Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer. Murgänge. Daniel Weber. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft

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1 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge Daniel Weber Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft

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3 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge Daniel Weber Herausgeber Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Birmensdorf, 2004

4 Die vorliegende Arbeit entstand als Dissertation ETH Nr Verantwortlich für die Herausgabe: PD Dr. Mario F. Broggi, Direktor WSL Zitierung: Weber, D., 2004: Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge. Birmensdorf, Eidgenössische Forschungsanstalt WSL. 336 S. ISBN Zu beziehen bei: Bibliothek WSL Zürcherstrasse 111 CH-8903 Birmensdorf Fax CHF 30. Eidg. Forschungsanstalt WSL, 2004 Umschlag Vom bis ereigneten sich im Rufibach bei Steinhaus im Goms, Kanton Wallis, eine Serie von Murgängen, welche den Fluss Rotten auf mehreren Kilometern Länge aufstauten (vgl. S. 104, Kap. 7.2). Das Bild zeigt den 2. Schub des Murgangereignisses vom 6. Juli 1998 mit Blöcken von 50 bis 60 cm Durchmesser. Standort: oberhalb Dorfbrücke (1330 m ü.m.). Foto: Daniel Weber, WSL

5 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 3 Vorwort Murgänge gehören zu den Naturgefahren in Gebirgsregionen und treten in steileren Wildbachgebieten mehr oder weniger regelmässig auf. Dabei kommt es in bewohnten Gebieten immer wieder zu materiellen Schäden und auch zu Todesopfern. In der Schweiz wurde vor allem seit der 1990er Jahre dem Umgang mit Naturgefahren mehr Beachtung geschenkt und es wurden auch neue gesetzliche Vorschriften erlassen. Dabei zeigte sich, dass in der Gefahrenbeurteilung von Murgängen noch grosse Lücken bestehen. Der vorliegende Bericht ist das Ergebnis der Doktorarbeit von Daniel Weber, welche sich mit experimentellen Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge befasst. Im Gegensatz zu den meisten früheren Untersuchungen wurde dabei eine möglichst natürliche Murgangmischung mit breiter Kornverteilung verwendet und im Versuchsgerinne ein natürlicher Fliessquerschnitt mit erodierbaren Seitenufern nachgebildet. Bei den Versuchen wurde als wichtiger Parameter die Feststoffkonzentration über einen weiten Bereich variiert. Die Hauptziele der vorliegenden Untersuchung waren: 1) Identifikation der bestgeeigneten Modelle zur Beschreibung des Fliessverhaltens, 2) Untersuchung des Zusammenhanges zwischen Murgangabfluss und Erosionsverhalten, und 3) Untersuchung der Übertragbarkeit der Laborergebnisse auf natürliche Verhältnisse. Zur Beschreibung des Fliessverhaltens von Murgängen wurden bisher zahlreiche Ansätze vorgeschlagen, welche mittels den Modellannahmen entsprechenden Laborversuchen auch weitgehend verifiziert werden konnten. Ein Hauptproblem dabei ist, dass bei natürlichen Murgängen die Randbedingungen bezüglich dominierender Modellvorstellungen nicht bekannt sind. Daher lag ein Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit auf der Überprüfung bestehender Ansätze zur Beschreibung des Fliessverhaltens. Bezüglich des Erosionsverhaltens von Murgängen mit natürlicher Kornverteilung gibt es praktisch keine experimentellen Untersuchungen und auch nur wenige theoretische Arbeiten. Um unerwünschte und schwierig zu quantifizierende Skalierungseinflüsse möglichst klein zu halten, wurde ein grosser Versuchsmassstab gewählt. Als ein Hauptresultat zum Fliessverhalten zeigten sich Grenzen der Anwendungsbereiche einzelner existierender Ansätze. In der Auswertung wurde ein empirischer Ansatz entwickelt, wonach mit zunehmendem Feststoffgehalt eine kontinuierliche Zunahme des Fliesswiderstandes erfolgt. Dies ist ein für praktische Anwendungen wichtiges Resultat, das durch weitere Untersuchungen zu untermauern ist. Bei den Auswertungen der Messungen zum Erosionsverhalten zeigte sich eine grosse Streuung der Daten. Hauptsächlich aus zwei Gründen erwies sich eine detaillierte quantitative Auswertung als schwierig: Die Materialparameter zur Charakterisierung des Sohlenwiderstandes gegen Erosion konnten zu wenig gut untersucht und quantifiziert werden, und wegen experimentellen Beschränkungen waren die Murenschübe im Labor zu kurz bzw. hatten zu wenig Volumen im Vergleich zu Naturverhältnissen. Trotzdem konnte gezeigt werden, dass die Laborresultate tendenziell mit den Resultaten der weltweit einzigartigen Feldversuche in Kasachstan übereinstimmen. Als wichtige qualitative Beobachtung wurde festgestellt, dass der Frontdurchgang des Murenschubes eine Destabilisierung von Teilen des Bachbettes bewirkt, während die eigentliche Erosion und der Abtransport durch den flüssigeren hinteren Teil erfolgt. Die vorliegende Untersuchung wurde an der Eidg. Forschungsanstalt WSL in Birmensdorf als Teil des interinstitutionellen Projektes Debris Flow durchgeführt. An diesem Projekt waren auch das Laboratoire de méchanique des sols und das Laboratoire des structures et milieux continus, beide an der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), sowie die

6 4 Daniel Weber (WSL, 2004) Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETHZ) beteiligt. Das Projekt Debris Flow wurde vom ETH-Rat grosszügig finanziell unterstützt, wofür wir uns bedanken möchten. Im Weiteren danken wir auch dem Referenten der Dissertation, Prof. Dr. H.-E. Minor (ETHZ), sowie den Korreferenten Prof. Dr. L. Vulliet (EPFL) und Prof. Dr. T. Davies aus Neuseeland für die wertvolle Begleitung der Arbeit. Prof. Dr. D. Rickenmann Eidg. Forschungsanstalt WSL, Birmensdorf, Schweiz, und Universität für Bodenkultur, Wien, Österreich

7 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 5 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung Abstract Einleitung Zum Begriff Murgang Zum Begriff Rheologie Zum Begriff Erosion Ziele dieser Arbeit Rheologie und Fliessverhalten Einleitung Einphasenmodelle Der laminare Ansatz Stationärer Reinwasserabfluss im rauhen Bereich Empirische Ansätze Nicht-Newton'sche Ansätze Die unterschiedlichen Regimes Das Kornscherungsmodel Kombinierte Ansätze Anwendbarkeit und Grenzen dieser Modellansätze bei natürlicher Materialzusammensetzung Erosion Einleitung Modelle zur Beschreibung der Bodenerosion Universal Soil Loss Equation (USLE) Das numerische Modell CREAMS Andere Modelle Physikalische Untersuchungen zur Bodenerosion Transportbeginn Einleitung Ansätze nach Shields Auf eine kritische Schergeschwindigkeit bezogene Ansätze Ansätze nach Schoklitsch Sedimenttransport Formel von du Boys ETH-Formeln... 60

8 6 Daniel Weber (WSL, 2004) Das Verfahren nach Wan und Wang (1994) Der vereinfachte Ansatz Erosionsleistung von Murgängen Die Abschätzung der maximalen Geschiebefracht nach Kronfellner- Kraus Der Ansatz nach Hampel Die russischen Feldexperimente im Chemolgan-Bach Anwendbarkeit und Grenzen dieser Ansätze auf die Erosionsleistung von Murgängen Eigenschaften natürlicher Murgangmaterialien Einleitung Geotechnische Eigenschaften natürlicher Murgangmaterialien Korngrössenverteilung Der effektive Reibungswinkel Rheologische Parameter natürlicher Murgangmaterialien Schlussfolgerungen Skalierung Modellgesetze Reynold sches Modellgesetz Froude sches Modellgesetz Ähnlichkeitsbedingungen für Reinwassergerinneströmungen Ähnlichkeitsbedingungen bei Murgängen Schlussfolgerungen bezüglich Durchführung physikalischer Modellversuche Das Versuchskonzept Im Labor verwendete Materialien Anforderung Eigenen Analysen von natürlichen Murgangmaterialien Korngrössenverteilung Stabilitätswinkel Die Versuchsmaterialien Korngrössenverteilung und Stabilitätswinkel Maximale Lagerungsdichte und effektiver Reibungswinkel Schlussfolgerungen bezüglich der Verwendung der beiden Materialien im Labor Die Laboreinrichtung Der Versuchsstand Der Startbehälter Die Beschleunigungsstrecke Der Messkanal

9 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge Die Messausrüstung Überblick Die Datenerfassung der On-line-Geräte Das Murgangsystem Das Videosystem Das Topographiesystem Das Bewässerungsmesssystem Off-line Messgeräte Die Bewässerung Versuchsablauf Erfasste Parameter und ihre Genauigkeit Überblick Die erfassten Parameter Die globalen Parameter Die Startparameter Die Gerinneparameter Die Bewässerungsparameter Die Abflussparameter Die Erosionsparameter Fehlerbetrachtung Die Massenangaben Die Volumenangaben Die Geschwindigkeitsangaben Die Abflusstiefen Die Wellenbreite bei Maximalabfluss Der hydraulische Radius Korrektur der Wandreibung Die Druckmessungen Schlussfolgerungen bezüglich der Güte der Messungen Messergebnisse Die Versuchsbezeichnungen Die Maximalabflusstiefen Die Maximalabflusstiefen der Serie Die Maximalabflusstiefen der Serie Die Maximalabflusstiefen der Serie Fazit betreffend die lokalen Abflusstiefen Die Abflussgeschwindigkeiten Die Abflussgeschwindigkeiten der Serie Die Abflussgeschwindigkeiten der Serie Die Abflussgeschwindigkeiten der Serie Fazit betreffend Abschnittsgeschwindigkeiten

10 8 Daniel Weber (WSL, 2004) 10.4 Die Druckmessungen Die Erosionsleistung der Murgänge Schlussfolgerungen bezüglich der Verwendung der Messresultate als Grundlage einer weiterführenden Analyse Auswertung zur Rheologie Korrelationen der Mittelwerte Bestimmung der Mittelwerte und Vergleich mit den Einzelmessungen Korrelation Frontgeschwindigkeit - Maximalabflusstiefe Korrelation Frontgeschwindigkeit - Wassergehalt der Startmischung Korrelation Frontgeschwindigkeit - Gerinneneigung Abhängigkeit der Abflussspitze von der Ereignisgrösse Anwendbarkeit der verschiedenen Modellansätze Einleitung Laminarer (makroviskoser) Ansatz Dilatanter Ansatz Turbulente Ansätze Optimierte Ansätze Bingham Ansatz Beurteilung der Ansätze und Schlussfolgerungen Auswertung zur Erosion Randeffekt bei der Gerinnevermessung Korrelationen Korrelation Erosionsvolumen Neigung Korrelation Erosionsvolumen Startvolumen Korrelation Erosionsvolumen Wasservolumen der Startmischung Vergleich mit Geschiebetransportformeln Regressionsanalyse Betrachtung bezüglich Sohlenbeanspruchung Analyse der eigenen Laborversuche Vergleich mit Naturdaten Schlussfolgerungen bezüglich der Erosionsleistung von Murgängen Schlussfolgerungen und Ausblick Versuchsaufbau und Skalierung Zum Fliessverhalten granularer Murgänge Zum Erosionsverhalten von Murgängen Referenzen Dank

11 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 9 Liste der benutzten Symbole Anhang

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13 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 11 Zusammenfassung Murgänge sind ein Massenverlagerungsprozess, bei dem sich meist in gebirgigen Lagen ein Gemisch aus Feststoffen und Wasser wellenförmig talwärts bewegt. Die Art des Abflusses hängt dabei wesentlich vom Verhältnis der festen und flüssigen Phase ab, aber in eben solchem Masse auch von der Zusammensetzung der Feststoffe. Handelt es sich nur um Feinmaterial, beobachtet man ein schlammstromartiges Abflussverhalten. Dominieren grobe Komponenten, erfolgt der Abfluss eher walzen- oder raupenartig und man spricht von granularem Verhalten. Solche Murgänge verursachen immer wieder grosse Schäden mit entsprechenden finanziellen Folgen oder gar Verlusten von Menschenleben. Im Rahmen dieser Arbeit werden in physikalischen Modellversuchen zwei Aspekte von Murgängen untersucht: einerseits das Fliess- und andererseits das Erosionsverhalten, beides entlang der (steilen) Transitstrecke zwischen Anriss- und Depositionsgebiet. Grundvoraussetzung und wesentlicher Unterschied zu den meisten Laboruntersuchungen ist die Verwendung einer möglichst natürlichen Materialmischung und damit die Realisierung möglichst natürlicher Bedingungen überhaupt. Da Murgängen in der Schweiz in der Mehrzahl eine granulare Materialzusammensetzung aufweisen, beschränken sich die Untersuchungen auf diesen Materialtyp. Bei den Experimenten kamen zwei Materialien zum Einsatz, wobei die meisten Versuche mit Material aus einem murfähigen Wildbach durchgeführt wurden. Daneben wurden systematisch die Anfangsbedingungen wie Neigung, Schubvolumen und Wassergehalt der Startmischung verändert. Mit diversen Messinstrumenten wurden Abflussparameter erfasst sowie die Gerinnetopographie vermessen. Rund 170 Experimente wurden durchgeführt und ausgewertet. Bezüglich Fliessverhalten zeigen die vier für Murgänge häufig vorgeschlagenen Grundmodelle laminares bzw. turbulentes Fliessen, Bingham-laminares Verhalten sowie ein Kornscherungsmodell Grenzen in ihrer Anwendbarkeit auf. So scheint laminares Fliessen eher im Falle hoher Feststoffkonzentrationen anwendbar zu sein, jedoch bleiben Fragen bezüglich dem Fliessbeiwert (in diesem Falle der Zähigkeit) bzw. der Übertragbarkeit auf natürliche Ereignisse offen, da verlässliche Angaben zur Zähigkeit natürlicher Materialmischungen fehlen. Gleiches gilt auch für das Bingham-laminare Modell, wobei hier für eine Interpretation der Resultate für die im Fliessbeiwert zusätzlich vorhandene Grenzschubspannung weitere Annahmen zu treffen sind. Obwohl beim Kornscherungsmodell die Feststoffkonzentration der Materialmischung explizit im Beiwert enthalten ist, zeigt sich dennoch eine Abhängigkeit über den gesamten Konzentrationsbereich. Offenbar äussert sich die Konzentrationsabhängigkeit bei Korngemischen markanter als bei gleichförmigem Material; die inneren Verluste durch den Kontakt der Einzelkörner nehmen mit zunehmender Konzentration stärker zu. Wie erwartet zeigt sich auch beim turbulenten Ansatz eine deutliche Konzentrationsabhängigkeit des Fliessbeiwerts. Basierend auf einem dimensionslosen Chézy-Ansatz und um einen Konzentrationsterm ergänzt wird schliesslich ein einfacher neuer Ansatz zur Geschwindigkeitsabschätzung von Murgängen postuliert. Aussagen bezüglich der Erosionsleistung sind aufgrund der Datenbasis weniger eindeutig zu machen. Die Verwendung eines natürlichen Materials mit breiter Korngrössenverteilung verursacht bereits eine gewisse Streuung der Daten, da sich damit im kleinräumigen Labormassstab keine homogenen Bedingungen garantieren lassen. In solch grobem Lockermaterial sind repräsentative Messungen nur schwer zu realisieren. Es wird eine Beziehung hergestellt zwischen dem Erosionsvolumen eines Murschubes und einem Sohlenbelastungsterm, welcher das Volumen und die Dichte der Welle sowie mit der Neigung die Exposition des Gerinnes beinhaltet.

14 12 Daniel Weber (WSL, 2004) Der Vergleich der normierten Beziehung mit den Ergebnissen russischer Feldversuche im Prototypmassstab zeigt einerseits die gleichen Tendenzen, andererseits aber auch die Grenzen der Skalierung was die Schubvolumen und damit die Gesamtdauer der Abflüsse betrifft. Trotz neuer Erkenntnisse zum Fliess- und Erosionsverhalten sind auch zusätzliche neue Fragen aufgetaucht. So drängt sich bei der Abflussbeziehung die Frage auf, inwieweit die Konzentrationsabhängigkeit selbst von der Materialzusammensetzung abhängig ist. Wie ist der Einfluss eines grösseren Feinanteils oder die Abwesenheit von groben Partikeln? Bezüglich der Erosionsleistung sind bei zukünftigen ähnlichen Untersuchungen noch grössere Anstrengungen hinsichtlich kontrollierter Bedingungen beim Bachbett nötig. Dies betrifft sowohl Einbau und Bewässerung als auch die Überwachung der Feuchtigkeitsverteilung innerhalb des Bodenkörpers. Dazu sind allerdings zusätzliche Verfahren zu entwickeln, die auch bei der Anwendung im (groben) Lockermaterial korrekte Ergebnisse erzielen.

15 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 13 Investigations into the flowing and erosional behaviour of granular debris flows Abstract Debris flows are a mass displacement process, usually occurring in mountainous regions, in which a mixture of solids and water runs down the valley in a wave-like motion. The flow behaviour depends chiefly on the proportion of solids and liquid, but is also equally dependent on the composition of the solid matter. If the solids are composed only of fine-grained material, a sludge-type of run-off behaviour is observed. If there are only coarse-grained components, the run-off is more drum-like or caterpillar-like and is known as granular flow'. Such debris flows can cause extensive damage with heavy financial consequences or even loss of life. Within the scope of this thesis, two aspects of debrisflows were examined in physical model tests - namely the flow and the erosion behaviour, both along the (steep) transit stretch between the initiation zone and deposit area. The use of a near natural material mix to achieve most natural conditions formed the basic principle and essential difference to most laboratory examinations. Debris flows in Switzerland are mostly of granular material composition, the examinations therefore were restricted to this type of material. Two materials were used in the experiments, whereby most trials were carried out with material from a debris flow torrent. Besides this, the initial conditions such as slope angle, surge volumes and water content of the start mixture were systematically altered. Using various measuring instruments, the run-off parameters were recorded, and also the flume bed topography was measured. Some 170 experiments were undertaken and analysed. The four basic models frequently recommended for debris flows laminar or turbulent flow, Bingham-laminar behaviour and also a grain-shear model display limits in their application with regard to flow behaviour. It appears that laminar flow is more often applied in cases of high solids concentration, whereby questions remain unanswered regarding the flow coefficient (in this case the viscosity) or the transferability to natural events, since reliable information regarding viscosity of natural material mixtures is missing. The same is also true for the Bingham-laminar model, although for interpretation of the results further assumptions have to be made for the shear stress which is additionally present in the flow coefficient. Although in the grain-shear model the solids concentration of the mixture is explicitly present in the coefficient, there is a further dependency over the whole concentration area. The concentration dependency is apparently more prominent in grain mixes than in uniform materials; the internal losses caused by grain contacts become greater in ratio to the increase in concentration. As expected, even with a turbulent model there is a clear concentration dependency of the flow coefficient. Based on a dimensionless Chézy approach and supplemented by a concentration term, a simple new approach to run-off velocity estimation for debris flows is postulated. Conclusions pertaining to erosion performance based on the experimental data are less clearcut. The application of a natural material with wide grain-size distribution already causes a certain scatter of data, since no homogenous conditions can be guaranteed in the restricted space of a laboratory flume. In such coarse loose material any representative measurements are difficult to achieve. A relationship is established between the erosion volume of a debris flow

16 14 Daniel Weber (WSL, 2004) surge and a 'bed stress term' that incorporates surge volume and density, as well as inclination of the watercourse. In comparing the normalised relationship with the results of Russian field experiments on prototype scale, on the one hand the same tendencies are indicated, but there are also limits visible regarding scaling of surge volumes, and the duration of the discharges. As well as new findings on flow and erosion behaviour, new questions have also emerged. The question arises about the flow relationship and how far the concentration dependency itself is dependent on the material composition. What is the influence of more fines or the absence of coarse particles? Concerning erosion performance, similar studies in future will call for even greater efforts with controlled conditions at the riverbed. This includes assembly and irrigation as well as supervision of moisture distribution within the river bed. Additional procedures, however, must be developed for this, which will also achieve correct results when used in (coarse) loose material. Keywords: granular debris flows, erosion, entrainment, flume tests, flow laws, friction laws, sediment concentration

17 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 15 1 Einleitung 1.1 Zum Begriff Murgang Mure [bair., zum selben Stamm wie >morsch<, >mürbe<] die, -/-n, Murbruch, Murgang, Schlammstrom, Schlamm- und Gesteinsstrom in Gebirgen, der meist mit Gewalt zu Tal geht und grosse Schuttkegel ablagert. Muren entstehen, vor allem bei Schneeschmelze sowie nach Starkregen, durch Gleiten stark wasserdurchtränkten Gehängeschutts (trockene Mure) oder bei Hochwasser durch Überflutung des Flussbetts, wobei Gesteinsblöcke, Schotter und Erde mitgerissen werden (nasse Mure). Tonreiche, stark quellende Böden (wie in den Schieferzonen der Alpen) begünstigen die Bildung von Muren, ebenso steile Hänge und grosser Schuttreichtum bei nicht geschlossener Vegetationsdecke (mediterrane Gebirge, auch Südalpen). Der Murenschutt ist entsprechend seiner Entstehung ungeschichtet und unsortiert; in verfestigter Form kommt er (aus anderen Klimaperioden) als Fanglomerat vor. Die Muren benutzen meist bestimmte Bahnen, so dass man ihrer verheerenden Wirkung i. d. R. aus dem Weg gehen kann. (Brockhaus-Enzyklopädie, 1991) In dieser Definition nach der Brockhaus-Enzyklopädie (1991) sind die wesentlichsten Punkte enthalten, die einen Murgang charakterisieren. Als Murgang wird ein Gemisch aus Wasser und Feststoffen bezeichnet, welches mit zum Teil beträchtlicher Geschwindigkeit talwärts fliesst und im flacheren Gelände unterhalb des Gefällsknicks als Schuttkegel ablagert. Bei den Feststoffen handelt es sich um Bodenmaterial unterschiedlichster Grösse, vom blockigen Gehängeschutt bis zur feinsten Fraktion der Tone. Da diese Gerölllawinen meist den Bachläufen folgen, wird auch das darin liegende Totholz und Geschiebe weiterverfrachtet. Je nach Einzugsgebiet sind die Dimension und Zusammensetzung, und damit die Fliesseigenschaften, dieser Mischungen ganz unterschiedlich. Generell besteht eine Murgangmischung aus den drei Komponenten Wasser, Feinmaterial und grobe Steine. Diese können jeweils in unterschiedlichen Mengen vorhanden sein und beeinflussen so das physikalische Verhalten der Mischung. So kann das Fliessverhalten von Murgängen in ein und demselben Einzugsgebiet rein aufgrund eines unterschiedlichen Wassergehalts komplett verschieden sein. In Abbildung 1-1 sind verschiedene Massenverlagerungsund Massentransportprozesse in Abhängigkeit der involvierten Komponenten dargestellt. Prinzipiell kann natürlich jede Komponente für sich allein verlagert werden. Im Falle von Wasser kann das als stetiger Abfluss in einem Fluss oder Wildbach geschehen oder auch in Form einer sogenannten Dammbruchwelle. Dabei handelt es sich um einen instationären Abfluss, der sich durch einen markanten Pegelanstieg mit darauffolgendem, in der Regel langsamerem, Pegelrückgang auszeichnet. Wie der Name sagt, stellen sich solche Abflüsse bei Dammdurchbrüchen ein. Dabei kann es sich um künstliche Dämme, beispielsweise von Stauseen, oder um Verklausungen handeln. Als Erdrutsch bezeichnet man eine Verlagerung von hauptsächlich feineren Materialkomponenten. Es ist klar, dass in einem natürlichen Boden ein gewisser Wasser- und je nach Bodentyp auch Gesteinsanteil vorhanden ist. Die Mischung wird aber durch die feineren Komponenten

18 16 Daniel Weber (WSL, 2004) dominiert. Im Gegensatz dazu werden bei einem Bergsturz vor allem grobe Steine verlagert. Allenfalls vorhandenes Kluftwasser macht höchstens einen marginalen Anteil aus. Abbildung 1-1: Materialzusammensetzung verschiedener Massenverlagerungsprozesse (nach Phillips und Davies, 1991, modifiziert) Von den drei erwähnten Hauptkomponenten wirkt nur das Wasser als Transportmedium. Je nach Art der transportierten Feststoffe spricht man von Schwebstoff- bzw. Sedimenttransport. Beim ersteren werden nur feine Partikel verlagert. Beim Geschiebetransport werden wegen ihrer Grösse einzeln erkennbare Partikel transportiert. Je nach Abfluss und Gefälle können auch sehr grosse Steine verlagert werden, z. B. in einem Wildbach. Wie oben erwähnt, besteht ein Murgang aus einer Mischung all dieser drei Komponenten. Entsprechend ist dieser Prozess im Zentrum der Dreiecksgraphik zu finden (Abbildung 1-1). Wird der Feststoffanteil fast ausschliesslich durch Feinmaterial gebildet, spricht man von einem Schlammstrom (engl. mudflow) respektive von Lahars, wenn es sich um vulkanisches Material (vor allem Asche) handelt. Dominieren grobe Komponenten die Mischung bezeichnet man die Murgänge als granular. Murgänge sind ein Phänomen des Gebirges. Frostsprengung und Verwitterung produzieren zum Teil ausgedehnte, nicht sehr stark konsolidierte Schuttfelder. Vielerorts sind Moränen vorhanden, welche weniger stabil sind als anstehender Fels und deshalb auch erosionsanfälliger. Durch den Rückzug der Gletscher vergrössert sich dieser Anteil noch. Ansteigende Jahresdurchschnittstemperaturen beeinträchtigen auch das sensible Gleichgewicht von Permafrostböden. Da es sich dabei um gefrorenes Lockergestein handelt, wird durch das Auftauen die Stabilität reduziert und das Risikopotential bezüglich Murgängen erhöht. Bei den meisten Murgängen der Schweiz handelt es sich um sogenannte granulare Murgänge, deren Feststoffanteil im Bereich der Front hauptsächlich aus blockigem Material besteht. Vereinzelt kommen aber auch Murgänge mit einem beträchtlichen Teil an Feinmaterial vor.

19 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 17 Im Gegensatz dazu stehen beispielsweise die sogenannten Lahars (vgl. Pierson, 1985). Das sind riesige Murgänge in vulkanischem Gebiet, wo Depots von Auswurfmaterial vor allem Asche und feine Komponenten bei heftigen Regenereignissen mobilisiert werden. Die Zusammensetzung der Feststoffe aus vornehmlich Feinpartikeln ergibt eine crèmige Konsistenz der Mischung und bestimmt so das Abflussverhalten als eher schlammartig. Man gebraucht in diesem Zusammenhang den Ausdruck Schlammstrom. Als weiteres Beispiel sei das Einzugsgebiet des Jiangjia Ravine, China erwähnt, welches zu einem Grossteil aus Schiefergestein besteht (Kang und Zhang 1981; Kang und Tang, 1985). Dieses verwittert stark. Bei den alljährlich zur Regenzeit auftretenden gewaltigen Murgänge wird das Material zusätzlich mechanisch beansprucht und weiter verkleinert. Wegen des dominierenden Feinanteils ist auch in diesem Fall der Begriff Schlammstrom angebracht. Liegt der Entstehungsort für die verschiedenen Typen durchwegs in steilen Lagen, so sind doch die Auslaufdistanz und damit das Ablagerungsgebiet wesentlich von der Zusammensetzung des Gemisches und vom Gesamtvolumen eines Ereignisses abhängig. Deshalb ist der Begriff Murgang eher als Sammelbegriff zu verstehen, der, ganz abgesehen von der natürlichen Streuung, weder Auskunft über die Ereignisgrösse noch über die Fliesseigenschaften gibt. 1.2 Zum Begriff Rheologie Rheologie die, -, Fliesskunde, Teilgebiet der Physik, das sich mit den Erscheinungen befasst, die bei der Deformation und beim Fliessen flüssiger, kolloidaler (hochpolymerer) und fester Systeme unter Einwirkung äusserer Kräfte auftreten. Die Rheologie sucht die dabei auftretenden Gesetzmässigkeiten und ihre Abhängigkeit von der physikalischen und chemischen Struktur der fliessfähigen Stoffe durch rheologische Zustands-, Stoff- und Materialgleichungen zu beschreiben, d. h. Beziehungen zwischen den wirkenden mechanischen Spannungen und den kinematischen Grössen der Deformation bzw. Strömung herzustellen sowie den durch Hysterese, Nachwirkungen bzw. Relaxation gekennzeichneten zeitlichen Ablauf zu beschreiben. Diese Gleichungen werden entweder mikrophysikalisch (z. B. von Platzwechselvorgängen der Atome bzw. Moleküle ausgehend) mit Hilfe statistisch-mechanischer Methoden begründet (Mikro- oder Strukturrheologie, statistische Rheologie)) oder phänomenologisch im Rahmen der Kontinuumsmechanik unter Zugrundelegung geeigneter Modelle bzw. Modellsubstanzen hergeleitet (Makrorheologie). In der Rheodynamik (angewandte Rheologie) gibt man die Stoffeigenschaften vor und befasst sich mit den Deformations- bzw. Fliessfeldern, die sich bei vorgegebenen Randbedingungen ergeben. (Brockhaus-Enzyklopädie, 1992) Wie der Ausdruck Murgang ist auch der englische Begriff debris flow als Sammelbegriff zu verstehen. Bereits Sharp und Nobles (1953) erwähnten diesen Umstand in ihrer Beschreibung einer Serie von Ereignissen in Wrightwood, Süd-Kalifornien von In neuerer Zeit wurden mehrere Vorschläge zur Einteilung und begrifflichen Charakterisierung solch unterschiedlicher Gemische gemacht. Neben der Zusammenstellung verschiedener Einteilungen bei Bradley (1986) ist im ersten Report des European Commission Environment Programm von 1996 (Corominas et al., 1996) auf die Einteilung nach Pierson und Costa (1987) verwiesen (Abbildung 1-2). Ihre Klassifikation ist einerseits von der mittleren Fliessgeschwindigkeit des Gemisches abhängig, andererseits auch von der Sedimentkonzentration. Beide Parameter hängen ihrerseits wieder von der Kornverteilung ab. Damit basiert Ihre Einteilung und Nomen-

20 18 Daniel Weber (WSL, 2004) klatur auf dem Fliessverhalten, d. h. der rheologischen Eigenschaft, dieser Wasser-Feststoffgemische. SEDIMENT CONCENTRATION [VOL. %] 0 A B C FLUID. GRAN. FL. Velocity never measured or estimated STURZSTROM HYPERCONCENTRATED STREAMFLOW INERTIAL SLURRY FLOW DEBRIS AVALANCHE INERTIAL GRANULAR FLOW 10-1 NORMAL STREAMFLOW GRAIN FLOW MEAN VELOCITY [m/s] No mechanism to suspend sediment DEBRIS FLOW VISCOUS SLURRY FLOW VISCOUS GRANULAR FLOW EARTH FLOW SOLIFLUCTION MASS CREEP FLUID TYPE NEWTONIAN NON-NEWTONIAN INTERSTITIAL FLUID WATER WATER + FINES WAT.+AIR+FINES FLOW CATHEGORY STREAMFLOW SLURRY-FLOW GRANULAR FLOW FLOW BEHAVIOUR LIQUID PLASTIC Abbildung 1-2: Rheologische Klassifizierung von Sediment-Wasser- Gemischen. Die Vertikalen A, B und C markieren jeweils die Begrenzung unterschiedlichen rheologischen Verhaltens. Sie sind eine Funktion der Korngrössenverteilung (in dieser Abbildung wird von einer groben, schlecht sortierten Mischung ausgegangen). Von links nach rechts: Linie A markiert den Beginn einer Grenzfestigkeit; Linie B gibt einen plötzlichen, sprunghaften Anstieg der Grenzfestigkeit an, welche die statische Suspension gröberer Partikel erlaubt und den

21 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 19 Mischung ein flüssigkeitsähnliches Verhalten ermöglicht; Linie C schliesslich gibt die obere Grenze dieses flüssigkeitsähnlichen Verhaltens an. Die horizontalen Geschwindigkeitsbegrenzungen, ebenfalls Funktionen der Korngrössenverteilung und Feststoffkonzentration sowie der Materialdichte, sind durch die Art und Weise bestimmt, wie während dem Abfluss die Spannungen zwischen den Partikeln übertragen werden. (nach Pierson und Costa, 1987, ihre Abbildung 2) In Abbildung 1-2 ist die vertikale Unterteilung in die vier Konzentrationsbereiche nicht mit konkreten Werten angegeben, da die Grenzen sehr stark vom Tongehalt abhängig sind. Die Graphik ist für eine grobe, schlecht sortierte Korngrössenverteilung gezeichnet. Mit höherem Feinanteil verschieben sich die Grenzen in der Graphik nach links, fehlt dieser hingegen ganz, kann sich die Linie A bis zu einem Feststoffanteil von 50 % nach rechts verschieben (Pierson und Costa, 1987). Die im Englischen verwendeten Begriffe Mudflow und Mudflood kritisieren die beiden insofern, als dass damit bereits Angaben über die Materialzusammensetzung gemacht würden, die nicht unbedingt richtig sein müssen. So schlagen sie vor that the more general term debris flow be used instead, with appropriate descriptive adjectives when specifics are required. (Pierson und Costa, 1987) Die Schwierigkeiten bezüglich einer akkuraten Bezeichnung dieser verschiedenen Abflusstypen wiederspiegelt letztlich die Tatsache, dass bis heute die physikalischen Prozesse beim Abfluss eines solchen Gemisches nicht eindeutig identifiziert sind. Während für Flüssigkeiten unterschiedliche rheologische Modelle zur Verfügung stehen und in der Bodenmechanik das Modell nach Mohr-Coulomb eine zufriedenstellende Näherung für Stabilitätsbetrachtungen von Böden (feste Phase) bietet (Terzaghi et al., 1996), sind beim Abfluss von Fest/Flüssig-Gemischen insbesondere die Interaktionen der beiden Phasen unbekannt. Zur Modellierung von Murgängen werden denn auch oft flüssigkeitsbasierte Ansätze vorgeschlagen (beispielsweise Naik, 1983; Hunt, 1994; Whipple, 1997), bei denen die Parameter entsprechend anzupassen sind. Allein, bis heute war es nicht möglich, die zur Berechnung notwendigen Parameter eines realen Murgangs messtechnisch zu bestimmen. Andere Ansätze berücksichtigen dagegen hauptsächlich die Interaktion der einzelnen Feststoffkörper (Bagnold, 1954; Takahashi, 1981, 1991a). Auch Kombinationen von flüssigkeits- und feststoffbasierten Ansätzen wurden vorgeschlagen (O'Brien und Julien, 1985). Nach Tognacca (1999) ist es weiterhin noch ein Streitpunkt, ob Murgänge eine Massenbewegung oder bereits ein Massentransport sind. Im Unterschied zur Massenbewegung ist für den Massentransport das Vorhandensein eines Transportmediums, in diesem Falle Wasser respektive eine Suspension von Wasser und Feinmaterial, nötig. Ein Felssturz ist demnach ganz klar eine Massenbewegung, ebenso ein Erdrutsch, obwohl hier bereits das (gebundene) Wasser im Boden drin von entscheidender Bedeutung sein kann. Letzten Endes ist die Wahl des einen oder anderen Begriffs davon abhängig, ob man das Murganggemisch als eine Masse oder als Interaktion von Fest- und Flüssigphase interpretiert. Als Unterscheidung dieser Phänomene könnte zusätzlich der Geschwindigkeitsgradient hinzugezogen werden. Spricht man von Fliessen, bedeutet dies nämlich nichts anderes, als dass im Medium ein Geschwindigkeitsgradient vorhanden ist, was ein Abscheren einzelner Schichten innerhalb der bewegten Masse möglich macht. Bei einer Massenbewegung ist ein solcher Gradient auf die Trennfläche zwischen bewegter und verbleibender Masse beschränkt (Abbildung 1-3).

22 20 Daniel Weber (WSL, 2004) z z Bachsohle / Gleithorizont v(z) a) b) v(z) Abbildung 1-3: Schematische Darstellung des Geschwindigkeitsprofils in Hauptbewegungsrichtung in a) einem Murgang und b) einem Erdrutsch. 1.3 Zum Begriff Erosion Erosion [lat. zu erodere, >ausnagen<] die, -/-en, Geomorphologie: im internationalen Sprachgebrauch i. w. S. für Abtragung gebraucht; im Deutschen vorzugsweise für die linear wirksame, einschneidende und ausräumende Tätigkeit fliessenden Wassers (fluviale Erosion). Durch Reibung, Stosskraft und Geschiebeführung werden Flussrinnen in die Tiefe und Breite erweitert, und es entsteht ein Tal. Man unterscheidet daher Tiefenerosion (Talvertiefung) von Seitenerosion (Talverbreiterung). Beide können für sich oder gemeinsam wirken. Die Tiefenerosion wird verursacht durch die Schwerkraft, angeregt durch Hebung der Landoberfläche und verstärkt an Engstellen, die sich vor allem an harten Gesteinsriegeln bilden. Sie bewirkt den Ausgleich des Flusslängsprofils durch Rückverlegung von Gefällstufen, sie schreitet dabei stromaufwärts gegen die höher gelegenen Teile des Flussbettes vor (rückschreitende Erosion). Durch die Seitenerosion werden die Talhänge und Ufer unterschnitten sowie die Flussbetten verbreitert. Sie wird hervorgerufen durch stossweise Wasserführung, Hochwasser und Pendeln des Stromstrichs, vor allem beim Mäandrieren. Bei erneuter Tiefenerosion (besonders nach zwischenzeitlicher Akkumulation) bleiben oft Reste des ehemaligen Talbodens als flache Teile der Talgehänge in Form von Erosionsterrassen ( Terrassen) erhalten. Die absolute Erosionsbasis ist das Endniveau der Tiefenerosion, letztlich das Mündungsniveau der Flusssohle ins Meer; die lokale Erosionsbasis ist das Mündungsniveau in den Hauptfluss oder in einen See; sie kann aber auch durch eine Talstufe gebildet werden. Zum Erosionsschutz Bodenerosion. (Brockhaus-Enzyklopädie, 1988) 1 Wie die vorangegangenen Kapitel deutlich zeigen, ist das Fliessverhalten von Murgängen wesentlich durch die Materialzusammensetzung geprägt. Das vorhandene Lockermaterial wird 1 Hier wird nur die geomorphologische Bedeutung des Begriffs Erosion zitiert. Die Brockhaus- Enzyklopädie (1988) gibt noch weitere Definitionen für die Gebiete Fertigungstechnik, Grundbau, Medizin und Werkstoffkunde an.

23 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 21 durch die lokale Geologie und die Prozesse, die den anstehenden Fels zerkleinern, bestimmt. Diese Prozesse sind beispielsweise Frostsprengung, Felsstürze und Verwitterung. Je nach dem welchen Prozessen dieses Material anschliessend unterworfen wird, beispielsweise Übergletscherung, ändert sich dessen bodenmechanischen Eigenschaften. Die Durchmischung dieser Feststoffe mit Wasser kann grundsätzlich auf zwei Arten erfolgen: i) infolge eines Hangrutsches, ii) infolge progressiver Erosion (Johnson und Rodine, 1984). Im ersten Fall erfolgt durch Wasserzufuhr oder Porenvolumenreduktion eine Wassersättigung einer ungesättigten Masse. Beim zweiten Mechanismus erfolgt durch die Erosion eine kontinuierliche Feststoffaufnahme. In beiden Fällen wird sich der Murgang weiter talwärts bis in flachere Regionen verlagern, wo er deponiert. Dabei folgt er der Falllinie, ab einem gewissen Punkt in der Regel also einem bereits vorhandenen Bachlauf. Entlang dieses Fliessweges kann teilweise beträchtliche Erosion stattfinden, wie Feldbegehungen eindeutig belegen (VAW, 1992; Li et al., 1983). Murgänge können also zusätzliches Material aufnehmen, wodurch sich die Feststoffkonzentration und allenfalls auch die Materialzusammensetzung verändert. Der Einfluss dieses Prozesses auf die Rheologie kann entsprechend der Grösse der Erosionsrate ausfallen. Bis dato wurden keine systematischen Untersuchungen zum Erosionsverhalten von Murgängen gemacht. Zur Abschätzung der Erosionsleistung steht einzig die Formel nach Kronfellner-Kraus (1984) zur Verfügung, welche die Erosionstiefe entlang der Bachsohle als Funktion des Gefälles angibt. In der Regel errechnet sich damit die maximal mögliche Erosionstiefe, wobei zum Teil auch bedeutend grössere Tiefen beobachtet wurden (Haeberli et al., 1991). 1.4 Ziele dieser Arbeit An der WSL wurden im Rahmen des vom ETH-Rat mitfinanzierten Forschungsprojekts debris flow anhand physikalischer Modellversuche das Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murenschübe untersucht. Grundsätzlich sollten die Experimente unter möglichst naturnahen Verhältnissen durchgeführt werden, weshalb den folgenden Punkten besondere Beachtung geschenkt wurde: Im Gegensatz zu den meisten bisherigen Untersuchungen sollen die Experimente unter Verwendung eines natürlichen Materials mit entsprechend breiter Kornverteilung durchgeführt werden. Um möglichst gleiche Abflussverhältnisse wie in der Natur zu erreichen, steht in den Experimenten ein erodierbares Bachbett von dreidimensionaler Struktur zur Verfügung. Der Einfluss der Feststoffkonzentration soll über einen breiten Konzentrationsbereich untersucht werden. Im konkreten Fall erstreckt sich dieser von Reinwasserpulsen bis zur Maximalkonzentration, bei der der Murenschub im Gerinne zum Stillstand kommt (Deposition). Anhand der Experimente sollen folgende Fragestellungen untersucht werden: 1. Vergleich der Eignung verschiedener Modelle zur Beschreibung des Fliessverhaltens, insbesondere unter Berücksichtigung der auch in realen Fällen zur Verfügung stehenden Inputparameter. 2. Untersuchung des Zusammenhanges zwischen Murgangabfluss und Erosionsleistung.

24 22 Daniel Weber (WSL, 2004) 3. Untersuchung der Übertragbarkeit der Laborergebnisse auf natürliche Verhältnisse. Es ist offensichtlich, dass sich dieser breitgefächerte Fragenkatalog innerhalb der vorgesehenen Zeit nicht für alle Murgangtypen beantworten lässt. Da in der Schweiz Murgänge mit einer granularen Front verbreitet sind, wurde beschlossen, sich auf diesen Typ zu beschränken. Diese Einschränkung gilt für alle drei Ziele. Des Weiteren sollen an dieser Stelle zu einzelnen Zielen aber noch folgende Erläuterungen gegeben werden: Ziel 1: Das rheologische Verhalten eines Murgangs unterscheidet sich infolge von interner Durchmischung, Konzentrations- und Porendruckveränderungen während der Entstehungs-, Abfluss- und Depositionsphase (Iverson und Vallance, 2001). Im Rahmen dieser Arbeit wird ausschliesslich auf das Fliessverhalten innerhalb der Transitstrecke eingegangen. Dabei sollen nicht in erster Linie neue Ansätze entwickelt, sondern bereits bestehende Modelle auf ihre Anwendbarkeit auf den Abfluss natürlicher Mischungen untersucht werden. Ziel 2: Innerhalb dieser in der Regel steilen Transitstrecke findet auch diejenige Art Erosion statt, die ebenfalls Gegenstand dieser Forschungsarbeit ist. Dabei soll es darum gehen, Beziehungen zwischen Parametern zu finden, welche auch bei realen Ereignissen als Inputparameter zur Verfügung stehen bzw. welche sich im Anschluss an ein Ereignis mit vetretbarem Aufwand erheben lassen. Ziel 3: Damit die Ergebnisse von Modellversuchen direkt auf die Realität übertragen werden können, besteht bereits bei Reinwasserabflüssen die Forderung nach gleichzeitiger Erfüllung sowohl Froude'scher (Gravitation) als auch Reynold'scher (Zähigkeit) Ähnlichkeit. Mit der Wahl entsprechender Flüssigkeiten ist dies zwar grundsätzlich möglich, doch beschränkt man sich in der Regel nach der Analyse der Problemstellung auf die Erfüllung der wichtigeren Ähnlichkeitsforderung und beurteilt anschliessend die Übertragbarkeit unter Berücksichtigung der gemachten Vereinfachung. Bei Murgängen stellt sich dabei die grundsätzliche Problematik, dass bis dato keine Angaben zu ihrer Zähigkeit vorhanden sind. Vielmehr bestehen bereits Unklarheiten darüber, ob von einer Zähigkeit der gesamten Feststoff-Wasser-Mischung oder aber nur die Zähigkeit der sogenannten Matrix, der Mischung des Wassers mit dem Feinmaterial, zu berücksichtigen ist. Offen bleiben auch die Kriterien zur Unterscheidung des Feinund Grobanteils. Versuche, die Zähigkeit einer realer Murenmischung zu messen, erwiesen sich bislang als problematisch und führten zu keinen schlüssigen Ergebnissen. Unter diesen Voraussetzungen können Modellversuche zu Murgängen nur unter Annahme gewisser Vereinfachungen resp. Einschränkungen durchgeführt werden. Die Übertragbarkeit ist a posteriori zu prüfen.

25 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 23 2 Rheologie und Fliessverhalten 2.1 Einleitung Zur Beschreibung der Murgänge wurden verschieden Modelle vorgeschlagen. Wie zuvor bereits aufgezeigt, sind die Materialzusammensetzung und der Wassergehalt die wesentlichen Einflussfaktoren bezüglich der Fliesseigenschaften solcher Gemische. Je nach Anwendung wurden unterschiedliche Modellansätze gewählt, so zum Beispiel laminares Fliessen einer Newton schen Flüssigkeit (Hunt, 1994), turbulentes Fliessen einer Newton schen Flüssigkeit, Fliessen einer Bingham'schen Flüssigkeit (Whipple, 1997) oder als Alternative ein Modell, welches die Kornscherung beschreibt (Takahashi, 1991a). Die einfachsten Ansätze behandeln die Murgänge als Fliessen eines homogenen Fluids mit bestimmten physikalischen Eigenschaften. Auf diese Weise liessen sich verschiedene bereits existierende Fliessgesetze, wie sie beispielsweise aus der Reinwasserhydraulik oder aus der Industrie bekannt sind, in erster Näherung anwenden. Allerdings konnte bis jetzt noch nie die Viskosität eines granularen Murganges bestimmt werden. Zudem zeigen Beobachtungen, dass sich die groben Blöcke an der Front kumulieren und die Feststoffkonzentration entsprechend hoch ist. Gegen den hinteren Teil des Murenschubes nimmt sie dann mehr und mehr ab (Suwa, 1989). Deshalb unterteilen andere Ansätze die Murgänge in eine flüssige und eine feste Phase (Iverson und Denlinger, 1987). Noch weiter geht schliesslich das dreidimensionale Modell von Klubertanz (1999), welches die Entstehung eines Murganges aus einer Hanginstabilität beschreibt und nach den drei Phasen fest, flüssig, gasförmig (Porenluft) unterscheidet. Grundsätzlich basieren alle diese Modelle auf der Erhaltung der Masse und der Energie, also den Bilanzgleichungen. Des Weiteren bildet in solchen Konzepten das Wasser zusammen mit den feinen Partikeln die sogenannte Matrix, die die gröberen Körner transportiert (Davies, 1988). Dabei treten zusätzliche dynamische Interaktionen zwischen einzelnen Partikeln und zwischen den Partikeln und der Matrix auf. Mit einem solchen Modell lassen sich grundsätzlich zwar verschiedene Mechanismen unterscheiden und beschreiben, es treten aber auch zusätzliche Fragen auf. Welcher Korndurchmesser ist entscheidend für die Abgrenzung der Feinpartikel gegenüber der groben Fraktion? Wie gross ist der Anteil der jeweiligen Mechanismen am gesamten Energieverlust? 2.2 Einphasenmodelle Der laminare Ansatz Nach Newton kann das Fliessverhalten von Wasser für den laminaren Abfluss folgendermassen beschrieben werden (beispielsweise in Dracos, 1990): dv τ = τl = µ ( 2-1) dz

26 24 Daniel Weber (WSL, 2004) Damit stellt er einen linearen Zusammenhang zwischen der (zähen) Schubspannung τ und der Schergeschwindigkeit dv/dz her. Der Faktor µ wird als dynamische Zähigkeit des Wassers bezeichnet. Für stetigen Abfluss in breiten Gerinnen ergibt sich damit die mittlere Geschwindigkeit V zu: ρg 2 V = h sin θ 3µ ( 2-2) Bereits Einstein befasste sich 1905 mit verdünnten Suspensionen von feinen Feststoffen und fand aufgrund einer theoretischen Analyse folgenden Zusammenhang (Wasp et al., 1977): µ µ S 0 = C S ( 2-3) Darin ist µ S die Viskosität der Suspension, µ 0 diejenige der Flüssigkeit ohne Feststoffe und C S die volumetrische Feststoffkonzentration. Allerdings ist diese Gleichung nur gültig für Konzentrationen bis ca. 1 %. Thomas (1965) zeigte aufgrund eines Reviews, dass die meisten theoretischen und experimentellen Ausdrücke für die Viskosität von Suspensionen die Form einer Taylor-Reihe annehmen: µ µ S 0 = 1+ K C 1 S + K 2 C 2 S ± K 3 C 3 S ±... ( 2-4) K 1, K 2 und K 3 sind Konstanten, wobei meist K 1 = 2.5 nach Einstein und K 2 = 14.1 gewählt wird. Die Bestimmung der Koeffizienten höherer Ordnung ist allerdings schwierig und bei Vernachlässigung dieser Terme ergeben sich Fehler von mehr als 10 % für Suspensionen mit mehr als 20 % volumetrischem Feststoffgehalt. Aus der Analyse der Daten von verschiedenen Untersuchungen zur Viskosität von Suspensionen leitete er folgende Formel ab: µ µ S 0 S 2 S = C C + Ae ( BC S ) ( 2-5) Die zugrunde liegenden Daten wurden für Suspensionen von Partikeln mit µm Durchmesser mittels Rotations- oder Kapillarviskosimetern erhoben. In den meisten Fällen war das Grössenspektrum der Partikel eng begrenzt. Zudem wurde in allen Untersuchungen die Dichte der Flüssigkeit angepasst oder die Viskosität war genügend gross, sodass keine nennenswerten Setzungserscheinungen auftraten. Als best fit über einen Konzentrationsbereich von 0 % bis 60 % ergaben sich die Konstanten zu A = und B = Stationärer Reinwasserabfluss im rauhen Bereich Nach der zweiten Bewegungsgleichung von Newton werden Bewegungen durch Kräfte verursacht. Für gleichförmige Abflüsse muss demnach zwischen den treibenden und den rückhaltenden Kräften ein Gleichgewicht herrschen. Die treibende Kraft auf die Flüssigkeit ist die Gewichtskraft. Für eine Flüssigkeitssäule der Länge x und der Breite y innerhalb des Gerinnes wird demnach die Komponente senkrecht zur Sohle durch die Normalkraft kompensiert, die Komponente in Fliessrichtung wird durch eine an der Grenze zur Sohle wirkende Kraft

27 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 25 gleichen Betrages aufgehoben. Wird die aktive Komponente des Gewichts G X auf die Einheitsfläche x y bezogen, muss diese Kraft durch die Grösse der Auflagefläche der Flüssigkeitssäule dividiert werden. Dadurch erhält die Kraft die in der Hydraulik vielfach verwendete Dimension einer Spannung. Die von der Wassersäule auf die Sohle ausgeübte Kraft wird dementsprechend auch als Sohlenschubspannung τ 0 bezeichnet und berechnet sich zu: G X ρfgh x y sin θ τ0 = = = ρfgh sin θ ( 2-6) x y x y Darin sind ρ F die Dichte der Flüssigkeit [kg/m 3 ], g die Erdbeschleunigung zu 9.81 m/s 2, h die Abflusstiefe [m] und θ der Bahnneigungswinkel [ ]. In einer beliebigen Scherfläche innerhalb der Flüssigkeitssäule wird die treibende Kraft analog aus der oberhalb der Scherfläche liegenden Wassersäule berechnet. Anstelle von h wird nun die Distanz von der Scherfläche bis zur Wasseroberfläche, h, eingesetzt. Daraus folgt, dass die Scherspannung linear mit der Distanz zur Oberfläche zunimmt. Bedingt durch die geringen Neigungen wird in der Flusshydraulik sinθ häufig durch das Gefälle J ersetzt, da näherungsweise J = tanθ sinθ gilt. Bei der Übertragung dieser idealisierten Verhältnisse auf Gebirgsbäche ist diese Näherung aber nicht mehr zulässig, da der Gefällsbereich deutlich steiler ist. Für die Diskussion der Fliessgesetze und des Fliesswiderstandes ist es nützlich, die Sohlenschubspannung τ 0 in eine sogenannte Sohlenschubspannungsgeschwindigkeit v* umzuformen. Es ist: τ0 v* = = gh sin θ ρ F ( 2-7) Bei turbulentem Reinwasserabfluss setzt sich die Schubspannung aus der bereits erwähnten zähen Schubspannung τ L und der sogenannten turbulenten Schubspannung τ T zusammen. Bei ausgeprägten turbulenten Verhältnissen gilt fast immer dass τ L << τ T. Die turbulente Schubspannung kann dabei als Funktion der mittleren Geschwindigkeitsschwankungen in X- und Y- Richtung, v X und v Y, angegeben werden, oder, unter Verwendung der Theorie über den Prantel schen Mischungsweg l, auch als Funktion der Scherrate (vgl. Dracos 1990, Kapitel 10): 2 2 dv τt = ρf v X ' v Y ' = ρfl ( 2-8) dz Durch Umformen und unter Berücksichtigung von ( 2-7) erhält man mit τ 0 = τ T für den Geschwindigkeitsgradienten dv/dz: dv dz v* = ( 2-9) κz Darin ist v* die Schubspannungsgeschwindigkeit, κ die vonkarman Konstante (in der Regel zu 0.4 angenommen) und z die Höhe über der Sohle. Ferner gilt κz = l. Integration der Gleichung ( 2-9) unter Einbezug der Versuche von Nikuradse ergibt für den vollkommen rauhen Bereich:

