J A H R E S B E R I C H T
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- Maja Waldfogel
- vor 8 Jahren
- Abrufe
Transkript
1 MAINZ-WIESBADEN J A H R E S B E R I C H T 2013 der Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden anonym vertraulich 24 Stunden gebührenfrei
2 Dieser Jahresbericht wurde ermöglicht mit freundlicher Unterstützung unserer Kooperationspartner, die wir gerne weiterempfehlen: Messen, was nicht messbar ist WAGNER Kommunikationsdesign Konzeption und Beratung Peter Wagner Dipl.-Designer AGD Tel Unsere Büroartikel beziehen wir bei: bss büro total Stettiner Str Wiesbaden Tel. 0611/ Fax 0611/ Johannes-Gutenberg-Str Hofheim-Wallau Tel Fax info@rmg-druck.de Was ich brauche ist, dass Sie bei mir sind. Es ist ein großes Geschenk, dass Sie mir zuhören ohne mich zu verurteilen. Der Anrufer weint, für ihn ist es eine große Ausnahme, sich derart angenommen zu fühlen. Nicht immer erhalten Telefonseelsorger/ innen solche Rückmeldungen, denn es ist nicht einfach eine Frage der richtigen Gesprächstechnik, ob ein Gespräch gelingt. Es hängt mehr davon ab, wie die Berater/innen auf Ihrem Stuhl sitzen : Je mehr ich mit mir im Reinen bin, desto besser kann ich von mir absehen und mich einfühlen ist die Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden 40 Jahre alt geworden wurde sie als ökumenische Einrichtung von engagierten Männern und Frauen in den Kirchen beider Städte gegründet. Ein runder Geburtstag ist meist Anlass, Bilanz zu ziehen. Auch für uns. Was sind schon 40 Jahre? Mit 20 Jahren glaubte ich in einem Anflug von jugendlichem Leichtsinn, mit 40, da ist dein Leben gelaufen, da muss das Wichtigste passiert sein, Partner finden, Familie gründen, Beruf wählen. Dann bist Du fertig. Wie man sich täuschen kann! Im Laufe meines Lebens ist eine Einsicht gewachsen: Alles geht nicht. Das Leben ist endlich. Das Wichtige geschieht im Jetzt. Jeder Augenblick, jedes gelingende Gespräch ist wie eine Tür in eine andere Dimension, eine Tür in die Ewigkeit, im Hier und Jetzt wird die Qualität Gottes spürbar. Insofern kann noch der letzte Augenblick eines Lebens einen neuen Sinn eröffnen und das Wichtigste war bis dahin nicht geschehen. 40 Jahre lang hat die Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden anonym, kompetent und rund um die Uhr Menschen in Not angeboten, dass sie einfach anrufen können und dann einen Menschen finden, der sie anhört, der versucht sie anzunehmen und sie so sein zu lassen, wie sie 2 3
3 T E L E F O N S E E L S O R G E M A I N Z - W I E S B A D E N sind. Gelingt das, werden die Bedeutung und der unglaubliche Reichtum des gegenwärtigen Augenblicks deutlich. Die Kostbarkeit des Augenblicks wird gegen die Last der Vergangenheit gesetzt und man weiß, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Ein Anruf bei der Telefonseelsorge hält eine Tür für Gottes Gegenwart in unserem alltäglichen Leben offen, wo niemand es mehr vermutet. Wir haben unser Jubiläum mit einem Feuerwerk von Veranstaltungen gefeiert: Festgottesdienst, Sommerfest der Ehrenamtlichen, Benefizkonzert und Kunstausstellung. Diese 40 Jahre waren für uns Anlass, den rund 300 ehemaligen und aktiven Ehrenamtlichen zu danken. Besonders sie haben durch ihr Engagement möglich gemacht, dass sich im Leben anderer Menschen neue Türen öffnen können. Diese 40 Jahre waren auch Anlass, der Öffentlichkeit die Arbeit der Telefonseelsorge zu präsentieren. Beim