Flugklasse entscheidet über Display. Als Flugreisender ist man es inzwischen FLUGZEUGINDUSTRIE



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Flugklasse entscheidet über Display Ecomomy-Klasse des Airbus A380 Inflight Entertainment hat eine lange Tradition und eine bemerkenswerte Technologieentwicklung vollzogen. Inzwischen haben auch Low- Cost Carrier derartige Systeme als elegante Möglichkeit entdeckt, ihr Geschäft anzukurbeln. Welche Systeme die Fluggesellschaften zur Differenzierung ihres Angebots nutzen, lesen Sie in diesem Leitartikel zum Branchenspecial Aerospace. Von MALTE LAFRENTZ 1 Als Flugreisender ist man es inzwischen gewöhnt, im Flugzeug Unterhaltung durch Filme oder Musik geboten zu bekommen. So hat beispielsweise Singapore Airlines in dem letztes Jahr in Dienst gestellten A380 eines der modernsten verfügbaren Systeme installiert. In der First Class hat jeder Fluggast ein 23 großes Display, in der Business Class sind es 15,4 und selbst in der Economy Klasse noch 10,6. Jeder Passagier kann auf seinem persönlichen Bildschirm zu jeder Zeit auswählen, welchen der 80 verfügbaren Filme er sehen will. Er kann vorspulen, zurückspulen, eine Pause machen und somit selbst bestimmen, wann er unterhalten werden möchte. Auch werden verschiedene Computerspiele vom System angeboten, und der Fluggast kann sogar über einen USB-Anschluss auf Office-Programmen Texte erstellen, Ta- 1) Der Autor ist Geschäftsführer der AlsterAero GmbH mit Sitz in Hamburg. 20 ECONOMIC ENGINEERING 4/2008

CAGR 5 600 16 % CAGR: durchschnittliches jährliches Wachstum 4 560 1 210 39 % 3 850 940 7 % Satelliten-TV 3 050 320 460 500 portable Geräte Konnektivität Legacy-Systeme 400 610 1 720 1 150 1 720 2 130 990 3 350 53 % -26 % Quelle: Frost & Sullivan 2007 2007 2008 2009 2010 bellen bearbeiten und auf einem mitgebrachten USB-Stick speichern. Die im Flugzeug installierten Systeme weisen Charakteristika auf, die im Home-Entertainment nicht zu finden sind. Um die Sicherheit in der Luftfahrt jedoch weiterhin gewährleisten zu können, müssen die verwendeten Systeme umfangreich getestet und jeweils zugelassen werden. Das bedeutet einen wesentlich höheren Entwicklungsaufwand für die Systeme bei gleichzeitig relativ kleiner Stückzahl in der Produktion. Inflight Entertainment and Connectivity, meist kurz als Inflight Entertainment bezeichnet, ist der Sammelbegriff für die Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik, die im Flugzeug installiert ist. Aufseiten der Unterhaltung sind dies die Bereitstellung von Filmen, Musikstücken und Spielen, aufseiten der Kommunikation Telefonie und Internetanbindung. Fernsehen im Amphibienflugzeug Inflight Entertainment hat eine lange Tradition in der Luftfahrt. Schon 1921 wurde ein Rundflug der Aeromarine Markterwartung Inflight Entertainment und Connectivity (IFE&C) für Commercial Aviation in Millionen US-Dollar VGA-Adapter für den Anschluss von externen Videokameras, anderen Videoquellen oder Spielekonsolen wie der Xbox Airways über Chicago angeboten, währenddessen der Film Howdy Chicago gezeigt wurde. Anfang der 70er Jahre wurden in einigen Passagierflugzeugen 8-mm-Projektionsgeräte installiert. Die Flugbegleiter konnten während des Flugs die Filmrollen tauschen und so den Passagieren unterschiedliche Filme anbieten. Dazu kam das sogenannte short subject programming, speziell für die Fluglinie angefertigtes Filmmaterial mit Werbe- und Nachrichteninhalten. Mitte der 80er installierte die erste Fluglinie ein Telefon für ihre Passagiere, mit dem während des Fluges