Chronische Schmerzen Grenzen der Schmerztherapie. Dr. med. Monika Jaquenod-Linder Wirbelsäulen- und Schmerz-clinic Klinik Hirslanden/ ZH

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Transkript:

Chronische Schmerzen Grenzen der Schmerztherapie Dr. med. Monika Jaquenod-Linder Wirbelsäulen- und Schmerz-clinic Klinik Hirslanden/ ZH Vereinigung Zürcher Internisten Symposium 2013

It is a human right for pain relief It is a human right for pain treatment

It is a human right for pain relief Palliative Tumorschmerz-Therapie

Bio- Psycho-Soziale Dimension chronischer Schmerzen Biologische Komponente Nociception durch Schmerzfasern Schmerzgedächtnis Psychologische Komponente Emotion (Angst) Kognition (Erfahrung) Soziale Komponente Familie, Arbeit, Finanzielle Probleme, Versicherungsprobleme Schmerz disuse Syndrom

Schmerztherapie: Medikamente haben die grösste Bedeutung + Starke Opioide + Schwache Opioide Nicht-Opioide ± Adjuvans

Chronische nicht maligne Schmerzen It is a human right for pain treatment 1. Lebensqualität 2. Schmerzlinderung 3. Gewöhnung

Rationale Schmerztherapie Schweiz Med Forum 2012, Theiler, Triemlispial 5 % der Bevölkerung haben Schmerzen (Umfrage 16 europ. Ländern) Ungenügende Zufriedenheit über die Wirksamkeit von Schmerztherapien Etoricoxib (Arcoxia ) und Naproxen (Proxen ) zu wenig verschrieben Paracetamol verharmlost: Wirkmechanismus? Mögliche BD Erhöhung, 4 g kann Leber-tox. sein, Co- Medikation mit NSAIDS eher nicht sinnvoll? Metamizol: spasmolytisch, Fiebersenkend; analgetisch?, wird vermehrt eingesetzt: 2000-2010 8 x mehr; doch auch mehr Agranulozytosen (CH 3 Fälle 2009); sollte nur Reserve sein 2000-2010 Opioide vervierfacht

Rationale Schmerztherapie Schweiz Med Forum 2012, Theiler, Triemlispial Fazit: Schmerztherapie eine grosse Herausforderung Hohe Patientenerwartung Evidenz-basierte Schmerztherapie in der Schweiz noch nicht angekommen: beste Evidenz: Arcoxia und Naproxen, schlechteste Paracetamol und Metamizol Grössten Anteil der Schmerzpatienten betreuen die Hausärzte Leitlinien evidenz-basiert notwendig.

Was ist wichtig! Früh: Ätiologie der Schmerzen: Neuropathisch nociceptive Konsequente medikamentöse Schmerztherapie Körperliche, soziale und berufliche Aktivierung trotz Schmerzen Dekonditionierung!

Was ist wichtig! später Wirksamkeit der Medikamente überprüfen! Längerfristige Auswirkungen der Therapie (NSAIDS; Benzodiazepine) Tagesablauf; Aktivität; Nachtschlaf; familiäres Umfeld Optimierung der Schmerztherapie andere Fachdisziplin? Fahrtauglichkeit?

Der schwierige Schmerz - Patient Möchte Heilung und dann...; geringe Flexibilität Delegation des Schmerzproblems an die Ärzte, keine Selbstverantwortung Inaktivität, Gewichtsanstieg Überwiegend belastungsabhängige Schmerzen Laufende Rentenverfahren (nicht zugelassen zu Schmerzprogrammen) Junge Patienten Arbeitsunfähigkeit, Verlust der Arbeit, Probleme bei der Arbeit, keine abgeschlossene Berufslehre Tiefer psycho-sozialer Status Dominante psychische Faktoren Neuropathische Schmerzen

Schmerztherapie: Medikamente + Starke Opioide + Schwache Opioide Nicht-Opioide ± Adjuvans

