Lightroom/CameraRAW Tutorial Landschaft

Transkript

1 Lightroom/CameraRAW Tutorial Landschaft Severin Sadjina Im Folgenden will ich erklären wie ich Lightroom nutze um meine Landschaftsaufnahmen zu bearbeiten, und zwar an Hand eines Photos, das ich Ende 2008 im Tasman Valley im Mt. Cook National Park auf der Südinsel Neuseelands gemacht habe. Wer Anregungen, Kritik, oder gar Lob an den Mann bringen will kann mich auf finden und unter erreichen. Update Das Tutorial bezieht sich auf die Lightroom/CameraRAW Prozessversion Mit der aktuellen 2012er Version hat sich einiges geändert und damit lässt sich Vieles im Tutorial nicht mehr direkt mit der aktuellenr Version anwenden. Das ist aber nicht wirklich ein Problem, da man das Tutorial dennoch gut verfolgen kann indem man zunächst im Camera Calibration Register die Einstellung Process auf die 2010er Version setzt. Ich hoffe dass man dadurch dennoch einiges Lernen kann. 1

2 1 Disclaimer Das Ganze lässt sich 1:1 auf CameraRAW übertragen, das die exakt gleichen Regler und Einstellungen bietet. Die hier verdeutlichte Vorgehensweise funktioniert für mich ausgezeichnet mit Canon DSLRs, ich kann aber nicht ausschließen, dass es mit anderen RAW-Formaten bzw. Kameramodellen zu Abweichungen kommt. Weiters bezieht sich die Vorgehensweise auf RAW-Dateien - JPGs/TIFFs/PSDs/etc. verhalten sich anders (z.b. bei Exposure und Brightness) und man erhält mit solchen Formaten grundsätzlich andere Ergebnisse. Weiters werde ich die englischen Bezeichnungen der Regler und Optionen verwenden, hauptsächlich weil ich selbst englische Versionen verwende. Die jeweilige deutsche Bezeichnung wird sich aber meist leicht erahnen lassen. Das Ganze ist selbstverstänlich auch nicht dazu gedacht 1:1 auf jedes Photo angewandt zu werden. Defacto ist jedes Bild unterschiedlich und benötigt individuell angepasste Einstellungen und Bearbeitungsweisen. Ich hoffe dennoch, dass mein Tutorial dem Einen oder Anderen neue Impulse für die eigene Photographie gibt und freu mich natürlich immer über Diskussionen, Feedback und Hinweise! 2 Die Aufnahme Abbildung 1: Beispielbild direkt von der Kamera in Lightroom geladen. Abb. 1 zeigt wie die Szene direkt out of cam aussah nachdem sie von einer Canon 40D in 2

3 Lightroom geladen wurde. Die Spitzlichter in den Wolken sehen ausgebrannt aus, tatsächlich hab ich das Photo bewusst und gezielt überbelichtet. Somit bekommt man weniger Rauschen und mehr Spielraum in den Tiefen und holt das meiste aus dem RAW raus. Filter habe ich hier keine verwendet, einfach weil ich damals noch keine hatte. Generell rate ich aber zum Einsatz von Verlaufsfiltern in der Landschaftsphotographie, wobei sich auch erstaunlich viel aus nur einem RAW rausholen lässt. Ich glaube diese Vorgehensweise nennt man auch ETTR (expose to the right). Davon wusste ich aber damals noch nichts. Für mich macht das jedenfalls einfach Sinn so. 3 Weißabgleich und grundlegende Belichtungseinstellungen Als ersten Schritt versuche ich den richtigen Weißabgleich zu finden. Was man unter richtigen Weißabgleich verstehen kann hängt ganz von den persönlichen Vorlieben ab und davon welche Stimmung und welchen Look man dem Bild geben will. Ich wollte einen eher warmen Look also habe ich eine hohe Farbtemperatur eingestellt. Abbildung 2: Beispielbild nach dem Weißabgleich und grundlegende Belichtungseinstellungen. Als nächstes kann man sich die grundlegenden Belichtungseinstellungen vornehmen. Meistens drehe ich Brightness ganz rauf und kompensiere indem ich Exposure zurücknehme. Brightness nimmt i.d.r. extreme Kontraste aus dem Photo, was natürlich grad für Landschaftsphotos eine gute Sache ist. Dagegen verstärkt Exposure Kontraste und ist damit hilfreich bei Photos mit geringen Kontrasten. Meistens wenn ich Brightness raufdrehe und Exposure runter muss ich den Contrast Regler dann etwas raufdrehen um dem ganzen wieder mehr Punch zu geben. Sehr wichtig sind auch Recovery und Fill Light. Recovery mildert ausgebrannte Lichter ab (in Versionen vor Lightroom 3 geschah das oft mit einer Veränderung der Farben - also Vorsicht wenn man ältere Versionen verwendet), während Fill Light die Tiefen anhebt. Recovery kann man auch mal ganz aufdrehen, während Fill Light mit Vorsicht und Bedacht 3

