Gezielte Schädigung von Faserseilen - neue Erkenntnisse für die Ablegereife.

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1 Gezielte Schädigung von Faserseilen - neue Erkenntnisse für die Ablegereife. Einleitung Seitdem es Faserseile gibt, stellen sich die Anwender immer wieder dieselbe Frage: Wie kann man feststellen, ob die Ablegereife eines Faserseiles erreicht ist? Fakt ist, dass eine 100%ige Aussage nur durch Prüfung der Restfestigkeit, also durch statische zerstörende Bruchlasttests, gewährleistet ist. Umso wichtiger ist es, zuverlässige Indikatoren zu bestimmen, um als Anwender feststellen zu können, ob das verwendete Seil bereits das Ende seiner Lebensdauer erreicht oder sogar überschritten hat. Mehr Wissen über die Schädigung von Faserseilen ist insofern von großer Bedeutung, als wir immer wieder feststellen müssen, dass Seile, die von den Anwendern als noch in Ordnung eingestuft werden und auch in Verwendung sind, die von der Norm geforderte Bruchlast bereits weit unterschritten haben. Ein Beispiel aus der Praxis liefert eine 6mm Klemmknotenschlinge mit einem Polyester/Aramid-Mantel und einem Vectran-Kern, welche bei der Überprüfung der Ausrüstungen vor einer Meisterschaft ausgeschieden wurde. Nach zwei Jahren Einsatz wies die Klemmknotenschlinge starke Gebrauchsspuren wie Schmutz und abstehende Fasern auf und war verhärtet. Die Mindestbruchlast dieser Schlinge im Neuzustand liegt bei 17,1kN (10kN werden 3 Minuten gehalten, dann Steigerung der Last bis zum Riss). Die Prüfung der gebrauchten Schlinge bei uns im Haus hat eine Restfestigkeit von 9kN ergeben, wobei das Seil die Last keine 3 Minuten (wie von der Norm gefordert) gehalten hat. Als Hersteller von PSA (persönlicher Schutzausrüstung) sind wir angehalten, Angaben über bekannte Einschränkungen der Gebrauchsdauer 1 zu machen. Es ist heute üblich, dass Hersteller eine theoretisch maximal mögliche Lebensdauer angeben. Dieser theoretische Wert gilt in der Regel nur für eine reine Lagerung und äußerst seltene Verwendung und muss klar von der tatsächlichen Lebensdauer unterschieden werden. Diese hängt von zahlreichen Faktoren ab, auf die wir als Hersteller keinen Einfluss haben: UV-Licht, Art und der Häufigkeit des Gebrauches und damit einhergehende mechanische Abnutzung, Witterungseinflüsse wie Eis oder Schnee, Umgebung wie Salz, Sand, Batteriesäure usw., Hitzebelastung (über normale klimatische Bedingungen hinaus) usw. Wir als Hersteller von Faserseilen seit 1790, sehen die Notwendigkeit, die Anwender zu informieren und daraufhin zu sensibilisieren, dass Seile die augenscheinlich nicht stark beansprucht sind, dennoch einen gravierenden Bruchlastverlust aufweisen können. Dies ist vor allem bei UV-Belastungen der Fall, wie wir noch feststellen werden. Es ist nicht unser Ziel, Angst zu verbreiten sondern vielmehr Wissen zu teilen, Probleme aufzuzeigen und zu betonen: Wenn sich der Anwender aus irgendeinem - im ersten Moment auch noch so unbedeutendem - Grund nicht sicher ist, dass das Produkt entspricht, darf es nicht verwendet werden. Im Jahr 2013 wurde das Projekt Gezielte Schädigung von Faserseilen ins Leben gerufen, um den Einfluss verschiedener Schädigungsmechanismen auf Faserseile zu analysieren. Dieses Projekt dauert nun insgesamt 7 Monate und die Ergebnisse sind gegenwärtig noch nicht vollständig. Wir mussten 1 EN365:2004, Kap Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 1

2 feststellen, dass die bisherigen Untersuchungen wieder neue Fragen aufwerfen. Nichtsdestotrotz möchten wir die Daten die wir bisher erarbeitet haben zur Verfügung stellen, um auf das oben genannte Thema aufmerksam zu machen. In jedem Fall aber werden wir die Forschungsarbeiten vorantreiben, um so viele Rückschlüsse wie möglich für die korrekte Bestimmung der Ablegereife eines Faserseiles zu erhalten. Prüfmethode Bei jeder Prüfung wurden je 3 Muster von insgesamt 10 verschiedenen Seilen (siehe Tabelle 1) auf ihre Bruchkraft in Anlehnung an ISO 2307 geprüft. Aus diesen 3 Ergebnissen wurde der Mittelwert berechnet und auf die Bruchkraft des ungeschädigten Musters bezogen. Tabelle 1: Liste der geprüften Seile Muster Artikel Material Durchmesser 1 Kernmantelseil weiß Polyamid 11mm 2 Kernmantelseil schwarz Polyamid 11mm 3 Kernmantelseil schwarz Polyamid/dynamisch 11mm 4 Doppelgeflecht Polyester 10mm 5 Doppelgeflecht 6 Doppelgeflecht 7 8 Kernmantelseil Platinum - Technologie Kernmantelseil Platinum - Technologie PES/Aramid Mantel mit Vectran Kern PES/Aramid Mantel mit PES Kern Polyamid Polyester Mantel/Polyamid Kern 6mm 8mm 10,5mm 10,5mm 9 Hohlgeflecht Dyneema 5mm 10 Hohlgeflecht Aramid 5,5mm Tabelle 1: Liste geprüfter Seile Die Seile wurden geprüft auf: Waschbeständigkeit Desinfektionsbeständigkeit Scheuerbeständigkeit Hitzebelastung UV-Beständigkeit Chemikalienresistenz gegen Benzin und Batteriesäure Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 2