NSAIDs Rheumamittel Entzündungshemmend Beschränkte Wirksamkeit Kurzfristig recht gut verträglich Keine Überdosierungen / keine Kombinationen Vorsicht bei Nieren-, Magen- und Herz-kranken Patienten Langfristige Verordnung muss gute Gründe haben

Neuropathische Schmerzen Schmerzen, die auf Irritationen oder Schädigungen des peripheren oder zentralen Nervensystems beruhen Adjuvantien: Antidepressiva Antiepileptika

Grenzen der medikam. Schmerztherapie Europ. J. Neurol 2006, 13; 1153-1169 Neuropathic pain treatment remains unsatisfactory ; less than half of the patients achieving significant benefit with any pharmacological drug Trizyklica; SNRI; SSRI Pregablin; Gabapentin; Lamotrigine, Topiramate, Oxcarbazepine

Trizyklische Antidepressiva Beachte Kontraindikationen (Glaukom, cardiale Erk., Prostatiker, Hepathopathie, Adipositas, erektile Dysfunktion) EKG vor Therapie-Beginn (?) Leberwerte

Trizyklische Antidepressiva Trimipramin (Surmontil ) Tropfen 4% : initial 5 Tropfen = 5 mg, abends 18 Uhr täglich um 1 Tropfen steigern, bis Nebenwirkungen oder max. 50-100mg: 1. Tag 5 Tropfen 2. Tag 6 Tropfen 3. Tag 7 Tropfen 4. Tag 8 Tropfen etc.

Trizyklische Antidepressiva Erfolg, wenn Nachtschlaf besser!

Trimipramin Erfolg 61 j Patientin nach Varizenstripping 70 j Patient nach Carotisendarterektomie 45 j Patientin nach Face lifting

Trimipramin Misserfolg Gewichtszunahme Übelkeit Wirkungslosigkeit

Aufklärung, langsame Dosis-steigerung Bis maximal 600 mg Lyrica Nebenwirkungen: Schwindel Müdigkeit Gewichtszunahme Wirkung: sehr gut - wirkungslos Zusätzlich anxiolytische Eigenschaften (Neurology 2005; 64)

GAD: Generalisierte Angststörung: Lyrica 14 Angstsymptome: 7 psychische und 7 somatische 2 : Psychische Symptome 1,2 Somatische Symptome 1,2 Übermässige Furcht Anspannung Irrationale Ängste, Sorgen Konzentrationsschwäche Rastlosigkeit Reizbarkeit Schlafstörungen Tremor Muskelschmerzen Schwitzen Abdominalbeschwerden Sexuelle Dysfunktion Hitze-und Kältewallungen Brustschmerzen 1. American Psychiatric Association. Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. 4 th ed. text revision. Washington, DC: American Psychiatric Association; 2000:222-223. 2. Hamilton M. The assessment of anxiety states by rating. Br J Med Psychol. 1959;32:50-55. 23

Antiepileptika und psychiatrische Erkrankungen Neurother. 2007; Jan; 4 (1) 75-83 Lamotrigene: antidepressiv Carbamazepine / Oxcarbazepine: Stimmungs stabilisiernd Gabapentin / Pregabalin: anxiolytisch

Opioide

WHO - Stufenschema veraltet? + Starke Opioide + Schwache Opioide Nicht-Opioide ± Adjuvans

Nebenwirkungen akut chronisch Atemdepression, Sedation + ø Obstipation (+) + Nausea / Erbrechen + (+) Mundtrockenheit (+) + Toleranzentwicklung ø + (?) Immunsuppression? + (?) Hypogonadismus ø + (?) Hyperalgesie??

