infrarot-Satellitenbild Glaciar San Quintin, Nordpatagonisches Eisfeld. Erkennbar ist dass die Gletscherzunge in einen See mündet, der

von einer älterenendmoräne umgeben ist. http://visibleearth.nasa.gov/cgibin/viewrecord?7149. Abb. 1.1-14: Shuttle Aufnahmen des Glaciar San Quintin zeigen den Rückzug in 8 Jahren an. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?12393. Abb. 1.1-15: Glaciar Brüggen, Südpatagonisches Eisfeld. Dieser Gletscher stößt gegenwärtig vor. http://www.visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?10809 Top des Kapitels Antarktis Schneefälle sind in der Westantarktis am höchsten und in der zentralen Antarktis (Antarktisches Plateau) am niedrigsten (polare Kältewüste). Die niedrigste gemessene Temperatur betrug 89 C in der Station Vostok (Ostantarktis). Durch katabatische Winde werden die Trockentäler der Antarktis eisfrei gehalten. Durch Sublimation (Übergang von der festen direkt in die gasförmige Phase, ohne die Bildung von Wasser) verliert die Eiskappe der Antarktis stellenweise bis zu 1 m/a Schnee bzw. Firn. Etwa die Hälfte aller weltweit in Museen ausgestellten Meteoriten stammt aus der Antarktis. Durch die randlichen Hochlagen werden die Eisschilde der Antarktis und Grönlands stabilisiert. In der Westantarktis liegt die Basis der Eismassen größtenteils unterhalb des Meeresspiegels (Abb. 1.1-16). Landwärts der Aufsetzlinie ist das Eis im direkten Kontakt mit dem Untergrund, der landeinwärts einfällt (Abb. 1.1-17). Verlagert sich die Aufsetzlinie durch einen Meeresspiegelanstieg oder Abschmelzen an der Eisschildbasis in Richtung Kontinent, könnte der Kontakt zwischen Untergrund und Eisschild großflächig verloren gehen. Daher reagiert dieser Bereich vermutlich besonders sensibel auf Meeresspiegelschwankungen (Hillenbrand, 2000). In der Ostantarktis liegt das Eis dem Kontinent größtenteils oberhalb des Meeresspiegels auf (Anderson 1999). Der längste Gletscher ist der Lambert Gletscher in der Ostantarktis mit 400 km, er mündet auf den Amery Eisschelf (Abb. 1.1-18). Der Gletscher mit dem größten Eisvolumentransport ist der Byrd Gletscher, der aus der Ostantarktis in einem Trogtal durch das Transantarktische Gebirge zum Ross Meer fließt (Einzugsgebiet 1 Mio km 2 ). Neue Untersuchungen zeigen, dass die Zirkulation über der Antarktis und damit die Temperaturverteilung im Zusammenhang mit dem El Niño Southern Oscillation Phänomen steht: http://www.jpl.nasa.gov/images/earth/ antarctica/antarctica_30402_caption.html. Abb. 1.1-16: Satelliten-Radarbild zeigt die Wölbung der Erdkruste nach unten durch die Eisauflast. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?2007.

Abb. 1.1-17: Ein Profil durch die Westantarktis zeigt die Depression der Erdkruste durch die Auflast des Eisschildes, die Eisauflage liegt großenteils unter dem Meeresspiegel. Aus Hillenbrand (2000: Abb. 9.1), nach Anderson (1999: Abb. 1.3), http://www.awi-bremerhaven.de/geo/publ/phds/chillenbrand/bilder/bilder.zip. Abb. 1.1-18: Fließgeschwindigkeit im Lambert Gletscher, bestimmt durch Radar- Interferometrie. Auf dem Eisschelf ist die Fließgeschwindigkeit höher und die Eisdicke geringer als im Trogtal. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?7377. Top des Kapitels 1.2. Eisschelfe Ein Eisschelf umgibt einen kontinentalen Eisschild auf dem Schelf, seewärts der Aufsetzlinie (grounding line, Abb. 1.1-17). Eisschelfe befinden sich im isostatischen Gleichgewicht mit dem Ozean (Abb. 1.2-1), d.h. wenn sie abschmelzen, erhöht sich der Meeresspiegel nicht oder nicht wesentlich (ca. 10 cm für die Antarktischen Eisschilde). Da sie aber den Ausstrom der kontinentalen Gletscher bremsen (Anderson 1999), kann ihr Abschmelzen oder Wegbrechen das Abschmelzen der Eisschilde stark beschleunigen. Heute gibt es Eisschelfe nur in der Antarktis. Durch nachschiebende kontinentale Eismassen kann der Eisschelf in Abständen von Dekaden instabil werden und kalben bzw. zerfallen (Abb. 1.2-2), ohne daß daraus direkte Hinweise auf Klimaänderungen gezogen werden können. Die beiden größten Eisschelfe sind das Ross Eisschelf (Ross Meer, Abb. 1.2-3) und das Filchner-Ronne Eisschelf (Weddell Meer). Eisberge, die vom Schelfeis kalben, sind Tafeleisberge (Abb. 1.2-4). Die Höhe der Eisschelfe beträgt bis zu 300 m über und 1000 m unter dem Meeresspiegel, ihre Fläche bis zu 70 x 30 km. Bei einem Wegbrechen der Eisschelfe der Antarktis würde die Bildung von sehr kaltem Schelfwasser abnehmen, das eine wesentliche Rolle bei der Bildung von Antarktischem Bodenwasser bildet (Anderson, 1999).