28 26 Daniel Weber (WSL, 2004) ( z) v v* z = ln resp. κ d C ( z) v v* 1 z = ln d ( 2-10) κ C mit d C als charakteristischer Korndurchmesser zur Beschreibung des Sohlenmaterials (vgl. Abbildung 2-1). Unter der Bedingung z = d C ergibt Gleichung ( 2-10): ( d ) 8.5v* v C = ( 2-11) z v(z) h d C v v(d C ) Abbildung 2-1: Geschwindigkeitsprofil über einer rauhen Sohle (Jäggi, 1994). Für die mittlere Geschwindigkeit V im rauhen Bereich hat Keulegan (1938) gestützt auf Messungen von Bazin und durch Integration der Gleichung ( 2-10), folgende Beziehung angegeben. V 12.3h V h = 2.5ln resp. = 2.5ln ( 2-12) v* v* d d C C In einem natürlichen Gerinne weist das Sohlenmaterial ein Kornspektrum auf. Das bedeutet, dass im Gegensatz zu Laborversuchen mit Einheitskorn d C nicht a priori gegeben ist. Viele Untersuchungen versuchten die Frage zu beantworten, welcher Korndurchmesser einer Korngrössenverteilung sich am besten als d C eignet. Als charakteristische Durchmesser werden d 50, d 65, d 84 und d 90, teilweise auch vielfache davon, angegeben, wobei der Index jeweils den Siebdurchgang angibt. Eine gute Zusammenstellung gibt Rosport (1997). Mit zunehmender Neigung des Gerinnes wird auch das Spektrum der Korngrössenverteilung breiter. Bei Gebirgsbächen findet man Partikel mit Durchmessern von deutlich unter einem Millimeter bis hin zu Blöcken mit Kantenlängen von über einem Meter. Bei genügend grossem Gefälle bilden sich kaskadenartige Sohlenstrukturen, sogenannte Absturz-Becken Sequenzen (engl.: step-pool system), aus. Dabei bildet grobes Substrat quer zur Fliessrichtung verlaufende Riegel. Zwischen diesen Riegeln liegen die Becken, gebildet aus feineren Materialkomponenten. Nach Whittaker und Jäggi (1982) ist das Auftreten dieser Struktur auf eine vorangegangene

29 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 27 Instabilität der Sohle mit darauffolgender Wiederabpflästerung derselben zurückzuführen. Einige Untersuchungen schreiben einer solchen Struktur deshalb eine stabilitätserhöhende Wirkung ähnlich der Deckschichtbildung zu (Egashira und Ashida, 1991; Whittaker und Jäggi, 1982). Dass solche Strukturen das Abflussverhalten beeinflussen, liegt auf der Hand. Man kann sich gut vorstellen, dass diese Sohlenform zusätzlich zur reinen "Kornreibung" Energieverluste verursacht. So versuchen neuere Untersuchungen den Parameter d C für steile Gerinne durch einen Parameter zu ersetzen, welcher ebenfalls die morphologische Struktur des Bachbettes berücksichtigt (Aberle et al., 1999). Aberle (2000) vermass die Topographie der Bachsohle von Laborversuchen, in welchen durch entsprechenden Abfluss Absturz-Becken Sequenzen generiert wurden. Die Vermessung erfolgte entlang mehrerer parallel verlaufender Linien entlang der Fliessrichtung. Von den gemessenen Werten wurden die mittels linearem Trend nach der Methode der kleinsten Quadrate berechneten Werte abgezogen. Damit erhielt er die Abweichungen der effektiven Sohlenoberfläche von der mittleren Sohle. Die charakteristische Rauhigkeit definierte er als Standardabweichung S (nach Gl. (11-3)) dieser Abweichungen. Er benutzte die Werte dieser Standardabweichung anstelle des charakteristischen Korndurchmessers d C in verschiedenen hydraulischen Beziehungen, so in logarithmischen Fliessgesetzen analog zu jenem nach (Keulegan, 1938) (Gl. ( 2-12)), in Potenzgesetzen und ebenfalls bei Betrachtungen hinsichtlich der Sohlenstabilität (vgl. Kapitel 3.3.4, Gl. (3.26)). Für die ihm zur Verfügung stehenden Daten aus Laboruntersuchungen konnte er auf diese Weise und unter Anpassung der jeweils vorhandenen Konstanten bzw. Exponenten eine verbesserte Korrelation zwischen den berechneten und gemessenen Werten erreichen (Aberle, 2000). Bis anhin ist diese Methode aber noch nicht auf Gerinne in der Natur angewendet worden Empirische Ansätze Der Ansatz von Chézy Nach Hager (1994) formulierte Antoine de Chézy bereits im Jahre 1768 eine Formel, in der die mittlere Geschwindigkeit V in Beziehung zum hydraulischen Radius R h, der Bahnneigung θ und einer Konstante C gestellt wurde V = CR h sin θ ( 2-13) Für breite Gerinne, respektive bei einem Verhältnis der Abflusstiefe zur Gerinnebreite von über 1:20 kann R h durch die Abflusstiefe h ersetzt werden. Der Chézy-Koeffizient C kann über die bekannte Beziehung v * V f = ( 2-14) 8 einfach mit dem Darcy-Weissbach Faktor f in Beziehung gebracht werden. Es gilt, sofern der hydraulische Radius aus der Rohrhydraulik gleich der Abflusstiefe gesetzt wird:

30 28 Daniel Weber (WSL, 2004) 8g C = ( 2-15) f Erfolgreich wurde dieser Ansatz von Salm et al. (1990) auch zur Berechnung der Frontgeschwindigkeit von Nassschneelawinen eingesetzt und kürzlich von Bartelt et al. (1999) in das numerisches Modell AVAL 1D implementiert. Das ist insbesondere erwähnenswert, als dass sich Fliesslawinen und Murgänge sowohl von den Fliesseigenschaften als auch von den Ablagerungsmustern in gewissen Punkten sehr ähnlich sind (Rickenmann, 1995). Der Ansatz nach Strickler Zur Berechnung der mittleren Abflussgeschwindigkeit ist in der Reinwasserhydraulik der Ansatz nach Strickler (1923) sehr verbreitet. Er setzte die Geschwindigkeit in Relation zum Gefälle und der Abflusstiefe sowie zu einem sogenannten Reibungsbeiwert k Str. Str 2 3 h 1 2 V = k R sin θ ( 2-16) Darin ist V die mittlere Geschwindigkeit, k Str der Reibungsbeiwert nach Strickler, R h der hydraulische Radius und sinθ die Neigung der Gerinnesohle. Strickler konnte anhand eines reichen Datensatzes die ursprünglich von Gauckler aufgestellte Beziehung empfehlen (Hager, 1994). Da für kleine Winkel die Beziehung sin α tan α = J ( 2-17) gilt, wird in der Flusshydraulik meist direkt die Neigung J eingesetzt. Strenggenommen ist die Gleichung nach Strickler nur für kleine Neigungen zulässig, ihre Anwendung auf Wasserabflüsse in Wildbächen zeigt aber, dass durchaus brauchbare Resultate erzielt werden können, wenn der Reibungsbeiwert adäquat gewählt wird (Rickenmann, 1996). Gleichung ( 2-16) unterscheidet sich von ( 2-13) nur durch den leicht grösseren Exponenten von R h. Somit ergibt sich die Beziehung zwischen C und k Str zu: 1 6 C = k Str R ( 2-18) h Strickler gab ferner eine Beziehung an, mit der k Str mit der charakteristischen Korngrösse d C korreliert werden kann, welche die Oberfläche einer rauhen Sohle charakterisiert (Abbildung 2-1). A k Str = ( 2-19) 6 dc Darin ist A ein empirischer Rauhigkeitsparameter, welcher einerseits von der Kornverteilung, der Kornform und der Gradation des Sohlenmaterials, andererseits auch von der Gerinneform und den Fliessbedingungen abhängig ist. Strickler (1923) gab A = 21.1 an. Wu und Wang (1999) gaben für homogene Gerinne mit locker gelagertem, uniformem Sohlenmaterial A zu 20 an, während sie für Bachsohlen aus dichtgepacktem Material verschiedenster Form für A den

31 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 29 höheren Wert 24 einsetzten. Unter Verwendung von d 90 als charakteristische Korngrösse setzten Meyer-Peter und Müller (1949) A gleich 26. Mit einem Ansatz nach ( 2-16) wird der gesamte Fliesswiderstand inklusive der inneren Verluste der Kontaktfläche des Wassers mit der Sohle zugeschrieben. Daraus ist sofort ersichtlich, dass eine Anwendung dieser Formel auf Murgänge rein physikalisch kaum gerechtfertigt ist, denn durch die erhöhte Feststoffkonzentration des Gemisches erhöht sich auch die innere Reibung. Während k Str bei Reinwasserabflüssen nach ( 2-19) allein mit der Rauhigkeit der Bachsohle verknüpft ist, sind bei dessen Anwendung auf Murgänge die erhöhten inneren Verluste zu berücksichtigen. Trotzdem kann bei geeigneter Wahl von k Str eine recht gute Übereinstimmung zwischen berechneten und beobachteten Fliessgeschwindigkeiten festgestellt werden (Rickenmann, 1999). Sein Vergleich beinhaltet sowohl Daten von natürlichen Ereignissen als auch Daten von Laborversuchen. (Die verwendeten Datensätze sind in der Originalpublikation detailliert ausgewiesen.) Vberechnet [m/s] natürliche Murgänge (kstr=10) experimentelle Murgäng (kstr=10) Reinwasser-Abflüsse (kstr=15) berechnet = beobachtet V beobachtet [m/s] Abbildung 2-2: Vergleich der mittels Strickler-Ansatz berechneten Geschwindigkeiten mit den in der Natur beobachteten Fliessgeschwindigkeiten. (Rickenmann, 1999) Die Streuung der rückwärtsberechneten Werte für k Str über eine Grössenordnung ist natürlich enorm (Abbildung 2-2). Ein Vergleich mit den rückwärtsberechneten Werten von Reinwasserabflüssen in Wildbächen macht aber deutlich, dass dieser Ansatz auch in diesem Fall eine Streuung derselben Grössenordnung ergibt Nicht-Newton'sche Ansätze Der allgemeine Ansatz zur Beschreibung der Scherspannung und damit des Fliesswiderstandes einer Flüssigkeit lautet

32 30 Daniel Weber (WSL, 2004) b dv τ = τ Y + K ( 2-20) dz Dieser Ansatz wird in der Literatur als Herschel-Bulkley-Fliessgesetz bezeichnet. Bei einer Newton'schen Flüssigkeit ist τ Y = 0 und der Exponent b gleich 1 (Abbildung 2-3a, ). Die Konstante K entspricht in diesem Fall der Viskosität µ. Ist der Exponent b grösser als 1, dann spricht man von einem dilatanten Fluid (Abbildung 2-3a, ), wird er kleiner als 1 so bezeichnet man das Fluid als pseudoplastisch (Abbildung 2-3a, ). Scherspannung τ τ B n < 1 n = 1 n > 1 Scherspannung τ τ B η B η A a) Scherrate dv/dz b) Scherrate dv/dz Abbildung 2-3: a) Die verschiedenen rheologischen Modelle b) Das Bingham Modell mit Bingham'scher und scheinbarer Viskosität Einige Ansätze verlangen eine Grenzschubspannung τ Y (engl.: yield stress), die überschritten werden muss, damit ein Fliessen erfolgt. Mit einem solchen Ansatz kann beispielsweise das Stoppen einer Flüssigkeit beschrieben werden, was mit einem Newton'schen Ansatz nicht möglich ist. In diesem Falle ist τ Y 0. Das sogenannte Bingham Modell ist ein solcher Ansatz mit Grenzschubspannung, bei dem der Exponent b = 1 gesetzt ist (Abbildung 2-3a, ). dv τ = τb + η B ( 2-21) dz Darin ist die Konstante η B die sogenannte Bingham sche Viskosität. Die daraus abgeleitete scheinbare Viskosität berechnet sich zu η A τb = + dv dz η B ( 2-22) und gibt eine Zähigkeit analog jener einer Newton'schen Flüssigkeit (µ) an (Abbildung 2-3b). Bei kleiner Grenzschubspannung τ B ist demnach für grosse Scherraten dv/dz der Unterschied zwischen scheinbarer und Bingham'scher Zähigkeit eher klein, im Bereich kleiner Geschwindigkeitsgradienten aber sehr deutlich.

33 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 31 Unter der Annahme, dass die Parameter τ B und η B konstant sind, ergibt sich mit ρ M als Dichte des Feststoff-Wasser-Gemisches für die mittlere Geschwindigkeit folgende Formel: 3 ρ Mg 3 τb 1 τb 2 V = 1 + h sin θ 3ηB 2 τ0 2 τ0 ( 2-23) Bei einem Schubspannungsverhältnis τ B /τ 0 kleiner als 0.5 ergibt die Vernachlässigung des kubischen Terms in Gleichung ( 2-23) für V einen Fehler von weniger als 6.3 %. Jan und Shen (1997) erwähnen jedoch explizit, dass die rheologischen Parameter keine Konstanten sind, sondern von der Konzentration, dem Tonmineralgehalt, der Tonart, der Partikelform, der Temperatur und den elektro-chemischen Eigenschaften der Flüssigkeit abhängen. Die Analyse feinkörniger Gemische durch Major und Pierson (1992) zeigte, dass sich die Grenzschubspannung nach Bingham über Grössenordnungen ändert, wenn die Konzentration nur leicht um 2 % bis 4 % variiert wird. Es bleibt schliesslich zu bemerken, dass sowohl das Bingham Modell als auch das sehr ähnliche Coulomb-viskose Modell nach Johnson, bei dem die Grenzschubspannung in einen kohäsiven Term und einen Reibungsterm unterteilt werden (analog zum bodenmechanischen Ansatz nach Coulomb, vgl. Kapitel 4.2.2), aufgrund ihrer linearen Abhängigkeit von der Scherrate nur den laminaren Abfluss eines Schlammstromes beschreiben können (vgl. auch Jan und Shen, 1997). Für turbulenten Abfluss muss die turbulente Schubspannung berücksichtigt werden, welche proportional zum Quadrat der Scherrate ist. Die Kurve in Abbildung 2-3a schliesslich zeigt das rheologische Verhalten einer viskosplastischen Flüssigkeit, welche wie ein Bingham-Fluid eine Grenzschubspannung, im Unterschied dazu aber einen Exponenten n > 1 aufweist Die unterschiedlichen Regimes Mit der Wahl eines Modellansatzes wird auch die Art des Abflusses, das sogenannte Regime, impliziert. In der Reinwasserhydraulik wird zur Unterscheidung des Abflussregimes die Reynoldszahl Re verwendet. Sie gibt das Verhältnis der Trägheit zur Zähigkeit an. Es gilt: Re = Vhρ ( 2-24) η Anstelle von h wird üblicherweise der hydraulische Radius R eingesetzt. Für Wasser herrscht bei Re > 2'000-3'000 vollturbulenter Abfluss und für Re < 500 laminarer Abfluss. Dazwischen liegt der sogenannte Übergangsbereich. Nach Davies (1988) sollten bei Murgängen diese Grenzwerte geändert werden zu resp Der turbulente Abflusses lässt sich wiederum in drei verschiedenen Bereiche einteilen: den glatten, den Übergangs- und den (voll-)rauhen Bereich. Mit der Kornreynoldszahl Re k * kann die jeweilige Abflussart bestimmt werden. Es gilt: * v * dc Re k = ( 2-25) ν

34 32 Daniel Weber (WSL, 2004) ν ist darin die kinematische Zähigkeit mit ν = η/ρ bzw. µ/ρ. Die Grenzwerte können Tabelle 2-1 entnommen werden (Chanson, 1999): * Tabelle 2-1: Grenzwerte für die Kornreynoldszahl Re k zur Unterteilung des turbulenten Abflussregimes in die drei Unterbereiche turbulent glatt, Übergangsbereich und turbulent vollrauh. Unterbereich Abflüsse in offenen Gerinnen Rohrströmungen turbulent glatt Re * k < 4 Re * k < 5 Übergangsbereich 4 < Re k * < < Re k * < 75 turbulent vollrauh 100 < Re k * 75 < Re k * Zur Beschreibung der Fliessstabilität wird die sogenannte Froudezahl beigezogen. Sie erlaubt die Unterteilung in strömenden (stabilen) und schiessenden (instabilen) Abfluss. Sie entspricht dem Verhältnis der Trägheit zur Gravitation und ist gegeben zu V Fr = bez. gh 2 V Fr 2 = ( 2-26) gh Für Wasser gilt Fr = 1 als Grenzwert zur Abgrenzung der beiden Abflussarten. Davies (1988) schlägt für Murgänge einen von der Reynoldszahl abhängigen Grenzwert nach Tabelle 2-2 vor. Tabelle 2-2: Grenzwerte (Fr) zur Unterscheidung der Regime nach Davies (1988) Regime Froudezahl Sehr turbulent Re > 10 5 Fr 2 Gegen Grenzwert Re Fr 1.3 Übergangsbereich 600 < Re < Fr 0.6 für breite Gerinne Fr 0.8 für schmale Gerinne Laminarer Bereich Re < 600 Fr 0.6 für breite Gerinne Fr 0.8 für schmale Gerinne Diese beiden dimensionslosen Kennzahlen gelten nur für Newton sche Flüssigkeiten. Wendet man sie auf Murgänge an, setzt man voraus, dass Murgänge mit Einphasenmodellen ohne Grenzschubspannung beschrieben werden können. Im Falle des Bingham-Ansatzes muss zur Unterteilung in laminares und turbulentes Fliessverhalten die Binghamzahl Bi beigezogen werden. Sie berechnet sich nach τbh Bi = ( 2-27) η V B

35 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 33 Enos (1977) machte bereits 1977 erste Untersuchungen zur Festlegung eines Grenzwertes, doch konnten bis heute keine allgemeingültigen Grenzwerte für die Binghamzahl gefunden werden. Damit ist die Anwendbarkeit von ( 2-27) relativ beschränkt. Naik (1983) führte einen ausgedehnten Review über theoretische Ansätze zur Beschreibung des Fliessverhaltens einer Bingham schen Flüssigkeit durch. Er postulierte, dass der Fliesswiderstand f, definiert nach Darcy-Weissbach als f 8τ0 = 2 ( 2-28) ρv eine Funktion der Froudezahl nach ( 2-26) sowie der folgenden dimensionslosen Grössen sein muss: Re B 4Vρ = Bingham Reynoldszahl ( 2-29) η B Y f 2τB = sogenannter Yield Faktor 2 ( 2-30) ρv Grosse Werte von Y f bedeuten ein zunehmend nicht-newton sches Fliessverhalten der Flüssigkeit. Über die Beziehung 2He Y f = 2 ( 2-31) ReB kann der Yield Faktor Y f einfach in Beziehung zur Hedströmzahl He gebracht werden, welche gegeben ist zu: ( 4h) B 2 ηb 2 ρτ He = ( 2-32) Damit lässt sich die für den laminaren Bereich gültige Formel ( 2-23) zur Berechnung der mittleren Geschwindigkeit auch als Funktion der Grössen f, Re B und He formulieren: 1 Re B 3 f 1 2He 8 2He = + ( 2-33) f 2 Re B Re B Die Abhängigkeit vom Yield Faktor Y f ist in dieser Schreibweise deutlich zu erkennen. Der Reibungsbeiwert f kann damit als Funktion der Bingham Reynoldszahl Re B dargestellt werden, mit der Hedströmzahl als zusätzlicher Variable (vgl. Rickenmann, 1990, Seite 46). Ausgehend vom Ansatz von Hanks (1963) entwickelte Naik (1983) für Flüssigkeiten mit Grenzschubspannung ein ähnliches Kriterium zur Abgrenzung des laminaren vom turbulenten Regime. Sein Gleichungssystem lautet:

36 34 Daniel Weber (WSL, 2004) a' C He 48' 3 ( 1 a' ) 000 C = ( 2-34) C [ 1 3 a' 1 ( ) ] 3 C a' C He Re B,C = + 12a' 2 2 ( 2-35) In ( 2-34) und ( 2-35) gibt der Index C die kritischen Bedingungen beim Regime-Übergang an und a entspricht dem Verhältnis der Grenzschubspannung τ B zur Sohlenschubspannung τ 0. Dieses Gleichungssystem lässt sich nur lösen, wenn eine der drei Unbekannten Re B, He und a C gegeben ist, respektive die beiden Bingham-Parameter τ B und η B, die Abflussparameter V und h, sowie die Materialeigenschaft ρ bekannt sind. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass die Konstante 48'000 in Gl. ( 2-34) zwischen 24'000 und 96'000 schwanken kann. Als Alternative kann der laminar-turbulente Übergang auch aus einem konventionellen f-re- Diagramm entnommen werden, wenn eine adäquate Reynoldszahl definiert wird. Wie bereits in Kapitel ausgeführt, wird der kubische Term in ( 2-23) oft vernachlässigt. Damit vereinfacht sich diese zu: ρmg 3 τb 2 V = 1 h sin θ 3ηB 2 τ0 ( 2-36) Durch Umformen von ( 2-36) und unter Berücksichtigung von ( 2-6) folgt, dass 3 3V τ 0 = τb + ηb ( 2-37) 2 h ist. Damit lässt sich τ 0 als Funktion von 3V/h darstellen (Abbildung 2-4, vgl. auch Abbildung 2-3b) und ähnlich der scheinbaren Viskosität η A kann eine effektive Viskosität η E2 eingeführt werden, die gegeben ist zu: η E2 = τ 2V τ 3V h Bh 0 + ηb = ( 2-38) τ 0 3 τ 2 B η B η E2 3V h Abbildung 2-4: Graphische Darstellung von Gleichung ( 2-37)

37 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 35 Die entsprechende Reynoldszahl lautet demnach Re 2 = 4Vhρ/η E2. Rickenmann (1990) gibt eine gute Zusammenstellung der in experimentellen Untersuchungen ermittelten Grenzwerte für Re 2, mit welchen die beiden Abflussregime unterschieden werden können. Demnach liegt der Grenzwert für Re 2 zischen 3'000 und 8'000. Über das Abflussverhalten von Bingham schen Flüssigkeiten im turbulenten Bereich existieren nur wenige Untersuchungen. Erwähnenswert sind hier sicher diejenigen von Yang und Zhao (1983), welche Experimente in einer steil geneigten offenen Versuchsrinne durchführten. Aufgrund ihrer Daten konnten sie die beiden Beziehungen 1 f * ( k,b ) Rh = 2log + A1 A 2 log Re d im Übergangsbereich ( 2-39) C 1 f Rh = 2log + A 3 d im vollrauhen Bereich ( 2-40) C angeben. Darin sind die Konstanten A 1, A 2 und A 3 von der Charakteristik der Rauhigkeit * abhängig und Re k,b ist die Kornreynoldszahl nach ( 2-25), ermittelt unter Verwendung der Bingham schen Zähigkeit η B. Die Ähnlichkeit zur universellen Gleichung von Colebrook, mit welcher sowohl turbulent glatte als auch turbulent rauhe Abflüsse beschrieben werden können, ist augenfällig (vgl. auch Kapitel 2.2.2, Gleichung ( 2-12)). Naik (1983) nahm an, dass bei vollturbulentem Abfluss die Bingham Reynoldszahl so gross ist, dass die laminaren Scherspannungen gegenüber den durch die Turbulenzen verursachten vernachlässigt werden können. Der Einfluss der Viskosität η B entfällt somit. Seine Gleichung lautet: 1 f = ( a' ) A 0 R + ln d h C ( 2-41) mit 2 ( A ) S + 2 h 1 30h = 4A CS A 0 ln e ( 2-42) Rh Darin ist A S ein Formfaktor, abhängig vom Verhältnis der Abflusstiefe zur Abflussbreite, und A CS die Abflussquerschnittsfläche. Der Vergleich von berechneten und gemessenen mittleren Abflussgeschwindigkeiten von Kaolinit-Suspensionen über rauher Sohle ergab eine zufriedenstellende Übereinstimmung. Sowohl Gleichung ( 2-39) als auch ( 2-41) sind ohne Kenntnis der Bingham Parameter nicht zu lösen. Demgegenüber kann aus ( 2-40) geschlossen werden, dass bei vollturbulenten Verhältnissen weder die Grenzschubspannung noch die Viskosität der Flüssigkeit einen allzu grossen Einfluss auf den Reibungsverlust haben. In diesem Regime sind allein die Verluste aufgrund der Turbulenz entscheidend. Ähnliches ergibt sich auch aus Naik s Versuchen. So fand er im Falle von Y f < 0.001, dass das Abflussverhalten demjenigen einer Newton schen Flüssigkeit entspricht (Naik, 1983). Aus ( 2-30) folgt, dass diese Bedingung nur erfüllt ist, wenn die Hedströmzahl He genügend viel grösser ist als die Bingham Reynoldszahl Re B.

38 36 Daniel Weber (WSL, 2004) 2.3 Das Kornscherungsmodel Bagnold (1954) postulierte, dass für den Transport von groben Körnern in einem Newton'schen Fluid ein disperser Korndruck nötig ist, welcher mindestens einen Teil der Körner im Gleichgewicht mit der Gravitation hält. In seinem Experiment scherte er dispergierte uniforme Körner von gleicher Dichte wie das umgebende Fluid in einem Spalt zwischen zwei konzentrischen Zylindern. Für verschiedene Konzentrationen (zwischen 13 % und 62 %) und Schergeschwindigkeiten hielt er das dazu nötige Drehmoment fest. Das Scheren verursachte eine Volumenvergrösserung, sogenannte Dilatanz, welche sich bei seinem Versuchsaufbau mit der fixen Umrandung des Systems in einem Anstieg des Druckes äusserte, welcher ebenfalls aufgezeichnet wurde. Er fand heraus, dass dieser disperse Druck P proportional zur Schubspannung T ist. Den Proportionalitätsfaktor bezeichnete er als dynamischen Reibungswinkel α. Seine Beziehung lautet: T = P tan α ( 2-43) Abhängig von der Korngrösse, der Feststoffkonzentration, der Viskosität des Fluids und den Fliessbedingungen, unterschied er zwei verschiedene Regime in denen α annähernd konstant ist. Im inertialen Bereich, in dem der Fliesswiderstand hauptsächlich durch den Kontakt der einzelnen Körner verursacht wird, ist tanα ungefähr 0.32 (α 18 ) 1. Wird hingegen die Viskosität des Fluids dominant, beträgt tanα etwa 0.75 (α 39 ), und der Energieverlust wird durch den Kontakt der Körner mit dem Fluid verursacht. Zur Unterscheidung der beiden Regime führt er die beiden dimensionslose Kornscherungszahl G T und G P sowie die später nach ihm benannte Bagnoldzahl N ein mit: G 2 T 2 ρsd T = 2 ( 2-44) λη G 2 P 2 ρsd P = 2 ( 2-45) λη N = λρ S d η 2 dv dz ( 2-46) Darin ist ρ S die Dichte der Körner, d der Durchmesser derselben, η die dynamische Viskosität des Fluids und λ die lineare Kornkonzentration, welche aus der volumetrischen Feststoffkonzentration C S und der maximal möglichen Packungskonzentration C* der Körner gemäss ( 2-47) berechnet werden kann (vgl. Abbildung 2-5). Im Falle gleich grosser runder Körner ist C* = N entspricht dem Verhältnis der Kornkontaktverluste zu den Verlusten infolge der Viskosität der Flüssigkeit. 1 Gilt nach Bagnold nur für Konzentrationen von λ < 12 (entspricht mit C* = 0.74 einer volumetrischen Feststoffkonzentration von C S = 0.85). Für λ > 12 erhöht sich dieser Wert gegen tanα = 0.4.

39 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge C * λ = 1 C ( 2-47) S λ C*/C S 1 Abbildung 2-5: Die lineare Konzentration λ als Funktion der relativen volumetrischen Konzentration C*/C S. Inertiales Kornscheren herrscht, wenn G T 2 > resp. G P 2 > 1'000 ist 2. Ist G T 2 = G P 2 < 100, dann gilt der makroviskose Bereich. Die entsprechenden Werte für N liegen bei ungefähr 40 resp Bagnold wies ferner darauf hin, dass die dimensionslose Kornscherungszahl G T eine Form analog zur Korn-Reynoldszahl Re k * hat mit: G T T λρ d µ ρ S 1 2 ^ S = = ( 2-25) ( 2-48) Die Abgrenzung der beiden Bereiche erfolgt unter Verwendung der Korn-Reynoldszahl Re* bei 55 respektive 10 (vgl. auch Tabelle 2-1). In seinen Experimenten fand Bagnold für Feststoffkonzentrationen C S kleiner als 57% zwei empirische Relationen für die durch die Körner verursachte Schubspannung: 2 2 dv T = ai ρs ( λd) sin α im inertialen Fall ( 2-49) dz 3 dv = av λ sin α im makroviskosen Fall ( 2-50) dz T 2 2 Man beachte, dass die unterschiedlichen Werte für GT und G P Gleichung ( 2-43) wiederspricht. Bagnold setzte denn auch den Wert bei G T = G P = 1'500 fest.

40 38 Daniel Weber (WSL, 2004) Mit a i und a v als empirischen Konstanten, v als lokale Geschwindigkeit der Körner und dv/dz als Geschwindigkeitsgradient normal zur Scherfläche. Takahashi (1991a) stellte für beide Phasen separat die Momentengleichungen auf, jeweils in Fliessrichtung und senkrecht zur Fliessrichtung. Unter der Vorraussetzung eines stetigen Abflusses erhält er für die feste und flüssige Phase zusammen in x-richtung dt dt' ρ S S F S = ( 2-51) dz dz { C + ρ ( 1 C )} gsinθ und unter der Annahme, dass dp /dz = 0 (d. h. keine Kräfte in z-richtung innerhalb der Flüssigkeit), in z-richtung dp dp + { ρs CS + ρf ( 1 CS )} gcos θ + = 0 ( 2-52) dz dz Darin sind θ der Neigungswinkel des Baches, g die Erdbeschleunigung, T und P die durch Korn-zu-Korn Kontakte verursachten Stressterme in x- und z-richtung, T und P die x- und z- Komponenten der durch die Turbulenz und die Viskosität verursachten Stressterme der Flüssigkeit und p der Druck in der Flüssigkeit. Bei stetigem Abfluss herrscht eine hydrostatische Druckverteilung und damit ist p gegeben zu: ( h z) p = ρfgcos θ ( 2-53) Daraus folgt für Gleichung ( 2-52): dp dz ( ρ ρ ) C g θ = S F S cos ( 2-54) Durch Integration von ( 2-54) unter Berücksichtigung von P = 0 an der Oberfläche folgt für den Druckterm senkrecht zur Fliessrichtung auf der Höhe z, P(z): ( z) = ( ρs ρf ) gcos θ h P C dz ( 2-55) z S Integriert man auf dieselbe Weise Gleichung ( 2-51) und berücksichtigt man ferner, dass T und T an der Oberfläche ebenfalls gleich Null sind, so folgt für die Summe der Stressterme in Fliessrichtung auf der Höhe z, T(z) + T (z): T ( z) T' ( z) = gsinθ ( ρ ρ ) h + { C + ρ }dz ( 2-56) z S F S F Für granulare Murgänge mit bedeutendem Anteil an groben Partikeln setzte Takahashi Gleichung ( 2-56) der Gleichung ( 2-49) von Bagnold gleich. Dabei postulierte er, dass der Stressterm der Flüssigkeit in Fliessrichtung, T (z), gegenüber demjenigen der Körner vernachlässigt werden kann und dass damit τ angenähert gleich T(z) ist.

41 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 39 T 2 dv = i S { S F CS F}dz dz + ρ ( 2-57) 2 ( z) a ρ ( λd) sinα = gsinθ ( ρ ρ ) h z Unter der Annahme einer konstanten Konzentration, was gleichbedeutend ist mit einer gleichmässigen Verteilung der Körner innerhalb der ganzen Welle, folgt aus der Integration von Gleichung ( 2-57) mit der Randbedingung v(z) = 0 bei z = θ ρ 3 2 gsin 3 F C * 3 v ( z) = C + ( ) 2 ( ) 2 S 1 CS 1 h h z ( 2-58) 3d ai sin α ρs CS Experimente, in denen ein Gemisch aus 4 mm grossen Körnern und Wasser in eine Rinne mit fester Sohle geleitet wurde und das Geschwindigkeitsprofil gemessen wurde, zeigten eine erstaunlich gute Übereinstimmung mit Gleichung ( 2-58). Allerdings darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass dieser experimentelle Aufbau den Modellvorstellungen sehr nahe kommt. In einer weiteren Serie von Versuchen erzeugte Takahashi (1980) einen plötzlichen Wasserabfluss in einer Rinne mit erodierbarer Bachsohle. Daraus entwickelte sich ein granularer Murgang. Die gemessenen Geschwindigkeitsprofile konnten in diesem Fall aber nur in Übereinstimmung mit Gleichung ( 2-58) gebracht werden, wenn der Wert für a i etwa um Faktor 10 gegenüber jenem von Bagnold vergrössert wurde (Tabelle 2-3). Tabelle 2-3: Übersicht über die Werte für die beiden Parameter tanα (resp. α) und a i zur Anwendung von ( 2-58) bzw. ( 2-59). Autor tanα α a i a i sinα Bemerkung Bagnold (1954) Dichte der Körner gleich Dichte der Flüssigkeit Takahashi (1991) feste Sohle, Sandkörner Takahashi (1991) feste Sohle, leichtes Material Takahashi (1980) erodierbare Sohle, uniformes Material, Abfluss Q = 2.0 l/s Takahashi (1980) erodierbare Sohle, uniformes Material, Abfluss Q = 1.5 l/s Die Unsicherheit vor allem bezüglich des Wertes für a i waren mit ein Grund für Vorbehalte von Chen (1986) gegenüber dem dilatanten Model von Bagnold/Takahashi. Er bemängelt das Fehlen eines von der Scherrate unabhängigen Terms sowie das Ausserachtlassen der Bodeneigenschaften in Form der Grenzschubspannung τ Y (vgl. Kapitel 2.4). Takahashi erklärt diesen Sachverhalt durch die Versickerung des Wassers an der Front, was eine Reduktion der Geschwindigkeit zur Folge hat. Durch Einführen der Dicke und des Wassergehaltes der erodierten Schicht stellt er die Kontinuitätsgleichung für die beiden Phasen unter Zuhilfenahme der mittleren Abflussgeschwindigkeit V auf. V berechnet sich durch Integrieren von ( 2-58) und unter Verwendung von ( 2-47) zu:

42 40 Daniel Weber (WSL, 2004) g 3 F V = ρ C ( ) S + 1 CS h sin θ 5dλ ai sin α ρ ( 2-59) S Das durch Gleichung ( 2-58) gegebene Geschwindigkeitsprofil ergibt sich unter den erwähnten Bedingungen aus Gleichung ( 2-55). Nach Takahashi muss sich aus ( 2-56) ebenfalls dasselbe herleiten lassen. Dazu muss folgende Bedingung erfüllt sein: ρ tan θ CS = ( 2-60) ( ρ ρ )( tan α tan θ) S F Diese Gleichung gilt nur, wenn der durch die interstitiale Flüssigkeit verursachte Scherwiderstand gegenüber der Kornscherung vernachlässigt werden kann. Ein Vergleich mit experimentellen Daten ergab allerdings eine bessere Übereinstimmung, wenn in Gleichung ( 2-60) der dynamische Reibungswinkel α durch den inneren Reibungswinkel ϕ ersetzt wurde. Für Murgänge im inertialen Bereich führte Takahashi auch eine Betrachtung unter Einbezug des durch die Flüssigkeit verursachten Scherwiderstandes durch. Dabei ergab sich für die Gleichgewichtskonzentration eine Gleichung analog zu ( 2-60) mit dem Unterschied, dass der Winkel α nach Bagnold, den Takahashi bereits für den inertialen Fall durch den internen Reibungswinkel ϕ ersetzt hat, nun durch den sogenannten kinematischen Reibungswinkel α 0 ersetz wird, welcher leicht kleiner ist als der innere Reibungswinkel ϕ. Als weiteren Typ unterscheidet Takahashi (1978) den sogenannten immature debris flow, bei dem über dem Bachbett eine Schicht mit intensivem Geschiebetransport abfliesst und über dieser eine Schicht ohne Feststoffe (Abbildung 2-6). h Z h l X Transportschicht Erosionsschicht Fels Abbildung 2-6: Schematische Darstellung des immature debris flow nach Takahashi (1978) Die Sohlenschubspannung beträgt mit h l als Höhe der Transportschicht und C l als Konzentration der Feststoffe in dieser Schicht:

43 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 41 T ( 0) = ( ρ ρ ) C h gsinθ + ρ gh sinθ S F l l F ( 2-61) Im Gleichgewichtszustand, in dem weder Erosion noch Deposition stattfindet, muss die Sohlenschubspannung durch den inneren Reibungswiderstand egalisiert werden, welcher durch die Kollision der Partikel und die Turbulenz und Deformation des Fluids verursacht wird: T ( 0) ( ρ ρ ) C h gcos θ tanα T' ( 0) = ( 2-62) S F l l + Bei Sedimenttransport ist die mittlere Distanz zwischen den einzelnen sich bewegenden Partikeln genügend gross, sodass einzelne Partikel aus dem Bachbett zusätzlich ins Transportmedium aufgenommen werden können. Die durch die Flüssigkeit induzierte Schubspannung an der Sohle, T (0), muss in diesem Fall gleich der rückhaltenden Kraft des einzelnen Kornes der Sohle sein. Takahashi argumentiert, dass im Fall C S > 0.1 der mittlere Abstand zwischen den bewegten Körnern kleiner ist als der mittlere Durchmesser und dass daher eine zusätzliche Aufnahme von Material aus der Bachsole nicht mehr möglich ist, auch wenn T (0) genügend gross oder sogar grösser wäre. Damit kann er den Term T (0) in Gleichung ( 2-62) vernachlässigen und zusammen mit ( 2-61) ergibt sich durch Umformen: hl h C = ( 2-63) C l C bezeichnet darin die Konzentration des Murgangs bei gleichförmigem Abfluss und berechnet sich nach ( 2-60) unter Verwendung des inneren Reibungswinkel ϕ anstelle des dynamischen Reibungswinkels α. Experimentell bestimmte er C l zu: C l 0.4C * ( 2-64) Für den turbulenten Abfluss eines Schlammstromes berücksichtigt Takahashi die Turbulenz, der das ganze Gemisch unterworfen ist, als zusätzlichen Widerstandsterm: 2 2 dv τ = τ t + T = ρml + T ( 2-65) dz Darin ist l die (Prantel sche-)mischungslänge und ρ M die Dichte des Gemisches. Unter Annahme einer homogenen Verteilung der Feststoffe und Verwendung von ( 2-49) zur Beschreibung von T, ergibt sich aus ( 2-65): 2 2 dv 2 dv ρm gsinθ( h z) = ρmlt + aiρs ( λd) sinα ( 2-66) dz dz Die integrierte Form dieser Gleichung muss unter den von Takahashi vorausgesetzten Randbedingungen (Takahashi, 1991a, Seite 48) im Falle einer Feststoffkonzentration von Cs = 0 (λ = 0) über einer rauhen Sohle der durch die Formel ( 2-10) gegebenen Geschwindigkeitsverteilung entsprechen. Es gilt dann v = 0 auf der Höhe z = 0. Aus Gleichung ( 2-66) folgt dann 2

44 42 Daniel Weber (WSL, 2004) ( 0) b 0 dc z = mit b 0 = ( 2-67) Folglich ergibt sich für die Geschwindigkeitsverteilung eines turbulenten Schlammstromes in einem rauhen Gerinne v v * 2 ( z 2 ) ai sin α ρ + λ S ( d ) z h h κ ρm h = ln ( 2-68) κ 2 b0dc b0dc 2 ai sin α ρs + λ ( d ) 2 h + h 2 κ ρm h 2 Diese Gleichung impliziert, falls die anderen Bedingungen nicht geändert werden, dass der Anteil der turbulenten Verluste gross ist, wenn entweder die relative Abflusstiefe h/d gross oder die Feststoffkonzentration klein wird. In beiden Fällen wird sowohl im Zähler wie auch im Nenner der rechte Term unter der Wurzel in Gleichung ( 2-68) klein. Dieser beschreibt den Energieverlust durch die Partikelkollisionen. Die Geschwindigkeitsverteilung nähert sich jener eines turbulenten Reinwasserabflusses an. 2.4 Kombinierte Ansätze Mih (1999) verglich die experimentellen Daten Bagnolds mit der zugehörigen Gleichung ( 2-49), in welcher er den Term a i sinα i an die Maximalkonzentration C* = 0.74 anpasste. Die Abweichungen erklärte Mih mit Bagnolds Vernachlässigung des viskosen Anteils. Anstelle der Unterscheidung von inertialem und viskosem Regime schlägt er einen totalen Kornscherungsverlust τ G vor, der sich aus dem viskosen Verlust τ V und dem Kornkontaktverlust τ I zusammensetzt. τ = τ + τ ( 2-69) G V I Aufgrund geometrischer Überlegungen und unter Verwendung des Geschwindigkeitsgradienten der intergranularen Flüssigkeit erhält er 2 λ dv τ V = A VηF ( 2-70) 1+ λ dz Darin ist η F die Viskosität der Flüssigkeit und λ durch Formel ( 2-47) gegeben. Die Proportionalitätskonstante A V nennt Mih kurz den Viskositätskoeffizienten. Unter Verwendung von ( 2-49) und ( 2-70) in ( 2-69), angewendet auf Bagnolds Daten, erhält er für A V den durchschnittlichen Wert 7.8. Der zweite Term aus ( 2-69), τ I, ist eine Funktion aus der durchschnittlichen Anzahl Körner pro Flächeneinheit, P, der durchschnittlichen Kollisionsfrequenz der Körner, F, und dem Momententransfer während einer Kollision, M. Unter zusätzlicher Berücksichtigung, dass die Flüssigkeit in unmittelbarer Nähe des Korns ebenfalls mitbeschleunigt resp. mitverlangsamt wird (sogenannte added mass oder hydrodynamic mass), erhält er schliesslich:

45 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 43 τ I 1.5 = ρsa I ρf ρ S 1+ e (1 e) 0.5 dv d dy λ 2 ( 2-71) Die Proportionalitätskonstante A I wird als impact constant bezeichnet und e ist der coefficient of restitution der Körner. Unter Verwendung verschiedener Datensätze (Tabelle 2-4) erhält Mih A I = Damit ergibt sich der gesamte Kornscherungsverlust zu: τ G = λ dv e dv.8 F S d 1 dz F (1 e) dy η + ρ λ + λ + ρ ρ S ( 2-72) Tabelle 2-4: Von Mih (1999) verwendete Datensätze Autor Feststoff (Kugeln) Fluid ρ S /ρ F Bagnold, 1954 Blei/Wachs Wasser Blei/Wachs Glycerin Savage, 1978; Savage und McKeown, 1983 Styropor Salzwasser Savage und Sayed, 1984 Styropor Luft Glas Luft Wang und Campbell, 1992 Glas Luft Stahl Luft Gegenüber Takahashis Formel ( 2-49) ist hier neben dem Verlust aus dem Zusammenprall der Körner auch der zusätzliche, durch die Präsenz der Körner verursachte viskose Scherverlust berücksichtigt. Damit ist Formel ( 2-71) zwar eine genauere Beschreibung der Physik, in der praktischen Anwendung ist man aber neben dem Koeffizienten e zusätzlich noch auf den Schergradienten dv/dz angewiesen. Ebenfalls gilt es zu berücksichtigen, dass Mih für die Herleitung der Koeffizienten A V und A I auf Daten aus Laborversuchen zugreifen musste (Tabelle 2-4). Inwieweit sich die so ermittelten Werte direkt auf natürliche Murgänge übertragen lassen, liess er unbeantwortet. O'Brien und Julien (1985) schlugen das sogenannt Quadratische Modell vor, welches neben einer Grenzschubspannung (τ Y ), einen viskosen (τ V ), turbulenten (τ T ) und dispersen (τ D ) Term aufweist. Es gilt: 2 2 ( ρm + ai sin αρ S ( λd) ) dv dv τ = τ Y + η + l ( 2-73) dz dz mit η als dynamischer Viskosität der Matrix, ρ M als Dichte der Mischung, l als Mischungsweg und a i sinαρ S (λd) 2 nach Bagnold gemäss ( 2-49). In ( 2-73) entsprechen die ersten beiden Terme der rechten Seite dem Ansatz von Bingham ( 2-21), der dritte Term ist die Summe der turbulenten und kollisionsbedingten Verluste. Nach Julien und Lan (1991) ist der turbulente 2

46 44 Daniel Weber (WSL, 2004) Parameter meist viel kleiner als der dispersive. Zusätzlich führten sie die dimensionslose Form von ( 2-73) ein. Sie lautet: ( 1+ T *) a sin αd * τ * = 1+ d i v ( 2-74) Darin ist τ* die dimensionslose Form der Überschussscherspannung (excess shear stress) τ τ τ * = dv η dz Y ( 2-75) T d * das dimensionslose Verhältnis der turbulenten zu den dispersiven Spannungen ρml Td * = a sin αρ i 2 S ( λd) 2 ( 2-76) und D v * das dimensionslose Verhältnis der dispersiven zu den viskosen Spannungen ( λd) 2 ρs dv D v * = ( 2-77) η dz Für die Datensätze von Bagnold (1954), Govier et al. (1957) und Savage und McKeown (1983) stellte er τ* gegenüber D v * dar. Er postulierte, dass wenn τ* 1 geht, das Bingham Modell genügend genaue Resultate liefert. Für τ* > 4 hingegen wird der quadratische Term dominant, d. h. ein rein turbulentes oder dilatantes Modell (oder eine Kombination der beiden) kann angewendet werden. Dazwischen wird der Gebrauch des quadratischen Modells empfohlen. Die entsprechenden Grenzwerte für D v * lauten 30 resp Man beachte, dass D v * beinahe identisch ist mit der Bagnoldzahl N nach ( 2-46). Es gilt D v * = λ 3/2 N. Schliesslich sei noch das generalisierte viskoplastische Modell von Chen (1988b) erwähnt. Den Verlustterm in Fliessrichtung gibt er zu: n dv τ = τc cos ϕ + p sin ϕ + η1 ( 2-78) dz Darin ist ϕ der innere Reibungswinkel, p der dynamische Druck, η 1 ist der sogenannte Konsistenz-Index und n ein Exponent. Dieser variiert in Anlehnung an Bagnold zwischen 1 und 2. Bei sehr hohen Konzentrationen kann n sogar Werte über 2 annehmen. In ( 2-78) beschreiben die ersten beiden, von der Scherrate unabhängigen Terme nichts anderes als das Bruchgesetz von Mohr-Coulomb (Lang et al., 1996) und damit eine Grenzspannung, die überwunden werden muss, damit ein Fliessen überhaupt einsetzen kann. Mit dem dritten Term schliesslich kann je nach Wahl von η 1 und n ein Newton'sches, viskoplastisches, dilatantes oder exponentielles Fliessverhalten beschrieben werden. Von der Form her entspricht ( 2-78) der Formulierung eines Herschel-Bulkley Fluids ( 2-20) mit τ Y = τ C cosϕ + psinϕ. Chen (1988a; 1988b) berücksichtigt in seinem Model aber auch explizit die Normalspannungen, also Kräfte, welche senkrecht zur Sohle wirken. Für diese schreibt er mit η 2 (analog zu η 1 ) als sogenanntem Quer- Konsistenzindex

47 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 45 T ZZ n dv = p + η2 ( 2-79) dz Einen neueren Ansatz liefern Franzi und Bianco (1999). Als Widerstandsterme in Fliessrichtung berücksichtigen sie analog zu O'Brien und Julien (1985) eine Grenzschubspannung zusammen mit viskosen, turbulenten und dilatanten Verlusten. Zusätzlich betrachten sie aber auch die senkrecht zur Fliessrichtung auftretenden Normalspannungen. T' XZ = τ + τ + τ + τ ( 2-80) Y V T D T ' = p + p + p + p ( 2-81) ZZ S V D W Darin ist p S der statische Druck aufgrund inelastischer Partikelkollisionen, p V ist der Druck aufgrund der Viskosität, p D ist der dynamische Druck aufgrund inelastischer Partikelkollisionen und p W ist der hydrostatische Druck der flüssigen Phase der Mischung. Als treibende Kraft wirkt die Gravitation, ausgedrückt durch die zwei in Fliessrichtung bzw. senkrecht dazu verlaufenden Komponenten h [ C ( ρ ρ ) + ρ ] T ' = gsin θ dz ( 2-82) XZ z S S W W h ( ρ ρ ) T ' = gcos θ C dz ( 2-83) ZZ z S S W Neu ist nun vor allem der Umstand, dass sie das Konzentrationsprofil über die Tiefe berücksichtigen. Abhängig von der Konzentration werden in den Gleichungen ( 2-80) und ( 2-81) von der rechten Seite nur gewisse Terme berücksichtigt. Für Konzentrationen unter 20 % wird der Feststoffanteil vernachlässigt und nur die turbulenten Verluste in Betracht gezogen. Für höhere Konzentrationen werden die dispersen Verluste wichtig. Liegt die Konzentrationen höher als C*, dann sind auch die statischen Spannungen entscheidend. Diesen Grenzwert entnahmen sie Takahashi (1991a). C* gibt die maximal mögliche Konzentration an (dichteste Packung), d. h. höher kann die Konzentration der Abflussmischung nicht sein. Da dieser Ansatz ein Konzentrationsprofil berücksichtigt, eignet er sich auch zu Berechnung von Wasserabflüssen mit mehr oder weniger starkem Geschiebetrieb (Franzi, 2001). 2.5 Anwendbarkeit und Grenzen dieser Modellansätze bei natürlicher Materialzusammensetzung Wie bei allen Modelle sind auch die zugrundeliegenden Vorstellungen für die oben beschriebenen Ansätze Vereinfachungen der tatsächlich ablaufenden Mechanismen. Es ist demnach durchaus legitim, dass die damit beschrieben Physik nicht derjenigen des Realfalls entspricht. Ein wesentliches Ziel der Modellierung liegt ja gerade darin, mit lösbaren mathematischen Formulierungen akzeptable Näherungen zu komplizierteren Sachverhalten zu erzielen. In extremerem Masse trifft das auf empirische Beziehungen zu. Diese könnte man auch als "Black

48 46 Daniel Weber (WSL, 2004) Box"-Modelle bezeichnen, also als Modelle, die nur Input und Output vergleichen und die dazwischen ablaufenden Prozesse als unbekannt belassen. Es ist also nicht verwunderlich, dass die verschiedenen postulierten Ansätze gewisse physikalische Unzulänglichkeiten aufweisen. Iverson (1997) geht in einem einführenden Review eingehend auf die wichtigsten Modelle zur Beschreibung des Fliessverhaltens von Murgängen ein und legt für jedes die kritischen Punkte dar. Das ursprünglich von Johnson (1970) vorgeschlagenen Bingham-Model ( 2-21) kombiniert zwar plastische und viskose Eigenschaften, lässt aber die Interaktion der gröberen Partikel völlig ausser Acht. Zudem wurde beim Gebrauch dieses Ansatzes fast ausschliesslich angenommen, dass sowohl die Grenzschubspannung τ Y als auch die Bingham sche Viskosität η B konstant sind (e. g. Fink et al., 1981). Takahashi (1978; 1980) berücksichtigt demgegenüber in seinen auf den Untersuchungen von Bagnold (1954) aufbauenden Modellen die Verluste durch Korn-zu-Korn Kontakte. Vor allem im inertialen Regime wurde dieser Ansatz für Murgänge angewendet. Nach Iverson (1997) liegt die Problematik darin, dass die Ergebnisse aus Versuchen stammen, bei denen der Einfluss der Gravitation ausgeblendet wurden (Dichte der Partikel = Dichte der Flüssigkeit). Er führt aus, dass beim Abfluss einer Mischung in einem rechteckigen Gerinne, unabhängig von der Rheologie, aus Symmetriegründen die Scherrate entlang der Mittellinie gleich Null sein muss. Nach Bagnold ist die Scherspannung aber sowohl im makroviskosen ( 2-50) als auch im inertialen Regime ( 2-49) von der Scherrate abhängig, d. h. die Scherspannung müsste entlang der Mittellinie ebenfalls gleich Null sein. Nach Gleichung ( 2-43) würde das bedeuten, dass an dieser Stelle auch die Normalspannungen verschwinden müssten. Das wiederum widerspricht aber der Tatsache, dass die Gravitation den Abfluss verursacht. Da nach seiner Meinung sowohl das viskoplastische und das dilatante Model zu grosse Defizite aufweisen, erstaunt es nicht, dass er auch das Modell von Chen (1987; 1988b) ( 2-78) und jenes von O'Brien et al. (1993) ( 2-73) als unzulänglich erachtet. Das erste hält er für eine mathematische Formulierung mit zahlreichen justierbaren Parametern, die eine Verschmelzung der Ansätze von Bingham und Bagnold darstellt. Das zweite entspricht einer reinen Addition der beiden Ansätze und addiert folglich auch die physikalischen Mängel. Den empirischen Beziehungen hält Iverson (1997) ihre praktische Anwendung zugute. Für die Entwicklung eines verbesserten hydraulischen Models ist seiner Meinung nach das explizite Verständnis der physikalischen Prozesse, welche den Massen-, Momenten- und Energiefluss kontrollieren, unabdingbar. Einen Lösungsansatz sieht Iverson (1997) in der Kontinuums-Mischtheorie. Darin werden für beide Phasen separate, aber eng gekoppelte Gleichungen aufgestellt, welche die Massen- und Momentenerhaltung beschreiben. Die Massenerhaltung für die feste und flüssige Phase lässt sich wie folgt formulieren: ( ρsc S ) t + ( ρscsvs ) = ms ( 2-84) ( ρfc F ) t + ( ρfcfv F ) = mf ( 2-85) Darin sind v S und v F die Geschwindigkeit der festen bzw. flüssigen Phase und m S und m F die (positive) zeitliche Veränderung der jeweiligen Phasen pro Volumeneinheit. Es gilt m S + m F = 1 und damit sind die Gleichungen ( 2-84) und ( 2-85) gekoppelt. Die Momentengleichungen lauten S S [ v S t + v S v S ] = TS + ρscsg + f msv S ρ C ( 2-86)

49 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 47 F F [ v F t + v F v F ] = TF + ρfcfg f mfv F ρ C ( 2-87) mit der Gravitationskonstante g, den Stresstensoren der festen und flüssigen Phasen T S und T F, sowie dem Parameter f, der den Momentum-Austausch zwischen den festen und flüssigen Bestandteilen pro Volumeneinheit beschreibt. Fasst man diese beiden Gleichungen zusammen und setzt gleichzeitig voraus, dass m S = m F = 0 ist, dann gilt M [ v t + v v] = ( T + T + T' ) + ρ g ρ ( 2-88) S F Darin sind ρ M als Dichte der Mischung, v als deren Geschwindigkeit und T wie folgt definiert: M ρ = ρ C + ρ C ( 2-89) M S S F F ( ρ C v + ρ C v ) S S S M F F F v = ( 2-90) ρ T' ( v v)( v v) ρ C ( v v)( v v) = ρ C ( 2-91) S S S S F F F T ist der durch die relative Bewegung der beiden einzelnen Phasen zur Gesamtmischung verursachte Anteil an den Spannungsverlusten der Mischung. Physikalisch bedeutet das, dass die Spannungen in einem Zweiphasengemisch nicht gleich der Summe der Spannungsverluste der einzelnen Phasen T S + T F sind, sondern dass noch zusätzliche Spannungen aus der Interaktion der beiden Phasen resultieren. In einem einfachen Einphasenmodel werden diese Verluste nicht explizit berücksichtigt. Der Effekt von f kann allenfalls durch eine entsprechende Wahl der Grösse des Verlustparameters (η B, ξ, etc.) kompensiert werden. Mit diesem Ansatz existiert zwar eine mathematische Formulierung, welche die Physik einer Zweiphasenströmung beschreibt. Das Problem ist, dass sich dieses Gleichungssystem (bis heute) nicht lösen lässt, weil die Grössen gewisser Parameter unbekannt sind. Zudem sind die Parameter abhängig vom Ort innerhalb der Welle und variieren auch zeitlich. Für gewisse Spezialfälle gibt Iverson (1997) mindestens teilweise Lösungen an. Aber auch dazu müssten zur effektiven Lösung Parameter bekannt sein, welche bis jetzt noch nie messtechnisch bestimmt wurden. Der praktische Gebrauch dieses Models ist damit unmöglich. Für granulare Abflüsse postuliert er später denn auch einen auf dem Reibungsansatz von Coulomb basierenden Ansatz (Iverson und Vallance, 2001). Alle in Kapitel 2 vorgestellten Modelle zur Beschreibung des Abflussverhaltens von Murgängen basieren auf gewissen Annahmen. Diese in der Regel vereinfachenden Annahmen können natürlich, wie in den vorhergehenden Abschnitten gezeigt, in Frage gestellt werden. In der einschlägigen Literatur findet darüber denn auch eine breite Diskussion statt, wobei vor allem physikalische Aspekte im Vordergrund stehen. Auf die Anwendbarkeit solcher Ansätze wird nur vereinzelt eingegangen. Meist handelt es sich dann um die Überprüfung eines postulierten Ansatzes anhand von Ergebnissen aus Laborversuchen. Aufbau und Design solcher Versuche richteten sich nach den entsprechenden Modellvorstellungen. Eine systematische Überprüfung der verschiedenen Modellansätze wurde von Koch (1998) mittels eines numerischen Modells durchgeführt. Da er sich auf Daten von natürlichen Ereignissen abstützte, standen ihm nur Angaben zu wenigen Parametern und entsprechender Qualität zur Verfügung. F

50 48 Daniel Weber (WSL, 2004) Seine Ergebnisse zeigten, dass sich mit entsprechender Wahl der Grösse des Verlustparameters für die praktische Anwendung durchaus zufriedenstellende Resultate erzielen lassen. Dabei eigneten sich die "einfacheren" Ansätze wie beispielsweise diejenigen nach Chézy oder Strickler in der Regel besser (Koch, 1998). Eine systematische Überprüfung war aber nicht möglich, da er sich, wie bereits oben erwähnt, nur auf einige dokumentierte reale Einzelereignisse abstützen konnte. Ein wesentlicher Teil der vorliegenden Arbeit widmet sich deshalb der Überprüfung der Anwendbarkeit und einer allenfalls notwendigen Weiterentwicklung der wichtigsten Modellansätze zur Beschreibung des Abflussverhaltens von Murgängen. Dazu zählen laminares und turbulentes Fliessen, viekoplastisches Fliesen (z. B. Bingham'sches Modell) und das dilatante Modell. Bei den ersten beiden Ansätzen ist der Verlustterm zwar nur in einem Faktor enthalten ( Zähigkeit µ, Beiwert nach Chézy C bzw. Strickler k Str ), trotzdem stellt sich die Frage nach seiner Grösse, insbesondere in Relation zur Konzentration der abfliessenden Materialmischung. Bei den letzten beiden Modellen setzen sich die Verlustterme hingegen aus mehreren Parametern zusammen. So stellt sich bei einem Bingham-Ansatz die Frage nach der Grenzschubspannung, bei einem dilatanten Modell die Frage nach der Grösse von a i sinα und insbesondere nach der Wahl des Korndurchmessers d bei einer Materialmischung mit breiter Kornverteilung. Sowohl Bagnold (1954) als auch Takahashi (1991a) verwendeten in ihren Experimenten stets uniforme Körner gleichen Durchmessers - eine Tatsache, die bei der Anwendung dieses Modells auf reale Ereignisse nie systematisch untersucht wurde. Als Datengrundlage dienen in dieser Arbeit die Ergebnisse von eigenen physikalischen Modellversuchen, bei denen der Schwerpunkt auf einer möglichst nahen Abbildung der natürlichen Verhältnisse liegt. Damit wird sichergestellt, dass sich der Aufbau des Experiments nicht an einer konkreten Modellvorstellung orientiert sondern an Beobachtungen von Eigenschaften und Verhalten von natürlichen Murgängen. In erster Linie wird deshalb für die Murgangmischung als Feststoff natürliches Material mit breiter Kornverteilung verwendet, d.h. mit Anteilen der Ton-, Silt-, Sand- und Kiesfraktion. Das gleiche Material wird auch für den Aufbau des erodierbaren 2- bzw. 3-dimensionalen Bachbettes verwendet.

