der eine Kombination aus Elektromotor und Federlaufwerk darstellte. Dieser sogenannte Dual-Motor führte schließlich zum späteren Firmennamen Dual.

Transkript

1 Im Jahre 1877 gelang es dem erfolgreichen Erfinder Thomas Alva Edison ( ) erstmals, Musik aufzuzeichnen. Er benutzte dafür einen von ihm entwickelten Phonographen, der die Musik in Form von Rillen auf einem Wachszylinder speicherte. Leider litten die Wachszylinder zum einen unter großem Verschleiß und zum anderen musste jeder Zylinder einzeln aufgenommen werden, doch Edison legte mit seinem Phonographen bereits den Grundstein für weitere großartige Entwicklungen der Technologie zur Schallaufzeichnung. Emil Berliner ( ) griff Edisons Prinzip der Schallspeicherung in einer Rille auf und entwickelte so 1890 das Grammophon. Berliner verwendete als Tonträger eine Scheibe (Durchmesser 25 cm) aus Schellack, einer harzigen Substanz (Naturprodukt), welche die Rillen enthielt. Um die Patentrechte Edisons zu umgehen, wurden die Rillen der Schellackplatten im Gegensatz zu Edisons Zylindern nicht in der Tiefenschrift (auf und ab), sondern in der Seitenschrift (hin und her) geschrieben. Das Grammophon wurde ein Riesenerfolg, denn die Schellackplatten ließen in beliebiger Zahl vervielfältigen, da die Rillen gleich beim Pressen mit in die Platte geprägt werden konnten. Zudem unterlagen sie keinem so großen Verschleiß wie die Wachszylinder. Zahlreiche Firmen begannen weltweit Grammophone zu produzieren, so auch das Familienunternehmen der Gebrüder Steidinger in St. Georgen im Schwarzwald. Eigentlich wurden hier Bestandteile von Uhren sowie zu deren Herstellung notwendige Spezialwerkzeuge produziert, doch die nötige Präzision zur Herstellung dieser Werkzeuge war für die Herstellung eines der kompliziertesten Bestandteile des Grammophons von großem Nutzen. Der Antrieb, ein Federlaufwerk, musste die vorgegebene Geschwindigkeit von 78 Umdrehungen pro Minute immer exakt einhalten, was angesichts der sich ständig ändernden Kraft der gespannten Feder nicht einfach war. Das kleine Familienunternehmen hatte großen Erfolg und wuchs stark. Anfang der 1920er Jahre lernte Christian Steidinger, einer der Unternehmensgründer, Emil Knecht in Berlin kennen. Dieser begabte Konstrukteur entwickelte 1927 einen neuen Grammophonantrieb,

2 der eine Kombination aus Elektromotor und Federlaufwerk darstellte. Dieser sogenannte Dual-Motor führte schließlich zum späteren Firmennamen Dual. Der neue Antrieb wurde immer weiter verbessert und auch neu entwickelte Tonabnehmer ermöglichten immer bessere und kompaktere Laufwerke, die nach und nach immer mehr Ähnlichkeit mit heutigen Plattenspielern annahmen. Im Jahre 1948 gelang Peter Carl Goldmark ( ), er entwickelte auch das Farbfernsehen, ein ganz großer Wurf: Die Erfindung der Langspielplatte öffnete das Tor zu neuen, ungeahnten technischen Möglichkeiten. Die bis heute unveränderte Langspielplatte besteht aus Vinyl, einem Kunststoff, und ist daher im Gegensatz zu den in dieser Beziehung sehr empfindlichen Schellackplatten nahezu unzerbrechlich. Durch eine Verkleinerung der Rillen und dem Absenken der Geschwindigkeit auf 33 1/3 Umdrehungen pro Minute bietet die Langspielplatte, wie der Name schon sagt, eine viel längere Spielzeit und darüber hinaus auch eine viel bessere Klangqualität als die Schellackplatte. Langspielplatten besitzen einen Durchmesser von 30 cm, doch es gibt auch sogenannte Singles mit einem Durchmesser von 17 cm, die Platz für ein Lied pro Seite bieten (engl. single : einzeln) und mit 45 Umdrehungen pro Minute abgespielt werden. Zudem war es nun durch eine Kombination von Seiten- und Tiefenschrift möglich, zwei Tonspuren in einer Rille zu speichern und gleichzeitig wiederzugeben. Der Siegeszug des Stereo-Effekts begann. Dieser neue Tonträger erforderte natürlich auch neue Abspielgeräte, die in der Regel sowohl Schellack- als auch Langspielplatten und Singles abspielen konnten. Bald wurde der Ruf nach HiFi (High Fidelity; Hohe (Klang-) Treue) laut und die Entwicklung neuer Plattenspielern mit neuartigen Tonarmen und Tonabnehmern ging schnell voran, doch hier konnte Dual mit der internationalen Konkurrenz nicht ganz Schritt halten und verlor mehr und mehr an Bedeutung. Doch im Jahre 1963 brachte Dual den 1009 auf den Markt und revolutionierte damit die gesamte Plattenspielertechnologie. Dieses neue Gerät verfügte erstmals über einen neuartigen Rohrtonarm, ermöglichte neben einer Feinregulierung der Drehzahl

