Der erschöpfte Mensch Wege aus der Depression. Jürgen Armbruster Evangelische Gesellschaft Stuttgart
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- Louisa Herta Heidrich
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1 Der erschöpfte Mensch Wege aus der Depression Jürgen Armbruster Evangelische Gesellschaft Stuttgart
2 Zum Inhalt: Daten zur Entwicklung der psychischen Erkrankungen Welche Erklärungen gibt es für die Zunahme seelischer Erkrankungen? Welche gesellschaftlichen Entwicklungstrends sind zu beobachten? Welche Herausforderungen ergeben sich daraus?
3 1. Empirische Daten zur Entwicklung der seelischen Gesundheit In Deutschland ergab das bundesweite Gesundheitssurvey 1998, dass 32,1% der 18-65jährigen an einer oder mehreren psychischen Störungen leidet. In Europa macht jede vierte Person in ihrem Leben mindestens eine psychische Erkrankung durch.
4 1. Empirische Daten zur Entwicklung der seelischen Gesundheit Unipolare Depression Weltweit führende Ursachen (%) der durch Behinderung beeinträchtigten Lebensjahre (World Health Report 2001) Hörverlust Eisenmangel Anämie COPD Alkohol Osteoarthritis Schizophrenie Stürze Bipolare Störung Asthma Angebore Erkrankungen Perinatale St. Demenz Katarakt Autounfälle Mangelernährung Zerebrovaskulär HIV/AIDS Migraine Diabetes
5 AU-Fälle aufgrund psychischer Krankheiten In Prozent (Indexdarstellung: 1994 = 100%) Vergleichbare Daten auch bei der DAK und TKK; dagegen Abnahme bei Atmungssystem, Verdauungssystem, Muskel-, Skelettund Bindegewebe. Quelle: WIdO 2005 AOK Daten
6 Entwicklung der AU-Tage im Vergleich
7 Entwicklung der Früh-Berentungen aufgrund somatischer und psychischer Erkrankungen Männer Frauen Neubildungen Herz/Kreislauf Psych. Erkrankungen Bewegungsorgane Neubildungen Herz/Kreislauf ** 1993** Psych. Erkrankungen Bewegungsorgane
8 Verteilung verschiedener Diagnoseuntergruppen psychischer Störungen bei der AOK, BKK und DAK 2004
9 Geschlechterunterschiede
10 2. Zeitdiagnosen Welche gesellschaftlichen Entwicklungstrends sind zu beobachten, die als Erklärung für die Zunahme seelischer Erkrankungen dienen können?
11 Die Zukunft der Jugend die Zukunft des Sozialen? Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe. (Keilschrifttext aus Ur, Chaldäa, um 2000 vor Christus) Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer. (Sokrates, gr. Philosoph, v.chr.) Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen. (Aristoteles, gr. Philosoph, v. Chr.)
12 2. Zeitdiagnosen Schon vor Jahren ist uns die»erschöpfung der utopischen Energien«(Jürgen Habermas) diagnostiziert worden und ein»minimal self«(christopher Lasch), eine Fixierung auf Alltagsbewältigung ohne übergreifende Idee.
13 2. Zeitdiagnosen Wir haben es mit einer tiefen Krise im gesellschaftlichen Selbstverständnis zu tun, das sich nicht einmal mehr über unterschiedliche mögliche Zielvorstellungen streitet, sondern einfach keine mehr hat. In allen gesellschaftlichen Bereichen, in der Politik, in der Wirtschaft und zunehmend auch in den privaten Welten geht es ums»überleben«, ums»durchhalten«. Hier zeichnet sich eine Gesamtsituation ab, die man mit dem Begriff»erschöpfte Gesellschaft«überschreiben könnte.
14 2. Zeitdiagnosen Wir brauchen eine»kultur des Scheiterns«, weil Scheitern vermehrt zu unserer Erfahrung gehört, weil Scheitern die Basis für Lernprozesse ist, weil Scheitern die Chance zum Neuanfang enthält und weil Scheitern ein Tabu ist. Unsere Kultur wird zunehmend eine»winner«-kultur, sie will vor allem Sieger- und Erfolgsgeschichten hören und sie verdrängt die andere Seite der Medaille.
