ISTANBUL April 2012 Östlichste Stadt Europas und westlichste Metropole Asiens.

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1 ISTANBUL April 2012 Östlichste Stadt Europas und westlichste Metropole Asiens. Reisende: Unsere Freunde aus Wien Familie K.-P. mit C. (Reiseleiter), M. und der 3-jährigen Tochter Judith mit ihrem Teddybär Heinfrich (so heißt er wirklich) und wir zwei. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie es möglich ist, dass 13 Millionen Menschen in EINER Stadt leben. Istanbul, - so weit das Auge reicht! Istanbul in allen Facetten: alt und modern, traditionell und hip, gläubig und geschäftig Istanbul hat auch für Fremde Platz, in jedem Augenblick fühlten wir uns willkommen. Überraschend freundlich und hilfsbereit sind die Menschen und im Laufe dieser Woche erlebten wir nicht eine einzige Situation, die einem leicht sonst im anonymen Großstadttreiben passieren kann und vor der man in jedem Städtereiseführer gewarnt wird. Es gibt kaum Bettler, die wirklich Armen versuchen sich durchzuschlagen in welcher Nische auch immer, redliche Arbeit dürfte von großem Wert sein. Die Stadt wirkt sauber: Müll wird gesammelt, auf den Straßen von Müllund Sperrmüllsammlern, im Wasser von Müllschiffchen. Die vielen Katzen sind wohlgenährt mit glänzendem Fell, sie werden versorgt, möglicherweise schützen sie vor Mäusen und Ratten. Hunde sieht man kaum. 1

2 Die Kinder gehen ab. Der Altersdurchschnitt der Stadt beläuft sich zwar auf unter 30, also müssen die vielen Kinder, die diesen Schnitt bewirken, wohl in den Ballungsräumen außerhalb der Altstadt und des Stadtkerns leben. Andererseits sind die Einwohner (überraschend auch und vor allem die Männer) absolut gerührt beim Anblick der 3jährigen Judith, und kaum einer kann es sich verkneifen, sie zart zu streicheln. An jeder Ecke gibt es einen Greißler, man bekommt beinahe zu jeder Tages- und Nachtzeit das Nötigste für das tägliche Leben. Wir haben uns mit dem Frühstück und teilweise auch abends selbst versorgt, es war absolut kein Problem, gibt es doch alle paar Häuser einen kleinen Nahversorger mit frischer Ware und köstlichem Weißbrot. In der Stadt bewegt man sich zu Fuß, per Taxi (sehr viele knallgelbe Taxis) oder öffentlich. Überraschend ist, dass fast alle Öffis, egal wie weit man fährt, mit einem 2 TL-Ticket genützt werden können: Straßenbahn, Bus, Metro, Fährschiff TL = türkische Lira, 2 türkische Lira sind nicht ganz ein Euro. TL wird von unserem Reiseleiter immer mit der Umschreibung Teelöffel bezeichnet. So fahren wir also um 2 Teelöffel von Europa (Eminönü) nach Asien (Üsküdar), unvorstellbar! Apropos Teelöffel: Jederzeit und eigentlich überall bekommt man den wirklich hervorragenden Cay, - vielleicht liegt es auch daran, dass die Stadt nicht stressig wirkt, heißt es doch: Abwarten und Tee trinken 2

3 Ankunft: Wir reisen per Zug nach München, fliegen mit Ziel Sabiha Gökçen Havalimani (Flughafen auf asiatischer Seite), ein überschaubarer Airport, - als Österreicher sind 15.- Visumgebühr zu entrichten, dann folgt die Passkontrolle und direkt vor dem Ausgang warten sämtliche Shuttlebusse. Vorn in der Windschutzscheibe steht das Ziel, für uns TAKSIM, bezahlt wird bei einem Schaffner, dann geht die Fahrt durch endlose Vororte mit Industrie und Wohnsilos in 1 ½ Stunden bis zum Taksim- Platz. Es regnet in Strömen, es schüttet! Ein Taxifahrer zeigt uns hilfsbereit, in welche der vielen Straßen wir einbiegen müssen, um unsere Unterkunft zu finden. Er erklärt uns, die Fahrt rentiere sich nicht, der Fußweg von 500 Metern stehe einer vielfach längeren Fahrt gegenüber. Das verstehen wir, sobald wir in die Straße einbiegen: Die Istiklal Caddesi ist eine breite Fußgängerzone, unsere Unterkunft liegt in einer Seitengasse, und wir finden die Taksim Pera Suite in der Nur-i Ziya Sodak 31. Gleich darauf trudeln unsere Freunde aus Wien über den Flughafen Atatürk ein. Inzwischen ist es dunkel, spät abends, wir haben Hunger und Judith braucht ein Bett (ist ja erst 3 Jahre alt). Die erste Überraschung: Es ist absolut kein Problem an einem Sonntagabend ein offenes Geschäft grad um die Ecke zu finden 3