51 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 49 3 Erosion 3.1 Einleitung Der Begriff Erosion wird im Folgenden als Kurzbegriff für Bodenerosion benutz. Doch auch dieser Begriff ist ein Sammelbegriff. So kann Boden durch Niederschlag, anthropogene Einflüsse, konzentrierte Wasserabflüsse und andere Prozesse erodiert werden. Im Zusammenhang mit Gerinnen wird der Prozess Erosion meist zusammen mit dem gegenteiligen Prozess der Deposition bei der Beantwortung von Fragen bezüglich der Sohlenstabilität behandelt. Dabei interessieren einerseits der Transportbeginn und andererseits die Transportkapazität. Der Transportbeginn gibt Antwort auf die Frage, bei welcher Abflussleistung sich welche Partikel zu bewegen beginnen und nicht mehr an Ort und stelle bleiben. Die Transportkapazität beschreibt dagegen, wie viele Partikel bei einem gegebenen Abfluss maximal transportiert werden können. Es ist offensichtlich, dass diese beiden Prozesse verknüpft sind. Bei Wildbächen können nach heftigen Gewittern zum Teil sehr deutliche Erosionsspuren beobachtet werden. Im alpinen Gebirge führen steile Einzugsgebiete mit teilweise grossen Anteilen an undurchlässiger Felsoberfläche dazu, dass sich das Niederschlagswasser relativ schnell im Gerinne konzentriert und einen entsprechenden Abfluss bewirkt. Da die Gerinne steil sind, resultiert eine grosse Fliessgeschwindigkeit mit entsprechender Beanspruchung der Bachsohle. Fliessen in solchen Gerinnen Murgänge ab, herrscht in der Regel ebenfalls eine sehr grosse Sohlenbelastung; tatsächlich können die Erosionsspuren nach einem Murgang ausgeprägter sein als nach einer rein hydraulischen Belastung. 3.2 Modelle zur Beschreibung der Bodenerosion Universal Soil Loss Equation (USLE) Mit der USLE lässt sich der mittlere jährliche Abtrag A als Funktion verschiedener Faktoren nach Gleichung ( 3-1) bestimmen (Smith und Wischmeier, 1957). Diese sind der Regenfaktor R, der Bodenerodierbarkeitsfaktor K, der Topographiefaktor LS, der sogenannte C-Faktor und der Erosionsschutzfaktor P. A = R K LS C P ( 3-1) Der R-Faktor berechnet sich wie folgt: R mit = ( logr ) = E kin r max, 30 3 kin i Ni10 E ( 3-2) Darin ist E kin die Energiedichte des Einzelregens, r max,30 die zugehörige maximale 30-Minuten Intensität, r i die Intensität in [mm/h] und N i die Niederschlagsmenge im Zeitintervall i für ein Ereignis in [mm]. Es ist offensichtlich, dass Gleichung ( 3-2) empirischer Natur ist, da sie nicht dimensionsgerecht ist. Dasselbe gilt auch für die restlichen Faktoren und folglich auch für Formel ( 3-1) als Ganzes. Im Normalfall variiert der jährliche Niederschlag und damit auch der R-

52 50 Daniel Weber (WSL, 2004) Faktor. Deshalb sollte er für eine Mindestbeobachtungszeit von 10 Jahren durch Mittelwertbildung bestimmt werden. Da die Niederschlagsbildung von geographisch-klimatischen Faktoren abhängt, muss R für jedes Untersuchungsgebiet in der Regel neu ermittelt werden (Schramm, 1994). Aus diesem Grund wurden Karten mit der räumlichen Verteilung des R-Faktors erstellt. Der Bodenerodierbarkeitsfaktor K berücksichtigt die zeitlich wenig veränderlichen Bodeneigenschaften. Er berechnet sich aus einer Regressionsbeziehung für den Standardhang (Kantenlänge = 22 m, Neigung = 0.09, Schwarzbrache), aus dem Anteil der Korngrössenklasse d 0.1 mm, dem Gehalt an organischer Substanz, der Aggregatsgrösse und der geschätzten Durchlässigkeit. Der Topographiefaktor LS gibt die Abweichung der Hanglänge und Hangneigung gegenüber dem Standardhang an, während der C-Faktor die Abweichung des Abtrags von der Standardparzelle unter Einbezug verschiedener äusserer Faktoren (Wuchshöhe, Bodenbedeckung und -bearbeitung, Pflanzenreste, Zeitpunkt der erosiven Niederschläge, etc.) berücksichtigt. Der Faktor P erfasst die Wirkung von erosionsmindernden Massnahmen. Detailliertere Angaben zur Berechnung all dieser Faktoren finden sich in Wischmeier und Smith (1978) und Schwertmann et al. (1990). Obwohl die USLE heute in fast allen Teilen der Erde eingesetzt wird, weist sie einige Schwachpunkte auf. Neben der beschränkten Übertragbarkeit (sie wurde für die USA entwickelt) liegt die grösste Einschränkung darin, dass damit die Berechnung für Einzelereignisse oder andere zeitliche Auflösungen nicht möglich ist und Akkumulationsprozesse (Deposition) nicht einbezogen sind. Vielfach wurde deshalb versucht, die rein empirischen Faktoren durch physikalisch basierte Gleichungen zu ersetzen und damit eine Verbesserung zu erreichen (beispielsweise Foster und Wischmeier, 1974; Williams 1975). Eine eingehendere Diskussion dieser Vorschläge gibt Schramm (1994). Trotz zahlreicher Unzulänglichkeiten ermöglichen die USLE und deren Modifikationen die Bewertung unterschiedlicher Bodenschutzmassnahmen. Verfügt man über die lückenlosen Angaben all dieser formalen Parameter, kann eine flächendeckende Beurteilung der Erosionsanfälligkeit (auch in digitaler Form) durchgeführt werden. In der landwirtschaftlichen Praxis ist der Einsatz dieses Modells zur Sicherung der Bodenfruchtbarkeit und des Ertrags durchaus sinnvoll. Will man aber Fragen des Stofftransports und der Gewässerbelastung durch Sedimenteintrag beantworten, ist ein Modell nötig, das den zeitlichen Verlauf der Reaktion des Gebietes auf ein Ereignis simulieren kann Das numerische Modell CREAMS In den 70er Jahren gewann die Gewässerbelastung durch Bodenerosion in den USA zunehmend an Bedeutung. Da mit USLE nur mittlere jährliche Abträge berechnet werden können, war es für diese Fragestellung ungeeignet. Es wurde deshalb 1978 ein Forschungsvorhaben initiiert, auf der Basis bereits bestehenden deterministischer Modellansätze ein Stofftransportmodell zu entwickeln wurde als Ergebnis das numerische Modell CREAMS vorgestellt (Knisel, 1980). CREAMS besteht aus verschiedenen Teilmodellen: einem hydrologisch-hydraulischen Teil, einem Sedimentmodell sowie einem Nährstoff- und Pestizidmodell. An dieser Stelle sollen nur die ersten beiden Teilmodelle kurz behandelt werden. Das hydrologische Modell kann sowohl den Gesamt- als auch den Spitzenabfluss aus einem Berechnungselement berechnen. Die Grösse diese Elements wird durch ein Feld konstanter Neigung gegeben. Für ein Element sind jeweils alle benötigten Parameter konstant. Je nach dem in welcher Form die Niederschlagsdaten vorliegen, werden die Abflüsse unterschiedlich kalkuliert. Beim Vorliegen von Tageswerten kommt das SCS-Curve-Number-Verfahren (z. B. in Chow, 1964) zum Einsatz. Sind

53 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 51 zeitlich höher aufgelöste Daten vorhanden, wird zur Bestimmung des Effektivniederschlags ein auf dem Infiltrationsmodell von Green-Ampt (Green und Ampt, 1911) basierender Ansatz angewendet. Mit dem Erosionsteil wird der Gesamtabtrag pro Einzelereignis für ein ganzes Einzugsgebiet ermittelt. Die benötigten Bodenparameter, welche in den meisten Fällen auf denjenigen von USLE beruhen, können in beliebiger räumlicher Auflösung eingegeben werden. Der Sedimenttransport wird schliesslich anhand der stationären Kontinuitätsgleichung sukzessive von oben nach unten durch die Berechnungsabschnitte (Elemente) berechnet. Da auch in diesem Modell viele USLE-Parameter verwendet werden, ist auch hier die Übertragbarkeit von Erosionskomponenten nur sehr bedingt möglich. Obwohl die zeitliche Auflösung gegenüber USLE (1 Jahr) deutlich verbessert wurde (auf 1 Ereignis), ist sie immer noch sehr limitiert. Zusätzlich ist mit der ungekoppelten Auftrennung in ein Hydrologie- und Erosionsmodell die Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen Abfluss und Erosion unmöglich Andere Modelle Neben CREAMS wurden an verschiedenen Orten andere deterministisch-numerische Modelle entwickelt. Beispielsweise in Deutschland das EROSION2D (Schmidt, 1994), oder das Modellsystem KINEROS (Woolhiser et al., 1990) und dessen Weiterentwicklung OPUS (Smith, 1992). Diese sind in den Originalpublikationen oder, zusammen mit anderen, auch in Schramm (1994) genauer erläutert. Wicks und Bathurst (1996) führten unter dem Namen SHESED eine physikalisch basierte Komponente zur Berechnung der Erosion und des Sedimenthaushalts in das bestehende hydrologische Modell SHE (Système Hydraulique Européen (Abbott et al., 1986a, 1986b)) ein. Für die vorliegende Fragestellung der Erosionseigenschaften von Murgängen können solche Modelle nicht als Ganzes übernommen werden. Die Teilmodule Mobilisierung der Bodenpartikel und Abtransport derselben können aber als Anhaltspunkte dienen Physikalische Untersuchungen zur Bodenerosion Beyer (1998) untersuchte die Erosionsanfälligkeit alpiner Böden sowohl in situ als auch anhand von Laboruntersuchungen. Für diese benutzte sie ein natürliches Material, welches von der Zusammensetzung her derjenigen alpiner Böden entsprach. Ton und Silt machten dabei einen Anteil von ca. 10 % aus. Sie setzte eine neigbare Plattform ein, welche unter einen Regensimulator gestellt wurde. Somit konnte sie nur die Erosion infolge Niederschlags quantifizieren. Der Vergleich ihrer Laborergebnisse mit anhand von USLE berechneten Werten zeigte keine gute Übereinstimmung. Zum gleichen Ergebnis führte auch die Gegenüberstellung der im Feld erhobenen Daten mit den mit USLE berechneten Werten. Beyer (1998) schliesst daraus, dass USLE für alpine Einzugsgebiete nicht geeignet ist. Den Grund dafür sieht sie darin, dass USLE ursprünglich für die Berechnung von Erosionsverlusten von landwirtschaftlichen Flächen erstellt wurde. Für den spezifischen jährlichen Abtrag V A eines alpinen Einzugsgebietes gibt sie folgende empirische Beziehung an: VA = hs FE FV L G ( 3-3) Darin ist h S der im Sommer (Juni bis September) gefallene Niederschlag in [mm], F E der prozentuale Anteil der erodierbaren Fläche am gesamten Einzugsgebiet in [%], F V der prozen-

54 52 Daniel Weber (WSL, 2004) tuale Anteil der vegetationslosen Fläche am gesamten Einzugsgebiet in [%] und L G jährliche Änderung der Länge des Gletschers bezogen auf seine Gesamtlänge ebenfalls in [%]. Das Resultat aus Gleichung ( 3-3) ergibt sich in [m 3 km -2 y -1 ]. Huang et al. (1999) ordneten zwei Plattformen in Serie an, um auch den Einfluss des bereits sedimentbeladenen Oberflächenabflusses (engl.: sheet-flow) berücksichtigen zu können. Sie benutzten ein natürliches Bodenmaterial, welches von einem landwirtschaftlich nutzbaren Boden stammte. Es bestand zu einem grossen Teil aus Silt und enthielt keinen Kiesanteil. Der Aufbau ihres Laborstandes ermöglichte es ihnen, im Boden drainierende oder exfiltrierende Bedingungen zu schaffen. Aufgrund ihrer Messungen kannten sie den Oberflächenabfluss und die Sedimentverfrachtungen. Aufgrund der Ergebnisse konnten sie zeigen, dass bei drainierenden Verhältnissen das Auslösen der Partikel aus dem Gefüge (engl.: detachment) vermindert wird. Tritt dagegen zusätzlich Wasser aus dem Boden aus (seepage conditions), dann erhöht sich die Erosion und der Prozess wird durch die Transportkapazität dominiert. In diesem Fall konnten die Erosionsraten lokal stark verschieden sein und entsprechend änderten sich auch die lokalen Bedingungen. Zudem verglichen sie ihre Ergebnisse auch mit drei existierenden Modellansätzen. Dabei handelt es sich um diejenigen von Meyer und Wischmeier (1969), Foster und Meyer (1972) und Rose et al. (1983), welche hier nicht nähert erläutert werden. (Stattdessen sei auf die Originalliteratur verwiesen.) Aufgrund ihrer Beobachtungen erschien ihnen das Modelkonzept von Rose et al. (1983) am adäquatesten, da darin die drei Prozesse Auslösen (detachment), Transport und Sedimentation gleichzeitig behandelt werden. Bei den anderen Modellen erfolgt eine Netto-Betrachtung pro Rechenelement. 3.3 Transportbeginn Einleitung Theoretisch lässt sich der Bewegungsbeginn eines einzelnen Kornes auf der Sohlenoberfläche aus dem Kräfteverhältnis aller angreifender Kräfte ableiten. Neben der Gravitation G und dem ihr entgegenwirkenden Auftrieb A sind zusätzliche, durch die Strömung des Wassers verursachte Kräfte vorhanden. Es sind dies die Stosskraft F S auf das Korn, welche durch den Staudruck infolge des Umfliessen des Korns entsteht. Diese kann wie folgt formuliert werden: F S 2 v = c SAρF ( 3-4) 2 Darin ist c S ein Formbeiwert und A der Anteil der Projektion des Kornes auf eine Ebene senkrecht zur Fliessrichtung, welcher effektiv der Strömung ausgesetzt ist. v ist die Geschwindigkeit, mit der das Wasser das Korn umfliesst. In einer turbulenten Strömung ergibt sich aus den quer zur Fliessrichtung verlaufenden Impulsen auch eine dynamische Auftriebskraft F A. Mit c A als entsprechendem Formbeiwert kann diese analog zu F S angegeben werden zu: F A 2 v = c A AρF ( 3-5) 2

55 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 53 Mit diesen Kräften lässt sich nun eine Momentenbedingung bezüglich des Auflagepunktes des Kornes formulieren. Mit den Hebellängen a und b ergibt sich ( G A F A ) bfs a = ( 3-6) Diese formal richtige Gleichung lässt sich nun in der Regel nicht lösen, da wichtige Parameter unbekannt sind. Einerseits sind dies vor allem die Hebellängen a und b, welche für jedes Korn von dessen individuellen Auflagebedingungen auf der Unterlage abhängig sind. Auch die Formbeiwerte c S und c A sind nicht oder nur bedingt bekannt. Letztlich ist aber auch die massgebende Geschwindigkeit v unbekannt (Kapitel 2.2.2) Ansätze nach Shields Normalerweise besteht eine Bach- oder Flusssohle aus Körnern mit breiter Kornverteilung. Es ist deshalb schwierig, im Experiment den Transportbeginn objektiv rein durch Beobachtung festzulegen. Aus diesem Grund benutzte Shields (1936) in seiner Grundlagenarbeit über den Transportbeginn ein Einheitskorn. Für verschiedene Korngrössen bestimmte er die Beziehung zwischen Abfluss und Transportrate. Der Transportbeginn entsprach dabei jener Abflussmenge, bei der kein Sediment transportiert wurde. Aus seinen zahlreichen Experimenten resultierte schliesslich eine Beziehung zwischen einer kritischen hydraulischen Belastung τ* cr und der Kornreynoldszahl Re k * nach (2-25) (Abbildung 3-1). τ* cr gibt dabei denjenigen Wert für die hydraulische Belastung τ* an, bei dem Bewegungsbeginn einsetzt. Ist τ* > τ cr, dann herrscht Sedimenttransport, ist τ* < τ* cr, bewegen sich die Körner nicht. τ* ist gegeben durch τ * = ρ ρf S τ ρ 0 F = 1 gd h sin θ ( s 1)d ( 3-7) Aus Gleichung ( 3-7) geht hervor, dass τ* dimensionslos ist. Das Verhältnis von ρ S zu ρ F wird auch als relative Dichte des Sohlenmaterials zum Wasser bezeichnet. Man verwendet dafür meist das Symbol s und den Wert Dieser ergibt sich aus der Dichte für den Standard- Quarzsand (ρ S = 2'650 kg/m 3 ) und derjenigen von Wasser (ρ F = 1'000 kg/m 3 ). Aus ( 3-7) folgt auch, dass τ* proportional zu d -1 ist, d. h. dass bei gegebenen Abflussbedingungen kleinere Körner bereits transportiert werden können, gröbere dagegen nicht. Aus Abbildung 3-1 lässt sich erkennen, dass sich der Verlauf der Kurve des kritischen Shields- Parameters in verschiedene Bereiche aufgeteilt werden kann, die mit den verschiedenen turbulenten Regimen korrespondieren (Chanson, 1999): turbulent glatt Re * k < < τ* cr Übergangsbereich 4 < Re * k < > τ* cr > turbulent vollrauh * 100 < Re k < τ* cr < Dabei zeigt sich, dass bei turbulent vollrauhen Abflussverhältnissen der kritische Shields- Parameter τ* cr beinahe konstant ist. Löst man in diesem Fall ( 3-7) für den kritischen Fall (τ* = τ* cr ) nach τ 0 auf, folgt, dass die kritische Sohlenschubspannung τ 0cr proportional zu Korngrösse d (bzw. d C ) wird.

56 54 Daniel Weber (WSL, 2004) Sedimenttransport τ* cr τ* kein Sedimenttransport Re k * Abbildung 3-1: Shields-Diagramm. Beziehung zwischen τ* cr und Re k *. Ebenfalls in die Graphik eingezeichnet sind die Grenzwerte für Re k * nach Tabelle 2-1 zur Abgrenzung der verschiedenen turbulenten Regimes von Freispiegelströmungen. Shields (1936) führte seine Untersuchungen ausschliesslich für schwach geneigte Gerinne durch. Bei steilen Neigungen unterstützt aber das Gefälle die Destabilisierung der Partikel, der Bewegungsbeginn erfolgt demnach bereits bei tieferer Sohlenschubspannung. Übersteigt die Gerinnneigung den sogenannten Ruhewinkel ϕ S (angle of repose), rollen die Körner auch ohne Wasserabfluss übereinander ab (vgl. Abbildung 3-2). ϕ S θ Abbildung 3-2: Schematische Darstellung des Ruhewinkels für granulares Material bei steiler Neigung. Neuere Untersuchungen geben denn für steile Gerinne auch modifizierte Ansätze zur Bestimmung des Shields-Parameters an. Van Rijn (1993) gab einen Faktor F an, mit dem der Shields- Parameter τ* für flache Gefälle multipliziert werden muss. F ist eine Funktion von ϕ S und θ. Sie lautet: F sin ( ϕ θ) S = f( ϕs, θ) = ( 3-8) sin ϕs

57 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 55 F aus Gleichung ( 3-8) ist mit θ > 0 stets kleiner als 1 und beschreibt mit τ* cr,steil = F τ* cr den Umstand, dass der Bewegungsbeginn bei steilerer Neigung früher einsetzt als bei flachem Gefälle. Es gilt τ* cr,steil < τ* cr. In einem natürlichen Gerinne weichen aber noch andere Bedingungen von den idealisierten Verhältnissen von Shields Versuchen ab. So liegt jeweils ein Kornspektrum vor, aus dem die Sohle aufgebaut ist. Zudem finden sich oft Sohlenformen, die von einem flachen Bett abweichen (z. B. Dünen-Antidünen, Step-Pool-Sequenzen, etc.). In einem umfassenden Review geht van Rijn (1993) auf viele Untersuchungen ein, die dem Einfluss dieser Faktoren gewidmet waren. Der Shields-Parameter τ* nach ( 3-7) (und entsprechend auch der kritische Shields-Parameter τ* cr ) ist eine Funktion verschiedener Grössen. Es sind dies die Abflusstiefe h, die Neigung θ, die Dichte der beiden Phasen ρ S und ρ F und ein charakteristischer Korndurchmesser d C. Verschiedene Untersuchungen zielten darauf ab, die Anzahl der Parameter zu verkleinern. Mehrere Autoren geben τ* bzw. τ* cr als Funktion eines einzelnen hydraulischen Parameters an. Nach Graf und Suszka (1987) kann τ* cr als reine Funktion der Neigung angegeben werden zu 2.2 tan θ cr = τ * ( 3-9) Später fand Suszka (1991) aus einer Datenanalyse eine Beziehung zwischen dem mit dem Term ( tan ϕ' cos θ sin θ) modifizierten Shields-Parameter τ* cr und der relativen Rauheit. Unter Verwendung von d 50 als charakteristischen Korndurchmesser ergibt sich τ0 d50 τ * cr ' = = ρs h ρf 1 gd50 ( tan ϕ' cos θ sin θ) ρf ( 3-10) Der Term ( ϕ' cos θ sin θ) tan berücksichtigt die destabilisierende Wirkung des Sohlengefälles sowie die Festigkeit des Sohlenmaterials über den inneren Reibungswinkel ϕ (vgl. auch Kapitel 3.3.4, weiter unten). Die Konstante und der Exponent der rechten Seite von Gleichung ( 3-10) ergaben sich aus den Ergebnissen seiner Laboruntersuchungen. Da aber die relative Rauheit d 50 /h allenfalls auch von der Neigung abhängig ist, ist eine scheinbare Korrelation nicht auszuschliessen. Berechnet man τ 0 nach Gleichung (2-6) als ρghsinθ und ersetzt auf der rechten Seite die relative Rauheit durch die relative Abflusstiefe h/d 50 bei gleichzeitigem Wechsel des Vorzeichens des Exponenten, so ergibt sich sin θ ( s 1)( tan ϕ' cos θ sin θ) h d = h 50 d ( 3-11) Somit ist die relative Abflusstiefe h/d 50 in beiden Seiten von ( 3-11) enthalten und die Korrelation ist mindestens teilweise bereits impliziert Auf eine kritische Schergeschwindigkeit bezogene Ansätze Chiew und Parker (1994) entwickelten eine Funktion, mit der sich die kritische Schergeschwindigkeit v* cr bestimmen lässt, bei der Sedimentbewegung in steilen Gerinnen einsetzt. Diese ist

58 56 Daniel Weber (WSL, 2004) ebenfalls eine Funktion von ϕ S und θ zusammen mit der Schubspannungsgeschwindigkeit v* nach (2-7). Die Funktion ( 3-12) ist die von ihnen postulierte Gleichung. v * cr tan ϕs = cos ϕs 1 v * ( 3-12) tan θ Ein anderer Ansatz stammt von Yang (1973). Er fand einen Zusammenhang zwischen der kritischen Geschwindigkeit v* cr, dem Partikeldurchmesser d und der Fliesstiefe h in der Form v * V cr S0 2.5 = für Re < 70 ( 3-13) logre 0.06 V S0 bezeichnet darin die Sinkgeschwindigkeit des Partikels, welche gegeben ist zu V S0 4 gd = ( s 1) ( 3-14) 3 c D Wobei s dem Verhältnis von ρ S zu ρ F entspricht und c D ein Widerstandsbeiwert ist, welcher von der auf die Teilchenströmung bezogene Reynoldszahl Re abhängig ist. Diese berechnet sich gemäss (2-24), wobei für die Geschwindigkeit V S0 und für die charakteristische Länge der Korndurchmesser d eingesetzt wird. Damit ergibt sich Re = V S0 ν d ( 3-15) Für Re < 0.1, d. h. für laminaren Abfluss, gilt Re c D = ( 3-16) 24 und für den turbulenten Fall fand Kazanskij (1972) folgende experimentell ermittelte Beziehung c D = ( 3-17) Re Re Aufgrund des Zirkelbezuges der Gleichungen ( 3-14), ( 3-15) und ( 3-16) bzw. ( 3-17) können sie nur iterativ gelöst werden. Diese Formeln basieren auf der Betrachtung eines einzelnen Teilchen in einem ruhenden Fluid. Bei höherer Konzentration weicht aber die Sinkgeschwindigkeit merklich von derjenigen eines Einzelkornes ab. Häufig wird zur Berechnung der Sinkgeschwindigkeit eines Teilchenschwarms folgender Ansatz verwendet: V S S0 ( 1 C ) b = V ( 3-18) S Wan und Wang (1994) geben für b einen konstanten Wert b = 5 an, während Maude und Whitmore (1958) einen Zusammenhang zwischen b und der Reynoldszahl Re nach ( 3-15) feststellen konnte. Neben der Konzentration der Partikel wird auch die Korngrössenverteilung einen Einfluss auf die Sinkgeschwindigkeit ausüben. Bei hohen Schwebstoffkonzentrationen

59 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 57 feiner Partikel ändert sich die Dichte und Viskosität des Fluids und damit der Einfluss auf die Sinkgeschwindigkeit stärker, als bei leichter sedimentierbaren (= grösseren) Körnern. Auch Gleichung ( 3-18) gilt eigentlich nur für den Fall eines Teilchenschwarms in einer ruhenden Flüssigkeit. Bei hohen Reynoldszahlen Re bildet sich die Turbulenz nur in unmittelbarer Nähe der Partikeloberfläche aus. Bezüglich des Effekts der Turbulenz in einem Fluid auf die Sinkgeschwindigkeit findet sich in der Literatur keine eindeutige Antwort. Gemäss Schramm (1994) geben verschiedene Autoren für hohe Reynoldszahlen (für das Fluid) eine Verringerung von c D an, während andere dagegen von einer Erhöhung ausgehen Ansätze nach Schoklitsch Aus der Kombination des Shields-Kriteriums für den Bewegungsbeginn mit der Fliesswiderstandsgleichung nach Manning-Strickler zusammen mit einer Beziehung zur Charakterisierung der Kornrauhigkeit entwickelte Schoklitsch (1962) eine Formel zur Bestimmung des kritischen spezifischen Abflusse q cr, bei welchem Sedimentbewegung einsetzt. Für Gewässer mit einer Kiessohle ergibt sich aus seinen Untersuchungen q gd cr 3 40 = ( ) 5 7 s 1 3 ( tan θ) 6 ( 3-19) Bathurst et al. (1982) modifizierten diesen Ansatz für steile Gerinne (tanθ > 0.02) qcr 2 gd 3 50 = ( s 1) ( tan θ) ( tan ϕ' cos θ sin θ) ( 3-20) Darin bezeichnet ϕ den inneren Reibungswinkel des Sohlenmaterials. (tan sin -sin ) ϕ = Neigung θ [ ] Abbildung 3-3: Verlauf von (tanϕ cosθ-sinθ) 0.5 in Abhängigkeit der Neigung θ für verschiedenen innere Reibungswinkel ϕ.

60 58 Daniel Weber (WSL, 2004) In Abbildung 3-3 ist der Verlauf von (tanϕ cosθ-sinθ) 0.5 in Abhängigkeit der Neigung θ für verschiedenen innere Reibungswinkel ϕ dargestellt. Es zeigt sich, dass der Wert dieser Funktion für θ = 0 gleich dem Wert für tanϕ ist. Mit zunehmender Neigung verkleinert sich dieser Wert, um schliesslich für θ = ϕ gleich Null zu werden. Das bedeutet, dass in diesem Grenzfall das System auch ohne Wasserabfluss bereits im kritischen (Stabilitäts-)Zustand ist. Bathurst (1987a) geben für gleichförmiges kiesiges Material ein vereinfachte Gleichung an: q gd cr 3 50 = ( tan θ) ( 3-21) Rickenmann (1990) gibt unter Voraussetzung von ρ S = kg/m3 eine modifizierte Form dieser Gleichung an, welche den Dichtefaktor (s-1) wieder berücksichtigt: q gd cr 3 50 = ( ) s 1 3 ( tan θ) ( 3-22) Im Zusammenhang mit Murgängen ist dieser Dichtefaktor von speziellem Interesse. Durch die Aufnahme von Feinmaterial welches in der Flüssigkeit suspendiert bleibt, erhöht sich die Dichte der flüssigen Phase ρ F. Damit wird s kleiner und geht im Extremfall gegen 1. Unabhängig von der Grösse des Exponenten von (s-1) verkleinert sich also auch der kritische Abfluss, bei welchem Kornbewegung einsetzt. Je höher konzentriert ein Murgang ist, desto kleiner muss der Abfluss sein, bei dem Bewegungsbeginn einsetzt. Darin widerspiegelt sich die grundlegende und für den fluvialen Transport sicherlich richtige Annahme von Shields, dass der Bewegungswiderstand eines Kornes von dessen Gewicht unter Auftrieb abhängt. Inwieweit sich dieses Konzept auf steile Wildbäche übertragen lässt, ist nicht abschliessend geklärt. Vollständig geklärt ist der Einfluss des Faktors (s-1) aber auch beim fluvialen Bewegungsbeginn nicht, wie die verschiedenen Werte für den Exponenten zeigen (Gleichungen ( 3-19) ( 3-20) ( 3-22) ( 3-23) ( 3-25)). Shields (1936) variierte in seinen umfangreichen experimentellen Untersuchungen auch den Dichteunterschied zwischen der flüssigen und festen Phase. Ausgehend von einem zu Gleichung ( 3-19) analogen Ansatz entwickelten Whittaker und Jäggi (1986) eine Gleichung zur Dimensionierung von Blocksteinwürfen. Sie lautet: q gd cr 3 65 = ( s 1) ( tan θ) 6 ( 3-23) Zur Bemessung von Rampenbauwerken wird im Allgemeinen d 65 herangezogen (Aberle, 2000). Ein neuerer Ansatz schliesslich stammt von Platzer (1997). Er gibt folgende Beziehung an: q gd cr 3 65 = cos θ σ cr ( s 1) τ * tan θ cr ( 3-24) Darin ist σ cr ein Parameter, der die Luftaufnahme der Strömung darstellt. Meist liegen dazu aber keine Messungen vor, weshalb in der Regel σ cr = 1 gesetzt werden kann (Platzer, 1997). Unter dieser Voraussetzung und mit der im Flussbau oft getroffenen Annahme von τ* cr = vereinfacht sich ( 3-24) zu

61 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 59 q gd cr 3 65 = cos θ ( s 1)( tan θ) 1 ( 3-25) Auf die generelle Problematik der Wahl eines charakteristischen Korndurchmessers wurde bereits in Kapitel eingegangen. Insbesondere bei steilen Gerinnen (Wildbächen) ist infolge der vorhandenen morphologischen Strukturen (Step-Pool system) und der breiten Kornverteilung die korrekte Wahl von d C entscheidend. Aberle (2000) benutzte deshalb anstelle von d C die Standardabweichung S der Distanzabweichungen der Sohlenoberfläche zum mittleren Gefälle. Für die ihm zur Verfügung stehenden Daten von Laborversuchen ermittelte er die Beziehung q cr gs 3 = 0.2 sin 1. 3 ( θ) ( 3-26) Tognacca (1999) (vgl. auch Tognacca et al., 2000) leitete aus seinen Versuchen ein Kriterium zur Murgangentstehung ab, welches formal sehr ähnlich zur Schoklitsch-Gleichung nach ( 3-19) ist. Seine Gleichung lautet q crdf gd 3 M 1 ( s 1) 2 7 ( tan θ) 6 = ( 3-27) Der Index DF bezeichnet darin die Abflussbedingung zur Entstehung von Murgängen. Im Gegensatz zu Schoklitsch (1962) benutzte er zur Berechnung des kritischen Abflusses nicht d 40 sondern den mittleren Korndurchmesser d M. Es können also folgende Abflussbedingungen zusammengefasst werden: q* q* crdf Murgangentstehung q* cr q* q* crdf Geschiebetrieb q* q* cr keine Geschiebebewegung Ausgehend von den Ergebnissen zahlreicher Laboruntersuchungen verschiedener Autoren formulierte Takahashi (1987) mehrere Beziehungen zwischen dem dimensionslosen Wasserabfluss und der Gerinneneigung, nach welchen die Art des Geschiebetransportes unterschieden werden kann. Aufgrund seiner Analyse ist die Entstehung von Murgängen im Unterschied zu der Beziehung von Tognacca (1999) allein von einer kritischen Neigung abhängig. Diese ist abhängig von der Feststoffkonzentration des Bachbettes (Lagerungsdichte), den Dichten der festen und flüssigen Phase sowie dem inneren Reibungswinkel des Materials ϕ. Mit seinen Annahmen (ρ S = kg/m 3, ρ F = 1'000 kg/m 3, tanϕ = 0.8 und C* = 0.65) erhielt er die kritische Neigung zu tanθ = 0.25 (θ = 14 ). Demgegenüber können gemäss Takahashi (1987) die sogenannten immature debris flows (vgl. Kapitel 2.3) bei grösserem Wasserabfluss bereits bei kleineren Neigungen ausgelöst werden. In diesem Fall ist der kritische Abfluss eine Funktion der Neigung.

62 60 Daniel Weber (WSL, 2004) 3.4 Sedimenttransport Viele Forscher beschäftigten sich mit der Frage des Geschiebetransports und entsprechend zahlreich sind empirische und semi-empirische Beziehungen postuliert worden. Eine gute Zusammenstellung der erfolgreicheren Formeln findet sich in Chanson (1999). Graf (1984) und später auch van Rijn (1993) und Schramm (1994) diskutierten die verschiedenen Ansätze im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit. Je nach dem unter welchen Bedingungen die Formeln hergeleitet wurden ergeben sich unterschiedliche Anwendungsbereiche. Viele Faktoren beeinflussen letztlich den Geschiebetransport: Abfluss, Neigung, Sohlenmaterial, Bettform, etc.. Im Folgenden wird kurz auf einige wichtige Ansätze eingegangen Formel von du Boys Nach Jäggi (1994) ist die Formel von du Boys (1879) die Basis vieler gebräuchlicher Geschiebetransportformeln. Sie lautet: q S c db 0 ( τ τ ) = τ ( 3-28) 0 0cr Darin ist τ 0 die mittlere Sohlenschubspannung, τ 0cr der Grenzwert derselben für den Transportbeginn und c db ein Koeffizient. Nach du Boys (1879) ist also die Transportrate q S [m 3 /s] proportional einerseits zur Sohlenschubspannung generell und andererseits sozusagen zum überschüssigen Anteil. Aus ( 3-28) folgt, dass c db dimensionsbehaftet sein muss. Zu diesen Koeffizienten gibt es nur wenige Untersuchungen. Aus Laborexperimenten fanden Schoklitsch (1914) c db = 0.54 ( ρ ρ )g ( 3-29) S F und Straub (1935) 3 4 c db d ( 3-30) ETH-Formeln Eine bekannte und vielbenutzte Formel ist diejenige von Meyer-Peter und Müller (1949): q S ( s ) 1 gd 3 = 4 3 ( τ * τ * ) 2 cr ( 3-31) Der linke Term ist ein dimensionsloser Parameter, der das Verhältnis der Transportrate zum Gewicht eines Einzelkorns unter Auftrieb angibt. Zur Berechnung von τ* verwendeten Meyer-

63 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 61 Peter und Müller (1949) das reduzierte Gefälle 1 sinθ und τ* cr setzten sie gleich Bei Hochwasserabflüssen gilt näherungsweise sinθ = sinθ. Der ideale Anwendungsbereich dieser Formel sind kiesführende Flüsse mit Gefällen bis etwa 2.3 %. Smart und Jäggi (1983) führten ihre Versuche in steilen Neigungen bis 25 % durch und fanden eine Beziehung in der Form q S ( s ) 1 gd 3 = 4 d s 1 d V v * 0.6 ( sin θ) τ *( τ * τ * ) cr ( 3-32) Die grundsätzliche Ähnlichkeit mit der Gleichung von Meyer-Peter und Müller (1949) zeigt sich, wenn τ* gross wird und τ* cr vernachlässigt werden kann. In diesem Fall resultiert wieder ungefähr τ* 2/3. Des weiteren findet sich in ( 3-32) mit V/v* eine Form von Rauhigkeitsparameter, welcher mit (sinθ) 0.6 multipliziert beinahe gleich der Froudezahl des Abflusses nach (2-26) ist. Schliesslich wird auch noch die Breite der Korngrössenverteilung berücksichtigt. Rickenmann (1990) untersuchte, ebenfalls im steilen Bereich, den Einfluss der Dichte des Fluids. Durch Zugabe von Ton konnte die Dichte im Bereich 1'000 kg/m 3 <ρ F < 1'400 kg/m 3 variiert werden. Dementsprechend ist in dieser Formel der Einfluss der relativen Dicht s, und damit ein wesentlicher Faktor im Zusammenhang mit Murgängen, besser etabliert. Die Formel lautet: q S ( s ) 1 gd 3 = 3.1 d s 1 d Fr 1.1 τ * ( τ * τ * ) cr ( 3-33) Die Ähnlichkeit von ( 3-32) mit ( 3-33) ist augenfällig Das Verfahren nach Wan und Wang (1994) Seit den 70er Jahren wird von chinesischen und auch russischen Forschern mit einigem Erfolg eine empirisch ermittelte Beziehung für die Konzentration C S verwendet. Sie ist mit V S0 nach ( 3-14) gegeben zu 3 V CS ( 3-34) ghv S0 Bei höheren Konzentrationen feiner Partikel wird die Konzentration anhand von Gleichung ( 3-34) aber unterschätzt, weil damit die Veränderung der Sinkgeschwindigkeit V S infolge der Viskositätszunahme nicht berücksichtigt wird. Für die Feststoffkonzentration im Gleichgewichtsfall geben Wan und Wang (1994) folgende Berechnungsformel an: 1 In Rauhgerinnen verursachen grobe Komponenten ähnlich wie Sohlenformen zusätzliche Energieverluste. Das reduzierte Gefälle berücksichtigt diese Verluste.

64 62 Daniel Weber (WSL, 2004) 3 ρ M V C S = 0.03 ( 3-35) ρs ρm ghvs ρ M bezeichnet darin die Dichte des Wasser-Feststoff-Gemisches und kann aus den Dichten der beiden Phasen einfach nach ( ρ ) ρ ( 3-36) M = ρf + CS S ρf berechnet werden. V S berechnen sie nach ( 3-18). Sowohl ( 3-18) als auch ( 3-36) hängen von Feststoffvolumenkonzentration C S ab, d. h. Gleichung ( 3-35) lässt sich nur iterativ lösen. Hat man die Feststoffkonzentration für den Gleichgewichtsfall ermittelt, berechnet sich die maximal mögliche spezifische Transportrate g S in [kg/ms] einfach nach g S = C ρ q ( 3-37) S F F Dieses Berechnungsverfahren kann für Feststoffkonzentrationen bis C S = 500 kg/m 3 und einen Korngrössenbereich von Silt bis Grobsand angewendet werden Der vereinfachte Ansatz Für die beiden Formeln ( 3-32) und ( 3-33) gibt es eine vereinfachte Version, welche die Einflüsse der Kornverteilung, des kritischen Shields-Faktors und der Querprofilform vernachlässigt. In diesem Fall lautet die allgemeine Form (vgl. Tognacca, 1999): Q S 1 F A ( tan θ) 2 = A Q ( 3-38) Das bedeutet, dass der Geschiebetransport in Kubikmeter Feststoff pro Sekunde ein einfache Funktion des dafür verantwortlichen Reinwasserabflusses ist. Für die Koeffizienten A 1 und A 2 werden von verschiedenen Autoren verschiedenen Werte abgegeben, welche empirisch bestimmt wurden (Tabelle 3-1). Sie gelten jeweils nur innerhalb eines gewissen Gefällebereichs. Tabelle 3-1: Koeffizienten für die vereinfachte Geschiebetransportformel Autor A 1 A 2 tanα Gültigkeitsbereich α Smart und Jäggi (1983) Mizuyama (1981) Rickenmann (1990) Gleichung ( 3-38) lässt sich nicht auf steilere Verhältnisse extrapolieren. Bei sehr grossen Gefällen ergeben sich damit nämlich Feststoffkonzentrationen die höher sind als C*, in gewissen Fällen sogar grösser als 1. Tognacca (1999) entwickelte deshalb eine neue Trans-

65 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 63 portformel, welche einerseits auf den Ergebnissen seiner eigenen Experimente (Tognacca et al., 2000) und andererseits auf den Ergebnissen von Smart und Jäggi (1983) basiert. Aus der empirischen, aus den Daten abgeleiteten Beziehung C S C * 0.8 ( ( θ) 2.15) tanh 7.1 tan = f( tan θ) = ( 3-39) 2.3 und unter Einbezug folgender Definition für C S C S QF = ( 3-40) Q + Q F S folgt schliesslich Q S ( tan θ) QF f( tan θ) C * f = ( 3-41) 1 C * Gleichung ( 3-39) ist einzig von der Neigung abhängig. Ihre Verwendung in ( 3-41) führt dazu, dass die transportierte Feststoffmenge nicht nur vom Wasserabfluss sondern auch noch von der maximalen Lagerungsdichte des Materials abhängig ist. Für verschiedene Werte von C* ist der Verlauf der Feststoffkonzentration C S in Abbildung 3-4 dargestellt. Diese Abhängigkeit begründet sich im gedanklichen Modell, dass ein aus Lockergestein aufgebautes Bodenvolumen zuerst aufgesättigt werden muss und die Stabilität erst dann verliert, wenn der gesamte Porenraum mit Wasser gefüllt ist bzw. noch mehr Wasser dazukommt. Kann das Material trocken also dichter gelagert werden, womit sich C* erhöht, dann kann bereits mit einer kleinen Zugabe von Flüssigkeit das Gefüge aufgebrochen werden und entsprechend ergibt sich eine höhere Feststoffkonzentration des entstandenen Gemisches. Unberücksichtigt bleibt aber die Tatsache, dass sich die Stabilität eines Lockermaterials mit zunehmender Lagerungsdichte in der Regel erhöht (Lang et al., 1996). CS [-] tanθ [-] C* = Abbildung 3-4: Konzentrationsverlauf nach ( 3-39) in Abhängigkeit der Neigung und der maximalen Feststoffkonzentration.

66 64 Daniel Weber (WSL, 2004) 3.5 Erosionsleistung von Murgängen Laboruntersuchungen zum Erosionsverhalten von Murgängen gibt es nur wenige. Bis dato richtete sich das Augenmerk vielmehr darauf, wie Murgänge infolge progressiver Erosion entstehen können (Tognacca, 1999). In Laboruntersuchungen wurden teilweise Murgänge generiert, indem mittels einer Schwallwelle Lockermaterial der Bachsohle schlagartig mobilisiert wurde (Takahashi, 1980). Hingegen ist aus Beobachtungen nach Murgangereignissen bekannt, dass zum Teil extreme Erosionsspuren hinterlassen werden. Sohleneintiefungen um mehrere Meter sind keine Seltenheit (beispielsweise Haeberli et al., 1991; Kronfellner-Kraus, 1984). Die meisten heute vorhandenen Erkenntnisse zur Erosionsleistung von Murgängen basiert denn auch auf Erhebungen aus dem Feld Die Abschätzung der maximalen Geschiebefracht nach Kronfellner-Kraus Nach Kronfellner-Kraus (1987) ist die quantitative Abschätzung hydraulischer Grössen von Wildbächen deshalb besonders schwierig, weil Hochwasser und Materialtransport in kleinen und steilen Einzugsgebieten riesigen Schwankungen unterliegen können. Nach seiner Einschätzung lassen sich am ehesten noch mögliche Extreme abschätzen. Er suchte deshalb nach einer allgemeingültigen einfachen Beziehung, welche die Einzugsgebietsgrösse E [km 2 ] als Mass für die Hochwasserfracht und das Gefälle J (=tanθ) in den Erosions- und Transportstrecken beinhaltet (Kronfellner-Kraus, 1982). Er fand für die extreme Geschiebefracht G S [m 3 ] eines Ereignisses die Beziehung GS = K KEJ ( 3-42) mit K K als Faktor für die Wildheit (Wildbachlichkeit, Torrentialität), welcher die Abtragshöhe charakterisiert. Er hat die Einheit [m]. Anhand der Daten von mehreren 100 Ereignissen aus Österreich fand er eine Beziehung zwischen K K und der Einzugsgebietsgrösse E. Sie lautet: k K K = ae ( 3-43) e Darin sind a und k Konstanten. Diese bestimmte er für verschiedene Gebiete Österreichs gemäss Tabelle 3-2. Tabelle 3-2: Konstanten k und a der Gleichung ( 3-43) für Wildbacheinzugsgebiete verschiedener Regionen Österreichs (Kronfellner-Kraus, 1984). Zone Lage in Österreich Geschiebepotential k a I a alpines Hochgebirge sehr hoch I b alpines Hochgebirge übrige II a äussersten Westen, Osten und Süden sehr hoch II b äussersten Westen, Osten und Süden übrige III Alpenvorland alle

67 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 65 Kronfellner-Kraus (1984) trug ebenfalls die Daten von Erosionsrinnen auf Schwemmkegeln zusammen. Aus der Analyse konnte er einen Zusammenhang zwischen der Tiefe dieser Rinnen t [m] und dem Gefälle des Schwemmkegels feststellen. Für die maximale Tiefe gilt: t = J ( 3-44) Nach seinen Ausführungen gilt diese Beziehung vor allem für durchschnittlich grobkörnige Schwemmkegel und alluviale Umlagerungsstrecken. Für Gräben, Runsen, sehr feinkörnige Böden und steile Hänge ist sie nicht geeignet. Allerdings zeigt die Analyse der 1987er Ereignisse der Schweiz, dass die maximale Erosionstiefe von Murgängen im eigentlichen Gerinne ebenfalls mit dieser Methode abgeschätzt werden kann, wobei in wenigen Fällen Überschreitungen festgestellt werden mussten. Der Grossteil der verglichenen Werte lag dagegen teilweise deutlich tiefer (Haeberli et al., 1991) Der Ansatz nach Hampel Nach Hampel (1980) kann aus dem Gefälle des Ablagerungskegels von Murgängen θ K sowie dem mittleren Korndurchmesser d M des abgelagerten Materials auf den Geschiebeanteil geschlossen werden. Da die Bestimmung von d M sehr aufwendig ist, gibt er als günstigen Mittelwert d M = 0.1 m an. Damit lautet seine Beziehung G SG Q ( θ 1.23) = tan ( 3-45) K wobei G SG der abgelagerte Geschiebeanteil der Gesamtgeschiebefracht G S und Q die Hochwasserfracht ist. Der anhand von ( 3-45) berechnete Geschiebeanteil berücksichtigt folglich die aus dem Ablagerungskegel weggeschwemmten Schwebstoffe (Feinmaterial) nicht. Nach Hampel (1980) kann über die Beziehung GSG G S = L ( 3-46) k die Gesamtgeschiebefracht G S aus dem abgelagerten Anteil G SG berechnet werden. Darin bezeichnet L die Länge, auf der das Geschiebe verfrachtet wurde, und k ist ein Parameter, der die Schwebstoffbildung beschreibt. Er ist von der Gesteinsart und dem Gefälle abhängig. Für die österreichischen Zentralalpen gibt Hampel (1980) k = 0.66 und für die österreichischen Kalkalpen k = 0.8 an. Um Gleichung ( 3-46) anwenden zu können, muss der Wasserabfluss Q bekannt sein. Dieser wird aus dem über dem Einzugsgebiet E gefallenen Niederschlag berechnet. Die Regenhöhe des Gewitterregens h G korreliert mit der 100-jährlichen Tagesniederschlagshöhe h 100 und der Höhenlage über Meer H U. Es gilt: H = U hg h100 1 ( 3-47) 2300

68 66 Daniel Weber (WSL, 2004) Von dieser Regenhöhe geht ein gewisser Anteil verloren (z. B. Versickerung). Sämtliche Verluste werden im Faktor ψ0 zusammengefasst. Somit kann die Hochwasserfracht gemäss nachstehender Beziehung berechnet werden. Q = h E ( 3-48) ψ 0 G Aus der Zusammenfassung dieser Gleichungen und unter Einbezug eines von Hampel (1980) eingeführten Korrekturfaktors (= 13/tanθ K ) folgt schliesslich G S = 4.42Eh 100 ψ 0 ( tan θ 1.23) K k L 2.63 tan θ HU K ( 3-49) Der Vergleich von geschätzten Werten für die Murenfracht und den mittels ( 3-49) berechneten Werten zeigt, dass die Abweichungen für einen grossen Teil der betrachteten Fälle innerhalb ± 100 % liegt. In anderen Fällen können die Abweichungen aber sehr extrem ausfallen. Ein ähnlicher Ansatz wird auch im Technical standard for the measures against debris flow des japanischen Bauministeriums angegeben (Mizuyama und Ishikawa, 1988). Auch darin wird das transportierte Feststoffvolumen aus der Multiplikation des Wasserabflussvolumens, bestimmt aus dem Tagesniederschlag und der Einzugsgebietsgrösse, und einer Feststoffkonzentration berechnet. Zusätzlich wird die über den Porenvolumenanteil die Lagerungsverhältnisse des erodierbaren Materials berücksichtigt. Die Formel wird durch einen Korrekturfaktor ergänzt, welcher in etwa einem von der Grösse des Einzugsgebiets abhängigen Abflusskoeffizienten entspricht. Sowohl diese Beziehung als auch diejenigen von Hampel (1980) und Kronfellner-Kraus (1984) sind empirische Beziehungen, welche auf der Analyse von beobachteten Auswirkungen und vorangegangenen Einwirkungen beruhen. Insbesondere die Verwendung von Korrekturtermen machen dies deutlich Die russischen Feldexperimente im Chemolgan-Bach Im Sommer 1970 begann man in der damaligen sowjetischen Teilrepublik Kasachstan mit der Einrichtung eines Testgebietes, in welchem im freien Feld unter natürlichen Bedingungen Experimente durchgeführt werden konnten. Um künstlich Murgänge generieren zu können, erbaute man als erstes einen Damm mit einem Wehr. Damit liessen sich mehrere Tausend Kubikmeter Wasser aufstauen und kontrolliert ableiten. Das daran anschliessende Gerinne des Chemolgan-Baches wurde auf einer Länge von 6.7 km mit 102 Querprofilen vermessen (Khonin et al., 1976). Grob können vier Abschnitte ausgeschieden werden. Unmittelbar an das Staubecken schliesst eine erste Erosionszone an, gefolgt von einer Transitstrecke (Abbildung 3-5). Am Ende dieser Transitstrecke befindet sich an einer felsigen Stelle ein erster Kontrollquerschnitt. Daran schliesst erneut eine kleinere Erosionszone an. Der letzte Abschnitt ist schliesslich noch die flachere Auslaufstrecke. Obwohl diese Anlage einzigartig ist, ist in der westlichen Welt bisher nur wenig darüber bekannt. Das liegt unter anderem daran, dass fast alle Publikationen in russisch verfasst wurden. Die meisten hier zitierten Veröffentlichungen sind (vorderhand) WSL-interne Übersetzungen der russischen Originalpublikationen. Eine englische Gesamtpublikation der wichtigsten