4 verwendet werden sollte weil es bei hohen Einstellungen zu unnatürlichen Ergebnissen führt. Ich geh meistens bis 30 oder 40. Abb. 2 zeigt das Ergebnis. Brightness ist eine lineare Transformation, d.h. das sämtliche Tonwerte (hell wie dunkel) in Etwa gleich stark aufgehellt oder abgedunkelt werden. Exposure entspricht der gewöhnlichen Belichtung in der Photographie und ist eine exponentielle Transformation, d.h. dass bereits helle Tonwerte nochmal stärker aufgehellt werden als dunklere. Man kann sich das so vorstellen, dass Brightness das Histogramm nach links oder rechts verschiebt, während es Exposure auch staucht oder auseinanderzieht. 4 Camera Calibration Lange Zeit dachte ich, dass das Camera Calibration Register nur für seltene Fällen verwendet werden sollte in denen ich (aus welchem Grund auch immer) die Kamera kalibrieren muss. Tatsächlich aber ist es ein sehr wichtiges Werkzeug um dem Photo einen speziellen, einzigartigen Look zu verpassen und hat großen Einfluss auf die Gesamterscheinung! Z.B. ist es sehr nützlich um diesen entsättigten Look hinzubekommen. Abbildung 3: Beispielbild nach dem Beschneiden und den Änderungen im Camera Calibration Register. Als erstes gehe ich die Profile durch. Welche zur Verfügung stehen hängt vom Kameramodell und der Lightroom Version ab. Nun gehe ich die einzelnen Farben an. Meisten verringere ich die Rotsättigung völlig, drehe die Blausättigung ganz auf und verringere die Grünsättigung ein wenig. Das hängt natürlich alles vom Photo ab, aber diese Vorgehensweise funktioniert meist sehr gut bei Landschaftsaufnahmen und ich verwende sie auch meistens bei People Sachen. Wenn man die Sättigung auf diese Weise hochdreht, wird der entsprechende Kanal dunkler. Das kommt also dem Himmel oft zu Gute weil man ihn so abdunkelt. Natürlich sieht es jetzt vermutlich zu blau aus, aber das werden wir in Kürze an anderer Stelle kompensieren. Sehr wahrscheinlich ist das jetzt noch nicht die finale Einstellung für die Farben im Camera Calibration Register. Verschiedene andere Einstellungen beeinflussen die Farben und so komme ich zwischendurch immer wieder mal hierher zurück und checke die Einstellungen. 4

5 5 Saturation, Vibrance, Clarity und Gradiationskruven Die Einstellungen für Saturation und Vibrance sind für jedes Photo unterschiedlich. Meistens erhöhe ich Vibrance und nehme dafür Saturation zurück. Aber auch hier kommt es wieder darauf an welchen Look ihr dem Photo geben wollt. Manchmal funktioniert es auch einfach besser Vibrance zu reduzieren und Saturation dafür aufzudrehen. Durch Vibrance werden vor allem die Blau- und Magentatöne abgedunkelt und weiter gesättigt. Darauf sollte man achten und das muss anschließend wieder kompensiert werden (darauf kommen wir gleich zu sprechen). Dafür bringt Vibrance die anderen Farben i.d.r. schön raus. Clarity verändert den lokalen Kontrast. Quasi Schärfung mit sehr großem Radius. Es kann nützlich sein um dem Photo mehr Punch zu geben oder um ihm einen weichen, verträumten Look zu geben. Acht geben sollte man, dass man es nicht übertreibt damit. Abbildung 4: Beispielbild nach den Saturation, Vibrance und Clarity Einstellungen und der Anpassung der Gradationskurve. Der nächste Schritt ist die Gradiationskurve, die die Kontraste im Photo steuert. Meistens nehme ich Shadows zurück und fahre mit Darks ein wenig hinauf um mehr Kontrast in die dunkleren Tonwerte zu bekommen. Für die hellen Tonwerte erhöhe ich meist Lights und nehme Highlights zurück, so dass zwar genug Kontrast vorhanden ist, die Lichter aber nicht ausfressen. Meist muss man Exposure wieder etwas zurücknehmen wenn man Lights aufdreht. Auch die Wirkung der Slider, die die jeweiligen Bereiche voneinander trennen sollte man austesten. Ich hab sie meistens so stehen wie auf dem Bild oben zu erkennen. Aber auch hier gilt ganz allgemein: ausprobieren da jedes Photo verschieden ist! Vibrance erhöht die Sättigung von wenig gesättigten Regionen und wirkt auf bereits gesättigte Regionen weniger. Wie vorhin erwähnt verstärkt es aber vor allem Blau, Magenta und Lila. Darauf sollte man ein Auge behalten bzw. anschließend kompensieren. Oft verstärken sich dadurch etwa die chromatischen Abberrationen im Photo. 5