3 Waschbeständigkeit Bei dieser Prüfung wurden die Seile mit verschiedenen Waschmitteln (Waschpulver, Waschgel und speziellem Seilwaschmittel) gewaschen. Die Seile wurden 8 Mal bei 30 C in der Waschmaschine ohne Schleudern gewaschen. Danach wurden die Seile auf natürliche Weise 24h getrocknet und auf die Restfestigkeit getestet. Ergebnisse Abbildung 1: Prüfling Nr. 1 oben vor dem Waschen, unten nach dem Waschen Abbildung 2: Prüfling Nr. 9 oben vor dem Waschen, unten nach dem Waschen Wie auf den Abbildungen 1 und 2 zu erkennen ist, muss optisch nicht unbedingt eine Veränderung wahrzunehmen sein. Abbildung 3 zeigt jedoch deutlich, dass die Auswahl des Waschmittels einen großen Einfluss hat. Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 3

4 Bruchkraft-Abnahme -Auswirkung unterschiedlicher Waschmittel auf ein Polyesterseil 100,00 Rest-Bruchkraft [% der Ausgangs-Bruchkraft] 90,00 80,00 70,00 60,00 50,00 40,00 30,00 20,00 10,00 0,00 Waschpulver Spezialwaschmittel Waschgel Abbildung 3: Ergebnis unterschiedlicher Waschmittel Bruchkraft - Abnahme - Waschen der Seile mit Waschpulver 100,00 90,00 Rest-Bruchkraft [% der Ausgangs-Bruchkraft] 80,00 70,00 60,00 50,00 40,00 30,00 20,00 10,00 0,00 Prüfling Nr. 4 PES Prüfling Nr. 1 PA Prüfling Nr. 5 Aramid/PES; Vectran Kern Prüfling Nr. 9 Dyneema Prüfling Nr. 6 PES/Aramid Abbildung 4: Ergebnis Waschen der Seile mit Waschpulver Am Beispiel eines Kern-Mantel-Seiles aus Polyester: Herkömmliches Grobwaschmittel beschädigt das Seil so stark, dass die Restfestigkeit nach 8 Mal Waschen nur mehr bei 58% liegt. Waschgel schneidet im direkten Vergleich besser ab, reduziert aber die Bruchlast immer noch um 22%. Am besten abgeschnitten hat ein speziell für Seile entwickeltes Waschgel, welches auf Grund seiner Inhaltsstoffe eine schonende Reinigung gewährleistet. Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 4

5 Empfehlung Seile können in der Waschmaschine gewaschen werden. Es müssen jedoch zwingend einige Punkte beachtet werden. Waschen Sie das Seil nicht öfter als unbedingt nötig! Wir empfehlen Seilwaschmittel entsprechend der dort angegebenen Anleitung zu verwenden. Die Waschtemperatur darf nie mehr als 30 C betragen. Gutes Aus-/Nachspülen mit reinem Wasser. Kein Schleudern der Seile Natürliches Trocknen, nicht in direktem Sonnenlicht, nicht in der Nähe von Hitzequellen oder im Trockner trocknen. Untersuchungen, ob es besser für die Festigkeit des Seiles ist, es schmutzig weiterzuverwenden oder es zu waschen, sind geplant. Desinfektionsbeständigkeit Bei/Nach Verwendung der Baumpflegeausrüstung in Regionen mit Schädlingsbefall wird eine Desinfektion teilweise gesetzlich vorgeschrieben. Bei den Untersuchungen haben wir uns an den Vorgaben der UK Forestry Commission orientiert, wo 70%iges Isopropanol oder Ethanol vorgeschlagen werden. Bei dieser Prüfung wurden die Seile jeweils für 3min. mit Isopropanol und Ethanol (jeweils 70%ig) desinfiziert und danach für mindestens 48 Stunden auf natürliche Weise getrocknet und auf die Restfestigkeit getestet. Ergebnisse Abbildung 5: Prüfling Nr. 4 oben vor der Desinfektion, unten nach der Desinfektion Abbildung 6: Prüfling Nr. 6 oben vor der Desinfektion, unten nach der Desinfektion Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 5

