Ödeme und Lymphdrainage
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- Kathrin Lorenz
- vor 7 Jahren
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1 Ulrich Herpertz 5. Auflage Ödeme und Lymphdrainage Diagnose und Therapie Lehrbuch der Ödematologie
2 1.1 Allgemeine Anatomie Cisterna terminalis Truncus jugularis Venenwinkel- Einmündung Truncus subclavius Truncus bronchomediastinalis Ductus thoracicus Zwerchfell Cisterna chyli Truncus intestinalis Truncus lumbalis Brustwirbelkörper 4 Lendenwirbelkörper 2 Abb Hauptlymphgefäße (schematisch) Aus dem Brustkorb tritt er dorsal durch die obere Thoraxöffnung (Apertura thoracis superior) heraus, verläuft bogenförmig im Bereich der linken Supraklavikulargrube über der linken Pleurakuppe nach vorne und mündet von hinten oben in den linken klavikulären Venenwinkel (Angulus venosus), dem Zusammenfluss von großer Kopfvene (V. jugularis interna) und Armvene (V. subclavia), ein. Vor seiner Einmündung in den Venenwinkel ist er ampullenartig erweitert. Dieser Bereich wird Cisterna terminalis, Mündungsampulle oder terminale Ampulle bezeichnet (Abb. 1-12). In den Ductus thoracicus münden die Lymphgefäße beider Beine, der Becken- und Bauchorgane, der linken oberen Lunge und des linken Brust- und Rückenbereichs. Im Bereich des linken Venenwinkels münden auch die Lymphgefäße des linken Arms (Truncus subclavius sinister) sowie der linken Kopf- und Halshälfte (Truncus jugularis sinister) entweder einzeln oder als gemeinsamer Truncus lymphaticus sinister ein. Anatomische Variationen an dieser Einmündungsstelle sind häufig, wobei auch die linksseitigen Kopf-, Hals- und Armlymphgefäße in die Mündungsampulle des Ductus thoracicus einmünden können. Gelegentlich Abb Lymphographische Darstellung des Duc tus thoracicus und der Cisterna terminalis
3 1 Anatomie des Lymphsystems mündet in diese auch ein Truncus bronchomediastinalis sinister, der die Lymphe der linken oberen Lunge sammelt. Meist wird die Lymphe dieser Region jedoch in mehreren Einzelgefäßen dem thorakalen Ductus thoracicus zugeführt. Selten mündet sogar ein Ast des Ductus thoracicus in den rechten Venenwinkel. Die Lymphgefäße des rechten oberen Körperquadranten vereinigen sich normalerweise in einem etwa 1 cm langen gemeinsamen Stamm, dem 1 mm dicken Ductus lymphaticus dexter, der in den rechten klavikulären Venenwinkel einmündet. Dieser Lymphgefäßstamm ist der Zusammenfluss der Lymphgefäße des rechten Arms (Truncus subclavius dexter), der rechten Kopf- Hals-Seite (Truncus jugularis dexter), der rechten Brust- und Rückenbereiche sowie des Truncus bronchomediastinalis dexter, der die rechte Lunge, die untere Hälfte der linken Lunge, das Herz, das Mediastinum, das rechte Zwerchfell und kleinere Teile der angrenzenden Leberkapsel entsorgt. Auf diesem Wege werden circa 20 % der Leberlymphe abtransportiert. Auch im Bereich des Truncus lymphaticus dexter gibt es unterschiedliche Varianten des Zusammenflusses und der Einmündung ins Venensystem. Lymphgefäßanastomosen Lymphgefäßanastomosen sind normalerweise unbedeutende lymphogene Verbindungen, die jedoch bei Blockade des normalen Lymphabflusses als Umleitungen bedeutsam werden. Es gibt kapilläre Anastomosen über die Vasa vasorum in der Adventitia der Blutgefäße und im Bereich der Hautlymphgefäße, wo die Fließrichtung der Lymphe aufgrund der Klappenlosigkeit der Kapillaren umkehrbar ist. Solche kapillären Anastomosen ermöglichen Transporte selbst über die lymphatischen Wasserscheiden des Körpers hinweg entgegen der sonst üblichen Strömungsrichtung in den Hautlymphgefäßen. An den Extremitäten gibt es Anastomosen