Laudatio zur Verleihung des ersten Preises
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- Liane Straub
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1 DHG-Preis 2015 Leben im Alter gestalten Teilhabe von älteren Menschen mit geistiger Behinderung und hohem Unterstützungsbedarf Laudatio zur Verleihung des ersten Preises des DHG-Preises 2015 Leben im Alter gestalten - Teilhabe von älteren Menschen mit geistiger Behinderung und hohem Unterstützungsbedarf an die Offene Behindertenarbeit (OBA) der Lebenshilfe Bamberg am im Mehrgenerationenhaus Bamberg-Strullendorf von Dr. Christian Bradl, Jülich Ich freue mich sehr, Sie alle zur Verleihung eines Preises begrüßen zu dürfen. Schon die Tatsache, dass wir das hier im Mehrgenerationenhaus Strullendorf tun, weist schon auf das Grundanliegen der Offenen Behindertenhilfe hin, Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu stellen. Ganz besonders begrüßen möchte ich - Herrn Hemm für die Offene Behindertenhilfe der Lebenshilfe Bamberg - auch die Leiterin des Café Mittendrin, Gertrud Lilge - und Friederike Kneip, Leiterin des Strullendorfer Mehrgenerationenhauses - Herrn Desel als Bürgermeister der Gemeinde Strullendorf - Und natürlich alle Nutzerinnen und Nutzer der OBA-Angebote. Ausgezeichnet wird die Offene Behindertenarbeit der Lebenshilfe mit verschiedenen Projekten und Angeboten für Seniorinnen und Senioren mit Behinderung. Der Preis wird vergeben von der Deutschen Heilpädagogischen Gesellschaft, die ich hier als stellvertretender Vorsitzender vertrete, im Gepäck mit einem Gruß von Frau Dr. Monika Seifert aus Berlin als Vorsitzende, außerdem von Herrn Prof. Friedrich Dieckmann aus Münster, der als stellvertretender Vorsitzender und Jury-Mitglied die Preisvergaben koordiniert. 1
2 Erlauben Sie mir zunächst einige Worte zur Deutschen Heilpädagogischen Gesellschaft und zum DHG-Preis. Die DHG wurde vor 25 Jahren gegründet und ist bundesweit berufsübergreifend aktiv. Im Mittelpunkt unseres Engagements stehen Menschen mit geistiger Behinderung mit hohem Unterstützungsbedarf, z. B. wegen schwerer und mehrfacher Behinderung oder wegen zusätzlich herausfordernder Verhaltensweisen, also vor allem jene, die wegen schwerer kognitiver Beeinträchtigungen oftmals nicht für sich selbst sprechen können. Wir bedauern, dass dieser Personenkreis auch bei Reformprozessen häufig nicht oder nur unzureichend berücksichtigt wird. Wir setzen uns deshalb ein für die Verbesserung ihrer Lebensqualität, in Übereinstimmung mit der Behindertenrechtskonvention für die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe und für individuell passende Unterstützungsangebote zur Teilhabe in allen Lebensbereichen. Die Gründerinnen und Gründer der DHG kamen und kommen aus unterschiedlichen beruflichen Feldern: aus der Praxis, aus der Wissenschaft und aus der Sozialverwaltung. Sie waren aktiv beteiligt an der Enthospitalisierung von Menschen mit schweren Behinderungen, die teils jahrzehntelang unter menschenunwürdigen Bedingungen in Psychiatrien und Pflegeeinrichtungen verwahrt wurden. In den letzten 25 Jahren hat die Lebenssituation dieses Personenkreises viele positive Veränderungen erfahren. Die Lebensbedingungen wurden verbessert und neue Handlungskonzepte entwickelt. Dennoch ist die Gefahr, aus dem gesellschaftlichen Leben und aus regionalen Unterstützungssystemen ausgegrenzt zu werden, was wir Exklusion nennen, nach wie vor nicht gebannt: In aktuellen Debatten