Festgottesdienst im Februar 2013 konnte man sehen: Die beiden Kirchen tragen den Dienst der Telefonseelsorge kontinuierlich und zuverlässig seit 40 Jahren als eine ökumenische Einrichtung. Erstmals feierten die 4 Dekane der katholischen und evangelischen Stadtkirchen von Mainz und Wiesbaden gemeinsam einen ökumenischen Gottesdienst; Bruder Paulus Terwitte veranschaulichte in seiner Festpredigt, was Seelsorge wirklich heißt: Begegnung mit den Menschen. Das Konzert mit dem Landespolizeiorchester Rheinland-Pfalz im September 2013 lud zu einem besonderen Benefit ein: ein Abend voll Wohlklang und Beschwingtheit. In der Bonifazkirche in Mainz verzauberte das Landespolizeiorchester unter der Leitung von Norbert Hebertinger in unterschiedlichen Ensembles und mit Beiträgen aus verschiedenen Musikepochen die Freunde der TelefonSeelsorge Mainz-Wiesbaden. JAHRE TELEFONSEELSORGE Kunstausstellung 40 Jahre Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden Einladung Die Arbeit am Telefon lässt sich nicht öffentlich zeigen. Deshalb wagten wir uns an einen anderen Weg: 25 Künstlerinnen und Künstler zeigten bei der Kunstausstellung im November 2013 im Wiesbadener Rathaus einer breiten Öffentlichkeit ihre Umsetzung des Mottos: Aus Worten können Wege werden. Oberbürgermeister Sven Gerich, Wiesbaden und Kulturstadträtin Rose-Lore Scholz würdigten auf der Vernissage die Arbeit der Telefon- Seelsorge für die Menschen in der Stadt und im Umland; Dr. Simone Husemann, Referentin für Kirche und Kultur in der Stadtkirche Wiesbaden führte in die gezeigten Werke ein, eine von den Besucherinnen und Besuchern gut angenommene Vielfalt von Malerei, Skulpturen, Plastiken, Foto- und Videokunst. Den Preis der Kunstjury erhielten die beiden Preisträger: Achim Ripperger für sein Werk Wortbrücke (oben) und Markus Spirohn für Telefonzelle (unten). So auf uns aufmerksam geworden brachte das SWR-Fernsehen zum Jahresende einen eindrucksvollen Beitrag zu unserem 40jährigen Jubiläum in der Landesschau Rheinland- Pfalz. (Auf unserer Homepage finden Sie einen Link zur Mediathek des SWR, oder Sie suchen dort unter dem Stichwort Telefonseelsorge ). 4 5
4 Krisen- und Lebensberatung der TelefonSeelsorge in Mainz und in Wiesbaden Was muss ich denn bezahlen für diese Beratung? fragen Ratsuchende und sind überrascht, dass sie ihre Seelsorge- und Beratungsgespräche in den beiden pastoralpsychologischen Beratungsstellen der Telefon- Seelsorge in Mainz und in Wiesbaden nicht bezahlen können. Die Beratung ist unentgeltlich wir sagen bewusst nicht kostenlos, denn natürlich kosten die Sitzungen, weil sie aus Kirchensteuermitteln der evangelischen und der katholischen Kirche finanziert wird. Und das ist ein unschätzbarer Dienst an den Menschen, die in einer seelischen Notlage schnell und unbürokratisch einen verschwiegenen Gesprächspartner suchen. Aufmerksamkeit und Zuwendung zu erhalten ohne Gegenleistung kann sehr heilsam sein. 203 Personen (126 Frauen und 77 Männer) nutzten in 2013 diese Möglichkeit. Insgesamt wurden von den sechs hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 1164 Gespräche geführt, davon 1047 à 50 min mit Einzelpersonen und 117 à 60 bis 90 min mit ratsuchenden Paaren. Und so gestalteten sich die Kontakte: Seelsorge- und Beratungsgespräche insgesamt (in Klammern: Paare) 1164 (117) Einmalige Kontakte 44 (4) 2 5 mal 65 (7) 6 10 mal 38 (5) mal 24 (4) mal 10 über 30 mal 