PHILOSOPHIE DES GEISTES
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- Matilde Becker
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1 Franz von Kutschera PHILOSOPHIE DES GEISTES mentis PADERBORN
2 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem und alterungsbeständigem Papier ISO mentis Verlag GmbH Schulze-Delitzsch-Straße 19, D Paderborn Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zulässigen Fällen ist ohne vorherige Zustimmung des Verlages nicht zulässig. Printed in Germany Einbandgestaltung: Anna Braungart, Tübingen Satz: Rhema Tim Doherty, Münster [ChH] ( Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten ISBN
3 Vorwort Die Philosophie des Geistes ist heute eine der aktivsten philosophischen Disziplinen. Unzählige Tagungen und Veröffentlichungen befassen sich mit ihr. Dieser Aktivismus steht in einem merkwürdigen Kontrast zur Beschränkung des Horizonts der Disziplin. Sie betrifft alle drei Hauptthemen der Philosophie des Geistes: Wesen und Vielfalt der seelisch-geistigen Phänomene, das Leib- Seele-Problem als Frage nach ihrem Verhältnis zur physischen Welt und die Konsequenzen, die sich aus einer Antwort auf das Leib-Seele-Problem für unser Selbstverständnis ergeben. Die Philosophie des Geistes ist von Hegel eröffnet worden. Er hat das Geistige vor allem von seinen großen Schöpfungen her in den Blick genommen wie Sprache, Recht, Moral, Kunst, Wissenschaft und Religion. Die heutige Philosophie des Geistes beschränkt sich dagegen meist auf das Studium etwa jenes psychischen Lebens, das wir mit Maulwürfen teilen. Als einzelne Disziplin kann sie sich natürlich nicht mit allen Aktivitäten und Schöpfungen menschlichen Geistes befassen, sie sollte aber doch deren Vielfalt und Dimensionen im Blick behalten, wenn sie an ihrer Selbstbezeichnung festhalten will. Ebenso beschränkt ist der Horizont der Hauptströmung der heutigen Philosophie des Geistes bei der Erörterung des Leib-Seele-Problems. Die große Masse der Geistesphilosophen verfolgt noch immer das Ziel des Materialismus, Geist auf Gehirn zu reduzieren, das sich seit Langem als ebenso illusorisch erwiesen hat wie die Quadratur des Kreises. Alle Argumente gegen die Möglichkeit einer solchen Reduktion werden konsequent ignoriert. Wie die Vertreter der Hohlwelttheorie ist man immun gegen Kritik. Trotzdem behauptet man unverdrossen, der Materialismus sei die einzige wissenschaftliche Position zum Leib-Seele-Problem. Wegen ihrer Unhaltbarkeit sind endlich auch die Konsequenzen für das menschliche Selbstverständnis verfehlt, die man heute aus der materialistischen Antwort auf das Leib-Seele-Problem zieht. Nicht nur Freiheit wird zur Illusion erklärt, sondern absurderweise auch Ich und Bewusstsein, also das, was für uns am sichersten ist. Man fragt sich nicht einmal, wessen Illusion das denn sein soll; Illusionen sind ja falsche Ansichten und die können nur Wesen mit Bewusstsein haben. Man begreift offenbar auch nicht, dass man sich damit selbst zu einem Zombie erklärt, einem Wesen ohne Bewusstsein und Freiheit, das von äußeren Kräften bewegt wird und unfähig ist zu rationalem und verantwortlichem Reden und Tun. Während bis zu den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, als sich die Unhaltbarkeit des Materialismus deutlich abzeichnete, hervorragende Philosophen auf dem Gebiet der Philosophie des Geistes gearbeitet haben, lohnt ein großer Teil der seitdem erschienenen Literatur kaum mehr die Mühe ernsthafter Auseinan-
4 12 Vorwort dersetzung. Die Themen der Disziplin sind aber zu wichtig, als dass man sich mit ihrem gegenwärtigen Zustand abfinden könnte. Der erste Teil des Buches mit den Kapiteln 1 bis 3 beschäftigt sich mit dem ersten Hauptthema der Philosophie des Geistes. Es ist also von der Eigenart der seelisch-geistigen Wirklichkeit die Rede. Einen Schwerpunkt bildet dabei unsere Fähigkeit zur Reflexion, zur Thematisierung sowohl mentaler Akte wie ihrer Produkte, der abstrakten Gegenstände wie Begriffe, Propositionen, Mengen, Zahlen, Theorien, Normen usw. all dessen also, was Gottlob Freges»drittes Reich«und Karl Poppers»dritte Welt«ausmacht. In den Kapiteln 2 und 3 gehe ich auf Sprache und Mengenlehre ein. Für ein Buch über die Philosophie des Geistes ist das sicher ungewöhnlich. Die Sprache ist für die Philosophie des Geistes aber nicht nur wegen des engen Zusammenhangs von Sprechen und Denken wichtig, Sprache ist auch die Voraussetzung für die Entwicklung der Reflexion. Sprachliche