Abb. 1.2-1: Eiswürfel im Glas. Beim Abschmelzen eines Schelfeises kommt es zunächst nicht zu einer Erhöhung des Meeresspiegels. Allerdings kann der Ausstrom eines Gletschers auf den Eisschelf drastisch erhöht werden, wenn der Eisschelf als Bremse wegbricht. Abb. 1.2-2: Satellitenaufnahme vom Zerfall des Larsen-Eisschelfes, Frühjahr 2002. Seit 1945 hat sich der Larsen Eisschelf um ca. 1 km/a zurückgezogen (Anderson, 1999). Die Bereiche des Eisschelfes meerwärts der Aufsetzlinie zeichnen sich gegenüber den auf Festland auflagernden Bereichen durch eine viel glattere Oberfläche aus. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?12416. Abb. 1.2-3: Satellitenaufnahme, Eisberg B15 löst sich vom Ross-Eisschelf. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?7195. Abb. 1.2-4: Flugzeugaufnahmen vom Eisberg B15. http://www.nsf.gov/od/lpa/news/media/ 2000/ma0019.htm. Top des Kapitels 1.3. Meereis Meereisbildung Kühlt Meerwasser unter 1.8 C ab, bildet sich Meereis. Dieses Eis umschließt Bereiche, die mit salzreicher Sole gefüllt sind ( Gläserner Schwamm ) und Lebensräume für zahlreiche Mikroorganismen (z.b. kieselige Eisalgen, Bakterien) darstellen. Im Winter besiedeln Eisalgen die Unterseite des Meereises, wo sie von Kleinkrebsen abgeweidet werden. Beim Abschmelzen von Meereis kommt es im Frühjahr zu Algenblüten, die die Nahrungsgrundlage für den Krill (Zooplankton) darstellen. Ausserdem sinken im Meereis eingeschlossene Eisalgen als Pellets zum Meeresboden ab und bilden einen wichtigen Nahrungsbestandteil des Benthos. Die

Bildung von Meereis erfolgt auf dem Schelf polarer Gebiete in einer küstennahen Polynya, einem Streifen offenen Wassers, der durch kalte, ablandige Winde (katabatische Fallwinde) am Rand kontinentaler Hochdruckgebiete weitgehend eisfrei bleibt. Im Winter bedeckt Meereis in einer Ausdehnung (20 * 10 6 km 2 ), die der Fläche von Nordamerika entspricht, den Südozean. Im Sommer schrumpft es auf etwa ein Fünftel (4 * 10 6 km 2 ) dieser Fläche. In der Arktis (Abb. 1.3-1, 1.3-2, 1.3-3, 1.3-4, 1.3-5) schwankt die Eisbedeckung saisonal zwischen 8 und 15 * 10 6 km 2 (Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH, 1997). Die Dicke des Meereises beträgt im Mittel in der Arktis 2.5-4 m und 1-1.5 m in der Antarktis. Während das Meereis um die Antarktis seit 1978 bisher keine signifikanten Veränderungen zeigt, ist eine deutliche Abnahme in der Arktis zu beobachten (Eicken & Lemke, 1998). Abb. 1.3-1: Eisbedeckung in der Arktis, gemittelt aus Radar-Satellitenbildern. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?2726. In den letzten Jahrzehnten nimmt die Dicke und Ausdehnung des Arktischen Meereises offenbar ab. Abb. 1.3-2: Tafeleisberge (gelblich durch eingeschlossene Staubteilchen, Überwasserhöhe ca. 10 m), gekalbt vom 79 Fjord Gletscher in Nordostgrönland (rechts ausserhalb des Bildausschnittes), wird von mehrjährigem Meereis (weiss, unregelmäßige Oberfläche) und neugebildetem Meereis (ebene Oberfläche, farblos, weiß bei Schneeaufwehungen) umgeben. Juni 1999, Expedition ARK-XV/2.

Abb. 1.3-3: Eisberg und Meereis in der Laptev See. Die meisten Eisberge auf den Sibirischen Schelfmeeren erreichen nur einige hundert Meter Länge. Transdrift III Expedition, 1995.

Abb. 1.3-4: Meereisbohrung in der Laptev See. Transdrift III Expedition, 1995. Abb. 1.3-5: Meereis in der Kieler Förde. Die Förde ist ein durch Gletscher während der letzten Vereisung geschaffenes Tal, das durch den Anstieg des Meeresspiegels am Ende der letzten Eiszeit durch die Ostsee überflutet wurde. Bis auf die durch Schiffe offengehaltene Fahrrinne war die Außenförde im Frühjahr 1996 zugefroren. Top des Kapitels

