Deutscher Industrie- und Handelskammertag
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- Sara Geier
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1 Deutscher Industrie- und Handelskammertag 4 Kurzstellungnahme zum Verordnungsvorschlag zur Einführung einer Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte und entsprechender Verwaltungserleichterungen (COM(2016) 824 final) und zum Richtlinienvorschlag über den rechtlichen und operative Rahmen für die durch diese Verordnung eingeführte Elektronische Europäische Dienstleistungskarte (COM(2016) 823 final) Wer wir sind: Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist die Spitzenorganisation der 79 Industrie- und Handelskammern (IHKs) in Deutschland und vertritt damit 3,6 Mio. Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen. Alle deutschen Unternehmen im Inland ausgenommen Handwerksbetriebe, freie Berufe und landwirtschaftliche Betriebe sind per Gesetz Mitglied einer IHK. Der DIHK koordiniert ferner das Netzwerk der 130 Auslandshandelskammern, Delegationen und Repräsentanzen der deutschen Wirtschaft in 90 Ländern weltweit. Vorbemerkung: Die Idee, administrativen Aufwand und rechtliche Unsicherheiten bei der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen abzubauen, ist richtig und wird von uns im Grundsatz begrüßt. Den Verwaltungsaufwand für Dienstleister, die ihre Aktivitäten auf andere Mitgliedstaaten ausweiten möchten, zu verringern, entspricht einer langjährigen Forderung von DIHK und IHKs. Die Elektronische Europäische Dienstleistungskarte (DL-Karte) kann dazu einen Beitrag leisten, insbesondere wenn das Verfahren tatsächlich vollelektronisch, in allen Sprachen der Mitgliedstaaten und unter Vermeidung von Doppelerfassungen abgewickelt werden kann. Daher sehen wir den Ansatz, durch die Ausstellung einer DL-Karte die Prüfung der Voraussetzungen zur Aufnahme einer grenzüberschreitenden Tätigkeit einmalig für einen Mitgliedstaat und die beantragten Dienstleistungen rechtsverbindlich festzustellen, überwiegend positiv. Der Ansatz ist geeignet, bürokratische Hürden abzubauen und Verfahren zu straffen. Die Möglichkeit, dass neben natürlichen Personen auch Gesellschaften die elektronische Karte beantragen können, ist ebenfalls interessant, wenn auch die Anforderungen die, bei der Gründung von Zweigstellen in anderen Mitgliedstaaten zu erfüllen sind, für Unternehmen in der Regel überschaubar und umsetzbar sind. Allerdings ist es aus unsere Sicht wichtig, dass die beiden Gesetzgebungsentwürfe besser auf die Bedürftnisse der Praxis abgestimmt werden und der bürokratische Aufwand rund um die DL-Karte so gering wie möglich gehalten wird. Betroffen sind hier in erster Linie kleine und mittlere Unter
2 nehmen, die vor zu großem bürokratischen Aufwand zurückschrecken. Der gute Ansatz einer DL- Karte darf also nicht dazu führen, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer auf Grund von zu viel Bürokratie davon abgehalten werden, ihre Dienstleistung im europäischen Ausland anzubieten. Damit wäre im Verhältnis zur aktuellen Situation nichts gewonnen. Zudem sollte sicher gestellt werden, dass es gegenüber ausländischen Unternehmen nicht zu Standortnachteilen kommt. Dies betrifft einmal die Tätigkeit deutscher Unternehmen in anderen EU- Mitgliedstaaten aber auch die der europäischen Unternehmen in Deutschland. Grundsätzlich sehen wir auch das IMI sowie eine mit dem IMI verknüpfte elektronische Plattform als geeignete Systeme für die Administration der DL-Karte an. Allerdings sollte die Initiative unbedingt dazu genutzt werden, das IMI-System selbst zu verbessern, d. h. die technischen Voraussetzungen zu professionalisieren, die Nutzer besser