Predigt zum Sonntag Reminiszere, zum Wochenspruch Römer 5, 8 von Pfarrerin Katharina Falkenhagen
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- Pia Winter
- vor 7 Jahren
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1 Predigt zum Sonntag Reminiszere, zum Wochenspruch Römer 5, 8 von Pfarrerin Katharina Falkenhagen Liebe Schwestern und Brüder, der Friede unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Ein Vers aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom soll uns durch die vor uns liegende Woche begleiten. Wenige Sätze nach den Worten, die wir heute als erste Lesung hörten, schreibt Paulus im Vers 8 seines Briefes: GOTT aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. I GEBET: Herr, nicht durch große Worte bahnst du dir deinen Weg in unsere Herzen. Schlicht und ohne viel Aufhebens bist du da. Herr, öffne du selbst uns Geist und Sinn für deine gute und heilsame Liebe, die uns aus deinem heiligen Wort entgegen tritt. Lass uns in schlichtem Glauben auf dich vertrauen, jetzt und allezeit. Amen. Seit mehr als zwanzig Jahren haben wir als Ostdeutsche die Möglichkeit, weltweit berühmte Bauwerke in natura zu besuchen und zu bestaunen. Den Kölner Dom kennen mittlerweile viele von uns nicht nur aus Bildbänden. Der Dom hat eine sehr bewegte Geschichte. Als gotisches Bauwerk wurde er geplant und 1248 das erste Mal geweiht. Damals existierte lediglich der 1
2 Altarraum. Nach 1248 blieb er über mehrere Jahrhunderte unvollendet. Bis 1880 existierte er in zwei Teilen: Die Apsis, also der Altarbereich und das Westwerk, also der Teil, auf dem die Türme bis heute ruhen und aufragen. Als die Baumeister im Mittelalter ihr Werk in Angriff nahmen, musste ihnen klar sein: Zu unseren Lebzeiten werden wir die fertige Kathedrale nicht zu Gesicht bekommen. Sie planten und bauten in der Hoffnung, dass nachfolgende Genrationen in ihrem Sinne weiter tätig sind. Nach 600 Jahren die Moderne war schon längst angebrochen nahmen Architekten und Bauleute die Planungen der alten Meister wieder auf und brachten das mittelalterliche Bauwerk zu einer vorläufigen Vollendung. Der Grund war gelegt worden von Menschen, die niemals auch nur annähernd ahnen konnten, was aus ihren Anfängen werden würde. Im Mittelalter einen Kirchbau in Angriff zu nehmen, war ein Unternehmen voller Ungewissheiten. Man baute auf Zukunft, auf Hoffnung hin ohne zu wissen, was daraus werden würde und wer eines Tages das begonnene Werk fortsetzen oder gar vollenden würde. Heute kennen wir solche mit vielen Ungewissheiten behaftete Vorhaben eher aus dem öffentlichen Bereich. Aber das nur nebenbei. II Die langwierige Errichtung des Kölner Domes ist für mich ein Bild für unsere Existenz als Christen in dieser Welt. Natürlich könnten auch andere Kirchbauvorhaben als Beispiele dienen: Die Sagrada Familia in Barcelona oder der Wiederaufbau der Kirche in Lichtenberg. Einige beginnen das Werk, andere bauen 2
3 daran weiter und wieder andere vollenden, was sie selbst nicht erdacht hatten. Gerade im vergangen halben Jahr durfte ich sehr existentiell erfahren, was mir in dem Bild vom Kirchbau als Botschaft aufleuchtet. Ich hatte mich, wie manch einer von ihnen weiß, auf einen Almhof in Südtirol zurückgezogen. Im Vorfeld waren viele Erwartungen an Menschen zerbrochen zugleich erfuhr ich aber auch in wunderbarer Weise Zuwendung und Liebe. Zweimal fand ich also Zuflucht in diesem alten Bauernhaus hoch in den Bergen für jeweils fast vierzig Tage. Die Altbäuerin war schon vor einigen Jahren verstorben. Allerdings waren unzählige Bilder und Zeichen ihrer tiefen Frömmigkeit nach wie vor in jedem Raum des Hauses vorhanden. Ihr mittlerweile auch in die Jahre gekommener Sohn hatte bislang keinen Anlass gehabt, daran etwas zu ändern. Eine kleine Marienkapelle gehörte ebenfalls zu Hofensemble. Ich kam mit all meinen Zweifeln, Enttäuschungen, auch mit mancher Bitterkeit und vor allem in großer Hilflosigkeit in diese längst bereitete Welt des tiefen GOTTvertrauens hinein. Sofort fühlte ich mich geborgen und heimisch. Obwohl mir manches in der katholischen Frömmigkeit verschlossen war und blieb, fühlte ich doch eine sehr ernsthafte Glaubenstiefe. Sie kam von Menschen, her, die über viele Jahre hinweg in diesem Haus unter schwierigen Bedingungen im Glauben gelebt hatten. Zu dieser besonderen Atmosphäre hatte ich nichts beigetragen. Ich hatte den Ort nicht bewusst gewählt und doch war alles bereitet, unverdient und zu guten Teilen von mir ungeplant. Und weder die alte Frau noch ihre Vorfahren 3
