Erfahrungsbericht Auslandssemester Istanbul 2013/2014

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1 Erfahrungsbericht Auslandssemester Istanbul 2013/2014 (Blick vom Galata-Turm auf das Goldene Horn mit der Galata-Brücke) Ich habe von September 2013 bis Januar 2014 mein Auslandssemester an der Marmara- Universität in Istanbul absolviert. Schon lange vor der Bewerbung für das Auslandssemester stand für mich fest, dass ich über das ERASMUS-Programm nach Istanbul gehen möchte. Ich wollte diese Gelegenheit nutzen, um meine Englisch-Kenntnisse zu verbessern und mich selbstständig in einer Großstadt mit einer fremden Sprache und einer fremden Kultur zurechtzufinden. Außerdem erhoffe ich mir durch das Auslandssemester im Lebenslauf einen Vorteil bei zukünftigen Bewerbungen. Bei Durchsicht der Kooperationshochschulen der Uni Bremen kam dafür nur die Marmara Universität in Istanbul in Frage. Was aber nicht bedeuten soll, dass ich die Entscheidung für Istanbul nicht aus Überzeugung getroffen hätte. Im Gegenteil. Zum Einen hatte mich die Stadt auf einer Kurzreise im Jahr 2009 sehr beeindruckt. Leider blieb damals kaum Zeit die Stadt mit ihrer Geschichte und den unzähligen Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Des Weiteren hatte ich bis dahin aus dem Freundes- und Bekanntenkreis nur Gutes über das Leben und die Kultur in der Türkei gehört und wollte diesem auf den Grund gehen.

2 Die Planungen für das Semester liefen dank der guten Zusammenarbeit mit Frau Hartstock (Koordinatorin für Praxis und Internationales am Fachbereich 7 der Uni Bremen) größtenteils reibungslos. Sie unterschrieb das Learning Agreement und gab noch einige Hinweise, die sich schon sehr bald bewahrheiten sollten. So ließen wichtige Dokumente der Gastuniversität, wie der Letter-Of-Acceptance, den ich sowohl zur Beantragung des Auslandsbafög als auch für das Studentenvisum benötigte, lange auf sich warten. Nachfrag s wurden zum Teil ignoriert, zum Teil aber auch mit zweiwöchiger Verspätung beantwortet. Dies sollte aber nur ein Vorgeschmack auf die anstehenden Erfahrungen und Erlebnisse sein. Noch in Deutschland stand die Beantragung des Studentenvisums in Hannover auf dem Zettel. Erforderlich sind ein gültiger Reisepass, ausgefüllte Antragsdokumente und 60. Zur Beantragung und Abholung muss man jeweils persönlich anwesend sein. Die Bearbeitungszeit beträgt genau eine Woche. Das Visum gilt lediglich für eine einmalige Einreise und es bedarf einer Aufenthaltsgenehmigung die man in der Türkei erwerben muss. Mehr dazu später. Mir wurde leider ein falsches Visum ausgestellt, wie sich nach meiner Rückkehr vom türkischen Konsulat herausstellte. Daher durfte ich ein weiteres Mal die Fahrt nach Hannover antreten, um das Studentenvisum abzuholen. Mit dem Visum in der Tasche konnte dann auch der Flug gebucht werden. Turkish Airlines fliegt täglich direkt von Bremen nach Istanbul. Bei rechtzeitiger Buchung schon ab 100 pro Strecke mit 30 Kg Freigepäck. Die letzten Tage in Deutschland standen dann im Zeichen der Wohnungssuche, die sich aber als äußerst schwierig erwiesen hat. Einerseits weil die Nachfrage nach preiswerten möblierten Wohnungen zu Semesterbeginn in Istanbul sehr hoch ist, andererseits, weil in diversen Facebook-Gruppen vor schwarzen Schafen gewarnt wurde, die im