University of Western Ontario, London, ON, Kanada Universität Heidelberg Physik (Master, 2. Fachsemester)

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1 University of Western Ontario, London, ON, Kanada Universität Heidelberg Physik (Master, 2. Fachsemester)

2 Im Rahmen des OBW-Programms und mit Förderung durch das Baden- Württemberg-Stipendium verbrachte ich zwei Auslandssemester in London, Ontario in Kanada. Vorbereitung Die Vorbereitung fing für mich damit an, dass ich mich auf der Seite der Uni Heidelberg über die möglichen Austauschprogramme informierte und mich letztendlich dann für Kanada, genauer das OBW-Programm, entschied. Praktisch war, dass ich schon einen TOEFL-Test gemacht hatte, sodass dieser Teil der Vorbereitung entfiel. Nach der Zusage zum Programm und dann auch meiner kanadischen Universität, der University of Western Ontario, konnten dann die ersten richtigen Vorbereitungen beginnen, da es doch recht viele Dinge gibt, die man vor seiner Abreise klären muss. So besorgte ich mir eine Kreditkarte der ComDirekt Bank mit der ich in vielen Ländern der Welt umsonst Geld abheben kann und beantragte schon mal einen neuen Pass, da mein alter nicht lange genug gültig gewesen wäre. Danach konnte ich mein Visum beantragen, in Kanada wird es study permit genannt. Das lässt sich mittlerweile bequem online machen, sodass einem der leidige Weg zur Post erspart bleibt. Die Bestätigung meiner study permit war dann etwa fünf Wochen später in meinem -Postfach (die wirkliche study permit wird bei der ersten Einreise am Flughafen in den Pass geheftet). Wenn man jedoch Zeitdruck hat, dann ist der traditionelle Postweg immer noch schneller, dort hat die Vergabe etwa zwei Wochen gedauert. Ankunft und Wohnungssuche Mein Flug ging von Frankfurt nach Toronto, wo die nächsten Tage ein Einführungsseminar vom OBW-Programm sein würde. Die Einreise verlief ziemlich schnell und problemlos, sodass ich mich auf den Weg zu meiner Unterkunft für das Seminar machen konnte. Im Rahmen dieses Seminars lernte ich zwei Kanadierinnen aus London kennen und lieberweise bot die eine gleich an, dass ein paar Freunde und ich bei ihr in der Wohnung pennen konnten, bis wir dann eine eigene Wohnung gefunden hatten. Wie die meisten Deutschen in meinem Programm hatte ich mich nämlich nicht für ein Zimmer im Studentenwohnheim beworben, sondern wollte lieber eine eigene Wohnung finden. Dies stellte sich auch als ziemlich einfach heraus, da in London ein riesiges 1

