Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss STELLUNGNAHME
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- Wilhelmine Lang
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1 Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss NAT/542 "Rio+20" (ergänzende Stellungnahme) Brüssel, den 22. Februar 2012 STELLUNGNAHME des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "Standpunkt des EWSA zur Vorbereitung der UN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung (Rio+20)" (ergänzende Stellungnahme) Hauptberichterstatter: Hans-Joachim WILMS NAT/542 - CESE 486/2012 (EN) UR/KI-UR/ab Rue Belliard/Belliardstraat Bruxelles/Brussel BELGIQUE/BELGIË Tel Fax Internet: DE
2 - 2 - Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 17. Januar 2012, gemäß Artikel 29 Buchstabe A der Durchführungsbestimmungen zur Geschäftsordnung eine ergänzende Stellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten: "Standpunkt des EWSA zur Vorbereitung der UN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung (Rio+20)" (ergänzende Stellungnahme). Angesichts der Dringlichkeit der Arbeiten beschloss der Ausschuss auf seiner 478. Plenartagung am 22./23. Februar 2012 (Sitzung vom 22. Februar), Hans-Joachim WILMS zum Hauptberichterstatter zu bestellen, und verabschiedete mit 211 Stimmen bei 3 Enthaltungen folgende Stellungnahme: * * * 1. Einleitung 1.1 Die Vereinten Nationen werden vom 20. bis 22. Juni 2012 in Rio de Janeiro in Brasilien eine Konferenz für nachhaltige Entwicklung veranstalten. In der zweiten Sitzung des Vorbereitungskomitees für die Konferenz wurden alle Mitgliedstaaten, relevante Organisationen im UN- System und Interessenträger aufgefordert, bis zum 1. November 2011 beim Sekretariat Eingaben und Beiträge einzureichen, aus denen ein Text erstellt werden sollte, der dann seinerseits als Grundlage für den im Januar 2012 veröffentlichten "Null-Entwurf" der Schlussfolgerungen der UN-Konferenz dienen sollte. 1.2 Der Ausschuss hat zu dem gemeinsamen Standpunkt der EU und ihrer Mitgliedstaaten in diesem Kontext mit seiner im September 2011 verabschiedeten Stellungnahme zu der "Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Rio+20: Hin zu einer umweltverträglichen Wirtschaft und besserer Governance Beitrag der europäischen organisierten Zivilgesellschaft" 1 beigetragen. 1.3 Im Einklang mit dem in dieser Stellungnahme aufgestellten Aktionsplan hat der Ausschuss den Dialog mit der Zivilgesellschaft innerhalb und außerhalb Europas weiter ausgebaut. Auf internationaler Ebene findet dieser Dialog im Rahmen der Diskussionsforen der Zivilgesellschaft EU/Brasilien und EU/China, der Sitzungen des Ausschusses mit der Gesellschaftskammer der Russischen Föderation und der AICESIS statt. Weitere Aktivitäten sind im Rahmen der AKP- Zusammenarbeit geplant. 1 CESE 1386/2011.
