Pressespiegel August 2015

Transkript

1 Inhalt 2 Ruhrnachrichten Online Von Chile nach Bochum (Erschienen am ) 3 WAZ Wenn alle Menschen singen (Erschienen am ) 4 Mit Shakespeare in Witten (Erschienen am ) 1

2 Presseveröffentlichung vom Ruhrnachrichten Online Von Chile nach Bochum Studieren in der Heimat des eigenen Vaters BOCHUM Ruhig und entspannt sitzt Alexander Orozo Guzman an einem Tisch des Café Ferdinands und erzählt aus seinem Leben. Gerade einmal 21 Jahre ist er alt und hat doch schon zwei völlig verschiedene Welten kennengelernt. Aufgewachsen ist Guzman in Chile, nun studiert er in Bochum, der Heimatstadt seines Vaters. Alexander Orozo Guzman kam von Chile nach Deutschland Foto: Benjamin Hahn Ich wollte eigentlich gar nicht nach Deutschland, aber mein Vater hat gedrängt, sagt der junge Mann. Vor über 20 Jahren zog es seinen Vater von Bochum nach Südamerika, wo er sich verliebte und eine Familie gründete. Seit seiner Geburt zog es Alexander Guzmans Vater nur noch selten nach Deutschland und so kannte auch der junge Chilene das fremde Land in Europa nur aus zwei Urlauben. Der eine war 2000, aber an den erinnere ich mich nicht mehr waren wir noch einmal zur Weltmeisterschaft hier, sagt er. Von Deutschland habe er deshalb auch keine richtige Vorstellung gehabt, als er vor zwei Jahren nach Bochum zog. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren Erkrankungen des Vaters. Der wollte sich eigentlich in Deutschland behandeln lassen und zugleich seinen Sohn mitnehmen. Ich bin dann aber schließlich alleine hierhergekommen, sagt Guzman Bessere Bildung Eine Entscheidung, die er heute nicht mehr bereut: Ich vermisse Chile und meine Freunde, aber ich mag auch Deutschland, sagt er. Weil hier vieles anders ist: Das Land ist sicherer und die Bildung ist 2

3 nicht so teuer. Denn in Chile ist der Zugang zu guter Bildung abhängig vom Einkommen: Man muss dort alles bezahlen. Natürlich gibt es auch freie Schulen, aber die sind nicht gut, sagt der 21-Jährige. Dass Bildung in jedem Land etwas anderes bedeutet, bemerkte er in Deutschland schnell. Denn während sein chilenischer Schulabschluss in seiner Heimat für ein Studium gereicht hätte, wird er in Deutschland nur als mittlere Reife anerkannt. Vor dem Studium stand daher erst einmal pauken, pauken und noch mehr pauken. Das jedoch war für Guzman gar nicht so einfach. Denn obwohl er zweisprachig aufgewachsen ist, konnte er sich nicht richtig verständigen: Mein Vater hat immer mit mir auf Deutsch geredet und ich habe auf Spanisch geantwortet, sagt er. Sein Hörverstehen war daher perfekt, aber selber brachte er kaum ein Wort raus. Deutsch lernen Es war dieser Punkt, an dem die deutschen Behörden ins Spiel kamen. Weil er aufenthalts- und sozialleistungsberechtigt war, konnte er an einem Sprachkurs teilnehmen, dessen Kosten das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge übernahm. Allerdings ist der Kurs nur bis zur Stufe B1 kostenlos, sagt Nadine Stricker vom Jobcenter Bochum. Für ein Studium wird jedoch B2 oder C1 verlangt, sagt sie. So kam Guzman zu seinem zweiten Sprachkurs und der war etwas ungewöhnlich. Denn, statt ganz regulär Deutsch zu pauken, stand er auf einmal auf der Theaterbühne. Unter der Regie von Romy Schmidt spielte er im Bahnhof Langendreer in dem Stück Die Vögel mit. Eine Erfahrung, auf die er zunächst gar nicht so große Lust hatte, wie er sagt. Theaterprojekt mit Weitblick: Bei JobAct spielen Flüchtlinge die Hauptrolle(n) Sie sind neu in einem fremden Land, haben Probleme mit der Sprache, einen Job zu finden, Kontakte zu knüpfen: Der Start in der neuen Heimat Deutschland ist für Flüchtlinge in der Regel nicht einfach. Das Projekt "JobAct " will helfen: Die Flüchtlinge erarbeiten ein Theaterstück. Und gewinnen so nicht nur Vertrauen in sich und andere, sondern bekommen zusätzlich auch Sprachund Bewerbungstraining. Doch aus heutiger Sicht ist er froh, sich doch getraut zu haben: Das hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Inzwischen fühlt er sich in Deutschland angekommen und ist auf dem besten Wege in eine solide Zukunft. Am Dortmunder Fritz-Henßler-Berufskolleg hat er in diesen Tagen mit dem Bildungsgang Bautechnischer Assistent begonnen. Damit schlägt er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, ist der Bildungsgang doch zum einen eine Berufsausbildung, mit der er bereits arbeiten könnte, und zum anderen erlangt er mit dem Abschluss die Fachhochschulreife. Ich würde gerne im Anschluss Architektur oder etwas ähnliches studieren, sagt Guzman und freut sich über sein neues Leben in Deutschland. Ich will erst einmal nicht mehr nach Chile zurück, sagt er und lächelt zufrieden. 3