4 Montag, 2.April: Unser erster Ausflug in die, - bzw. in der Stadt führt uns zu Fuß zum Galater - Turm. Eine gute Entscheidung! Erstens stehen am frühen Vormittag noch keine Leute an, zweitens erhalten wir einen ersten wunderbaren Überblick über die Größe der Stadt, die umwerfende Lage am Bosporus und die besonderen Highlights, die sich als Silhouette abzeichnen. Mit der Straßenbahn fahren wir über die Galata Köprüsü (Brücke) und steigen nahe der Sultan Ahmet Camii (Blaue Moschee) aus. Die einzige Moschee mit 6 Minaretten Hier gilt es den Besuchereingang zu benützen, in den Arkaden ziehen wir die Schuhe aus, - das werden wir noch oft tun und ich stelle fest, dass es mir gar nicht unsympathisch ist und betreten die erste Moschee. Der Eindruck ist wirklich grandios. Wir schauen und schauen Diese farbigen Fliesen, die Bögen, die vielen Kuppeln, das einfallende Licht, der rote Teppich, der weit ausladende, tief hängende Lichterkranz, - so viele neue Eindrücke! Da die Besucher sich wie Museumsbesucher verhalten, fehlt es an Ruhe. Leider, das beeinträchtigt die besondere Stimmung. In einer Seitengasse genießen wir typische Kost (brodelnden Lammeintopf im Tongefäß, Fisch, Gemüse ) und Judith läuft die Gasse auf und ab, ist fasziniert vom im Pflaster eingegossenen blauen Glasauge (Symbol, das mir schon in Griechenland überall begegnet ist) und genießt wie wir die Sonne und die Wärme. Am Nachmittag tauchen wir nahe der Moschee ein in die geheimnisvolle Welt des Versunkenen Schlosses, die Yerebatan-Zisterne. Sie ist eine von vielen Zisternen, da auf der Halbinsel zur Zeit Byzants und Konstantinopels kein Trinkwasser vorhanden war. Man steigt über eine Treppe in die Tiefe und dann öffnet sich ein unüberblickbarer Raum gestützt von 336 Säulen (2 davon stehen auf dem Haupt der Medusa, ursprünglich natürlich unter Wasser; eine Besonderheit ist auch die Tränende Säule nassglänzend und grün mit Algen überzogen). Die 8 Meter hohen Säulen stehen seit 1400 Jahren im Wasser, in dem trotz ständiger Dunkelheit auch Fische leben. Man erzählt, dass so manche Hausfrau in früheren Zeiten, die durch ein Loch im Boden ihres Hauses Wasser schöpfte, auch gleich das Mittagessen mit herauf gezogen hatte. Für den Wiederentdecker dieser lange in 4