Opioid Induced Hyperalgesie Paradoxerweise Auslösung oder Verstärkung von Schmerzen Im Zusammenhang mit sehr hohen (meist generalisierte Allodynie) oder ultra-tiefen Dosen; Einzeldosen Langzeittherapie; Absetzen Schlussfolgerung: Kenntnis, Aufklärung, weitere Studien Anesthesiology 2006; 104: 570-87

Inefficacy of high dose transdermal Fentanyl 85 jährige Patientin mit neuro-pathischen Schmerzen bei Pancoast- Tumor, St. n. Ablatio mammae bds 3400 mcg/h Durogesic, peinlich genauer Pflasterwechsel durch Ehemann trotzdem starke Schmerzen Epiduraler Katheter und Reduktion des Durogesic auf 200mcg/h mit guter Schmerztherapie Europ. J. Pain 2001 5: 325-331

Opioide Reine Agonisten Partielle Agonisten Starke (Stufe III) Morphin Methadon Fentanyl Hydromorphone Oxycodone (-Naloxon) Tapentadol Buprenorphin Mittelstarke bis starke (Stufe II) Tramadol Dihydrocodein (Codein)

Spezielle Opioide Tramadol (Tramal ) Methadon µ-opioidrezeptor Agonist Serotonin / Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer µ-opioidrezeptor Agonist NMDA-Antagonist Buprenorphin (Transtec ) µ-opioidrezeptor Agonist (MOR) κ-antagonist (anti-hyperalgetisch) Na-Kanalblocker (anti-hyperalgetisch) Oxycontin-Naloxon (Targin )

Oxycodone/Naloxone (Targin ) Naloxone: reiner Opioid Rezeptor Antagonist Naloxone: Extensiver first-pass Metabolismus Keine systemische Wirkung Reduktion der Obstipation/ OIBD

Tapentadol (Palexia ) Tapentadol vereinigt zwei Wirkmechanismen in einem Molekül: µ-opioid-rezeptor-agonismus (MOR) hemmende Wirkung über aszendierende Schmerzbahnen Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung (NRI) verstärkende Hemmung über endogene deszendierende Schmerzbahnen MOR - NRI 33

Stellenwert der Opioide Nicholas M. Clin J Pain 2006 73% Anstieg der Opioidverschreibung (1990-1995) in Australien Australische Empfehlungen: Pain relief and functional gain Sehr begrenzte wissenschaftliche Evidenz über langfristige Wirksamkeit

Aufklärung! Körperliche Abhängigkeit Obstipation, Hypogonadismus Autofahren Reisen Verschreibungspraxis Ziele (Dosisgrenze Aktivität) - Absetzen

Grundsätze der Behandlung mit Opioiden Schwache Opioide vor starken Opioiden ( Tumorschmerzen) Langsame, individuelle Dosissteigerung (NW!); TTS teilen Steady state: Einsatz von slow release Tabletten/TTS; fixes Zeitschema CAVE Durchbruchmedikation: As a rule, short-acting opioids should be avoided (Euro J pain, 2003) Grenzen respektieren, langfristige Perspektive; obere Dosisgrenze Opioidrotation: wenig Wirkung, Nebenwirkungen, hohe Dosis: Wechsel

Opiattherapie bei chronischen, nicht-tumorbedingten Schmerzen: sinnvoll oder unsinnig Schweiz. Med. Forum 2012 Oft keine relevante Verbesserung (?) Nicht verbales Schmerzverhalten motiviert zur Verschreibung Psychiatrische Komorbidität fördert die Verschreibung Opiate lassen sich mit Benefit ausschleichen Eindeutige Empfehlung der restriktiveren Verschreibung; obere Dosisgrenze

Richtige Anwendung der Opioide Suchtmediziner halten Schmerztherapeuten für naiv, Schmerztherapeuten kämpfen gegen die Opioidophobie und verharmlosen durch sprachliche Konstrukte wie psychische Abhängigkeit Verzicht auf schnellanflutende Opioide Deutschland: Massiver Anstieg der hochpotenten Opioidverschreibungen: Therapietage von 8 Mio vor 15 Jahren auf 104 Mio 2007 Flächendeckende Verschreibung führte nur zu einer geringen Verbesserung der Lebensqualität, Arbeitsfähigkeit und Schmerzstärke Unselige Propagierung Recht auf Schmerzfreiheit Schmerz Dez 2008 Auch Sucht ist eine Krankheit