zwischen dem tiefen und oberflächlichen Lymphsystem, wobei die Fließrichtung von den tiefen zu den oberflächlichen verläuft. Aus diesem Grunde kommt es auch kaum zu Muskelödemen, da durch die Muskeltätigkeit die Lymphe nach epifaszial abgepresst wird. Teilweise gibt es auch Anastomosen zwischen größeren Lymphgefäßbündeln. So kann das zephale Lymphgefäßbündel am lateralen Oberarm (S. 19) einen Umgehungskreislauf für die Unterarmlymphe zu den infraklavikulären Lymphknoten darstellen. Auf diese Weise wird die Achsel umgangen, was nach axillärer Lymphknotenausräumung mit Unterbrechung der basilären Lymphgefäße von Bedeutung sein kann. An der Rückseite des Oberschenkels gibt es die sogenannte Ischias anastomose, die bei Blockade in der Leiste Lymphe aus dem Unterschenkel zu präsakralen Lymphbahnen (S. 25) umleiten kann, die dann ihrerseits die Lymphe in die iliakalen Lymphknoten weiterleiten Lymphknoten Die Lymphknoten gehören zum lymphatischen System, ebenso wie der Thymus, das Knochenmark, die Milz, der lymphatische Rachenring mit Rachen- und Gaumenmandeln, die Peyer-Plaques des Dünndarms und das lymphatische Gewebe der Appendix. Das Gesamtgewicht des lymphatischen Gewebes eines erwachsenen Menschen beträgt circa 1 kg. In die Kollektoren sind Lymphknoten eingebaut, sodass die Lymphe auf ihrem Weg zumindest einen, meist jedoch meh-
4 1.1 Allgemeine Anatomie rere Lymphknoten durchströmen muss. In Bezug zum Lymphknoten gibt es periphere und zentrale Lymphgefäße. Die peripheren Lymphgefäße transportieren die Lymphe in die Lymphknoten (= afferente Gefäße). Die zentralen oder efferenten Lymphgefäße transportieren dagegen die Lymphe aus den Lymphknoten in Richtung des Venensystems. Der ausgewachsene menschliche Körper enthält insgesamt etwa 500 bis 600 Lymphknoten, wovon am Hals allein circa 100 und an der Darmwurzel circa 100 bis 150 liegen. Die Anzahl der Lymphknoten verringert sich mit dem Alter kaum, wobei diese jedoch kleiner werden und Fett einlagern. Sie degenerieren fettig. Allerdings können sich im höheren Lebensalter, besonders im Verlauf von Infektionen, Lymphknoten wieder vergrößern oder neu bilden. Lymphknoten sind außerordentlich regenerationsfähig, sodass sich z. B. nach Operationen aus kleinsten Lymphknotenresten neue bilden können. Die Lymphknoten sind meist in lockeres, lipidreiches Bindegewebe eingelagert. An immunologisch wichtigen Stellen liegen die Lymphknoten in Gruppen angeordnet (Abb. 1-13), so im Bereich der Extremitätenwurzeln, des seitlichen Halses, der Lungenwurzel und der Darmwurzel sowie lumbal. Die Extremitäten selbst sind lymphknotenarm. Lymphknoten, welche die Lymphgefäße bestimmter Regionen aufnehmen, heißen regionale oder regionäre Lymphknoten, wie z. B. für den Arm die Achsellymphknoten, für das Bein die Leistenlymphknoten, für die Lunge die Hiluslymphknoten und für den Darm die mesenterialen Lymphknoten. Der Durchmesser der Lymphknoten schwankt mit 1 bis 25 mm sehr stark, wobei die größten Lymphknoten (LK) paraaortal (lumbale LK) liegen. Meist ist die Form der Lymphknoten rundlich bis bohnenähnlich, da im Hilusbereich des Lymphknotens (Hilum nodi lymphatici, hilum = kleines Ding; gemeint ist eine Vertiefung an der Oberflä- Nll. axillares Wasserscheide Nll. cervicales Nll. pulmonales et bronchiales Nll. lumbales Nll. mesenterici et colici Nll. iliacales Nll. inguinales Erwachsener ca Lymphknoten (LK) zervikal je 50 = 100 axillär je 50 = 100 Lunge 50 Mesenterium 150 lumbal 50 iliakal-inguinal je 50 = 100 insgesamt 550 (LK-Merkzahl 50) Abb Die wichtigsten Lymphknotengruppen und ihr grobes Verteilungsmuster. Nll. = Nodi lymphatici.