5 Vergessenheit geratenen Zisterne muss die riesige Säulenhalle unter der Stadt ein unheimlicher Eindruck gewesen sein! Wir ziehen weiter zur Beyazıt- Moschee. Die Tauben auf dem Platz werden gefüttert, hier sitzen alte Weiblein und verkaufen Körner. Die Moschee gefällt mir sehr, sie zeigt wesentlich mehr religiöse Ausstrahlung, es ist relativ ruhig, sie wird wirklich als Gebetsraum verwendet. Der Kapalı Carsı (Großer Basar) ist überdacht, Geschäft an Geschäft in den Laubengängen, in denen man sich heillos verirren könnte. Natürlich sind sämtliche Ausgänge (Kapalı) gut angeschrieben, aber beim ersten Eindruck ist man vor allem mit dem bunten vielfältigen Angebot in Augenhöhe beschäftigt! Natürlich wird man angequatscht, aber was wäre das für ein Markt, wenn den Verkäufern die potentiellen Kunden egal wären? Wenn man glaubt, aus den verwinkelten Gängen nicht mehr herauszufinden: Immer abwärts! Irgendwann landet man in den mindestens so verwinkelten Gassen des offenen Basars (die Gassen sind wahre Themen-Gassen! Eine Gasse Bälle, eine andere Messer, wieder eine andere Kopftücher, eine weitere Knöpfe ) und schließlich an der Straße am Goldenen Horn. Nördlich davon erhebt sich ein prachtvolles Tor, der Eingang zum Universitätsgelände, das nur mit Ausweis betreten werden kann. Hinter der Moschee, noch vor dem Eingangstor zum Großen Basar findet sich schon ein reiner Einheimischen- Männermarkt. Hinter dem Tor liegt der ruhige Teil des Basars, - der Bücherbasar. Wenn ich einige Wochen in Istanbul wäre, könnte man mich bestimmt oft dort finden, zum Schauen, Stöbern, Staunen Unsere junge Familie hat schon vor dem Basarbesuch den Rückzug angetreten und sich über die zweitälteste Untergrundbahn der Welt, genannt Tünel, von Karaköy bis zum Beginn der Istiklal Caddesi einiges an Höhenmetern erspart. Wir zwei besuchen die Moschee am Platz, die Jeni Camii, wo es schon beim Betreten des Innenhofes beschaulich ruhig wird im Vergleich zum Platz draußen, der ja eindeutig einen Verkehrsknotenpunkt darstellt. Anschließend freuen wir uns am Anblick der vielen, vielen Angler auf der Galata-Brücke, kommen wieder am Galata-Turm vorbei, jetzt am späten Nachmittag steht dort eine Menschen- 5

6 schlange an! Wir schlendern wieder durch die Musik- Gasse und wundern uns, wie belebt und laut die Fußgängerzone ist, die mitten im Menschengewühl von der alten roten, reichlich überfüllten Straßenbahn befahren wird und von gelben Taxis an manchen Stellen (markiert durch gelbe kniehohe Säulen) gequert werden kann. Ein Abendessen in einem Lokal um die Ecke: Es schmeckt köstlich, wir wählen vom Vorspeisenteller und genießen dann die heimische Küche mehr oder weniger auf gut Glück. Ich könnte mich sofort mit diesen Gerichten auf Dauer anfreunden! Weniger Chance sehe ich für die heimische Musik: Eine Mitarbeiterin dieses kleinen Restaurants feierte ihren Abschied, es wird gegessen und laut gefeiert, die Musiker spielen mit einer Ausdauer, die schon nicht mehr zu glauben ist, der Klang der Musik ist in unseren Ohren immer gleich, - eine Geige, eine Art Hackbrett, das gezupft wird, eine Trommel erklingen unermüdlich und laut, - hier spürte man den Kulturunterschied wohl am stärksten. 6