3 Auf europäischer Ebene hat der Ausschuss einen breit angelegten Dialog über die Themen der Rio+20-Konferenz eingeleitet und erste Reaktionen auf den am 10. Januar 2012 veröffentlichten "Null-Entwurf" der Konferenz-Schlussfolgerungen eingeholt. Ziel dieses Dialogs war es, den Boden für die vom Ausschuss am 7./8. Februar 2012 veranstaltete einschlägige Konferenz der Zivilgesellschaft "Nachhaltigkeit fördern, Verantwortung zeigen! Die europäische Zivilgesellschaft auf dem Weg zu Rio+20" und eine gemeinsame Botschaft der Konferenzteilnehmer zu bereiten. 1.5 In dieser ergänzenden Stellungnahme bekräftigt der Ausschuss die Empfehlungen und Schlussfolgerungen aus seiner Stellungnahme zu der "Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Rio+20: Hin zu einer umweltverträglichen Wirtschaft und besserer Governance Beitrag der europäischen organisierten Zivilgesellschaft" 2 und macht sich die Botschaft seiner Konferenz "Nachhaltigkeit fördern, Verantwortung zeigen! Die europäische Zivilgesellschaft auf dem Weg zu Rio+20" zu Eigen. 2. Schlussfolgerungen und Empfehlungen 2.1 Der Ausschuss ist davon überzeugt, dass die aktuellen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Krisensituationen eng miteinander verzahnt sind und nicht mehr so weitergemacht werden kann wie bisher. 2.2 Der Ausschuss schließt sich der Botschaft der von ihm am 7./8. Februar 2012 in Brüssel veranstalteten Konferenz zum Thema "Nachhaltigkeit fördern, Verantwortung zeigen! Die europäische Zivilgesellschaft auf dem Weg zu Rio+20" an: 2.3 Die führenden Politiker der ganzen Welt müssen sich auf der Rio+20-Konferenz der Vereinten Nationen auf einen konkreten Aktionsplan für nachhaltige Entwicklung und Beseitigung der Armut in Abstimmung auf die Kapazitätsgrenzen der Erde festlegen. Die Förderung einer grünen Wirtschaft muss Teil einer übergreifenden Nachhaltigkeitsstrategie sein, in der soziale, ökologische und wirtschaftliche Aspekte ausgewogen berücksichtigt sind und die gleichzeitig auf Verteilungs- und Generationengerechtigkeit abhebt. 2.4 Die Beseitigung der Armut und ein sicherer Zugang aller zu einer ausreichenden Versorgung mit Nahrung, sauberem Wasser und nachhaltiger Energie müssen als oberste Priorität der Rio+20- Agenda angesehen werden. Die Förderung einer umweltverträglichen lokalen Landwirtschaft in Entwicklungsländern leistet einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Armut und zur Ernährungssicherheit und unterstützt die Entwicklung wirtschaftlich florierender ländlicher Gebiete. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau bei der Ausübung ihrer politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte muss sichergestellt werden. 2 CESE 1386/2011.
4 Die politischen Entscheidungsträger werden aufgerufen, ihrer Verpflichtung zur Umsetzung der Millenniumsentwicklungsziele nachzukommen und weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die erforderliche wirksame Finanzierung zu sichern. Vor allem sollten die Industrieländer dringend ihre Zusage erfüllen, mindestens 0,7% ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe aufzuwenden. 2.6 Die europäischen Verhandlungsführer müssen auf einen wesentlich höheren Stellenwert der sozialen Dimension der nachhaltigen Entwicklung hinwirken, als in dem Nullentwurf vorgesehen ist. Die sich immer weiter öffnende Sozial- und Wohlstandsschere innerhalb der einzelnen Länder und zwischen den Ländern behindert die Bemühungen um nachhaltige Entwicklung und Verteilungsgerechtigkeit und macht dringliches Handeln erforderlich. Im Zuge eines gerechten Wandels müssen menschenwürdige Arbeit und hochwertige Arbeitsplätze sichergestellt werden. Die Ratifizierung und Anwendung der ILO-Kernarbeitsnormen und die vorbehaltlose Unterstützung der ILO-Initiative für den Aufbau einer sozialen Grundsicherung tun Not. 2.7 Die politischen Entscheidungsträger werden aufgefordert, sich in Rio auf einen Fahrplan für eine grüne Wirtschaft mit klaren Zielen und Kontrollmechanismen festzulegen, der einen wirtschaftlich effizienten, sozial gerechten und umweltverträglichen Übergang zu einer nachhaltigen Gesellschaft gewährleistet. Der Umstellungsprozess muss kontinuierlich von der Zivilgesellschaft begleitet werden und u.a. auf dem sozialen Dialog aufbauen. 2.8 Die europäischen Länder und die anderen Industrieländer müssen sich in Rio zu einer erheblichen Senkung ihres Verbrauchs der begrenzten natürlichen Ressourcen der Erde verpflichten. Die europäischen Entscheidungsträger werden dazu angehalten, die vereinbarten EU-Ziele umzusetzen und Vorbereitungen zu treffen, um darüber hinauszugehen. Die Schwellenländer sollten natürliche Ressourcen effizienter zu nutzen. 2.9 Es muss der Ausstieg aus nicht nachhaltigen Produktions- und Verbrauchsmustern vollzogen werden, und zwar unter Rückgriff auf eine breite Palette von Konzepten wie regulatorische und fiskalische Instrumente, ein ökologisch und sozial verantwortliches Beschaffungswesen, die Abschaffung von umweltschädlichen Beihilfen, Forschung im Bereich Öko-Innovation, die Internalisierung von Umweltkosten sowie andere marktbasierte Anreize, und unter gleichzeitiger Förderung einer nachhaltigen Lebensweise und der aktiven Einbeziehung der Verbraucher in den Wandel. In Rio sollte ein Zehnjahres-Arbeitsprogramms für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch angenommen werden In dem Nullentwurf werden die Grenzen des BIP als Indikator für Wohlergehen erkannt und die Einbindung der Zivilgesellschaft in die schleunige Entwicklung ergänzender Indikatoren gefordert.