1 Besucher gesamt 203 Viele kommen zu einem einmaligen klärenden Gespräch, eventuell verbunden mit einer Weiterverweisung, oder finden sich in 2 bis 5 Sitzungen ausreichend unterstützt. Für Einzelne wie auch für Paare ergeben sich häufig Gesprächsreihen bis zu 10 oder 20 Sitzungen, abhängig vom Ausmaß der Krise und von den Möglichkeiten, die die pastoralpsychologische Begleitung bieten kann. Manche Beratungsverläufe dauern auch ein Jahr oder länger. Etwa ein Viertel der Ratsuchenden haben in einem Krisengespräch beim Telefonnotruf /222 von der Möglichkeit erfahren, in einer der Beratungsstellen in Mainz oder Wiesbaden weitere persönliche Gespräche führen zu können. Persönliche Empfehlungen haben ein weiteres Viertel von Ratsuchenden ermutigt, sich an die Beratungsstellen zu wenden. Weitere Ratsuchende kommen etwa zu gleichen Teilen über Hinweise aus anderen Beratungsstellen und von KollegInnen aus kirchlichen Gemeinden und über eigene Recherchen (Telefonbuch, Internet). Angenommen werden, sprechen dürfen, nicht gemessen und bewertet zu werden, das ist für viele Ratsuchende eine neue Erfahrung: Dass sie erst einmal einfach so sein dürfen, wie sie sind mit dem ganzen Kummer und den unlösbar scheinenden Problemen. Es ist immer wieder sehr bewegend, wenn sich Ratsuchende dann aus ihrer Krise herauslösen, sich auf den Weg machen und ermutigt durch die Gespräche ihr eigenes Leben wieder neu und anders betrachten. Nicht selten erwächst daraus der Mut zu größeren Veränderungen oder der Suche nach weiterer, z. B. speziell therapeutischer Hilfe. Und wenn es einem Menschen besser geht, strahlt das auf seine Umgebung aus das ist die unschätzbare Wirkung jeder persönlichen Entwicklung. Eine solche Entwicklung beginnt immer damit, dass sich ein Mensch seinen Problemen stellt und den Mut hat, einem anderen Menschen zu sagen: Ich brauche Hilfe! 6 7
5 TelefonSeelsorge im Internet Zu den Zahlen vom Telefon Diese Erfahrung machen auch die Menschen, die sich an die Telefon- Seelsorge im Internet (Mail- und CHAT-Seelsorge) wenden. Dass nicht nur das Sprechen, sondern auch das Schreiben hilft, wissen Menschen schon seit Jahrhunderten: Tagebücher, Briefe und die Literatur erzählen davon, wie Menschen gelebt und geliebt haben, kämpften, sich irrten und ihren Weg im Leben gesucht, auch gefunden haben. Schreibend können Gedanken und Sorgen verarbeitet und auch Lösungsansätze gedanklich ausprobiert werden. Heute bietet das Internet mit seinen neuen Kommunikationswegen viele Möglichkeiten, sich schreibend auszudrücken und auch Hilfe zu erfahren. Das anfängliche fachliche Misstrauen von PsychotherapeutInnen und BeraterInnen gegen Seelsorge und Beratung im Internet ist längst überholt: Neuere Untersuchungen zeigen, dass Online-Hilfe sehr wirksam ist. Sich eine Last von der Seele schreiben ist ein wirksamer Klärungsprozess, allein durch den Schreibvorgang strukturierter als das mündliche Aussprechen. Beim Schreiben muss sich ein Mensch konzentrieren, muss Worte suchen und sich überlegen, wie eine Situation dargestellt werden könnte, damit der Lesende versteht, worum es geht. Darüber hinaus ist ein geschriebener Text wie die geschriebene Antwort immer wieder nachlesbar. Aufschreiben und wiederholtes Durchlesen schafft ein klareres Bewusstsein der eigenen Lage. Außerdem braucht Schreiben Zeit. Oft wachsen währenddessen schon Ideen für erste Lösungsansätze. Das erklärt auch, warum