Richtige Anwendung der Opioide Tropfen: schmerztherapeutische Indikation für diese spezielle Applikationsform sind nur selten gegeben, sie ist überwiegend gefährlich Schmerz ist häufig ein Symptom einer psychosomatischen Erkrankung oder psychiatrischen Erkrankung, bestürzend ist aber, dass nahezu alle (in Schmerzkliniken) orale, transdermale und neu transmucosale Opioide erhalten. Geraten sie dann in die richtigen Hände, beginnt auch die intrathekale Karriere. Schmerz Dez 2008 Auch Sucht ist eine Krankheit

Tumorschmerztherapie 80 90% mit konventioneller Schmerztherapie gut früh potente Opioide ohne Dosisgrenze Konsequent Durchbruchmedikation einsetzen: 10% der Tagesdosis; maximal stündlich Durchbruchmedikation: Morphin Tropfen, Oxynorm, Palladon Tabletten, Actiq Lolli, Effentora buccal 10% mit erweiterter Schmerztherapie PCA, Ketalar, Schmerzkatheter

Fall 65 jähriger Patient mit neuropatischen Schmerzen und chronischer Hepatitis Antiepileptika, Trizyklika, Tramadol mässig gute Wirkung Oxynorm Topfen: inital 3 x 2 mg, gesteigert bis 3 x 3 mg, Wechsel auf 2 x 5/2.5 mg Targin, 50% Schmerzreduktion

Fall 85 jährige Patientin mit Rückenschmerzen bei Osteoporose Tramadol Herzklopfen Buprenorphin TTS, inital 1/8 Pflaster bis 1 Pflaster, Schmerzreduktion 30%, deutlich besserer Nachtschlaf, erhöhte soziale Aktivität

Fall 23 jährige Patientin mit generalisierter Allodynie Viele Therapien mit keinem Erfolg, komplexe psychosoziale Situation Studium der Psychologie schwierig, Tramadol Übelkeit und zu wenig wirksam. Versuch mit Hydromorphon. Ziel: auf Prüfungen lernen, Arbeiten abgeben, körperliche Aktivität verbessern. Langsame Steigerung bis 2 x 8 mg; keine NW, keine Verbesserung der Funktionalität, nach 2 Monaten wieder abgesetzt

Fall 42 jährige Patientin mit chronischen Abdominalschmerzen Status nach multiplen abdominalen Eingriffen Überweisung Schmerzsprechstunde wegen stärksten Schmerzen unter Durogesic 100 mcg/h / 3 Tage. Alle 2 Tage deutliche Schmerzexacerbation mit Zittern und Unruhe Opioidrotation. Aktuell 25mcg/h Durogesic alle 2 Tage und 50mg/Tag Methadon, Schmerzreduktion um 60%

Neue Therapieoption zur Behandlung des peripheren neuropathischen Schmerzes Capsaicine 8% - Qutenza 3 Monate hochselektive C- Faser Inaktivierung hohe Compliance, keine systemischen Effekte, reversibel Nicht bei D. mellitus zugelassen Kassen-pflichtig bei Zoster Neuralgie

Gutarigen Schmerzen wann? Wie lange? Dosis-Begrenzung Keine Durchbruchmedi. Nie parenteral Steigerung der Aktivität Genaue Kontrolle Bösartigen Schmerzen möglichst früh Keine Begrenzung Immer Durchbruchmedik. Jede wirksame Form Schmerzreduktion ----

Chronische Schmerzen Ziele und Grenzen der Therapie Respektieren: Schmerzfreiheit oft nicht möglich (bio-psycho-soziale Dimension) Teil-Verantwortung dem Patienten übergeben (Aktivität, Tagesablauf) Optimieren in vielen kleinen Schritten und begleiten.