3 Angebot an Wohnungen zur Verfügung steht und man deswegen keine Angst haben musste, gar nichts zu finden. Wir hatten den Tipp bekommen zu einem Immobilienmakler namens Exclusive Rentals zu gehen. Die Inhaberin stellte sich als eingewanderte Deutsche heraus und war glücklich über die Gelegenheit mal wieder Deutsch zu reden. Wir wurden dann von ihr mit dem Auto umsonst durch die Stadt gefahren und konnten uns dann etwa acht oder neun verschiedene Wohnungen angucken und am Ende des Tages hatte jeder von den Deutschen in London auch etwas zum Wohnen gefunden. Die Mieten liegen zumindest so im Rahmen von $, sind also in etwa mit denen in deutschen Studentenstädten zu vergleichen. Außerdem hat die Universität ein off campus housing office, mit dessen Hilfe man auf eine große Anzahl von Mietanzeigen Zugriff hat. Es ist auch keine Ausnahme, dass man Räume im Keller angeboten bekommt, da die meisten Studenten in den doch sehr weitläufigen kanadischen Städten so nah wie möglich an der Uni wohnen wollen und sich den Hausbesitzern so ein nicht unbeträchtlicher Nebenverdienst eröffnet. Universität Wie die meisten nordamerikanischen Universitäten ist Western eine Campusuni und der erste Eindruck kann durchaus etwas einschüchternd sein. Der Campus ist riesig und hat von Wohnheimen, über die Institute bis hin zu einem Kino, Friseur, kleinem Supermarkt und natürlich der Campusbar, the Spoke, alles zu bieten, sodass man den Campus, wenn man wollte, nie verlassen müsste. Ein großer Unterschied ist allerdings, dass eine Einrichtung wie die Mensa in Deutschland, den Kanadiern fremd ist. Die einzige Möglichkeit an Essen zu kommen, bietet ein mallartiger food court, oder eine von angeblich über 20 auf den ganzen Campus verteilten Tim Horton s Filialen. Jedoch sind die Preise recht hoch und ich persönlich hatte kein großes Verlangen danach, jeden Tag Fastfood zu essen. Ein weiterer Unterschied zu deutschen Universitäten ist die große Rolle, die Sport im Unileben spielt. Es gibt das University Recreation Centre, welches jeder Student umsonst benutzen kann, mit Swimming Pool, Fitnessstudio, Hallen für Basketball, Fußball, Eishockey und Möglichkeiten für Badminton und Tischtennis, Squash und vielem mehr. Außerdem gibt es zu vielen Sportarten sogenannte intramurals, uniweite Wettbewerbe zu denen man sich mit einer Mannschaft anmelden und um den Gesamtsieg kämpfen kann. Ich, zum Beispiel, hatte mit ein paar weiteren Austauschstudenten eine Fußballmannschaft gegründet, mit der wir dann im ersten Semester angetreten sind. 2

4 Studium In Kanada wird sehr stark zwischen undergraduate (Bachelorstudium) und graduate (Master- und Doktorstudium) unterschieden und es ist ziemlich verbreitet, schon mit seinem Bachelorabschluss auf Jobsuche zu gehen. Von den Deutschen in London war ich der einzige graduate Student, was zur Folge hatte, das manche organisatorische Sachen für mich anders waren, manche Regeln nicht galten und man sich im Allgemeinen mehr selbstständig informieren musste. Kanadier fangen im Durchschnitt schon mit 18 an zu studieren und das Bachelorstudium ist sehr verschult, mit Anwesenheitspflicht in Vorlesungen, komplett vorgegebenen Lehrplänen und kaum Wahlmöglichkeiten. Ich habe mich kurz nachdem ich in London ankam bei dem Professor vorgestellt, der für graduate-studenten in der Physikfakultät zuständig war und ihn gefragt, ob es möglich wäre, bei einem Professor in der Forschungsgruppe mitzuarbeiten. Mir wurden dann einfach paar Projekte vorgestellt, zwischen denen ich mich entscheiden konnte. Außerdem wurde mir ein Schreibtisch in einem Büro mit mehreren anderen graduate-studenten zugewiesen, sodass ich immer einen eigenen Platz zum arbeiten haben würde. Bevor ich nach Kanada gekommen bin, hatte ich oft gelesen, dass das Studium hier sehr anstrengend und zeitintensiv ist, da man hier viel mehr als in Deutschland zu studienbegleitenden Leistungen wie Hausarbeiten, Essays, Übungszetteln, usw. aufgefordert wird. Für Studenten der Geisteswissenschaften oder (besonders) Jura stimmt dies auch, wie Freunde von mir am eigenen Leib erfahren haben. Für mich persönlich jedoch war es eher das Gegenteil, und dies aus zwei Gründen. Erstens war das Niveau der Vorlesungen zum Teil deutlich niedriger als in Deutschland. So waren Vorlesungen, die in Heidelberg schon im dritten Semester Pflicht sind, hier erst Mastervorlesungen. Zweitens waren die Vorlesungen in Kanada im Vergleich zu Heidelberg zum Teil weniger Arbeit, da es weniger Übungszettel gab. Freizeit Natürlich geht man nicht nur wegen des Studierens auf einen Austausch, sondern auch um eine neue Kultur und natürlich auch neue Menschen kennenzulernen. Als Austauschstudent lernt man automatisch eine große Anzahl von anderen Austauschstudenten aus einer Vielzahl an anderen Ländern kennen, was natürlich sehr reizvoll ist. Jedoch bleibt es bei vielen dabei. Ich hatte das Glück gleich am Anfang viele Kanadier kennenzulernen, sodass ich auch einen Einblick in die kanadische Kultur gewinnen konnte. Wie schade wäre es, wenn man 8 Monate in einem Land leben würde, aber es nie richtig kennenlernen 3