Vorfeld eine saftige Kaution kassieren, dann aber komplett von der Bildfläche verschwinden. Also verschob ich die Wohnungssuche auf die erste Woche vor Ort und buchte zunächst ein relativ preiswertes Hotel im zentralen Stadtteil Beyoglu. Der Tag der Abreise kam schneller als erwartet. Noch die letzten Sachen gepackt und ab zum Flughafen. Der dreieinhalbstündige Flug und auch die Einreise in die Türkei verliefen reibungslos. Direkt im Ankunftsbereich des Flughafens befinden sich zahlreiche Geldautomaten, an denen ich mir die ersten Türkischen Lira beschaffen konnte. Dann raus dem Flughafen, rein ins Taxi. Zunächst ein Temperaturschock. Von 15 C mittags in Bremen auf 30 C abends in Istanbul. Und dann die abenteuerliche Taxifahrt. Mit der vorliegenden Hoteladresse wusste der Fahrer zunächst wenig anzufangen, fuhr dennoch erst einmal los. Mitten auf der Autobahn hielt er dann jedoch an, um sich bei Kollegen nach dem Weg zu erkundigen. Damit nicht genug. Da auf einer dreispurigen Fahrbahn gerne auch mal 5 Autos und 3 Motorräder nebeneinander fahren, wurde ich nach 5 Minuten auf Istanbuls Straßen fast zwangsläufig Zeuge eines Unfalls. Im Hotel angekommen zeigte sich mir dann Istanbuls modernstes Gesicht. Die Herberge lag inmitten des Bar- und Discoviertels nahe des Taksim-Platzes an der berühmten Flaniermeile Istiklal Caddesi auf der europäischen Seite der Stadt. Wer eine ruhige Unterkunft sucht ist hier aber an der falschen Adresse. Nach den ersten Schritten in meiner neuen Umgebung

3 fiel vor allem die enorme Polizeipräsenz rund um den Taksim-Platz auf, an dem zu jener Zeit immer wieder Proteste stattfanden, von denen ich allerdings wenig mitbekam. In den ersten Tagen stand vor allem viel Organisatorisches gepaart mit Sightseeing auf dem Programm. So führte mich der erste Weg auf die asiatische Seite zum International Office der Marmara Universität. Bereits auf der 20-minütigen Fährfahrt zeigte sich mir Istanbul von seiner schönsten Seite. Zum ersten Mal genoss ich das außergewöhnliche Flair der Stadt mit einem Cay (türkischer Tee) an Deck des Linienschiffes. Auf der rechten Seite die Altstadt mit dem Sultanspalast, der Hagia Sophia und der Blauen Moschee, sowie der Eingang ins Marmara Meer. Zur Linken der berühmte Galata-Turm, das Bankenviertel und die große Bosporusbrücke. (links die Blaue Moschee, in der Mitte die Hagia Sophia und rechts der Topkapi-Palast aufgenommen auf der Fährüberfahrt) Am Göztepe Kampus in Asien meldete ich mich im International Office an und erhielt meine Student-ID-Card, sowie ein Account für das Online-Portal der Uni, über das auch die Kurswahl erfolgt. Alle Mitarbeiter des International Office waren sehr freundlichen und hilfsbereit. Als nächstes stand die Abholung des Akbils (Prepaid Karte für den öffentlichen Nahverkehr) auf dem Programm, was wegen der Sprachbarriere eine unerwartete Hürde darstellte. Nur wenige Einheimische sind der englischen Sprache mächtig, weswegen man sich häufig mit Händen und Füßen verständigen muss. Das Akbil wird vor jedem Fahrtantritt auf ein elektronisches Drehkreuz gelegt und dort mit dem entsprechenden Fahrpreis belastet. Dieser beläuft sich für Studenten nur auf etwa ein Drittel des Normalpreises. Eine Überfahrt über den Bosporus kostet beispielsweise nur 1 TL, was ca. 0,35 entspricht.