7 Dienstag, 3.April: Heute gehen wir die Istiklal Caddesi hoch, vorbei an demonstrierenden Menschen am Platz vor dem Galatasaray Lisesi (Elite-Gymnasium), momentan geschehen gerade schreckliche Angriffe der syrischen Regierungstruppen Assads auf das eigene Volk, Angriffe, die sich bis über die Grenze in die Türkei erstrecken. Wir vermuten, dass dies der Grund der Menschenansammlung ist Kurz vor dem Taksim Platz geraten wir in eine Verfolgungsszene, ein Filmteam arbeitet dort, aber das stellen wir erst nach der auffälligen Hetzjagd fest. Am Platz gibt es eine weitere unterirdische Zahnradbahn, die hinunter nach Kabataş führt, von wo laut Führer eine Fähre nach Üsküdar auf der asiatischen Seite übersetzen sollte. Tut sie aber nicht, also nehmen wir die Straßenbahn, fahren bis Eminönü, dort finden wir die Fähre. Wie gesagt, 2 Teelöffel für eine halbe Stunde Vergnügen mit tollster Aussicht auf die Stadt, mit dem Eindruck, dass alle größeren Schiffe eine Straße im weiten Bogen benützen und im entstehenden Kreis viele kleine Fischerboote schaukeln; vorbei am sagenumwobenen Leanderturm, mit Blick zurück auf die Halbinsel Sultanahmet mit dem Tokapı Palast, mit dem Blick auf hochmoderne Glaspaläste, wahre Türme, die hinter den Hügeln der Stadt in den Himmel wachsen, immer mehr davon, je weiter man vom europäischen Ufer Abstand nimmt. Üsküdar, ein kleiner Bummel, Besuch der Moschee am Platz, Yeni Valide Camii (Moschee von Sultan Sülemans Schwiegermutter, - ich finde lustig, dass Familienmitglieder ihre Moschee erhalten haben ), klein, aber fein! Dann fahren wir mit einem Linienbus nach Kadiköy. Die Leute sind überaus hilfsbereit, dass wir den richtigen Bus finden ( Ich hatte einige Jahre Arbeit in Wien ) Der junge Busfahrer fährt frisch drauflos, telefoniert zugleich, lässt die Leute zu- und aussteigen, wann immer er verkehrsbedingt sowieso halten muss abenteuerlich! Das wäre bei uns völlig undenkbar, macht die Leute hier aber total sympathisch. 7

8 Uns zieht es in die belebte Fußgängerzone mit Markt: mit Lebensmitteln, dass einem das Wasser im Mund zusammenläuft, kunstvoll präsentierten Fischspezialitäten, Straßenmusikanten, - und überall gibt es den köstlichen Tee, Cay, in den tulpenförmigen Glastassen. Bei der Rückfahrt mit der Fähre haben wir einen tollen Blick auf das riesige Gebäude am Ufer, Haydarpaşa Gari (Bahnhof), das Anfangsprojekt der deutschen Bagdad-Bahn, die allerdings nie bis nach Bagdad gebaut wurde. Leider weiß ich nicht, welchem Zweck das repräsentative Gebäude vor kurzem zugeführt wurde, der Bahnverkehr verläuft angeblich jetzt anders. Auf dem Heimweg bummeln wir noch durch unser Viertel, entdecken ein Portal, das mich an die Häuserfront eines venezianischen Palastes erinnert, über den Innenhof erreicht man die überraschend große neugotische Franziskanerkirche Sankt-Antonius-von-Padua. Sie ist die größte christliche Kirche Istanbuls. Nach osmanischem Gesetz sind christliche Gotteshäuser nicht in erster Reihe an der Straße zu platzieren, dieses Recht steht nur Moscheen zu. Wir kommen am russischen Konsulat vorbei, das absolut pompös ausgestattet ist, ganz im Gegensatz zum griechischen, sehen auch viele andere Konsulate mit ihren Wachhäuschen vor der Tür, das Viertel Beyoglu beheimatet sämtliche Konsulate. Wir schlendern durch Seitengassen, wo sich Tisch an Tisch reiht, durch die Jugenstilpassage Ciçek Pasaji Heute scheinen noch viel mehr Menschen auf der Istiklal Caddesi zu sein! 8