15 2. Zeitdiagnosen Notwendig sind Trauerarbeit und Empowerment. Empowerment heißt, die eigenen Ressourcen und Kräfte wahr- und ernst zu nehmen. Dies heißt auch, sich von den dominierenden ideologischen Menschenbildvorgaben des neo-liberalen Herrschaftsmodells ebenso zu befreien wie von der Hoffnung auf eine obrigkeitliche Lösung..
16 2. Zeitdiagnosen Alain Ehrenberg (1998): Das erschöpfte Selbst Die typische Lebensweise der Subjekte besteht heute in der zunächst authentisch angestrebten, dann aber mehr und mehr gesellschaftlich erwarteten und geforderten Entfaltung und Präsentation des eigenen Selbst, der vollständigen Übernahme der Verantwortung für den eigenen Selbst-Entwurf und sein Gelingen. Heute gängige Vokabeln wie»ich-ag«oder»arbeitskraft- Unternehmer«sind ein Indiz für die Richtigkeit dieser Einschätzung. Das hat zu einem charakteristischen Symptomwandel geführt. Unbehagen oder Depression? Psychoanalytischsozialpsychologische Aspekte der spätmodernen Gesellschaft Von Hans-Joachim Busch
17 2. Zeitdiagnosen Alain Ehrenberg (1998): Das erschöpfte Selbst Das heutige Subjekt leidet weniger an neurotischen Verstimmungen. Es verstößt, sei es in der Fantasie, sei es in der Realität, nicht so sehr gegen Normen, als dass es ihnen nicht mehr gerecht zu werden vermag. Ausgelaugt vom unaufhörlichen Druck, sich als Selbst auf dem Markt anzubieten, verliert das Subjekt seine Motivation; von Antriebslosigkeit, von»müdigkeit, man selbst zu sein«(ehrenberg 2000), befallen, verfällt es in Depressionen und wird handlungsunfähig. Unbehagen oder Depression? Psychoanalytischsozialpsychologische Aspekte der spätmodernen Gesellschaft Von Hans-Joachim Busch
18 Antidepressivaverordnungen Männer: > 40 % Daten GEK, Grobe et al., Volkskrankheit Depression? Springer 2006 Anteil Versicherte mit Antidepressiva-Verordnung im Kalenderjahr 9% 8% 2003 Daten GEK, Grobe et al., Volkskrankheit Depression? Springer % 6% 5% 4% 3% 2% 1% 0% 0,1% 0,2% 0,4% 1,1% 0,7% 1,7% 0,8% 1,9% 1,2% 2,4% 1,5% 3,0% 2,1% 3,7% ,6% 4,9% 3,4% 5,9% 4,1% 4,9% 3,3% 4,6% 3,6% 5,6% 4,6% 7,0% 5,0% 7,8% 5,8% Altersgruppe (Männer)
19 Die hausärztliche Depressionsbehandlung Behandlungsbedürftige Depressionen in der Gesamtbevölkerung 1 (Punktprävalenz 5% ca. 4 Millionen) In hausärztlicher Behandlung 2 (2,4-2,8 Millionen) Als Depression diagnostiziert 3 (1,2-1,4 Millionen) suffizient behandelt 4 ( Tausend) nach 3 Monaten Behandlung noch compliant 5 ( Tausend) 60-70% 30-35% 6-9% 2,5-4% Optimierungsspielraum durch Fortbildung und Kooperation mit Hausärzten Optimierungsspielraum durch Awareness-Programme, Öffentlichkeitsarbeit 1) Wittchen et al ) Montano 1994
20 Salutogenesekonzept von Aron Antonovsky Nach Antonovsky sind Menschen dann in ihrer Persönlichkeit gestärkt und auch in der Lage, mit Belastungen und Stress umzugehen, wenn sie ihre jeweilige Lebenssituation als: verstehbar empfinden, wenn sie das Gefühl haben, die ihnen gestellte Aufgabe sei bewältigbar und handhabbar und wenn sie in ihrem Tun Sinn empfinden.
21 Zwischenergebnis: Die Sozialpsychiatrie hat sich auch durch das Engagement der Diakonie seit Mitte der 70er Jahre erfolgreich um die soziale Integration insbesondere der chronisch psychisch kranken Menschen bemüht. Sie ist inzwischen gefordert, an einem umfassenden Projekt der Förderung der seelischen Gesundheit mitzuwirken. Aus diesem Ansatz erwachsen vielfältige neue Aufgaben zur für die Entwicklung differenzierter Hilfesystem und die Sensibilisierung der Gemeinden.
22 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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