4 Schon in den ersten Tagen fiel auf, dass man, sofern man auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen ist, sehr weite Wege zu Fuß zurücklegen und sehr viel stehen muss. Zurück im Hotel bemerkte ich, dass die Anmeldung für die Kurse über das Online-Portal der Universität zunächst nicht möglich war. Nach Rücksprache mit dem International Office sollte ich an allen infrage kommenden Kursen teilnehmen und mich anmelden, sobald das System funktioniere. Das Problem dabei war, dass sich einige Kurse zeitlich überschnitten und manche in Deutschland ausgesuchte und damit im Learning-Agreement stehende Kurse schlichtweg gestrichen wurden. In einem Kurs, der eigentlich auf Englisch ausgeschrieben war, war außer mir nur ein weiterer Erasmus-Student anwesend, weswegen sich die Dozentin kurzerhand dazu entschloss, die Vorlesung komplett auf Türkisch zu halten. Im Anschluss daran bot Sie uns an, anstelle der Prüfungen eine Hausarbeit zu schreiben. Daher galt es umzudisponieren und wiederum in Abstimmung mit Frau Hartstock eine angemessene Kurswahl zu treffen und das Learning Agreement zu ändern. Parallel zu den leicht chaotischen Verhältnissen in der Uni lief die Wohnungssuche auf Hochtouren. Ein Kommilitone und ich haben uns an verschiedene Agenturen gewandt, die uns aber Bruchbuden zu Luxuspreisen vermieten wollten. Ob die vernünftigen Unterkünfte schon vergeben waren, oder es sich bei diesen Agenturen um reine Studentenabzocke handelte frage ich mich bis heute. Von Kommilitonen, die schon früher angereist waren, haben wir gehört, dass man über Makler relativ kostengünstig an vernünftige Unterkünfte gelangt. Aber auch die Suche nach und mit Maklern blieb zunächst erfolglos, was einmal mehr vor allem an der Sprachbarriere lag. Mit Deutsch und Englisch war unsere Lage in den beliebten Wohnvierteln Mecidiyeköy, Besiktas und Taksim nahezu aussichtslos, da wir uns in den unzähligen Makler-Büros nicht verständigen konnten. Langsam wurde die Zeit knapp, da nur noch zwei weitere Tage im Hotel verblieben. Durch persönliche Kontakte konnte mein Kommilitone letztendlich einen Makler auffinden, der auch Deutsch spricht und uns eine Wohnung im etwas außerhalb liegenden Bahcelievler vermittelte. Zwar hätte ich lieber zentral gewohnt, aber der kurze Fußweg zur Uni (etwa 10 Minuten) und natürlich auch die Gefahr keine Wohnung zu finden gaben letztendlich den Ausschlag. Das Wort außerhalb muss in Istanbul allerdings relativiert werden. Aus Bahcelievler fährt man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln etwa 40 Minuten bis in die Altstadt. Tatsächlich kann man aus der Altstadt aber über 2 Stunden in eine beliebige Himmelsrichtung fahren, bis wieder größere Grünflächen bzw. Einfamilienhäuser zu erkennen sind. Dies ist einerseits mit der enormen geographischen Größe zu erklären, andererseits mit dem nicht sonderlich gut ausgebauten Nahverkehrsnetz. Erst im Jahre 2000 wurde die erste U-Bahn eröffnet. Aktuell befinden sich zahlreiche neue Bahnverbindungen im Bau, um das Verkehrsnetz zu entlasten. Bahcelievler ist ein sehr konservativer Stadtteil, in dem es im Gegensatz zu fast allen anderen Stadtteilen keine Lokalitäten gibt, in denen Alkohol ausgeschenkt wird. Die westliche Entwicklung, die sich in den modernen Stadtteilen vollzieht ist in Bahcelievler noch nicht wirklich angekommen. Dies ist wohl auch der Grund dafür, dass ich nicht nur positive Begegnungen hatte. Oft wurde ein freundliches Merhaba meinerseits nicht erwidert, sondern man begegnete mir mit Ignoranz. Es war auch keine Seltenheit, dass man von Kopf bis Fuß gemustert wurde und dabei in unfreundliche und von Skepsis gezeichnete Gesichter blickte. Der Tiefpunkt war erreicht, als man unsere Fenster mit Steinen bombardierte. Glücklicherweise konnten deutsch-türkische Freunde das Anliegen der Nachbarn übersetzen. Es sei einfach unüblich in der türkischen Kultur seine Fenster nicht mit