4 Pressespiegel August 2015 Presseveröffentlichung vom in der WAZ 4

5 Presseveröffentlichung auf Mit Shakespeare in Witten zur vollen Persönlichkeit Die Projektfabrik in Witten unterstützt Menschen ohne Arbeit durch Theaterspiel. Die Idee für die Projektfabrik mitten im Kreativquartier. Wiesenviertel in Witten hatte Geschäftsführerin und Unternehmensgründerin Sanda Schürmann Viele Jahre im sozialen Bereich und vorwiegend mit Erwerbslosen tätig, reichten ihr die Angebote in diesem Sektor nicht aus, um Arbeitslose sinnvoll zu unterstützen und erfolgreich in Arbeit zu bringen. Ihre Lösung: Erwerbslosigkeit mit Persönlichkeitsentwicklung begegnen. Der Weg: Das Theater. Sandra Schürmann ist eine Geschäftsfrau, Querdenkerin und Visionärin. Mit der von ihr geführten Projektfabrik in Witten und inzwischen ganz Deutschland, sowie innerhalb eines heranreifenden europäischen Netzwerkes, hat sie viel erreicht. 120 Mitarbeiter zählt der mittelständische Bildungsbetrieb heute. Der hat für ihr Bildungskonzept so ziemlich jede Auszeichnung erhalten, die der Sektor bereithält. Sie wollte Erwerbslose nicht nur auf der Ebene der Qualifizierungen und Ausbildungen ansprechen, sondern sozusagen an des Pudels Kern heran: An die Persönlichkeit. Mit Schauspiel zur Reise ins Ich Wenn ich nicht frei wählen kann, weil meine Persönlichkeit dazu nicht in der Lage ist, dann stagniere ich und habe auch keinen Nutzen von aufgestülpten Maßnahmen. Das Ziel ist also ein Bekanntes, der Weg dorthin war in 2005 revolutionär. Laut Schürmann entwickelt sich eine reife und eigenverantwortliche Persönlichkeit nur dann, wenn Körper, Seele und Geist miteinander im Einklang sind. Für sie kommen diese drei Dinge nur in der Kunst zusammen. Hier kann die Persönlichkeit schwingen, baumeln gar und letztlich in der tiefen Auseinandersetzung mit sich selber erblühen. Die Erfolgsstories und Vermittlungszahlen sind der Beweis, dass es klappt: Mehr als die Hälfte aller Projektteilnehmer begeben sich nach ihrem mehrwöchigen Intensivausflug in die Schauspielerei wieder in Lohn und Brot. Zu Anfangs reiste das Projektfabrik-Team noch zu den Bildungs-, und Theatercoachings für Mitarbeiter 5