Kontakte in der Mail-Seelsorge selten über einen langen Zeitraum geführt werden: Nach wenigen Mail-Wechseln haben die meisten Ratsuchenden offenbar das für sich gefunden, was ihnen jetzt hilft und sind damit vorerst zufrieden. Das gilt auch für die, die per Chat Hilfe suchen. Sie müssen sich dafür im Chat-Raum anmelden und haben maximal eine Stunde Zeit, um sich über ihr Anliegen auszutauschen. Folge-Chats zu einem späteren Zeitpunkt können verabredet werden, sind aber nicht die Regel. Vielleicht ist die ganze Krise noch nicht ausgeräumt, aber die erste Hilfe im Netz hat gewirkt weitere Schritte können sich später ergeben. In der CHAT-Seelsorge haben in 2013 vier Personen von unserer Stelle aktiv mitgearbeitet, die diese Aufgabe zusätzlich zum Telefondienst übernommen haben. In der Mail-Seelsorge waren drei Personen zusätzlich zu ihrem Dienst am Telefon tätig. Sie beantworteten die Anfragen von 76 Ratsuchenden, daraus ergaben sich insgesamt 391 Mail-Wechsel. 95 % der Ratsuchenden blieb anonym. Mehr als die Hälfte derer, die sich online gemeldet haben, sind zwischen 20 und 39 Jahren alt, befanden sich in Schule, Ausbildung oder Studium und lebten alleine. Mehr als zwei Drittel der Ratsuchenden sind weiblich. Die häufigsten genannten Themen sind: Depressionen und psychische Probleme, Selbstverletzung, Partnerschaftsprobleme, Schwierigkeiten in der/mit der Ausbildung. In 2013 können wir zum ersten Mal die Anrufe beim Krisentelefon für ein komplettes Jahr mit den Kategorien und Items der bundesweit geltenden Seelsorgestatistik auswerten. Da diese neue Statistik im Juli 2012 eingeführt wurde, lässt sich ein Vergleich von 2013 zu den Vorjahren allerdings nur bedingt führen. Nach wie vor werden leider nur die Anrufe aus dem Festnetz und dem D1-Mobilfunknetz regional zur jeweils nächsten Telefonseelsorge geleitet, die Anrufe aus den anderen Mobilfunknetzen aber bundesweit an alle TelefonSeelsorge-Stellen verteilt. Die bisher von der Dt. Telekom verwendete Technik für dieses Routing war allmählich veraltet und wird nicht mehr angeboten. Deshalb hat die TelefonSeelsorge bundesweit auf ein neues System umgestellt. Dazu wurden neue Organisationseinheiten benachbarter Stellen gebildet, die jeweils gemeinsam die Anrufe aus ihrer Region entgegennehmen und zusätzlich einen Prozentanteil der bundesweit eingehenden nicht regional gerouteten Mobilfunkanrufe. Die TelefonSeelsorge Mainz-Wiesbaden arbeitet deshalb seit mit den TelefonSeelsorge-Stellen aus Darmstadt und Frankfurt zusammen. Die bewährte Zusammenarbeit mit der TelefonSeelsorge Pfalz wurde beendet. Diese neue Einheit Rhein-Main macht Sinn, denn das Lebensgefühl und die Lebenslage der Menschen in den Städten und im Umfeld von Darmstadt, Frankfurt und Mainz-Wiesbaden dürfte ähnlich sein. Die technische Veränderung schlägt sich auch in den Zahlen nieder. Durch das neue Routing erreichen uns die Ratsuchenden wieder kontinuierlicher und besser, was sich auch an den gestiegenen Anruferzahlen zeigt. Wurden in den ersten Quartalen durchschnittlich etwa 1200 Gespräche pro Monat geführt, waren es im letzten Quartal nach der Umstellung auf die neue Technik ca Anrufe pro Monat! Insgesamt erreichten uns Anrufe in Diese Zahl dürfte aufgrund der verbesserten Erreichbarkeit im nächsten Jahr weiter Richtung Anrufe steigen. Bei 18 % dieser Anrufe wird gleich wieder aufgelegt. Vielleicht hat sich jemand wirklich verwählt