Julia Haberzettel Praktikantin beim Beauftragten für das Zusammenleben der Generationen, Michael Panse

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1 Julia Haberzettel Praktikantin beim Beauftragten für das Zusammenleben der Generationen, Michael Panse Ausarbeitung zum Bundesfreiwilligendienst 1. Zahlen, Daten, Fakten 2. Träger, Verbände, Organisationen 3. Meinungen in der Politik 4. Entwicklung in Thüringen 5. Fazit 6. Quellen

2 1. Zahlen, Daten, Fakten Der 1 des Bundesfreiwilligengesetzes (kurz: BFDG), welches am 28. April 2011 im Bundestag beschlossen wurde und überwiegend zum 3. Mai 2011 in Kraft trat₁₀, lautet: Im Bundesfreiwilligendienst engagieren sich Frauen und Männer für das Allgemeinwohl, insbesondere im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich sowie im Bereich des Sports, der Integration und des Zivil- und Katastrophenschutzes. Der Bundesfreiwilligendienst fördert das lebenslange Lernen ₁. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht und damit auch des Zivildienstes wurde die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes begründet. Die Zielgruppen, welche mit dieser neuen, auf Freiwilligkeit basierenden Arbeit erreicht werden sollen, sind sowohl Männer als auch Frauen mit erfüllter Schulpflicht, ausländische Mitbürger und Mitbürgerinnen und auch ältere Menschen, welche sich gern gesellschaftlich engagieren. Auch anzuführen ist, dass die verschiedenen Altersgruppen unterschiedliche Ziele verfolgen und unterschiedliche Erwartungen an den Bundesfreiwilligendienst hegen. Jüngere Menschen erhalten mit dem BDF eine Übergangszeit zwischen Schule und Beruf, können neue Erfahrungen sammeln und der BFD gibt ihnen die Möglichkeit sich beruflich zu orientieren. Ältere Menschen hingegen, möchten sich engagieren, an der Gesellschaft teilhaben, suchen eine Alternative zur Erwerbstätigkeit oder nutzen gerade in der Altersgruppe der 30 bis 40jährigen die Chance zum Wiedereinstieg oder einer Neuorientierung im Berufsleben. Die schnelle Umsetzung des Bundesfreiwilligendienstes beinhaltete eine große Herausforderung für die Politik sowie auch für die vielen Einrichtungen, denn erforderlich waren eine Umgestaltung und Neugliederung der Strukturen des ehemaligen Zivildienstes. Zu Beginn des BFD im Sommer 2011 zeichnete sich ein eher schleppender Start ab. Zum Jahresende 2011 gab es aber bereits Bundesfreiwillige in ganz Deutschland. Schon im Februar 2012 war das Kontingent der Bundesregierung von Bundesfreiwilligen ausgeschöpft. Im Zivildienst waren rund junge Männer gleichzeitig im Einsatz. Im bevölkerungsstärksten Bundesland Nordrhein Westfalen, mit 17.8 Millionen Einwohnern leisten Freiwillige Dienst, davon sind Männer und Frauen. Im bevölkerungsärmsten Bundesland Bremen, mit etwa Einwohnern, leisten 261 Freiwillige Dienst, davon sind 124 Männer und 137 Freiwillige sind Frauen. Bezogen auf die Einwohnerzahlen ist der prozentuale Anteil der Freiwilligen in Sachsen und Thüringen am höchsten₂,₉. Der Zuschuss des Bundes an die Einsatzstellen für das Taschengeld und Sozialversicherungsbeiträge für die Freiwilligen bis zum 25. Lebensjahr beträgt maximal 250 Euro pro Monat und für die über 25 Jährigen Freiwilligen maximal 350 Euro pro Monat. In den Medien klang gegenüber dem Bundesfreiwilligendienst zu Beginn eher Unmut als Begeisterung an. In den Medien wurde kaum dargestellt, dass die Charakteristika des neuen 2