9 Mittwoch, 4.April: Wir marschieren nach dem Frühstück zur U-Bahn Tünel, nehmen anschließend die Straßenbahn und fahren zur Hagia Sophia (am Montag hatte sie nicht geöffnet). Dieses über sehr lange Zeit größte christliche Bauwerk ist heute ein Museum. Und trotzdem strahlt es eine Erhabenheit aus, die beim ersten Blick in ihr Inneres ganz besonders beeindruckt. Die riesige Kuppel, die in weitere kleine Kuppeln mündet, wodurch sie abgestützt wird und das gesamte Kirchenschiff somit frei von Säulen bleibt, schwebt förmlich in luftiger Höhe (56 Meter!). Das Licht fällt von allen Seiten ein, der Rundgang hoch oben bietet einen freien Blick hinunter und außerdem erkennt man in dieser Höhe die hervorragende Technik der Mosaikbilder. Durch Erdbeben war die Kuppel nach 21 Jahren eingestürzt, wurde aber wiederaufgebaut und durch die Säulen außerhalb der Kirche verstärkt, die ihr das eigenwillige Aussehen geben. Innen beeindrucken das sanfte Grau des fein ziselierten Mauerwerks, die vielen Leuchter, die knapp über den Köpfen schweben, die riesigen Holzschilder mit den goldenen Kalligraphien der 8 heiligsten Namen des Islam. Obwohl viele islamische Elemente zu sehen sind, ist dies ein Rundbau, der auch etwas von Kirche ausstrahlt. Über 1400 Jahre lang gehen nun schon Menschen über diese Schwellen, man fühlt und sieht, wie man sich in den Fußstapfen vieler, vieler Menschen vor unserer Zeit bewegt. Ein sehr beeindruckendes Bauwerk, vielleicht auch deshalb, weil es schon so lange in dieser architektonischen Vollkommenheit besteht. Wie lebten wir im Jahre 537 n.chr.? Da gab es noch nicht mal die Andeutung von finsteren Burgen Wir essen in einem kleinen Park zwischen Blauer Moschee, Hagia Sophia und dem Versunkenen Schloss, Martina läst sich ihre schwarzen Schuhe putzen, - Schuhputzer mit ihren Kistchen oder gar mit golden glänzenden Maschinen, oft mit sämtlichem Zubehör (Sohlen, Bänder, Nieten ) sieht man in der ganzen Stadt. 9

10 Das nächste Ziel ist der Topkapı Palast. Allein schon die Ausdehnung ist riesig. Wenn man aber feststellt, wie groß der Park und die Gärten (für die Männer) sind und wie klein im Vergleich dazu die Gartenanlage für die Frauen im Harem ausfällt, dann erwacht das Entsetzen. Von hier kommt wohl der Spruch vom Goldenen Käfig Das Leben im Harem muss intrigant, ja mörderisch gewesen sein, denn Macht und gewisse Rechte hatte nur jene Frau, die Mutter des Sultans war. Also zählte, welche Frau es schaffte, dass ihr Sohn das Erwachsenenalter erreichte (und Konkurrenten eben nicht). Man kann die goldenen Räume besuchen, sieht, welche Kleiderbräuche es gab und bekommt einen Einblick in das Leben der osmanischen High Society von damals. Von Ferne sieht der Palast auf der Halbinsel aus wie eine versteinerte Zeltstadt Wir besuchen dann noch die Moschee des Lichts, die Süleymaniye Camii, die sich von weitem abhebt. Sie gefällt mir besonders gut. Roter Teppich, mit Torbogenmuster (je ein Torbogen für einen Gläubigen). Außerdem sieht man an der gesamten Anlage, dass eine Moschee weit mehr als nur ein Gebetshaus war, rund um die Moschee gibt es genügend freien Platz, am äußeren Rand sind an allen vier Seiten Gebäude angebaut: Schulen, Armenküchen, Krankenhaus, Altenhaus Eine Moschee war ohne Zweifel das soziale Zentrum eines Stadtviertels. Über den Gewürzmarkt ziehen wir heim, wieder einmal zu Fuß, weil auch alle anderen Eindrücke absolut sehenswert sind, z.b. die vielen Angler auf der Galata Köprüsü, die Lastenträger immer und überall, die absolute Urlaubs- oder Feierabendstimmung auf dem schmalen Grünstreifen (nach der Bauhandwerkergasse nahe der Tünel-Talstation)auf der gegenüberliegenden Seite von Eminönü bei einer Tasse Cay Am Abend stürzen wir uns in eine der Gassen, die von der Istiklal Caddesi abzweigen und speisen hervorragend. Der Eingang der Gassen ist den Lebensmittelhändlern vorbehalten, von dort wird für die Küche der Lokale z.b. Fisch frisch geholt, dann gebrutzelt und serviert 10