5 würde? London hat den Ruf einer absoluten Partystadt und es wird diesem Ruf auch durchaus gerecht. Die Richmond Street mit einer riesigen Auswahl an Bars lässt sich quasi jeden Abend ansteuern und man muss nie damit rechnen, ganz allein dort zu sein, ganz im Gegenteil. Es lässt sich fast immer eine Party oder eine Bar finden, auf/in der es sich in Gesellschaft von Freunden den Abend verbringen lässt. Was einem jedoch direkt auffallen wird, sind die recht hohen Preise für Alkohol. Das liegt daran, dass in Ontario der Verkauf von alkoholhaltigen Getränken vom Staat kontrolliert wird und gesetzlich vorgeschriebene Mindestpreise für z.b. eine Kiste Bier existieren. Auf der anderen Seite gibt es in den meisten LCBOs (die staatlichen Liquor Stores) eine große Auswahl an Bier und im Gegensatz zu amerikanischem Bier ist das kanadische teilweise auch ziemlich lecker. Ausflüge Bevor das Semester hier in London anfing, habe ich mit 3 Freunden einen kleinen Roadtrip zum Killarney Provincial Park gemacht. Der wurde durch das Engagement der Group of Seven berühmt und überhaupt erst gegründet und ist meiner Meinung nach das absolute Highlight der Parks in Ontario. Wenn man also die Gelegenheit hat, sollte man diese unbedingt nutzen und einen Abstecher dort hin machen. Der Park ist sehr abgeschieden und eignet sich hervorragend für mehrtägige Kanutouren. Außerdem bin ich dem Outdoors-Club der Universität beigetreten, der über das Jahr verteilt viele verschiedene Ausflüge organisiert. So bin ich mit dem Club über das Thanksgiving-Wochenende 4 Tage lang Kanu fahren im Algonquin Park und im November dann noch ein Wochenende Wandern und Campen im Tobermory National Park gewesen. Außerdem organisiert das Auslandsamt eine Fahrt für Austauschstudenten zu den Niagarafällen inklusive Bootsfahrt, die ich auch jedem empfehlen würde. Die reading week Mitte Februar eignet sich hervorragend für Ausflüge nach Kuba, Skitrips oder Städtereisen in die USA. Fazit Trotz der vielen kleinen Unterschiede sind Kanada und Deutschland nicht sehr verschieden. Ich persönlich hatte immer das Gefühl, dass Kanada zwischen zwei Welten lebt, einmal Europa auf der einen und die USA auf der anderen Seite. So benutzen die Kanadier für Geschwindigkeit und Entfernungen SI- Einheiten, jedoch werden Gewicht, Größe und die Temperatur beim Backen 4

6 in Pfund, Fuß und Fahrenheit angegeben. Außerdem werden hier im Süden Ontarios eher kleinere Autos gefahren und nicht auffallend viele riesige Pickups oder SUVs, jedoch benutzen Kanada und die USA als fast einzige Länder ein veraltetes und komisch wirkendes Papierformat. Ich habe mich in meiner Zeit in Kanada sehr wohl gefühlt, viele nette Menschen getroffen und auch sehr viele Eindrücke sammeln können und bin sehr froh über die Entscheidung, mein Auslandsjahr in Kanada zu verbringen. Natürlich ist dieser Bericht nur ein kleiner Ausschnitt aus meinen Erfahrungen, jedoch bin ich jederzeit per zu erreichen und stehe gerne für weitere Fragen zur Verfügung. 5