Meereisdrift Im Arktischen Ozean (Abb. 1.3-6) und im Südozean (Abb. 1.3-7, 1.3-8) wird die Drift des Meereises vor allem durch Wind angetrieben. Die Driftbewegung wurde durch Stationen auf großen Meereisfeldern und im Eis eingefrorene Schiffe (z.b. Fram unter Fridtjof Nansen, 1893-1896) beobachtet. Im westlichen Arktischen Ozean zirkuliert es im Beaufort Wirbel (Beaufort Gyre) zwischen der Nordküste des Kanadischen Archipels und dem zentralen Arktischen Ozean. Im östlichen Arktischen Ozean treibt es mit der Transpolardrift von den Sibirischen Schelfmeeren (Laptevsee, Karasee) über den zentralen Arktischen Ozean durch die Framstrasse zwischen Spitzbergen und Grönland mit dem Ostgrönlandstrom in das Europäische Nordmeer, bis zur Südspitze Grönlands und weiter in die Labradorsee. Abb. 1.3-6: Die Transpolardrift transportiert Meereis aus von den sibirischen Schelfgebieten und aus der Beaufort See durch die Framstrasse in das Europäische Nordmeer und in den Nordatlantik (verändert nach Kassens 1997). Abb. 1.3-7: Eisdrift im Weddell Meer. Meereisschollen und Eisberge treiben entlang der Küsten des Weddell Meeres im Uhrzeigersinn, bis sie am Ende der Antarktischen Halbinsel in den Zirkumpolarstrom eintreten oder mit dem Weddell Wirbel nach Süden wieder in Richtung der antarktischen Küste treiben. http://www.awibremerhaven.de/awi/presse/ 160500.html Abb. 1.3-8: Satelliten können aus Radar-Interferometrie die Windrichtungen und stärken bestimmen. Wind-Eis-Interaktion im Südozean: kalte, dichte Luftmassen

fliessen über dem Antarktischen Eisschild zur Küste, dabei nutzen sie bevorzugt Depressionen: eisfrei gewehte Trockentäler in der Ostantarktis und die Schelfeisgebiete. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?1085. Im Weddellwirbel (Weddell Gyre) treibt es mit dem Antarktischen Küstenstrom (Coastal Antarctic Current, CAC) entlang der Küste nach Westen, bis zur Nordspitze der Antarktischen Halbinsel nach Norden und von dort nach Osten, bis es wieder zur Küste der Antarktis zürücktreibt. Die Meereisbedeckung zeigt hier starke saisonale Schwankungen (Abb. 1.3-9, 1.3-10). Abb. 1.3-9: Satellitenbild Westliches Weddellmeer im Südhemisphärenwinter mit Meereis und Tafeleisbergen. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?10911. Abb. 1.3-10: Satellitenbild Westliches Weddellmeer im Südhemisphärensommer mit geringerer Meereisbedeckung und Tafeleisbergen. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/view record?12031. Top des Kapitels Meereis und Ozeanzirkulation Meereis unterbindet weitgehend den Wärmeaustausch zwischen Atmosphäre und Ozeanwasser (Isolator). Würde das Meereis der Antarktis veschwinden, so wäre der Wärmetransport vom Südozean in die Atmosphäre bis zu zwei Magnituden höher (Andrews, 1999). Die Rückstrahlung des Sonnenlichtes (Albedo) von Meereis (ca. 80%) ist wesentlich höher als von offenem Ozeanwasser (ca. 6%), was zu den niedrigen polaren Temperaturen wesentlich beiträgt. Da Meereis weniger Salzgehalt in sein Kristallgitter einbauen kann als im Meerwasser gelöst ist, nimmt der Salzgehalt im Wasser zu. Dadurch sinkt salzreiches + kaltes = dichtes Wasser ab. Diese dichte Sole (Brine) fließt über den Schelfknick als Tiefenund Bodenwasser entlang des Kontinentalhangs in die Tiefsee ab. Die Schelfgebiete der Arktis und Antarktis, insbesondere das Weddellmeer, tragen durch die Tiefenbzw. Bodenwasserbildung wesentlich zur Ozeanzirkulation (Global Conveyor Belt, Abb. 1.3-11) bei (in den nördlichen und südlichen Polargebieten sinken jeweils ca. 15-20 * 10 6 m 3 /s Wasser ab). Da auf etwa 75% der Ozeanfläche ein oberflächennaher Warmwasserbereich (ca. 10 C) durch stabile Schichtung von einem darunterliegenden Kaltwasserbereich (ca. 4 C) getrennt wird, kommt es nur in den Polargebieten zu einem Austausch der Kaltwassersphäre mit der Atmosphäre. Im Nordatlantik, speziell im Europäischen Nordmeer und in der Labrador See, bildet sich Nordatlantisches Tiefenwasser (NADW), das als westlicher Randstrom (Western Boundary Current) entlang der Ostküste Amerikas bis in den Südatlantik fließt. Antarktisches Bodenwasser (AABW) wird am Rand der Antartkis gebildet, es ist noch dichter und strömt unter dem NADW nach Norden. Zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser schichtet sich subarktisches und subantarktisches Zwischenwasser ein. Im Südozean steigt das NADW teilweise auf und recirculiert in den Nordatlantik. Ein weiterer Teil des NADW strömt mit dem Antarktischen Zirkumpolarstrom (ACC) in den Indischen und Pazifischen Ozean, wo es vor allem nördlich des Äquators zum Aufsteigen des Tiefenwassers in den Bereich des Zwischen- und Oberflächenwassers kommt. Als warmes, salzreiches Oberflächenwasser strömt es in den Nordatlantik zurück. Durch diese Wasserumwälzung erfolgt ein polwärtiger Wärmetransport (etwa