3 BFD, wie Freiwilligkeit und Zusätzlichkeit, über die Vorgaben des Zivildienstes hinausgehen, dass der Dienst für ältere Freiwillige oder auch Ausländer geöffnet wurde, ebenso die Chancen für jeden Einzelnen und den Facettenreichtum des Bundesfreiwilligendienstes. 2. Träger, Verbände, Organisationen Für die Freiwilligen stehen u.a. Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, der Wohlfahrts-, Gesundheits- und Altenpflege, der Behindertenhilfe, der Kultur und Denkmalpflege, des Sports, des Zivil- und Katastrophenschutzes und des Umweltschutzes bereit. Träger solcher Einrichtungen sind beispielsweise die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz und die Diakonie. Auch von ihnen wird Kritik laut. Große Wohlfahrtsverbände kritisieren Bürokratie und staatliche Einflussnahme. Die meisten Einrichtungen ziehen jedoch ein positives Zwischenfazit.₅ Mandy Artus, Personalsachbearbeiterin bei der Diakonischen Behindertenhilfe, meinte: Es läuft etwas schleppend an, sodass wir derzeit weniger Stellen besetzt haben, als wir benötigen, dies seien aber normale Anlaufschwierigkeiten. AWO und DRK können sich sogar einen Stellenausbau vorstellen. Jedoch müssten dafür die Mittel vom Bund aufgestockt werden. DRK-Präsident Dr. Rudolf Seiters merkt an, dass die Freiwilligendienste den freien Trägern überlassen werden sollten und nicht mit ihnen in Konkurrenz zu treten haben. Weiterhin bemängelt er, dass das BAFzA (Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben) für die Anerkennung der BFD Stellen zuständig und gleichzeitig Anbieter von BFD-Stellen sei. Dies wäre eine klare Interessenkollision zum Nachteil freier Verbände. DRK Präsident Dr. Rudolf Seiters ist folgender Meinung: Der Staat soll die Freiwilligendienste den freien Trägern überlassen, die können es besser"₆. Dr. Jens Kreuter, Beauftragter der Bundesregierung für den Bundesfreiwilligendienst, entgegnet auf solche Forderungen, dass 40 Prozent aller Sozialeinrichtungen keinem Wohlfahrtsverband angehörten. Das gelte für große Uni-Kliniken ebenso wie kleine Bürgerinitiativen. Aber selbstverständlich könne doch auch in einem kommunalen Altenheim ein Freiwilligendienst durchgeführt werden 11. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in Thüringen zum 1. Juni 2012 nur 18 % der Bundesfreiwilligendienstleistenden Einsatzstellen angehörten, die über die Zentralstellen der Wohlfahrtsverbände geführt wurden. Zum ersten Jahrestag des Bundesfreiwilligendienstes fordern Träger und Sozialverbände erste Reformen, wenn es um das Vergabeverfahren sowie um die Bildungsseminare geht. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bemängelt, dass die Vergabepraxis der Stellenkontingente oft nicht transparent genug laufe. So sei in einigen Regionen oftmals nicht klar, warum einige Plätze dem einen Träger zugeteilt und andere Stellen nicht bewilligt werden. Als weiteren Kritikpunkt sehen die Träger, dass die Fortbildungseinrichtungen inzwischen zu Stoßzeiten überfüllt sind. Bundesfreiwillige unter 27 Jahren haben die Pflicht an Bildungsseminaren von 20 Tagen teilzunehmen, BFDler über 27 Jahren hingegen, haben die Möglichkeit dieses Angebot zu nutzen. Politische Bildung bleibe für die Freiwilligen im BFD nach Meinung der Verbände auf der Strecke. Daher wollen die Trägerverbände künftig 3