in der Behindertenhilfe zu den Themenfeldern Ambulantisierung, Personenzentrierung, Teilhabe und Inklusion werden die spezifischen Bedarfe dieser Menschen kaum thematisiert. Innovativen Konzepten werden durch die knappen Kassen der Länder und Kommunen und die steigenden Ausgaben für die Eingliederungshilfe enge Grenzen gesetzt. Wir beobachten eine zunehmende Konzentrierung von Menschen mit schweren Behinderungen in Komplex-, Spezial- und Pflegeeinrichtungen. Verschärfend kommt hinzu, dass gesellschaftliche Entwicklungen Exklusionsrisiken verstärken und die Solidarität mit schwächeren Bevölkerungsgruppen schwindet. Auch bei aktuellen Gesetzesvorhaben, vor allem dem Bundesteilhabegesetz kommt dies zum Tragen. Dabei ist das Ziel des Gesetzesvorhabens enorm richtig und wichtig, nämlich das Recht auf Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu 2
3 stärken. Der formulierte Anspruch, dass die Leistungsberechtigten die Gestaltung der Leistungen hinsichtlich Ablauf, Ort und Zeitpunkt der Inanspruchnahme ( 78, Abs. 1) bestimmen, wird aber nicht gelingen, wenn Staat und Gesellschaft hier nicht stärker engagieren. Umso wichtiger erscheint es uns in der DHG, durch Austausch und Bekanntmachen innovativer Praxiskonzepte aufzuzeigen, welche Ansätze zur selbstbestimmten Lebensführung und Teilhabe es vor Ort bereits gibt. Dies tun wir mit unseren Fachtagungen, Fachgesprächen, Expertisen, Schriften und nicht zuletzt durch Ausschreibung unseres DHG-Preises. Seit 2008 schreiben wir regelmäßig den DHG-Preis aus mit dem Ziel, innovative Projekte zur Stärkung der Teilhabe vor allem des Personenkreis der Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Mit dem DHG-Preis werden regelmäßig hervorragende und innovative Ansätze in der Behindertenhilfe ausgezeichnet, und zwar in Bereichen wie Wohnen und Leben in der Gemeinde, Arbeit und Beschäftigung, Bildung und Freizeit. Die Themen der bisherigen Ausschreibungen waren: Wege zur Einbindung in die Gemeinde (2008) Teilhabe bei herausforderndem Verhalten (2010) Teilhabe am Arbeitsleben (2012) Bei den drei Ausschreibungen wurden bislang Preise an 13 Projekte vergeben. Der DHG-Preis ist mit insgesamt 3000 Euro dotiert. Der erste Preis wird mit 1500 Euro, der zweite mit 1000 Euro und der dritte Preis mit 500 Euro honoriert. Nun steht zum vierten Mal die Vergabe des DHG-Preises an. Ausgelobt waren Projekte unter dem Thema: Leben im Alter gestalten - Teilhabe von älteren Menschen mit geistiger Behinderung und hohem Unterstützungsbedarf. Immer mehr Menschen mit geistiger Behinderung, auch mit hohem Unterstützungsbedarf erreichen das Seniorenalter eine sehr erfreuliche Entwicklung. Diese Menschen dabei zu unterstützen, diese Lebensphase zu gestalten, teilzuhaben an dem, was das Alter an Lebenschancen bietet, und gleichzeitig ihnen zu helfen, mit Verlusten und Beeinträchtigungen im Alter bis zum Lebensende zurechtzukommen, ist eine herausfordernde neue Aufgabe - für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Einrichtungen und für die sozialen Dienste vor Ort. Die Projekte sollen dazu beitragen das Bild von alten Menschen mit geistiger Behinderung in der Öffentlichkeit zu verändern, 3