5 Vorhängen bedeckt zu haben. Man würde die Ehre des Hauses beschmutzen, so der aufgebrachte Nachbar. Dies soll aber keineswegs das Verhalten der Einheimischen mir gegenüber pauschalisieren. Es gab bei uns im Haus genauso viel nette und offene Menschen, die einem einen schönen Tag gewünscht oder die Tür offen gehalten haben. Von einem Nachbarn, der wie sich im Nachhinein herausstellte selbst 30 Jahre in Hamburg lebte, sind wir am ersten Tag sogar direkt auf Deutsch begrüßt worden. Im Zeitverlauf ist man einer Reihe von Personen immer wieder begegnet und hat zu diesen Menschen eine besondere Beziehung aufgebaut. Sei es der Barbier, der Kioskbesitzer, der Chef im Fitnessstudio oder der Besitzer eines Fischgeschäfts. Sie alle haben sich darüber gefreut, mich als Ausländer regelmäßig wiederzusehen und haben ihre rudimentären Fremdsprachenkenntnisse immer wieder auf die Probe gestellt. Ab und zu war sogar bei ihnen ein Wort Deutsch dabei. Auch wenn man sich nicht wirklich verständigen konnte, waren dies nette und unvergessliche Begegnungen. Problematisch gestaltete sich der Erwerb der Aufenthaltsgenehmigung, des sogenannten Residence Permit. Nach Einreise in die Türkei ist dieser innerhalb eines Monats unter Vorlage des Studentenvisums in der Ausländerbehörde zu erwerben. Allerdings bekam ich erst einen Termin Anfang Dezember und die eigentliche Aufenthaltsgenehmigung erst Anfang Januar. Dies war vor allem ein Problem, da man ohne den Residence Permit nicht ein- und ausreisen darf und somit für mich fest eingeplante Reisen ausfallen mussten. Auch mein Heimaturlaub zu Weihnachten stand aufgrund des späten Termins auf der Kippe. Ich nahm allerdings das Risiko der Schwierigkeiten bei der Einreise in Kauf und hatte bei meiner Rückkehr Glück. Kostenpunkt für die Aufenthaltsgenehmigung waren noch einmal knapp 200 TL. Weitere Kosten entstehen, wenn man sein eigenes Handy aus Deutschland mitbringt und eine türkische Sim-Karte einsetzt. Nach ca. einer Woche wird das Handy dann automatisch gesperrt und kann nur durch Bezahlung einer Steuer von etwa 120 TL freigeschaltet werden. Ich verzichtete darauf und nutze im Notfall meine deutsche Sim-Karte, die trotz Sperrung funktionierte. In der Uni läuft alles etwas anders ab als in Deutschland. Zu allererst fallen die Eingangskontrollen am Campus auf, die mal strenger und mal gar nicht durchgeführt werden. Die Präsenz der Polizei vor Ort dient nicht in erster Linie der Sicherheit der Personen auf dem Campus, sondern vielmehr der Sicherheit der Regierung, die mittels Polizeikontrollen versuchen möchte die Verbreitung von oppositionellem Gedankengut zu verhindern. So konnte ich einmal miterleben, wie einem Studenten ein Stapel Flugblätter abgenommen wurde, auf denen vermutlich Kritik am Erdogan-Regime geäußert wurde. Die Vorlesungen finden eher in einer Art Klassenverbund statt. Bei etwa Studierenden wird man nahezu in jeder Veranstaltung eingebunden und zur aktiven Mitarbeit bewegt. Die einzelnen Fächer werden in Englisch und Deutsch angeboten. Bei meiner ursprünglichen Wahl hielten sich Deutsche und Englische Vorlesungen die Waage, da ich aber vor Ort umdisponieren musste, standen letztendlich vier deutsche und zwei englische Veranstaltung auf dem Learning Agreement. In der Regel findet in jedem Fach pro Woche eine Veranstaltung statt. Des Öfteren habe ich den Weg zur Uni allerdings vergeblich angetreten, da der Professor kurzerhand die Veranstaltung abgesagt hatte oder schlicht und einfach nicht in der Uni auftauchte. Das Niveau ist anspruchsvoll, wenngleich der Lernaufwand auch

6 aufgrund der Zwischenprüfung Anfang November geringer ist als in Deutschland. Zwischenund Finalprüfung machen jeweils 50% der Gesamtnote aus und die Themen, die in der Zwischenprüfung behandelt wurden, waren für die Finalprüfung nicht mehr relevant. Die Dozenten waren stets freundlich und haben auch außerhalb der Universität ihre Hilfe angeboten. Auffällig war, dass ich die einheimischen Studierenden oft zum ersten Mal in der Prüfung gesehen habe. In den Veranstaltungen, in denen keine Anwesenheitspflicht besteht, beschränkten sich einige Einheimische also auf ein Selbststudium. Parallel zu den Veranstaltungen, die der äquivalenten Abdeckung meiner Kurse an der Uni Bremen galten, habe ich einen Türkisch Sprachkurs besucht. Dieser wird auf dem Hauptcampus der Marmara Universität in Göztepe auf der asiatischen Seite Istanbuls angeboten. Es gab einen Kurs für Anfänger und einen Kurs für Fortgeschrittene. Die Einteilung fand in einem Einstufungstest statt, zu dem alle Erasmus Studenten der Uni erschienen. Der Kurs an sich hielt neben einigen