69 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 67 Artikel ist in Zusammenarbeit mit dem Kasachischen Forschungsinstitut für Hydrometeorologie in Vorbereitung und wird voraussichtlich im Jahre 2001 publiziert. Höhe [m.ü.m.] Erosionsstrecke Transitstrecke Damm Kontrollquerschnitt Länge [m] Abbildung 3-5: Russisches Feldtestgebiet am Chemolgan-Bach Das Testgebiet kann durchaus mit Schweizerischen Verhältnissen verglichen werden. Sowohl die Grösse dieses Testgerinnes als auch die Wasserdurchflussmengen, welche durch das Öffnen der Schleuse reguliert werden, entsprechen hiesigen Verhältnissen. Zudem sind auch die geologisch-lithologischen Bedingungen sehr ähnlich. Das Lockergestein besteht aus Granit und Diorit, mit Materialdichten von 2'650 kg/m 3 resp. 2'900 kg/m 3. Vardugin (1976) gibt die Lagerungsdichte trocken für granitischen Detritus mit 2'520 kg/m 3 und für dioritischen mit 2'780 kg/m 3 an. Daraus resultiert eine Porosität von lediglich 5 % bzw. 4 %, was als sehr tief bezeichnet werden kann. Allerdings bezeichnet er mit Detritus Material, welches vom Murgang abgelagert wurde. Bei seinen Untersuchungen berücksichtigte er vor allem Material mit groben Komponenten. Es darf also davon ausgegangen werden, dass die Hohlräume mit feinerem Material verfüllt wurden, welches vor allem im hinteren Teil des Murgangs (tail) mitgeführt wurde. Tatsächlich gelten für den Boden der Erosionszonen andere Werte (Vardugin und Spektorman, 1976): Raumdichte feucht 2'260 kg/m 3, Feuchtegehalt etwa 2 %, Raumdichte trocken 2'210 kg/m 3 und Materialdichte im Durchschnitt 2'700 kg/m 3. Aus diesen Werten ergibt sich eine Porosität von 18 %, ein Wert der etwa im Rahmen von Untersuchungen zu Böden in der Schweiz liegen (SNV, 1998). Es wurden ebenfalls ausgedehnte granulometrische Messungen gemacht. Es wurde Material aus dem Einzugsgebiet, den Erosions- und Ablagerungszonen sowie aus verschiedenen Orten entlang dem Gerinne beprobt. Abbildung 3-6 zeigt die Korngrössenverteilung eines Murgangmaterials aus dem Chemolgan. In der Vorbereitungsphase eines Versuchs wurde das Wasser aus dem oberhalb des Dammes liegenden Einzugsgebietes hinter dem Damm aufgestaut. Filmkameras wurden installiert, zudem verschiedenen Messgeräte wie Echolote, Geophone und andere. Der eigentliche Versuch begann jeweils durch das Öffnen des Schiebers im Damm. Obwohl sich dieser nicht schlagartig öffnen liess zum vollständigen Öffnen benötigte man 2 Minuten und zum Schliessen rund das Doppelte (Zems et al., 1976) konnten beim Wehr Abflüsse von gut 16 m 3 /s produziert werden. Je nach dem wie lange dieser Abfluss aufrechterhalten wurde, konnte der Gesamtabfluss gesteuert werden. Die Daten aus den Jahren 1972, 1973, 1975 und 1976

70 68 Daniel Weber (WSL, 2004) standen zu Verfügung. Der Gesamtabfluss betrug entsprechend 11'800 m 3, 40'600 m 3, 15'100 m 3 bzw m % Siebdurchgang (kumuliert) 80% 60% 40% 20% 0% Korndurchmesser [mm] Abbildung 3-6: Korngrössenverteilung des Murgangmaterials aus dem Chemolgan-Fluss. Im Nachgang zu einem künstlich ausgelösten Murgang wurden die 102 Querprofile jeweils wieder neu vermessen. Das Erosionsvolumen (und entsprechend das Depositionsvolumen) wurde dann aus der Multiplikation der Querschnittsveränderung mit der Distanz zum vorherigen Messprofil abgeschätzt. Zusammen mit den hydraulischen Daten (Ganglinien und z. T. Abflussgeschwindigkeiten sowie -tiefen) steht ein umfangreicher Datensatz zur Verfügung, der auch Aussagen bezüglich der Erosionsleistung der Murgangabflüsse zulässt. Die entsprechenden Untersuchungen der russischen Wissenschafter können der bereits erwähnten Publikation (Rickenmann et al., in prep.) entnommen werden. Für die vorliegende Arbeit sind insbesondere die Angaben zur volumetrischen Bachbettveränderung mit den Abflussdaten der verursachenden Murschübe interessant (Rickenmann et al., 2003). Dank diesen Daten können die aus den eigenen Laborversuchen abgeleiteten Beziehungen mit Naturdaten verglichen werden. Die Feldexperimente aus dem Chemolgan werden deshalb in Kapitel 12 im Zusammenhang mit den Auswertungen zur Erosionsleistung der (Labor-) Murschübe nochmals detaillierter aufgegriffen. 3.6 Anwendbarkeit und Grenzen dieser Ansätze auf die Erosionsleistung von Murgängen Modelle zur Beschreibung der Bodenerosion, wie sie in Kapitel 3.2 beschrieben wurden, lassen sich sicher nicht direkt zur Berechnung der Erosionsleistung von Murgängen verwenden. Grundsätzlich wurden diesen andere Prozesse zugrunde gelegt, als sie beim Abfluss von Murschüben auftreten. So wird von grossflächiger Erosion von Einzelpartikeln an der Bodenoberfläche ausgegangen. Auch wenn gewisse funktionelle Parameter in einen Ansatz für Murgänge übernommen werden könnten, so wären diese doch wieder anhand breiter Untersuchungen bezüglich ihres Wertes neu zu erheben. Der Bodenerodierbarkeitsfaktor K aus

71 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 69 USLE beispielsweise könnte auch zur Beschreibung des Erosionswiderstandes der Bachsohle benutzt werden. Die in USLE verwendeten Werte für K sind aber gemäss Beyer (1998) nicht für alpine Böden anwendbar, demzufolge auch nicht für Gerinne in eben solchen Böden. Was Modelle zur Beschreibung des Transportbeginns betrifft, so könnten im Zusammenhang mit Murgängen ähnliche Kriterien als auslösendes Moment bezüglich Erosion möglich sein. Die präsentierten Ansätze (Shields, 1936; Schoklitsch, 1962) beruhen aber auf der Betrachtung zum Einzelkorn, ursprünglich in einem fluvialen System mit entsprechender Zusammensetzung des Sohlenmaterials (lose Körner ähnlicher Grösse). Beobachtungen zeigen bei Murgängen, dass infolge höherer Gerinnebelastung gleich ganze Kompartimente erodiert werden können, d. h. es sind auch andere Mechanismen wirksam. Zudem ist bei Murgängen definitionsgemäss der Abfluss bereits mit einem beträchtlichen Feststoffanteil beladen ein signifikanter Unterschied zu allen Untersuchungen zum Transportbeginn. Trotzdem bestätigt der anhand seiner Untersuchungen entwickelte Ansatz von Tognacca (1999) eine gewisse Analogie zu den Ansätzen für den Beginn des Sedimenttransportes. Die Herleitung der verschiedenen in Kapitel 3.4 vorgestellten Transportformeln beruht in den meisten Fällen auf dem gleichen Muster. Aufgrund theoretischer Überlegungen oder basierend auf dimensionsanalytischen Betrachtungen wurden allgemeine Beziehungen postuliert, welche anschliessend anhand von experimentellen Laboruntersuchungen verifiziert bzw. deren Konstanten und Exponenten durch die Ergebnisse der Versuche bestimmt wurden (Bathurst et al., 1987b). Ursprünglich wurden auch hier vor allem Fragen in Zusammenhang mit Flüssen untersucht, also von Gerinnen mit sehr geringer Neigung, deren Sohle sich aus einem relativ engen Kornspektrum (hauptsächlich Sand und Kies) zusammensetzt. Dementsprechend fiel auch der Aufbau der Experimente aus. Als Sohlenmaterial benutze man meist ein Einheitskorn (alle Körner gleich gross) oder ebenfalls ein sehr begrenztes Kornspektrum. Das Material wurde lose in die hydraulischen Versuchsrinnen eingebaut, eine Verdichtung erfolgte nicht. Damit unterscheiden sich die Eigenschaften des Bodenmaterials grundsätzlich von jenem, welches in Bodenerosionsversuchen benutzt wird (Kapitel 3.2.4). Bäche mit steilerem Gefälle werden dagegen charakterisiert durch eine breite Korngrössenverteilung und einen sowohl zeitlich als auch örtlich variablen Geschiebeeintrag (Bathurst, 1987c; Beschta, 1987; Grant et al., 1990). Berechnet man den Sedimenttransport solcher Bäche mit Formeln, welche für den Flussbau entwickelt wurden, können sich gegenüber gemessenen Transportraten durchaus Abweichungen von mehreren Grössenordnungen ergeben (Rickenmann, 2001). Die Gründe dafür liegen neben dem bereits erwähnten variablen Geschiebeinput auch bei den Bachbettstrukturen, welche bis zu einem gewissen Abfluss eine stabilisierende Wirkung haben können. Nach dem Aufbrechen solcher Strukturen erhöht sich der Geschiebetransport bei etwa gleich grossem Abfluss schlagartig. Damit hängt der Geschiebetransport nicht nur vom transportwirksamen Abfluss sonder auch (wesentlich) vom Aufbau der Sohle mit ihrem örtlich und zeitlich variablen Erosionswiderstand ab. Grundsätzlich muss bei den teilweise sehr steilen Gebirgsbächen die bodenmechanische Stabilität genügend gross sein, ansonsten wären sie bereits ohne Belastung durch den Abfluss instabil. Locker gelagerter reiner Kies, wie er in der Regel bei Geschiebetransportuntersuchungen verwendet wird, kann eine solche Stabilität aber nicht repräsentieren. Aus diesen Überlegungen folgt, dass die aus Geschiebetransportuntersuchungen abgeleiteten Formeln nicht die effektive Erosionsleistung sondern vielmehr die maximal mögliche Transportleistung des Abflusses beschreiben. Man sollte deshalb besser den Begriff Transportkapazität verwenden. Die Ergebnisse von Geschiebetransportuntersuchungen in sehr steilen Gerinneneigungen zeigen jedoch, dass man dann so hohe Transportraten bzw. Feststoffkonzentrationen erreichen kann, dass der Abfluss des entstehenden Wasser-Feststoff- Gemisches murgangähnlich erfolgt (Tognacca, 1999). Das lässt vermuten, dass der Übergang vom Geschiebetrieb zum Murgang fliessend ist. Takahashi (1987) beschreibt mit seinem

72 70 Daniel Weber (WSL, 2004) sogenannten immature debris flow (vgl. Kapitel 2.3) im Grunde genommen nichts anderes als eine hohe Transportrate in einem steilen Gerinne, bei der er den Konzentrationsverlauf über die Tiefe berücksichtigt. Auch nach Rickenmann (1990) ist in steilen Bächen mit entsprechender Morphologie der Übergang vom Geschiebetrieb entlang der Sohle zum Transport von groben Sedimenten in Suspension fliessend. Will man die Erosionsleistung eines Abflusses bestimmen, muss also auch der Erosionswiderstand des Sohlenmaterials einbezogen werden. Die Verwendung eines natürlichen Materials mit breiter Korngrössenverteilung analog zu reinen Bodenerosionsversuchen, welches zudem verdichtet in den Versuchskanal eingebaut wird, verändert neben dem Erosionswiderstand auch die Permeabilität (Infiltration der flüssigen Phase des Abflusses ins Bachbett hinein). Zudem gilt es bei der Interpretation der Ergebnisse mögliche Skalierungseffekte zu berücksichtigen. Setzt man voraus, dass das für die Experimente verwendete Material ähnliche Festigkeitseigenschaften besitzt wie in der Natur, der Abfluss aber entsprechend dem Modellmassstab bzw. Modellgesetz verkleinert ist, so liegt es auf der Hand, dass die Erosionsleistungen nicht direkt verglichen werden können. Will man mit den gleichen Experimenten auch noch das Fliessverhalten des Abflusses untersuchen, werden die Anforderungen an das Versuchsdesign noch komplexer (vgl. Kapitel 5).

73 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 71 4 Eigenschaften natürlicher Murgangmaterialien 4.1 Einleitung Auch wenn verschieden Modelle für das Fliessverhalten von Murgängen existieren, so herrscht doch Einigkeit darüber, dass die Rheologie wesentlich durch die Zusammensetzung der Mischung bestimmt wird. Zum einen ist das Verhältnis von Flüssig- zu Festphase wichtig, zum anderen ist aber auch die Zusammensetzung der Feststoffe entscheidend (Pierson und Costa, 1987). Als gravitativer Massenverlagerungsprozess kommen Murgänge vor allem in gebirgigen Regionen vor (dabei sind auch submarine Gebiete einzuschliessen, welche im Rahmen dieser Arbeit aber nicht näher untersucht werden und im Weiteren nicht miteinbezogen werden). Demnach ist neben dem Wasser die Geologie des Einzugsgebietes zusammen mit den Prozessen, die zur Entstehung von Lockermaterial führen, von zentraler Bedeutung. Generell besteht eine Murgangmischung aus den drei Komponenten Wasser, Feinmaterial und grobe Steine. Diese können jeweils in unterschiedlichen Mengen vorhanden sein und beeinflussen so das physikalische Verhalten der Mischung. So kann das Fliessverhalten von Murgängen in ein und demselben Einzugsgebiet rein aufgrund eines unterschiedlichen Wassergehalts komplett verschieden sein. Bereits in Kapitel 1, Abbildung 1-1 sind verschiedene Massenverlagerungs- und Massentransportprozesse in Abhängigkeit der involvierten Komponenten dargestellt worden. Prinzipiell kann natürlich jede Komponente für sich allein verlagert werden. Im Falle von Wasser kann das als stetiger Abfluss in einem Fluss oder Wildbach geschehen oder auch in Form einer sogenannten Dammbruchwelle. Dabei handelt es sich um einen instationären Abfluss, der sich durch einen markanten Pegelanstieg mit darauffolgendem, in der Regel langsamerem, Pegelrückgang auszeichnet. Wie der Name sagt, stellen sich solche Abflüsse bei Dammdurchbrüchen ein. Dabei kann es sich um künstliche Dämme, beispielsweise von Stauseen, oder um Verklausungen handeln. Die Verlagerungsprozess von hauptsächlich feinem bzw. grobem Material wurde bereits in Kapitel 1.1 näher erläutert. Auch Gemische von all diesen drei Komponenten lassen sich noch weiter unterteilen (Kapitel 1.1). In der Schweiz ist vor allem der granulare Murgangtyp weitverbreitet. Es handelt sich dabei um ein Gemisch von Wasser und Feststoffen mit breiter Kornverteilung. Die Grösse der Partikel reicht von der Tonfraktion bis zur Steinfraktion, wobei die gröberen Fraktionen überwiegen und der Anteil der feinsten Fraktion innerhalb von ein paar Prozenten liegt (VAW, 1992). Blöcke von mehreren Metern Durchmesser sind bei solchen Murgangtypen keine Seltenheit (beispielsweise Rickenmann und Roetlisberger, 1996). Daneben gibt es aber auch in der Schweiz vereinzelt Wildbachgerinne, in denen die auftretenden Murgänge einen erheblichen Anteil an Feinkomponenten aufweisen (z. B. Illgraben und Rufibach, beide im Wallis). Für die Anwendung der in Kapitel 2 vorgestellten Modelle sind Angaben über geotechnische und rheologische Parameter nötig. Deshalb wurden viele Untersuchungen durchgeführt, die sich der Messung dieser Grössen bzw. der dazu nötigen Entwicklung von Apparaturen widmeten. Im folgenden soll dazu ein detaillierter Überblick gegeben werden.

74 72 Daniel Weber (WSL, 2004) 4.2 Geotechnische Eigenschaften natürlicher Murgangmaterialien Korngrössenverteilung Da Murgänge ein weltweites Phänomen sind, liegen die Ergebnisse von verschiedenen Untersuchungen und Beobachtungen vor. Granulometrische Analysen wurden sowohl in Anriss- als auch in Ablagerungsgebieten durchgeführt, teilweise wurden Proben auch aus Levees entnommen. Bedeutend weniger Untersuchungen existieren über die bodenmechanischen Stabilitätseigenschaft der Einzugsgebiete. Speziell die Bodentypen mit grossem und vor allem grobem Skelettanteil führen zu grossen messtechnischen Problemen. Die physikalischen Eigenschaften von Mischungen solcher Materialien mit Wasser sind entsprechend schwierig zu bestimmen. Wegen der grossen Häufigkeit und zum Teil enormen Ausmasse von Murgängen begann man in Japan bereits 1970 an verschiedenen Orten mit ersten Feldbeobachtungen (Suwa und Okuda, 1985). Eine der am besten ausgerüsteten Beobachtungsstationen befindet sich am Mount Yakedake. Entlang dem Kamikamihori-Tal sind verschiedene Messgeräte installiert, mit welchen verschiedene Parameter on-line aufgezeichnet werden. Es handelt sich dabei um die Abflusstiefe, die Geschwindigkeit sowie den Niederschlag. Zusätzlich werden Video- und Zeitrafferkameraaufnahmen gemacht. Neben all diesen on-line Messungen wurde auch das Material des Einzugs- und Depositionsgebietes intensiv untersucht. Die Analyse der Kameraaufzeichnungen zeigte zu den verschiedenen Ereignissen jeweils den typischen Verlauf: eine Front, gefolgt vom Hauptteil (Körper, engl. body) und anschliessende Abnahme der Abflusstiefe gegen den Schluss (Schwanz, engl. tail). Die grobblockige Front ist fast trocken. Der unmittelbar darauffolgende Teil enthält mehr Wasser. Nach Hinten erfolgt eine kontinuierliche Konzentrationsabnahme, die Mischung wird zunehmend flüssiger (Suwa und Okuda, 1983; ihre Abbildung 6). Aus den Zeitrafferkamerabildern wurde die Korngrössenverteilung der Front bestimmt (Abbildung 4-1). Suwa und Okuda (1983) führten eingehende granulometrische Analysen an verschiedenen Depositionszungen durch. Einerseits untersuchten sie die Zusammensetzung der Komponenten mit d > 50 mm. Sie unterteilten diesen Bereich in drei Klassen: mm, mm und > 500 mm. Für den Grossteil der Proben konnten sie einen systematischen Unterschied in der Zusammensetzung dieser drei Korngrössen zeigen, abhängig davon, ob die Probe von der Oberfläche oder aus tieferen Schichten entnommen wurde. Der Anteil gröberer Steine war an der Oberfläche deutlich grösser, insbesondere in Randzonen (Tabelle 4-1). In Einzelfällen konnten Proben sowohl aus der Oberfläche als auch aus dem Untergrunds keine Steine der gröbsten Fraktion enthalten. Darin zeigt sich einmal mehr die Schwierigkeit einer geeigneten Probenahme bzw. -volumen bei Materialien mit breitem Kornspektrum und grossem d max. Tabelle 4-1: Zusammensetzung der groben Komponenten verschiedener Depositionszungen von Murschüben im Kamikamihori-Tal, Japan (Suwa und Okuda, 1983) Entnahmeort Klasse 1: mm Klasse 1: mm Klasse 1: > 500 mm Oberfläche 12 % 30 % 33 % 57 % 24 % 40 % Untergrund 36 % 53 % 29 % 48 % 7 % 23 % An den gleichen Probeorten wurde jeweils auch die Fraktion mit d < 19 mm analysiert (Suwa und Okuda, 1983). Die Unterteilung des Korngrössenspektrum in die drei Fraktionen Ton & Silt, Sand und Kies (2 mm < d <19 mm) zeigte, dass der Feinanteil (= Ton & Silt) bei allen Proben

75 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 73 etwa 10% ausmachte, hingegen bezüglich der beiden anderen Fraktionen eine grosse Variabilität vorherrschte (Tabelle 4-2). Tabelle 4-2: Materialzusammensetzung der Kornfraktion mit d < 19 mm aus dem Ablagerungsbereich im Kamikamihori-Tal, Japan (Suwa und Okuda, 1983) Ton & Silt (0 63 µm) Sand ( mm) Kies (2 19 mm) 4 % 12 % 44 % 68 % 20 % 48 % Am 18. Mai 1980 brach der Vulkan Mount St. Helens (Washington, USA) aus. Die austretende Lava und die heissen Gase liessen grosse Mengen Eis und Schnee schmelzen. Die auf diese Weise schlagartig freigesetzten Wassermassen mobilisierten entsprechende Mengen an Feststoffen, was zu riesigen sogenannten Lahars führte. Lahars sind durch vulkanische Aktivität hervorgerufene Schlammströme oder Murgänge, abhängig von der Art der involvierten Feststoffe (vgl. Abbildung 1-1) (Pierson, 1985). Die beiden grössten Ereignisse traten auf der Ostseite des Mount St. Helens auf und flossen in zwei parallel verlaufenden Flussläufen, dem Pine Creek und dem Muddy River, ab. Unmittelbar beim Zusammenfluss dieser zwei Flüsse befindet sich ein 14 km langer See namens Swift Reservoir. Die Ereignisse liessen dessen Pegel um 0.8 m ansteigen. Die anschliessende Vermessung ergab ein Depositionsvolumen im See von 13.4 Mio. m 3. Zusätzlich bildete sich ein Delta und auch entlang beider Flussläufe wurde Material deponiert. Im Gesamten dürfte das Depositionsvolumen 14 Mio. m 3 überstiegen haben (Pierson, 1985). Gröberer Kies und kleinere Steine waren zufällig über die Depositionsflächen verteilt. Steine mit Durchmessern über ~ 500 mm fanden sich hingegen entweder innerhalb des Bachbetts auf der Innenseite von Kurven oder auf höhergelegenen Terrassen ausserhalb des Bachbettes. Im Nachgang zu den Ereignissen wurden granulometrische Untersuchungen gemacht. Das Probevolumen betrug jeweils 1 2 kg, und der Maximalkorndurchmesser wurde bei ungefähr 100 mm festgelegt. Die Resultate sind in Tabelle 4-3 zusammengestellt. Tabelle 4-3: Materialzusammensetzung der 1980er Ereignisse im Pine Creek und Muddy River am Mount St. Helens (Pierson, 1985). Gerinne Ton & Silt (0 63 µm) Sand ( mm) Kies (2 63 mm 1 ) Pine Creek 7 % 14 % 38 % 58 % 28 % 55 % Muddy River 5 % 18 % 21 % 62 % 20 % 74 % Rund zwei Jahre später, am 19. März 1982, brach der Vulkan erneut aus. Die explosionsartige Eruption führte zum plötzlichen Abschmelzen von gegen 10 7 m 3 Schnee und Eis am nördlichen Kraterrand. Diese enormen Wassermassen erodierten und inkorporierten abermals grosse Sedimentmengen am Fusse des Berges. Entlang dem 81 km langen Fliessweg des Toutle 1 Der Wert für dmax ist in der Publikation nicht explizit angegeben. Die Kornverteilungskurven sind ebenfalls nicht bis zu 100 % dargestellt, der richtige Wert für d max bleibt damit spekulativ. Es wurde ein Wert von 63 mm angenommen.

76 74 Daniel Weber (WSL, 2004) River fand eine allmähliche Verdünnung statt. Nach etwa 27 km betrug die mittlere volumetrische Feststoffkonzentration ungefähr C S 0.57 und die groben Komponenten deponierten grösstenteils (Pierson und Scott, 1985). Es fand ein Übergang vom Abfluss eines Murgangs zu sogenanntem hyperkonzentriertem Abfluss statt. Entlang der Fliessstrecke wurden der ersten Welle verschiedenen Proben entnommen und granulometrisch untersucht. Die Probengrösse erlaubte nur eine Kornanalyse bis hin zu kiesigen Komponenten. Aber auch in diesem Kornspektrum lässt sich mit einer Ausnahme ein klare Zunahme der feineren Partikel erkennen, je weiter flussabwärts die Probe entnommen wurde (Abbildung 4-1). Ein Vergleich von d 50 (50 % der vorhandenen Körner sind kleiner) zeigt, dass für murgangartigen Abfluss d 50 zwischen 0.5 mm und 5 mm liegt, während bei hyperkonzentriertem Abfluss d 50 einen Wert zwischen 0.15 mm und 0.5 mm annimmt. Am Mount Thomas, North Canterbury Neuseeland, ereignete sich im April 1978 nach einem langandauernden Regen moderater Intensität (Wiederkehrperiode über 20 Jahre) mehrere Murenschübe, welche insgesamt knapp m 3 Material bis 3.5 km weiterverfrachteten und dort ablagerten (Pierson, 1980). Mittels Plastikbehältern von 9 cm Durchmesser gelang es ihm, Proben von 1 2 kg vom abfliessenden Gemisch zu entnehmen. Es ist offensichtlich, dass dadurch der maximale Korndurchmesser der Proben viel kleiner ist als derjenige der Murschübe. Um das ganze Kornspektrum zu erfassen, wurden einerseits Siebanalysen an zwei grosse Proben von 67 kg und 114 kg aus dem Depositionsgebiet durchgeführt und andererseits zwei sogenannte random tallies von der Depositionsoberfläche gemacht. Dabei handelt es sich um eine in Kellerhals und Bray (1971) beschrieben Methode, bei der die Grösse der in regelmässigen Abständen entlang einer Linie liegenden Partikeln tabellarisch erfasst und anschliessend statistisch ausgewertet werden. Es entspricht also nicht einer Linienprobe. Eine solche Analyse ist numerisch äquivalent mit einer Siebanalyse (Kellerhals und Bray, 1971). In beiden Fällen wurde angenommen, dass für die Fraktion mit d > 90 mm die Ergebnisse von Analysen des deponierten Materials repräsentativ sind für das Material des Murenschubes selbst. Der mittlere Durchmesser d 50 der kleinen Proben (1 2 kg), welche zwischen den Murschüben entnommen wurden, betrug mm. Für das aus den eigentlichen Schüben entnommene Material selbst lagen die Werte leicht höher im Bereich mm. Für das gesamte involvierte Material betrug der Kiesanteil zwischen den Schüben ungefähr 20 % (Gewichtsanteil), 54 % waren Sand, 15 % Silt und 11 % Ton. In diesem Fall werden die Kiesel als Sediment transportiert (Pierson, 1980). Während dem Murgang ist das nicht der Fall und die Fraktionsanteile betragen dann etwa 70 % Kies, 20 % Sand, 6 % Silt und 4 % Ton. Die obere und untere Grenze der zusammengesetzten Kurven aus den kleinen und grossen Proben sind in Abbildung 4-1 dargestellt. Als letztes Beispiel von ausserhalb der Schweiz sei hier noch das Ereignis an der Nordostflanke des Mount Hood, Oregon, USA angeführt. Nach einer langen sehr feuchten Wetterperiode löste ein intensives Gewitter eine Erdrutsch von ca. 4'500 m 3 am oberen Rand des Pollalie Creek Canyons aus. Dieser Erdrutsch transformierte rasch zu einem Murgang mit hoher Geschwindigkeit (12 15 m/s), welcher entlang der Fliessstrecke sehr viel mindestens teilweise gesättigtes Material erodierte und inkorporierte (Gallino und Pierson, 1985). An der Mündung in den East Fork Hood River kam auf diese Weise ein totales Depositionsvolumen von über m 3 zusammen, welches zu einem temporären Aufstau des East Fork Hood Rivers führte. Ein anschliessender Dammbruch verursachte enorme Schäden von mehr als 13 Mio. $ weiter flussabwärts. Entlang des Pollalie Creeks wurden verschieden Bodenproben entnommen, so aus vorhandenen Levees und auch aus dem Kegel. Obwohl auch Blöcke mit mehr als einem Meter Durchmesser transportiert wurden, wurde das untersuchte Kornspektrum auf mm (0 4 Inches) begrenzt. Mit Ausnahme der Probe aus dem Anrissgebiet lag der Kiesanteil dieser Proben zwischen 26 % und 69 %, der Sandanteil zwischen 28 % und 68 % und der Feinanteil

77 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 75 (Silt und Ton) zwischen 3 % und 11 %. Der Gesamtanteil der Tonfraktion lag jeweils unter 2 %. Die Variation der Ergebnisse war zwischen den Proben vom selben Ort in etwa gleich gross wie zwischen den verschiedenen Orten (Gallino und Pierson, 1985). DF, Kamikamihori, Front DF, Mt. St. Helens, km 7 DF, Mt. St. Helens, km 15 DF, Mt. St. Helens, km 21 DF, Mt. St. Helens, km 27 HS, Mt. St. Helens, km 58 HS, Mt. St. Helens, km 73 HS, Mt. St. Helens, km 81 DF, Mt. Thomas, grob DF, Mt. Thomas, fein % (kumulativ) 100 Ton Silt Sand Kies Steine Korndurchmesser [mm] Abbildung 4-1: Kornverteilungskurven verschiedener Ereignisse weltweit. DF = Murgang, HS = hyperkonzentrierter Abfluss (Details und Literatur siehe Text) In der Ereignisanalyse der Unwetter von 1987 (VAW, 1992), welche im gesamten schweizerischen Alpenraum zahlreiche Murgänge verursachten, finden sich Angaben zur Korngrössenverteilung inklusive Steinfraktion verschiedener Wildbäche. Dabei wurden relativ kleine Volumina von ein paar Litern mit einem maximalen Korndurchmesser von ca. 6 cm einer Siebanalyse unterzogen. Der Anteil grösser ca. 6 cm wurde durch Auszählen der mittleren Korndurchmesser der Komponenten grösser ca. 3 4 cm und Umrechnen in Gewichtsprozent bestimmt. Die Gesamtkorngrössenverteilung wurde aus diesen beiden Teilkurven zusammengesetzt: einerseits mit Hilfe einer visuellen Abschätzung des Gehalts an groben Komponenten, andererseits durch eine Anpassung der beiden Kornsummenkurven im Überlappungsbereich. Abbildung 4-2 zeigt eine graphische Zusammenstellung der Resultate. Ähnlich wie bei den Ergebnissen der Untersuchung von Gallino und Pierson (1985) sind die Unterschiede verschiedener Proben aus demselben Bach in der gleichen Grössenordnung wie diejenigen der verschiedene Bäche untereinander. Es gilt hier zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Proben hauptsächlich aus dem oberen Gerinnebereich (Anrissgebiet) stammen. Anhand all dieser Beispiele gilt es grundsätzlich festzuhalten, dass die Bestimmung der "echten" Zusammensetzung von grobem Lockermaterial mit vertretbarem Aufwand nur bedingt möglich ist. Aus verschiedenen Gründen (Zeit, Einrichtung, Transport, etc) kann nur ein kleines Probevolumen analysiert werden, wobei das Verhältnis von Probevolumen zu Volumen des Maximalkorns in der Regel kleiner als 1 ist. D. h. man beschränkt die Analyse allein auf einen

78 76 Daniel Weber (WSL, 2004) Ausschnitt des gesamten Kornspektrums. Entsprechend muss die Genauigkeit von Angaben zur Zusammensetzung von groben Lockermaterialien bewertet werden. 60 Anteil [%] Ton Silt Sand Kies Steine Minstigertal Gerental 1 Gerental 2 Gerental 3 Gerental 4 Witenwasseren Bedretto Plaunca 1 Plaunca 2 Varuna 1 Varuna 2 Varuna 3 Varuna 4 Abbildung 4-2: Materialzusammensetzung der Proben aus verschiedenen murgangfähigen Schweizer Wildbächen (VAW, 1992) Der effektive Reibungswinkel Bereits im Kapitel Rheologie wurde im Zusammenhang mit dem Coulomb-viskosen Ansatz von Johnson das Bruchgesetz von Mohr-Coulomb erwähnt. Es besagt, dass bei einem vorgegebenen Verhältnis der grössten und kleinsten Hauptspannungen σ 1 und σ 3 die Festigkeit proportional zu den Normalspannungen ist (vgl. z. B. Lang et al., 1996). Entsprechend gilt für die Scherfestigkeit τ f (f steht für failure) eines Bodens ohne Kohäsion τ = σ' tan ϕ' ( 4-1) f und eines Bodens mit Kohäsion τ = c' +σ' tan ϕ' ( 4-2) f Darin ist σ = σ - u die effektive Spannung, welche gleich der totalen Spannung σ vermindert um den Porenwasserdruck u ist. ϕ ist der effektive Reibungswinkel, welcher meistens kurz, wenn auch ungenau, Reibungswinkel genannt wird. c steht für die effektive Kohäsion. Die graphische Darstellung von ( 4-2) ist in Abbildung 4-3 wiedergegeben. Die beiden letzten Parameter sind Eigenschaften des Bodens, wobei insbesondere c von der Spannungsgeschichte abhängig ist. Der Porenwasserdruck u ist dagegen eine zeitabhängige Zustandsgrösse. Die Gleichungen ( 4-1) und ( 4-2) sind Näherungen. Die aus einer Testserie verschiedener Bedingungen resultierende Bruchlinie eines bestimmten Bodenmaterials ist in der Regel gekrümmt, trotzdem können Segmente dieser Kurve mit einer Geraden angenähert werden (Terzaghi et al., 1996).

79 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 77 τ ϕ ϕ' σ σ 3f σ f σ 1f Abbildung 4-3: Mohr'scher Spannungskreis im Bruchzustand in effektiven Spannungen. Zur Bestimmung der Scherfestigkeit gibt es verschiedenen Methoden. Die drei gebräuchlichsten sind der Direktscherversuch, der Triaxialscherversuch sowie der Flügelversuch. Die älteste Methode ist der Direktscherversuch (Bucher, 1998a; vgl. auch ASTM, 1975a). Dabei wird die Bodenprobe in eine horizontal geteilte Scherbüchse eingebaut und durch eine Auflast P belastet. Während ein Teil der Büchse stationär bleibt, kann der andere Teil seitlich verschoben werden. Die nötige Kraft T beim Abscheren der Probe wird gemessen. Diese Prozedur wird für verschiedene Auflasten P i durchgeführt. Setzt man die Kräftepaare in Relation zur Querschnittsfläche der Probe, erhält man die entsprechenden Wertepaare für σ und τ f. Diese Methode eignet sich vor allem für körnige Materialien. Weitere Vorteile sind der einfache Versuchsaufbau und die einfache Handhabung. Nachteile dieses Verfahrens sind die erzwungene Bruchfläche, die Veränderung der Querschnittfläche während des Abschervorgangs und die unbekannten Drainagebedingungen. Es sind deshalb im Allgemeinen nur konsolidiert-drainierte Versuche durchführbar. Eine Weiterentwicklung dieser Versuchsanordnung ist der Ringscherversuch, bei dem die Probe ringförmig zwischen zwei konzentrische Zylinder eingebaut wird. Vorteil ist die konstante Scherfläche in der Bruchebene sowie der unbegrenzt zur Verfügung stehende Scherweg. Die Triaxialscherversuche sind heute die wichtigsten Scherversuche (Bucher, 1998b). In einer Druckzelle kann eine in eine Gummihülle eingebaute zylinderförmige Bodenprobe unter einen allseitig wirkenden Druck σ 3 gesetzt werden. Üblicherweise wird die Probe in einer ersten Phase unter σ 3 isotrop konsolidiert. Man nennet σ 3 deshalb auch Konsolidationsdruck σ C. Anschliessend wird im Standardversuch die axiale Spannung σ 1 bis zum Bruch erhöht. Je nach dem ob das Porenwasserdrucksystem geöffnet oder geschlossen ist, können die Versuche drainiert oder undrainiert ausgeführt werden. Entsprechend werden sie KD (konsolidiert-drainiert) oder KU (konsolidiert-undrainiert) genannt. In beiden Fällen muss die Deformationsgeschwindigkeit so klein sein, dass entweder ein vollkommener Abbau von u eintritt (KD), oder dass der Porenwasserdruck in der Probe gleichmässig verteilt ist (KU). Analog gibt es im unkonsolidierten Fall die beiden Varianten UD (unkonsolidiert-drainiert) und UU (unkonsolidiertundrainiert). Praktische Bedeutung haben vor allem die konsolidierten Typen. Einerseits wird bei Triaxialversuchen die Deformation des Probenkörpers gemessen, indem die Höhenveränderung h und die Volumenveränderung V erfasst werden. Dazu kommen die genauen Kenntnisse der Spannungsgrössen σ 1 und σ 3. Während bei drainierten Versuchen der Wasserflux gemessen wird, erfasst man bei undrainierten Versuchen die Veränderung des

80 78 Daniel Weber (WSL, 2004) Porenwassedruckes u (Lang et al., 1996). Die Vorteile dieser Methode liegen neben der Bekanntheit all dieser Parameter in den verschiedenen Möglichkeiten, die Hauptspannungen und Drainagebedingungen zu verändern, sowie im über die ganze Probe relativ homogen verteilten Spannungs- bzw. Dehnungszustand. Im Unterschied zu diesen beiden Methoden handelt es sich beim Flügelversuch um eine ausgesprochene Feldmethode. Zwei kreuzartig angeordnete rechteckige Bleche, welche an einem Gestänge befestigt sind, werden in die gewünschte Tiefe des Bodens gebracht. Durch Drehung des Gestänges wird im Boden ein zylinderförmiger Körper abgeschert. Aus dem aufgebrachten Drehmoment und der Geometrie des Zylinders kann auf die undrainierte Scherfestigkeit s U des Bodens geschlossen werden. Die Anwendung dieser Methode beschränkt sich vor allem auf Böden mit kleiner Durchlässigkeit (ϕ = 0 Böden). Gemäss der American Society for Testing and Materials (ASTM, 1975b) kann diese Methode in weichen, gesättigten, kohäsiven (tonigen) Böden angewendet werden. Die Untersuchung granularer Bodenmaterialien beschränkt sich folglich auf Direkt- und Triaxialscherversuche. Aber auch bei diesen Methoden ergeben sich gegenüber Böden mit kleinem Maximalkorn Probleme. Nach Bishop und Henkel (1962) darf das Maximalkorn 1 / 5 des Durchmessers der Bodenprobe nicht übersteigen. Das bedeutet, dass mit zunehmendem Korndurchmesser grössere Proben mit entsprechenden Triaxgeräten nötig sind. Solche Geräte stehen nur in beschränktem Umfang zur Verfügung. Erschwerend kommt hinzu, dass die Komponenten des hier im Vordergrund stehenden alpinen granularen Materials kantig bis allenfalls kantengerundet sind. Je nach Konsolidationsdruck σ C kann die Gummihaut durch scharfe Kanten verletzt und der Versuch unbrauchbar werden (Stückelberger, 2000). Körnige (granulare) Böden haben eine Einzelkornstruktur. Ihr Festigkeitsverhalten wird allein durch Reibung erzeugt (Lang et al., 1996). Stellt man sich einen aus lauter gleich grossen Kugeln aufgebauten Boden vor, dann können die Kugeln in zwei Extremen angeordnet werden. In der lockersten Lagerung berührt eine Kugeln sechs andere, in der dichtesten Packung deren 12. Will man nun zwei Schichten von Kugeln dichtester Lagerung übereinander abscheren, so geht das nur, wenn entweder die Körner brechen oder sich die obere Schicht hebt und sich das Volumen entsprechend vergrössert. Diese Volumenvergrösserung bis zum Bruch dicht gelagerter Böden heisst Dilatanz. Die Ähnlichkeit sowohl des gedanklichen Modells als auch der Terminologie mit dem Ansatz von Bagnold (Kapitel 2.3) ist augenfällig. Dieses Kugelmodell entspricht in der Regel nicht einem natürlichen Boden. Es lassen sich aber die zwei wesentlichen Einflüsse auf die Scherfestigkeit erkennen: die Lagerungsdichte und die Form der Korngrössenverteilung. Bei einer ungleichförmigen Verteilung sind die Poren mit feinerem Material gefüllt. Es ergibt sich also eine dichtere Lagerung und damit eine erhöhte Scherfestigkeit. Versuche zeigen, dass das Produkt aus Porosität n und dem Tangens des Reibungswinkels ϕ' in etwa konstant ist (Gleichung ( 4-3)). Als Faustregel kann gelten, dass eine Verminderung der Porosität um 1 % eine Steigerung des Reibungswinkels um 1 zur Folge hat. n tan ϕ ' konstant ( 4-3) Können aus irgendwelchen Gründen keine Messungen gemacht werden, kann der Scherwinkel ϕ auch mit der Formel nach Dhavan, modifiziert nach Brinch Hansen, abgeschätzt werden (beschrieben in Lang et al., 1996). Diese Formel setzt ϕ in Bezug zur Korngrössenverteilung sowie der Lagerungsdicht und der Kornform. Sie lautet: ' ' 7 < + ϕ ϕ 2 ( 4-4) ' ϕ = p p p p > 0.2

81 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 79 Darin ist p <0.002 der Anteil Körner < mm, p der Anteil Körner von bis 0.01 mm, p der Anteil Körner von 0.01 bis 0.2 mm und p >0.2 der Anteil Körner grösser 0.2 mm. Die beiden Korrekturfaktoren ϕ 1 und ϕ 2 berücksichtigen die Form der Korngrössenverteilung beziehungsweise die Art der Lagerung. Da die Lagerungsdichte auch von der Kornform abhängig ist, ist dieser Einfluss im Korrekturfaktor ϕ 2 bereits enthalten. Die Korrekturwerte können Tabelle 4-4 entnommen werden. Die ersten vier Terme der rechten Seite von Gleichung ( 4-4) werden oft im Parameter ϕ 0 zusammengefasst. Tabelle 4-4: Werte für die beiden Korrekturfaktoren ϕ 1 und ϕ 2 in Formel ( 4-4) ϕ 1 Beschreibung ϕ 2 Beschreibung -3 für schlechte Abstufung, gleichförmig -6 für lockere Lagerung ±0 für mittlere Korngrössenverteilung ±0 für mittlere Lagerung +3 für gute Abstufung +6 für dichte Lagerung Ähnlich wie bei den Korngrössenverteilungskurven granularer Murgangmaterialien sind Angaben bezüglich effektivem Scherwinkel ϕ nur von wenigen Untersuchungen bekannt. Im Folgenden sollen die aktuelleren diesbezüglichen Forschungsergebnisse im Überblick aufgezeigt werden. Abbildung 4-4: Direktscher- (DST) und Triaxialversuche (TX) des Aquabona Materials (Italien). (Quelle: Die Gruppe für angewandte Geologie der Universität Bologna IT betreibt in Zusammenarbeit mit dem United States Geological Survey, USGS eine Murgangbeobachtungsstation in den östlichen italienischen Alpen. Das Einzugsgebiet des Aquabona-Baches ist 0.3 km 2 gross, hat eine mittlere Neigung von 38 und liegt im oberen Bereich hauptsächlich in einem Dolomit-Massiv. Der untere Gerinneteil führt durch ein Gebiet von rotem Mergel. Darin liegt auch der Grund für die deutlich unterschiedlichen Kornverteilungskurven für die Materialien des Anrissgebietes, der Fliessmischung und der Ablagerung. Die Erosion in den mergeligen Gebieten führt zu einer Zunahme an feinen Komponenten. Obwohl auch grosse Blöcke von mehreren Metern Durch-

82 80 Daniel Weber (WSL, 2004) messer beobachtet wurden, wurden die Korngrössenanalysen nur bis zu einem Korndurchmesser von 20 mm durchgeführt. Zusätzlich wurden Direktscher und Triaxialversuche gemacht, welche übereinstimmend zu effektiven Reibungswinkeln von führen (Abbildung 4-4). Major et al. (1997) untersuchten verschiedene Materialien auf ihre geotechnischen Parameter. Einerseits wurde das Material getestet, das bei Grossmodellversuchen des USGS auf einer rund 100 m langen Betonrinne zum Einsatz kam (Iverson, 1997; Major, 1997). Dabei handelte es sich um Mischungen aus Kies, Sand und Silt & Ton im Verhältnis von 62:37:1 und 16:80:4. Andererseits unterzogen sie Feldmaterialien des 1980er North Fork Toutle River Murgangs am Mount St. Helens, Washington, USA (Scott und Vallance, 1993),und des tonreicheren Osceola Mudflows am Mount Rainier, Washington, USA (Vallance und Scott, 1997), denselben Tests. Der Maximalkorndurchmesser betrug beim Versuchsmaterial 32 mm und bei den Feldmaterialien 10 mm. Die Ergebnisse ergaben sich wie folgt: Für das granulare Material standen die Bruchumhüllenden unter einem Winkel von für das kiesige respektive von für das sandige Material. Die feinste Feststoffmischung des Osceola Mudflows zeigte einen Reibungswinkel von 29, die leicht gröbere Mischung des Toutle River einen solchen von 33. Mit steigendem Anteil grober Komponenten nimmt der Reibungswinkel folglich zu. Untersuchungen zeigen, dass vor allem eine gute Gradierung zu einer guten Lagerung mit kleiner Porosität führt. Die daraus resultierende Verzahnung der Körner ergibt einen erhöhten Reibungswinkel (Lambe und Whitman, 1979). Beide Erkenntnisse sind qualitativ in Gleichung ( 4-4) enthalten. Die oben erwähnten Untersuchungen weisen allesamt für kantige, sandige Kiese mit leichtem Feinanteil einen inneren Reibungswinkel im Bereich von 40 aus (vgl. auch Chandler, 1977, Seite 169). Fannin und Wilkinson (1995) berichten demgegenüber von einem mittleren Wert für ϕ von 47. Sie führten mit einem grossen deformationsgesteuerten in situ Direktscherapparat Messungen am selben Material sowohl direkt im Feld als auch im Labor durch (Fannin und Wilkinson, 1995). Bei den Labortest berücksichtigten sie nur die Fraktion mit d < 25 mm, während im Feld auch Steine und Blöcke vorhanden waren. Beim Testgebiet handelt es sich um ein 1984 kahlgeschlagenes (engl. clearcut) Gebiet, in welchem sich sechs Jahre später mehrere Erdrutsche ereigneten. Bei allen Messungen wurde die Normalspannung relativ tief im Bereich 5 18 kpa gehalten. Die Deformationsrate betrug konstant 0.5 mm/min, um den Einfluss der Scherung auf den Porenwasserdruck zu minimieren (drainierter Versuch). Die Ergebnisse wurden als Spannungsverhältnis τ/σ gegenüber der lateralen Verschiebung l der beiden Probehälften aufgetragen. Sowohl für die Feld- als auch für die Labormessungen ergab sich bei l von ~10 mm für das Spannungsverhältnis ein Maximum. Während sich bei den Laborversuchen bereits bei leicht erhöhter Verschiebung ein konstanter Wert für τ/σ einstellte, konnte ein solcher bei den Feldversuchen erst bei l > 50 mm erreicht werden. In beiden Fällen ergab sich für τ/σ der gleiche Wert von knapp 1.1. Obwohl Fannin et al. (1997) für die root or structural cohesion einen Wert von 1.5 kpa angibt, kann augrund der grossen Deformationslänge l Gleichung ( 4-1) vorausgesetzt werden. Es ergibt sich dann ein Scherwinkel ϕ = 47. Nach Terzaghi et al. (1996) besteht im Triaxialtest für die Partikel einer granularen Bodenprobe die Freiheit, sich in alle Richtungen zu bewegen. Dieser maximale Grad an Freiheit minimiert geometrische Einflüsse. Die Randbedingungen eines natürlichen Ereignisses im Feld erzwingen demgegenüber oft ein Abscheren entlang einer in eine Richtung verlaufenden Gleitfläche. Dadurch werden die Freiheitsgrade eingeschränkt und die geometrischen Interferenzen erhöht. Deshalb sind die effektiven Scherwinkel unter Feldbedingungen ϕ F generell höher als die in Triaxialversuchen bestimmten Winkeln ϕ TR. Gemäss den existierenden Daten beträgt der Unterschied im Maximum 8 (Terzaghi et al., 1996, Seiten ). Der Spannungszustand bei einem Direktscherversuch entspricht dem Spannungszustand in einer Gleitfläche (Bucher,

83 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge b). Entsprechend werden mit dieser Methode ähnliche Zustände erreicht wie bei Hangrutschungen und entsprechend höher sind die damit ermittelten Werte für ϕ. Insofern sind die Ergebnisse von Fannin und Wilkinson (1995) mit den bereits erwähnten konsistent. Caine und Mool (1982) führten ebenfalls in situ Direktscherversuche durch. Ihr Testgebiet lag im Einzugsgebiet des Kolpu Khola, eines Flusses in Nepal, welches hauptsächlich aus den oberflächlich stark verwitterten vier lithologischen Einheiten Augengneis, Biotitgneis, Granit und Phyllit aufgebaut ist. Sie bestimmten den mittleren Scherwinkel der Bodenmaterialien für die Fraktion d 2 mm und fanden ϕ = 25.5 für das phyllitische Material, ϕ = 37 für die Lockermaterialien der beiden Gneise und ϕ = 41 für die granitischen Böden 2. Aus ihren Untersuchungen resultierten ebenfalls Werte für die Kohäsion c. Für die vier Materialien ergaben sich folgende Werte: 4.4 kpa (Phyllit), 3.9 (Augengneis), 2.0 kpa (Biotitgneis) und 1.2 kpa (Granit). Die erhöhten Werte für Phyllit und Augengneis erklären sich mit dem deutlich höheren Tonanteil von 56 % bzw. 20 % gegenüber jenem von ein paar wenigen Prozenten der anderen Bodenmaterialien. Bei diesen ergibt sich dieser Wert vermutlich eher aus der root or structural cohesion (Fannin et al., 1997). Blijenberg (1995) unterscheidet zwischen einem statischen und einem kinetischen Scherwinkel. Der statische Scherwinkel ϕ S beschreibt den inneren Widerstand einer ruhenden Masse gegen den Bewegungsbeginn (= Bruch). Der kinetische Scherwinkel ϕ K bestimmt dagegen den Widerstand gegen eine weitere Zunahme der Geschwindigkeit einer sich bereits bewegenden Masse. ϕ K wird manchmal auch als dynamischer innerer Reibungswinkel bezeichnet. Üblicherweise ist ϕ K kleiner als ϕ S. Zur Bestimmung von ϕ K liess er eine grosse Menge Material von 2 6 m Länge, m Breite und m Tiefe entlang einer Hangfläche abgleiten und erfasste die mittlere Neigung der Oberfläche der abrutschenden Masse. Diesen Test führte er an fünf Orten jeweils 50 mal durch. Die Testgebiete unterschieden sich bezüglich der lithologischen Zusammensetzung des Lockermaterials (Tabelle 4-5). Tabelle 4-5: Kinetischer innerer Reibungswinkel ϕ K von grobem kohäsionslosem Lockermaterial aus fünf verschiedenen Testgebieten (Blijenberg, 1995) Lithologie Mittelwert Standardabweichung Minimum Maximum Kalkstein Sand- und Kalkstein mit Mergel (Mischung 1) Sandstein Flysch Sand- und Kalkstein (Mischung 2) Nach Blijenberg (1995) ist der Unterschied in ϕ K der beiden Mischungen 1 und 2 von 2.1 gross, und dies obwohl sich diese beiden Materialien nach seiner Meinung nur geringfügig in der Zusammensetzung unterscheiden. Die eine Mischung enthält im Gegensatz zur anderen einen nicht genauer definierten kleinen Anteil an Mergel. Das Material für die Versuche wurde aber der Oberfläche entnommen, man kann also davon ausgehen, dass der Mergel bereits 2 Die Bodenproben des granitischen Materials enthielten Partikel mit d > 2 mm im Umfang von ~10 %.

84 82 Daniel Weber (WSL, 2004) verwittert ist und entsprechenden Einfluss auf die Stabilitätseigenschaften der oberflächennahen Bodenschicht hat. Zudem wird die Genauigkeit der Winkelmessung mit ± 2 angegeben (Blijenberg, 1995), was die Signifikanz des Unterschieds bezüglich ϕ K relativiert. 4.3 Rheologische Parameter natürlicher Murgangmaterialien Im Kapitel 2 wurden einerseits die grundlegenden Modelle vorgestellt, mit denen das Abflussverhalten von Wasser-Feststoffgemischen beschrieben werden kann. Teils sind es rheologische Ansätze, teils mechanische Ansätze. Währen die ersteren auf dem physikalischen Verhalten von Flüssigkeiten aufbauen, berücksichtigen die anderen die Interaktion der Feststoffpartikel. Andererseits gibt es auch die kombinierten Ansätze, in denen versucht wird, die Physik beider Phasen zu kombinieren. In der Regel werden dabei die verschiedenen Verlustterme der beiden Phasen addiert (z. B. das quadratische Modell von O'Brien und Julien, 1985). Die gegenseitige Beeinflussung wird aber meist nicht berücksichtigt, da sie bis dato nicht vollständig geklärt ist. Iverson (1997) hat zwar ein Modell postuliert, dass auch die Interaktion der Feststoffe mit der Flüssigphase enthält, allerdings lässt es sich nur theoretisch lösen. Für die praktische Anwendung fehlen Angaben über die Grösse gewisser in den Gleichungen enthaltenen Parameter. Mit der heute zur Verfügung stehenden Messtechnik ist es vorderhand schlicht unmöglich, diese zu bestimmen. Zur Anwendung eines flüssigkeitsbasierten Ansatzes sind Kenntnis bezüglich der rheologischen Parameter nötig, i. e. die Viskosität η und, je nach Ansatz, die Grenzschubspannung τ Y. Für beide Parameter wurden physikalische und empirische Beziehungen postuliert, welche die gesuchten Grössen als Funktion einer einfacher zu bestimmenden Grösse angeben (Gleichungen (2-3), (2-5), (11-25), (11-26), (11-27), (11-28)). Da die physikalische Eigenschaft eines bestimmten Materials aber von sehr vielen Parametern abhängig ist (Julien und Lan, 1991; Pierson und Costa, 1987), ergeben solche Beziehungen im besten Fall eine brauchbare Näherung. Wenn immer möglich, sollten die konkreten Werte für η und τ Y messtechnisch bestimmt werden. Zur Messung der rheologischen Parameter verwendet man ein sogenanntes Viskometer 3. Davon gibt es verschiedenen Bautypen, die Funktionsweise ist aber jeweils die gleiche. Die zu untersuchende Flüssigkeit wird in einem schmalen Spalt einer konstanten Scherrate ausgesetzt. Dies erreicht man dadurch, dass die eine Berandung fix ist, während die andere mit konstanter Geschwindigkeit bewegt wird. Dabei misst man das Drehmoment. Aus der Geometrie und unter gewissen Annahmen bezüglich des Geschwindigkeitsprofils kann daraus schliesslich die Viskosität bestimmt werden. Ob eine Grenzschubspannung vorhanden ist, ist aus den Messergebnissen ersichtlich. Die bekannteste Form ist das nach Maurice Couette ( ) benannte Couette-Viskometer (Middelton und Wilcock, 1994). Bei einem solchen Viskometer wird die Flüssigkeit zwischen zwei konzentrischen Zylindern geschert. Da mit diesen Geräten hauptsächlich Flüssigkeiten und Suspensionen feiner Partikel (Tone, Bauxit, etc.) untersucht werden, müssen sie nicht gross sein und die Probemenge kann entsprechend klein gehalten werden. Aufgrund der Ergebnissen, dargestellt als Schubspannung in Abhängigkeit der Scherrate, kann das rheologische Verhalten und das adäquate Modell mit 3 Strenggenommen dient ein Viskometer der Bestimmung der scherratenunabhängigen Viskosität einer Newton schen Flüssigkeit. Für nicht-newton sche Flüssigkeiten verwendet man ein sogenanntes Rheometer. Üblicherweise wird aber auch ein Rheometer mir variabler Scherrate als Viskometer bezeichnet.