4 hatten jemals mir gerechnet. Sie hatten ihren Glauben in Schlichtheit gelebt und konnte nicht wissen, dass dieser Glauben mir eines Tages einen Halt in den eigenen Verlorenheiten und Zweifeln geben würde. Liebe Schwestern und Brüder, vielleicht kennen Sie auch solche Zeiten und Räume, in denen Sie empfangen haben, was sie selbst nicht bereiteten. Denken Sie in ruhiger Minute darüber nach, wo ihre Zufluchtsräume, -orte, -punkte waren und sind. Wer ging Ihnen voran im Glauben? Wer gab ihnen weiter, was Sie heute trägt und stärkt? Ich darf heute sagen: In diesem alten Haus konnte ich schmecken, riechen, erleben: GOTT erweist seine Liebe zu uns darin, dass Menschen vor uns ihren Glauben lebten und gestalteten. Aus ihrer Glaubensgewissheit kann ich heute ganz unverdient Kraft für mich selbst und für meinen Alltag schöpfen. Im Hebräerbrief lese ich: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert,, und lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, (Hebr. 12, 1) III Doch mit dieser Erfahrung der Geborgenheit in einer Wolke von Zeuginnen und Zeugen ist für mich das Bild vom Kirchenbau, das ich anfangs vor unseren inneren Augen ausbreitete, noch lange nicht erschöpft. Alle lebendige und hoffnungsvolle christliche Glaubensgewissheit hat ja ihren Grund nicht in menschlichen 4
5 Werken. Die alte Bäuerin hat ihre alltägliche Glaubensstärke ja auch nicht aus sich selbst geschöpft. Sicher, sie hat diese empfangen von anderen Menschen. Aber eben nicht nur das. Nicht menschliche Anstrengungen können Glauben, Hoffnung und Liebe wirken. Nicht menschliche Bemühungen und Anstrengungen können Vollendung erzwingen. Vielmehr muss alle Glaubensgewissheit einen viel festeren, einen unerschütterlichen Grund haben. Und dieser Grund liegt absolut unverdientermaßen allein in Jesus Christus, unserem Retter und Erlöser. Der Apostel Paulus bekennt im ersten Korintherbrief (1. Kor. 3, 11): Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Und im Epheserbrief können wir lesen (Epheser 2, 19 22): So seid ihr nun erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau ineinander gefügt wächst Durch ihn werdet auch ihr mit erbaut zu einer Wohnung GOTTes im Geist. Ohne GOTTes liebendes Handeln in Jesus Christus ist all unser menschliches Werk vergebens. Wir mühen uns, streiten, versuchen, Glauben und Hoffen zu machen oder gar zu erzwingen. Doch alles ist eben doch zum Scheitern verurteilt, wenn der Grund fehlt, wenn wir uns nicht bedingungslos dem Handeln GOTTes hingeben. Jedes Ringen um Klarheit bleibt verfehlt, wenn GOTT selbst nicht diese Klarheit ausgießt und schenkt. Dem müssen wir uns als Menschen beugen. Alles andere wäre vermessener menschlicher Hochmut. 5
6 Ich habe in dem vergangenen halben Jahr viel über meinen Platz als Mensch in dieser Welt und über mein Verhältnis zu GOTT nachgedacht. Und mir ist eine Erkenntnis tief in die Seele gedrungen: GOTT hat eigentlich schon alles bereitet bevor ich auch nur annähernd darüber nachgedacht habe. Er hat schon geliebt und gehandelt, als ich noch ganz im Dunkel meiner eigenen Planungen, Erwartungen, Zweifel und Ängste lebte. So wichtig all unsere Mühen, unser Engagement für den Glauben und ein Ringen um den richtigen Lebensweg sind, letztendlich fügt sich alles erst, wenn wir bis in die Tiefe unserer Seele los lassen und alles unserem Herrn überlassen. Denn immer schon hat ER zuerst geliebt, zuerst gefügt, zuerst gehandelt. Immer schon war und ist ER der Erste und der Vollender. So bekommt für mich der Wochenspruch einen sehr persönlichen Bezug und ich möchte ihn so gern in Eure Herzen schreiben, liebe Schwestern und Brüder: GOTT aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Diese Einsicht des Apostels Paulus gilt der Gemeinschaft der Christinnen und Christen von Anbeginn. Sie ist eine Zusage, die vom Kreuz Christi her strahlt. Aber eben nicht nur dem Wir gilt die vorauseilende Liebe GOTTes, vielmehr jedem Einzelnen soll sie ins Herz dringen und ihn ausfüllen ganz und gar. Es ist alles bereitet, nun lass dich fallen, du Kind GOTTes, lass dich fallen und finde Trost und Hilfe. Deren Tiefe und Größe geht weit über dein eigenes Denken, Fühlen, ja Hoffen hinaus. Alles, aber auch 6
7 alles ist bereits gut in dem, der da war und der da ist und der da kommt. Aus der Tradition ist ein Gebet überliefert: Ich machte mich auf den Weg zu dir, doch schon sah ich, du kamst mir entgegen. Ich wollte dir sagen: Ich liebe dich, doch schon hörte ich dich flüstern:du bist mir lieb. Ich wollte dich um Vergebung bitten, doch ich erfuhr, du hattest mir längst vergeben. Ich wollte dich "Vater" nennen, doch ich hörte dich rufen: "Mein Kind!" Ich verlangte danach, in dir zu leben, doch ich entdeckte, du lebst in mir. Mein Gott, ich werde nie der erste sein. Liegt darin mein Glück verborgen?du kommst mir immer zuvor, um mir nachzugehen. (Autor unbekannt) Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen. 7
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