5 1 Anatomie des Lymphsystems che) eine Abflachung oder leichte Einziehung besteht. In jeden Lymphknoten treten im konvexen Bereich, also dem Hilus gegenüber, in wechselnder Zahl Vasa afferentia oder zuführende Gefäße in den Randsinus ein. Die Lymphe der einzelnen afferenten Lymphgefäße durchströmt im Lymphknoten einen keilförmigen Sektor (Abb. 1-14). Die Einteilung der Lymphknoten in keilförmige Sektoren ist für die mikroskopische Diagnostik von Bedeutung: Histologische Schnitte sollten nur im Längsdurchmesser gemacht werden, um alle Sektoren zu erfassen und um so eventuell falsch negative histologische Aussagen zu vermeiden. Unter Ruhebedingungen wird nur ein Teil des Lymphknotens durchströmt. Erst unter körperlicher Belastung kommt es zu einer Durchströmung des kompletten Lymphknotens. Aus den Lymphknoten geht meistens nur ein wegführendes Lymphgefäß (Vas efferens) ab, das am sogenannten Hilus austritt und einen entsprechend größeren Durchmesser als die zuführenden Lymphgefäße hat. Manchmal laufen Lymphgefäße auch an Abb Schnittebene Lymphknotensektoren Lymphknoten vorbei, wodurch die Lymphknotenpassage umgangen wird. Auf diesem Wege ist z. B. bei Tumorerkrankungen eine Metastasierung in weiter zentrale Lymphknotenregionen möglich, ohne die regionalen Lymphknoten zu befallen. Am Hilus treten neben vegetativen Nervenfasern eine Arterie ein und eine Vene aus, die für die Ernährung des Lymphknotens notwendig sind. Diese Blutgefäße verlaufen innerhalb des Lymphknotens im Trabekelsystem. Das Blutkapillarnetz im Lymphknoten ist außerdem wichtig für die Resorption von Wasser aus der Lymphe. Die Lymphe wird bei der Lymphknotenpassage eingedickt (S. 50). Teilweise durchbrechen Blutgefäße sogar von innen die Lymphknotenkapsel und versorgen umliegendes Fettgewebe. Lymphknoten sind normalerweise von graurötlicher Farbe, sie können jedoch auch weiß (lipidhaltige mesenteriale Lymphknoten) oder schwarz (Ruß in den Lymphknoten des Lungenhilus) gefärbt sein. Im Hilusbereich der Leber und der Milz haben sie oft durch abgebaute Erythrozyten eine rotbraune Farbe. Der Lymphknoten kann mikroskopisch folgendermaßen unterteilt werden (Abb. 1-15): Kapsel-Trabekel-System lymphatisches Gewebe Sinus- oder Hohlraumsystem Das Kapsel-Trabekel-System ist das Organgerüst oder Stützgewebe eines Lymphknotens und besteht aus einer bindegewebigen Kapsel und zarten Bindegewebssepten, den Trabekeln, die von der Kapsel und von der Hilusregion ausgehen und sich wie Baumäste verzweigen. In die Kapsel sind unterschiedlich viele glatte Muskelzellen eingelagert. Die Bildungsstellen der Lymphozyten sind die Lymphfollikel, die besonders im äußeren Anteil des Lymphknotens liegen. Dort ergibt
6 1.2 Spezielle Anatomie zuführendes Lymphgefäß (Vas afferens) Klappe Randsinus Die wichtigsten Lymphknotengruppen des Halses liegen beiderseits lateral unter und über dem M. sternocleidomastoideus und werden entsprechend als Nodi lymphatici (Nll.) cervicales profundi und Nll. cervicales superficiales bezeichnet. Die oberflächlichen Lymphknoten leiten die Lymphe in die tiefen Lymphknoten. Längs der tiefen Halsgefäße (A. carotis interna und V. jugularis interna) sind jeweils circa 30 Lymphknoten ange- Intermediärsinus Blutkapillarnetz Lymphfollikel mit Keimzentrum Kapsel Trabekel Marksinus Abb Schnitt durch einen Lymphknoten (schematisch) Hilus Arterie Vene abführendes Lymphgefäß (Vas efferens) sich durch die starke Anhäufung der Lymphozyten eine graugelbliche Färbung im Gegensatz zu den rötlich gefärbten inneren Anteilen. Der äußere Anteil eines Lymphknotens wird als Rinde (Kortex) und der innere Anteil als Mark (Medulla) bezeichnet. Die Lymphfollikel enthalten außer Lymphozyten auch deren Vorstufen, die Lymphoblasten, sowie Plasmazellen, die alle eine immunologische Funktion haben, nämlich das Erkennen und die Abwehr von Infektionserregern (z. B. Bakterien, Viren), von pathologischen Zellen (z. B. Krebszellen) und das Erkennen und Speichern von nichtkörpereigenen Substanzen (z. B. Pigmente). Zusätzlich durchzieht den Lymphknoten das Sinus- oder Hohlraumsystem, durch das die Lymphe auf ihrem Weg durch den Lymphknoten fließt. Wir unterscheiden einen Randsinus, einen Intermediärsinus und einen Marksinus. In die Sinus ist retikuläres Bindegewebe, das aus den kleinsten Zweigen des Trabekelsystems besteht, wie ein Netz ausgespannt, worauf Lymphozyten und Makrophagen als immunkompetente Zellen haften. Die Sinus auskleidenden Uferzellen verhindern einen direkten Kontakt der Lymph flüssigkeit mit den Lymphfollikeln. Die Uferzellen sind jedoch über Fensterungen zeitweilig offen, sodass Lymphozyten aus den Keimzentren in die Sinus und damit in die Lymphflüssigkeit austreten und auf diesem Wege ins Blut gelangen können. Aus diesem Grund kann die Lymphflüssigkeit nach einer Lymphknotenpassage lymphozytenreicher sein. 1.2 Spezielle Anatomie Lymphsystem von Hals und Kopf
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