85 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 83 den dazugehörenden Parameter bestimmt werden. Bei linearer Abhängigkeit von der Scherrate entspricht die Steigung der Linie der Viskosität (Abbildung 4-5), liegt dagegen dilatantes oder pseudoplastisches Verhalten vor, muss zusätzlich der Exponent der Scherrate entsprechend einem Herschel-Bulkley-Ansatz (Gl. 2-20) bestimmt werden. Eine Grenzschubspannung ist dann vorhanden, wenn die Kurve bei Scherraten sehr nahe von Null einen markanten Anstieg mit anschliessendem deutlichen Knick zeigt (Abbildung 4-5). Schubspannung τ B τ Messwert η B Scherrate dv/dz Abbildung 4-5: Messergebnisse einer hypothetischen Viskometerversuchsserie und Approximation der Daten mit einem Bingham-Ansatz. Die Viskosität für die Newton sche Flüssigkeit Wasser wird im Ingenieurwesen meist mit 10-3 Pas bzw. Nsm -2 angegeben. Wie Tabelle 4-6 zu entnehmen ist, ist die Viskosität jedoch temperaturabhängig. Während die Viskosität von Ethanol und Quecksilber bei 20 C trotz grossem Dichteunterschied in einem ähnlich Bereich liegt wie jene von Wasser, ist die Zähigkeit von Glyzerin bei der gleichen Temperatur rund 1'500 mal höher (Tabelle 4-6). Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass die Viskosität auch eine Eigenschaft von Gasen ist (Dobrinski et al., 1976). Tabelle 4-6: Dynamische Viskosität η einiger ausgewählter Flüssigkeiten (DMK und DPK, 1984). Stoff Temperatur [ C] Viskosität [Pas] Wasser Wasser Wasser Wasser Ethanol Quecksilber Glyzerin Im Zusammenhang mit Murgängen wurden verschiedene Viskometeruntersuchungen gemacht. Insbesondere wurden die rheologischen Eigenschaften von Schlammströmen, Lahars und

86 84 Daniel Weber (WSL, 2004) hyperkonzentrierten Abflüssen bestimmt, welche in der Regel hauptsächlich aus Feinmaterial und Wasser bestehen (vgl. Kapitel 4.2.1). Wegen des kleinen Maximalkorns liessen sich so ohne Weiteres handelsübliche Viskometer verwenden. Im Folgenden soll ein Überblick gegeben werden über die rheologische Parameter von beobachteten Schlammströmen, Lahars und Murgängen aus den USA (Tabelle 4-7), China (Tabelle 4-8) und anderen Orten der Welt (Tabelle 4-9). In der Zusammenstellung sind gemessene und berechnete Werte enthalten. Tabelle 4-7: Gemessene oder berechnete rheologische Parameter von Murgangmaterialien aus den USA. Ort Rheologische Parameter Typ Literatur Wrightwood Canyon η η B 10 6' Pas Pas MF Morton und Campbell (1974) η Pas MF Sharp und Nobles (1953) Mayflower Gulch η Pas MF Curry (1966) Dragon Creek η Pas Cooley et al. (1977) Pine Creek, Mt. St. Helens τ B η B 400 1' Pa Pas MF/L Fink et al. (1981) Black Canyon 1983, Schub II τ B η B η 2'000 2' Pa Pas Pas DF Whipple (1992) 1983, Schub III τ B η B η Pa Pas Pas DF 1983, Schub IV τ B η B η Pa Pas Pas DF 1990, Schub I τ B η B η Pa Pas Pas DF 1990, Schub II τ B η B η Pa Pas Pas DF τ = Scherfestigkeit, τ B = Bingham sche Schubspannung. η = Newton sche Viskosität, η B = Bingham sche Viskosität, MF = Schlammstrom, DF = Murgang, L = Lahar, HF = hyperkonzentrierter Abfluss

87 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 85 Tabelle 4-8: Gemessene oder berechnete rheologische Parameter von Murgangmaterialien aus China. Ort Rheologische Parameter Typ Literatur Hunshui Gully τ η Pa Pas MF Li und Luo (1981) τ B η B Pa Pas MF Zhang et al. (1985) τ η Pa Pas MF Wang (1989) Jiangjia Ravine τ η Pa Pas MF Li et al. (1983) τ η Pa Pas MF Wang (1989) Weihe River τ B 51 Pa MF Shen und Xie (1985) τ = Scherfestigkeit des Materials, τ B = Bingham sche Schubspannung. η = Newton sche Viskosität, η B = Bingham sche Viskosität, MF = Schlammstrom, DF = Murgang, L = Lahar, HF = hyperkonzentrierter Abfluss Tabelle 4-9: Gemessene oder berechnete rheologische Parameter von Murgangmaterialien aus verschiedenen Orten der Welt. Ort Rheologische Parameter Typ Literatur Bullock Creek, Neuseeland τ η η B 1'300 2' Pa Pas Pas DF Pierson (1981) Rio Moscardo, Italien τ Pa DF Coussot et al. (1998) La Valet, Frankreich τ B η B Pa Pas MF Locat (1997) St. Alban, Kanada τ B η B Pa Pas MF 1) Locat (1997) Saguenay Fjord, Kanada τ B η B Pa Pas MF 1) Locat (1997) Beaufort Sea, Kanada τ B η B Pa Pas MF 1) Locat (1997) Cambridge Fjord, Kanada τ B η B Pa Pas MF 1) Locat (1997) τ = Scherfestigkeit, τ B = Bingham sche Schubspannung. η = Newton sche Viskosität, η B = Bingham sche Viskosität, MF = Schlammstrom, DF = Murgang, L = Lahar, HF = hyperkonzentrierter Abfluss, 1) Material vermutlich submarinen Ursprungs

88 86 Daniel Weber (WSL, 2004) Bis heute gibt es nur wenige Viskometeruntersuchungen von Materialmischungen mit groben Komponenten (Phillips, 1988; Major und Pierson, 1992; Coussot und Piau, 1995). Damit auch für diese Mischungen die Spaltbreite einem Vielfachen des Maximalkorndurchmessers entsprach, mussten extra gross-skalige Rheometer gebaut werden. Mit diesen neuentwickelten Geräten war es nun möglich, rheologische Messungen von Mischungen mit Partikeln von einigen Centimetern Durchmesser durchzuführen. Obwohl damit ein deutlich grösseres Kornspektrum einer rheologischen Analyse unterzogen werden kann, bleibt es im Vergleich zu einer natürlichen Kornmischung weiterhin eingeschränkt. Phillips (1988) führte einerseits systematische Test mit Mischungen aus unterschiedlichen flüssigen und festen Phasen durch und andererseits analysierte er das rheologische Verhalten von zwei natürlichen Murgangmaterialien. Leider stand nur von einem Testgebiet genug Material für Versuche mit dem ganzen Kornspektrum zur Verfügung. Bei allen Tests wurde die Scherrate tief gehalten (bis ~20 s -1 ). Für die Mischungen der feineren Komponenten ergab sich trotz einer gewissen Streuung der Messwerte eine ausgeprägte Abhängigkeit von der Feststoffkonzentration (Phillips und Davies, 1991). Die Rückwärtsextrapolation ergab eine Grenzschubspannung τ Y im Bereich von Pa. Die Viskositäten waren von der Scherrate abhängig und lagen für das eine Material zwischen 0.4 Pas und 104 Pas und für das andere zwischen 20 Pas und 238 Pas. Die Messergebnisse aus den Versuchen mit dem ganzen Kornspektrum (d max = 120 mm) im Grossrheometer streuten im untersuchten Scherratenbereich von 0.8 s -1 bis 3.8 s -1 sehr stark. Der Wertebereich für die scheinbaren Viskositäten beträgt Pas, wobei bei kleineren Scherraten die höheren Werte zu verzeichnen sind. Aufgrund der grossen Streuung wird für die Grenzspannung ein Minimalwert von Pa angegeben, mit dem Vermerk, dass auch ein Wert von Pa möglich wäre. Für Coussot und Piau (1995) liegt der Grund für diese Streuung einerseits im Design des Messapparates und andererseits vor allem daran, dass die Grösse des Rheometers für Partikel von 120 mm Durchmesser bereits wieder zu klein ist. Nach ihrer Ansicht ist das Prinzip des Couette-Viskometers am besten geeignet für ein Grossrheometer. Bei einer Spaltbreite von 20 cm testeten sie natürliche Materialien von sieben Testgebieten, wobei sie d max = 20 mm setzten. Für die fünf Materialien mit deutlichem Feinanteil (20 % < Ton & Silt < 40 %) konnten sie die Daten mit einem Herschel-Bulkley-Ansatz fitten (Tabelle 4-10). Ähnlich wie bei O'Brien und Julien (1988) und Major und Pierson (1992) zeigte sich eine ausgeprägte Zunahme der Grenzschubspannung mit der Konzentration. Die anderen zwei Materialien enthielten jeweils einen Feinanteil von höchstens 2 %. In diesen Fällen konnten die Messungen nur durchgeführt werden, wenn das Material trocken in den Rheometer geschüttet und anschliessend mit Wasser gesättigt wurde. Mit zunehmender Rotationsgeschwindigkeit zeigten die Messungen der Drehmomente kleinere Werte an. Allerdings scherten diese Mischungen nur noch in unmittelbarer Nähe des rotierenden Zylinders. Coussot und Piau (1995) folgerten daraus, dass für granulare Mischungen der Herschel-Bulkley-Ansatz nicht geeignet ist. Tabelle 4-10: Wertebereich der Herschel-Bulkley-Parameter der fünf Materialien mit erheblichem Feinanteil nach Coussot und Piau (1995). Herschel-Bulkley-Ansatz Grenzschubspannung τ Y [Pa] Fliessindex K [Pas b ] Exponent b [-] b dv τ = τ Y + K dz Obwohl Major und Pierson (1992) einen Grossrheometer mit einer Spaltbreite von 306 mm zur Verfügung stand, untersuchten sie nur Mischungen von Wasser und Feststoffen mit d max = 2 mm. Um das Probevolumen zu verkleinern, verwendeten sie einen kleineren äusseren Zylin-

89 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 87 der. Damit reduzierte sich die Spaltbreite auf 31 mm. Auf diese Weise konnte er die Bedingung nach Van Wazer et al. (1963) einhalten, nach der der Abstand zwischen den beiden Zylindern mindestens das Zehnfache des maximalen Korndurchmessers betragen soll. Auch sie stellten eine Zunahme der Grenzschubspannung mit zunehmender Konzentration fest. In den meisten Fällen liessen sich die Resultate gut durch einen Bingham-Ansatz annähern. Bei Scherraten zwischen 5 s -1 und 45 s -1 fanden sie Werte von 10 Pa bis 400 Pa für τ B und solche von weniger als 1 Pas bis 30 Pas für η B. Zudem liess sich auch grob ein Trend erkennen, dass mit zunehmendem Gehalt an groben Komponenten (Sand) auch eine Erhöhung der Bingham-Parameter erfolgte. Ähnliches zeigt auch eine in Pierson und Scott (1985) angegebene Graphik, welche hier wiedergegeben wird (Abbildung 4-6). Die Daten der künstlich hergestellten Tonsuspensionen entnahmen sie Hampton (1975), die übrigen Daten sind von Kang und Zhang (1980). Dabei handelt es sich um interpolierte Werte von Mischung aus Wasser und Material von richtigen Murgängen bzw. Schlammströmen. 300 Tone Murgangmaterial τ B [Pa] 200 dm=0.1mm dm=5mm dm=15mm C S [-] Abbildung 4-6: Grenzspannung τ Y verschiedener Feststoff-Wasser-Gemische (mittlerer Korndurchmesser ist angegeben) aufgetragen gegenüber der volumetrischen Feststoffkonzentration der Mischung. (nach Pierson und Scott, 1985) 4.4 Schlussfolgerungen Sowohl hinsichtlich geotechnischer als auch rheologischer Parameter sind in der Literatur Angaben zu finden, doch erkennt man bei genauerer Betrachtung, dass diese in der Regel nicht abschliessend sind. Vielmehr hängen sie ab von der gewählten Messmethode mit ihren Vorund Nachteilen oder aber sie sind aus anderen Angaben zurückberechnet. Angaben zur Korngrössenverteilung beschränken sich auf einen analysierten Teilbereich, meist Ton- bis Feinkiesfraktion. Obwohl hier anerkannte Verfahren bestehen, mit welchen Linienproben und Siebkurven zu einer Korngrössenverteilung zusammengesetzt werden können

90 88 Daniel Weber (WSL, 2004) (Baenziger, 1987a; Fehr, 1987a, b), ist damit trotzdem keine direkte Messung des gesamten Spektrums vorhanden. Letztlich ergibt sich daraus (nur) eine guten Näherung an die tatsächliche gesamte Korngrössenverteilung. Ansonsten wird meistens nur die Materialzusammensetzung kleiner als ca. 2 cm analysiert. Darauf basierend wird manchmal abzuschätzen versucht, ob das Fliessverhalten eher granular oder schlammartig ist. Zum effektiven Reibungswinkel von Materialien, wie sie bei granularen Murgängen vorkommen, gibt es nur die wenigen in Kapitel zitierten gemessenen Werte. Bei der Anwendung von Modellen, die diesen Parameter als Input benötigen, wird meist mit einem Fitting-Verfahren ein passender Wert ermittelt und dieser allenfalls anschliessend noch anhand eines Vergleichs mit (den wenigen) Literaturangaben beurteilt. Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass genaue Angaben zur Viskosität von Mischungen aus Wasser und natürlichen granularen Feststoffen kaum vorhanden sind. Bei den in der Literatur angegeben Zähigkeiten handelt es sich um unter gewissen Voraussetzungen aus Spuren im Feld abgeleitete Werte. Reproduzierbare Messwerte finden sich nur für Suspensionen von Wasser und Feinmaterialien, da für solche Messungen die notwendigen Apparaturen existieren. Messungen von Mischungen, die auch grössere Partikel von mehreren Zentimetern Durchmesser enthalten, sind nur sehr wenige vorhanden und zudem in ihrer Aussage nicht eindeutig (Phillips. 1988; Coussot und Piau, 1995). Bei der Anwendung der in Kapitel 2 vorgestellten konstitutiven Modelle stellt sich generell das Problem, dass Angaben zu Parametern benötigt werden, die nicht direkt gemessen werden können. Sie lassen sich nur a posteriori direkt oder unter gewissen Voraussetzungen aus anderen messbaren Parametern zurück bestimmen. Zu vielen dokumentierten Ereignissen wurden anhand der entsprechenden Angaben solche Rückwärtsbestimmungen gemacht. Ein Vergleich dieser Werte bzw. eine Untersuchung ihrer Übertragbarkeit auf andere Ereignisse blieb aus. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten physikalischen Modellversuche haben gegenüber Einzelereignissen den Vorteil, dass einzelne Parameter systematisch variiert werden können. Dies ermöglicht die Analyse der rückwärts berechneten konstitutiven Parameter und die Identifikation gewisser Abhängigkeiten. Die Übertragbarkeit der gewonnen Erkenntnisse auf reale Murgänge ist damit noch nicht gegeben. Skalierungseffekte lassen sich nur grob abschätzen, da man sich beispielsweise bezüglich der Zähigkeit von natürlichen Murgangmischungen nur auf Schätzungen abstützen kann.

91 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 89 5 Skalierung 5.1 Modellgesetze Reynold sches Modellgesetz In Strömungen, in denen Zähigkeitskräfte ein zentrale Rolle spielen, muss neben der geometrischen Ähnlichkeit auch die Reynoldszahl Re nach Gleichung (2-24) im Modell (Re m ) und in der Natur (Re p, p für Prototyp) gleich gross sein. Re Re p m VrL rρr = Rer = = 1 ( 5-1) η r Darin bezeichnet der Index r jeweils das Verhältnis des Parameters in Natur zu jenem im Modell. L r ist der Skalierungsfaktor und entspricht dem Verhältnis der Abflusstiefen. Aus ( 5-1) folgt, dass V r ηr = resp. L ρ r r V V P M 1 ρ η m p = ( 5-2) L ρ η r p m Wird im Labor dasselbe Fluid verwendet wie in der Natur, dann gilt ρ m = ρ p und η m = η p und aus ( 5-2) folgt, dass das Verhältnis der Geschwindigkeiten reziprok zu jenem der Längen ist. Für die abgeleiteten Grössen ergeben sich aus dem Reynold schen Modellgesetz Längen Lp Lr ( 5-3a) L m Flächen 2 A r = L r ( 5-3b) Geschwindigkeiten 1 L V r = mit ρ r = η r =1 ( 5-3c) r Zeit Lr 2 t r = = Lr ( 5-3d) V r Durchfluss Q = V A = L ( 5-3e) r r r r

92 90 Daniel Weber (WSL, 2004) Froude sches Modellgesetz Strömungen mit freier Oberfläche sind dem Einfluss der Schwerkraft ausgesetzt. In einer Modellierung muss in solchen Fällen neben der geometrischen Ähnlichkeit auch die Froudezahl in Modell und Prototyp gleich sein, d. h.: Fr Vr = 1 ( 5-4) g L r = r r Da in der Regel die Gravitationskonstante im Modell gleich gross ist wie in der Natur 1 (g r = 1), ergibt sich das Verhältnis der Geschwindigkeiten zu r r r 1 2 r V = g L = L ( 5-5) Mit dem Froude schen Modellgesetz ergeben sich somit folgende abgeleiteten Grössen: Längen Lp Lr ( 5-6a) L m Flächen 2 A r = L r ( 5-6b) Volumen 3 M r = L r ( 5-6c) Geschwindigkeiten V = L mit g r = 1 ( 5-6d) r r Zeit L t = r r = Lr ( 5-6e) Vr Durchfluss r r r 5 2 r Q = V A = L ( 5-6f) 5.2 Ähnlichkeitsbedingungen für Reinwassergerinneströmungen Bei der physikalischen Modellierung wasserbaulicher Probleme werden in den meisten Fällen Freispiegelströmungen behandelt, bei denen auch der Einfluss der Viskosität η sowie der 1 Dies gilt vor allem im Hinblick auf hydraulische Modelle. In geotechnischen Modellversuchen werden heute vermehrt auch Zentrifugen eingesetzt, um im Modell eine erhöhte Beschleunigung eines Vielfachen von g zu erhalten. In diesem Fall ist g r < 1, resp. g m > g p.

93 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 91 Rauhigkeit d C eine Rolle spielt. Die Dimensionsanalyse liefert in diesem Fall für den Verlustbeiwert f: f dc = f Form; ;Re; Fr R ( 5-7) Das bedeutet, dass der Verlustbeiwert eine Funktion der relativen Rauheit d C /R, der Reynoldszahl und der Froudezahl ist. Die Abhängigkeit von f von der Reynoldszahl Re und der relativen Rauhigkeit kann dem sogenannten Moody-Diagramm entnommen werden (z. B. Dracos, 1990). Die zusätzliche Bedingung Froude scher Ähnlichkeit kann nur eingehalten werden, wenn im Modell ein Fluid eingesetzt wird, das die Bedingung ρ r η r g = L r 3 2 r ( 5-8) erfüllt. Verwendet man in einem verkleinerten Modell die gleiche Flüssigkeit wie in der Natur, so kann die Beziehung ( 5-8) offensichtlich nicht eingehalten werden. Um im Modell eine geometrisch ähnliche Abbildung der freien Wasseroberfläche zu erhalten, muss das Froude sche Modellgesetz eingehalten werden. In Wassermodellen ist demnach die Reynoldszahl stets kleiner als in der Natur und mit V = L ist r r 3 r L r 2 Re = ( 5-9) Im verkleinerten Modell haben die Zähigkeitskräfte also stets eine relativ grössere Bedeutung. Modelliert man Abflüsse im vollrauhen Bereich, dann ist die Reynoldszahl sehr gross und die Abweichung nach ( 5-8) bleibt, sofern der Massstab L r nicht allzu gross ist, ohne grossen Einfluss auf den Verlustbeiwert f. Liegen jedoch die Strömungsverhältnisse im Modell nicht mehr im rauhen Bereich, dann kann der unmassstäbliche Zähigkeitseinfluss durch eine entsprechende unmassstäbliche Rauheit kompensiert werden. Man wählt die Modellrauheit so, dass bei der kleineren Modellreynoldszahl derselbe Verlustbeiwert f resultiert. Aus der Darcy-Weissbach-Beziehung folgt mit dem hydraulischen Radius R als charakteristische Länge L h V 8gR h V 8 f = = R 2 R 2 ( 5-10) V Fr Darin ist h V /R das Energieliniengefälle, welches nur dann in Modell und Natur gleich ist, wenn der Verlustbeiwert f gleich gross ist. Mit anderen Worten muss das Modell hydraulisch glatter sein als die Natur. 5.3 Ähnlichkeitsbedingungen bei Murgängen Die Herleitung von Ähnlichkeitsbedingungen für Murgänge ist sehr schwierig. Dies insbesondere darum, weil die genauen physikalischen Vorgänge beim Niedergang eines Murganges noch nicht vollständig geklärt sind. Damit sind nicht alle involvierten Kräfte bekannt und ent-

94 92 Daniel Weber (WSL, 2004) sprechend ist die Identifizierung der entscheidenden treibenden Kräfte und die Entwicklung entsprechender dimensionsloser Zahlen zum jetzigen Zeitpunkt nur unbefriedigend möglich. Viele der in Kapitel 2 aufgeführten dimensionslosen Zahlen, so die Bagnoldzahl N (Bagnold, 1954) und die dimensionslosen Spannungsverhältnisse T d * und D v * nach Julien und Lan (1991) ergeben sich aus den jeweils zugrunde gelegten Modellvorstellungen. Mit der Wahl solcher Kennzahlen akzeptiert man einerseits stillschweigend die (meist unzulänglich) formulierte Physik, andererseits sind darin aber auch Parameter enthalten, welche für natürliche Ereignisse noch nie direkt bestimmt werden konnten (z. B. η, a i sinα). Tognacca (1999) untersuchte anhand von Laborversuchen die Murgangentstehung in einem bereits bestehenden Gerinne. Als die beiden wesentlichen Prozesse erkannte er zum einen die progressive Erosion der Bachsohle und zum anderen die Entstehung infolge einer temporären Blockade des Gerinnes, z. B. als Folge eines Hangrutsches. Die Dimensionsanalyse ergab, dass die Material- und Fluideigenschaften, die Geometrie des Gerinnes, die Naturkonstanten sowie die Zuflussbedingungen mit 21 unabhängigen Parametern beschrieben werden können. Als Basisgrössen verwendete er den mittleren Korndurchmesser d M, die Dichte der Flüssigkeit ρ F (hier Wasser) und die Gravitationskonstante g. Die daraus abgeleiteten charakteristischen dimensionslosen Kennzahlen und Eigenschaften beschreiben neben einer Vielzahl rein geometrischer Verhältnisse auch die vier nachfolgen aufgeführten Kräfteverhältnisse: K G c' = ( 5-11) ρfgd M Z G η = ( 5-12) ρ F Fg dm O G ο = ( 5-13) ρfgd M T Q = G ( 5-14) gd SW 5 2 M Darin ist K die Kohäsionskraft, Z die Zähigkeitskraft, O die Kraft infolge der Oberflächenspannung, T die Trägheits- und G die Gravitationskraft. Mit c' wird die Kohäsion und mit ο die Oberflächenspannung bezeichnet. Gleichung ( 5-14) entspricht der Froudezahl und ( 5-12) ergibt sich aus der Division der Froudezahl durch die Reynoldszahl. Tognacca (1999) beschränkte sich auf granulare Murgangtypen, weshalb er die Kohäsion c' = 0 setzen konnte. Hingegen erkannte er in den bei teilweiser Sättigung des Porenraums entstehenden Kapillarkräfte eine scheinbare Kohäsion c. In diesem Fall entspricht Gleichung ( 5-11) der Gleichung ( 5-13). Damit kommt zu der bereits für Reinwassermodelle schwierig zu erreichenden Bedingung gleichzeitiger Erfüllung des Reynold schen und Froude schen Modellgesetztes noch eine zusätzliche hinzu. Für verschiedene Szenarien statischer Zustände konnte Tognacca (1999) das Verhältnis der Kapillarkräfte zur Gravitation quantitativ bestimmen. Dieses Verhältnis ist einerseits vom Sättigungsgrad abhängig. Sowohl bei vollständiger Sättigung als auch bei komplett entleertem Porenraum ist c = 0, dazwischen treten Kapillarkräfte auf. Sind solche vorhanden, hängen sie vom Korndurchmesser d M ab. Je kleiner der Korndurchmesser desto grösser wird K im Verhältnis zu G. Da im skalierten Modell die Korndurchmesser stets kleiner sind als in

95 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 93 Realität, können also durchaus Massstabseffekte entstehen. Da sich die nötigen Eingangsgrössen für den dynamischen Zustand, d. h. für den Abfluss eines Murgangs, experimentell weder für Natur- noch für Laborereignisse bestimmen lassen, kann natürlich auch der Massstabseffekt nicht quantifiziert werden. Das Design des Versuchsstandes richtete sich letztlich nach dem Modellgesetz nach Froude. Einen guten Überblick über empirische Beziehungen verschiedener Murgang-Parameter gab Rickenmann (1999). Diese Beziehungen basieren auf der Analyse von Feldereignissen. Mehrere Autoren gaben den Maximalabfluss der Murgangmischung Q P [m 3 /s] als Funktion der transportierten Feststoffmenge M [m 3 ] an, so Mizuyama et al. (1992), Jitousono et al. (1996) und Costa (1988). Diese hatten alle dieselbe mathematische Form ( 5-15): b Q P = am ( 5-15) Die Werte für die Konstante a lagen zwischen und 0.293, diejenigen des Exponenten b zwischen 0.56 und Postuliert man Froude'sche Ähnlichkeit für verschiedene Ereignisgrössen, welche aber mindestens ähnliche Materialeigenschaften haben (z. B. aus demselben Einzugsgebiet), dann folgt aus ( 5-6a) und ( 5-6f), dass der Exponent b gleich 5 / 6 (= 0.83) sein muss. Damit liegt er im Bereich der rein empirisch ermittelten Exponenten. Q p [m 3 /s] (Froud: L r 5/2 ) 10'000'000 1'000' '000 Kamikamihori (Japan) Jiangjia ravine (China) Mount St. Helens (USA) Schweizer Ereignisse Andere Feldereignisse 3 5/2 10'000 Froud'sche Ähnlichkeit 1' '000 10' '000 1'000'000 10'000' '000'000 Ereignisgrösse [m 3 ] (Froud: L 3 r ) Abbildung 5-1: Korrelation der Abflussspitzen Q P natürlicher Murgänge mit der Ereignisgrösse im Vergleich zur theoretischen Beziehung unter Voraussetzung Froude'scher Ähnlichkeit. (zusätzliche Erläuterungen im Text) In Abbildung 5-1 sind die Wertepaare für Q P und M von mehreren in der Literatur publizierten natürlichen Ereignissen zusammengestellt. Die ebenfalls eingezeichnete Linie gibt die theoretische Beziehung unter Voraussetzung Froude'scher Ähnlichkeit an und hat eine Steigung von 5 / 6. Diese entspricht dem Verhältnis vom Y- zum X-Achsenabschnitt, welche in der hier angegebenen log-log-darstellung den Wert des jeweiligen Exponenten der theoretischen

96 94 Daniel Weber (WSL, 2004) Beziehung annehmen; d. h. x-achsenabschnitt = 3, Y-Achsenabschnitt = 5/2 und somit folglich Y/X = 5/6 (vgl. Skizze Abbildung 5-1 rechter Rand). Aus den Froude'schen Ähnlichkeitsbeziehungen ergibt sich die Steigung der Geraden. Ihre Lage muss empirisch durch Daten bestimmt werden; sie wurde in Abbildung 5-1 hauptsächlich anhand der Datenpunkte für das Kamikamihori Tal und die Schweizer Ereignisse optimiert. Der Grund liegt darin, dass es sich dabei jeweils um granulare Murgangtypen handelte und die Kamikamihori Daten von der bereits im Kapitel 4.2 beschriebenen Beobachtungsstation (Okuda und Suwa, 1984) stammen und deshalb entsprechend genau gemessen wurden. Die übrigen Daten entstammen anderen Publikationen und teilweise auch persönlichem Schriftverkehr des Autors (vgl. Rickenmann, 1999). Mehrere Aussagen lassen sich aufgrund von Abbildung 5-1 machen: i) die Streuung der Daten über mindestens eine Grössenordnung ist gross aber üblich bei empirischen Betrachtungen im Zusammenhang mit Murgängen; ii) die Datenpunkte der unterschiedlichen Ereignissen weisen einen Trend auf; iii) die Linie mit der Steigung gemäss Froude scher Ähnlichkeit widerspiegelt diesen Trend; iv) diese Linie liegt im oberen Bereich der Datenpunkte (da sie hauptsächlich an die Ergebnisse granularer Murgänge (Kamikamihori) angepasst wurde). Folgendes Fazit kann aus dieser Datenanalyse gezogen werden: infolge der mangelnden Kenntnis über die tatsächlich ablaufenden physikalischen Prozesse beim Niedergang eines Murgangs kann die Einhaltung Froude'scher Ähnlichkeit bei der Planung und Dimensionierung von Laborversuchen als valable Basis angesehen werden, vorausgesetzt die physikalischen Eigenschaften der Mischungen sind vergleichbar. 5.4 Schlussfolgerungen bezüglich Durchführung physikalischer Modellversuche Legt man sich a priori auf einen Modellansatz fest, ergibt sich dadurch ein klar bekannter Satz an benötigten Parametern. Davon ausgehend lassen sich die wichtigsten Einflussfaktoren des Phänomens Murgang identifizieren und entsprechend vereinfachte Laborversuche durchführen. Die Beurteilung von Skalierungseffekten beschränkt sich dann ebenfalls auf die durch das Modell festgelegten physikalischen (Haupt-)Prozesse. Doch sind auch bereits in diesem Fall genaue Aussagen oft nicht möglich. Behandelt man Murgänge als Abfluss einer Phase bestimmter physikalischer Eigenschaften, dann können die Überlegungen der vorangegangenen Kapitel angewendet werden. Die hohe Feststoffkonzentration von Murganggemischen hat einen entscheidenden Einfluss auf die Zähigkeit. Entsprechend wichtig ist die Beziehung ( 5-8) respektive die Überlegungen bezüglich Kompensation der unmassstäblichen Reynoldszahlen durch unmassstäbliche relative Rauhigkeiten. Wie aber bereits in Kapitel 4.3 beschrieben, konnte die Zähigkeit natürlicher Murgänge bis jetzt noch nie zufriedenstellend gemessen werden. Die dimensionslosen Zahlen, welche diesen Parameter enthalten, lassen sich also bestenfalls nur abschätzen. Entsprechend ungenau sind auch Aussagen bezüglich Skalierungseffekten. Mit den im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Versuche sollen mehrere Modellansätze auf ihre Anwendbarkeit auf natürliche Materialmischungen überprüft werden. Entsprechend hoch ist damit die Anzahl der beschriebenen Prozesse und ebenso auch die Menge der theoretisch zu erfüllenden Ähnlichkeitsbeziehungen. Da aber bereits keine verlässlichen Zahlen bezüglich der Zähigkeit bzw. der Reynoldszahl verfügbar sind, bleibt letzlich nichts anderes übrig, als sich auf einfachste Überlegungen abzustützen und diese dann durch einen Vergleich mit Daten realer Ereignisse zu verifizieren. Deshalb und aufgrund der in Kapitel 5.3 aufgeführten Erkenntnisse bilden die Ähnlichkeitsbeziehungen nach Froude die Ausgangsbasis der hier durchgeführten Versuche. Um die

97 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 95 Experimente möglichst naturgetreu durchführen zu können, wurde eine natürliche Materialmischung verwendet. Die soll dazu führen, dass im Experiment dieselben (unbekannten) Prozesse ablaufen wie in der Natur. Um Skalierungseffekte zu reduzieren wird ein Modellmassstab möglichst nahe von 1 1 gewählt.

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99 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 97 6 Das Versuchskonzept Mit den im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Laboruntersuchungen sollen neue Erkenntnisse bezüglich dem Fliess- und Erosionsverhalten von Murgängen gewonnen werden. Während zum Fliessverhalten bereits eine Vielzahl von unterschiedlichsten Studien besteht, ist das Erosionsverhalten bis jetzt nur äusserst spärlich behandelt worden. Im Rahmen solcher Untersuchungen durchgeführte Experimente sind aber meist sehr vereinfachte Reproduktionen von tatsächlichen Murgängen. In den meisten Fällen diktierte die vorhandene Modellvorstellung das Design des Versuchsstandes. Zudem wurden eher kleine Versuchsrinnen verwendet. Meist war die Sohle fix und in den Fällen, in denen ein erodierbares Bachbett vorhanden war, war es flach (2-dimensional). Durch zunehmende Vereinfachung der Bedingungen gegenüber jenen in der Natur wird die Übertragung der gewonnen Resultate zurück auf reale Ereignisse schwieriger. Diese Skalierungsproblematik verstärkt sich noch zusätzlich, wenn ein grosser Modellmassstab gewählt wird. Wie in Kapitel 4.2 gezeigt, kann die Materialzusammensetzung von Murgängen stark variieren. Rheologische Grössen lassen sich bestenfalls ableiten, wobei dazu verschiedene Annahmen getroffen werden müssen. Effektive Messungen von beispielsweise der Zähigkeit wurden bis jetzt hauptsächlich nur von Suspensionen des Feinanteils gemacht. Grossrheometerversuche gibt es zu wenige, als dass generelle Schlüsse gezogen werden könnten (Kapitel 4.3). Man steht somit vor dem Problem, etwas zu skalieren, von dem man die Prototypgrösse nur näherungsweise kennt. Umgekehrt ergibt sich dadurch natürlich auch eine grosse Unsicherheit bei der Interpretation von rückwärtsskalierten Ergebnissen von Laborversuchen, welche unter sehr vereinfachten Bedingungen durchgeführt wurden. Die Ziele dieser Arbeit wurden bereits in Kapitel 1.4 formuliert. Diese bilden zusammen mit den übrigen Rahmenbedingungen (Infrastruktur, finanzielle Mittel, etc.) die Grundlage für das Versuchskonzept und das Design des Versuchsstandes. Im Folgenden sind diese Punkte zusammen mit ihrem Einfluss auf das Versuchskonzept aufgeführt. Wahl eines natürlichen Materials Wie in Kapitel 5 beschrieben, liegt bei der Modellierung von Murgängen das Problem darin, dass man zwar weiss, dass die Fliesseigenschaften durch die Materialzusammensetzung und das Mischverhältnis fest-flüssig beeinflusst werden, jedoch die beim Abfluss auftretenden Prozesse nicht vollständig kennt. Damit die Laborbedingungen möglichst denjenigen im Feld entsprechen, soll in unseren Versuchen ein möglichst natürliches Material verwendet werden. Durch den Prozess Erosion inkorporiertes Material soll die Fliesseigenschaften höchstens dadurch beeinflusst, dass sich das Feststoff-Wasser-Verhältnis ändert, nicht aber die Materialzusammensetzung. Daher wurde auch das erodierbare Bachbett aus demselben Material aufgebaut. Die im Labor verwendeten Materialien werden in Kapitel 7 ausführlich beschrieben. Verwendung einer natürlichen Gerinnestruktur Die Untersuchungen des Fliessverhaltens beschränkten sich auf das Fliessverhalten der Murgänge im Gerinne, also in der Strecke zwischen Anrissgebiet und Kegel. Daher wurden die Versuche hauptsächlich mit steileren Neigungen ausgeführt. Die Neigung des Kanals wurde zwischen 25 % und 55 % variiert. Eine steilere Stellung war konstruktionsbedingt nicht möglich (vgl. Kapitel 8.1).

100 98 Daniel Weber (WSL, 2004) Ein Ziel der Arbeit ist mehr Klarheit über die Anwendbarkeit der vielen 1-dimensionalen Ansätze auf reale Ereignisse zu erlangen. Deshalb wurde eine Versuchsserie mit flach eingebautem Bachbett und eine andere Serie bei 3-dimensionaler Bachbettstruktur mit ungefähr parabelförmigem Querprofil gemacht. Die erste simuliert einen U-förmigen Gerinnequerschnitt mit reiner Sohlenerosion (Seitenberandung Fels), die zweite einen eher V-Förmigen Querschnitt bei demauch die Seitenflanken erodierbar sind. Verwendung eines möglichst kleinen Skalierungsfaktors Die Modellversuche sollen einen allgemeinen Fall beschreiben. Sie sind nicht die skalierte Abbildung einer konkreten Situation. Insofern kann auch nicht ein konkreter Wert für den Massstab L r angegeben werden, sondern nur ein Bereich. Im Vordergrund stand die Simulation von Murgangabflüssen in der Transitstrecke, d. h. bei steileren Gefällen. Die Verwendung eines natürlichen Materials bedingt, dass ρ r = 1 ist. Hält man die geometrische Verkleinerung L r klein, minimiert man gleichzeitig auch ungewollte Skalierungseffekte. Die maximale Grösse des Versuchsstandes wurde durch die Bedingung einer maximalen Gerinneneigung von 30 (= 55 %), die Dimension der Versuchshalle und dem Aufwand für die Versuchsdurchführung vorgegeben (vgl. Kapitel 8.1). Bei den gewählten Versuchsbedingungen ergibt sich für ein durchschnittliches (Schweizer) Wildbachgerinne L r zu etwa 10, in Einzelfällen kann L r Werte bis maximal 30 annehmen 2. Es war von Anfang an klar, dass mit einem üblichen hydraulischen Modell gearbeitet werden soll, d. h. unter Einfluss der einfachen Gravitation. In einem Zentrifugenmodell würden für Zweiphasenströmungen gänzlich andere Abflussbedingung herrschen, als dies unter normalen Bedingungen (Gravitation = g) der Fall wäre. So würde sich infolge der Zentrifugalkraft der Konzentrationsverlauf über die Abflusstiefe mit Sicherheit ändern. Generell müsste ein viel grösserer technischer Aufwand betrieben werden, um in einem solchen Modell überhaupt einen Oberflächenabfluss zustande zu kriegen. Goodings (1994) musste ihre Untersuchungen zum Strömungsverhalten von Grundwasser in granularen Böden ebenfalls auf 1g-Modelle beschränken, da sie die nötige Wasserversorgung am äusseren Ende der Zentrifuge technisch nicht realisieren konnte. Versuchsdesign richtet sich nach Froude scher Ähnlichkeit Wie in Kapitel 5.3 bereits gezeigt wurde, ist die Anwendung Froude scher Ähnlichkeit bei der physikalischen Modellierung von Murgängen eine gute Ausgangslage für das Versuchsdesign. Die Mitberücksichtigung anderer dimensionsloser Kennzahlen ist wegen der fehlenden Kenntnis ihrer Grösse für echte Murgänge problematisch. Zudem gehen neuere Ansichten zu (trockenen) granularen Strömungen davon aus, dass deren Fliessverhalten vor allem durch hangparalleles Abgleiten von übereinanderliegenden Schichten beschrieben werden kann, und dass die an den Grenzflächen auftretenden Schubspannungen mit einem Coulomb schen Reibungsgesetz wiedergegeben werden können (Iverson und Vallance, 2001). Unter Voraussetzung Froude - scher Ähnlichkeit und dem Umstand, dass die Gravitationskonstante im Modell und in der Natur gleich gross ist, gilt nach ( 5-6c) V r = L r 0.5, d. h. die Geschwindigkeiten im Modell müssten mit L r = 10 rund 3 (bzw. bei L r = 30 maximal 5.5) mal langsamer sein als in der Natur. 2 Diese Zahlen ergeben sich a priori aus der Betrachtung der abflussrelevanten Breite des Querschnitts und a posteriori aus einem Vergleich der maximalen Abflusstiefen. Eine Aussage zum Verhältnis der Fliessstrecken ist wenig sinnvoll, da im Modell nur ein relativ kurzer Gerinneabschnitt wiedergegeben wird.

101 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 99 In den Ursachenanalysen der Hochwasser 1987 (BWW und LHG, 1991) findet sich eine Zusammenstellung verschiedener Parameter von Murgängen. Diese wurden anhand von Spuren im Feld erhoben. Eine Auswahl findet sich in Tabelle 6-1. Die Skalierungsfaktoren nach Froude schem Modellgesetz für diese verschiedenen Parameter ergeben sich entweder direkt aus den Gleichungen ( 5-6a) bis ( 5-6e) oder aber ihrer Anwendung auf die physikalischen Einheiten. Des weiteren sind auch Angaben zu Murgangparametern von der von der WSL betriebenen Murgang-Beobachtungsstation im Illgraben mitverwendet worden (Rickenmann et al., 2001). Will man Murgänge als Abfluss einer flüssigen Phase beschreiben, so ist zusätzlich ( 5-8) zu berücksichtigen. Daraus folgt mit ρ r = g r = 1, dass η r = L r 3/2 sein muss. Für den oben angegebenen Massstab müsste die Viskosität der natürlichen Mischung also rund 30 mal grösser sein als diejenige der im Labor verwendeten Flüssigkeit (bzw. 160 mal bei L r = 30). Im Unterschied zu einer reinen Flüssigkeit kann im Falle einer als eine Phase behandelten fest/flüssig- Mischung aus ρ r = 1 nicht automatisch geschlossen werden, dass auch η r = 1 ist. Zwar wird in den hier vorgestellten Versuchen ein natürliches Material zusammen mit Wasser als Flüssigkeit verwendet und folglich bleibt bei gleicher Konzentration der Mischung auch die Dichte gleich. Da im Modell nicht die gleich breite Korngrössenverteilung wie in der Natur eingesetzt werden kann, folgt daraus nicht automatisch, dass auch die Zähigkeit gleich ist. Die Abhängigkeit der Viskosität von der Korngrössenverteilung ist bis heute noch nicht abschliessend geklärt, doch zeigen einige Untersuchungen, dass eine breitere Korngrössenverteilung tendenziell eine Erhöhung der Viskosität bewirkt (Major und Pierson, 1992; Stepanov und Stepanova, 1991). Zusätzlich ist die Zähigkeit auch noch von anderen Materialparametern abhängig (Jan und Shen, 1997). Tabelle 6-1: Bereich und Grenzwerte verschiedener Murgangparameter von Schweizer Ereignissen (aus BWW und LHG, 1991; Rickenmann et al., 2001) mit zugehörigem Umrechnungsfaktor nach Froude unter Voraussetzung eines Modellmassstabs von 1 10 und den entsprechenden Werten für die Laborversuche. Parameter Wertebereich Feld Einheit Skalierungsfaktor Froude Wert Felddaten auf Labormassstab skaliert Mittlere Fliessgeschwindigkeiten 2 15 [m/s] L r Abflusstiefen 1 6 [m] L r Maximalabflüsse [m 3 /s] Feststoffvolumina [m 3 ] 5 r 2 L L r Maximale Erosionstiefe 1 17 [m] L r Maximale Erosionsleistung 650 [m 3 2 /m] L r Dauer eines Murenschubes (ca.) 3 30 [min] L r Länge eines Schubes [m] L r zusätzliche Quelle: Suwa (1989)

102 100 Daniel Weber (WSL, 2004) Variation der Anfangsbedingungen Neben der bereits erwähnten Variation der Neigung, welche in der Regel Werte von 25 %, 40 % und 55 % annahm, geht es hier vor allem um die physikalischen Eigenschaften der Startmischung, aus welcher sich der Murgang entwickelt. Neben den Materialien wurden dabei sowohl das Volumen als auch das Verhältnis von fester zu flüssiger Phase variiert. Rein aufgrund der Platzverhältnisse war man bezüglich der Startvolumen eingeschränkt. Neben dem Maximalvolumen von 150 l wurden noch Schübe von 100 l und 50 l verwendet. Wie in Kapitel 1.4 erwähnt, sollte der Einfluss der Feststoffkonzentration über einen möglichst breiten Konzentrationsbereich untersucht werden. Ausgehend von reinen Wasserpulsen (C S = 0 %) wurde die Feststoffkonzentration schrittweise bis zu jenem Wert erhöht, bei welchem das ganze Gemisch noch in den eigentlichen Messkanal und mindestens teilweise durch diesen hindurch floss. Bei den meisten Versuchen betrug die anfängliche Feststoffkonzentration C S der Mischung rund 30 %, 50 % oder 70 %. Bei steileren Neigungen konnte die Konzentration auch auf 80 % und mehr erhöht werden. Messung relevanter Parameter Bei der Durchführung kontrollierter Laborversuche besteht grundsätzlich die Möglichkeit, alle erdenklichen Parameter zu messen. Die Messungen können vor, direkt während oder auch nach einem Versuch erfolgen. Gewisse Parameter ergeben sich auch nur anhand eines Vergleichs von Messungen oder müssen aus anderen Messungen abgeleitet werden. Hier sollen gleichzeitig Fragen zum Fliessverhalten und solche zur Erosionsleistung von Murgängen beantwortet werden. Das Hauptaugenmerk wurde auf diejenigen Parameter gelegt, die auch im Zusammenhang mit realen Ereignissen erhoben werden können. Wenn immer möglich, wurden auch weitergehende Erhebungen gemacht. Eine detaillierte Beschreibung der gesamten Laborinstallation inklusive Messeinrichtungen findet sich in Kapitel 8.

103 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge Im Labor verwendete Materialien 7.1 Anforderung Das in den Laborversuchen verwendete Material sollte zwei Bedingungen erfüllen: erstens sollte es gemäss Versuchskonzept eine Korngrössenverteilung wie ein natürliches Murgangmaterial aufweisen, gleichzeitig musste aber der Maximalkorndurchmesser d max den Verhältnissen des Laborstandes angepasst werden. Da diese zwei Bedingungen unmöglich gleichzeitig erfüllt werden können, musste ein zufriedenstellende Näherung gefunden werden. In Anlehnung an physikalische Modellversuche im Flussbau könnte die Korngrössenverteilung entsprechend dem geometrischen Modellmassstab skaliert werden. In einem Korngrössenverteilungsdiagramm entspricht dies einer parallelen Verschiebung der Siebkurve nach links. In Abbildung 7-1 ist dieser Effekt dargestellt. Darin entspricht die Datenreihe Natur dem Mittelwert aus 13 Datenreihen einer VAW Untersuchung aus dem Jahre 1992 (vgl. Tabelle 7-1, oben). Die dargestellte Skalierung im Massstab führt zu einer Verschiebung um eine Fraktionseinheit und dementsprechend zu einer Erhöhung des Feinanteils (Ton/Silt) von ca. 7 % auf ca. 27 %. Ein Blick auf Abbildung 1 1 zeigt, dass sich dadurch das Fliessverhalten aber erheblich verändert. Der im Labor simulierte Gerinneabschnitt entspricht im Extremfall einem etwa 30 mal grösseren realen Bachabschnitt. %, kumuliert Ton Silt Sand Kies Steine Natur (dmax=1100mm) Skaliert Nach (7-1) mit d'max=30mm Tognacca (1999), Mat Korngrösse [mm] Abbildung 7-1: Veränderung der Korngrössenverteilung durch geometrische Skalierung resp. Gleichung ( 7-1) und Vergleich zu Material 7 aus Tognacca (1999). Als zweite Möglichkeit könnte der Anteil der groben Komponenten, die im Labor nicht verwendet werden können, einfach weggelassen werden. In diesem Fall wird der Maximalkorndurchmesser a priori auf den Versuchsstand angepasst festgelegt und sämtliche feineren Kornanteile vergrössern sich um denselben Faktor F, welcher gegeben ist zu:

104 102 Daniel Weber (WSL, 2004) F = 1 p 1 ( d > ) d' max ( 7-1) mit p(d>d max ) als Anteil der Kornfraktion mit grösseren Körnern als das gewählte Maximalkorn mit Durchmesser d max. Um den Effekt dieser Methode abzuschätzen, ist es unerlässlich möglichst vollständige Korngrössenverteilungskurven interessierender Materialien zu kennen. In der Ereignisanalyse der Unwetter von 1987, welche im gesamten schweizerischen Alpenraum zahlreiche Murgänge verursachten, finden sich Angaben zur Korngrössenverteilung inklusive Steinfraktion zu Materialien aus dem Anrissgebiet verschiedener murgangfähiger Wildbäche (VAW, 1992). Dabei wurden relativ kleine Volumina von ein paar Litern mit einem maximalen Korndurchmesser von ca. 6 cm einer Siebanalyse unterzogen. Der Anteil grösser ca. 6 cm wurde durch Auszählen der mittleren Korndurchmesser der Komponenten grösser ca. 3 4 cm und Umrechnen in Gewichtsprozent bestimmt. Diese beiden Bereiche wurden dann einerseits mit Hilfe einer visuellen Abschätzung des Gehalts an groben Komponenten, andererseits durch eine Anpassung an die Kornsummenkurven im Überlappungsbereich verbunden. In Tabelle 7-1 sind diese Daten zusammen mit den nach oben beschriebenen Methoden berechneten Werten zusammengestellt. Es lässt sich unschwer erkennen, dass durch die Skalierung der gesamten Verteilung die Tonfraktion im Mittel um einen Faktor 11, die Siltfraktion um einen Faktor 4 und diejenige von Sand um einen Faktor 2 vergrössert wird, während die Kiesfraktion etwa gleich bleibt. Damit verschiebt sich die Korngrössenverteilung ganz deutlich in den Feinbereich Ton/Silt. Demgegenüber beträgt der Faktor durch das Weglassen der Gesteinsfraktion für alle Fraktionen von Ton bis Kies in Mittel 1.7, was einem mittleren Gesteinsgehalt von knapp 40 % entspricht. Durch das Fehlen der Steine erfolgt sicherlich auch eine Veränderung der Fliesseigenschaften, als grosser Vorteil dieser Methode bleibt aber das Verhältnis der anderen Kornfraktionen untereinander erhalten (Abbildung 7-1). Der Faktor, der sich aus der zweiten Methode ergibt, hängt allein vom Anteil der verworfenen Korngrössen an der gesamten Korngrössenverteilung ab. Bei den in Tabelle 7-1 verwendeten Beispielen erfolgte die Auszählung der gröberen Fraktion im Nachgang zu den Murgangereignissen in der Anrisszone. Es ist durchaus denkbar, dass sich die Korngrössenverteilung infolge mechanischer Einwirkungen während des Abflusses verändert. Dabei zerbrechen grössere Partikel in kleinere und dadurch wird die Grobfraktion kleiner. Dementsprechend verkleinert sich auch der Faktor F. Bezüglich der Datenqualität gilt es zu berücksichtigen, dass die Probevolumen von ein paar Litern für die Siebanalysen als eher klein zu betrachten sind. Für Geschiebeproben in Flüssen gibt Huber (1966) folgende Faustformel an: Für d max > 6 cm: Probevolumen [l] > 25 * d max [cm] ( 7-2a) Für d max < 6 cm: Probevolumen [l] > 15 * d max [cm] ( 7-2b) Demnach wären zur Analyse der Kornanteile bis 6 cm Probevolumen von mindestens 90 Litern nötig gewesen. Allerdings ist auch sofort einleuchtend, dass sich 250 kg Material zu Fuss nicht so einfach ins Tal bringen lassen und entsprechend Kompromisse gemacht werden müssen. Trotz all diesen Unsicherheiten erscheint die zweite Methode die bessere zu sein. Zum Vergleich ist in Abbildung 7-1 noch die Korngrössenverteilung von Material 7 aus Tognacca (1999) dargestellt. Es besteht zu 90 % aus Körnern grösser 0.5 mm und nur rund 3 % Feinmaterial (Silt). Sein Versuchsaufbau richtete sich stark nach demjenigen zum Sedimenttransport.

105 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 103 Tabelle 7-1: Veränderung der Kornverteilungskurven als folge unterschiedlicher Skalierungsmethoden. Daten aus VAW (1992) dito, skaliert mit Massstab 1:31.5 Verhältnis skaliert zu original Ort Ton [%] Silt [%] Sand [%] Kies [%] Steine [%] dmax [m] Minstigertal Gerental Witenwasseren Bedretto Val da Plaunca Val Varuna Mittel Ort Ton [%] Silt [%] Sand [%] Kies [%] Steine [%] Minstigertal Gerental Witenwasseren Bedretto Val da Plaunca Val Varuna Mittel Ort Ton [-] Silt [-] Sand [-] Kies [-] F [-] Minstigertal Gerental Witenwasseren Bedretto Val da Plaunca Val Varuna Mittel Faktor F nach Formel (7-1)

106 104 Daniel Weber (WSL, 2004) 7.2 Eigenen Analysen von natürlichen Murgangmaterialien Korngrössenverteilung Um einen Eindruck über die Korngrössenverteilung (KGV) von Murgängen der Schweiz zu erhalten, wurden zu Beginn dieser Arbeit im Jahre 1996 sechs verschiedene Gerinne, in denen in den vergangenen 15 Jahren mindestens ein Ereignis stattfand, beprobt (Tabelle 7-2). Da unser Interesse vor allem dem transportierten Material galt, wurde die Probe jeweils im unteren Bachabschnitt nahe dem Vorfluter (Kegelbereich) durch trichterförmiges Ausschaufeln bis in eine Tiefe von ca. 30 cm entnommen. Trotzdem kann eine Veränderung im Nachgang zum Ereignis durch andere Prozesse wie Hochwasser, seitliche Rutschungen etc. nicht ausgeschlossen werden. Nach Baenziger (1987a) erscheint es am angebrachtesten, die Erosionsmischung zu analysieren, welche man einerseits in einem Geschiebesammler (hier Schipfenbach) oder andererseits auf Ablagerungen in Umlagerungs- oder Auflandungsstrecken (Kegelbereich; hier übrige Gerinne) findet. Rufibach Brücke 2 künstlicher Damm Brücke 1 Rotten Abbildung 7-2: Situation beim Mündungsbereich des Rufibachs in den Fluss Rotten, Kanton Wallis am Vom ereigneten sich im Rufibach bei Steinhaus im Goms, Kanton Wallis, eine Serie von Murgängen, welche den Fluss Rotten auf mehrere Kilometer Länge aufstaute. Die durch den Ablagerungskegel verursachte Einstauhöhe betrug bei der Brücke 1 etwa 6 m. Damit das Wasser des Rotten wieder abfliessen und ein Überspülen und anschliessendes Durchbrechen des durch den Murgang geschütteten Ablagerungskegels verhindert werden konnte, musste das Gerinne sofort ausgebaggert werden. Abbildung 7-2 zeigt den frisch entstandenen Kegel im Mündungsbereich des Rufibachs in den Rotten am Bei der zweiten Begehung einen Monat später wurde eine Materialprobe genommen und analysiert (Tabelle 7-2). Da der ganze untere Abschnitt des Baches stark umgebaggert wurde, wurde die Probe unter der Dorfbrücke von Steinhaus genommen (Brücke 2), da dort infolge schlechter Zugänglichkeit das abgelagerte Material höchstens kleinen anthropogenen Einflüssen unterworfen war.