5 Die Initiative, bis 2015 globale Nachhaltigkeitsziele aufzustellen, in deren Rahmen die drei Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung auf ausgewogene Weise miteinander vereinbart werden, ist gutzuheißen. In Rio sollte ein alle Beteiligten einbeziehender Prozess eingeleitet werden, in dessen Rahmen die Millenniumsentwicklungsziele mit umfassenden globalen Nachhaltigkeitszielen verknüpft, eine Strategie verankert und Nachhaltigkeitsindikatoren mitsamt klaren Mechanismen der Verantwortlichkeit festgelegt werden Es ist notwendig, in Rio einen neuen Global Deal abzuschließen, um die für die Schaffung einer grünen Wirtschaft notwendigen Investitionen zu gewährleisten Es wird anerkannt, dass dem Privatsektor bei der Nachhaltigkeitswende eine wesentliche Rolle und Verantwortung zukommt. Die grüne Wirtschaft ist als Chance für die Unternehmen zu begreifen. Unternehmen und Industrie sollten diese Chance nutzen. Die Politik sollte über klare, stabile und vorhersagbare Rahmenbedingungen für grünes Wirtschaften das Vertrauensklima, den Regelungsrahmen und Anreize für die erforderlichen Investitionen schaffen Es sollten ein neuer Rat für nachhaltige Entwicklung, der die UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung ersetzen soll, sowie eine neue UN-Umweltagentur auf der Grundlage des UNEP eingerichtet werden. Über diese beiden Gremien sollte die wirksame Einbindung der in den Hauptgruppen vertretenen Zivilgesellschaft sichergestellt werden Der Vorschlag, einen Bürgerbeauftragten für die Belange künftiger Generationen einzusetzen, wird begrüßt Die politischen Entscheidungsträger müssen auf der Rio+20-Konferenz zusätzliche Maßnahmen vereinbaren, um bei dem Übergang zu einer nachhaltigen Gesellschaft eine wirksamere Beteiligung der Zivilgesellschaft sicherzustellen und auf globaler, nationaler, regionaler und lokaler Ebene eigenverantwortliches Handeln zu erreichen. Es müssen die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen, für Dialog sowie für demokratische Teilhabe und Kontrolle geschaffen werden. Bei der Förderung der zivilgesellschaftlichen Debatte sollten Multistakeholderforen wie Wirtschafts- und Sozialräte oder nationale Räte für Nachhaltige Entwicklung zum Vorbild genommen werden. Auch tun mehr Sensibilisierungskampagnen und Programme für Erziehung zu nachhaltiger Entwicklung Not Weltweit sollte sich die Zivilgesellschaft weiterhin dafür einsetzen, dass die Ergebnisse von Rio+20 den zu bewältigenden Herausforderungen angemessen sind. Die Zivilgesellschaft muss globale Verantwortung übernehmen! 2.18 Der vom UNCSD-Vorbereitungskomitee vorgelegte Nullentwurf ist eine gute Verhandlungsgrundlage. Er bleibt jedoch immer noch weit hinter den Erfordernissen zurück.
6 Die europäischen Regierungschefs müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und sich in die Rio+20-Konferenz einbringen. Die EU-Verhandlungsführer sind aufgerufen, sich bei der Formulierung des Abschlussdokuments für ehrgeizigere Ziele, Fristen, Finanzierung, rechtliche Verpflichtungen und Umsetzungsmodalitäten einzusetzen. Nach der Rio+20-Konferenz muss die übergreifende EU-Nachhaltigkeitsstrategie überprüft und mit neuer Dynamik erfüllt werden. Brüssel, den 22. Februar 2012 Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses Staffan NILSSON
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