oder eventuell noch nicht den Mut zu sprechen. Oder jemand möchte nur mal testen, ob die TelefonSeelsorge denn auch da ist. Es kann auch sein, dass Anrufende nicht die Stimme vorfinden, die er oder sie erwartete: die eines Mannes oder einer Frau zum Beispiel, oder bei wiederholten Anrufen die Stimme eines Mitarbeiters, einer Mitarbeiterin, die der oder die Anrufende schon zu kennen glaubt. Bei 2 % der Anrufe handelt es sich um Schweigeanrufe: der oder die Anrufende schweigt längere Zeit und findet nicht den Mut zu sprechen. Vielleicht geht es noch nicht, weil die Gedanken noch nicht sortiert sind und die Person braucht einen zweiten oder dritten Anlauf, um das Gespräch zu wagen. 8 9
6 Gespräche Seelsorge-/Beratungsgespräch % (72,75 %)* Gespräch nicht Auftrag der TS** % (8,71 %) Aufleger/verwählt % (16,84 %) Schweigeanruf % (1,69 %) Summe *(in Klammern: 2012) **10 % der Gespräche entsprechen nicht unserem Auftrag (s. Tabelle): Anrufende beschimpfen die TelefonSeelsorge, treiben üble oder wiederkehrende Scherze, inszenieren Geschichten, um damit zu beeindrucken oder Aufmerksamkeit zu finden, nicht zuletzt für ihre sexuelle Stimulation. Manchmal gelingt es doch, mit Anrufenden über den wirklichen Hintergrund dieser Anrufe ins Gespräch zu kommen. Wenn dies nicht möglich ist, wird das Gespräch von Seiten der TelefonSeelsorge beendet. Der Telefondienst wird überwiegend von Ehrenamtlichen übernommen, die sich in Schichten rund um die Uhr den Telefondienst teilen. 78 % der Ehrenamtlichen sind Frauen, 22 % Männer. Sie treffen auf 62 % Anruferinnen und 35 % männliche Anrufer, bei 2 % war die Stimme nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen meist in den kurzen Kontakten. Geschlecht Ehrenamtliche Geschlecht Anrufende 78% Frauen sprechen mit: Frauen: 53% Männern: 31% 22% Männer mit: Frauen: 9% Männern: 4% Wir werden oft gefragt, wann denn die meisten Anrufe zu erwarten sind. Wir machen seit einigen Jahren die Erfahrung, dass es keine Stoßzeiten mehr gibt. Durch das veränderte Anrufverhalten seit der massenhaften Verbreitung von Mobiltelefonen gibt es über den Tag verteilt kaum noch Unterschiede. Etwas ruhiger ist es in der zweiten Nachthälfte zwischen 3 und 6 Uhr, alle anderen Tageszeiten sind fast gleich frequentiert, lediglich ein leichter Überhang kann am Nachmittag und frühen Abend festgestellt werden. Auch die Jahreszeiten, Monate und Wochentage unterscheiden sich kaum. Wir können damit feststellen, dass die TelefonSeelsorge so genutzt wird, wie sie gedacht ist: rund um die Uhr wenden sich Menschen an die TelefonSeelsorge, denn die seelischen Krisen und Nöte richten sich nicht nach besonderen Anlässen, Feiertagen, dem Wetter oder Tageszeiten, sondern können jederzeit im Leben der Menschen auftreten und sie beanspruchen. Auch der Blick auf die Dauer der Gespräche spiegelt den Umstand, dass uns über die nicht gerouteten Handynetze viele Scherz- und Testanrufe erreichen. Vergleicht man die Zeit vor der technischen Umstellung mit der danach und/oder die Gruppe der tatsächlichen Seelsorgegespräche mit allen Anrufen, wird jeweils deutlich: eine hohe Inanspruchnahme der TS erhöht auch die Anzahl von Test- und Scherzanrufen. Dies zeigt sich darin, dass die Zahl der Gespräche, die nur zwischen 1 und 5 Minuten dauern, stark zugenommen hat. Die Gespräche, in denen es um Seelsorge und Krisenberatung geht, dauern zu je einem Drittel zwischen 5 bis 15 