zu schulen und Möglichkeiten für einen persönlichen Austausch der Nutzer zu bieten. Darüber hinaus ist die Intention, dem Dienstleistungserbringer einen Ansprechpartner im eigenen Land und damit in der eigenen Sprache anzubieten, begrüßenswert. Jedoch muss das Verhältnis zum Einheitlichen Ansprechpartner (EA) frühzeitig geklärt werden bzw. die DL-Karte genutzt werden, um den EA weiter zu entwickeln. Die beabsichtigte Verfahrensvereinfachung sollte nicht durch Schaffung von Doppelstrukturen von vornherein konterkariert werden. Zu einzelnen Vorschriften der Richtlinie: Art. 4, 14 RL-E: Verfahrensvereinfachungen Die Regelungen, die darauf abzielen, Dienstleistungserbringern die Beantragung und Verfahrensabwicklung zu erleichtern, werden ausdrücklich begrüßt. Dazu zählt u. a. Art. 4, wonach eine gültige DL-Karte in allen Mitgliedstaaten als Nachweis der Niederlassung im Herkunftsmitgliedstaat und der Berechtigung zur Ausübung der beantragten Dienstleistungen akzeptiert wird. Auch Art. 14, der den Grundsatz der einmaligen Erfassung beinhaltet, ist positiv zu bewerten. Einmal eingereichte Unterlagen dürfen für den gleichen Sachverhalt von einer anderen Behörde nicht erneut angefordert werden. Die Richtlinie setzt hier auf den Austausch der zuständigen Behörden untereinander. Dies ist der richtige Ansatz. Auch der Verweis auf öffentlich zugängliche Register, die vorranging in Anspruch zu nehmen sind, stellt für die Antragsteller eine Erleichterung dar (vgl. Art. 14 Nr. 2 VO)
3 Art. 7 Abs. 1 UA 3 RL-E: Gültigkeit einer DL-Karte In Unterabsatz 3 sollte klar gestellt werden, dass neben den mitgliedstaatlichen Regelungen zum Gesellschaftsrecht auch die gesetzliche Mitgliedschaft in Kammerorganisationen von der RL unberührt bleibt. Artikel 12 Abs. 1 UA 3 RL-E: Bewertung des Antrags Der EU-Kommission wird eingeräumt, Zugang zu der Entscheidung der Koordinierungsbehörde des Aufnahmemitgliedstaates zu erhalten, wenn diese Einwände gegen die Ausstellung der DL-Karte erhebt. Unklar ist, welchen Nutzen dieser Zugang haben soll. Art. 13 Abs. 1 UA 1 Satz 3 RL-E: Niederlassung Der Aufnahmemitgliedstaat muss angeben, warum die Anwendung einer solchen Regelung der vorherigen Genehmigung oder der vorherigen Anmeldung in Bezug auf die zwingenden Gründe des Allgemeininteresses erforderlich und verhältnismäßig ist. Damit besteht eine grundsätzliche Begründungs- bzw. Rechtfertigungspflicht des Niederlassungsmitgliedstaats für Regelungen der vorherigen Genehmigung oder Anmeldung, wobei unklar bleibt, in welchem Umfang das geschehen muss und welche Auswirkungen dieses Prozedere haben wird. Eine schlichte Information über die zwingenden Gründe des Allgemeininteresses im Rahmen der Information nach UA 2 würde den Ablauf vereinfachen. Art. 13 Abs. 9 RL-E: Niederlassung Unklar ist, warum in Art. 13 Abs. 9 zwar die Voraussetzungen der Gründung einer selbständigen Zweigniederlassung von Kapitalgesellschaften und Kap.Co-Gesellschaften vom Prüfungsbereich bzw. Anwendungsbereich der DL-Karte ausgeschlossen werden, nicht aber die Begründung von sonstigen Zweigniederlassungen von Personengesellschaften, Kaufleuten etc. Art. 16 und 17 RL-E: Aussetzung und Entzug Gemäß Art. 16 Abs. 3 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass in den aufgezählten Fällen die DL- Karte entzogen wird. Aus Art. 17 Nr. 4 ergibt sich, dass die Kenntnis der Umstände, die zum Entzug oder zum Aussetzen der Dienstleistungskarte führen, auf Informationen durch den Inhaber der Karte beruht. Es erscheint fraglich, dass dies in der Praxis tatsächlich funktioniert. Auch der Weg über den Informationsaustausch zwischen den Koordinierungsbehörden (Art. 17 Abs. 5) setzt voraus, dass die Koordinierungsbehörden von den jeweils zuständigen Behörden die relevanten Informationen erhalten. Ein Informationsaustausch mit anderen Koordinierungsbehörden würde voraussetzen, dass bekannt ist, dass für die betreffende Person eine DL-Karte ausgestellt ist. Wie diese Information jeweils aktuell bereitgehalten werden soll, erschließt sich derzeit nicht