so groß wie der atmosphärische Wärmetransport in die Polargebiete) und ein vollständiger Austausch des tiefen Ozeanwassers in etwa 1000 Jahren. Abb. 1.3-11: Ozeanisches Förderband. Umgezeichnet nach Broecker et al., 1985. Top des Kapitels 1.4. Permafrostboden Permafrost bildet sich, wenn die Temperaturen mindestens 3 Jahre lang unter 0 C liegen. Ca. 20% der Landoberfläche sind Permafrostgebiete, vor allem im nördlichen Nordamerika und in Sibirien (Abb. 1.4-1). Die Mächtigkeit der Permafrostzone erreicht bis zu 1500 m in Nordsibirien. Kontinuierlicher Permafrost tritt im Nordpolargebiet unterhalb einer Tiefe von 50-80 cm auf, weiter südlich erst in einigen Metern Tiefe. Oft taut die obere Schicht im Sommer auf, dann kann sich Tundravegetation ausbreiten (Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH, 1997). Diskontinuierlicher Permafrost, der sich im Süden an den kontinuierlichen Permafrostbereich anschließt, reagiert besonders sensibel auf Klimaschwankungen, da er sich nahe am Gefrierpunkt befindet (Siegert & Hubberten, 1998). Beim Auftauen des Permafrostbodens entweichen Grünhausgase wie Methan in die Atmosphäre (Abb. 1.4-2).

Abb. 1.4-1: Neuschnee auf glazialen Ablagerungen, Permafrostboden in Nordkanada, Dezember 1999. Abb. 1.4-2: Erwärmung der Arktis. Einige Gebiete haben sich seit 1966 um bis zu 4 C erwärmt. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/viewrecord?2966. Top des Kapitels 1.5. Seeeis Die großen Seen Nordamerikas und Zentralasiens sind im Winter eisbedeckt. Der Baikalsee (Abb. 1.5-1) friert im Winter vollständig zu mit einer bis zu einem Meter mächtigen Eisschicht, die von Fahrzeugen zum Materialtransport befahren wird. Abb. 1.5-1: Baikalsee. http://visibleearth.nasa.gov/data/ev40/ev4046_s1999143051651.png Top des Kapitels 1.6. Flußeis Die Sibirischen Flüsse Ob (Abb. 1.6-1), Yenissei (Karasee) und Lena (Laptevsee) frieren im Winter zu. Im Frühsommer bricht das Eis auf und riesige Mengen Süßwassereis treiben in die Schelfmeere (ice factory) und weiter mit der Transpolardrift (Abb. 25). Die geringe Salinität auf den Schelfen führt zur Bildung von Meereis in Polynyas. Abb. 1.6-1: Satellitenbild Flußeis auf dem Ob. http://visibleearth.nasa.gov/cgi-bin/view record?9291. Top des Kapitels

2. Eiszeiten und Warmzeiten 2.1. Glazial-/Interglazialwechsel Im Quartär, d.h. in den letzten 2 Mio a, gab es ca. 30 Eiszeiten, die mit großer Regelmäßigkeit auftraten, obwohl die wichtigsten Grenzbedingungen, die Lage der Kontinente (größte Konzentration der Landmassen auf etwa 65 N) und die Leuchtkraft der Sonne, sich in diesem Zeitraum nur unwesentlich verändert haben (Cuffey & Brook 2000). Umstritten ist noch der Einfluß der Hebung des Plateaus von Tibet seit etwa 3 Mio a, das die großräumige atmosphärische Zirkulation verändert haben dürfte. Das Letzte Glaziale Maximum (LGM) im Marinen Isotopenstadium 2 wird auf ca. 20000 Jahre vor heute (20 kyr BP) datiert. Die Ausdehnung der Eisschilde (Abb. 2.1-1) in Nordamerika, Grönland und Europa war wesentlich größer als heute (Geschiebe im New York Central Park), dagegen ist der heutige Antarktische Eisschild mit ca. 80% der Ausdehnung im LGM nicht wesentlich kleiner (Anderson 1999). Der Meerespiegel lag im LGM 125 tiefer und im Eem Interglazial (125 kyr BP) 6 m höher als heute. Im Glazial war es weltweit kühler und trockener, die Klimazonen wurden äquatorwärts verschoben (Abb. 2.1-2, 2.1-3), es gab ein stärkeres Temperaturgefälle zwischen Tropen und Polargebieten und stärkere Winde, die Bildung von Nordatlantischem Tiefenwasser war stark reduziert. In den mittleren bis hohen Breiten lagen die Meeresoberflächentemperaturen nach Vergleichen von Mikrofaunen um 6-10 C und nach Pollenanalysen die Landtemperaturen um 4-8 C tiefer als heute, während es in den Tropen zu keiner bedeutenden Temperaturänderung kam (Schneelinien records weisen dagegen auf 5-6 Abkühlung in den Tropen hin). Mit der Analyse von Proxies, d.h. physikalischen und chemischen Daten, die in einer Beziehung zu Klimaprozessen stehen, in Klimaarchiven wie z.b. Eis- und Sedimentkernen kann das Zusammenwirken verschiedener Komponenten des Systems Erde studiert werden.

Abb. 2.1-1: Ausdehnung der Eisschilde heute und im Letzten Glazialen Maximum, ca. 20000 Jahre vor heute. Umgezeichnet nach Svendsen et al. (1999), Clark & Mix (2002), Cuffey & Brook (2000, Abb. 18-3).

Abb. 2.1-2: Verlauf ozeanischer Fronten und Kernpositionen hochauflösender Kerne im Atlantischen Sektor des Südozeans (Kunz-Pirrung et al. 2002). Aus Diatomeenvergesellschaftungen konnten durch Vergleich mit heutigen Oberflächenvergesellschaftungen Abschätzungen der Oberflächenwassertemperaturen im Südhemisphärensommer berechnet werden.