sprachlichen Basics auch Informationen über die türkische Kultur bereit. Allerdings bedeutete der Besuch des Kurses auch immer einen immensen zeitlichen Aufwand für die An- und Abreise. So musste man pro Strecke immer etwa 1 ½ Stunden Fahrzeit einplanen. Dies nahm ich aber auch aufgrund der Besonderheit der Fährfahrt gerne in Kauf. Zum Türkisch Kurs ist noch zu sagen, dass die Dozentin ein immenses Tempo vorlegte. Man musste sich also entscheiden, ob man versuchte ihr zu folgen, oder die Notizen von der Tafel abschrieb. Beides zugleich war unmöglich. Es macht schon Sinn diesen Kurs zu besuchen, obgleich man auch auf der Straße oder von türkischen Kommilitonen einige Brocken der Sprache aufschnappen kann. Neben der Uni darf natürlich auch die Freizeitgestaltung nicht zu kurz kommen. Man kann in Istanbul jeden Tag etwas Neues entdecken und dafür dank des Akbils (PrePaid Fahrkarte) sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Entweder geht man der Geschichte der Stadt auf den Grund, indem man die monumentalen Bauwerke in der Altstadt besichtigt, bummelt über den großen Basar oder entflieht der Hektik der Großstadt mit einer Fahrt auf die Prinzeninseln. Die Inselgruppe liegt im Marmara Meer am Eingang des Bosporus und ist per Linienfähre in ca. einer Stunde zu erreichen. Die Fahrt kostet für Studenten nur wiederum nur 1 TL und lohnt sich definitiv für einen Badeausflug oder um einfach ein wenig zu entspannen. Allgemein muss man allerdings sagen, dass das öffentliche Nahverkehrsnetz noch nicht gut genug ausgebaut und infolge dessen hoffnungslos überlastet ist. Einen Sitzplatz in den Bahnen und Bussen zu ergattern ist nahezu aussichtlos und bedarf monatelangem Training. Oft beansprucht man seinen Platz nicht lange, da es in Istanbul üblich ist, Frauen oder Senioren die Sitzgelegenheit anzubieten. Auch Istanbuls Nachtleben hat sehr viel zu bieten. Vor allem an der belebten Istiklal Caddesi gibt es viele Bars, Restaurants und Clubs. Besonders gefallen hat mir die Gasse Nevizade in der es zahlreiche Pubs mit Live-Musik und typisch türkischen Getränken und Speisen gibt. Hier wird man Zeuge der türkischen Lebensfreude, die sich in extremer Lautstärke, Tanz und Raki äußert. An jedem Wochenende werden in den Clubs in Taksim Studentenevents angeboten, auf denen man gut feiern und viele Erasmus-Studenten und Einheimische treffen kann. Die beste Party allerdings fand direkt am Anfang des Semesters statt, als das ESN (Erasmus Student Network) Marmara eine 6-stündige Party On The Boat auf dem Bosporus

7 veranstaltete. Hier konnte man die ersten Kontakte mit den Kommilitonen knüpfen und aufgrund des speziellen Location einen unvergesslichen Abend verleben. Das Flair im Szeneviertel Ortaköy direkt an der großen Bosporus-Brücke wird mir auch in positiver Erinnerung bleiben. Mit einem kühlen Efes auf der Dachterrasse einer Bar sitzend den Sonnenuntergang und die vorbeifahrenden Schiffe zu betrachten hat durchaus seinen Reiz. Natürlich kam ich als Fußballfan in Istanbul auch voll auf meine Kosten. Zu verhältnismäßig geringen Eintrittspreisen bietet einem der türkische Fußball ein außergewöhnliches Spektakel mit einer einzigartigen Stimmung im Stadion. Neben dem Besuch der Spiele aller vier ansässigen Fußballklubs und eines Länderspiels war auch das Basketballspiel zwischen Galatasaray Istanbul und Bayern München ein besonderes Erlebnis. Alles in allem blicke ich auf eine einzigartige und lehrreiche Zeit in einer der schönsten Städte der Welt zurück. Primär wollte ich durch das Semester zwar meine Englisch- Kenntnisse verbessern, was leider nur bedingt möglich war. Stattdessen konnte ich aber persönliche Erfahrungen machen, die im Nachhinein mindestens genauso wertvoll sind. So arrangierte ich mich von Tag zu Tag immer mehr mit der türkischen Kultur und fand mich eigenständig in der größten Stadt Europas zurecht. Zwar kam das typische Erasmus-Leben mit all seinen Ausflügen, Reisen und Partys etwas kurz, dennoch konnte man in Istanbul jeden Tag etwas Neues entdecken und erleben. Wenn ich noch einmal vor der Entscheidung über ein Auslandssemester stehen würde, würde ich alles genauso machen. (Feuerwerk anlässlich des 90. Nationalfeiertags; aufgenommen von einem der unzähligen Schiffe auf dem Bosporus an diesem Tag)