107 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 105 Tabelle 7-2: Zusammenstellung der Geologie und der jüngeren Ereignisse der beprobten murgangfähigen Wildbäche. Gerinne Kanton Geologie Ereignisse Depositionsvolumen Dorfbach Randa VS Mischabelkristalin, mesozoische Schichten, Gneise und Amphiboliten Ritigraben VS Augengneis der Bernhard- Decke, Gneis und schiefer der ostalpinen und penninischen Decke Rufibach VS Gneis und Schiefer des Gotthardmassivs Schipfenbach UR Erstfelder-Gneise, Kalkschichten des Helvetikums Val Zavraggia GR Gneise, Granite und Metasedimente verschiedener tektonischer Einheiten Val da Plaunca GR Phyllit, Gneis, Schiefer, Dolomit, Sandstein verschiedener tektonischer Einheiten Val da Schluein GR Phyllitischer Ilanzer Verrucano, teilweise moränenüberdeckt m m m m m m m m m ca m m m 3 Die Korngrössenverteilungen wurden bis zu einem Maximalkorndurchmesser von 63 mm analysiert, d. h. sämtliche Fraktionen ausser diejenige der Steine wurden erfasst. Nach Formel ( 7-2a) ergibt sich ein minimales Probevolumen von gerundet 160 l, nach Formel ( 7-2b) ein solches von 95 l. Bei der Probenahme im Feld musste diese Menge abgeschätzt werden. Die effektiv gemessenen Volumen betrugen jeweils rund 70 l, nur beim Schipfenbach, bei dem mit Jeep und Anhänger direkt in den Geschiebesammler hineingefahren werden konnte, wurde ein Probevolumen von 126 l entnommen. In Abbildung 7-3 sind die Ergebnisse der eigenen Korngrössenanalysen dargestellt. Deutlich zu erkennen ist die feinere Zusammensetzung des Materials aus dem Rufibach. Rund 60 % des Materials sind kleiner/gleich 2 mm, während für die anderen Bäche dieser Anteil zwischen 25 % 35 % liegt. Von diesen unterscheidet sich einzig der Schipfenbach mit einem markant grösseren Siltanteil und dafür einer kleineren Sandfraktion. Betrachtet man nur den Feinanteil (= Silt und Ton), dann liegen Schipfen- und Rufibach mit 18 % resp. 22 % nahe beieinander während die übrigen einen deutlich geringeren Anteil von 5 % - 10 % aufweisen, was einem Viertel bis der Hälfte der anderen beiden Materialien entspricht.

108 106 Daniel Weber (WSL, 2004) Dorfbach Randa Ritigraben Rufibach Schipfenbach Val Zavraggia Val da Plaunca Val da Schluein Gewichtsprozent Ton Silt Sand Kies Korndurchmesser [mm] Abbildung 7-3: Korngrössenverteilungen von Materialien aus sieben verschiedenen murgangfähigen Schweizer Wildbächen Stabilitätswinkel Um einen Eindruck über die Stabilitätseigenschaften dieser verschiedenen Murgangmaterialien sowie deren Vergleichbarkeit zu bekommen, wurden im Labor einfache Tests in einer modifizierten Laborrinne durchgeführt. Am unteren Ende dieser Rinne von 2.0 m Länge und 0.3 m Breite wurde eine Schwelle von 10 cm eingebaut. Die Sohle wurde durch Aufkleben kantiger Kieseln der Grösse 4 10 mm mit einer Rauhigkeit versehen. Bei horizontaler Lage der Rinne wurde hinter die Schwelle Material bis auf eine Höhe von ca. 30 cm (ca. drei mal Schwellenhöhe) eingebaut. Daraufhin wurde die Rinne kontinuierlich mittels Hallenkran steiler gestellt, bis im Material ein Bruch erfolgte und ein Teil abscherte. Der Neigungswinkel der Rinne wurde gemessen und als Stabilitätswinkel bezeichnet 1. Beginnend mit ofentrockenem Material wurde dieses Vorgehen mit zunehmend grösserem Wassergehalt wiederholt (Abbildung 7-4). Während dem Versuch konnte das Volumen des Probematerials und damit Einbaudichte und Dilatanz nicht bestimmt werden. Sämtliche Feldproben zeigten ein ähnliches Verhalten (Abbildung 7-5): zuerst erhöhte sich der Stabilitätswinkel mit zunehmendem Wassergehalt, um dann nach Überschreiten eines 1 Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, das mit dieser Methode keine Bestimmung des inneren Reibungswinkels erfolgen soll. Es handelt sich bei diesem Verfahren vielmehr um eine ingenieurmässige Abschätzung des Materialverhaltens.

109 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 107 kritischen Grenzwertes rapide abzunehmen. Erfolgte im ansteigenden Bereich der Kurven noch ein deutlicher Bruch mit Abscheren einer mehr oder weniger kompakten Masse über einem Gleithorizont, so begann das Material nach dem Zusammenbruch des Stabilitätswinkels aus der Rinne zu fliessen. Die genaue Bestimmung des Winkels wurde dadurch natürlich erschwert und die in Abbildung 7-5 im Bereich hoher Wassergehalte angegebenen Werte sind entsprechend ungenau. Die Aussage bezüglich des Materialverhaltens ändert sich dadurch aber nicht. a) b) c) Φ d Φ l «Φ d Abbildung 7-4: Stabilitätstest a) Einbau des Materials in horizontaler Lage b) Bruch vor Erreichen des kritischen Wassergehalts c) Abfliessen der Mischung nach Überschreiten des kritischen Wassergehalts Der kritische Wassergehalt liegt für alle Materialien ausser jenem aus dem Rufibach im Bereich von 8.5 % 13 % (gewichtsmässig). Für dieses Material erfolgt der Einbruch erst bei einem Wassergehalt von 15 %. Zudem liegen die Stabilitätswinkel generell höher als bei den Materialien der übrigen Bächen. Offenbar führt die Materialzusammensetzung mit grösserem Anteil feinerer Körner zu einem erhöhten Wasserbindungsvermögen und zu einer Erhöhung der Anzahl kleiner Poren (bei gleichzeitiger Reduktion der grösseren Poren), sodass bei ungesättigten Verhältnissen erhöhte Kapillareffekte auftreten (Lang et al., 1996). Für das Wasserbindungsvermögen ist der mineralogische Aufbau der Tonfraktion, vor allem der Anteil quellfähiger Tone, entscheidend. Im Rahmen diese Arbeit konnte die tonmineralogische Zusammensetzung der Materialien jedoch nicht bestimmt werden. Stabilitätswinkel % 5% 10% 15% 20% Wassergehalt als Masseverhältnis Dorfbach Randa Ritigraben Rufibach Schipfenbach Val Zavraggia Val da Plaunca Val da Schluein Abbildung 7-5: Stabilitätswinkel der Feldmaterialien in Abhängigkeit des gewichtsmässigen Wassergehaltes.

110 108 Daniel Weber (WSL, 2004) 7.3 Die Versuchsmaterialien Korngrössenverteilung und Stabilitätswinkel Im Labor wurden zwei verschiedene Materialien verwendet. Nach der Korngrössenverteilungsanalyse der Feldmaterialien wurde als erstes eine lieferbare ähnliche Mischung gesucht. Als zusätzliche Bedingung wurde ein Maximalkorndurchmesser von höchstens 30 mm festgelegt. Vorgängige Versuche mit einem Kiesgrubenmaterial mit d max = 63 mm zeigten, dass durch einen zu grossen Anteil grober Körner Probleme im Verengungsbereich beim Übergang von der Beschleunigungsstrecke in den Messkanal auftreten können (vgl. Kapitel 8.1.2). Zudem ist der abflussrelevante Querschnitt im Messkanal trotz einer Baubreite von knapp 80 cm bloss ungefähr 30 cm breit. Als Faustregel gilt, dass das Maximalkorn nicht grösser als etwa ein Zehntel der massgebenden Abflussbreite sein sollte. Die Fa. Toggenburger AG bot ein Material (= Material 1) mit einem Maximalkorn von 25 mm und einem Anteil kleiner als 0.02 mm von ca. 10 % an. Von der Kornverteilung her entsprach es somit den vorgegebenen Bedingungen. Die eigene Analyse ergab allerdings einen deutlich kleineren Feinanteil. Mit einem Kiesanteil von über 70 % lag dieses Material leicht ausserhalb des von den Feldmaterialen abgedeckten Bereichs (vgl. Abbildung 7-6). Um dennoch die bereits begonnene erste Messserie weiterzuführen wurde entschieden, zusätzliches Material zu beschaffen. Material 1 Material 2 Schipfenbach Feldmaterialien, Analysen 1996 Gewichtsprozent Ton Silt Sand Kies Korndurchmesser [mm] Abbildung 7-6: Korngrössenverteilung der Labormaterialien im Vergleich zu den Feldmaterialien 1996 (ohne Rufibach). Das Material 1, welches in einer Kiesgrube im Zürcher Unterlande abgebaut wurde, bestand aus gerundeten Komponenten fluvial überprägter Schotter. Dadurch unterscheidet sich die Kornform deutlich von jener der Feldproben, welche vor allem kantige bis kantengerundete Komponenten enthalten. Der Einfluss der Kornform wird in Abbildung 7-8 deutlich: der Stabili-

111 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 109 tätswinkel von Material 1 liegt generell deutlich tiefer als jener der Feldmaterialien. Trotzdem ist auch bei dieser Kornmischung bei einem Wassergehalt von 7 % ein markanter Einbruch zu erkennen. Dieser eher tiefe Wert kann durch den sehr kleinen Gehalt an Feinkomponenten und dem damit verbundenen reduzierten Wasserbindungsvermögen erklärt werden (Lang et al., 1996). Um dem Ziel, auch im Labor eine möglichst natürliche Kornmischung zu verwenden, näher zu kommen, wurde das zweite Material (= Material 2) im Feld abgebaut. Mehrere Gründe sprachen für die Wahl des Schipfenbachs bei Silenen im Kanton Uri. Rein von der geographischen Lage ist dies einer der nächstgelegenen murgangfähigen Wildbäche. Zudem unterhält die WSL eine Murgangbeobachtungsstation an diesem Bach (Rickenmann et al., 2001). Neben den bereits vorhandenen Unterlagen können durch diese Laborversuche zusätzliche Informationen gewonnen werden. Der Umstand schliesslich, dass wegen der Gefährdung der Nationalstrasse A2 ein Geschiebesammler von 30'000 m 3 vorhanden ist, garantierte eine gute Zugänglichkeit, was bei einem Materialbedarf von gegen 10 m 3 ebenfalls ein durchaus wichtiger Punkt ist. Bereits bei der Entnahme im Feld wurden diejenigen Komponenten aussortiert, welche ganz offensichtlich grösser als die vorgegebenen 30 mm waren. Im Labor wurde dann das ganze Material gesiebt. Dazu wurde ein geschweisstes Gitter von 30 mm Carré-Breite verwendet. Reduziert man diese um den Durchmesser eines Gitterstabes, so ergibt sich die Nennweite der quadratischen Öffnungen zu 27.5 mm. Da natürliche Materialien nie eine exakte Kugelform besitzen, ergeben sich bei Siebanalysen unterschiedliche Ergebnisse, je nach dem ob man ein Sieb mit runden oder quadratischen Öffnungen verwendet. Nach Jäggi (1994) können bei der Quadratlochsiebung längliche Komponenten besser durch die Löcher fallen, sodass der aus den drei Hauptachsen ermittelte äquivalente Kugeldurchmesser bis Faktor 1.25 grösser sein kann als die Nennweite der Sieböffnung. In sämtlichen Materialanalysen wurde jeweils die Nennweite der Sieböffnung als Grenzwert der Korndurchmesserklasse verwendet und auf eine Umrechnung verzichtet. Zur Analyse der Feinfraktionen wurde nach vorgängiger Nassveraschung der organischen Substanz mit Wasserstoffperoxid die Methode nach Gee und Bauder (1986) angewendet. Die Resultate der Analysen zeigen die Problematik, die mit der Wahl eines natürlichen Murgangmaterials verbunden ist. Obwohl sämtliches Material aus dem gleichen Geschiebesammler stammt, ergeben sich beträchtliche Unterschiede in den Kurvenverläufen (Abbildung 7-6, Material 2). Insbesondere in der Siltfraktion ergab sich eine Differenz der beiden Proben um rund 10 %. Ein solcher Unterschied in der Materialzusammensetzung macht sich vor allem im Fliessverhalten hochkonzentrierter Mischungen bemerkbar, während bei dünneren Mischungen der Einfluss weniger ausgeprägt ist. Als Vergleich ist in Abbildung 7-6 und auch in Abbildung 7-8 zusätzlich die Feldprobe des Schipfenbachs mit d max = 63 mm angegeben. Trotz dem grösseren Maximalkorndurchmesser ist der Feinanteil (insbesondere Silt) der Feldprobe noch leicht grösser als derjenige des Labormaterials mit d max = 27.5 mm. Interessant ist der Vergleich der eigenen Materialanalysen aus dem Schipfenbach mit solchen anderer Autoren. Zur Verfügung standen eine Siebanalyse von 1978 mit einem d max von 80 mm (Lingg, 1978) und eine im Sandbereich (d min = 1 mm) mit einer Fullerkurve ergänzte Linienprobe mit d max = 250 mm aus dem Jahre 1987 (Baenziger, 1987b). In Abbildung 7-7a sind diese Verteilungen bezüglich absoluter Korngrössen zusammen mit den eigenen Untersuchungen dargestellt. Trotz kleinem Unterschied von d max verlaufen die Kurven der eigenen Siebanalyse 1996 und derjenigen von Lingg (Siebanalyse 1978) unterschiedlich. Im Bereich Ton-Silt-Sand decken sie etwa den gleichen Bereich ab wie die beiden Siebanalysen des natürlichen Labormaterials (Siebanalyse Labor1 und Siebanalyse Labor2). Deutlicher unterscheidet sich die anhand einer Linienprobe entwickelte Korngrössenverteilung, da sie vor allem die Verteilung der groben Fraktion beschreibt. Die unterschiedlichen Verläufe ergeben sich aber nicht nur durch die Wahl des untersuchten Kornspektrums, sondern auch durch den Entnahmeort der

112 110 Daniel Weber (WSL, 2004) Probe und die Inhomogenität eines Lockermaterials mit breiter Kornverteilung. Abbildung 7-7b zeigt dieselben Verteilungen bezüglich der relativen Korngrösse (d/d max ). Der Vorteil einer solchen Darstellung liegt in der guten Vergleichbarkeit der Kurvenverläufe. Man erkennt, dass alle Kurven einen ähnlichen Verlauf innerhalb eines Bandes von ca. 20 % haben. Die Ähnlichkeit der Verläufe wiederspiegelt die Qualität der geometrischen Skalierung. Siebanalyse 1978 Linienprobe 1987 Siebanalyse 1996 Siebanalyse Labor1 Siebanalyse Labor2 %, kumuliert a) 100 Ton Silt Sand Kies Steine Korndurchmesser [mm] Siebanalyse 1978 Linienprobe 1987 Siebanalyse 1996 Siebanalyse Labor1 Siebanalyse Labor2 %, kumuliert b) relativer Korndurchmesser, d/d max [-] Abbildung 7-7: Verschiedene Korngrössenverteilungskurven von Materialproben aus dem Schipfenbach. a) absolute Korndurchmesser, b) relative Korndurchmesser (detailliertere Beschreibung siehe Text) Der Stabilitätswinkel in Abhängigkeit vom Wassergehalt verläuft für Material 2 im Bereich derjenigen der Feldmaterialien. Einzig der Maximalwert ist leicht höher und der Einbruch erfolgt bei einem leicht tieferen Wassergehalt, als bei der entsprechenden Feldprobe aus dem Schipfen-

113 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 111 bach (Abbildung 7-8). Der Grund dafür liegt darin, dass für die Stabilitätstests von Material 2 solches Material verwendet wurde, dessen Zusammensetzung durch die Kornverteilungskurve mit dem kleinen Feinanteil beschrieben wird (Abbildung 7-6). Der Einfluss der Feinkomponenten auf das Wasserbindungsvermögen wird einmal mehr deutlich. Stabilitätswinkel % 5% 10% 15% 20% Wasserergehalt als Massenverhältnis Material 1 Material 2 Schipfenbach Feldmaterial, Analysen 1996 w opt nach Proctor für Material 2 Abbildung 7-8: Stabilitätswinkel der Labormaterialien in Abhängigkeit des gewichtsmässigen Wassergehaltes. Grau schraffiert der Bereich der Feldmaterialien (ohne Rufibach). w opt bezeichnet den optimalen Wassergehalt nach Proctor Standard (vgl. Kapitel 7.3.2). 100% 80% 60% 40% 20% 0% Val da Schluein Val da Plaunca Dorf b. Randa Val Zavraggia Schipfenbach Ritigraben Mat. 1, Probe 1 Mat. 1, Probe 2 Mat. 2, Probe 1 Mat. 2, Probe 2 Ton Silt Sand Kies Abbildung 7-9: Vergleich der Fraktionsanteile der Feldproben 1996 und den Proben der Labormaterialien.

114 112 Daniel Weber (WSL, 2004) Vergleicht man die Fraktionen Ton, Silt, Sand und Kies der beiden Labormaterialien mit den entsprechenden Anteilen der Feldmaterialien 1996, so sind sie im Generellen durchaus vergleichbar. Die Reduktion des maximalen Korndurchmessers von 63 mm auf 25 mm resp mm ergab keine signifikante Verkleinerung der Kiesfraktion bzw. Vergrösserung der feineren Fraktionen Sand, Silt und Ton. Wie bereits die Korngrössenverteilungen in Abbildung 7-6 zeigten, sind deutliche Unterschiede nur bei den beiden Proben von Material 2 in den Fraktionen Silt und Sand vorhanden. Während die Streuung des Sandanteils immer noch innerhalb des Streubereichs der Feldmaterialien liegt, ist der Siltanteil der Probe 2 von Material 2 leicht grösser als der Maximalwert der Feldproben. Aus den Kornverteilungskurven lassen sich für beide Materialien verschiedenen charakteristischen Korndurchmesser herauslesen. In der Bodenmechanik interessieren vor allem die Grössen d 10, d 30 und d 60. Daraus lassen sich die Ungleichförmigkeitszahl C U und die Krümmungszahl C K bestimmen, welche durch folgende Gleichungen definiert sind: d 60 C U = ( 7-3) d d C K = ( 7-4) d d Für die beiden Analysen von Material 1 und 2 sind die charakteristischen Korndurchmesser sowie die daraus abgeleiteten Kennzahlen in Tabelle 7-3 zusammengefasst. Des Weiteren ermöglicht die Kornverteilung auch eine Klassifikation der Bodenmaterialien. Diese richtet sich nach SNV (1959a; 1959b). Gemäss diesen Normen sind neben der Kornverteilung, von der nur die Komponenten < 60 mm 2 berücksichtigt werden, auch die Plastizitätseigenschaften und der Einfluss der organischen Beimengungen entscheidend. Da keine der hier betrachteten Kurven mehr als 50 Gewichtsprozent Feinbestandteile (Fraktion < 0.06 mm) enthält, handelt es sich bei den im Labor verwendeten Materialien prinzipiell um mittel- bis grobkörnige Böden. Da die Sandfraktion in allen Fällen kleiner ist als die Kiesfraktion (vgl. Abbildung 7-9) ist, bezeichnet man die vorliegenden Materialien als Kies. Die Feinanteile (Ton und Silt) machen bei Material 1 weniger als 5 % aus, folglich handelt sich, im Gegensatz zu Material 2, um einen sauberen Kies. Aufgrund der Werte für C U und C K muss Material 1 und die erste Probe von Material 2 zudem als schlecht abgestuft bezeichnet werden, wobei nur das Kriterium bezüglich C K nicht eingehalten werden kann (GP). Nur die zweite Probe von Material 2 erfüllt dieses Kriterium (GW). Bildet man aus den jeweils zwei Proben einen Mittelwert für die drei Korndurchmesser d 10, d 30 und d 60, so ergeben sich die folgenden geotechnischen Klassifizierungen: Material 1: sauberer Kies mit reichlich Sand Material 2: siltiger Kies mit reichlich Sand Bei einigen Versuchen wurde der Murgangmischung noch eine gewisse Anzahl Steine zugefügt. Diese waren von unterschiedlicher Grösse und Form. Als oberste Grenze wurde ein 2 Die Norm SNV (1959a) gibt als Abgrenzung zwischen Kies- und Gesteinsfraktion einen Korndurchmesser von 60 mm an, als Abgrenzung zwischen Silt- und Sandfraktion einen solchen von 0.06 mm. Die für die eigenen Analysen zur Verfügung stehende Siebanlage richtet sich nach einer älteren Norm, welche die Abgrenzung bei den Werten 63 mm resp mm festlegt.

115 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 113 Korndurchmesser von 120 mm festgesetzt. Die Steine stammen von anderen an der WSL durchgeführten Untersuchungen. Es handelt sich um runde, kantengerundete und kantige Komponenten, wobei die kantengerundete Form die häufigste war. Bei den Versuchen mit dem Material 1 wurde unabhängig vom Wassergehalt der Startmischung ein gewisses Gewicht von diesen groben Komponenten zugegeben. Beim Material 2 dagegen wurden jeweils 10 % des Gewichts der Feststoffe der Mischung durch grobe Partikel ersetzt. Diese Veränderung der Materialzusammensetzung hat aber für die Klassifikation der Böden und die in Tabelle 7-3 vorgestellten charakteristischen Korndurchmesser keinen Einfluss, da dazu nur die Fraktion < 60 mm verwendet wird (SNV, 1959a). Die geotechnische Bezeichnung hingegen wird um einen zweiten Zusatz wie folgt ergänzt: Material 1: sauberer Kies mit reichlich Sand und mit Steinen Material 2: siltiger Kies mit reichlich Sand und mit Steinen Diese Beimengung grober Komponenten beeinflusst aber den charakteristischen Korndurchmesser, wie er gewissen Fliessmodellen verwendet wird (Kapitel 2). Auf diese Grössen und den oben erwähnten Einfluss wird an entsprechender Stelle eingegangen (Kapitel 11). Tabelle 7-3: Charakteristische Korndurchmesser und daraus abgeleitete Kennzahlen von Material 1 und Material 2. Material 1 Material 2 Parameter Probe 1 Probe 2 Mittelwert Probe 1 Probe 2 Mittelwert d 10 [mm] d 30 [mm] d 60 [mm] d max [mm] C U [-] C K [-] k [cm/s] 6.67* * * * * *10-3 C U nach ( 7-3), C K nach ( 7-4) und k nach ( 7-5) Maximale Lagerungsdichte und effektiver Reibungswinkel Untersuchungen zu diesen Parametern wurden nur mit dem Material 2 durchgeführt. Der Grund dafür lag darin, dass die Firma Toggenburger AG das Material 1 nicht mehr liefern konnte und vom vorhandenen Material nur noch ein Rest zur Verfügung stand, dessen Zusammensetzung nicht mehr jenem des Hauptteils entsprach. Die Feinkomponenten waren überproportional vertreten. Vollständige systematische Versuchsreihen und damit eine bedeutend grössere Anzahl Versuche wurden mit dem natürlichen kantigen Material 2 durchgeführt (vgl. Kapitel 10). Die optimale Trockendichte wird mittels Proktorversuch ermittelt (SNV, 1989). Mit diesem lässt sich der Zusammenhang zwischen dem Wassergehalt und der Trockendichte bei gleichbleibender Verdichtungsarbeit darstellen. Gemäss Norm verwendet man dazu Material mit einem Maximalkorn von 8 mm. Anhand einer Testserie von fünf Proben mit einem Wassergehalt zwischen 7 % und 11 % ergab sich die in Abbildung 7-10 dargestellte Proktorkurve. Der optimale Wasser-

116 114 Daniel Weber (WSL, 2004) gehalt für eine Verdichtung nach Proctor Standard liegt bei knapp 8% und ergibt ein Trockenraumgewicht von etwa 21.3 kn/m 3. Das entspricht einer Raumdichte von 2'171 kg/m 3. Das Material 2 selbst weist eine Feststoffdichte von 2'670 kg/m 3 auf. Zum Vergleich sei hier hoch jene von Material 1 angegeben. Sie beträgt 2'666 kg/m 3. Das Material weist nach Proctor Standard verdichtet eine Wasserdurchlässigkeit k von ca m/s auf. Das ergab die Messung vom 2.Mai 2000 am IGT, Institut für Geotechnik der ETH- Zürich, nach der Methode von Darcy. Bei kleineren Dichten erweist sich das Material als gut durchlässig (10-3 m/s < k < 10-6 m/s). Der Maximalkorndurchmesser des in den Versuchen verwendeten Materials beträgt mit 27 mm mehr als das Dreifache vom Maximalkorn des zur Bestimmung der Durchlässigkeit verwendeten Materials (8 mm). Aufgrund der modifizierten Beziehung nach Hazen (Gl. ( 7-5), vgl. auch Gl. (5-19)) ist davon auszugehen, dass die Durchlässigkeit des kompletten Materials 2 höher ist. Gemäss dieser ergeben sich die in Tabelle 7-3 angegebenen Werte d k ( 7-5) C U 24 Proctor Standard: Trockenraumgewicht kn/m % 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% Wassergehalt als Masseverhältnis - Fallgewicht: 2486 g - Fallhöhe: 30.5 cm - Anz. Schichten: 3 - Schläge / Schicht: 25 - Probevolumen: 948 cm3 - Verdichtungsenergie: 600 knm/m3 Proktor-Versuche Sr=100% Sr=90% Sr=80% Abbildung 7-10: Versuchsergebnis Proktor Standard mit Material 2. Im Rahmen einer anderen Forschungsarbeit an der WSL wurde der Einfluss der Vegetation auf die Bodenstabilität untersucht (Stückelberger, 2000). In Bezug auf eine Hangstabilisierung sind viele günstige Wirkungen von Organismen, insbesondere von Pflanzen und Pilzen, qualitativ bekannt. Mit einer Serie von Triax-Versuchen sollten nun erstmals quantitative Ergebnisse erzielt werden. Als Ausgangsmaterial wurde für diese Tests das Material 2 verwendet. Die Messzelle des Triaxialschermessgerätes weist einen Durchmesser von 7 cm auf. Deshalb darf das Maximalkorn des Probematerials höchstens 14 mm betragen, damit der Grenzwert von einem Fünftel des Probenkörperdurchmessers nicht überschritten wird (WSL interne Richtlinie, vgl. auch Bishop und Henkel, 1962). Entsprechend musste für diese Versuche das Material 2 konditioniert werden (Abbildung 7-11). Ein natürlicher bewachsener Oberboden weist in der Re-

117 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 115 gel nicht die optimale Lagerungsdichte auf. Die Scherversuche wurden deshalb jeweils mit unbewachsenen und bewachsenen Probekörpern unterschiedlicher Dichte durchgeführt. Die lokkerste Lagerungsdichte betrug 1'600 kg/m 3. Die Proben mit einer Raumdichte von 1'800 kg/m 3 bzw. 2'000 kg/m 3 können im Vergleich zur optimalen Verdichtung nach Proktor Standard als leicht bzw. mittel verdichtet bezeichnet werden. Aufgrund der relativ guten Durchlässigkeit des Materials wurden konsolidierte, drainierte Triaxialversuche gemacht. In der Natur entspricht das etwa dem Gefährdungsbild eines Hanges aus sandig-kiesigem Material, das langsam belastet wird und beim Überschreiten eines kritischen Punktes abrutscht. %, kumuliert Ton Silt Sand Kies Material 2, dmax = 27 mm Material 2, dmax = 14 mm Material 2, dmax = 8 mm Korndurchmesser [mm] Abbildung 7-11: Effekt der Reduktion des Maximalkorndurchmessers d max auf die Korngrössenverteilung von Material 2. Die Ausgangskurve wird durch die Mittelwerte der beiden Einzelproben festgelegt (vgl. Tabelle 7-3). Die Ergebnisse aus den Untersuchungen von Stückelberger (2000) sind in Tabelle 7-4 wiedergegeben. Die Auswertung der Resultate aus den Triax-Messungen erfolgten unter der Annahme, dass die Kohäsion gleich Null gesetzt werden kann. Diese Annahme ist aufgrund der Materialzusammensetzung zulässig und wird auch durch die gruppenweisen durchgeführten Auswertungen bestätigt, bei denen -mit einer Ausnahme- die Bruchgeraden durch den Ursprung verlaufen. Als Beispiel hierzu sind die Ergebnisse der Versuche mit den Proben mittlerer Dichte als p'-q-diagramm dargestellt (Abbildung 7-12). Die graphische Darstellung aller Versuche sowohl in p'-q-form als auch in σ'-τ-form findet sich in Stückelberger (2000). Die in Klammern gesetzten Werte in Tabelle 7-4 sind unsicher. Es handelt sich dabei jedoch vor allem um die Ergebnisse von Versuchen mit Proben geringer Dichte. Im Zusammenhang mit der hier vorliegenden Arbeit sind die Resultate zu den dichter gelagerten Materialien aber wichtiger. Sie repräsentieren die Lagerungsdichte, wie man sie im Zusammenhang mit natürlichen Bächen findet, besser. Als Faustregel wird in der Hydraulik die Feststoffdichte zu ρ S = 2'650 kg/m 3 und die Lagerungsdichte eines Bodens zu ρ L = 2' kg/m 3 angenommen.

118 116 Daniel Weber (WSL, 2004) Tabelle 7-4: Ergebnisse der Triaxialversuche von Stückelberger (2000) mit Material 2 Trockendichte Pflanze Zustand bei Bruch Datum Ziel konsolidiert σ 3 σ 1 h/h 0 p' q β' ϕ' yyyy-mm-dd kg/m 3 kg/m 3 [kpa] [kpa] [%] [kpa] [kpa] [ ] [ ] '600 1' (335) (7.4%) (218) (118) (28.4) (32.7) '600 1' (674) (7.7%) (437) (237) (28.5) (32.8) '600 1'635 Gerste 100 (586) (29.0%) (343) (243) (35.3) (45.1) '600 1'655 Gerste % '800 1' % '800 1' % ' % '800 1'844 Gerste % '800 1'862 Gerste % '000 2' % '000 1'999 Gerste % '000 1'962 Gerste % σ 3 σ 1 Seitendruck vertikaler Druck p' (σ' 1 +σ' 3 )/2 q (σ' 1 -σ' 3 )/2 β' Winkel der Bruchgerade im p-q-diagramm ϕ' Scherwinkel der Bodenprobe (...) Ergebnisse aus "problematischen" Versuchen q [kpa] rein Kf Gerste Kf p' [kpa] Abbildung 7-12: p'-q-diagramm der Triaxialversuche von Material 2 mit den Proben mittlerer Dichte (1'800 kg/m3). Für unbewachsenen Proben gilt β' = 32.6, ϕ'= 39.7, r 2 Kf = 0.99, für die bewachsenen Proben ist β' = 33.7, ϕ' = 41.8, r 2 Kf = Bereits vor den Triax-Versuchen wurden für Material 1 und Material 2 der innere Reibungswinkel mit der Formel nach Dhawan (Kapitel 4.2.2, Gl. (4-4)) abgeschätzt. Dazu wurde jeweils

119 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 117 das komplette Kornspektrum verwendet (d max = 25 mm bzw mm). In dieser Schätzformel ist für beide Materialien die Fraktion der Körner >0.2 mm dominant und es ergibt sich aus den beiden Korngrössenverteilungen für Material 1 ein mittleres ϕ 0 = 39. Infolge des deutlichen Unterschiedes im Siltanteil der beiden Proben für Material 2 unterscheiden sich auch die Werte für ϕ 0. Für die Korngrössenverteilung mit dem kleineren Siltanteil ergibt sich ϕ 0 = 38.3, für jene mit dem grösseren Siltanteil ist ϕ 0 = Daraus resultiert ein Mittelwert von ϕ 0 = 37. Diese Werte müssen nun noch um die beiden Korrekturwerte ϕ 1 und ϕ 2 ergänzt werden. ϕ 1 korrigiert die Form der Korngrössenverteilung. Für Material 1 als sauberen Kies wird ein Wert von 2 eingesetzt, für Material 2, das nur in einem Fall als schlecht gradiert bezeichnet werden muss, wird die Korrektur gleich Null gesetzt. Damit ergibt sich für beide Materialien derselbe Ausgangswert von 37, welcher nun noch mit ϕ 2 korrigiert werden muss. Dieser berücksichtigt die Lagerungsdichte. Bei den Laborversuchen war sowohl das Gewicht als auch das Volumen der erodierbaren Bachbette bekannt. Folglich konnte die mittlere Lagerungsdichte a posteriori bestimmt werden (vgl. Anhang, Tabellen A-22 bis A-24). Es ergab sich, dass die Bachbette aus Material 2 allesamt dichter gelagert waren als jene aus Material 1. In der Abschätzung wurde deshalb für Material 2 ein höherer Werte für ϕ 2 eingesetzt als für Material 1. Auch die Ergebnisse aus den Triax-Versuchen zeigen mit einem Scherwinkel ϕ' zwischen 39 und 42 (Tabelle 7-4) höhere Werte als der oben angegebene Ausgangswert (ϕ 0 + ϕ 1 = 37 ), obwohl sich durch die Reduktion des Maximalkorndurchmessers von 27.5 mm auf 14 mm auch der dominante Fraktionsanteils >0.2 mm verkleinert (Abbildung 7-11). Als Vergleich sei Sowers (1979) (Seite 202) erwähnt. Bei einer relativen Dichte von 30 % bzw. 65 % gibt er für eckige, eher gleichförmige Körner für ϕ Werte von 35 bis 42 an. Für eckige, gut abgestufte Körner betragen die Werte 37 bzw. 45 (zum Teil noch höher). Als genereller Wert wird für Material 2 der Reibungswinkel zu ϕ = 41 gesetzt. Für das Material 1 existieren keine Ergebnisse aus Triaxialversuchen und entsprechend ist das Resultat der Abschätzung nach der Formel von Dhawan zu verifizieren. Aus dem Handling der beiden Labormaterialien liess sich vermuten, dass für Material 1 der innere Reibungswinkel kleiner ist als für Material 2. Material 1 besteht bekanntermassen ausschliesslich aus gerundeten Komponenten. Taylor et al. (1995) mischten einen Sand (Ottawa Sand) einmal mit 15 % und einmal mit 40 % Kies. Dabei verwendeten sie für die eine Testserie gerundete und für die andere kantige Komponenten, jeweils mit einem Maximalkorndurchmesser von 10 mm. In Tabelle 7-5 sind die Resultate ihrer konsolidiert undrainierten Versuche der dichter gelagerten Proben (Kompaktionsenergie 362 kn-m/m 3 ) wiedergegeben. Die maximalen Reibungswinkel sind als Mittelwerte angegeben. Tabelle 7-5: Mittelwerte der Porenzahl e und maximalen Reibungswinkel ϕ' der höher konsolidierten Proben nach Taylor (1995). Anteil Kies [%] Kornform Porenzahl e [ ] Reibungswinkel ϕ [ ] kantig kantig rund rund Generell ergibt sich mit der Zugabe der gröberen Komponenten eine Erhöhung von ϕ. Bei der Zugabe von 15 % allerdings nur eine leichte und der Unterschied bezüglich Kornform kann

120 118 Daniel Weber (WSL, 2004) noch nicht als relevant bezeichnet werden. Deutlicher wird dieser Einfluss bei der Zugabe von 40 % Kies. Der Unterschied von 4 bezüglich ϕ' entspricht einer Reduktion des Reibungswinkels des kantigen Materials um 10 %. Für konsolidiert drainierte Versuche kann erwartet werden, dass die Reibungswinkel im Allgemeinen höher liegen und auch die Unterschiede noch etwas betonter ausfallen (Lambe und Whitman, 1979, Seite 428). Zieht man als weiteren Vergleich die eigenen Stabilitätstest hinzu, so ergibt sich daraus als Maximalwinkel kurz vor dem Stabilitätseinbruch ein Wert Φ max = 41 für Material 1 resp. Φ max = 57 für Material 2. Der Unterschied von 16 entspricht einem Unterschied von 28 % (bezogen auf Φ max von Material 2). Nimmt man diese beiden prozentualen Werte als obere und untere Grenze für den Unterschied von ϕ' dieser zwei Materialien an, so liegt der Reibungswinkel von Material 1 im Bereich von Da der Kiesanteil mit mehr als 70 % deutlich höher liegt als in den Versuchen von Taylor et al. (1995), wird für das Material Labor 1 der Reibungswinkel zu ϕ = 36 angenommen. Eine (scheinbare) Kohäsion ist bei diesen Betrachtungen nicht berücksichtigt. 7.4 Schlussfolgerungen bezüglich der Verwendung der beiden Materialien im Labor Eine Voraussetzung für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Versuche war natürliche Materialien zu verwenden. Aufgrund der begrenzten räumlichen Laborverhältnisse bestanden aber insbesondere bezüglich dem Maximalkorn einer Materialmischung Grenzen. Eine rein geometrische Skalierung der Korngrössenverteilung im notwendigen Massstab stand aber ausser Frage, da dadurch die feinen Fraktionen einen dominanten Einfluss auf die Abflusseigenschaften erhalten hätten. Dies hätte der anderen Zielsetzung widersprochen, sich bei den Versuchen auf granulare Murgänge zu fokussieren. Statt dessen wurde der Materialanteil über dem gewählten Maximalkorn verworfen. Die neue Materialzusammensetzung wurde dann bezüglich ihrer Eigenschaften untersucht. Es zeigt sich, dass die Korngrössenverteilungen trotz deutlicher Unterschiede bezüglich absoluter Werte bei relativer Darstellung ähnlich Verläufe zeigen wie jene der Gesamtmischungen. Die Verläufe der Gesamtmischungen der beprobten Schweizer Gerinne wiederum lassen sich mit den, eher wenigen, Literaturangaben zu granularen Murgängen von anderen Orten vergleichen (Kapitel 4.2.1). Ein weiteres wichtiges Beurteilungskriterium war, wieweit die Änderung der Korngrössenverteilung die Stabilitätseigenschaften des Materials beeinflusst. Dazu wurden für die Labormaterialien die Reibungswinkel einerseits nach einer etablierten Formel sowie anhand einfacher Laborversuche abgeschätzt, andererseits in einem Fall auch direkt mittels Triaxialversuch gemessen. Ein Vergleich mit Kapitel zeigt, dass die effektiven Reibungswinkel der beiden im Labor verwendeten Materialien ähnliche Werte aufweisen wie die Materialien von natürlichen Murgängen. Während Material 1 mit ϕ = 36 am unteren Rand liegt, liegt der Reibungswinkel von Material 2 leicht über einem mittleren Wert. Daraus lässt sich schliessen, dass trotz Veränderung der Zusammensetzung gegenüber der natürlichen Mischung die Labormaterialien durchaus zu natürlichen Murgängen vergleichbare Eigenschaften bezüglich Stabilitäts- und Fliessverhalten haben. Somit bieten die Resultate der Versuche eine gute Grundlage zur Beurteilung der Anwendbarkeit der verschiedenen vorgeschlagenen Modellansätze gemäss Kapitel 2.

121 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge Die Laboreinrichtung 8.1 Der Versuchsstand Abbildung 8-1: Die Laborrinne in der steilsten Neigung von 55 %. Links unten die Auffangwanne, rechts oben der Startbehälter. Im unteren Teil des Messkanals ist der Messlaser zu sehen. Für die Durchführung der Experimente wurde eine Laborrinne aufgebaut, die im wesentlichen aus zwei Teilen besteht. Im oberen Abschnitt von drei Metern Länge, zusammengesetzt aus Startbehälter und Beschleunigungsstrecke, wird die Murgangwelle erzeugt. Daran schliesst der eigentliche Messkanal von fünf Metern Länge an (vgl. Abbildung 8-1 und Abbildung 8-2 c). Er ist knapp 80 cm breit und so aufgebaut, dass man entweder ein Bachbett von dreidimensionaler Struktur darin einbauen oder einen schmaleren Kanal von 30 cm Breite darin plazieren kann, in welchem sich zweidimensionale Versuche (flaches Bachbett) durchführen lassen (Abbildung 8-2 a, b). Beide Bereiche können unabhängig voneinander in Schritten von 5 % zwischen 0 % und 55 % geneigt werden. Da in dieser Arbeit aufgrund der Fragestellung sowohl im 2- als auch im 3-dimensionalen Fall eine erodierbare Bachsohle verwendet wird, sind der Messkanal und der obere Teil der Rinne jeweils an eine separate Achse am Mittelträger montiert. Der Abstand dieser zwei Achsen ist gleich gross wie der Abstand zwischen zwei Bohrungen am vordersten Träger. Die Bohrungen dienen zusammen mit einem Querbolzen der Justierung der Neigung des Messkanals. Die Distanz zwischen zwei Bohrungen entspricht einem Neigungsunterschied von 5 %. Damit kann der Versuchsstand auch für andere Versuche genutzt werden, bei denen eine fixe Sohle benötigt wird. Durch einfaches Umhängen des Messkanals auf dieselbe Achse wie der obere

122 120 Daniel Weber (WSL, 2004) Teil mit Startbehälter und Beschleunigungsstrecke entsteht eine Rinne von 8 m Länge mit durchgehender Sohle. 78 a) b) 30 55% 0% 0% c) 55% d) Abbildung 8-2: Skizze des Versuchstandes, a) Querschnitt Messkanal 3D Versuche, b) dito 2D Versuche, c) Seitenansicht, d) Aufsicht bei horizontaler Stellung. (Massangaben in cm) Der Startbehälter Die Baubreite des Startbehälters beträgt 0.75 m, die Länge 0.95 m. Gegen die Beschleunigungsstrecke ist der Behälter mit einem Klapptor abgeschlossen, welches an eine querliegende Welle montiert ist. An diese ist auch ein Auslegerarm mit Gegengewicht befestigt. Das Tor ist mit einem einfachen Schliessmechanismus gesichert. Durch das Ziehen eines Splints kann das Tor dank des Gegengewichts schlagartig geöffnet werden (Abbildung 8-3). Der ganze Behälter seinerseits ist drehbar mittels einer Welle an das Bodenfachwerk des oberen Teiles der Rinne montiert (Abbildung 8-3). Dadurch kann das Tor in jeder beliebigen Neigung der Rinne senkrecht gestellt werden kann. Der Boden im Behälter hat dann eine konstante Neigung von 30 gegenüber der Horizontalen. Damit ist sichergestellt, dass auch bei kleiner Neigung der Rinne die Mischung aus dem Startbehälter abfliesst. Die maximal mögliche Füllmenge des Startbehälters beträgt 0.27 m 3. Die Verengung des Fliessquerschnittes (siehe unten) entlang der Beschleunigungsstrecke führt zu einer Erhöhung der Abflusstiefe. Konstruktionsbedingt war es deshalb nur möglich, maximale Startvolumina von 0.2 m 3 für Gemische zu verwenden. Für Reinwasserschübe musste das Volumen um weiter 50 Liter verkleinert werden. Deshalb wurden in den systematischen Versuchsreihen die Volumina zwischen 0.05m 3, 0.10 m 3 und 0.15 m 3 variiert.

123 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 121 Tor zu Tor offen Abbildung 8-3: Detailskizze des Startbehälters. Tor und Gegengenwicht in geschlossener und geöffneter Stellung Die Beschleunigungsstrecke An den Startbehälter schliesst die Beschleunigungsstrecke an. Entlang eines ersten Abschnitts bleibt der Abflussquerschnitt gleich. Die Seitenberandung erfolgt durch die Verlängerung der Seitenwände des Startbehälters (Abbildung 8-3). Diese Distanz ist nötig für das einwandfreie Öffnen des rechteckigen Tores. Anschliessend erfolgt eine Verengung des Querschnittes von 0.75 m auf 0.30 m. Bei der ersten Versuchsserie geschah dies linear entlang einer Strecke von 1.16 m. Zusätzlich änderte sich die Form des Querschnitts von oben rechteckig nach unten u- förmig (Abbildung 8-4 a). a) b) B* Y* A* X* A X B Y A A* B B* X X* Y Y* Abbildung 8-4: Detailskizzen der Beschleunigungsstrecken. a) für Versuchsserie 1, b) für Versuchsserie 2 und 3. (Massangaben in cm)

124 122 Daniel Weber (WSL, 2004) Bei der zweiten und dritten Serie erfolgt die Verengung über eine geschwungene S-Form entlang einer Strecke von 1.13 m (Abbildung 8-4 b). Die Querschnittsform ändert sich diesmal nicht, da die zweite Serie im schmalen Messkanal mit flachem Bachbett (2-dimensional) durchgeführt wurde. Für die dritte Messserie mit dreidimensionalem Bachbett wurde dieselbe Beschleunigungsstrecke benutzt. Nach der Verengungsstrecke folgt ein Übergangsstück in den Messkanal von gleichbleibendem Querschnitt. Die Gesamtkonstruktionslänge der Beschleunigungsstrecke beträgt bei beiden Varianten 2.07 m Der Messkanal Der eigentliche Messkanal hat eine Baulänge von 5.00 m und eine Aussenbreite von 1.00 m. Das Fachwerk in Längsrichtung ist so bemessen, dass die Durchbiegung in der Mitte bei einer Last von einer Tonne pro Laufmeter 1 nicht übersteigt. Rechtwinklig zu diesem Fachwerk stehen rechts und links je ein weiteres, dünneres Fachwerk. In diese Konstruktion aus Stahl ist eine Wanne eingebaut, in die ein dreidimensionales Bachbett eingebaut werden kann. Um den Materialaufwand pro Bachbett zu Verkleinern, wurden kein rechtwinkliger Querschnitt gewählt, sondern die Ecken unten links und rechts gebrochen (vgl. Abbildung 8-2 a). Nach oben und unten ist die Wanne abgeschlossen. Ein passender Ausschnitt sorgt für einen optimalen Übergang von der Beschleunigungsstrecke ins erodierbare Bachbett. Die Berandung am unteren Ende ist je nach Versuch unterschiedlich: im 2D-Fall eine horizontale Überfallkante, im 3D-Fall ein Dreiecksüberfall. Bei der ersten Messserie war die Wanne aus Holz gebaut. Es war aber trotz dem Ausgiessen mit Epoxidharz zur Abdichtung und Befestigung der Rauhheitselemente nicht möglich, den Kanal dauerhaft dicht zu halten. Die mechanische Beanspruchung durch den Ein- und Ausbau des Erdmaterials war so gross, dass die Epoxidschicht zerstört und damit der Kanal undicht wurde. Daraufhin wurde die Wanne durch eine Wanne aus Polyethylen ersetzt und auf die Rauhheitselemente verzichtet, da es sich gezeigt hatte, dass diese nicht nötig sind. Der Kanal zur Durchführung der 2-dimensionalen Vergleichsversuche ist ebenfalls aus Polyethylen hergestellt und lässt sich einfach in den grösseren hineinstellen. Lamellen entlang des ganzen Kanals stützen ihn gegen den grösseren hin ab. 8.2 Die Messausrüstung Überblick Die verschiedenen Fragestellungen der vorliegenden Arbeit machen das Messen unterschiedlichster Parameter nötig. Neben globalen Parametern, wie beispielsweise die Materialeigenschaften der Feststoffe, die nur bei Bedarf erhoben werden, werden andere bei jedem Versuch gemessen. Neben den jeweils on-line erfassten Grössen werden dann sowohl vorher wie nachher zusätzliche Messungen gemacht. Sämtliche on-line Messgeräte laufen zentral auf einem Computer zusammen, werden jedoch nicht immer gleichzeitig erfasst. Folgende Gruppen lassen sich unterscheiden: I. Mit dem Murgangsystem kann an fünf verschiedenen Punkten entlang dem Messkanal der Längsschnitt der niedergehenden Murgangwelle aufgezeichnet werden.

125 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 123 II. III. Das Videosystem läuft parallel dazu und liefert ebenfalls zur Charakterisierung des Abflussverhaltens wichtige Parameter. Es dient auch der nachträglichen visuellen Auswertung und Beurteilung. Das Topographiesystem, welches zur Ermittlung der Volumenveränderung vor und nach einem Murgang die Geometrie des Bachbettes erfasst. IV. Das Bewässerungsmesssystem erlaubt die Quantifizierung des zur Befeuchtung des Bachbettes in den Messkanal eingeleiteten Wassers. Bei den letzten beiden Messserien sind entlang dem Messkanal zusätzlich Druckmessdosen innerhalb des erodierbaren Bachbettes installiert worden. Auch diese Messdaten stehen on-line zu Verfügung und werden sowohl vom Murgang- als auch vom Bewässerungssystem erfasst. Chronologisch erfolgt die Erfassung zuerst über das Bewässerungssystem, weshalb die Beschreibung der Verwendeten Geräte in Kapitel erfolgt Die Datenerfassung der On-line-Geräte Für die Datenerfassung wird das Programm LabView und eine PC-Adapterkarte der Firma National Instruments verwendet 1. Die Karte digitalisiert die Ausgangssignale von Messgeräten. Sämtliche gängigen Industriestandardsignale wie Strom, Spannungs und Impulsausgänge können angeschlossen werden. Mit der Software lassen sich benutzerdefinierte Bedienungsoberflächen zur Steuerung von Messgeräten und zur on-line Visualisierung der erfassten Daten erzeugen. Auch die Datenverarbeitung von der Umrechnung in richtige Einheiten bis zum Abspeichern im gewünschten Format kann mittels einem graphischen Editor den individuellen Bedürfnissen entsprechend eingegeben werden. Die mit diesem Programm erzeugten Textdateien können zur weiteren Auswertung mit den gängigen Kalkulations- und Visualisierungsprogrammen weiterverarbeitet werden Das Murgangsystem Das Murgangsystem dient der Erfassung rheologisch relevanter Grössen wie Abflusstiefen und Geschwindigkeiten. Währen die Ganglinien und damit die Abflusstiefen direkt mittels Echoloten und Messlaser bestimmt werden können, müssen die Geschwindigkeiten indirekt aus den Zeitpunkten der Wellendurchgänge an bestimmten Positionen und der dazwischenliegenden Distanzen berechnet werden. Zum Einsatz kommen vier Echolote und ein Messlaser, welche in regelmässigen Abständen von 1 m entlang dem Gerinne fixiert sind. Die dadurch festgelegten Messpunkte im Gerinne werden für die Videoaufnahmen gut sichtbar markiert. Mit dem Öffnen des Tores des Startbehälters wird die on-line Registrierung der Messdaten ausgelöst. Parallel dazu werden zwei Timer von Zeitgeneratoren gestartet, welche in die Videosysteme eingeschlauft sind. Die Videorecorder selbst müssen vorgängig manuell gestartet werden. 1 Sämtliche hier und im Weiteren angegebenen Markennamen und Typenbezeichnungen dienen der vollständigen und präzisen Beschreibung der Laboranlage und einer allfällig gewünschten Reproduktion der Versuche. Weder soll hier Werbung für diese Produkte gemacht werden noch bestand zu irgend einem Zeitpunkt ein Sponsoring durch deren Hersteller.