Abb. 2.1-3: Verschiebung der Fronten im Südozean im Wechsel der Glaziale und Interglaziale (Kunz-Pirrung et al. 2002). Kernpositionen siehe Abb. 2.1-2. Am Übergang der letzten Eiszeit zum Holozän gab es in Grönland eine rasche Erwärmung (Älteren Dryas zum Bölling/Alleröd, 14.5 kyr BP) und nachfolgend einen Kälteeinbruch (Jüngere Dryas, YD, 12.9-11.5 kyr BP, Southon 2001). Einen ähnlichen zweistufigenverlauf zeigt die Antarktis mit einer Erwärmung bei 16-14 kyr BP und einem Kälteeinbruch (Antarctic Cold Reversal, ACR, 13-11.5 kyr BP) einen Kälteeinbruch (Jouzel et al., 1995).

Im Holozän zeigen Antarktische Eiskerne ein Optimum bei 11.5 9 kyr BP und Zyklen mit Perioden von 800 und 1200 Jahren (Masson et al., 2000). In Grönland liegt das Holozäne Optimum bei 8.6-7 kyr BP mit einem markanten Kaltevent bei 8.2 kyr BP (Johnsen et al., 2001). Top des Kapitels 2.2. Orbitale Zyklen Die orbitalen Parameter Exzentrizität, Obliquität und Präzession (Abb. 2.2-1) bestimmen die Sonneneinstrahlung (Insolation) auf der Erde (Cuffey & Brook 2000). Die Exzentrizität gibt die Abweichung der Erdumlaufbahn von einem Kreis bzw. die Entfernung zur Sonne wider, sie schwankt von nahe 0 bis 6%, mit einer Periode von 400 kyr und 100 kyr. Die Exzentrizität verändert die jährliche Insolation um bis zu 0.2% oder 0.5 W/m 2. Dies ist deutlich weniger als die 10% saisonalen Änderungen durch die beiden anderen Erdbahnparameter. Die 100 kyr Zyklizität der Glazial- und Interglazialzyklen ist daher noch nicht ganz plausibel. Eventuell kommt es durch das Zusammenspiel aller Erdbahnparameter zu Insolationsmaxima, die Terminationen auslösen, oder es könnten interstellare Staubwolken mit dieser Periode die Erdbahn kreuzen. Die Erdschiefe (Schiefe der Ekliptik) oder Obliquität stellt die Neigung der Erdrotationsachse gegen die Eben der Erdumlaufbahn dar, sie schwankt zwischen 22 und 25 (momentan 23.5 ) mit einer Periode von 41 kyr. Die Obliquität ändert die jährliche und saisonale Insolation vor allem in den Polargebieten. Eine größere Neigung führt zu wärmeren Sommern und kälteren Wintern in beiden Hemisphären. Die Präzession beschreibt die Raumlage der Erdrotationsachse relativ zur Sonne, sie schwankt mit einer Periode von 23 und 19 kyr. Die Präzessionszyklen erzeugen Änderungen der saisonalen Verteilung der Insolation. Heute existiert der Nordhemisphärensommer dann, wenn die Erdachse zur Sonne zeigt. Im Sommersolstice liegen Sonne und Erdachse in einer Ebene vertikal zur Erdumlaufbahn, dies fällt fast mit der maximalen Erde-Sonne-Distanz (Aphel) zusammen. Unter dieser Bedingung sind die Nordhemisphärensommer kälter und Südhemisphärensommer wärmer. Vor 11 kyr beim Abschmelzen der Eisschilde am Übergang zum Holozän war fiel der Sommersolstice mit der minimalen Erde-Sonne- Distanz (Perihel) zusammen. Die Präzession verursacht die größten saisonalen Variationen in den niedrigen Breiten.

Abb. 2.2-1: Orbitale Parameter, umgezeichnet nach Cuffey & Brook (2000, Abb. 18-2). Top des Kapitels 2.3. Sauerstoffisotopen Durch Isotopenfraktionierung werden leichtere Sauerstoffisotopen in kontinentalen Eisschilden angereichert (Abb. 2.3-1). Stabile Sauerstoffisotopendaten z.b. von calcitischen Foraminiferenschalen spiegeln die isotopische Zusammensetzung des Meerwassers und Temperatureffekte während der Schalenbildung wieder. Während Sauerstoffisotopen planktonischer Foraminiferen eher Temperatureffekte und Salinitätswechsel widerspiegeln, sind Sauerstoffisotopen benthischer Foraminiferen Anzeiger für das Eisvolumen. 18 O = [( 18 O Probe/ 16 O Probe) / ( 18 O Standard/ 16 O Standard) 1] *1000 ( ) Als Standard wird in der Regel für Wasser- und Eisproben der Standard Mean Ocean Water (SMOW) und für Karbonatanalysen der Standard Pee Dee Belemnit (PDB) verwendet. Aus normalisierten, gestapelten und orbital getunten 18 O-Kurven von Sedimentkernen haben Imbrie et al. (1984) die SPECMAP Standardisotopenkurve generiert (Abb. 2.3-2), die zum Erstellen einer Stratigraphie aus Sauerstoffisotopendaten weltweit angewendet wird. In den Glazialen war das Meerwasser um bis zu 1.2 schwerer als in den Interglazialen, da die Eisschilde isotopisch viel leichteres Niederschlagswasser (ca. -40 ) enthalten (Abb. 2.3-3).