Minuten, zwischen 15 bis 30 Minuten und zwischen 30 bis 60 Minuten, in Ausnahmen noch darüber. Bei einem Drittel der Anrufenden erfahren wir nichts über Alter, Beruf und Lebensumstände, in den anderen Fällen können sie aus dem Gespräch erkannt werden. Die Tabelle zeigt, dass die meisten Anrufenden aus der Altersgruppe zwischen 40 und 70 Jahren kommen. Der Anteil der 20 40jährigen beträgt zusammen 15 %, Kinder und Jugendliche haben einen Anteil von 6 %. Bezieht man auch die Gespräche ein, die nicht unserem Auftrag entsprechen (s.o.), steigt deren Anteil auf 10 %. Es sind also eher die jüngeren Leute, die das Krisentelefon ausprobieren. Alter Beruf Nicht einzuordnen 31 % Nicht einzuordnen 36 % Bekannt Bekannt oder vermutet 69 % oder vermutet 64 % Davon: Davon: 0 19 Jahre 6 % Schule / Studium / Ausbildung 7 % % Hausfrau/ Hausmann 2 % % Arbeitslos 7 % % Erwerbstätig 19 % % Ruhestand 11 % % Sonstiges 3 % % Erwerbsunfähig 14 % Über 80 1 % In der Statistik kann endlich die Kategorie erwerbsunfähig erfasst werden. Dies war dringend notwendig, denn 14 % der Ratsuchenden in den Seelsorgegesprächen sind von Erwerbsunfähigkeit betroffen! Es ist leicht vorstellbar, wie sehr damit die Themen psychische Erkrankung, körperliche Behinderung, Stress, Mobbing, Arbeitswelt, familiäre und vor allem finanzielle Probleme verbunden sind
7 Lebensform in % Themen der Gespräche in % Nicht einzuordnen 23 Bekannt oder Vermutet: 77 Allein lebend 47 In Partnerschaft/Ehe 11 In einer Familie 11 Alleinerziehend 4 In einer Gemeinschaft 5 Gespräche mit Alleinstehenden und Alleinerziehenden dauern in der Regel eher länger, vermutlich weil sie seltener einen Ansprechpartner haben und/oder ihre Probleme für sie sehr schwerwiegend sind, eben weil sie sich alleine/alleingelassen fühlen. Die Themen der Seelsorgegespräche haben sich im Lauf der Jahre kaum geändert. An erster Stelle stehen psychische und physische Krankheiten und alles, was sie an Sorgen mit sich bringen: Niedergeschlagenheit, Ängste, Beschwerden, Schmerzen, Sorge um Heilung, unheilbare Krankheiten. Das zweite große Feld sind die Beziehungsthemen, angeführt von der Klage über Isolation und Einsamkeit allein lebender Menschen. Häufig sind es chronisch, eventuell auch chronisch psychisch Erkrankte, oder Menschen die kontaktarm sind, sich schwer tun in sozialen Beziehungen oder die nach Trennung oder Verlust des Partners/der Partnerin alleine sind. Anrufende, die in Beziehungen leben, melden sich, weil es genau dort eine Krise gibt: in der Familie oder Partnerschaft, mit Freunden oder Nachbarn. (ohne Aufleger, Schweigen oder abgelehnte Gespräche): hier Auswahl von Items, Mehrfachnennungen möglich Niedergeschlagenheit 11 Körperliches Befinden (Beschwerden, Erkrankungen, Behinderungen) 10 Ängste 9 Einsamkeit/Isolation 8 Familiäre Beziehungen 7 Stress, Ärger, Aggression 6 Alltagsbeziehungen (Nachbarn, Freunde usw.) 5 Partnersuche/Partnerwahl 4 Leben in Partnerschaft 3 Selbstbild 3 Sucht 2 Trennung 2 Sterben und Tod 2 Armut/Schulden 2 Sinn, Glaube, Werte 2 Sexualität 2 Elternschaft/Erziehung 2 Suizidalität des Anrufenden 1 Schule und Ausbildung 1 Arbeitslosigkeit/Arbeitssuche 1 Betreuung und Pflege 1 Ein Ergebnis aus dem Vorjahr bestätigt sich auch in 2013: In 23 % der Seelsorgegespräche (2012: 20 %) nennen die Anrufenden eine ärztlich bestätigte psychische Erkrankung. Die Zahl dürfte höher sein, nicht jeder Betroffene bekennt sich