telefoniert werden konnte. Im Jahr 2000 waren ungefähr 5 000 Flugzeuge weltweit mit solchen Telefonsystemen ausgestattet. Die Steigerung der Passagierraten bei Langstreckenflügen führte dazu, dass in nahezu allen Langstreckenflugzeugen Videosysteme auf Basis von VHS- Technologie installiert wurden. Die Flugbegleiter waren einen Großteil der Zeit damit beschäftigt, Videokassetten zu wechseln. Video-on-Demand wurde 1997 von Swissair eingeführt. Durch die technologische Komplexität der Systeme zum damaligen Zeitpunkt war das System zu fehleranfällig, so dass eine Verbreitung nicht stattfand. Erst knapp fünf Jahre später begann die intensivere Verbreitung von Video-on- Demand durch die Verwendung modernerer Technologien. Im Jahre 2003 wurden das erste Mal portable Geräte auf einem Flug verteilt, damit die Passagiere mit den Geräten Videos sehen oder Musik hören konnten. 2004 startete Lufthansa als erste Fluglinie den Dienst Connexion by Boeing, Internet via WLAN, an Bord der Transatlantikflotte. Dieses Angebot wurde nach kurzer Zeit wieder eingestellt, da die Annahmeraten nicht ausreichend waren für den Betrieb der Satelliten. Vor kurzem hat Air France den Test eines GSM-Dienstes an Bord gestartet, der es den Passagieren erlaubt, mit ihren Mobiltelefonen SMS zu verschicken. Emirates hat in diesem Jahr Telefonie mit dem eigenen Mobiltelefon eingeführt. Auch Internet an Bord ist bei einigen Fluglinien wieder in der Diskussion. Stand der Technik Legacy-Systeme sind derzeit weitverbreitet. Sie beruhen auf analogen Technologien und haben einen umfangreichen Installations- und Wartungsbedarf. Die Hersteller der Systeme kämpfen mit einer hohen Komplexität der Systeme. So ließ eine Fluglinie für einen gewissen Zeitraum bei jedem Transatlantikflug einen Techniker des Herstellers mitfliegen, da die Stabilität der Systeme nicht ausreichend war. Zusätzlich haben solche Systeme einen hohen Platzbedarf und ein hohes Gewicht. Es werden Video Control Center benötigt, die aus mehreren analogen ECONOMIC ENGINEERING 4/2008 21

Legacy IFE&C-Systeme hohe Investments nötig (200 000-5 000 000 US-Dollar) hohe operative Kosten umfangreiche Installation / viele Break-downs hohes Gewicht / viel Platzbedarf / komplizierte Wartung proprietäre Systeme keine alternativen Anbieter speziell ausgebildetes Personal nötig nicht skalierbar, modular veraltete Technologie Zukünftige Systeme Konnektivitätslösungen Investments geringer als bei Legacy-Systemen (100 000-1 500 000 US-Dollar) geringere operative Kosten geringeres Gewicht / weniger Platzbedarf einfachere Wartung / höhere Zuverlässigkeit Standardtechnologie Verwendung von Standards aus der Kommunikation minimale Schulung von Personal / einfache Skalierbarkeit Auslaufende Technologie Videorecordern bestehen und jeweils eine bestimmte Anzahl von Sitzen versorgen. Neben den Videorecordern müssen auch die entsprechenden Kassetten im Flugzeug vorgehalten werden. Zudem sind die Fluglinien durch den proprietären Charakter der Lösungen von ihren Lieferanten abhängig. Konnektivitätslösungen nutzen moderne Internet- und Kommunikationstechnologien und reduzieren somit die Komplexität sowohl der Installation als auch des Betriebs und bieten gleichzeitig einen größeren Funktionsumfang. Durch eine Digitalisierung der Inhalte kann der Platzbedarf der Systeme erheblich reduziert werden. Die Verwendung von Standardtechnologien ermöglicht die Erweiterung der Funktionalität auf Video-on-Demand-Systeme, bei denen der Passagier selbstständig entscheiden kann, zu welcher Zeit er