6 Statt Clarity in Lightroom bevorzuge ich es oft den High Pass Filter in Photoshop einzusetzen. So hat man mehr Kontrolle weil man mit (mehreren) Ebenen arbeiten und den Radius anpassen kann. Ansonten kann es vorteilhaft sein Clarity mit dem Brush Tool lokal aufzupinseln anstatt auf das ganze Photo anzuwenden. 6 HSL Farbanpassung und Gradationsfilter Die HSL Farbanpassung ist recht umfangreich und ermöglicht das Verändern von Farbton, Sättigung und Helligkeit für einzelne Farbkanäle. Oftmals verwende ich es um vorhergehende Farbanpassungen zu verfeinern bzw. kompensieren (z.b. wenn Vibrance die Blautöne zu stark gesättigt hat) und um einzelne Farben herauszuarbeiten. Beim Beispielphoto habe ich die Gelb- und Blautöne aufgehellt und ihnen die Sättigung etwas genommen um dem Gras und dem Himmel mehr Pop zu geben (jupp, Gras und Bäume sind für Lightroom meiner Erfahrung nach meist Gelb). Trial and error lautet die Devise! Sehr wichtig sind meiner Ansicht nach Gradationsfilter. Das bezieht sich sowohl auf die echten vor der Linse, als auch diejenigen in Lightroom. Was so gut wie bei allen Photos funktioniert, ist dem Himmel und dem Boden mittels Exposure oder Brightness Gradationsfiltern mehr Tiefe zu geben. Der Himmel lässt sich oft sehr schön herausbringen, wenn man einen Gradationsfilter auf ihn anwendet mit verringerten Brightness Werten und erhöhter Exposure. Im Beispielphoto habe ich letztendlich fünf Gradationsfilter angewandt: zwei für den Himmel, zwei für den Boden und einer horizontal um die rechte Hälfte des Bildes etwas abzudunkeln. Abbildung 5: Beispielbild nach der HSL Farbanpassung und dem Anbringen von Gradationsfiltern. Sehr oft verwende ich zwei Gradationsfilter zusammen: den ersten über die gesamte Fläche (z.b. den Boden von der Unterkante des Photos bis zum Horizont) um generell abzudunkeln und einen zweiten um ein bestimmtes Element im Bild wieder gezielt aufzuhellen und zu betonen (z.b. den Felsen im Beispielbild). 6

7 7 Das Pinselwerkzeug Als nächstes benutze ich das Pinselwerkzeug um gewisse Elemente im Bild herauszuarbeiten, oder sie etwas mehr in den Hintergrund treten zu lassen. Dabei verwende ich Dodge & Burn (also gezieltes Aufhellen und Abdunkeln), verändere den Kontrast lokal, oder nimm die Sättigung wo zurück, trage ein wenig Farben auf (hier z.b. einen warmen Schimmer vom Talende kommend), oder geb mehr Clarity. Hier hab ich also im Endeffelt den Felsen herausgearbeitet, dem Talende ein sanftes Leuchten gegeben (mehr Helligkeit und etwas orange-warmen Farbton) und den Hügel im linken Teil des Bildes wieder etwas aufgehellt (der ja durch den Verlaufsfilter über den Himmel etwas zu dunkel war zwischendurch). Das Ergebnis sieht man in Abb. 6. Abbildung 6: Beispielbild nach der großen Pinselei. Der Pinsel ist ein sehr mächtiges Werkzeug und ich verbringe oft den Großteil der Bearbeitungszeit mit Herumpinseln. Allerdings sind Bildmanipulationsprogramme wie Photoshop oder GIMP wohl auf Dauer wesentlich besser geeignet für lokale Veränderungen. Doch während in Photoshop & Co. Dinge mit Ebenen machbar sind, die man so in Lightroom wohl kaum bewerkstelligen kann, gibt es auch viele Möglichkeiten die Bilder mit dem Lightroom- Pinsel effizient und einzigartig zu verändern. Trial and error, kann ich da nur einmal mehr sagen... 8 Split Toning, Vignette und letzte Verfeinerungen Als einen der letzten Schritte wende ich Split Toning an. Man kann dazu stehen wie man will aber defacto ist es eine sehr effiziente Möglichkeit Farbkontrast zu erzeugen. Meistens gebe ich den Lichtern einen warmen Farbton und den Schatten einen kühlen und erzeuge bzw. verstärke so die Stimmung im Bild. Dann kommt noch eine passende Vignette hinzu. Wieder hängt das sehr vom persönlichen Geschmack ab. Ich liebe Vignetten und finde sie sind ein super Mittel um das Auge des Betrachters auf s Wesentliche zu lenken. Ganz zum Schluss werden dann noch die Schärfe- und Entrauschen-Parameter eingestellt und danach geh ich oft nochmal über alle Einstellungen drüber und feintune das Ganze 7

8 Abbildung 7: Beispielbild nach der HSL Farbanpassung und dem Anbringen von Gradationsfiltern. nochmal. Dieser letzte Schritt kann Sekunden bis Tage dauern bis ich mit dem Ergebnis wirklich zufrieden bin (was ohnehin selten der Fall ist) :P Adobe hat die Vignetten- und das Entrauschungswerkzeuge in Lightroom 3 stark verbessert. Alleine schon deshalb kann ich ein Upgrade an s Herz legen. Ebenso neu ist das Kornwerkzeug mit dem sich ästhetisch ansprechendes Filmkorn einfügen lässt. 8