zu dieser Problematik und nicht immer ist sie im Gespräch erkennbar oder ausdrückliches Thema. Die Telefon- Seelsorge ist nach wie vor in der Region der einzige Krisendienst, der am Abend, in der Nacht oder am Wochenende erreichbar ist. Wir machen immer wieder die Erfahrung: Gerade psychisch kranke Menschen brauchen das Gespräch. Es tut ihnen meist nicht gut, wenn sie zu lange mit niemandem reden können. Anderen hilft es, wenn sie ihre widerstrebenden Gedanken sortieren können, um nicht verrückt zu werden, oder wenn sie einen konkreten Rat suchen für den nächsten Schritt beim Versuch ihren Alltag zu bewältigen. Alltagsabläufe, die einem gesunden Menschen nicht weiter schwer fallen, können einen psychisch kranken Menschen fast überfordern, sind aber mit Hilfe von entlastenden Gesprächen häufig doch zu bewältigen. Menschen mit psychischen Erkrankungen geraten häufiger in eine suizidale Krise als gesunde Menschen. Dies betrifft vor allem Menschen mit Psychosen oder starken Depressionen. Die neue Statistik ermöglicht es uns, dies genauer zu erfassen: In den Gesprächen, in denen es auch um Suizidalität ging, äußerten Menschen ihre konkrete Suizidabsicht und/oder hatten schon einen Suizidversuch überlebt. Darüber hinaus äußerten fünfmal mehr Anrufende ihre Suizidgedanken ein Phänomen, das die TelefonSeelsorge sehr ernst nimmt. Sie versteht sich dabei weniger als ein aufsuchender/nachgehender Dienst, der schnell nur die Rettungsdienste verständigt. Die TelefonSeelsorgerInnen versuchen im aktuellen Gespräch herauszufinden wie zugänglich Anrufende noch sind und wie diese selbst ihre Lage einschätzen, und die Hintergründe für die Verzweiflung zu erfahren. Oft scheint es für den Anrufenden nur noch die einzige Lösung Tod durch Suizid zu geben, alle anderen Möglichkeiten sind wie ausgeblendet. Deshalb ist es vorrangig wichtig, die Eigenverantwortung der Anrufenden zu stärken und sie zu ermutigen, sich an noch vorhandene Ressourcen zu erinnern und diese dann auch zu ergreifen. Entsprechend länger können solche Gespräche dauern, denn sie brauchen besondere Aufmerksamkeit und auch Zeit, um die augenblickliche suizidale Krise zu überwinden. Wir sind stolz, dass wir diesen Dienst seit 40 Jahren anbieten können und sich immer wieder Ehrenamtliche finden, die die Ausbildung für diesen anspruchsvollen Krisendienst absolvieren und regelmäßig ihre Schichten am Telefon übernehmen. Dafür gebührt ihnen ein großes Danke-Schön! Ihr Lohn ist nach eigenen Aussagen die Gewissheit etwas sehr Sinnvolles zu tun, und sie fühlen sich in der Gemeinschaft der TelefonSeelsorge aufgehoben und unterstützt. Daher gilt unser Dank auch den kirchlichen Trägern der Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden e.v., die den Rahmen für das Krisentelefon, die Seelsorge im Internet und die Krisen- und Lebensberatungsstellen zuverlässig über all die Jahre bereitstellen
8 Kontakt Unsere Grundsätze Homepage: Anschrift der Geschäftsstelle: Schusterstraße Mainz Tel / Telefonischer Notruf: Gesprächsmöglichkeit für Menschen in einer Krise und mit Problemen, die sie vertraulich besprechen möchten & Täglich und 24 Stunden gebührenfrei und bundesweit Einheitliche Beratung und Seelsorge im Internet Für Menschen, denen das Gespräch am Telefon eine (noch) zu große Hürde darstellt: Mail- und Chat-Beratung Beratung durch hauptamtliche MitarbeiterInnen für Menschen in Krisen und mit seelischen