Bedeutungen, Begriffe und Propositionen, sind ferner jene abstrakten Gegenstände, mit denen wir ständig zu tun haben. Schon bei ihrer Erörterung begründe ich eine konstruktive Auffassung abstrakter Gegenstände als Konstrukten des Denkens, die im folgenden Kapitel auf Mengen übertragen wird. Das Denken ist zweifellos ein zentrales Thema der Philosophie des Geistes, mit ihm drängen sich aber logische Themen auf die Logik ist ja die Theorie folgerichtigen Denkens. Die Mengenlehre ist keine mathematische Spezialdisziplin, sondern als Theorie der Begriffsumfänge Thema der Logik und zugleich Fundament der Mathematik. Die Mengenlehre ist darüber hinaus die am weitesten entwickelte Theorie abstrakter Gegenstände, so dass sich deren konstruktive Auffassung vor allem in ihr bewähren muss. Im zweiten Teil mit den Kapiteln 4 bis 7 geht es um den zweiten Themenkreis der Philosophie des Geistes, das Leib-Seele-Problem, das Verhältnis von Psychischem zu Physischem. Die Kapitel 4 bis 6 sind den drei klassischen Positionen zum Leib-Seele-Problem gewidmet: Materialismus, Idealismus und Dualismus. Dabei wird sich eine Form des Dualismus, der Polare Dualismus, als die am besten begründete Position erweisen. Da auch dieser Dualismus manche Fragen offen lässt, wird im 7. Kapitel die Frage erörtert, wie die Chancen stehen, über ihn hinaus zu kommen. Im Kapitel 8 endlich diskutiere ich das dritte große Thema der Philosophie des Geistes: Was tragen ihre Überlegungen zu unserem Menschenbild bei? Wie stellt sich von ihnen her insbesondere die klassische Vorstellung vom Menschen als Vernunftwesen dar? Die Philosophie des Geistes ist seit fast 30 Jahren mein hauptsächliches Arbeitsgebiet. Die Reihe meiner einschlägigen Bücher beginnt mit Grundfragen der Erkenntnistheorie (1981). Schon dort habe ich für einen»polaren«dualismus argumentiert, der Physisches und Psychisches als zwei verschiedenartige, aber voneinander abhängige und aufeinander bezogene Realitätsformen begreift. Die falsche Objektivität (1993) ist vor allem eine Kritik am Materialismus, darüber
5 Vorwort 13 hinaus aber auch an allen Konzeptionen, welche die gesamte Wirklichkeit als eine objektive Realität auffassen und damit die Einsicht Johann Gottlieb Fichtes ignorieren, dass es ohne Subjekte keine objektive Realität gibt. Die Kritik stützt sich vor allem auf das Argument, das ich später als»dimensionsargument«bezeichnet habe. In Die Teile der Philosophie und das Ganze der Wirklichkeit (1998) habe ich auf die Relevanz von Sprachphilosophie und Logik für die Philosophie des Geistes hingewiesen. Jenseits des Materialismus (2003) befasst sich mit dem Leib- Seele-Problem und plädiert wieder für einen polaren Dualismus, wobei ich mich für die Behauptung eines wesentlichen Bezuges der physischen auf die subjektive Realität auf die Quantenphysik stütze. Das Buch ist vor allem eine Kritik am Materialismus als der offiziellen Doktrin unserer Tage zum Leib-Seele-Problem. In den Wegen des Idealismus (2006) endlich habe ich auf die Grenzen des Dualismus hingewiesen und mit dem Entwurf eines transzendenten Idealismus einen Blick darüber hinaus versucht. Ich habe aber zugleich betont, dass sich nur der Polare Dualismus solide begründen lässt, während weiter gehende Ansätze hoch spekulativ bleiben. Die vorliegende Unersuchung enthält vieles, was ich schon in den früheren Büchern gesagt habe. Sie ist eine Zusammenfassung, zum Teil auch eine Vertiefung und Verdeutlichung dessen, was ich zur Philosophie des Geistes zu sagen habe. Die Lektüre dieses Buches erfordert keine speziellen Voraussetzungen, wohl aber die Fähigkeit zum kritischen Umgang mit wissenschaftlichen Texten. Eine Bekanntschaft mit Logik und analytischer Philosophie ist allerdings hilfreich. Ich habe mich bemüht, die Dinge nicht komplizierter darzustellen als sie sind, hatte aber nicht den Ehrgeiz, ein elementares Buch zu schreiben, ein Buch, das jedermann verstehen kann. Peter Strawson hat einmal gesagt:»there is no such thing as elementary philosophy.«wirklich einfach und allgemeinverständlich ist leider nur schlechte Philosophie. In guter Philosophie bemüht man sich, auf Gipfel zu gelangen, von denen aus man eine Übersicht über die zerklüftete Landschaft unseres Wissens hat. Nur hohe Gipfel bieten einen solchen Überblick und auf sie kommt man nur mit Kraft, Ausdauer und angemessener Ausrüstung. In einem anderen Bild: Was nicht schwer ist, ist kein Gold.
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