welchen Film sieht. Herausforderungen in der Entwicklung Die Besonderheiten der Luftfahrt bergen einige Herausforderungen für die Entwicklung von luftfahrttauglichen Systemen angefangen mit dem rein wirtschaftlichen Aspekt der Stückzahlen, die üblicherweise in der Luftfahrt hergestellt werden, über Gewicht und Größe bis hin zu Zulassungstests und Rückverfolgbarkeit. Im Vergleich zur Automobilbranche arbeitet die Luftfahrt mit erheblich kleineren Stückzahlen in der Serienproduktion. Von einem Typ Flugzeug werden über die gesamte Produktionsdauer Flugzeuge in einer Größenordnung von 1 000 Stück gefertigt. Dadurch sind die Entwicklungskosten über eine wesentlich geringere Stückzahl zu verteilen als bei anderen Produkten. Für elektronische Bauteile bedeutet dies auch, dass die Entwicklung eines speziellen Chips für eine Luftfahrtanwendung schwer zu rechtfertigen ist. Chiphersteller wie Infineon denken über eine Produktion eines Chips erst nach, wenn die Stückzahlen im Bereich von mehreren Millionen liegen. Der im Flugzeug verfügbare Platz ist begrenzt. Fluglinien sind darauf bedacht, die Anzahl der beförderten Passagiere pro Flugzeug zu maximieren. Dazu werden die Sitzabstände auf das Minimum heruntergefahren und jeglicher zur Verfügung stehende Platz wird ausgenutzt. Zusätzlich bringt jedes Kilogramm, das nicht transportiert werden muss, über die Lebensdauer eines Flugzeuges signifikante Einsparungen. Die wachsende Verbreitung von Inflight-Entertainment-Systemen läuft dieser Zielsetzung teilweise zuwider. So müssen weitere Geräte in der Kabine installiert werden, die sowohl Platz brauchen als auch zusätzliches Gewicht mit sich bringen. Besonders die Sitzhersteller haben mit dieser Entwikklung zu kämpfen, da sie zum einen versuchen, ihre Sitze bei gleicher Stabilität so schmal wie möglich zu machen, zum anderen aber die Hersteller der Inflight-Entertainment-Systeme von ihnen verlangen, Geräte mit einer Einbautiefe in der Rückenlehne zu installieren, die die Bemühungen der Sitzhersteller zunichte machen und die Fluglinie zwingen, den Sitzabstand zu vergrößern. Alle Systeme, die in einem Flugzeug installiert und eingesetzt werden, müssen umfangreiche Tests durchlaufen. Die Anforderungen an die Tests sind in internationalen Standards festgelegt. Es gibt unterschiedliche Level für diese Markteintrittsbarrieren hohes Maß an technischem Know-how erforderlich Referenzen im Flugzeug- sowie Kommunikationsmarkt nötig aufwendige Zulassungsprozesse hohe Anforderungen an die Integrierbarkeit der Systeme Notwendigkeit langfristigen After Sales / Service Supports Subtitutionsprodukte Ersatzprodukte derzeit nicht erkennbar Legacy IFE&C-Systeme werden dem Anspruch der Passagiere nicht gerecht Legacy IFE&C-Systeme sind teuer IFE&C-Systeme Hohes Marktwachstum Wenig Wettbewerber Lieferanten Standardbauteile große Anzahl von Anbietern, nur kleine Marktmacht von Lieferanten Abnehmer Marktmacht der Airlines ist hoch einzuschätzen diversifizierter General Aviation Markt Quellen: Frost & Sullivan / AlsterAero 22 ECONOMIC ENGINEERING 4/2008