Problemen. Termine nach telefonischer Vereinbarung Beratungsstelle Mainz Beratungsstelle Wiesbaden Schusterstraße 54 Emser Straße Mainz Wiesbaden Tel / Tel / Anonymität Niemand, der anruft, wird nach seinem Namen gefragt. Jede und jeder kann anonym bleiben. Die Rufnummer der Anrufenden erscheint in keinem Display. Da das Telefonat gebührenfrei ist, hinterlässt es keine Datenspur, beispielsweise auf der Telefonrechnung. Auch die Telefonseelsorger-Innen bleiben anonym. Verschwiegenheit Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterliegen der Schweigepflicht. Kontinuierliche Dienstbereitschaft Die Telefonseelsorge-Stellen sind Tag und Nacht dienstbereit, auch an Wochenenden und Feiertagen, bundesweit unter den Rufnummern und Offenheit Die Telefonseelsorge ist grundsätzlich offen für Anrufende mit allen Problembereichen in ihrer jeweiligen Situation. Kompetenz Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Telefonseelsorge sind sorgfältig ausgewählt, ausgebildet, werden weitergebildet und durch regelmäßige Supervision begleitet. Weltanschauliche Offenheit Es besteht Offenheit für weltanschauliche Fragen unabhängig von der Konfession, Religion oder Zugehörigkeit zu einer weltanschaulichen Gruppe. Gebührenfreiheit Für die Ratsuchenden entstehen keine Kosten. Die anfallenden Gesprächskosten übernimmt die Deutsche Telekom AG als Partner der Telefonseelsorge. Im Internet fallen lediglich die eigenen Internetverbindungskosten an
9 Die Träger Das Leitungsteam MAINZ-WIESBADEN Die Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden ist eine ökumenische Einrichtung, die von der evangelischen und der katholischen Kirche getragen wird. Konkret sind dies die nach folgenden vier Träger: Das Bistum Mainz Das Evangelische Dekanat Mainz (Evangelische Kirche in Hessen und Nassau) Das Evangelische Dekanat Wiesbaden (Evangelische Kirche in Hessen und Nassau) Der Gesamtverband der Katholischen Kirchengemeinden Wiesbadens (Bistum Limburg) Der Verein Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden e.v. wird vertreten durch den 1. Vorsitzenden, Herrn Hans Jürgen Dörr, Bischöfliches Ordinariat Mainz. Jochen Kreyscher, Pfarrer Christopher Linden, Dr. Theol., Dipl. Psych. Martina Patenge, Pastoralreferentin Ellen Schnarrenberger, Pfarrerin Tim Sittel, Pfarrer (V.i.S.d.P.) Claudia Staudinger, Pastoralreferentin Spenden Wenn Sie die Arbeit der Telefonseelsorge mit Spenden unterstützen möchten, können Sie dies auf dem unten angegebenen Konto tun. Sie erhalten von uns eine Spendenquittung (bitte Absender auf Überweisungsträger an geben). Bankverbindung Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden e.v. Pax Bank Mainz, BLZ Kontonummer IBAN: DE BIC: GENODED 1 PAX Danksagung Das Leitungsteam der Telefonseelsorge Mainz-Wiesbaden dankt allen Menschen, die unsere Arbeit ideell oder finanziell tatkräftig unter stützen. Ein ganz besonderer Dank gilt dabei natürlich unseren ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die einen 24-Stunden-Dienst für Menschen mit Sorgen und Nöten erst möglich machen. Der Druck des Jahresberichts wurde ermöglicht mit freundlicher Unterstützung unserer Kooperationspartner, die wir gerne weiterempfehlen (siehe Seite 2). Sollten Sie mehr über die Arbeit der Telefonseelsorge wissen wollen, schreiben Sie uns! Wir informieren Sie gerne. Gestaltung: Peter Wagner, Mainz-Kastel
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