4 die Seminare zur politischen Bildung, wie beim Freiwilligen Sozialen Jahr (kurz: FSJ) selbst anbieten₅. 3. Meinungen in der Politik Schon vor der Einführung des Bundesfreiwilligendiensts drückten Fraktionen demgegenüber eher Skepsis aus. So hätte DIE LINKE. es bevorzugt, die bestehenden Jugendfreiwilligendienste weiter auszubauen, anstatt den BFD einzuführen. Dennoch fordert sie nun beispielsweise die Festschreibung des Trägerprinzips, [ ]und die Stärkung der Anerkennungskultur [ ]. Weiterhin sieht die Fraktion, wie auch die Fraktion der SPD und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen großen Bedarf in der Weiterentwicklung des Bundesfreiwilligendiensts, gerade in der Aufstockung des Kontingents. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hält den Ausstieg aus der Wehrpflicht für eine richtige und gute Entscheidung, da das System ungerecht und nicht mehr zeitgemäß war. Sie sehen noch weiteren Handlungsbedarf in Fragen wie denen der Bildung und auch der Arbeitsmarktneutralität₂,₃. Trotz des anfänglichen Misstrauens gegenüber dem Bundesfreiwilligendienst, zeigt sich eine positive Entwicklung. Die Fraktionen akzeptieren und respektieren die Entscheidung der Bundesregierung und arbeiten immer wieder an Verbesserungen, welche den BFD bereichern. 4. Entwicklung in Thüringen Am 1. Juli 2011 startete der Bundesfreiwilligendienst in Thüringen mit zunächst gerade einmal 100 Freiwilligen. In der Öffentlichkeit und der Presse wurde der BFD zu Beginn sehr kritisch begleitet und gerade Vertreter von Wohlfahrtsverbänden äußerten sich eher skeptisch, ob dieser staatlich gesteuerte Freiwilligendienst gelingen kann. Dennoch fand der Bundesfreiwilligendienst immer mehr Zustimmung und gerade ältere Menschen sahen und sehen in Thüringen die Möglichkeit sich zu engagieren. In Thüringen sind nur etwa 20% der Bundesfreiwilligen unter 27 Jahren und 80 % der Bundesfreiwilligen sind älter als 27 Jahre. Zum Vergleich in den alten Bundesländern sind hingegen 85 % jünger und nur 15 % älter als 27 Jahre. Die größte Gruppe zeichnet sich in Thüringen zwischen den 51 bis 65 jährigen mit 862 Bundesfreiwilligen ab. Hinzu kommen 97 Bundesfreiwillige, welche älter als 65 Jahre sind. Der derzeit älteste Freiwillige in Thüringen ist gerade 78 Jahre alt geworden. Für den September 2011 lag sogar eine Vereinbarung mit einer 80-Jährigen Dame vor, welche sich gern gesellschaftlich engagiert. Ende des Jahres 2011 hatte Thüringen Teilnehmer am Bundesfreiwilligendienst im Einsatz. Für 2012 lagen bereits über Vereinbarungen vor. Ende April 2012 gab es in Thüringen Bundesfreiwillige, also rund 600 Teilnehmer mehr. Davon waren 21% unter 4

5 27 Jahre alt und 79% über 27 Jahre alt. Zum Vergleich im Juni 2012 waren 80% der über 27jährigen im Dienst₄. Die Caritas ist mit über 100 Einsatzstellen größter Träger unter den Wohlfahrtsverbänden, es folgt die AWO und die Parität. Größter Einzelträger beziehungsweise größte Einsatzstelle darf sich das Klinikum Jena mit allein 70 Stellen nennen. In Mehrgenerationenhäusern befinden sich momentan ca. 44 Bundesfreiwillige im Einsatz₁. 5. Fazit Meiner Meinung nach ist die Entscheidung den Bundesfreiwilligendienst in Deutschland einzuführen keineswegs eine zu bereuende gewesen. Er bietet Menschen jeder Altersgruppe die Chance sich in der Gesellschaft zu engagieren, in welcher jeder Mensch ein wichtiger Baustein ist. Auch anhand der erfreulichen Entwicklung im Bereich der Anmeldungen lassen sich das große Engagement der Bevölkerung und auch der Erfolg des BFD erkennen. Dennoch sehe auch ich noch einige Baustellen, welche es durch die Politik gilt zu beseitigen. Zum Beispiel, den Ausbau des Stellenkontingents, die immer noch ungeklärte Rolle der BAFzA oder auch Unsicherheiten in der Arbeitsmarktneutralität. Ich bin der Meinung, dass man Schwachstellen eines solchen Projektes erst dann erkennt, wenn eine Realisierung und eine praktische Ausführung erfolgt sind und eine gewisse Zeit zur Erprobung vergangen ist. Julia Haberzettel 5

6 6. Quellen 1) Ordner: Auswertung 1 Jahr BFD 2) Drucksache 17/9548 des Deutschen Bundestages 3) Drucksache 17/9926 des Deutschen Bundestages 4) Centre for Social Investment, Universität Heidelberg. Anheiner, Helmut K., Beller, Annelie (u.a.). Ein Jahr Bundesfreiwilligendienst, Erste Erkenntnisse einer begleitenden Untersuchung 5) Wiedemann, Johannes. Wirklich ein Erfolgsmodell?. Der Bundesfreiwilligendienst besteht am 1.Juli ein Jahr. Die Bewerberzahlen sind hoch, aber es hagelt auch Kritik. Welt Online, ) Ilgen, Ralf. Es mangelt an Freiwilligen. Mandy Artus, Personalsachbearbeiterin bei der Diakonischen Behindertenhilfe. Südthüringer Zeitung, ) 8) 9) 10) 11) Lausitzer Rundschau, 2. Juli