6 an, doch 2012 gab es in einem leerstehenden ehemaligen Traditions-Café die Möglichkeit, zentral in Schürmanns Heimatort Witten Büroräume zu beziehen. Die Treue zum Standort Witten: Im Alten das Neue suchen Schürmann kommt aus Witten. Hier will sie auch bleiben und findet ihren eigenen Worten nach in der Vertrautheit der Heimat die Freiheit, sich innerlich heraus zu bewegen und das Neue aus eben dieser Beziehung heraus zu gestalten. Dass die Macherin keinen urbanen Reibungspunkt benötigt, um sich an den für sie brennenden gesellschaftlichen Fragestellungen zu reiben, beweist sie mit dem komplexen Konzept der Projektfabrik. Dort strickt sie mit ihrem Team für die verschiedensten von Erwerbslosigkeit betroffenen Gesellschaftsgruppen an immer neuen Ideen. Auch die Projektfabrik ist fast so etwas wie eine organische Persönlichkeit, die sich stets weiter entwickelt. Die zentrale Frage, die sich als roter Faden durch das Angebots-, und Partnernetz zieht, ist letztendlich, was der Mensch braucht, um in und mit der heutigen Gesellschaft zu Recht zu kommen und erfolgreich zu sein. Arbeitslosigkeit hat mit der individuellen Lebensgestaltung zu tun: Die Gesellschaft kann es sich meiner Meinung nach gar nicht leisten, Menschen einfach herausfallen zu lassen. Genauso wenig geht es aber darum, jemand mit Zwang wieder einzugliedern. Menschen müssen stattdessen zu Gestaltern ihres eigenen Lebens gemacht werden. Im Endeffekt berührt dieser Ansatz auch das Thema Kreativquartiere: Was biete ich den einzelnen Menschen vor Ort und wie weit lässt sich dieser Gestaltungsrahmen spinnen? Es geht um die Qualität des Wandels, nicht um die der Bühnenkunst Finanziert werden die Projekte der Projektfabrik durch die Job Center vor Ort. Bislang ohne Kulturförderung. Die soll noch mit ins Boot: Ich finde, es ist eine Sauerei, dass immer nur Hochkultur gefördert wird, so die Geschäftsführerin. Gespielt werden von den Arbeitslosen Klassiker, aktuell drei Stücke aus der Sturm und Drang Zeit. Davor gab man auch schon Goethe, Shakespeare und griechische Tragödien. Die Reibung mit den dort angesprochenen und oft menschlich-existentialistischen Themen bringt die Darsteller näher zu sich selbst. Sie erleben die Freiheit, sich in einem konstruktiven Rahmen zu bewegen. Schürmann entschied in den Arbeitsgruppen keine eigenen Stücke zu entwickeln: Eigene Stücke haben im Gegensatz zu Shakespeare und Co. nicht aus den 6

7 eigenen Problemwelten hinausgeführt, sondern diese in der Inszenierung gefestigt. Wenn ich abermals postuliere, dass in meinem Leben nichts glatt läuft und das Jobcenter der erklärte Feind ist, dann komme ich in keine Beziehungen. Nicht mit mir selber und erst recht nicht mit dem Jobcenter, erklärt Schürmann. Natürlich entsteht bei den Produktionen am Ende keine so genannte Hochkultur. Ein Grund, warum der Versuch einer Zusammenarbeit mit professionellen Schauspielhäusern, wie etwa in Bochum, laut Schürmann auch nicht wirklich gefruchtet hat: Die schauspielerische Qualität war denen nicht hoch genug, also hat man die komplette Kunstmaschinerie über unsere Laienstücke gestülpt und unsere Darsteller sind fast darin verschwunden. Nicht der erwünschte Effekt, wenn man da steht und sich schon wieder als Looser fühlt. Die Projektfabrik will keine Nachwuchsschauspieler heranziehen, sondern Menschen mit dem Erlebten verwandeln. Wenn ich weiß, um welche persönlichen oder existentialistischen Themen es bei den Akteuren geht, dann schaue ich mir ein Stück an und bin gebannt, verzaubert und fassungslos, was aus den Menschen geworden ist. Text: Jennifer Eletr 7