3 auch die Montage moderner Magnet-Tonabnehmer und verfügte über hervorragende technische Messwerte und klangliche Eigenschaften, sodass man mit Recht behaupten kann, dass der Dual 1009 der erste wahre HiFi-Plattenspieler war. Seine bahnbrechenden technischen Neuerungen sind bis heute in allen Plattenspielern, abgesehen von wenigen Ausnahmen, zu finden. Mit dem 1009 wurde Dual international bekannt und geschätzt. Ein bisher ungelöstes Problem, das zunehmend an Bedeutung gewann, war die Skating-Kraft (engl. to skate = gleiten). Sie entsteht durch die Reibung der Nadel auf der Schallplatte. Da Tonarm und Nadel nicht eine Linie bilden, sondern in einem Winkel (bei jedem Plattenspieler unterschiedlich) zueinander stehen, wird die Nadel bzw. der Tonarm nach innen gezogen, was zu einseitigem Verschleiß von Nadel und Schallplatte, und außerdem zu Verzerrungen auf einem Kanal (Stereo!) führte. Das Problem wurde dadurch gelöst, dass eine Feder den Tonarm nach außen zieht. Diese Kraft wird Anti-Skating-Kraft genannt, da sie gegen die Skating-Kraft wirkt. Der erste Plattenspieler, der neben anderen Neuentwicklungen über diese Einrichtung verfügte, war der Dual Einen weiteren Höhepunkt stellte 1969 der Dual 1219 dar, der erstmals eine Vierpunkt- Spitzenlagerung des Tonarms aufwies, wodurch sich dieser nahezu reibungsfrei in allen Lagen bewegen konnte. Dank diesem Tonarmlager und der Einstellung der Auflagekraft per Feder konnte der 1219 in allen Lagen, auch z.b. schräg und über Kopf ohne Beeinträchtigung des Abtastverhaltens spielen. Ein bei Dual bisher eher stiefmütterlich behandeltes Thema war der Antrieb des Plattentellers. Man setze lange Zeit auf den mittlerweile altbackenen Treibradantrieb. Die Funktionsweise besteht darin, dass ein Treibrad aus Gummi, das am Innenrand des Plattentellers anliegt, von einer sich schnell drehenden Motorwelle angetrieben wird. Zwar wurde der Treibradantrieb immer weiter verbessert, doch er litt konstruktionsbedingt unter vergleichsweise starkem Rumpeln, verursacht durch minimale Unebenheiten von Treibrad, Motorwelle und Tellerrand. Abhilfe schaffte hier der 1973 mit dem Dual 701 Direktantrieb. Bei dieser Antriebsform liegt der Plattenteller direkt auf dem Motor auf, welcher sich mit z.b. 33 1/3