4 Zu einzelnen Vorschriften der Verordnung: Art. 4 Abs. 1 lit. f VO-E: Antrag Das Standardantragsformular soll u. a Informationen über die Zuverlässigkeit des Dienstleistungserbringers enthalten. Unklar ist bislang, welche Art Informationen gemeint sind, ob es sich um die persönliche, steuerliche oder eine sonstige Zuverlässigkeit handelt. Art. 5 Abs. 2 VO-E: Versicherungsbescheinigung Versicherungsunternehmen werden verpflichtet, Antragstellern von Dienstleistungskarten auf Anfrage eine Bescheinigung über Art und Umfang des Versicherungsschutzes auszustellen. Es ist vorgesehen, ein EU-weit einheitliches Formular zu entwickeln (vgl. Erwägungsgrund 18). Dies erscheint uns nicht notwendig. Aufgrund der Vielzahl der möglichen Varianten bei Versicherungspolicen wird ein solches Standardformular eher unübersichtlich sein. Eine besondere Form für die Bescheinigung sollte nicht vorgeschrieben werden. Art. 6 VO-E: Formalitäten für entsandtes Personal Sinnvoll ist, dass die Erklärungen zur Arbeitnehmerentsendung ebenfalls elektronisch über die IMI- Plattform erfolgen können. Es stellt sich jedoch die Frage, warum dieses Instrument ausschließlich den Inhabern der DL-Karte zur Verfügung stehen soll. Die DL-Karte ist ein freiwilliges Instrument. Auch bei grenzüberschreitender Dienstleistungserbringung auf dem klassischen Weg kann die Abwicklung der Formalitäten für entsandtes Personal über die IMI-Plattform eine Erleichterung darstellen. Hier ist zu prüfen, ob dieses Instrument entsprechend ausgeweitet werden kann. Art. 9 VO-E: Form der Dokumente und Übersetzung Eine Verfahrenserleichterung findet sich in Ziff. 3, wonach Übersetzungen von Dokumenten, die im Zusammenhang mit dem Verfahren der Dienstleistungskarte einzureichen sind, nicht beglaubigt zu sein brauchen. Fazit: Der DIHK sieht bei der DL-Karte zwar sowohl in der Richtlinie als auch Verordnung gute Ansätze zur Verfahrenserleichterung, in den Details aber noch sehr viel Nachbesserungsbedarf. Wichtig ist, dass der Aufnahmemitgliedstaat auch künftig gerechtfertigte Anforderungen an Dienstleister aus anderen Mitgliedstaaten stellen kann. Abgelehnt wird insofern die Einführung des Herkunftslandprinzips. Aktuell bleiben viele Fragen offen, so z. B. die nach der Abgrenzung der DL-Karte zur Tätigkeit der EA, den Inhalten des Europäischen Berufsausweises und den Meldepflichten im Zusammenhang - 4 -
5 mit der Entsendung. Schnittmengen und Zuständigkeiten müssen geprüft und hinterfragt werden. Es besteht außerdem die Gefahr, dass die komplexe Konstruktion des Instruments zu mehr Unübersichtlichkeit und gerade nicht zur Verfahrensvereinfachung führt. Es sollten auch keine zusätzlichen, parallelen Behördenstrukturen geschaffen werden, die den bürokratischen Aufwand erhöhen. Ansprechpartner beim DIHK: Dr. Bettina Wurster, LL.M. (KU Leuven) Leiterin des Referats Europäisches Wirtschaftsrecht, Deutsches und Internationales Handelsrecht Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Vertretung bei der Europäischen Union 19 A-D, Avenue des Arts, B Brüssel Tel.: wurster.bettina@dihk.de Dr. Sven Hallscheidt Leiter des Referats Grundsatzfragen der Dienstleistungswirtschaft DIHK Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Breite Straße Berlin Telefon: hallscheidt.sven@dihk.de - 5 -
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