Bilder: HRS (2), AlsterAero Tests, die davon abhängen, wie relevant das jeweilige System für die Flugsicherheit ist. So haben beispielsweise die Turbinen und die Bordküche sehr unterschiedliche Anforderungen in der Zulassung. Der wichtigste Test für die Geräte des Inflight Entertainment ist die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Zusätzlich werden die Geräte auf Vibrationsbelastung, Schockbelastung, Temperaturunterschiede, Druck, Feuchtigkeit und Brennbarkeit getestet. Diese Anforderungen müssen bereits in der Entwicklungsphase berücksichtigt werden und erhöhen den Aufwand signifikant. Auch die Durchführung der Tests ist ein nicht unerheblicher Zeitfaktor, der bei Nichtbestehen eine wesentliche Verzögerung der Entwicklung nach sich zieht. Flugzeuge sind bis zu 30 Jahre im Einsatz. Daraus folgt, dass die eingesetzten Systeme über einen wesentlich längeren Zeitraum verfügbar sein müssen, als dies beispielsweise bei Home-Entertainment-Systemen der Fall ist. Die Hersteller müssen auch nach vielen Jahren Ersatzteile liefern und den Support für die im Einsatz befindlichen Systeme bieten können. Üblicherweise sind die Zeiträume für Systeme in der Kabine etwas kürzer, da die führenden Fluglinien der Welt ihrer Flotte meist nach sieben bis zehn Jahren eine Modernisierung der Kabine spendieren. Aber auch diese Zeitspanne ist im Vergleich zur Schnelllebigkeit im Home Blick in einen Privatjet Airbus A318. Bildschirme im Hintergrund zeigen die Präsenz von Inflight Entertainment. Entertainment eine Ewigkeit. Die Entwicklung muss darauf reagieren, indem sie eine Balance zwischen der Entwicklungstiefe und der Vorhaltung von ehemals verwendeten Bauteilen aufbaut, die die Kostenfunktion über Lagerhaltung und Entwicklungsaufwand minimiert. Marktsegmente und Flugzeugtypen Der Markt kann anhand von drei Dimensionen in verschiedene Segmente aufgeteilt werden. Die erste Aufteilung ist die in Commercial Aviation und General Aviation. Commercial Aviation bezeichnet alle kommerziell betriebenen Flugzeuge, also Fluglinien, die nach einem Fahrplan arbeiten und bestimmte Routen abfliegen. Dabei können Standard-Airlines (wie Lufthansa), Low-Cost Carrier (wie Ryan Air) und First Class Carrier unterschieden werden. In General Aviation ist die Vielfalt etwas größer. Grundsätzlich eint diese Nutzer die individuelle Anwendung der Luftfahrzeuge. Es gibt keinen Fahrplan. Die Strecken, die geflogen werden, sind sehr unterschiedlich. Darunter fallen Flugzeugbetreiber, ECONOMIC ENGINEERING 4/2008 23

1932 wurde von der Fluglinie Western Air Express in einer Fokker F.10 der erste Media-Event in Form eines Inflight TV durchgeführt. Unser Bild zeigt eine Maschine dieses Typs aus dieser Zeit. die Bedarf an Spezialnutzen befriedigen, zum Beispiel Regierungsflugzeuge oder medizinische Transporte. Der zweite große Bereich innerhalb von General Aviation sind Business- Charter-Betreiber, die Flugzeuge an Personen oder Gruppen verleihen, sowie die Privatflugzeuge, auch VIP-Flieger genannt, die Einzelpersonen oder Firmen gehören und hauptsächlich eine Flexibilität bieten, die mit Linienflügen nicht gewährleistet werden kann. Die zweite Aufteilung des Marktes unterscheidet nach dem Flugzeugtyp. Für Inflight-Entertainment-Systeme ist auch diese Unterscheidung wichtig, da die Systeme vor allem an Komplexität gewinnen, wenn es um größere Flugzeugtypen geht. Das kleinste Segment sind die sogenannten Business Jets. Typische Hersteller sind Cessna oder Gulfstream, deren Flugzeuge typischerweise zwischen 4 und 30 Passagiere befördern können. Danach kommen die Regionalflugzeuge (Bombardier, Embraer und andere), die zwischen 30 und 100 Passagiere befördern können. Single-Aisle-Flugzeuge (Airbus-A320- oder Boeing-737- Familie) befördern zwischen 100 und 200 Passagiere und haben als gemeinsames Merkmal nur einen Gang in der Kabine. Darüber gibt es die sogenannten Wide-Body-Flugzeuge (Boeing 767 und 777, Airbus 330 und 340), die üblicherweise zwei Gänge besitzen und zwischen 200 und 400 Passagiere