126 124 Daniel Weber (WSL, 2004) Die Echolote Die zur Verfügung stehenden Echolote (Ultraschallmessgeräte) vom Typ UB GM-H3 der Firma Pepperl+Fuchs weisen einen maximalen Messbereich von 1.80 m auf. Zum Sensor muss ein Minimalabstand von 0.2 m eingehalten werden. Das zugehörige Auswertegerät vom Typ UH3-KHD2-4I erlaubt den Anschluss und synchronen Betrieb von vier Sensoren. Zusätzlich lässt sich das Messfenster pro Sensor individuell festlegen, indem innerhalb des sensorspezifischen Messbereichs die sensornahe und sensorferne Grenze festgelegt werden kann. Für die hier vorgestellten Versuche wurde ein Messfenster von 0.5 m festgelegt. Der Messlaser Als weiteres Distanzmessgerät kommt ein Messlaser des Typs ILD der Firma Micro- Epsilon Messtechnik zum Einsatz. Dabei wird ein sichtbarer Laserstrahl der Laserklasse 2 ausgesendet und von der Oberfläche des Messobjekts reflektiert. Der diffuse Anteil der Reflexion wird von einer Empfängeroptik abstandsabhängig auf einem ortsauflösenden Element (CCD-Zeile) erfasst. Der sehr dünne Strahl ermöglicht eine punktgenaue Erfassung der Distanz. Mit einer Abtastfrequenz von 2.2 khz kann zudem auch der Abstand eines sehr schnell bewegten Objektes erfasst werden. Der maximale Messbereich beträgt 0.70 m. Von einem Grundabstand von 0.47m erfasst die Optik nach oben und unten je einen Bereich von 0.35 m. Mit einer Auflösung von unter 0.1 mm und einer Linearität von weniger als +/- 0.4 mm beträgt der Messfehler sowohl statisch als auch dynamisch weniger als 0.5 mm Das Videosystem Als weitere Messgeräte werden zwei identische Videoanlagen verwendet. Sie bestehen je aus einer S-VHS Kamera Panasonic NV-S88E, einem separaten S-VHS Videorecorder Panasonic NV-H1000EG und einem Farbmonitor Sony PVM-1450QM. Zwischen die Kamera und den Recorder ist ein Video Timer FOR-A VTG-33 eingeschlauft. Dieser ermöglicht das Einblenden von Zeitangaben über das Bild der Kamera. Neben dem Datum können Stunden, Minuten, Sekunden, 1/10-Sekunden und 1/100-Sekunden angezeigt werden. Sämtliche Anzeigen können per Schalter am Gerät oder extern wie bei einer Stoppuhr getriggert werden. Dank des S-VHS Formats von 50 Halbbildern pro Sekunde ergibt sich eine zeitliche Auflösung von zwei Hundertstelsekunden. Nebst zeitlichen Angaben bezüglich der Murgangwelle ermöglicht dieses System auch qualitativen und quantitative Aussagen zu den ablaufenden Prozessen Das Topographiesystem Das Topographiesystem dient der Bestimmung des Erosions- respektive Depositionsvolumens, welches von einer Labormure innerhalb des Messkanals verursacht wird. Zu diesem Zweck wird die Topographie des Bachbettes vor und nach einem Murgang ausgemessen und anschliessend die Differenz Bestimmt. Zur Vermessung wird ein kombiniertes System des oben beschriebenen Messlasers und einer Lineareinheit eingesetzt. Die Lineareinheit Die Lineareinheit der Firma SIG Positec / Berger Lahr besteht aus zwei Schienen, die auf die beiden Längsfachwerke des Messkanals montiert sind und die X-Richtung eines kartesischen

127 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 125 Koordinatensystems definieren. Sie führen eine quer dazu befestigte weitere Schiene mit Wagen, welche die Y-Richtung angibt. Auf diesen Wagen ist der Messlaser montiert, welcher die Höhe in Z-Richtung bestimmt. Die X- und Y-Achsen der Lineareinheit sind motorisiert und werden von einer programmierbaren Positioniereinheit gesteuert (Abbildung 8-5, oben). Für die Versuche wurde folgender Vermessungsablauf programmiert. Zuerst fährt der Wagen ein Querprofil des Gerinnes in Y-Richtung ab. Dann wird die Querachse eine Rasterlänge in X- Richtung weitergefahren. Nun wird wieder ein Querprofil des Bettes vermessen, diesmal in entgegengesetzter Richtung. Anschliessend wird wieder die ganze Y-Achse um eine Einheit in X-Richtung verschoben. Dieser Ablauf wiederholt sich, bis das ganze Gerinne in einem Zickzackkurs abgefahren worden ist. Die Rastergrösse muss in die Positionierungseinheit programmiert werden, welche das Messdatenerfassungssystem LabView jeweils dann triggert, wenn sich der Messwagen an einem Vermessungspunkt befindet. Die hohe Messfrequenz des Lasers erlaubt das Erfassen der Z-Koordinate während der Fahrt. Damit diese Werte als Matrize abgelegt werden können, werden die Messungen jedes zweiten Querprofils in umgekehrter Reihenfolge angefügt (Abbildung 8-5, unten). In allen Experimenten betrug die Rastergrösse in X- und Y-Richtung 0.75 cm. Z X Y Abbildung 8-5: Lineareinheit mit Messlaser zur Erfassung der Geländetopographie. Seitliche Fachwerke des Messkanals Schienen der Lineareinheit in X-Richtung Motor zur Positionierung des Messwagens in X-Richtung Verbindungswelle beider Schienen Schiene in Y-Richtung Motor zur Positionierung des Messwagens in Y-Richtung Messwagen...Messlaser, in Z- Richtung ausgerichtet Abtastraster Abtastroute

128 126 Daniel Weber (WSL, 2004) Das Bewässerungsmesssystem Das hier beschriebene Messsystem ermöglicht eine Aussage über den mittleren Wassergehalt des Bachbettes. Währen der ganzen Bewässerungsphase wird die ins Bachbett geleitete Wassermenge als Input und die am unteren Ende ausfliessende Menge als Output erfasst. Die aufsummierten Differenzen dieser zwei Messgrössen entsprechen der Menge Wasser, welches im porösen, aus natürlichem Material bestehenden Bachbett verbleibt. Der Durchflussmesser Zur Erfassung der Inputmenge des Bewässerungssystems kommt ein induktiver Durchflussmesser (IDM) der Firma Endress + Hauser zum Einsatz. Der IDM vom Typ PROMAG 30A ist für einen Messbereich von 0 m 3 /h bis maximal 2 m 3 /h (33.33 l/min) ausgelegt. Für eine optimale Nutzung des Ausgangssignals kann die Obergrenze aber auch kleiner gewählt werden. Damit keine Erosion durch die Bewässerung erfolgt, muss die Durchflussmenge klein gehalten werden. Deshalb ist in dieser Anwendung die kleinstmögliche Obergrenze von 0.5 m 3 /h (resp l/min) eingestellt worden. Für diesen Messbereich gibt der Hersteller eine Genauigkeit von 0.5 % an. Je nach Bewässerungsart Rinnsal oder Kapillarsystem- kann der IDM an das normale Trinkwassernetz oder an das Netz für entmineralisiertes Wasser angeschlossen werden (vgl. Abbildung 8-6). Das entmineralisierte Wasser verhindert das Verkalken der Kapillaren durch die Verdunstung des Wassers nach Beendigung der Bewässerung. Rinnsal Bewässerung Kappilar Bewässerung IDM Input-Signal Ventil Trinkwassernetz Reinwassernetz Messüberfall Output-Signal Abbildung 8-6: Messsystem der Bewässerung Der Messüberfall Am unteren Ende des Messkanals wird das Bewässerungswasser gesammelt und in eine Kiste mit v-förmigem Messüberfall geleitet. Die Kiste ist mit einem Transsonarwegaufnehmer des Typs BTL2-P S50 der Firma Balluff ausgerüstet. Damit wird der Pegel gemessen und via Eichbeziehung in einen Abfluss umgerechnet.

129 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 127 Die Druckmessungen innerhalb des Bachbetts Bei den an den Messpositionen der Abflusstiefen der Murgangwelle am Boden des Messkanals installierten Druckdosen handelt es sich um ein Produkt der Firma Keller aus der Serie 46 W. Diese waren aus einem anderen Forschungsprojekt bereits vorhanden. Es handelt sich um Druckdosen zur Messung von Wassersäulen. Die Messung erfolgt über eine robuste Keramikoberfläche von 38 mm Durchmesser. Dies ermöglichte ihren Einbau direkt ins Material des Bachbettes Off-line Messgeräte Neben den oben beschriebenen Messgeräten wurden hauptsächlich noch zwei Waagen verwendet. Die Konfektionswaage von Mettler Toledo AG, Typ KCS300, hat einen Messbereich von kg bei einer Auflösung von 2 g und wurde vor allem zum Einwägen der Murgangmischungen und zur genauen Bestimmung des Einbaugewichts der Bachbette gebraucht. Aufgrund der hohen Auflösung konnte mit dieser Waage auch die Restfeuchte des Materials anhand kleinerer Proben (2 3 kg) bestimmt werden. Als zweite Waage wurde eine Eigenkonstruktion aus einer Hochleistungswägezelle der Firma Revere Transducers, Typ BSP-2500-C3-SC, und einer Öse und einem Haken eingesetzt. Damit konnten Gewichte bis 2'500 kg gemessen werden. Sie wurde vor allem für die Verwägung des am unteren Ende aufgefangenen Murganggemisches verwendet, weil das Auffanggefäss zusammen mit 150 l konzentrierter Mischung den Messbereich der Konfektionswaage überstieg. Die Hochleistungszelle weisst nach Hersteller einen Totalfehler von +/ % vom Endwert auf. 8.3 Die Bewässerung Bei den drei Hauptversuchsserien kamen infolge verschiedener Modifikationen verschiedene Systeme zur Bewässerung der Bachbetten zum Einsatz. Im Folgenden sollen diese in chronologischer Reihenfolge kurz dargestellt sowie deren Vor und Nachteile aufgezeigt werden. Das grundsätzliche Ziel war eine gleichmässige Vernässung des Gerinnes zu erhalten. Damit sind die Angaben aus dem Bewässerungsmesssystem zum mittleren Wassergehalt aussagekräftig. 3D Versuche mit Material 1 Das erste Bewässerungssystem bestand aus zwei Teilen zu jeweils zwei Strängen. Ein Strang setzte sich aus einem Hauptschlauch und den alle 10 cm abzweigenden Kapillaren zusammen. Mit zwei solcher Stränge konnte das Bachbett von aussen flächenhaft befeuchtet werden, die anderen beiden wurden während dem Einbau des Bachbettes auf einer Höhe von etwa 8 10 cm eingebaut (Abbildung 8-7 a). Der Vorteil dieses Systems bestand darin, dass innerhalb relativ kurzer Zeit eine gute Vernässung des gesamten Bachbettes erreicht werden konnte. Allerdings entstand durch die Zugabe von Wasser direkt ins Erdmaterial eine Strömung durch den Bodenkörper, welche je nach Zugabemenge pro Zeiteinheit in der unteren Gerinnehälfte in das Bachbett exfiltrierte. Durch diese aufwärtsgerichtete Strömung an die Bodenoberfläche entstand eine Destabilisierung des Bodenmaterials (hydraulischer Grundbruch, vgl. Lang et al., 1996). Zwar liess sich die mittlere Einbaudichte des Bachbettes nach dem Einbau aus dem Gesamtgewicht des verwendeten

130 128 Daniel Weber (WSL, 2004) Materials und der ersten Gerinnevermessung bestimmen, exaktere lokale Angaben konnten aber nicht gemacht werden. Entsprechend liess sich eine mittlere Zugabemenge abschätzen, doch konnte diese verschiedentlich lokal dann doch zu bodenmechanische Instabilitäten bereits in der Bewässerungsphase führen. Eine eindeutige Messung der Erosionsleistung des Murenschubes war damit nicht mehr möglich. Zudem beeinflusste in diesem Fall die grosse Veränderung der Gerinnegeometrie die Messung der Abflussganglinien und somit auch die Güte der daraus gewonnen abflussrelevanten Parameter. a) b) c) d) Abbildung 8-7: Die verschiedenen Bewässerungsmethoden. a) 3D Versuche mit Material 1, b) 2D Versuche mit Material 2, c) 3D Versuche mit Material 2, Rinnenbewässerung, d) 3D Versuche mit Material 2, Flächenbewässerung mit Kapillarsystem. 2D Versuche mit Material 2 Aufgrund des hohen Zeitaufwandes von 3D Versuchen und zur Überprüfung der Vergleichbarkeit wurde mit dem zweiten Labormaterial als erstes eine Serie von Versuchen mit flacher Bachbettoberfläche in einer schmaleren Rinne durchgeführt. Zur Bewässerung wurde gänzlich auf das oben beschriebene System verzichtet. Stattdessen wurde das Wasser in die Beschleunigungsstrecke geleitet, von wo es in den Messkanal floss (Abbildung 8-7 b). In den meisten Fällen etablierte sich in kurzer Zeit ein Oberflächenabfluss. Die Differenzen aus Input und Output Durchflussmessung (vgl. Abbildung 8-6) von 5 10 ml/s belegen, dass eine Infiltration ins Bachbett und somit eine Benässung stattgefunden hat.

131 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 129 3D Versuche mit Material 2, Rinnenbewässerung Die anschliessenden 3D Versuche wurden mit einem analogen Bewässerungsverfahren durchgeführt. In dieser Situation floss das Wasser jeweils entlang des tiefsten Punktes des Gerinnes ab und bewässerte nur eine beschränkte Gerinneoberfläche und das darunterliegende Material (Abbildung 8-7 c). Tatsächlich wurde denn auch in diesen Versuchen eine auf den mittleren Querprofilbereich konzentrierte Tiefenerosion festgestellt. 3D Versuche mit Material 2, Flächenbewässerung mit Kapillarsystem Um eine Bewässerung über die ganze Oberfläche zu ermöglichen, wurden anschliessend wieder zwei Stränge zur seitlichen Wasserzugabe in Betrieb genommen (Abbildung 8-7 d). Natürlicherweise konzentrierte sich auch bei diesem Setup der Wasserabfluss in der Mitte des Gerinnes, aber da entlang der ganzen Länge während mehreren Stunden bewässert wurde, darf von einer guten Vernässung auch der Seitenbereiche ausgegangen werden. 8.4 Versuchsablauf Im Folgenden werden in chronologischer Reihenfolge die einzelnen Schritte aufgelistet, wie sie für die Durchführung eines Experiments der zweiten und dritten Versuchsserie nötig sind. Die Vorgehensweise in der Versuchsserie 1 unterscheidet sich ausschliesslich bezüglich der Bewässerung des Bachbettes, da zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Serie das Bewässerungsmesssystem noch nicht zur Verfügung stand. Da nicht für jeden Versuch ein neues Bachbett eingebaut wird, sei das Vorhandensein desselben vorausgesetzt. zu Beginn 1) Vermessen der Gerinnegeometrie vor dem Versuch DATENFILE anschliessend 2) Starten des Bewässerungsmesssystems 3) Öffnen des vorgängig justierten Ventils der Zuflussleitung der Bewässerung während Bewässerungsphase 4) Abwägen der Feststoffe und des Wassers zur Herstellung der Murgangmischung 5) Mischen der Komponenten mittels Betonmischer 6) Transport der Mischung mittels Betonsilo vom Mischer in den Startbehälter. Dazu wird ein Hubstapler mit Kranausleger benützt. nach Bewässerungsphase 7) Starten der Videorecorder im Aufnahmemodus 8) Starten des Murgangmesssystems. Dadurch wird das Bewässerungsmesssystem automatisch abgeschaltet. 9) Öffnen des Tores. Dadurch werden einerseits die Videotimer gestartet und andererseits ein Marker in das LabView -Datenfile geschrieben. Damit können beide Systeme synchronisiert werden. DATENFILE UND VIDEOS 10) Nach dem Durchgang der ganzen Murgangwelle manuelles Stoppen des Messsystems 11) Wägen des in einer Kiste aufgefangenen Gemisches

132 130 Daniel Weber (WSL, 2004) 12) Dekantieren der Mischung 13) Erneutes Wägen anschliessend 14) Vermessen der Gerinnegeometrie nach dem Versuch DATENFILE falls Deposition im Gerinne 15) Handräumung des deponierten Materials 16) Wägen der Deposition 17) Erneutes Vermessen der Gerinnetopographie DATENFILE nach Abschluss aller Messungen 18) Wiederherstellung des Gerinnes 19) Laborplatz instand stellen 20) Aufbereitung der Daten und erste Analysen

133 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge Erfasste Parameter und ihre Genauigkeit 9.1 Überblick Die unterschiedlichen Fragestellungen bezüglich Rheologie und Erosion machen die Erhebung verschiedener Parameter nötig. Es gibt globale Grössen wie die Materialeigenschaften, die für alle Versuche mit ebendiesem Material gleich sind, und es gibt Parameter, die bei jedem Versuch neu erfasst werden, beispielsweise die Abflusstiefen. Daneben gibt es Grössen, die a priori festgelegt werden, zum Beispiel das Startvolumen der Murgangmischung und deren Feststoffgehalt. Abbildung 9-1 zeigt einen schematischen Überblick über alle erfassten Parameter. Die Symbole werden in den folgenden Kapiteln beschrieben. Rheologische Parameter Startparameter h max R max b hmax v f v f v p h 5(t) h max5 R max5 b hmax5 v f5 v f5 v p5 p 5(t) h 4(t) h max4 R max4 b hmax4 v f4 v f4 v p4 p 4(t) h 3(t) h max3 R max3 b hmax3 v f3 v f3 v p3 p 3(t) h 2(t) h max2 R max2 b hmax2 v f2 v f2 v p2 p 2(t) h 1(t) h max1 R max1 b hmax1 v f1 v f1 v p1 p 1(t) Z V Start C S C F m S m F w r Erosionsparameter V E m D m Ddek X X 5 Bewässerungsparameter V B0 w B0 θ X 4 X 3 V B m BS m BF w r ρl X 2 Gerinneparameter X 1 Globale Parameter ρf µf ρs KGV d max d j ϕ Abbildung 9-1: Schematischer Überblick über die erfassten Parameter. 9.2 Die erfassten Parameter Die globalen Parameter Bei den globalen Parametern handelt es sich vornehmlich um die Materialeigenschaften der verwendeten festen und flüssigen Phase. Neben den in Kapitel 7.3 vorgestellten Feststoffen Material 1 und Material 2 wurde Wasser als Flüssigkeit zur Herstellung der Modellmuren verwendet. In Tabelle 9-1 und Tabelle 9-2 sind die entsprechenden globalen Parameter mit den zugehörigen Werten und Einheiten wiedergegeben.

134 132 Daniel Weber (WSL, 2004) Tabelle 9-1: Globale Parameter der Flüssigphase Parameter Beschreibung Einheit Wert Bemerkung ρ F Dichte der Flüssigphase kg/m 3 1'000 µ F Dynamische Viskosität Ns/m Hier sind die im Ingenieurwesen verwendeten Werte für Wasser angegeben Tabelle 9-2: Globale Parameter der Feststoffphase. Die Korngrössenverteilung KGV und der Winkel der Scherfestigkeit ϕ wurden bereits im Kapitel 7.3 eingehend behandelt. Parameter Beschreibung Einheit Material 1 Material 2 ρ S Dichte der Feststoffe kg/m d 10 mm d 30 Korndurchmesser, für den jeweils 10 %, 30 %, 50 %, mm d % resp. 90 % aller mm d 60 Körner einen kleineren Durchmesser haben. mm mm d 90 d m Mittlerer Korndurchmesser mm d max Maximalkorndurchmesser mm ϕ Winkel der Scherfestigkeit Zu den globalen Parametern gehören auch die gewählte Neigung des Kanals und die Lage der fünf Messorte entlang dem Gerinne (Abbildung 9-1). Da der Messkanal und der obere Teil der Laborrinne am Mittelträger an zwei verschiedene Achsen montiert sind und der Startbehälter ebenfalls drehbar befestigt ist, damit das Tor in allen Neigungen senkrecht steht, verändert sich die Lage der Messpunkte X 1...X 5 in Abhängigkeit der Neigung. Die relativen Distanzen zwischen den einzelnen Messpunkten bleiben hingegen konstant gleich 1 m, da sie alle entlang dem Messkanal verteilt sind (Tabelle 9-3). Tabelle 9-3: Entfernung der Messorte vom Tor des Startbehälters in Abhängigkeit der Neigung. Parameter Beschreibung Entfernung zu Tor bei entsprechender Neigung [m] θ Neigung der Laborrinne % 35 % 40 % 45 % 55 % X 1 Lage Messquerschnitt X 2 Lage Messquerschnitt X 3 Lage Messquerschnitt X 4 Lage Messquerschnitt X 5 Lage Messquerschnitt

135 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge Die Startparameter Mit den Startparametern werden die Eigenschaften der Murgangwelle und damit die Einwirkungen auf das Bachbett bestimmt. Als Zielgrössen werden das Volumen und der Feststoffgehalt der Startmischung vorgegeben. Daraus ermitteln sich die Massen der soliden und flüssigen Phase. Aufgrund der Restfeuchte des Erdmaterials müssen die beiden Zielgrössen nachträglich jeweils leicht korrigiert werden (Kapitel 9.3.2). Die Mischungen waren immer gesättigt. Tabelle 9-4: Die Startparameter Parameter Beschreibung Einheit Bemerkungen V Start C S C L Startvolumen der Mischung Volumetrischer Feststoffgehalt der Startmischung Volumetrischer Wasseranteil der Startmischung m 3 Zielgrössen: 0.05, 0.10, 0.15 Zielgrössen: 0.0, 0.3, 0.5, 0.7, 0.8 Es gilt: C L = 1-C S m S Feststoffmasse der Startmischung kg Berechnet nach: m S = ρ S V Start C S m F Masse der Flüssigphase der Startmischung kg Berechnet nach: m F = ρ F V Start (1-C S ) w r Restfeuchte der Feststoffe (massemässig) Durchschnittlich Zur Bestimmung der Restfeuchte, siehe Kapitel 9.3.1, zweiter Abschnitt Die Gerinneparameter Die Gerinneparameter beschreiben die Eigenschaften des Bachbettes. Erfasst wird das Gewicht des eingebauten Materials, welches zur besseren Modellierung einer 3-dimensionalen Struktur leicht befeuchtet wird (5 6 %, massemässig). Anschliessend wird mittels Lasersystem die Topographie aufgenommen. Daraus und unter Berücksichtigung der Einbau- und Restfeuchte ergibt sich schliesslich die Einbaudichte trocken. Tabelle 9-5: Die Gerinneparameter Parameter Beschreibung Einheit Bemerkungen V B Volumen des eingebauten Materials m 3 Im 3D Fall Material 1: ~0.75, im 2D Fall: ~0.25, im 3D Fall Material 2: ~1.0 m BS Masse des eingebauten Materials kg Im 3D Fall Material 1: ~1500 kg, im 2D Fall: ~500, im 3D Fall Material 2: ~2200 m BF Masse des beigemischten Wassers kg Beigabe durchschnittlich 7 kg Wasser auf 125 kg Erdmaterial inkl. Restfeuchte ρ L Raumdichte des Gerinnematerials, trocken kg/m 3 Berechnet nach: ρ L = ((1-w r )m BS -m BF )/V B

136 134 Daniel Weber (WSL, 2004) Die Bewässerungsparameter Ausser bei der ersten Messserie werden jeweils Zu- und Abfluss des Bewässerungswassers gemessen. Die Differenz der integrierten Werde ergibt das Volumen an Wasser, welches im Bachbettkärper enthalten ist. Zusammen mit den Bachbettparametern lässt sich dann ein mittlerer Wassergehalt des Bachbetts bestimmen. Tabelle 9-6: Die Bewässerungsparameter Parameter Beschreibung Einheit Bemerkungen V B0 w B0 Volumen des im Bachbett vorhandenen Wasser aus Bewässerung Feuchtigkeit des Bachbettes unmittelbar vor Murgangauslösung (massemässig) m 3 Zielgrössen: 0.05, 0.10, 0.15 Berechnet nach: w B0 = (V B0 ρ F )/m BS Die Abflussparameter An fünf Stellen entlang dem Gerinne werden kontinuierlich die Pegel der abfliessenden Murenschübe gemessen. Aus diesen Pegellinien lassen sich neben der maximalen Abflusstiefe auch mittlere Abschnittsgeschwindigkeiten ableiten. Weitere Grössen ergeben sich aus der Analyse der Videoaufzeichnungen. In Tabelle 9-7 sind die pro Messquerprofil ermittelten Abflussparameter angegeben. Als Mittelwerte über den ganzen Messkanal werden für die Maximalabflusstiefe der Durchschnittswert aus den fünf Einzelmessungen und für die Geschwindigkeiten die berechneten Werte unter Einbezug der Zeitpunkte bei Querprofil 1 und Querprofil 5 verwendet. Diese sind in Tabelle 9-8 aufgelistet. Tabelle 9-7: Überblick über die pro Messquerschnitt erfassten rheologischen Parameter. (i = 1...5) Parameter Beschreibung Einheit Bemerkungen h i (t) Pegelganglinie m Erfasst mittels Echolot resp. Messlaser h maxi Maximale Abflusstiefe m Maximalwert aus Pegellinie R maxi Hydraulischer Radius bei maximaler Abflusstiefe m benetzte Querschnittsfläche R = benetzter Umfang b hmaxi Breite der Murgangwelle bei maximaler Abflusstiefe m Aus Videoaufzeichnungen ermittelt v fi Abschnittsfrontgeschwindigkeit aus Pegellinien m/s Zeitunterschied und Abstand der Pegelkurven zum vorhergehenden Messpunkt v fi Abschnittsfrontgeschwindigkeit aus Video m/s Farbmarkierung der Messquerprofile und synchron gestartete Zeitgeneratoren

137 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 135 Tabelle 9-7: Überblick über die pro Messquerschnitt erfassten rheologischen Parameter. (i = 1...5) (Fortsetzung) Parameter Beschreibung Einheit Bemerkungen v pi Abschnittsgeschwindigkeit der Maximalabflusstiefe (= Peakgeschwindigkeit) m/s Zeitunterschied und Abstand der Pegelkurven zum vorhergehenden Messpunkt p i (t) Zeitabhängiger Wasserdruck m Druckdosen auf Kanalsohle montiert, vom erodierbaren Bachbett überdeckt Tabelle 9-8: Die mittleren Abflussparameter. Parameter Beschreibung Einheit Bemerkungen h max Mittlere maximale Abflusstiefe m Durchschnitt aus Σh maxi R max Hydraulischer Radius bei h max m Berechnet aus Durchschnittsquerprofil des gesamten Messkanals b hmax Breite der Murgangwelle bei maximaler Abflusstiefe m Durchschnitt aus Σb hmaxi v f Mittlere Frontgeschwindigkeit aus Pegellinien m/s Zeitunterschied und Abstand der Pegelkurven zwischen X 1 undx 5 v f Mittlere Frontgeschwindigkeit aus Video m/s Farbmarkierung bei Messquerprofil 1 und 5 und synchron gestartete Zeitgeneratoren v p Mittlere Peakgeschwindigkeit aus Pegellinie m/s Zeitunterschied und Abstand der Pegelkurven zwischen X 1 undx Die Erosionsparameter Die Erosionsparameter geben die volumetrischen und massemässigen Veränderungen des Gerinnes respektive der Murgangwelle wieder (Tabelle 9-9). Tabelle 9-9: Die Erosionsparameter Parameter Beschreibung Einheit Bemerkungen V E Volumenveränderung des Gerinnes m 3 Aus der Differenz der Topografievermessung vor und nach Murgang m D Masse der Deposition kg m Ddek dito, dekantiert kg Dazu gehört alles, was den Messkanal am unteren Ende verlässt (flüssig und fest). Gibt nur grobe Schätzung der Feststoffe, da durch das Dekantieren auch Feinanteile ausgespült werden.

138 136 Daniel Weber (WSL, 2004) 9.3 Fehlerbetrachtung Die Massenangaben Die Parameter m S, m F, m BS und m BF werden mit der in Kapitel beschriebenen Konfektionswaage gewogen, deren Genauigkeit zu ± kg gegeben ist. Der grösste Fehler ergibt sich für m S bei einem Startvolumen von 0.05 m 3 und einem volumetrischen Startfeststoffgehalt von rund 30 %. Dadurch ergibt sich ein Feststoffvolumen von 15 l mit einem Gewicht von rund 40 kg. Der Fehler von ± 2 g wird prozentual ausgedrückt zu ± 0.13 und darf somit vernachlässigt werden. Analog ergibt sich der Fehler für m F bei einem Schubvolumen von 50 l und einem Feststoffgehalt von rund 80 % zu ± 0.2. Eine Vernachlässigung ist auch in diesem Fall zulässig. Bei den Gerinneparametern ist nur der Fehler von m BF näher zu betrachten, da zum Befeuchten von 125 kg der festen Phase rund 5 kg Wasser zugegeben wird. Somit ergibt sich ein marginaler Fehler von ± 0.4. Alle diese Massenangaben müssen aber jeweils mir der Restfeuchte w r rückwärtskorrigiert werden, weshalb zuerst ihre Genauigkeit festgelegt werden muss. Zur Ermittlung von w r werden vom feuchten Erdmaterial drei Proben zu je ca. 4.5 kg eingewogen, anschliessend während 48 h in einem Ofen bei 105 C getrocknet und wieder eingewogen. Die Differenz ergibt die Masse des eingelagerten Wassers, welches durchschnittlich 100 g beträgt. Aus der Genauigkeit der Waage ergibt sich für diese 100 g ein maximal möglicher Fehler von 4 g respektive 4 %. Auf die Restfeuchte wird dieser relativ grosse Fehler aber nur einen minimen Einfluss bewirken, da sie gleich dem Verhältnis der Wassermasse zum trockenen Probegewicht ist, welches rund fünfzig mal grösser ist. Auch wenn der Fehler der Restfeuchte vernachlässigt werden darf, muss doch der Einfluss der Restfeuchte auf die effektiven Werte für die oben aufgelisteten Massen aufgezeigt werden. Insbesondere ändert sich damit auch der effektive Feststoffgehalt der Murgangmischung. Es gilt mit M S und M F als durch die Zielwerte von C S und V Start festgelegten und dementsprechend eingewogenen Werte des festen resp. flüssigen Anteils der Startmischung: w r 1 m S = MS m = MS MS = MS ( 9-1) 1+ w r 1+ w r w r m F = MF + m = MF + MS ( 9-2) 1+ w r Analog können die Formeln ( 9-1) und ( 9-2) für die Berechnung der effektiven Werte für m BS und m BF verwendet werden. Die Massenreduktion der Feststoffe entspricht dabei der Massenvergrösserung der Flüssigkeit. Der Parameter m D wird mit der 2'500kg-Wägezelle gemessen, deren Genauigkeit gemäss Hersteller 0.02 % des Messbereichs beträgt. Bei Volllast bedeutet das einen Maximalfehler von 0.5 kg. Die Messdatenerfassungskarte des Computers hat aber nur eine Auflösung von 12 Bit, d. h. der gesamte Messbereich kann nur in 2 12 = 4096 Einheiten aufgelöst werden. Somit limitiert sich die Genauigkeit auf ± 0.61 kg und ist deutlich schlechter als diejenige der Konfektionswaage. Allerdings entsprechen diese 600 Gramm bei einem Totalgewicht von mehr als 200 kg weniger als 0.3 % und andere Faktoren spielen eine grössere Rolle bezüglich Unsicherheit. So läuft während dem Niedergang der Modellmure weiterhin die Bewässerung und damit fliesst am unteren Ende des Messkanals nicht nur die Startmischung in die Auffangwanne, sondern auch ein Teil des Bewässerungswassers und das erodierte Material, dessen Wassergehalt nicht

139 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 137 bekannt ist. Bei sehr wässerigen Mischungen traten in seltenen Fällen Verluste durch Überschwappen bei der Verengung der Beschleunigungsstrecke und bei der Auffangwanne auf Die Volumenangaben Der Dichteunterschied der flüssigen und festen Phase macht ebenfalls eine Korrektur des Startvolumens nötig. Die Volumenvergrösserung V beträgt: ρs ρf V = m ( 9-3) ρsρf Der Einfluss auf die effektive volumetrische Feststoffkonzentration C S ergibt sich daraus zu: C S = ρ 1+ ρ S F 1 M M F S + m m ( 9-4) Es ist sofort ersichtlich, dass durch das Verhältnis der Dichten der Zähler im zweiten Term des Nenners von ( 9-4) mehr Gewicht erhält als der Nenner. Für Material 1 und 2 beträgt der Faktor resp Damit sind die effektiven Feststoffgehalte immer leicht kleiner und die korrespondierenden Wassergehalte leicht grösser als die Zielwerte. Je konzentrierter die Mischung ist, desto grösser wird der Fehler bezüglich dem Zielwert von C S. Die maximale Abweichung vom Zielwert C S = 0.80 ergibt sich bei einem Startvolumen von 50 l. Für w r = 0.02 beträgt der effektive Wert für C S noch Da die Restfeuchte in einem Bereich von bis schwankte und eine vorgängige Bestimmung aufgrund der langen Trocknungsdauer nicht möglich war, wurde auf eine vorgängige Berücksichtigung bei der Festlegung der Zielwerte verzichtet. Da das Volumen des Bachbettes V B mittels Präzisionslaser bestimmt wird, erübrigt sich für diesen Parameter eine Korrektur. Das Gleiche gilt für das Erosionsvolumen V E. Zur Bestimmung der Raumdichte des Gerinnes ρ L wird der mit Formel ( 9-1) korrigierte Wert für m BS verwendet Die Geschwindigkeitsangaben Die drei erfassten Geschwindigkeiten v fi, v fi und v pi (resp. v f, v f und v p ) weisen infolge unterschiedlicher Bestimmungsmethoden unterschiedliche Fehler auf. Als Verhältnis von Länge (l) zu Zeit (t) sind zwei Fehlerquellen zu berücksichtigen. Für die abschnittsweisen Geschwindigkeiten ergeben sich bei gleichem Messfehler der Eingangsgrössen aufgrund der kleineren Distanz respektive des kleineren Zeitunterschiedes grössere Fehler auf den Parameter als für die mittleren Geschwindigkeiten über den gesamten Messkanal. Mittels Video ermittelte Frontgeschwindigkeiten Die Distanz zwischen zwei definierten Punkten im Gerinne bestimmt die Bezugslänge, über die die Geschwindigkeit der Murgangfront ermittelt wird. Als Markierung dient ein mit einer Spray-

140 138 Daniel Weber (WSL, 2004) dose gezogener Strich senkrecht zur Fliessrichtung. Im Sinne einer Abschätzung eines maximalen Fehlereinflusses durch die Ungenauigkeit der Entfernungsmessung wird von einem Fehler von 0.02 m pro Markierung ausgegangen. Damit ergeben sich für die Geschwindigkeit die relativen Fehler nach Tabelle Da dieser Fehler im Zähler einfliesst, ist er sowohl beim Überschätzen als auch beim Unterschätzen gleich gross und ändert nur das Vorzeichen. Tabelle 9-10: Relativer Fehler der Frontgeschwindigkeiten Video, v f, verursacht durch den Messfehler in der Distanzermittlung. Für v f1 wird zur Abschätzung des Fehlers eine Distanz von 2.36 m als Mittelwert für sämtliche Neigungen verwendet (vgl. Tabelle 9-3). Parameter l [m] l [m] Relativer Fehler bezüglich Frontgeschwindigkeit [%] v f v f v f Die zeitliche Auflösung der Zeitgeneratoren liegt bei 0.01 s. Die S-VHS Recorder zeichnen jedoch nur mit fünfzig Halbbildern pro Sekunde auf. Damit ist die effektive Zeitauflösung auf den Videobändern zu 0.02 s gegeben. Trotzdem kann durch den Vergleich von zwei aufeinanderfolgenden Bildern die ursprüngliche Genauigkeit von 0.01 s erreicht werden. Um den Fehler einer ungenauen Zeitablesung zu ermitteln, wird er zu ± 0.01 s angenommen. Abbildung 9-2a zeigt den maximalen Totalfehler, verursacht durch den Messfehler des Abstands zweier Querprofile und den zeitlichen Fehler, auf die Frontgeschwindigkeiten v f1, v f2...5 und v f. Ein positiver Fehler bedeutet ein Überschätzen der Geschwindigkeit infolge Überschätzen der Distanz und Unterschätzen der Zeit. Im umgekehrten Fall wird die Geschwindigkeit unterschätzt. In Abbildung 9-2b sind die Häufigkeitsverteilungen der Messwerte der drei Parameter als Histogramme angegeben. Der gesamte Messbereich von 0 10 m/s wurde in Klassen der Breite 0.5 m/s eingeteilt. Die meisten Messwerte liegen im Bereich von 1 6 m/s. Ein Vergleich mit den Maximalfehlern in derselben Abbildung oben zeigt, dass die Genauigkeit für v f1 und v f über den ganzen Bereich als genügend erachtet werden kann. Der Fehler beträgt bei 6 m/s in diesem Fall rund ± 3.5 % resp. ± 4 %. Hingegen ist der Maximalfehler für v f2...5 über den ganzen Bereich durchwegs grösser als ± 6 %, bei 6 m/s beträgt er bereits +18 % respektive 15 %. Auch wenn damit nur der maximal mögliche Fehler abgeschätzt wird, muss die Unsicherheit der Messwerte für v f2...5 doch als gross bezeichnet werden. Frontgeschwindigkeiten aus LabView Daten Die Genauigkeit dieser Parameter hängt primär von der Genauigkeit der Pegelmessung ab, im Speziellen von deren zeitlicher Auflösung. Da die Messgeräte immer an denselben, genau eingemessenen Stellen montiert sind, ist der Fehler bezüglich der Distanz der Messorte für alle Versuche vernachlässigbar klein. Der Messlaser ergibt bezüglich Messfehler keine Probleme, da er mit einer Abtastrate von 2.3 khz deutlich schneller ist als die Samplingrate der Datenerfassung von 1 khz. Eine zusätzliche Datenreduktion erfolgt durch das Abspeichern der Daten in einer Auflösung von 100 Hz. Ganz anders verhalten sich die Echolote. Konstruktionsbedingt breitet sich der abgestrahlte Schall keulenförmig aus. Der Durchmesser beträgt am Ort der Messung in der hier verwendeten Anordnung 7.5 cm. Die Messwiederholrate ist in der Bedienungsanleitung mit ca. 40 ms angegeben, was einer Messfrequenz f E von 25 Hz entspricht.

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142 140 Daniel Weber (WSL, 2004) Distanz verursacht wird. Tabelle 9-11 gibt die prozentualen Fehler wieder, wie sie bis zur Geschwindigkeit v E = m/s gelten. Echolot Welle zum Zeitpunkt der ersten Messung f E d E Messfrequenz Durchmesser der Messkeule Welle zum Zeitpunkt der zweiten Messung ½v E v E kritische Geschwindigkeit mit v E = d E f E v E 2v E Oberfläche Bachbett ½d E d E d E Abbildung 9-3: Fehlerbetrachtung zur Bestimmung der Frontgeschwindigkeiten mittels Echolot. Betrachtet man nun als dritten Fall eine Geschwindigkeit, die grösser ist als v E, beispielsweise doppelt so schnell, dann ist die Welle zur Zeit der zweiten Messung bereits ausserhalb der Messkeule. Die zurückgelegte Distanz ist somit 1½ d E länger, aber der ermittelte Zeitpunkt des Pegelanstiegs derselbe (Welle ). Da nun aber weder die Geschwindigkeit noch der im Messintervall zurückgelegte Mehrweg a priori bekannt sind, lässt sich im konkreten Fall der Fehler nicht bestimmen. Das heisst, dass alle aus den Pegellinien ermittelten Geschwindigkeiten die grösser sind als v E einen unbekannten maximalen Fehler haben und somit mit Vorsicht zu verwenden sind. Tabelle 9-11: Maximalfehler der aus den Pegellinien ermittelten Frontgeschwindigkeiten (nur gültig bis Geschwindigkeit v E = m/s). Parameter l [m] l [m] Relativer Fehler bezüglich Frontgeschwindigkeit [%] v f v f v f Peakgeschwindigkeiten aus LabView Daten Da die Peakgeschwindigkeiten ebenfalls aus den Pegellinien ermittelt werden, gelten für sie die gleichen Überlegungen wie für die entsprechend ermittelten Frontgeschwindigkeiten (vgl. oben). Allerdings kommt hier das Problem der Erfassung der effektiven maximalen Abflusstiefe hinzu (siehe unten).

143 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge Die Abflusstiefen Die Abflusstiefen werden mit den bereits im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Messgeräten erfasst und demnach gelten die gleichen Überlegungen. Aufgrund der hohen Messfrequenz des Lasers kann die Pegellinie genügend genau aufgelöst vermessen werden. Der Maximalwert entspricht denn auch dem höchsten Pegel des unter dem Messpunkt durchgeflossenen Murenschubes. Die Genauigkeit des Gerätes ist so gross, dass der Fehler vernachlässigt werden darf. Zur Erfassung der Maximalabflusstiefen durch die Echolote müssen das für die Frontgeschwindigkeiten verwendete Gedankenmodell und die dazugehörende Abbildung 9-3 leicht modifiziert werden. Damit der höchste Pegel erfasst werden kann, muss er innerhalb einer Messperiode innerhalb der Messkeule sein. Auf der Höhe des Maximalabflusses ist aber der Durchmesser der Keule, d Keule, kleiner als auf der Sohle. Er berechnet sich mit D als Abstand des Echolotes von der Bachsohle und mit α als Öffnungswinkel der Schallkeule zu: α dkeule = 2( D hmax ) tan ( 9-5) 2 Die kritische Geschwindigkeit in Abhängigkeit von h max, v E *, beträgt dann neu: v * = d f ( 9-6) E Keule E In Tabelle 9-12 sind für maximale Abflusstiefen von 10, 20 und 30 cm die entsprechenden Geschwindigkeiten berechnet. Tabelle 9-12: Kritische Geschwindigkeit zur Erfassung der Maximalabflusstiefe in Abhängigkeit der Durchgangshöhe. h max [m] d Keule [m] f E [s -1 ] v E * [m/s] Überschreitet die Geschwindigkeit der Welle v E *, so ist der maximal mögliche Fehler grösser, aber nicht bestimmbar, und der Wert für die Maximalhöhe der Welle folglich unsicher. Um trotzdem einen Anhaltspunkt über die Dimension des möglichen Fehlers zu haben, wurde ein Test durchgeführt. Auf einer drehbaren, motorisierten Kreisfläche wurde im Abstand von 0.28 m vom Zentrum eine rundumlaufende, 0.08 m breite Welle modelliert. Die Länge der Welle beträgt nach der Kreisumfangsformel 1.76 m. Bewusst wurde über eine Strecke von 0.20 m die Höhe h = 0 gehalten, ebenso die Maximalhöhe h max = 0.25 m. Dann wurde gleichzeitig am selben Ort mit dem Laser und einem Echolot die Pegellinie der auf dem rotierenden Teller befestigten Welle aufgenommen. Durch Erhöhen der Spannung konnte die Geschwindigkeit des Motors und damit des Tellers erhöht werden. Die Resultate ausgewählter Versuche sind in Abbildung 9-4 dargestellt.

144 142 Daniel Weber (WSL, 2004) Geschwindigkeit: 0.75 m/s [cm] [s] Geschwindigkeit: 1.87 m/s [cm] [s] Geschwindigkeit: 3.05 m/s [cm] [s] Geschwindigkeit: 4.10 m/s [cm] [s] Laser Echo1 Laser Echo1 Laser Echo1 Laser Echo1 Abbildung 9-4: Pegellinien der Drehtellerversuche bei verschiedenen Wellengeschwindigkeiten. Es ist deutlich zu sehen, dass bei kleiner Geschwindigkeit die Werte für h max bei beiden Geräten gleich sind, dass aber die erfassten Geometrien schon deutliche Unterschiede aufweisen. Das Echolot überschätzt dabei die Länge der Welle mit Maximalhöhe. Dieser Effekt kann aber nur teilweise durch die langsame Geschwindigkeit und den Durchmesser der Schallkeule erklärt

145 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 143 werden. Gerade bei der ersten Welle in Abbildung 9-4 oben beträgt die zeitliche Verzögerung zwischen der Erfassung der Nullhöhe durch den Laser und jener durch das Echolot ca s. Das entspricht rund fünf Messzyklen. Offenbar kann das Echolot eine solch abrupte Höhenveränderung nicht erfassen und muss sich erst wieder einpegeln. Mit zunehmender Geschwindigkeit variiert die Maximalhöhe gemäss Echolotmessung immer mehr, währen der Messlaser konstant den richtigen Wert angibt. Auch hier sind Unterschiede bezüglich der Wellengeometrie sichtbar, allerdings sind sie nicht mehr so markant. Die gute Übereinstimmung der beiden Messverfahren im langsam ansteigenden Ast der Welle zeigt, dass das Echolot langsame Veränderungen mit zufriedenstellender Genauigkeit auch bei erhöhten Geschwindigkeiten erfassen kann. Kurzfristige extreme Schwankungen hingegen stellen für dieses Messprinzip ein Problem dar. Aus den während einer Minute aufgezeichneten Werten wurden dann alle Messungen der Maximalhöhen des Lasers mit den korrespondierenden Werten des Echolotes verglichen und ein mittlerer Fehler bestimmt (Abbildung 9-5). Die Abhängigkeit des mittleren Messfehlers von der Geschwindigkeit kann am besten mit einer exponentiellen Gleichung dargestellt werden. Erreicht ein Murenschub Geschwindigkeiten von mehr als 4 m/s, dann wird die Maximalabflusstiefe von den Echoloten im Mittel um mehr als 10 % unterschätzt. Streng genommen gilt das nur für diese idealisierte Welle. Eine natürliche Murgangmischung zeigt eine sehr unruhige Oberfläche, speziell bei hohem Wassergehalt. Konzentriertere Mischungen hingegen fliessen breiartig ab und weisen eine homogene Oberfläche auf. 14% relativer Fehler 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0% y = x R 2 = Geschwindigkeit [m/s] Abbildung 9-5: Relativer mittlerer Fehler der Echolotmessung in Abhängigkeit der Wellengeschwindigkeit. Die Gleichung beschreibt die Regressionskurve. Vergleichsmessungen von Reinwasserpulsen im dreidimensionalen Gerinne lassen denn auch keine eindeutigen Angaben bezüglich der Vergleichbarkeit dieser beiden Messsysteme zu. So gibt bei diesen schnell abfliessenden, vollturbulenten Abflüssen das Echolot nicht durchwegs kleinere maximale Abflusstiefen an, sondern die Werte sind teilweise höher. Als mutmassliche Erklärung kann die Oberflächenstruktur der Welle angesehen werden. Das Echolot erfasst die Reflexion des ausgestrahlten Schallpulses, der sich kegelförmig ausdehnt. Bestimmend ist also der nächstgelegene Punkt innerhalb der Schnittfläche des Kegels. Demgegenüber misst der Laser die Distanz zu genau einem Punkt. Gerade im Fall von Reinwasserpulsen kann aber auch nur ein Wassertropfen unter dem Messgerät vorbeifliegen, womit die Maximalabflusstiefe überschätzt wird.

146 144 Daniel Weber (WSL, 2004) Schliesslich stellt sich noch die Frage nach dem Null-Niveau. Die Abflusshöhe 0.0 cm bezeichnet die Lage der erodierbaren Sohle vor dem Durchgang des Modellmurgangs (vgl. Abbildung 9-3). Infolge Erosion kann die Lage im Anschluss tiefer liegen und damit auch die Grösse h max grösser sein. Die Ganglinien zeigen aber für alle Versuche, dass die Murgänge jeweils eine sehr steil ansteigende Front aufweisen. Die Maximalabflusstiefe liegt also im vordersten Bereich der Murgangwelle und folglich kann die Sohle noch nicht allzu sehr abgetieft worden sein. Die Lage der Bachsohle vor dem Versuch als Null-Niveau zu verwenden ist demnach sinnvoll und eine zusätzliche (spekulative) Korrektur nicht nötig Die Wellenbreite bei Maximalabfluss Die Wellenbreite bei Maximalabfluss wird aus den Videoaufzeichnungen ermittelt. Zum Zeitpunkt des (wahrscheinlichen) Maximalpegels wird anhand des Standbildes die Breite der Welle gemessen. Zur Umrechnung wird die bekannte Gesamtbreite des Kanals an derselben Stelle benutzt. Der mit diesem Verfahren entstehende Fehler wird durch die ungenaue Erfassung des Zeitpunktes der maximalen Wellenhöhe verursacht. Die Veränderung der Wellenbreite innerhalb eines Zeitintervalls von 0.1 s im interessierenden Bereich ist nicht sehr ausgeprägt und damit hält sich auch der entstehende Fehler in Grenzen. Die Wellenbreiten wurden nur bei den 3-dimensionalen Versuchen erfasst, um den hydraulischen Radius berechnen zu können. Im 2-dimensionalen Fall entsprach die Breite der Kanalbreite von 0.3 m Der hydraulische Radius Der hydraulische Radius R entspricht der benetzten Fläche A geteilt durch den benetzten Umfang P (beispielsweise Dracos, 1990). Zur Bestimmung des hydraulischen Radius bei Maximaldurchfluss stehen in diesem Fall die genaue Querschnittsgeometrie des Gerinnes, die gemessene Maximalabflusstiefe und die zugehörige Wellenbreite zur Verfügung. Die benetzte Fläche ist nach unten durch das Gerinne ganz klar abgegrenzt, während sie nach oben nur an einem Punkt durch eine Messung bestimmt wird. Aus den Videoaufzeichnungen sind die linke und rechte Berandung bekannt. Die unbekannte Oberflächenstruktur wird als Ellipse angenähert. Da die Welle nicht in allen Fällen genau in der Mitte des Gerinnes floss, wurden die beiden Achsenabschnitte a und b für beide Seiten separat ermittelt und in die Ellipsengleichung eingesetzt. In Abbildung 9-6 ist dieses Vorgehen für den Fall a 1 a 2 und b 1 = b 2 graphisch dargestellt. Dieses Prozedere wurde natürlich nur im Falle eines 3-dimensionalen Gerinnequerschnitts angewendet. Bei den 2-dimensionalen Versuchen war die Breite b konstant gleich 0.3 m. Obwohl auch bei diesen Abflüssen die Oberfläche unruhig war, war eine Näherung durch eine horizontale Linie auf der Höhe h max sinnvoller.

147 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 145 a 1 b 1 b 2 a 2 h max Abbildung 9-6: Annäherung der unruhigen Wellenoberfläche durch eine Ellipsenform zur Bestimmung der Querschnittsfläche der Murgangwelle bei Maximalabfluss Korrektur der Wandreibung Um den Einfluss der Wandreibung und den damit verbundenen Energieverlust zu kompensieren, wurden die Maximalabflusstiefen aller Versuche im 2-dimensionalen Kanal korrigiert. Dabei wurde das von Einstein (1934) vorgeschlagenen Prozedere angewendet, welches auch von Smart und Jäggi (1983) und Rickenmann (1990) benutzt wurde. Der Abflussquerschnitt wird in drei Teile unterteilt, wovon einer auf die Sohle und die anderen auf die Wände links bzw. rechts wirken. Unter der Annahme, dass in allen drei Teilflächen die gleiche mittlere Abflussgeschwindigkeit V herrscht kann aus der Beziehung nach Strickler (Gl. (2-16)) der hydraulische Radius R W einer gegen die Wand wirkenden Teilfläche bestimmt werden zu R W 3 2 V = ( 9-7) 1 2 k W ( sin ) θ k W gibt darin die Rauhigkeit nach Strickler der Wand an. Die totale Abflussquerschnittsfläche ist durch folgende Beziehung gegeben: ( h B) 2( R H) hb = ( 9-8) R + W Darin bezeichnet h die gemessenen Abflusstiefe und h R die um den Einfluss der Wandreibung korrigierte abflusstiefe. B entspricht der Breite des Versuchskanals. Aus der Kombination von ( 9-7) und ( 9-8) folgt für h R schliesslich h R 3 2 V H h k ( sin ) = ( 9-9) B W θ Sowohl Rickenmann (1990) als auch Smart und Jäggi (1983) verwendeten für ihre aus Glas bestehende Seitenberandungen der Laborrinnen einen Wert k W = 110 m 1/3 /s. Im vorliegenden

148 146 Daniel Weber (WSL, 2004) Fall besteht der Rechteckkanal aus PE, das ebenfalls eine sehr glatte Oberfläche aufweist aber weicher ist als Glas. Es wurde deshalb bei der Berechnung ein Wert k W = 100 m 1/3 /s eingesetzt (vgl. Dracos, 1990) Die Druckmessungen Bei den 2- und 3-dimensionalen Vesuchsserien mit dem Material 2 wurde auf der Kanalsohle jeweils an den Pegelmessstellen der Porenwasserdruck gemessen. Da der schmale Versuchskanal in den Breiten hineingestellt wurde, war es technisch nicht möglich, die Messdosen ausserhalb zu plazieren. Statt dessen wurden sie direkt auf die Sohle montiert. Die zugehörigen Kabel wurden der festen Sohle entlang ans obere Ende hinaufgeführt und von da zum Messdatenerfassungssystem. Auf diese Weise wurde die Struktur des Bodens unmittelbar über der Sohle beeinflusst und dem Wasser präferenzielle Fliesswege vorgegeben. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass durch die feste, undurchlässige Sohle des Kanals die Fliessrichtung des Wassers in der untersten Schicht des erodierbaren Materials ohnehin bestimmt ist. Beim breiten Kanal wurden die Messdosen ausserhalb montiert. Die Kanalsohle wurde an den Messstellen durchbohrt und mit einer Schlauchtülle versehen. Mit einem Stück Schlauch wurde die Verbindung zur Messdose hergestellt. Zusätzlich wurde jeweils ein Steigrohr in das Messsystem integriert. Damit konnte der Wasserstand in der Bachsohle jederzeit von aussen beurteilt werden. Trotz unterschiedlicher Montageart ergaben sich in beiden Fällen ähnliche Probleme. Nach dem Einbau eines frischen Bachbettes verliefen die erfassten Druckverläufe qualitativ ähnlich zu den gemessenen Pegeln. Bei weiteren Versuchen mit gleichem Bett wurden die Signale aber immer kleiner, bis schliesslich kein Druck mehr gemessen werden konnte. Nachdem das Bachbett nicht mehr brauchbar war, bestätigte sich beim Ausbau des restlichen Materials die Vermutung, dass die Messzellen durch im Bodenkörper verschwemmte Feinstpartikel beschlagen wurden und so der Kontakt zum Porenwasser unterbrochen wurde. Auch der Einsatz von Filtern (Sinterplatten), wie sie am IGT, Institut für Geotechnik der ETH Zürich, verwendet werden, führte zu keiner Verbesserung. Aus der Diskussion mit den Experten des IGT ergab sich, dass Porenwasserdruckmessungen in einem heterogenen Boden aus Lockergestein mit breiter Korngrössenverteilung und entsprechend vorhandenen Makroporen fast unmöglich sind. Aus dem gleichen Grund führt bei ungesättigten Verhältnissen auch der Einsatz von Tensiometern nicht zwingend zu brauchbaren Resultaten, weil sich zwischen der Tensiometerkerze und dem Boden keine ausreichende Kontaktfläche ausbilden kann. Die breite Korngrössenverteilung und die damit zusammenhängende Heterogenität des Bodens beeinflussten auf diese Weise die einzelnen Messzellen zeitlich zum Teil völlig unterschiedlich. Deshalb wurde auf eine Fehlerbetrachtung gänzlich verzichtet und die wenigen brauchbaren Messergebnisse qualitativ und, wenn möglich, auch quantitativ ausgewertet Schlussfolgerungen bezüglich der Güte der Messungen Aus den oben aufgeführten Überlegungen lassen sich folgende Schlüsse bezüglich der Genauigkeit der erfassten Parameter ziehen: Sämtliche Parameter die durch Massebestimmungen ermittelt werden, können sehr präzis bestimmt werden. Insbesondere gilt das bei Verwendung der Konfektions-

149 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 147 waage. Aber auch die Verwägung der totalen Depositionsmasse unterhalb des Messkanals ist genügend genau. Unsicherheiten ergeben sich dort aus der Bewässerung des Bachbettes. Während dem Niedergang des Murgangs fliesst auch Wasser aus der Bewässerung in den Auffangbehälter. Da der effektive Wassergehalt des erodierten Materials nur näherungsweise bekannt ist, kann dieser Einflussfaktor nur abgeschätzt werden. Als genau bestimmbare Parameter gelten also m S, m F, m BS, m BF, w r und indirekt die entsprechenden Volumina und die sich daraus ergebenden Konzentrationen. Die mittlere Geschwindigkeit der Front entlang dem ganzen Messkanal lässt sich aus den Videoanalysen für den ganzen vorliegenden Geschwindigkeitsbereich akkurat ermitteln. Die abschnittsweisen Geschwindigkeiten hingegen können bei hohen Geschwindigkeiten einen Maximalfehler von über 15 % aufweisen. Die aus den Pegellinien ermittelten Frontgeschwindigkeiten sind nur bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit genügend genau. In einigen Fällen übertrifft die mittlere Frontgeschwindigkeiten aber diese Grenze. Dann lässt sich der Maximalfehler und damit auch die Güte der Werte nicht mehr abschätzen. Die entsprechenden Angaben aus der Videoanalyse sind vorzuziehen. Für die ebenfalls aus den Pegellinien ermittelte Geschwindigkeit der Maximalabflusstiefe (Peakgeschwindigkeit) gilt das gleiche wie oben. Allerdings ist hier die Geschwindigkeitslimite, bis zu der sich der Maximalfehler der ermittelten Werte bestimmen lässt, noch tiefer. Die Erfassung der Maximalabflusstiefen ist aufgrund des unstetigen und teilweise sehr turbulenten und schnellfliessenden Abflusses schwierig. Die Messung des Lasers ist zwar hochgenau, doch kann damit die Ganglinie nur an einem Punkt der Wellenoberfläche gemessen werden. Dagegen erfassen die Echolote aufgrund ihres physikalischen Messprinzips den Maximalwert innerhalb eines Bereich, da dort die ausgesandten Schallwellen zuerst reflektiert werden. Da aber Schall viel langsamer als Licht ist, arbeitet auch dieses System viel langsamer als der Laser. Plötzliche Änderungen können mit dem Laser also besser erfasst werden als mit dem Echolot. Aus diesem Grund werden in vielen Auswertungen die mittleren maximalen Abflusstiefen entlang dem ganzen Messkanal verwendet, welche durch den Mittelwert der vier Echolot- und der Lasersmessung gegeben sind. Als Vergleich werden teilweise auch die Lasermesswerte allein verwendet. Die anhand der Videos bestimmten Wellenbreiten bei Maximalabfluss weisen aufgrund der Messmethode einen möglichen Fehler von ein paar Prozenten auf. Die Wellenbreiten dienen vor allem der Ermittlung des hydraulischen Radius. Der Fehler der Wellenbreite kann bezüglich der interessierenden Grösse des hydraulischen Radius vernachlässigt werden (siehe unten). Die Bestimmung des hydraulischen Radius ist insbesondere wegen den fehlenden respektive ungenauen Angaben der Wellenoberfläche mit einem unbekannten Fehler behaftet. Als Näherung wurde die Oberfläche mit einer durch die Höhe des Maximalabflusses gehenden Ellipse beschrieben. Die Messung des Porenwasserdruckes gestaltete sich erwartungsgemäss schwierig. Die Heterogenität des Bodens erlaubte eine Verfrachtung feinster Partikel innerhalb des Gefüges und entlang von Makroporen können sich präferenezielle Fliesswege bilden. Die Druckangaben können nur qualitativ verwertet werden.