11 Donnerstag, 5.April: Heute sieht es morgens noch recht grau aus. Unser erstes Ziel ist Eyüp. Wir suchen und finden die recht versteckte Ablegestelle der Fähre und fahren von Eminönü das Goldene Horn bis zu diesem heiligen Ort, der zumindest besucht werden soll, wenn man als gläubiger Mohammedaner schon nicht nach Mekka kommt. Die Fähre kreuzt hin und her, sie ist ein überaus praktisches Verkehrsmittel. Eyüp von weitem ist irritierend, was ist da so weiß? Karst? Das ist der Friedhof! In Eyüp wandern wir vorbei am achteckigen Grabmal mit dem Schrein von Eyüp Ensari, dem Fahnenträger Mohammeds, fahren mit der Seilbahn hoch über den Friedhof, kehren in einem Gartenlokal mit herrlicher Aussicht ein und wandern durch den beeindruckenden Friedhof wieder hinunter. Der Zugang zur Eyüp Moschee bleibt uns Fremden verwehrt, sie quillt schon über, - wir kommen nämlich gerade zur Gebetszeit hin. Die Gläubigen stehen bis vor die Tür, die Frauen rollen ihre Matten hinter einem Zaun aus, sie drängen sich im Stiegenaufgang zusammen, - die Rufe von den Minaretten waren aber auch wirklich nicht zu überhören!! Kein Wort mehr über laute Kirchenglocken Ein Taxi bringt uns zur Chora-Kirche. Im Vorbeifahren erkennen wir die imposante Höhe und Stärke der 1600 Jahre alten Stadtmauer, Teodos II Suru, die vor sämtlichen Angriffen von der Landseite her schützte. Die Chora-Kirche steht in einem Viertel, das Holzhäuser in ursprünglichem osmanischem Baustil zeigt, die mit den bunten Farben den Eindruck von Sommerfrische vermitteln. In der Chora-Kirche finden sich die angeblich schönsten byzantinischen Mosaike. Sie sind wirklich beeindruckend. 11

12 Wir zwei wandern noch einmal zu Fuß durch die vielen Gassen, vorbei an Läden, durch den offenen Basar und staunen, was man hier alles braucht, z.b. farbenfrohe Unterwäsche, Gold, Süßes und ein Prinzengewand für die Beschneidungsfeier Der Tag klingt im Angesicht des Sonnenuntergangs in einem Lokal im Untergeschoss der Galata-Brücke bei ein, zwei Cay s aus Obwohl wir in einer ruhigen Seitengasse der Istiklal Caddesi wohnen und außerdem die Fenster gen Hinterhof ausgerichtet sind, der mehr einem Schacht gleicht (der sich am Tag als Baustelle erweist, wie man es sich bei uns nie und nimmer vorstellen könnte), nehmen wir noch ziemlichen Lärm beim Einschlafen wahr. Ist da heute noch irgendetwas los? 12

13 Freitag, 6.April: Eine Bosporusfahrt wünschen wir uns noch! Das Wetter ist schön, wir starten heute gleich bei der bewährten Haltestelle Eminönü, wo sich so ziemlich alles abspielt, - von hier aus kommt man wahrscheinlich überall in Istanbul hin Das Schiff fährt nahe der Küste von Eminönü Richtung Karaköy den Bosporus hinauf. Wir gleiten vorbei an einem pompösen Traumschiff, fahren vorbei an einer riesigen Anlage, eine Militärakademie, bald danach fällt der Blick auf die weitläufige Palastanlage des Dolmabahçe Sarayı. Wir sind mit der Außenansicht zufrieden, C wird es wohl am Nachmittag noch hierher ziehen Bald danach fahren wir nahe an einer direkt am Ufer gelegenen barocken Moschee Ortaköy Camii mit zwei Minaretten vorbei, dorthin zog es auch den Sultan vom Dolmabahçe Palast zum Freitaggebet. Dann fahren wir unter der ersten Hängebrücke durch. Dabei wird uns die unheimliche Spannweite dieser Brücke bewusst. Am Ufer reihen sich Haus an Haus von sichtlich Betuchteren, vielfach baut man einfach in die Höhe, es entstehen Häuser wie babylonische Türme: immer noch ein Stockwerk darauf, - so sieht es zumindest aus. 13 Schon von weitem erkennt man an der engsten Stelle, dort wo auch die zweite Brücke über den Bosporus führt, eine große Burganlage, die Rumeli Festung. Sie ist riesig, mit Mauern und Wehrtürmen ausgestattet und soll in nicht einmal einem Jahr von 300 Baumeistern und 1000 Arbeitern errichtet worden sein. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt ebenfalls eine Burg, hier konnte der Bosporus abgeriegelt werden. Wir schauen, fotografieren, staunen, - auch