befördern. Darüber angesiedelt sind die very large aircraft. Hierzu gehören Boeing Jumbo Jet sowie Airbus A380, sie befördern 400 und mehr Passagiere. Der Zeitpunkt der Installation spielt für das Inflight-Entertainment-System eine grundlegende Rolle. Eine Einrüstung direkt in der Herstellung des Flugzeugs findet im Produktionsprozess des Herstellers statt und wird von der Fluglinie beim Erwerb der Maschine als buyer furnished equipment mit angegeben. Die Fluglinie braucht sich um die Integration des Systems in das Flugzeug nicht zu kümmern. Bei der Nachrüstung ist das dann freilich völlig anders. Wenn eine Fluglinie beschließt, eine Modernisierung einer Kabine eines ihrer Flugzeuge durchzuführen, ist sie voll verantwortlich für den gesamten Prozess, bis das Flugzeug wieder für flugtauglich erklärt wird. Dazu ist das System auszuwählen, die Integration in das Flugzeug mithilfe von Engineering-Dienstleistern durchzuführen und das System bei einem zugelassenen Wartungsbetrieb einzurüsten. Wachstumschancen und Marktausprägungen Bild: Wikimedia Airbus und Boeing sind in ihrer Produktion für die nächsten Jahre ausgelastet. Inzwischen wird in allen Flugzeugtypen Inflight Entertainment angeboten. Nicht nur in Langstreckenflugzeugen, sondern auch auf der Kurzstrecke werden immer mehr Systeme installiert, die über Bildschirme dem Passagier Informationen oder Unterhaltung bieten. Die Marktentwicklung ist aufgeteilt in Satelliten-TV, portable Geräte, Konnektivitätslösungen und Legacy-Systeme (siehe Balkengrafik im Aufmacherbild). Der Rückgang der Legacy-Systeme und der Aufstieg der Konnektivitätslösungen ist offensichtlich. Portable Geräte besetzen bereits heute eine Nische. So nutzt Ryan Air portable Geräte, die gegen eine Gebühr an Passagiere verliehen werden und mit denen die Passagiere DVDs anschauen können. Dies ist für einen Low-Cost Carrier eine elegante Möglichkeit, die Umsätze anzukurbeln. Der Markt für die fest installierten Systeme wächst deshalb so stark, weil die interkontinentalen Verkehrsaufkommen stark wachsen und die Systeme neue Flugzeugtypen erobern. Waren solche Systeme bisher nur bei wide bodies oder bei very large aircraft installiert, so sind inzwischen auch in einem single aisle oder einem Regionaljet Entertainment-Systeme zu finden. Die Luftfahrtbranche reagiert sehr empfindlich auf äußere Einflüsse. Einzelne Ereignisse können den Markt durcheinanderbringen. So hat der Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 die Entwicklung in der Nachfrage nach Flugzeugen zurückgeworfen. Erst jetzt sind die Hersteller von Business Jets wieder auf dem Niveau des Jahres 2000! Derzeit kämpfen alle Fluglinien mit den hohen Ölpreisen. In Amerika haben drei Fluglinien aufgrund der gestiegenen Kerosinkosten Insolvenz angemeldet, eine Fluglinie aus Hongkong, die Langstreckenflüge low-cost angeboten hat, genauso. Wohin die Reise geht Der Fluggast wird sich daran gewöhnen, dass in jedem Flugzeugtyp Bildschirme installiert sind, die ihm ein Unterhaltungsprogramm bieten. Er wird seine persönlichen Geräte in der Luft genauso nutzen können wie am Boden und selber entscheiden, wann er welche Form der Kommunikation oder Unterhaltung nutzt. Und die derzeitigen Feldversuche mit Mobiltelefonie zeigen, dass auch die Erreichbarkeit in der Luft zunehmen wird. Eine Flugreise kann bald nicht mehr als Ausrede dienen, dass man über Telefon oder E-Mail nicht erreichbar ist. INFOCORNER Mehr zu Infotainment und Connectivity in Flugzeugen unter www.alsteraero.com 24 ECONOMIC ENGINEERING 4/2008