4 Umdrehungen pro Minute dreht. Dieser Antrieb stellte (und stellt) sozusagen das Nonplusultra dar, da er wartungsfrei ist, keine Verschleißteile besitzt und zudem hervorragende Werte bezüglich Gleichlauf und Rumpeln aufweist. Allerdings benötigt der Direktantrieb eine komplizierte Regelelektronik und viel Schwungmasse, weshalb der sehr teuer in der Herstellung war und daher in günstigeren Modellen nicht verwendet wurde. Im Jahre 1975 wurde bei Dual mit dem 601 endlich der Riemenantrieb eingeführt. Wie beim Treibradantrieb wird der Plattenteller hier über eine sich schnell drehende Motorwelle angetrieben, die Übertragung findet jedoch nicht über ein Gummirad, sondern über einen zwischen Motorwelle und einem Unterteller gespannten Riemen statt. Da der Riemenantrieb in der Herstellung ähnlich günstig wie der Treibradantrieb war, aber viel bessere Eigenschaften aufwies, löste er innerhalb von kurzer Zeit den Treibradantrieb fast komplett ab. In Top-Geräten wurde jedoch weiterhin der bessere Direktantrieb verwendet, welcher 1979 im Dual 731Q erstmals eine sogenannte Quarzregelung erhielt, die für noch besseren Gleichlauf sorgte. Zwei Jahre später, im Dezember 1981, folgte ein dunkles Kapitel in der Firmengeschichte. Dual musste Konkurs anmelden. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Zum einen war die Produktion viel zu teuer, Sparmaßnahmen wurden nur zögerlich umgesetzt. Zudem ging das Industriegeschäft (Verkauf von Geräten an andere Firmen, um diese in andere Komponenten einzubauen) drastisch zurück, und günstige HiFi-Geräte aus Fernost stellten eine wachsende Konkurrenz dar. Auch der neue Videomarkt trug seinen Anteil dazu bei, da nun viele lieber eine Videokamera als eine Musikanlage kauften. Doch den wohl größten Fehler beging Dual selbst, da durch die neue billig wirkende Satin-Metallic-Linie viele treue Dual-Fans vergrault wurden. Die 1982 vorgestellte CD versetzte der Plattenspielerherstellung, dem Kerngeschäft von Dual, einen weiteren heftigen Schlag, von dem sich Dual nicht mehr erholen konnte. Es folgte eine Reihe von Übernahmen und Verkäufen des Markennamens, doch die nun mit dem Dual- Logo verkauften Geräte konnten mit der Qualität früherer Dual-Komponenten bei weitem nicht mehr mithalten.

5 Doch trotz steigender Beliebtheit der CD blieb eine Käufergruppe der Schallplatte treu: Für DJs sind Schallplatten bis heute wegen viel einfacherer Handhabung beim Mixen nicht wegzudenken. Ein mit der Hip-Hop Musik neu aufkommender Trend war das sogenannte Scratchen (engl. to scratch : kratzen), ein schnelles Hin- und Herbewegen der Schallplatte, wodurch merkwürdige Laute entstehen. Mit einem CD-Player geht das nicht. Der in der DJ- Szene besonders beliebte Technics SL-1200 Mk2 wird seit 1979 nahezu unverändert hergestellt. Dual hatte die Entwicklung von solchen Disco-Laufwerken mit starken Direktantrieben leider verschlafen. Auch heute gibt es noch neue Plattenspieler in vielen Fachgeschäften und im Internet zu kaufen. Zum einen, wie bereits erwähnt, den Technics SL-1200 und ähnliche Geräte, außerdem gibt es sehr teure Designer-Plattenspieler, aber auch Dual- Plattenspieler werden noch immer von der Firma Fehrenbacher in St. Georgen hergestellt. Leider gibt es auch viele Billig-Spieler unter 100 Euro, von denen man jedoch besser die Finger lassen sollte. Eine günstige Alternative stellen hier Flohmärkte, Kleinanzeigen und natürlich ebay dar, wo man gebrauchte Geräte günstig erwerben kann. Hilfe zur Restauration alter Dual- Plattenspieler bekommt man im Internet z.b. im Dual-Forum, wo sich viele fachkundige Dual-Fans tummeln. Die Nachfrage nach Schallplatten und Plattenspielern steigt momentan wieder an, wie lange dieser Trend jedoch noch anhält, bleibt abzuwarten. Doch nicht zuletzt dank der Robustheit alter Dual-Plattenspieler wird es wohl noch einige Jahrzehnte heißen: Zum guten Ton gehört Dual. Quellen: Schwarzwälder Präzision von Weltruf - Aufstieg und Niedergang der St. Georgener Phonoindustrie (Norbert Kotschenreuther, 2004) c9329e0375e81780ee52b7278cfa5ec331a5d447aa1c7df154bc/scratch_m480.mov diverse zeitgenössische Prospekte, Werbeanzeigen und Zeitungsartikel diverse Privatarchive Patrick Fuchs 2005