Abb. 2.3-1: Isotopenfraktionierung des Sauerstoffs. Umgezeichnet nach Cuffey & Brook (2000, Abb. 18-6).

Abb. 2.3-2: Specmap-Kurve (Imbrie et al., 1984) und orbitale Parameter für den Zeitraum 600 kyr BP bis 100 kyr AP. Berechnet nach Berger (1978).

Abb. 2.3-3: Specmap-Kurve, Insolation und Deuteriumisotopenkurve des Vostok- Eiskerns (Daten nach Imbrie et al., 1984; Petit et al., 1999). Top des Kapitels 3. Eiskerne als Klimaarchive In den Eisschilden Grönlands und der Antarktis gibt es mehrere Eiskerne, deren Records mehrere tausend Jahre bis ca. 420 kyr zurückreichen (Abb. 3-1). Diese Bohrungen wurden meist auf dem Scheitel der Eisschilde (Ice divide) abgebohrt, um möglichst nur vertikale Bewegung des Eises ohne Störungen durch seitliche Fließbewegungen anzutreffen (Abb. 3-2). Das Alter des Eises unterscheidet sich vom Alter eingeschlossener Luftblasen (ice-age-gas-age difference oder age), da im Firn oberhalb ca. 60-80 m ein Austausch mit der Atmosphäre durch Konvektion und Diffusion noch möglich ist. age beträgt bei hoher Akkumulationsrate (>100 cm/a) 30 Jahre, kann bei niedriger Akkumulation (<2 cm/a) bis zu 2000 Jahre betragen. Unterhalb ca. 1500 m Tiefe werden die Gasblasen durch Kompaktion zerdrückt und es bilden sich Clathrate. Das Alter des Eises steigt mit der Tiefe exponentiell an (Abb. 3-3). Bei hohen Akkumulationsraten (Grönland) können saisonale Schwankungen der physikalischen und chemischen Eigenschaften herangezogen werden, um eine Jahresschichtung zu erarbeiten (GRIP, Grönland: 0-14500 yr BP; GISP2, Grönland: 0-50000 yr BP; Byrd, Westantarktis). Da die Lagendicke zur Tiefe hin abnimmt, ist dies nur begrenzt möglich. Darunter werden Modellalter berechnet, in die z.b. Schwankungen der Akkumulationsraten in Glazialen (niedriger als in Interglazialen, Grönland: 25%, Ostantarktis: 30% der heutigen Raten) eingehen. Beim detaillierten Vergleich von GRIP und GISP2 zeigte sich, das teilweise Abschnitte von bis zu 80 Jahren fehlen (Southon 2002). Abb. 3-1: Lage der Eiskerne. http://www.ngdc.noaa.gov/paleo/icecore.html.

Abb. 3-2: Eisscheide eines Eisschildes und Alters-Tiefenbeziehung von Eis und eingeschlossener Luft. Umgezeichnet nach Cuffey & Brook (2000, Abb. 18-6).

Abb. 3-3: Alters-Tiefenbeziehung einiger Eiskerne (Eisalter). Top des Kapitels 3.1. Stabile Isotopen In den Eiskernen Grönlands (GRIP, GISP2) und der Antarktis (Vostok) korrelieren Änderungen der Sauerstoff- bzw. Deuterium-Isotope mit Temperaturen, was durch den Vergleich von heutigen Temperaturmessungen mit Isotopendaten von Oberflächenproben festgestellt wurde. Die Verdunstungsgebiete der polaren Eisschilde liegen nach Isotopenuntersuchungen in den Subtropen. Die saisonalen Änderungen der Sauerstoffisotopen an einer Eisschildlokation sind größer als die Änderungen zwischen Glazial und Interglazial. Unsicherheiten existieren durch Änderungen der Meerwasserzusammensetzung und der Lage der Verdunstungsgebiete. Die Temperaturunterschiede zwischen dem Holozän und dem letzten Glazial liegen bei ca. 15 C in Grönland und 7-15 C in der Antarktis (Blunier 1998). Doch auch innerhalb des letzten Glazials gibt es zahlreiche Temperaturvariationen, Kaltphasen (Stadiale) und Warmphasen (Interstadiale) mit einer Periode von ca. 1470 a (Dansgaard-Oeschger-Zyklen, D-O-Zyklen, Dansgaard et al. 1993) und ca. 7-10 kyr (Bond-Zyklen, Bond et al., 1993). Mittlerweile sind D- O-Zyklen aus marinen und terrestrischen Sedimenten in allen Teilen der Welt beschrieben worden (Voelker & workshop participants, in press). Der Wechsel von Stadial zu Interstadial vollzieht sich rasch, innerhalb weniger Dekaden, während der Übergang von einem Insterstadial in ein Stadial sich über mehrere hundert Jahre erstreckt. Auch der Übergang Glazial zu Interglazial vollzieht sich rascher als der von Interglazial zu Glazial (Sägezahnform der Klimakurven). So wurde die Jüngere Dryas, eine etwa 1000-jährige Rückkehr zu nahezu glazialen Bedingungen in der Termination der Weichseleiszeit, innerhalb von wenigen Jahren bis Jahrzenten beendet. Offenbar dauert der Aufbau der Eisschilde wesentlich länger als ihre Termination. Möglicherweise reicht ein relativ geringer Meeresspiegelanstieg durch Erwärmung aus, um große Eismassen zu destabilisieren, so wird diskutiert ob den Heinrich events mit rapidem Abbau nordamerikanischer Eismassen ein massives Kalben der küstennahen Grönländischen, isländischen und nordeuropäischen Gletscher vorausging. Offen ist noch die zeitliche Beziehung der Klimaschwankungen zwischen Nord- und Südhemisphäre (Abb. 3.1-1), ob in Phase (Bender et al., 1999) oder in Antiphase (White et al., 1998) oder mit 1-3 kyr Voreilen der Südhemisphäre (Blunier et al. 1998). Während der Bond-Zyklen erfolgte ein massiven Kalben von Gletschern in Nordamerika, Grönland und Europa, was zu einem Süßwasserdeckel, sehr kalten Oberflächenwassertemperaturen, verringerter Tiefenwasserbildung im Europäischen Nordmeer (geringere Aktivität des Golfstroms) und massivem Eintrag von eistransportiertem Material (IRD) in die Sedimente führte (Heinrich-Events, Heinrich 1988).