4 die selbstbestimmte Teilhabe im Alter sicher zu stellen und weiter zu entwickeln, den Stadtteil bzw. die Gemeinde mit ihren vielfältigen Angeboten und Diensten für Menschen mit Behinderung im Alter durch Inklusion und Vernetzung der Akteure zu erschließen. Die Jury hat sich dafür entschieden, für den 2015 ausgeschriebenen DHG-Preises Leben im Alter gestalten die Offene Behindertenhilfe der Lebenshilfe Bamberg mit dem ersten Preis auszuzeichnen. Als Motto für die Bewerbung der Offenen Behindertenhilfe wurde gewählt: Jedem/Jeder das Gleiche zu geben, genügt nicht! Teilhabe zu erlangen bedeutet, als Individuum zugelassen zu sein! Dem ist voll zuzustimmen gerade mit Blick auf Menschen mit Behinderung und hohem oder komplexem Unterstützungsbedarf: Selbstbestimmte Lebensführung und soziale Teilhabe wird nicht gelingen, wenn wir nicht die Bedürfnisse und Lebenslagen des einzelnen Menschen zum Ausgangspunkt der erforderlichen individuell ausgerichteten Unterstützungssysteme und die Einbindung in die Gemeinde machen. Dies ist in Stadt- und Landkreis Bamberg mit den Seniorenangeboten der Offenen Behindertenhilfe vorbildlich gelungen. Die Offene Behindertenarbeit der Lebenshilfe Bamberg hat zusammen mit den Seniorinnen und Senioren Angebote entwickelt bzw. erschlossen, die außerhalb von Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen in den Stadtvierteln liegen. Senioren mit Behinderung können ihre freie Zeit gemäß ihrer persönlichen Vorstellungen gestalten und erhalten für die Wahrnehmung von Angeboten eine Unterstützung nach Maß. Menschen mit höheren Unterstützungsbedarfen werden ausdrücklich angesprochen und einbezogen. Vier Unterstützungsbausteine wurden geschaffen: Die individuelle Freizeitassistenz ermöglicht es den Seniorinnen und Senioren, Freizeit gemäß den eigenen Vorlieben zu planen und Pläne umzusetzen. Der Cafétreff Miteinander versteht sich als Inklusives öffentliches Angebot in einem Mehrgenerationenhaus. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen den Cafétreff. Neben der Begegnung werden auch abwechslungsreiche Aktivitäten im wöchentlichen stattfindenden Treff angeboten. Der OBA-Kulturschlüssel erleichtert Menschen mit Behinderung die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen durch freiwillige Begleiterinnen und Begleiter. 4
5 Der Samstreff ist ein monatlich stattfindender Ausflug für Senioren mit schwerer Behinderung, die eine individuelle Begleitung benötigen. Die Jury hat beeindruckt, - wie die Offene Behindertenhilfe der Lebenshilfe Bamberg auch in der Lebensphase Alter konsequent auf eine individuelle Gestaltung des Lebensabends setzt, - Begegnungsmöglichkeiten im Gemeinwesen nutzt, - die eigenen Angebote für Menschen ohne Behinderung öffnet, - Menschen mit schwerer Behinderung einbezieht - und sehr aktiv ehrenamtliche Unterstützer wirbt und einbindet. Kommen wir nun zur Preisvergabe. Gerne überreiche ich Ihnen vertretend für alle professionell und ehrenamtlich an den Seniorenangeboten Mitwirkenden die Urkunde zum ersten Preis, danke Ihnen für Ihr hervorragendes Engagement hier in Stadt und Kreis Bamberg, - jetzt mit bundesweiter Ausstrahlung, und wünsche Ihnen weiterhin ein gutes Gelingen Ihrer Projekte. Dr. Christian Bradl Stellvertretender Vorsitzender DHG Deutsche Heilpädagogische Gesellschaft e.v. Am Schulzentrum 9-11, Jülich Tel / ; Fax 0221/ Internet: mail@dhg-kontakt.de. Offene Behindertenarbeit der Lebenshilfe Bamberg e.v. (OBA) Moosstraße 75, Bamberg Telefon 0951/ Internet: oba@lebenshilfe-bamberg.de.. Ort der Preisverleihung: Mehrgenerationenhaus in der Gemeinde Strullendorf Forchheimer Str. 29, Strullendorf Tel.: mehrgenerationenhaus@iso-ev.de 5
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