11. Kernphysik. [55] Ianus Münze
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- Babette Kramer
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1 11. Kernphysik Der griechische Gott Ianus ist einer der ältesten römischen Gottheiten. Er gehört zur rein römischen Mythologie, das heißt es gibt in der griechischen Götterwelt keine vergleichbare Gestalt. Ianus war der römische Gott des Anfangs und des Endes. In Abbildungen wird er oft in Form eines Doppelgesichts dargestellt. Der sogenannte Ianuskopf gilt deshalb als Symbol der Zwiespaltigkeit. [55] Ianus Münze Die moderne Kernphysik ist ein Musterbeispiel für eine derartige Zwiespaltigkeit. Kein anderes Gebiet in der Physik bietet einen derart großen praktischen Nutzen für die Menschheit und gleichzeitig ein so hohes Gefahrenpotential. So stehen auf der einen Seite Teilbereiche der Kernphysik, wie die friedliche Nutzung der Kernenergie, die Strahlentherapie in der Medizin oder die Grundlagenforschung über den Aufbau der kleinsten Elementarteilchen. Auf der anderen Seite stehen einige der schlimmsten Übel mit denen die Menschheit jemals konfrontiert war, wie die Erfindung Atombombe, der Supergau von Tschernobyl und Fukoshima oder das Problem des radioaktiven Atommülls. Um den Nutzen der Kernphysik und die damit verbundenen Gefahren objektiv einschätzen zu können werden in den nachfolgenden Kapiteln zunächst die physikalischen Grundlagen der Kernphysik erarbeitet.
2 11.1 Aufbau des Atomkerns Aus den Streuexperimenten von Rutherford und Lennard ist bekannt, dass Atome, die grundlegenden Bausteine der Materie, keine homogen mit Masse gefüllten Kugeln sind, sondern einen winzigen massereichen festen Kern besitzen der von einer Atomhülle aus Elektronen umgeben ist. Vergleicht man die Größe der Atomhülle mit einem Fußballfeld, so würde der Atomkern nur die Größe eines Kirschkerns in der Mitte des Spielfeldes besitzen. Trotz seiner geringen Ausdehnung von ca. sind etwa 99,9% der Masse des Atoms im Kern konzentriert. 1. Nukleonen: Der Atomkern besteht wiederum aus noch kleineren Arten von Teilchen, den sogenannten Nukleonen. Nukleonen werden aufgeteilt in Protonen und Neutronen. Protonen und Neutronen besitzen in etwa die gleiche Masse: Sie unterscheiden sich jedoch durch ihre elektrische Ladung. So sind Neutronen ungeladen und somit elektrisch neutral, wohingegen Protonen positiv geladen sind. Die Ladung der Protonen entspricht dabei betraglich der Ladung eines Elektrons. Atome sind von außen betrachtet
3 elektrisch neutral. Die Anzahl der Elektronen in der Atomhülle entspricht somit der Anzahl der Protonen im Atomkern. Die Anzahl der Protonen im Kern bezeichnet man mit Kernladungszahl. Aufgrund der geringen Masse der Kernbausteine ist die Einheit für Rechnungen in der Kernphysik ungeeignet. Aus diesem Grund wurde einen neue Einheit eingeführt, die sog. atomare Masseneinheit. Der Masse entspricht dabei genau der Masse eines Kohlenstoff Atomkerns mit sechs Neutronen und sechs Protonen. In erster Näherung entspricht die atomare Masseneinheit also in etwa der Masse eines Protons oder eines Neutrons. Die Masse des Atomkerns wird mit der Massenzahl angegeben. Mit Hilfe der Kernladungszahl und der Massenzahl können sämtliche chemischen Elemente unterschieden werden. So besitzt zum Beispiel das Element Sauerstoff die Massenzahl und die Kernladungszahl. Der Atomkern von Sauerstoff besteht also aus 8 Protonen und 8 Neutronen. Für die Summe aus Protonenzahl und Neutronenzahl gilt somit die Beziehung: Anmerkung: Um die Schreibweise von chemischen Elementen zu vereinfachen werden sie durch Symbole abgekürzt. Die Kernladungszahl wird links unten und die Massenzahl links oben neben dem Symbol des chemischen Elements notiert. Für das Element Sauerstoff kann geschrieben werden: Für ein beliebiges Element gilt die Schreibweise: Da die Kernladungszahl bereits durch das Symbol festgelegt ist wird sie oft weggelassen. So wird das chemische Element 2. Das Periodensystem der Elemente: häufig als Uran-235, kurz U-235 notiert. Im Periodensystem der Elemente (PSE) werden sämtliche chemischen Elemente aufgelistet. Mittlerweile sind 118 unterschiedliche chemische Elemente bekannt. Davon existieren jedoch nur die ersten 92 chemischen Elemente auch in der Natur. Alle chemischen Elemente mit einer Kernladungszahl die größer als 92 ist (Uran), können nur im Labor unter künstlichen Bedingungen hergestellt werden. Sie sind instabil und zerfallen nach kurzer Zeit in Elemente mit geringerer Kernladungszahl.