Abb. 3.1-1: Isotopenkurven der Eiskerne GRIP (Johnsen et al., 1997) und Vostok (Jouzel et al., 1996) mit angedeuteter Korrelation der Signalmuster. Die Nummern geben die Zählung der Interstadiale in den Grönländischen Eiskernen wieder, YD = Younger Dryas, ACR = Antarctic Cold Reversal. Eine sehr ähnliche Korrelation wurde von Bender et al. (1999) publiziert. Top des Kapitels 3.2. Staub Aus unbewachsenen Gebieten der niederen und mittleren Breiten wird Staub ausgeblasen (Abb. 3.2-1). Die Deposition erfolgt naß durch Regen oder Schnee oder trocken als Aerosol. Eisen düngt den Ozean und führt zu erhöhter Bioproduktion, besonders im Eisen-limitierten Südozean. Bei Fe-Düngung könnte der Südozean als CO 2 -Senke fungieren, was zu den niedrigeren CO 2 -Werten in den Glazialen geführt haben kann. In den Glazialen war das Klima kälter und arider, Wüstengebiete waren ausgedehnter, Windgeschwindigkeiten waren generell höher, der Staubtransport (terrigener Staub und Meersalze) war stärker (Abb. 3.2-2, 3.2-3), Korngrößen der Staubpartikel waren größer (Kohfeld & Harrison, 1999). Liefergebiete für grönländische Eiskerne sind Zentralasien (Biscaye et al., 1997) bzw. für antarktische

Eiskerne nicht vergletscherte Gebiete und trockengefallene Schelfe Antarktikas und Patagoniens (Petit et al., 1990). Der Staubeintrag korreliert im GISP2 Eiskern mit der Zunahme leichter Isotopen in Stadialen (Abb. 3.2-4). Abb. 3.2-1: Satellitenbild zeigt Staubauswehung auf Island. http://visibleearth.nasa.gov/cgbin/viewrecord?7996. Abb. 3.2-2: Staubakkumulation im LGM im Vergleich zu heutiger Akkumulation. Daten kompiliert von Karen Kohfeld, MPI Biogeochemie, Jena. http://www.bgcjena.mpg.de/bgc_prentice/projects/projects.html Abb. 3.2-3: Terrigener Ca-Gehalt (Johnsen et al., 1997) im GRIP-Eiskern und Staubgehalt im Vostok-Eiskern (Petit et al., 1990). Eine sehr ähnliche Korrelation wurde von Bender et al. (1999) publiziert.

Abb. 3.2-4: Ca-Gehalt (nach Mayewski et al., 1997) und Sauerstoff-Isotopen im GISP2-Eiskern (nach Grootes & Stuiver, 1997). Top des Kapitels 3.3. Spurengase Spurengase wie CO 2 und Methan tragen (neben Wasserdampf) zum Treibhauseffekt der Erde bei. Sie lassen sich in Gasblasen messen. Ihre Konzentrationen zeigen eine enge Korrelation mit aus Sauerstoff- bzw. Deuteriumisotopen berechneten Temperaturdaten, sie waren während der Glaziale deutlich niedriger als im Holozän (Abb. 3.3-1, 3.3-2, 3.3-3). CO 2 : in Interglazialen ca. 280 ppmv, in Glazialen 190-210 ppmv (kühlere Wassertemperaturen bedingen eine erhöhte Löstung von CO 2, eventuell erhöhte Calcit-Produktion im Südozean durch Fe-Düngung bedingt Abnahme des atmosphärischen CO 2 ), ca. 275 ppmv vor 1750, danach allmählicher Anstieg auf heute 360 ppmv (durch veränderte Landnutzung, Verbrennen fossiler Energieträger). Am Übergang zum Holzän könnte der CO 2 -Anstieg etwa die Hälfte der Glazial- Interglazial-Erwärmung verursacht haben.

Methan: vor 1750 ca. 700 ppbv, heute >1600 ppbv, vor allem in tropischen (30 S bis 30 N) und borealen (50-70 N) wetlands gebildet, parallele Trends zum CO 2. Sulfat: natürlich aus Stoffwechseltätigkeit von Organismen im Oberflächenwasser der Ozeane und durch Vulkaneruptionen, anthropogen durch Verbrennen fossiler (in geringen Konzentrationen Schwefel enthaltender) Brennstoffe (Abb. 3.3-4). Abb. 3.3-1: Methan und CO 2 im Vostok-Eiskern in mehreren Glazial-/Interglazial- Zyklen (nach Petit et al., 1999). Der rechte Rand des Plots für Methan (360 ppmv) und Kohlendioxid (1600 ppmv) entspricht jeweils dem heute beobachteten Wert der Atmosphäre.