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151 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge Messergebnisse 10.1 Die Versuchsbezeichnungen Das System zur Bezeichnung der einzelnen Versuche setzt sich aus verschiedenen Einzelkomponenten zusammen. Ein wesentlicher Unterschied sind die verwendeten Feststoffe, als zweiter wichtiger Punkt folgt dann die Wahl der Gerinneform im Messkanal (2- resp. 3-dimensional). Zusammen ergeben diese beiden Informationen die ersten drei Buchstaben der Versuchsbezeichnung. Das Material 1 aus der Kiesgrube der Firma Toggenburger AG erhält den Buchstaben T, das Material 2 aus dem Schipfenbach den Buchstaben S. Das nachfolgende Kürzel 2D resp. 3D steht dann für die Form des Gerinnes. Die Versuche unterscheiden sich danach bezüglich der Startbedingungen, d. h. bezüglich der Neigung sowie des Wassergehaltes und Volumens der Startmischung. In dieser Reihenfolge schliessen diese Informationen an die oben erwähnten ersten drei Zeichen an, abgetrennt jeweils durch Trennungsstriche. Um zwischen der Neigung und dem Wassergehalt unterscheiden zu können, ist die Neigung in Prozent angegeben, der Wassergehalt als Bruch in Dezimalschreibweise. Am Schluss folgt das Volumen als ganze Zahl, also auf ganze Liter gerundet. Die Bezeichnung T3D-55% bedeutet demnach: T3D-55% T3D 55% dimensionaler Versuch mit Material 1, bei einer Neigung von 55 %, mit einem volumetrischen Wassergehalt von 0.29 und einem Startvolumen von 156 Litern. Einigen Versuche machten eine Ergänzung dieses Systems notwendig. Die ersten vier Versuche der Serie 1 wurden noch mit einem 3-dimensional Bachbett aus einem Material durchgeführt, welches zu Testzwecken in der nächstgelegenen Kiesgrube der Firma Stutz AG beschafft wurde (d max = 20 mm, kantengerundet, erhöhter Feinanteil). Die Bezeichnung lautet hier denn auch T3D/S-..., was soviel bedeutet wie 3-dimensionale Versuche mit Material 1 (Toggenburger) in einem Bachbett aus dem Material der Kiesgrube der Stutz AG. Eine weitere Ausnahme waren jenen Versuche, welche den Messkanal gar nicht durchflossen, sondern bei welchen der ganze Murenschub im Gerinne zur Deposition kam. Die Bezeichnung wird mit einem angehängten D ergänzt, z. B. T3D-25% D. Mit einer Ausnahme betrug das Startvolumen bei allen Versuchen der Serie 1 rund 150 l. Bei allen Wasser-Feststoff-Gemischen wurde ein Teil der festen Phase (Material 1) durch Steine der Fraktion mm ersetzt. In der Regel handelte es sich um 40 kg. Bei flüssigeren Mischungen wurde dieser Anteil reduziert (20 kg bzw. 30 kg). Da sämtlichen Versuchen Steine beigemengt wurde, konnte auf eine spezielle Bezeichnung verzichtet werden. Eine Übersicht über alle Versuche der Serie 1 ist in Tabelle 10-1 zusammengestellt.

152 150 Daniel Weber (WSL, 2004) Tabelle 10-1: Übersicht über die Versuche der Serie 1 (Material 1, 3-dimensionales Gerinne) Serie 1: total 32 Versuche Vers.-Nr. Vers.-Bezeichnung Vers.-Nr. Vers.-Bezeichnung 34 T3D/S-45% T3D-55% T3D/S-45% T3D-55% T3D/S-45% T3D-55% T3D/S-45% T3D-55% T3D-45% T3D-55% T3D-45% T3D-25% T3D-45% T3D-25% T3D-45% T3D-25% T3D-45% T3D-45% T3D-25% T3D-45% T3D-25% D 63 T3D-35% a T3D-25% T3D-35% b T3D-25% a T3D-35% c T3D-25% b T3D-35% T3D-45% c T3D-35% T3D-45% T3D-35% Die Breite des Abflussquerschnittes bei den 2-dimensionalen Versuchen mit Material 2 (Serie 2) war auf 30 cm beschränkt. Aus diesem Grund wurde auf die Zugabe von groben Steinen zur Startmischung verzichtet. Damit die Ergebnisse mit denjenigen aus der Serie 3 (3-dimensionales Gerinne, Material 2) verglichen werden konnten, wurden auch die meisten Versuche der Serie 3 ohne Zugabe von Steinen durchgeführt. Um den Einfluss grober Partikel mindestens qualitativ zu untersuchen, wurden aber auch Experimente mit jeweils einem Anteil von 10 % Steinen der Fraktion mm an der Feststoffmasse gemacht. All diesen Versuchen wird der Bezeichnung jeweils ein C (für cobbles) hinzugefügt (z. B. S3D-40% C). In Tabelle 10-2 findet sich die Zusammenstellung aller Versuche der Serie 2, in Tabelle 10-3 jene der Serie 3. Im Anhang sind die allgemeinen Versuchsbedingungen sowie sämtliche direkten Messwerte und die daraus abgeleiteten Parameter tabellarisch zusammengefasst. In den Tabellen A-1 bis A-3 sind die Anfangsbedingungen der drei Versuchsserien aufgelistet. In den Tabellen A-4 bis A-6 sind die Maximalabflusstiefen jeweils für die fünf Messpositionen angegeben. Die aus den Ganglinien abgeleiteten Frontgeschwindigkeiten sind in den Tabellen A-7bis A-9 und die mittels Videoanalysen ermittelten in den Tabellen A-10 bis A-12 zusammengestellt. Die aus den Ganglinien abgeleiteten Peakgeschwindigkeiten können den Tabellen A-13 bis A-15 entnommen werden. Die Wellenbreiten finden sich in den Tabellen A-16 bis A-18. Tabelle A-19 enthält die hydraulischen Radien zur Serie 1, Tabelle A-21 diejenigen der Serie 3. Die Werte in Tabelle A-20 entsprechen den mittels Formel (9-9) bestimmten korrigierten Maximalabflusstiefen für 2- dimensionale Versuchskanäle. Im nachfolgenden Text werden zur genauen Bezeichnung einzelner Versuche die Kürzel nach Tabelle 10-1, Tabelle 10-2 und Tabelle 10-3 verwendet. Dasselbe gilt für Bezeichnungen in

153 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 151 Tabellen und Graphiken. Die drei verschiedenen Versuchsserien werden entweder wie bisher nummeriert (Serie 1, 2 und 3) oder als T3D, S2D bzw. S3D bezeichnet. Tabelle 10-2: Übersicht über die Versuche der Serie 2 (Material 2, 2-dimensionales Gerinne) Serie 2: total 55 Versuche Vers.-Nr. Vers.-Bezeichnung Vers.-Nr. Vers.-Bezeichnung 80 S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-55% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-40% S2D-25% S2D-55% S2D-25% S2D-55%

154 152 Daniel Weber (WSL, 2004) Tabelle 10-3: Übersicht über die Versuche der Serie 3 (Material 2, 3-dimensionales Gerinne) Serie 3: total 56 Versuche Vers.-Nr. Vers.-Bezeichnung Vers.-Nr. Vers.-Bezeichnung 136 S3D-55% S3D-40% S3D-55% S3D-40% C 138 S3D-55% S3D-40% C 139 S3D-55% S3D-40% S3D-55% S3D-40% S3D-55% S3D-40% C 142 S3D-55% S3D-40% C 143 S3D-55% S3D-40% S3D-55% S3D-40% C 145 S3D-55% S3D-40% C 146 S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-40% S3D-55% S3D-40% S3D-55% S3D-40% S3D-55% S3D-40% S3D-25% S3D-40% S3D-25% S3D-40% S3D-25% S3D-40% D 189 S3D-25% S3D-40% S3D-25% S3D-40% S3D-25% S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% Die Maximalabflusstiefen Die Maximalabflusstiefen der Serie 1 Die gemessenen Abflusstiefen der Serie 1 wurden mit zwei Verfahren korrigiert. Die graphischen Plots der aufgezeichneten Ganglinien zeigten, dass die bereits vor der Messung am Messdatenerfassungscomputer eingestellte Tarierung (Sohle = 0) der Echolote teilweise nicht mehr stimmten. Der Grund dafür liegt in der rauhen und gewölbten Oberfläche der Bachsohle, welche dem Messprinzip der Echolote (Schallwellenreflexion) nicht optimal entsprach. Die

155 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 153 Ganglinien des Lasers mussten nur ganz selten korrigiert werden, und wenn, dann nur um höchstens einen Millimeter (= 1 Einheit). Aus den Graphiken der Ganglinien konnten die Abweichungen der Echolote aber einfach ermittelt und die Messwerte korrigiert werden. Die zweite Korrektur berücksichtigt ebenfalls eine Unsicherheit, die sich aus dem Messprinzip der Echolote ergibt. Die Öffnung der Schallkeule führt dazu, dass der Messbereich auf der Kanaloberfläche einen Durchmesser von rund 7.5 cm hat, was genau 10 Rastereinheiten der Gerinnevermessung entspricht. Es wird nun angenommen, dass der höchstgelegen Punkt innerhalb dieser Fläche entscheidend ist bezüglich der Reflexion der Schallwelle. Die Messhöhe wird aber dem Mittelpunkt zugeordnet, weshalb die Differenz zwischen der Höhenlage des Reflexionspunktes und derjenigen des Mittelpunktes die zweite Korrektur ergibt. In Abbildung 10-1 sind nun für sämtliche Versuche der Serie 1 die Maximalabflusstiefen entlang dem Messkanal (Positionen 1 5, Laser an Position 5) dargestellt. In Abbildung 10-1a sind die Ergebnisse der Mischungen mit dem kleinsten Wassergehalt abgebildet (C W = 0.17). Solche Gemische flossen nur noch bei steilen Neigungen ab. Es fällt auf, dass abgesehen von einem Ausreisser (Position 5 in Versuch T3D-55% ) alle Abflusstiefen Werte zwischen 13 bis 22 cm annehmen und sich eine leichte Zunahme entlang dem Kanal ergibt. Bei der leicht flüssigeren Mischung mit einem Wasseranteil von 0.23 erfolgt zwischen Position 1 und Position 2 eine Abnahme in der Fliesshöhe während im unteren Kanalabschnitt ebenfalls wieder eine leichte Zunahme zu verzeichnen ist (Abbildung 10-1b). Ein ähnliches Bild ergeben auch die Versuche mit einem Wassergehalt von 0.36, obwohl die Zunahme im unteren Teil hier nicht mehr so deutlich ist (Abbildung 10-1d). Dazwischen liegen die Versuche mit C W = 0.29, bei welchen sich die Abnahme zwischen Position 1 und 2 zwar ebenfalls klar erkennen lässt, danach aber kein Trend mehr zu verzeichnen ist (Abbildung 10-1c). Eine plausible Erklärung für dieses Verhalten konnte nicht gefunden werden. Allein die erhöhten Geschwindigkeiten verantwortlich zu machen erscheint kaum sinnvoll, da ja die leicht flüssigeren Versuche wieder ein ähnliches Bild ergeben wie die leicht konzentrierteren. In dieser Versuchsserie wurden nur wenige Versuche mit Wassergehalten über 40 % durchgeführt. Bei C W = 0.42 scheint es eher eine Abnahme der maximalen Fliesstiefe entlang dem ganzen Messkanal zu geben. Hingegen zeigen die Versuche mit C W = 0.5 und die Reinwasserpulse, dass sich bei solch flüssigen Gemischen kein eigentlicher Trend mehr abzeichnet. In diesem Fall vergrössert sich auch die Streuung der einzelnen Messungen deutlich. Angesichts der in Kapitel angestellten Überlegungen erstaunt dies kaum. hmax [cm] a) T3D/S-45% T3D-45% T3D-55% Position Abbildung 10-1: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 1 entlang dem Messkanal bei einem Wassergehalt von a) 0.17, b) 0.23, c) 0.29, d) 0.36, e) 0.42, f) 0.5 und g) 1.00

156 154 Daniel Weber (WSL, 2004) hmax [cm] b) hmax [cm] c) T3D/S-45% T3D-25% D T3D-35% T3D-45% T3D-45% T3D-45% T3D-55% Position T3D/S-45% T3D-25% T3D-35% T3D-35% T3D-35% T3D-45% T3D-55% Position hmax [cm] d) Position T3D-25% T3D-35% T3D-45% T3D-55% hmax [cm] e) Position T3D-25% T3D-45% T3D-55% Abbildung 10-1: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 1 entlang dem Messkanal bei einem Wassergehalt von a) 0.17, b) 0.23, c) 0.29, d) 0.36, e) 0.42, f) 0.5 und g) 1.00 (Fortsetzung)

157 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 155 hmax [cm] f) Position T3D-25% T3D-35% T3D-45% hmax [cm] g) T3D/S-45% T3D-25% T3D-25% T3D-25% T3D-45% Position Abbildung 10-1: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 1 entlang dem Messkanal bei einem Wassergehalt von a) 0.17, b) 0.23, c) 0.29, d) 0.36, e) 0.42, f) 0.5 und g) 1.00 (Fortsetzung) Die Maximalabflusstiefen der Serie 2 Unter Verwendung von Material 2 war dem Materialverbrauch abgesehen vom Zeitaufwand zur Beschaffung und Aufarbeitung keine Grenzen gesetzt, da jederzeit Nachschub aus dem Schipfenbach geholt werden konnte. So konnten systematische Versuchsreihen durchgeführt werden. Neben dem Wassergehalt und der Neigung wurde nun zusätzlich auch das Startvolumen V Start der Murgänge variiert, womit sich die Anzahl Versuche erhöhte. Zur besseren Übersicht wird der Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 2 nicht nur nach dem Wassergehalt sondern auch nach der Neigung unterteilt (Abbildung 10-2 bis Abbildung 10-4). Da in dieser Serie ein flaches Bachbett verwendet wurde, mussten die Messwerte nur bezüglich einer allfälligen Veränderung des Nullpunktes korrigiert werden. Auf die Korrektur 2 gemäss Kapitel , Abschnitt 2 konnte verzichtet werden. Bei einer Neigung von 25% ergibt sich nur gerade für die konzentrierteren Versuche mit C W = 0.33 eine eher konstante Abflusstiefe zwischen 10 und 16 cm (Abbildung 10-2a). Die Versuche mit einem Wassergehalt von 0.5 resp zeigen eine klare Abnahme der Maximalabflusstiefen in der ersten Hälfte des Kanals, während im unteren Teil die Abflusstiefen relativ konstant bleiben (Abbildung 10-2b und c). Im Falle der Reinwasserpulse nehmen sie bis zur Position 4 ab. Im Generellen bestätigt sich die Tatsache, dass mit zunehmendem V Start grössere Abflusstiefen resultieren (Abbildung 10-2d).

158 156 Daniel Weber (WSL, 2004) hmax [cm] a) hmax [cm] b) hmax [cm] c) hmax [cm] d) S2D-25% S2D-25% S2D-25% Position S2D-25% S2D-25% S2D-25% Position S2D-25% S2D-25% S2D-25% Position S2D-25% S2D-25% S2D-25% S2D-25% S2D-25% Position Abbildung 10-2: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 2 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 25 % und einem Wassergehalt von a) 0.33, b) 0.51, c) 0.71 und d) 1.00

159 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 157 hmax [cm] a) hmax [cm] b) hmax [cm] c) hmax [cm] d) S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% Position S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% Position S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% Position S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% S2D-40% Position Abbildung 10-3: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 2 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 40 % und einem Wassergehalt von a) 0.32 bzw. 0.34, b) 0.51, c) 0.71 und d) 1.00

160 158 Daniel Weber (WSL, 2004) hmax [cm] a) hmax [cm] b) hmax [cm] c) hmax [cm] d) S2D-55% S2D-55% S2D-55% Position S2D-55% S2D-55% S2D-55% Position S2D-55% S2D-55% S2D-55% Position S2D-55% S2D-55% S2D-55% Position Abbildung 10-4: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 2 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 55 % und einem Wassergehalt von a) 0.26, b) 0.33 bzw. 0.34, c) 0.53, d) 0.71 und e) 1.00

161 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 159 hmax [cm] e) S2D-55% S2D-55% S2D-55% Position Abbildung 10-4: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 2 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 55 % und einem Wassergehalt von a) 0.26, b) 0.33 bzw. 0.34, c) 0.53, d) 0.71 und e) 1.00 (Fortsetzung) Wird der Kanal steiler gestellt, zeigen die Messresultate generell eine grössere Streuung. In 40% Neigung zeigen die konzentrierten Versuche (C W = 0.32) entgegen jenen bei 25% eine Zunahme zwischen Position 1 und 2 (Abbildung 10-3a). Der Trend zur Abnahme bei den anderen Wassergehalten bleibt (Abbildung 10-3b bis d). Die Korrelation zwischen V Start und h max ist in diesem Fall nicht mehr so ausgeprägt. In der steilsten Neigung von 55% floss als höchstkonzentrierte Mischung eine solche mit C W = 0.26 ab. Auffällig ist in diesem Fall, dass sich für die Startvolumen von 52 l resp. 104 l zwischen Position 1 und 2 eine ausgeprägte Erhöhung in der Abflusstiefe ergab, welche anschliessend konstant blieb um schliesslich an Position 5 (Laser) noch einmal leicht zuzunehmen. Beim grössten V Start von 156 l blieb die Erhöhung aus und die Abflusstiefen sind sogar kleiner als in den beiden anderen Fällen (Abbildung 10-4a). Jedoch ist dann die Geschwindigkeit rund doppelt so gross. Für die anderen Wassergehalte bestätigt sich die bereits vorher gemachte Beobachtung einer Korrelation der Abflusstiefe mit dem Startvolumen. Mit C W = 0.33 bleiben dabei die Maximalabflusstiefen abgesehen von ein paar Ausreissern relativ konstant (Abbildung 10-4b), während sich bei einem Wasser-Feststoffverhältnis von 1:1 eine deutliche Reduzierung zur Position 3 hin ergibt, gefolgt von einer leichten Erhöhung und einer anschliessenden erneuten Verringerung von h maxi (i = 1,..., 5) (Abbildung 10-4e) Die Maximalabflusstiefen der Serie 3 In dieser Serie wurde ein 3-dimensionales Bachbett in den Messkanal eingebaut. Die Versuchsanordnung entspricht mit Ausnahme des Materials im Wesentlichen jener der Serie 1. Deshalb wurden auch hier die beiden in Kapitel beschriebenen Korrekturen auf die Messergebnisse angewendet. In der flachsten Neigung von 25% flossen entgegen dem Rechteckkanal mit den glatten Seitenwänden Gemische mit einem Wassergehalt von 0.33 nicht mehr ab. Die Anzahl Versuche in dieser Neigung reduzierte sich zusätzlich dadurch, dass nur Startvolumen von 50 l und 150 l gefahren wurden. Aus den pro Wassergehalt vorhandenen zwei Versuchen kann kein Trend abgeleitet werden. Generell läst sich sagen, dass gegen die Mitte des Messkanals eine Abnahme zu verzeichnen ist und anschliessend wieder eine teils markante Zunahme (Abbildung 10-5).

162 160 Daniel Weber (WSL, 2004) Bei 40 % geneigtem Gerinne bestätigt sich im grossen und ganzen die Abhängigkeit bezüglich des Startvolumens. Mit C W = bleiben die Abflusstiefen ziemlich konstant, nur die unterste Position 5 zeigt um durchschnittlich 7 cm höhere Werte (Abbildung 10-6a). An dieser Stelle wurde durchwegs mit dem Messlaser gemessen. Mit C W = 0.51 ergab sich gegen Position 4 hin eine Abnahme und an Position 5 die bereits oben festgestellte Zunahme (Abbildung 10-6b). Die Abflusstiefen blieben mit C W = 0.72 dagegen wieder konstant, einzig an Position 5 zeigten sich auch hier, wenn auch nur geringfügig, höhere Werte (Abbildung 10-6c). Im Falle der Reinwasserpulse ergibt sich ein unterschiedliches verhalten bezüglich V Start. Die kleinen Volumen (50 l) nehmen bezüglich h max gegen Position 4 hin deutlich ab und anschliessend wieder nach dem bekannten Muster zu. Bei den grösseren Startvolumen bleiben die Abflusstiefen demgegenüber konstant (Abbildung 10-6d). hmax [cm] a) hmax [cm] b) hmax [cm] c) S3D-25% S3D-25% hmax1 hmax2 hmax3 hmax4 hmax5 Position S3D-25% S3D-25% hmax1 hmax2 hmax3 hmax4 hmax5 Position S3D-25% S3D-25% hmax1 hmax2 hmax3 hmax4 hmax5 Position Abbildung 10-5: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 3 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 25 % und einem Wassergehalt von a) 0.53, b) 0.72 und c) 1.00

163 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 161 hmax [cm] a) hmax [cm] b) hmax [cm] c) hmax [cm] d) S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% C S3D-40% C S3D-40% Position S3D-40% S3D-40% C S3D-40% S3D-40% C S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% Position S3D-40% C S3D-40% S3D-40% C Position S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% Position Abbildung 10-6: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 3 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 40 % und einem Wassergehalt von a) 0.30 bis 0.37, b) 0.50 bis 0.53, c) 0.72 und d) 1.00

164 162 Daniel Weber (WSL, 2004) hmax [cm] a) hmax [cm] b) hmax [cm] c) hmax [cm] d) S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% Position S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% Position S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% Position S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% Position Abbildung 10-7: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 3 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 55 % und einem Wassergehalt von a) 0.23 bzw. 0.27, b) 0.32 bzw. 0.36, c) 0.51 bzw. 0.53, d) 0.71 bzw und e) 1.00

165 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 163 hmax [cm] e) S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% Position Abbildung 10-7: Verlauf der Maximalabflusstiefen der Serie 3 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 55 % und einem Wassergehalt von a) 0.23 bzw. 0.27, b) 0.32 bzw. 0.36, c) 0.51 bzw. 0.53, d) 0.71 bzw und e) 1.00 (Fortsetzung) Bei der steilsten Gerinneneigung konnten analog zum 2-dimensionalen Fall Versuche mit Feststoffkonzentrationen von annähernd 80% durchgeführt werden. Dabei zeigen die Abflusstiefen keinen eindeutigen Trend, im Mittel blieben sie in etwa gleich gross (Abbildung 10-7a). Die leicht flüssigeren Mischungen mit C W = lassen eher wieder eine Abnahme zur Position 4 erkennen mit einem nachfolgenden deutlichen Anstieg (Abbildung 10-7b). Die 1:1 Mischungen zeigen im obersten Abschnitt des Kanals eine konstante Abflusstiefe, von der Mitte an abwärts streuen die Messergebnisse ohne klaren Trend (Abbildung 10-7c). Wie die Versuche im Rechteckkanal (Serie 2) sind auch hier die Werte im Falle von C W = 0.72 an Position 5 (Laser) wieder in fast allen Fällen höher (Abbildung 10-7d). Die Reinwasserpulse halten durchschnittlich die Abflusstiefen, zeigen im Einzelnen aber eine Streuung ohne ersichtlichen Trend (Abbildung 10-7e) Fazit betreffend die lokalen Abflusstiefen Folgendes lässt sich aus den vorangegangenen Kapiteln und den zugehörigen Graphiken bezüglich der Entwicklung der Maximalabflusstiefen entlang dem Messkanal schliessen: Es zeigen sich, abhängig von der Gerinneneigung, dem Startvolumen der Murgangwelle und deren Wassergehalt sowie von Kombinationen dieser Einflussfaktoren, verschiedene Verhaltensmuster für die Entwicklung der Maximalabflusstiefen entlang dem Modellgerinne. Ein genereller Trend für alle Versuche lässt sich nicht feststellen, ein Beleg einerseits für die Variabilität des Prozesses Murgang selbst sowie andererseits auch für die generell grössere Variabilität natürlicher Matrialien mit breiter Korngrössenverteilung. Die Maximalabflusstiefen hochkonzentrierter Gemische bleiben in der Regel entlang der ganzen Fliesstrecke relativ stabil. Mit zunehmender Gerinneneigung vergrössert sich die Streuung der Messwerte. Ausser für sehr hochkonzentrierte Mischungen sind die Maximalabflusstiefen an der Position 1 sehr häufig deutlich höher als den übrigen Messquerschnitten. Dies lässt sich auf die Konstruktion des Versuchsstands zurückführen. Die Verengung der Abflusssektion in der Beschleunigungsstrecke bewirkt einen Rückstau und damit eine Erhöhung der Abflusstiefe. Die erste Messung erfolgt nur ein paar Dezimeter nach dem Übergang in den Mess-

166 164 Daniel Weber (WSL, 2004) kanal. Bei Mischungen mit hohem Feststoffgehalt wird durch die Verengung dagegen vor allem die Geschwindigkeit reduziert. Die positive Korrelation zwischen der maximalen Abflusstiefe und dem Startschubvolumen lässt sich meist erkennen. Bei grösserem V Start sind auch höhere h maxi (i = 1,..., 5) zu verzeichnen. Mit zunehmendem Wassergehalt werden Ausreisser in Messreihen extremer. Die Maximalabflusstiefen an Position 5 (unters Ende des Messkanals) sind oft leicht höher als diejenigen an Position 4. Vor allem für Wassergehalte von rund 70 % und mehr trifft dies zu. Der Grund dürfte vor allem im Messverfahren liegen. So wird an Position 5 fast ausschliesslich der Messlaser eingesetzt, an den übrigen Messpunkten die Echolote. Wie bereits mehrfach dargelegt (Kapitel 8.2 und 9.3.4), kann der Messlaser aufgrund seiner hohen Abtastfrequenz im Gegensatz zu den Echoloten auch sehr schnell bewegte Objekte genau erfassen. Allerdings können damit auch zufällig vorbeifliegende Wasserspritzer registriert werden, welche speziell bei sehr flüssigen Abflüssen infolge der sehr ausgeprägten Turbulenzen gehäuft auftreten. Es empfiehlt sich, in einer weiteren Auswertung vor allem die mittleren Maximalabflusstiefen zu verwenden. Unter Berücksichtigung der generellen Messunsicherheit kann davon ausgegangen werden, dass beim Abfluss von Gemischen mit 50 % und mehr Feststoffanteil mit dem benutzten Versuchsstand entlang dem Messkanal relativ ausgeglichene Bedingungen bezüglich der Abflusstiefen erreicht werden konnten. Für flüssigeren Mischungen kann diese Aussage nicht gemacht werden Die Abflussgeschwindigkeiten Die Abflussgeschwindigkeiten der Serie 1 Die aus den Videoaufzeichnungen ermittelten Frontgeschwindigkeiten Einen generellen Überblick über den Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten v fi in Abhängigkeit des Wassergehaltes C W gibt Tabelle In Abbildung 10-8a bis g sind die Verläufe von v fi für alle Versuche der Serie 1 graphisch dargestellt. Tabelle 10-4: Beschreibung der Entwicklung der Frontgeschwindigkeit entlang dem Messkanal in Abhängigkeit des Wassergehaltes der Startmischung C W Geschwindigkeitsentwicklung 0.17 Abnahme bis Position 4, dann konstant Abnahme in der unteren Kanalhälfte, oben in den meisten Fällen konstant Leichte kontinuierliche Abnahme über den gesamten Kanal. Teilweise kleiner Einbruch bei Position Leichte kontinuierliche Abnahme über den gesamten Kanal, fast konstant Relativ konstant, in steiler Neigung zuerst Beschleunigung, dann Abnahme Leichter Einbruch in Kanalmitte, relativ konstant Kein eindeutiger Trend, abschnittsweise um Teil beträchtliche Unterschiede.

167 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 165 vfi' [m/s] a) T3D/S-45% T3D-45% T3D-55% Position vfi' [m/s] b) T3D/S-45% T3D-25% D T3D-35% T3D-45% T3D-45% T3D-45% T3D-55% Position vfi' [m/s] c) T3D/S-45% T3D-25% T3D-35% T3D-35% T3D-35% T3D-45% T3D-55% Position vfi' [m/s] d) Position T3D-25% T3D-35% T3D-45% T3D-55% Abbildung 10-8: Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten v fi der Serie 1 entlang dem Messkanal bei einem Wassergehalt von a) 0.17, b) 0.23, c) 0.29, d) 0.36, e) 0.42, f) 0.5 und g) 1.00

168 166 Daniel Weber (WSL, 2004) vfi' [m/s] e) Position T3D-25% T3D-45% T3D-55% vfi' [m/s] f) Position T3D-25% T3D-35% T3D-45% vfi' [m/s] g) T3D/S-45% T3D-25% T3D-25% T3D-25% T3D-45% Position Abbildung 10-8: Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten vfi der Serie 1 entlang dem Messkanal bei einem Wassergehalt von a) 0.17, b) 0.23, c) 0.29, d) 0.36, e) 0.42, f) 0.5 und g) 1.00 (Fortsetzung) Die Abhängigkeit der Fliessgeschwindigkeit von der Neigung zeigt sich am deutlichsten im Falle der Reinwasserpulse. Liegt die mittlere Geschwindigkeit bei 45 % Neigung bei ca. 5 m/s, erreicht sie bei 25% Neigung nur noch durchschnittlich 3 m/s. Auch die Gemische belegen mehrheitlich diesen Sachverhalt, obwohl teilweise Abweichungen festgestellt werden müssen. Die aus den LabView -Daten ermittelten Frontgeschwindigkeiten Die Resultate der konzentrierteren Mischungen (C W = ) decken sich mit den aus den Videoaufzeichnungen ermittelten Geschwindigkeiten. Leicht Unterschiede ergeben sich im letzten Abschnitt zwischen Position 4 und 5 bei einem Wassergehalt von Dieser Unterschied verstärkt sich bei C W = 0.36 massiv. Bei einem Wasseranteil von 42 % ist der Trend

169 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 167 zwar gleich ausgeglichen, aber die ermittelten Geschwindigkeiten sind höher als jene aus den Videos. Die 1 1-Mischung und die Reinwasserpulse schliesslich lassen sich kaum mehr mit den Werten für v fi vergleichen. In diesen Fällen ist die Zuverlässigkeit der Resultate wegen der hohen Geschwindigkeiten ohnehin fragwürdig (vgl. Kapitel 9.3.3). Aufgrund der allgemeinen Übereinstimmung der Frontgeschwindigkeitsverläufe wird auf die Darstellung der Entwicklung von v fi verzichtet. Das gilt auch für die Serien 2 und 3. Die aus den LabView -Daten ermittelten Peakgeschwindigkeiten Die Unsicherheiten bezüglich der Peakgeschwindigkeiten sind grösser als jene der Frontgeschwindigkeiten, da in diesem Fall aufgrund der Messungenauigkeit auch Unsicherheiten bezüglich der Maximalabflusstiefen respektive deren genaue zeitliche Lage bestehen. Dieser Umstand bestätigt sich denn auch in den Werten von v pi. Unabhängig vom Wassergehalt gibt es immer wieder Ausreisser in den Daten, die sich nur mit der Ungenauigkeit der gewählten Messgeräte erklären lassen. Zudem beeinflussen Zeitfehler an einer Position unweigerlich die abgeleiteten Werte an der nächstfolgenden Position. Aus diesen Gründen wird für alle Serien auf eine graphische Darstellung der Peakgeschwindigkeitsverläufe verzichtet Die Abflussgeschwindigkeiten der Serie 2 Die aus den Videoaufzeichnungen ermittelten Frontgeschwindigkeiten Im Falle des Rechteckkanals ergeben sich für die drei verschiedenen Neigungen unterschiedliche Bilder für die gewählten Gemischkonzentrationen. Bei der schwächsten Neigung von 25 % bleibt die Frontgeschwindigkeit des 50-Liter-Schubes über den gesamten Messkanal konstant. Bei den grösseren Volumina verschnellert sich die Geschwindigkeit im ersten Abschnitt, bleibt dann über eine kurze Strecke konstant um schliesslich gegen das Ende der Rinne wieder abzunehmen Abbildung 10-9d. Generell kann gesagt werden, dass die Geschwindigkeiten der kleinen Schübe eher ausgeglichen entlang dem Gerinne verlaufen. Bei den grösseren erfolgt im ersten Abschnitt immer eine Geschwindigkeitszunahme. Bei C W = 0.33 beträgt sie nur rund 0.5 m/s (Abbildung 10-9a), bei den grösseren Wassergehalten aber bis 2.0 m/s (Abbildung 10-9b und c). Die Analyse der Videos zeigt, dass sich das Gemisch bei der Verengung der Beschleunigungsstrecke (vgl. Abbildung 8-4) aufstaut, was sich beim Übergang in den Kanal durch die erhöhte Rauhigkeit der Sohle zusätzlich verstärkt. Nach dem Erreichen einer gewissen Wellenhöhe erfolgt eine Art Durchbruch, was zu einer Geschwindigkeitssteigerung führt. Die Abflusstiefe an Position 2 verhält sich denn auch umgekehrt proportional zur Geschwindigkeit (vgl. Abbildung 10-2 ). Bei 40 % Neigung kann die Geschwindigkeitserhöhung im ersten Abschnitt für alle Versuche festgestellt werden (Abbildung 10-10). Je grösser der Wasseranteil wird, desto grösser ist auch die Zunahme. Während mit C W = 0.33 anschliessend entlang der ganzen Fliessstrecke eine Geschwindigkeitsreduktion erfolgt, gibt es bei C W = 0.51 und C W = 0.71 anschliessend eine Reduktion und auf dem letzten Streckenabschnitt wieder eine Zunahme. Bei den Reinwasserabflüssen ergibt sich kein klarer Trend. In der steilsten Neigung fehlen die Daten an Position 1. Die typische Zunahme der Geschwindigkeit auf dem ersten Streckenabschnitt kann deshalb nicht verifiziert werden. Hingegen fällt hier auf, dass die Variation der streckenweisen Geschwindigkeiten kleiner ist als in den anderen Fällen (Abbildung 10-11). Ganz generell verlangsamen sich die Murschübe entlang der Fliessstrecke, am ausgeprägtesten die Reinwasserpulse von 50 l. Bei den höchstkonzentrierten Schüben zeigt sich der deutliche Einfluss von V Start auf die Abflussgeschwindigkeit: mit zunehmender Grösse des Murgangs nimmt auch die Geschwindigkeit zu (Abbildung 10-11a).

170 168 Daniel Weber (WSL, 2004) vfi' [m/s] a) S2D-25% S2D-25% S2D-25% Position vfi' [m/s] b) S2D-25% S2D-25% S2D-25% Position vfi' [m/s] c) S2D-25% S2D-25% S2D-25% Position vfi' [m/s] d) S2D-25% S2D-25% S2D-25% S2D-25% S2D-25% Position Abbildung 10-9: Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten v fi der Serie 2 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 25 % und einem Wassergehalt von a) 0.33, b) 0.51, c) 0.71 und d) 1.00

171 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 169 vfi' [m/s] a) Position S2D-40% vfi' [m/s] b) S2D-40% S2D-40% S2D-40% Position vfi' [m/s] c) S2D-40% S2D-40% S2D-40% Position vfi' [m/s] d) S2D-40% S2D-40% S2D-40% Position Abbildung 10-10: Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten v fi der Serie 2 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 40 % und einem Wassergehalt von a) 0.34, b) 0.51 bzw. 0.53, c) 0.71 und d) 1.00

172 170 Daniel Weber (WSL, 2004) vfi' [m/s] a) S2D-55% S2D-55% S2D-55% Position vfi' [m/s] b) S2D-55% S2D-55% S2D-55% Position vfi' [m/s] c) S2D-55% S2D-55% S2D-55% Position vfi' [m/s] d) S2D-55% S2D-55% S2D-55% Position Abbildung 10-11: Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten v fi der Serie 2 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 55 % und einem Wassergehalt von a) 0.26, b) 0.33 bzw. 0.34, c) 0.53, d) 0.71 und e) 1.00

173 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 171 vfi' [m/s] e) S2D-55% S2D-55% S2D-55% Position Abbildung 10-11: Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten vfi der Serie 2 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 55 % und einem Wassergehalt von a) 0.26, b) 0.33 bzw. 0.34, c) 0.53, d) 0.71 und e) 1.00 (Fortsetzung) Die aus den LabView -Daten ermittelten Frontgeschwindigkeiten Bei der Neigung von 25% und C W = 0.33 decken sich die Ergebnisse mit denjenigen aus der Videoanalyse. Bei C W = 0.51 und C W = 0.71 unterscheiden sich die Geschwindigkeitsentwicklungen aber deutlich. Nach einer Konstanz über die ersten 4 m erfolgt auf dem letzten Abschnitt eine deutliche Beschleunigung. Dieses Muster erklärt sich aus den zwei verwendeten Messsystemen Echolot und Laser. Während mit dem Laser der zeitliche Beginn der Welle präzise festgestellt werden kann, wird durch die trägeren Echolote der Startpunkt der Welle verspätet registriert. Dadurch wird die Durchflusszeit von der einen zur nächsten Position unterund die entsprechende Geschwindigkeit überschätzt. Die bereits anhand der Videoanalysen festgestellten Erhöhungen im ersten Gerinneabschnitt bei 40 % Neigung werden durch die LabView -Geschwindigkeiten bestätigt. Die Resultate weisen im Generellen den gleichen Trend auf, nur dass hier die Zunahme auf dem letzten Abschnitt viel markanter ist, wegen dem bereits oben beschriebenen Effekt. Dieser führt bei einigen Reinwasserpulsen zu einer Verdreifachung der Geschwindigkeit! Die Übereinstimmung der Geschwindigkeitsverläufe bei 55% Neigung beschränkt sich auf die konzentrierteren Mischungen mit C W = 0.26 und C W = Bei den flüssigeren Mischungen können keine Trends mehr festgestellt werden; mit den hohen Geschwindigkeiten wachsen bekanntermassen auch die Ungenauigkeiten der Messungen. Die aus den LabView -Daten ermittelten Peakgeschwindigkeiten Für die Peakgeschwindigkeiten gelten die selben Überlegungen wie für die Serie 1. Einzig die Streuung der Daten ist bei den 2-dimensionalen Versuchen noch grösser. Einerseits wurden hier mehr Versuche mit flüssigeren Mischungen und dadurch höheren Geschwindigkeiten durchgeführt, anderseits dürfte aber auch der oben beschriebene Einstaueffekt das Geschwindigkeitsverhalten beeinflusst haben.

174 172 Daniel Weber (WSL, 2004) Die Abflussgeschwindigkeiten der Serie 3 Die aus den Videoaufzeichnungen ermittelten Frontgeschwindigkeiten Im 3-dimensionalen Gerinne lag die Grenzkonzentration, bei der ein Schub bei 25% Neigung noch abfloss, bei C W = 50 %. Ausser der 50-Liter-Schub der höchstkonzentrierten Mischung weisen alle Versuche eine Geschwindigkeitszunahme über den ersten Abschnitt auf. Anschliessend bleiben die Geschwindigkeiten bei den Schüben von 150 l etwa auf gleichem Niveau, während sie bei den Schüben von 50 l wieder abnehmen (Abbildung 10-12). Hier zeigt sich sehr deutlich die Abhängigkeit der Geschwindigkeit von der Schubgrösse und vom Wassergehalt. vfi' [m/s] a) Position S3D-25% S3D-25% vfi' [m/s] b) Position S3D-25% S3D-25% vfi' [m/s] c) Position S3D-25% S3D-25% Abbildung 10-12: Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten v fi der Serie 3 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 25 % und einem Wassergehalt von a) 0.53, b) 0.72 und c) 1.00

175 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 173 vfi' [m/s] a) vfi' [m/s] b) S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% C S3D-40% C S3D-40% Position S3D-40% S3D-40% C S3D-40% S3D-40% C S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% Position vfi' [m/s] c) S3D-40% S3D-40% C S3D-40% S3D-40% C Position vfi' [m/s] d) Position S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% S3D-40% Abbildung 10-13: Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten v fi der Serie 3 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 40 % und einem Wassergehalt von a) 0.30 bis 0.37, b) 0.50 bis 0.53, c) 0.72 und d) 1.00

176 174 Daniel Weber (WSL, 2004) Ähnlich wie bei den 2-dimensionalen Versuchen weisen die Versuche in 40% Neigung auch bei der natürlichen Gerinneform die typische Zunahme zwischen Position 1 und 2 auf. Mit C W = erfolgt anschliessend eine kontinuierliche Geschwindigkeitsreduktion (Abbildung 10-13a). Mit C W = 0.51 nimmt bei den 150 l Schüben die Geschwindigkeit bis zur Position 3 weiterhin zu und bleibt dann konstant, während sich bei V Start = 50 l eine anschliessende Geschwindigkeitsverminderung einstellt (Abbildung 10-13b). Gleiches gilt für die flüssigsten Mischungen, wenn auch etwas weniger ausgeprägt (Abbildung 10-13c). Bei den Reinwasserpulsen verlaufen die Frontgeschwindigkeiten der 50-Liter-Schübe nach der anfänglichen Zunahme auf konstanten Niveau. Für die 150-Liter-Schübe erfolgt von Position 2 bis 3 eine weitere Geschwindigkeitszunahme und anschliessend wieder eine Reduktion bis zum Ende des Kanals (Abbildung 10-13d). Auch bei der steilsten Neigung weisen alle Versuche ausser die Schübe mit C W = 0.23, bei welchen sich eine generelle Verlangsamung entland des ganzen Kanals ergibt, die bekannte Geschwindigkeitszunahme im ersten Abschnitt auf (Abbildung 10-14a). Allerdings hält die Zunahme ab einem Mischungsverhältnis von 1 1 bereits bis zur Mitte des Messkanals an (Abbildung 10-14c) und im Falle von C W = 0.71 und C W = 1.0 bleiben die Geschwindigkeiten anschliessend auf gleichem Niveau (Abbildung 10-14d und e). Bei den Reinwasserpulsen zeigt sich abgesehen von einem Ausreisser eine deutliche Korrelation zwischen der Abflussgeschwindigkeit und der Schubgrösse. Währen die 50 l Schübe Endgeschwindigkeiten von 5 m/s bis 6 m/s erreichen, weisen die grösseren Murgänge solche von 6.5 m/s bis 7 m/s auf. vfi' [m/s] a) S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% Position vfi' [m/s] b) S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% Position Abbildung 10-14: Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten v fi der Serie 3 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 55 % und einem Wassergehalt von a) 0.23 bzw. 0.27, b) 0.32 bzw. 0.36, c) 0.51 bzw. 0.53, d) 0.71 bzw und e) 1.00

177 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 175 vfi' [m/s] c) S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% Position vfi' [m/s] d) S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% Position vfi' [m/s] e) S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% S3D-55% Position Abbildung 10-14: Verlauf der mittels Videoanalysen ermittelten Frontgeschwindigkeiten vfi der Serie 3 entlang dem Messkanal bei einer Neigung von 55 % und einem Wassergehalt von a) 0.23 bzw. 0.27, b) 0.32 bzw. 0.36, c) 0.51 bzw. 0.53, d) 0.71 bzw und e) 1.00 (Fortsetzung) Die aus den LabView -Daten ermittelten Frontgeschwindigkeiten Bereits in der Neigung von 25% ist die Übereinstimmung der Messergebnisse mit denjenigen aus der Videoanalyse als eher schlecht zu bezeichnen. Generell liegen die Werte höher und die anfängliche Erhöhung ist ausgeprägter. Da in dieser Neigung die höchste Feststoffkonzentration nur 50% betrug, waren die Geschwindigkeiten durchwegs eher schnell und damit die Wahrscheinlichkeit eines grossen Messfehlers entsprechend gross. Das bestätigt auch der teilweise markante Anstieg von v fi auf dem letzten Teil der Messstrecke.

178 176 Daniel Weber (WSL, 2004) Die Ergebnisse der kleinen hochkonzentrierten Schübe decken sich bei 40% Neigung mit den entsprechenden aus der Videoanalyse. Diejenigen mit erhöhtem Volumen ( l) hingegen verzeichnen eine grosse Zunahme auf der ersten strecke. Generell streuen die einzelnen Werte verglichen mit den Werten für v fi. Die weniger konzentrierten Murenschübe streuen allgemein mehr und zeigen die bekannte Geschwindigkeitszunahme auf dem letzten Abschnitt. Diese wird mit zunehmenden Wassergehalt aus den bekanten Gründen grösser. Dieselben Effekte, aber noch etwas ausgeprägter, zeigen sich auch bei 55 % geneigter Rinne. In diesem Fall müssen zusätzlich vermehrt grosse Ausreisser registriert werden. Aufgrund der wiederum gesteigerten Abflussgeschwindigkeiten werden die Messunsicherheiten immer ausgeprägter. Die aus den LabView -Daten ermittelten Peakgeschwindigkeiten Wie in den vorhergehenden Fällen fluktuieren die Werte für v pi beträchtlich. Schon bei 25 % Neigung erhöht sich die Geschwindigkeit der 1 1 Mischung zuerst von 2 m/s auf 8 m/s um dann wieder auf unter 1 m/s zu sinken. Ganz generell ist die Streuung noch etwas ausgeprägter als zuvor. Die Videoaufzeichnungen bestätigen den Verdacht, dass der Übergang von der Beschleunigungsstrecke in den Messkanal suboptimal ist, verändert sich doch der Querschnitt von einem Rechteck zu einer natürlichen Parabelform. Fliesst die Welle nun aus der Beschleunigungsstrecke kann sie sich ausbreiten, womit sich einerseits die Abflusstiefe reduziert und andererseits als Reaktion auf den Aufprall die Mischung zuerst wieder gegen die Mitte des Gerinne hin zurückgeleitet wird. Dadurch wird natürlich das Abflussverhalten und die zugehörige Wellengeometrie beeinflusst Fazit betreffend Abschnittsgeschwindigkeiten Die aus den Videoaufzeichnungen ermittelten Frontgeschwindigkeiten Die Bestimmung der Fontgeschwindigkeit aus der Analyse der Videoaufzeichnungen hat sich grundsätzlich bewährt. Dank S-VHS Technologie mit entsprechender zeitlicher Auflösung konnte eine akzeptable Genauigkeit erreicht werden (Kapitel 9.3.3). Folgende Schlüsse lassen sich aus den gesammelten Resultaten ziehen: Je nach Wassergehalt, Schubvolumen und Neigung verändert sich die Frontgeschwindigkeit der Murgangwelle entlang dem Messkanal unterschiedlich. Die Geschwindigkeit bleibt nicht in allen Fällen konstant. Der Übergang von der Beschleunigungsstrecke in den eigentlichen Messkanal macht sich in den Messergebnissen bemerkbar. Die Verengung beim Einmündungsbereich in das Gerinne ist nicht optimal, infolge der vorherrschenden Platzverhältnisse aber unumgänglich. Hochkonzentrierte Gemische verlangsamen in der Regel ihre Geschwindigkeit entlang dem Kanal. Je flüssiger die Mischungen werden, desto weniger klar ersichtlich sind allgemeine Trends. Ausreisser werden in diesen Fällen häufiger und erhöhen die Streuung der Messwerte. Eine Abweichung an einer Position beeinflusst unweigerlich das Ergebnis an der nächstfolgenden Position. Im 2-dimensionalen Fall sind die Geschwindigkeitsverläufe ausgeglichener. Bei genügen steiler Neigung (> 40 %) sind die (Front-)Fliessgeschwindigkeiten von Gemischen mit 50 % 70 % Feststoffanteil relativ konstant.

179 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 177 Die aus den LabView -Daten ermittelten Frontgeschwindigkeiten Im Grossen und Ganzen bestätigen die Ergebnisse der Analysen der Ganglinien die Resultate der Videoanalysen. Einige Punkte müssen aber speziell erwähnt werden: Die durch die Videoanalysen festgestellten Trends treten hier meist deutlicher auf. Dies trifft insbesondere auf die Zunahme der Frontgeschwindigkeit über den ersten Streckenabschnitt (Position 1 bis 2) zu. Die in fast allen Fällen vorhandene Geschwindigkeitserhöhung über den letzten Gerinneabschnitt (Position 4 bis 5) ist eine Folge der unterschiedlichen Messprinzipe von Echolot und Laser (Kapitel 9.3.3). Mit zunehmendem Wassergehalt der Mischung vergrössert sich auch die Unsicherheit der Messwerte bzw. deren Fehler. Die Frontgeschwindigkeiten aus den Videoanalysen sind den aus den LabView -Daten ermittelten vorzuziehen. Die aus den LabView -Daten ermittelten Peakgeschwindigkeiten Im Unterschied zu den Frontgeschwindigkeiten, bei denen die zeitliche Lage der Front aus den Ganglinien klar identifiziert werden kann, bestehen hier auch Unsicherheiten bezüglich der genauen Lage der maximalen Abflusstiefe. Entsprechend erfolgt eine generelle Erhöhung der Unsicherheit und der Streuung der Resultate. Die Verwendung der Peakgeschwindigkeiten in weiteren Analysen ergibt bestenfalls qualitative Ergebnisse. Grundsätzlich sind die anhand der Videoaufzeichnungen bestimmten Frontgeschwindigkeiten zu verwenden Die Druckmessungen Wie bereits in Kapitel erwähnt, lieferten nur wenige Druckmessungen zufriedenstellende Resultate. Der Feinanteil der verwendeten Materialien bereitete grosse Probleme, indem er durch ins Bachbett infiltrierendes Wasser verlagert wurde und die Druckmessdosen teilweise oder gar vollständig verstopfte. Einigermassen brauchbare Resultate lieferten, wenn überhaupt, jeweils nur die ersten Versuch nach einem neuen Bachbetteinbau. In Abbildung sind die Ergebnisse des Versuchs S2D-40% dargestellt. Bei diesem ersten Versuch der zweiten Serie wurde das für das Bachbett verwendete Material trocken eingebaut. Für alle weiteren neu eingebauten Bachbette kam leicht befeuchtetes Material zum Einsatz. Man kann deutlich erkenn, dass die Korrelation der Abflusstiefenmessung und der entsprechenden Druckmessung je nach Messposition ganz unterschiedlich ist. An der Position 1 ist überhaupt keine Korrelation vorhanden. Es ist einzig eine Veränderung der Druckwerte zeitgleich zum Anstieg der Abflusstiefe zu verzeichnen. Allerdings sinkt der Druck. Besser ist die Übereinstimmung an der Position 2. Hier erfolgt ein synchroner Anstieg beider Parameter. Die Reduktion des Druck erfolgt langsamer als diejenige der Abflusstiefe. Während die Maximalabflusstiefe knapp 15 cm beträgt, wird als Maximaldruck ein Äquivalent von etwa 22 cm Wassersäule gemessen. An der Position 3 ergibt sich ein ähnliches Bild, ausser dass hier ein höherer Wert für die Abflusstiefe als für den Druck gemessen wird. Auffällig ist der Unterschied der beiden Kurven für Position 4. Nach etwa zeitgleichem Anstieg bricht die Druckkurve nochmals ein, bevor sie erneut zunimmt. Der Maximalwert des Drucks wird später erreicht als jener der Abflusstiefe. An der Position 5 schliesslich sinkt der Druck nach einem kleinen positiven Ausschlag deutlich um ca. 6 cm, bevor er gleichzeitig mit der Abflusstiefe steigt. Auch an dieser

180 178 Daniel Weber (WSL, 2004) Stelle ergibt sich ein um rund 5 cm höherer Druckwert verglichen mit h max. die Maximalwerte werden in etwa gleichzeitig erreicht. Wie an den übrigen Positionen erfolgt der Druckabfall langsamer als derjenige der Abflusstiefen. Abflusstiefe [cm] a) Druck [cm] b) Zeit [s] Zeit [s] Echo1 Echo2 Echo3 Echo4 Laser Druck1 Druck2 Druck3 Druck4 Druck5 Abbildung 10-15: Messwerte der a) Abflusstiefen und b) des Drucks an den fünf Positionen entlang dem Messkanal. Ergebnisse von Versuch S2D-40% Bei dem in Abbildung gezeigten Beispiel handelt es sich um eines der besseren. In den meisten Fällen konnten nur ganz leichte Druckausschläge etwa zum Zeitpunkt des Maximalabflusses beobachtet werden. Trotz verschiedensten Versuchen, ein Verstopfen der Druckdosen zu verhindern, konnte keine zufriedenstellende Lösung gefunden werden. Die erfassten Messungen können also nur bei ganz wenigen Experimenten als qualitative Angaben herangezogen werden. Eine systematische Auswertung dieser Messungen ist nicht möglich Die Erosionsleistung der Murgänge Die Erosionsleistung der Murgänge wurde aus der Differenz zweier topographischen Vermessungen des Bachbettes bestimmt. Die eine Vermessung wurde vor dem Versuch durchgeführt, die andere erst nach erfolgtem Abfluss. Die Gerinne wurden jeweils über eine Länge von knapp 4.50 m in einem quadratischen Raster von 7.5 mm Kantenlänge abgetastet. Der Grund dafür, dass an beiden Enden des Messkanals rund 25 cm Gerinne nicht vermessen wurden, lag darin, dass die sich infolge der fixen Kanten ergebenden Randeffekte bezüglich Erosion nicht erfasst werden sollten. Als Resultate lagen schliesslich Matrizen mit lokalen Erosionsvolumen vor,

181 Untersuchungen zum Fliess- und Erosionsverhalten granularer Murgänge 179 welche aus der Höhendifferenz mal der Grundfläche von cm2 (= 0.75 cm 0.75 cm) berechnet wurden, vor. Die Totalerosion ergibt sich dann aus der Summe der aneinandergereihten Quader. Strenggenommen handelt es sich also um eine Näherung. Aufgrund der kleinen Grundfläche, deren Kantenlängen kürzer ist als der mittlere Korndurchmesser dm sind, ist diese jedoch zulässig. Legende Deposition Erosion a) b) c) Abbildung 10-16: Darstellung der lokalen Erosionsvolumen für die Versuche a) T3D-45% , b) S2D-55% und c) S3D-55% (Fliessrichtung von oben nach unten) Die so ermittelten Ergebnisse lassen sich nun auf verschiedenen Arten darstellen. Einerseits wie in Abbildung für drei Beispiele dargestellt als Flächenplots, bei denen die Grösse der lokalen Erosion durch die Farbe bzw. Graustufe definiert wird. Damit lässt sich ein guter Über-

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