4 [56] Periodensystem der Elemente Das Periodensystem dient heute vor allem der Übersicht. Historisch war es für die Vorhersage der Entdeckung neuer Elemente und deren Eigenschaften von besonderer Bedeutung. Die chemischen Elemente sind im Periodensystem tabellarisch mit zunehmender Kernladungszahl angeordnet, beginnend mit dem Element Wasserstoff ( ). Es gibt acht verschiedene Spalten, die sog. Hauptgruppen. Die Gruppennummer entspricht der Anzahl der Elektronen auf der äußersten Schale des Elements (Valenzelektronen). Elemente in der ersten Gruppe besitzen demnach nur ein Elektron auf der äußersten Schale, wohingegen die äußerste Schale von Elemente in der achten Gruppe maximal gefüllt ist. Aus diesem Grund sind die als Edelgase bekannten Elemente der achten Gruppe sehr reaktionsträge, wohingegen Elemente anderer Gruppen reaktionsfreudiger sind. Neben den Spalten gibt es im Periodensystem sieben Zeilen, die sog. Perioden. Die chemischen Elemente sind so in den Perioden angeordnet, dass Elemente mit ähnlichen chemischen Eigenschaften untereinander stehen. Bekannteste Beispiel hierfür sind die oben bereits erwähnten Edelgase in der achten Hauptgruppe, oder die Alkalimetalle in Gruppe 1 (Wasserstoff bildet hier eine Ausnahme). Neben den chemischen Symbolen sind im Periodensystem in der Regel die Kernladungszahl und die Massenzahl der jeweiligen Elemente angegeben. Während die Kernladungszahl immer eine natürliche Zahl ist, ist die Massenzahl häufig eine Dezimalzahl mit mehreren Nachkommastellen. Dies erscheint auf den ersten Blick seltsam, da die Summe aus Protonen und Neutronen keine
5 Dezimalzahl ist. Die im Periodensystem angegebene Massenzahl ist ein Mittelwert der Massen aller von einem Element existierenden Isotope. 3. Isotope: Atome eines bestimmten chemischen Elements haben stets die gleiche Anzahl an Protonen, können jedoch eine unterschiedliche Anzahl an Neutronen besitzen. Man nennt diese Atome Isotope eines bestimmten Elements. So gibt es zum Beispiel die Kohlenstoffisotope C-12, C-13 oder C-14, die alle die Protonenzahl besitzen sich jedoch durch die Anzahl der Neutronen, oder unterscheiden. Die Isotope eines Elements besitzen alle die gleichen chemischen Eigenschaften, da diese durch die Anzahl an Elektronen und Protonen bestimmt wird. Sie unterscheiden sich lediglich durch ihre Masse. Im Periodensystem wir die Massenzahl eines bestimmten Elements durch eine Mittelung über alle Isotope bestimmt. Da die Isotope unterschiedlich häufig in der Natur vorkommen ergeben sich bei der Mittelung die oben erwähnten Dezimalzahlen. Die unterschiedlichen Isotope eines Elements werden auf einer Nuklidkarte dargestellt. Auf dieser Karte steigt die Anzahl der Neutronen in x-richtung und die Anzahl der Protonen in y-richtung. Bei genauerer Betrachtung ist zu erkennen, dass bis zu einer Kernladungszahl von Z=16 im Durchschnitt die gleiche Anzahl an Protonen und Neutronen besitzen. Bei größeren Atomkernen mit eine höheren Kernladungszahl überwiegt die Anzahl der Neutronen. Die Nuklidkarte erhält hierdurch eine gewisse Krümmung (siehe Abbildung). [57] Nuklidkarte Anmerkung: Neben den Isotopen, die in der Nuklidkarte horizontal nebeneinander stehen gibt es die sog. Isotone, die in der Nuklidkarte vertikal übereinander stehen. Diese besitzen unterschiedliche Protonenzahlen bei konstanter Neutronenzahl.
6 Nuklide bei denen die Summe aus Protonen- und Neutronenzahl konstant ist werden Isobare genannt. Isobare besitzen eine konstante Massenzahl. 4. Das Stabilitätsband Die einzelnen Nuklide in der Nuklidkarte werden in der Regel durch Farben unterschieden. So sind bunt gefärbte Nuklide in der Regel instabil und können in andere Elemente zerfallen. Nuklide die in der Nuklidkarte schwarz eingezeichnet sind, sind auf Dauer stabil und zerfallen nicht in andere Elemente (siehe Kapitel Radioaktiver Zerfall). Die stabilen Nuklide ziehen sich wie ein schwarzes Band durch die Nuklidkarte (Stabilitätsband). Für Nuklide mit kleiner Kernladungszahl verläuft das Stabilitätsband entlang der Winkelhalbierenden. Das heißt, dass die Nuklide dort in etwa die gleich Anzahl an Protonen und Neutronen besitzen. Größere stabile Nuklide mit höheren Kernladungszahlen besitzen einen Überschuss an Neutronen. Das Stabilitätsband ist deshalb gebogen und weicht nach rechts von der Winkelhalbierenden ab.
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