Abb. 3.3-2: Aus Deuterium-Isotopen errechnete Temperatur, Methan und CO 2 im Vostok-Eiskern (nach Petit et al., 1999) für die letzten 100 kyr.

Abb. 3.3-3: Sauerstoff-Isotopen, Methan und CO 2 im Byrd-Eiskern (nach Blunier et al., 1998) für die letzten 50 kyr. Die Temperaturänderung, sichtbar in der Sauerstoffisotopenkurve, scheint dem Anstieg der Treibhausgase Methan und Kohlendioxid vorauszueilen.

2- Abb. 3.3-4: SO 4 im GISP2 Eiskern seit der Zeitenwende, nach Mayewski et al. (1990). Seit etwa 1800 ist ein Anstieg durch die zunehmende Verbrennung fossiler Brennstoffe zu erkennen. Maximalwerte zeigen Vulkaneruptionen an. In Nordwestkanada und der Antarktis wurde kein Anstieg beobachtet. Top des Kapitels 4. Zusammenfassung Die anthropogenen Variationen von Spurengasen sind größer als die natürlichen Variationen im Quartär. Natürliche Klimaänderungen haben sich im Quartär teilweise innerhalb weniger Jahrhunderte vollzogen. Durch positive und negative Kopplungen (z.b. Albedo durch kontinentale Eismassen + Meereis + Wolken, Grünhausgase, Vegetation, ozeanischer Wärmetransport, polwärtiger Wärmetransport der Atmosphäre, biogene Sulfatemission, Staub) der verschiedenen Klimaparameter untereinander, die z.t. nichtlineare Prozesse darstellen, kann eine lokale Änderung global wirksam werden. Rückkoppelungsmechanismen führen zu einer Stabilisierung des Klimas, z.b. waren die Insolationsbedingungen der letzten 4 Glaziale und Interglaziale jeweils unterschiedlich, die Oberflächentemperaturen innerhalb der Glaziale bzw. Interglaziale jedoch sehr ähnlich.

Die Klimaextreme dokumentierenden Eiskerndaten können die Grundlage für Klimamodellrechnungen liefern, um die Qualität verschiedener Modelle zu testen. 4.1. Unsichere Zukunft Können abrupte Klimaänderungen durch den Menschen getriggert werden? Wie kalt wird es in Europa, wenn der Golfstrom verschwindet? Welche Abkühlung bringt die Belastung der Atmosphäre mit Verbrennungsstäuben? Welche zusätzliche Erwärmung erzeugt die Freisetzung von Methan aus auftauendem Permafrostboden? Welche Rolle spielt die Sonnenaktivität? Welche Rolle spielt die Biosphäre? 5. Websites (Auswahl) Eiskerndaten: http://www.ngdc.noaa.gov/paleo/icecore.html, http://www.pangaea.de Satellitenbilder von Gletschern, Meereis und Eisschelfen: http://visibleearth.nasa.gov, http://www.jpl.nasa.gov/images/earth/antarctica Alfred-Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung: http://www.awi-bremerhaven.de, http://www.awi-potsdam.de GEOMAR Forschungszentrum für marine Geowissenschaften: http://www. geomar.de/ Klimamodelle: http://www.dkrz.de, http://www.wuerzburg.de/mm-physik/klima/cmodel.htm Staubflux: http://www.bgc-jena.mpg.de/bgc_prentice/start1.html, http://www.bgc-jena.mpg.de/bgc_prentice/projects/projects.html 6. Literatur Anderson, J.B. (1999) Antarctic marine geology, Cambridge University Press: 1-289. Bender, M.L., Malaize, B., Orchando, J., Sowers, T., Jouzel, J. (1999) High precision correlations of Greenland and Antarctic ice core records over the last 100 kyr. In: Clark, P.U., Webb, R.S., Keigwin, L.D (eds.)mechanisms of global climate change at millennial time scales. P. U. Clark, R. S. Webb and L. D. Keigwin. Washington D.C., American Geophysical Union. 112: 149-164. Berger, A. (1978) Long-term variations of daily insolation and Quaternary climatic change. Journal of Atmospheric Sciences 35: 2362-2367. Biscaye, P.E., Grousset, F.E., Revel, M., van der Gaast, S., Zielinski, G.A. (1997) Asian provenance of glacial dust (stage 2) in the Greenland Ice Sheet Project 2 ice core, Summit, Greenland. Journal of Geophysical Research 102(C12): 26765-26781. Blunier, T., Chappellaz, J., Schwander, J., Dällenbach, A., Stauffer, B., Stocker, T.F., Raynaud, D., Jouzel, J., Clausen, H.B., Hammers, C.U., Johnsen, S.J. (1998) Asynchrony of Antarctic and Greenland climate change during the last glacial period. Nature 394: 739-743. Bond, G., Broecker, W., Johnsen, S., McManus, J., Labeyrie, L., Jouzel, J. Bonani, G. (1993) Correlations between climate records from North Atlantic sediments and Greenland ice. Nature 365: 143-147.

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