14 über die gigantische zweite Brücke, kehren gleich dahinter um und fahren nahe dem asiatischen Ufer wieder zurück. Neue Details rücken ins Auge: der Beylerbeyi Saray mit dem goldenen und silbernen Tor am Kai, die stellenweise grünen Uferstreifen, die sehr gepflegt und privat wirken, an allen Erhebungen, seien es Hügel, Hügelchen, Gebäude weht immer absolut dominant die riesige rote Flagge der Türkei. Auf dem Schiff wird man mit Cay versorgt, es ist eindeutig das absolute Nationalgetränk. Ich komme mit zwei Frauen ins Gespräch, die diese Fahrt auch sehr zu genießen scheinen, sie kommen aus dem indonesischen Raum und besuchen Istanbul wie wir aus Österreich. Eben eine Weltstadt, egal aus welcher Himmelsrichtung man kommt! In Eminönü angekommen beschließen wir unseren Sightseeing-Aufenthalt würdig zu beenden, nämlich mit dem Besuch einer Moschee: Die Rüstem Paşa Camii ist unser Ziel. Es würde mir sehr leid tun, hätte ich diese Moschee nicht noch besucht! Der Eingang ist schwierig zu finden, er liegt eigentlich im ersten Stock. Der Kuppelraum mit diesen wunderbaren blauen Fliesen, den schönen Fenstern, der Stimmung, die hier herrscht, ist den Besuch absolut wert! Das ist meine Moschee! Nach diesem absolut gelungenen Vormittag essen wir einen Snack im Untergeschoss der Galata-Köprüsü und genießen anschließend die Sonne am grünen Uferstreifen mit M. und der kleinen Judith. Am Nachmittag steht für die Frauen Shoppen an. Zumindest hätten wir das vor, aber auf die knalligen Farben, die vorherrschen, sind wir nicht eingestellt. Ich muss sowieso passen, ich halte es in Kaufhäusern mit lauter Beschallung für 15- Jährige nicht lange aus. Im berühmten Ara-Cafe erholen wir uns (mir geht es gar nicht gut und ich falle somit beim letzten Abendessen aus, schade, unser Vermieter führt nämlich selbst zu einem seiner favorisierten Lokale, - das Essen war landestypisch, scharf und köstlich, - ließ ich mir erzählen.) Die Nacht war so gut wie keine, es war so durchdringend laut, die Discomusic schien direkt aus dem Nachbarraum zu kommen, - kein Entrinnen, kaum Schlaf Nun wissen wir, wie es im modernen Zentrum mit unzählbaren Discos, Kinos und Bars am Wochenende zugeht. Die Bewohner hier sind nicht zu beneiden! 14

15 Samstag, 7. April Ein letztes Frühstück, - wir haben in diesen Tagen in vier verschiedenen Geschäften für den täglichen Bedarf eingekauft und jedes war in ca.1-3 Minuten Fußweg zu erreichen. Davon können wir nur träumen Mit den Koffern ein letztes Mal durch die Istiklal Caddesi, dort wo wir bei strömendem Regen ausgestiegen sind, steigen wir wieder in einen Shuttle-Bus ein und fahren diesmal alle miteinander zum Flughafen Atatürk. Noch am Flughafen verabschieden wir uns, unser Flug ist eine Stunde früher dran als jener unserer Freunde aus Wien. Der Abflug verzögert sich, auf dem Rollfeld stehen die Maschinen an, aber irgendwann heben wir ab, durch die Verspätung verschieben sich natürlich alle Anschlüsse, aber um kurz vor Mitternacht werden wir von unseren zwei Söhnen am Bahnhof Füssen empfangen. Wieder daheim! Istanbul, eine Stadt in unüberschaubarer Größe, in grandioser Lage, mit überwältigender Silhouette, beschaulichen Moscheen, dem bunten Basar, den unendlich vielen Gassen, den freundlichen Menschen, - eine Stadt, die man gesehen haben muss! Istanbul ist ein Ziel, das jedem wärmstens zu empfehlen ist, der gerne eine Weltstadt besucht, in der er in eine andere Kultur eintauchen kann ohne allzu weit verreisen zu müssen! 15