6 Wie man auf den Abbildungen 5 und 6 erkennen kann, ist optisch kaum eine Veränderung nach der Desinfektion am Seil zu erkennen. Die Grafik unten (Abbildung 7) zeigt, dass eine Desinfektion der Seile mit Isopropanol oder Ethanol (jeweils 70%ig) kaum einen Einfluss auf die Restfestigkeit hat. Wir haben jedoch festgestellt, dass vor allem das PA-Seil an Flexibilität verloren hat. Ob dieser Effekt nur vorübergehend reversibel oder permanent ist, konnte zu diesem Zeitpunkt nicht festgestellt werden. 100% Bruchkraft - Abnahme - Desinfektion Rest-Bruchkraft [% der Ausgangs-Bruchkraft] 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Prüfling Nr. 1 PA_IP Prüfling Nr. 4 PES_IP Prüfling Nr. 9 Dyneema_IP Prüfling Nr. 9 Dyneema_Eth. Abbildung 7: Ergebnis Desinfizieren der Seile Die Reduktion der Bruchlast ist mit 2%-4% gering bzw. gar nicht gegeben. Ein geringer Vorteil von Isopropanol könnte in der statistischen Schwankungsbreite liegen. Empfehlung Seile können mit 70%igem Isopropanol desinfiziert werden. Beim Umgang mit Desinfektionsmitteln sind die Sicherheitsvorschriften im Sicherheitsdatenblatt zu beachten! Desinfizieren Sie nicht öfter als unbedingt nötig! Applizieren Sie das Desinfektionsmittel oberflächlich für etwa 3 Minuten und lassen Sie das Produkt auf natürliche Weise trocknen. Es ist möglich, dass sich die Flexibilität des Seiles nach der Desinfektion verschlechtert. Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 6

7 Scheuerbeständigkeit Bei dieser Prüfung wurden die Seile mit 200 Zyklen allseitig über eine Keramikoberfläche gescheuert. Abbildung 8: Scheuerprüfung Die Belastung am Seil betrug dabei konstant 10 kg. Danach wurden die Seile auf die Restfestigkeit geprüft. Die Zahl der Zyklen war konstant und damit unabhängig vom Seildurchmesser oder Seilgewicht. Ergebnisse Abbildung 9: Prüfling Nr. 1 PA nach 200 Zyklen scheuern Abbildung 10: Prüfling Nr. 6 PES/Aramid nach 200 Zyklen scheuern Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 7

8 Abbildung 11: Prüfling Nr. 7 PA nach 200 Zyklen scheuern Auf den Abbildungen 9-11 ist deutlich zu sehen, dass der Mantel der Seile durch das Scheuern unterschiedlich stark beschädigt wurde. Die Ergebnisse der Restfestigkeitsprüfung (siehe Abbildung 12) zeigen eine drastische Reduktion der Bruchlasten bei allen geprüften Seilen. Diese beträgt bis zu - ca. 50% siehe Prüfling Nr. 1 PA. Das bedeutet: Nicht nur der Mantel ist beschädigt, auch der tragende Kern der Seile muss Schaden genommen haben, auch wenn der Schädigungsmechanismus (nur) von außen auf das Seil wirkt. 100% Bruchkraft-Abnahme - Scheuern allseitig 90% Rest-Bruchkraft [% der Ausgangsbruchkraft] 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Prüfling Nr.2 PA Prüfling Nr. 1 PA Prüfling Nr. 3 PA/dynamisch Prüfling Nr. 7 PA Prüfling Nr. 4 PES Prüfling Nr. 6 PES/Aramid Abbildung 12: Ergebnis Scheuerbeständigkeit Mit einer Reduktion der Bruchlast von 28% erzielten wir ein etwas besseres Ergebnis mit dem Prüfling Nr. 3. Prüfling 3 hat einen anderen Aufbau (Geflechtart, Rohstoff) als Prüflinge Nr. 1 und Nr. 2, ist schwerer und imprägniert. Besonders interessant ist das Ergebnis des Prüflings Nr. 7 mit Platinum -Technologie im Vergleich zu Prüflingen Nr. 1 bzw. 2 ohne Platinum -Technologie. Der Aufbau der Seile ist ansonsten weitgehend vergleichbar. Prüfling Nr. 7 zeigt jedoch eine deutlich bessere Scheuerbeständigkeit. Hier war die Bruchlastreduktion im Schnitt um 35% geringer. Die speziell untereinander und mit dem Mantel verflochtenen Kerne bewirken eine bessere Verteilung der Last und somit eine erhöhte Scheuerbeständigkeit. Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 8

9 Empfehlung Aus den Prüfungen geht deutlich hervor, dass die Scheuerbeständigkeit eines Seiles von seiner Konstruktion, Beschichtung und Material abhängt. Mit einer vorteilhaften Kombination aus Beschichtung und/oder innovativen Technologien hat man die besten Voraussetzungen für ein scheuerbeständigeres Seil. Der Anwender sollte diese Kriterien bei all seinen Überlegungen miteinbeziehen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Anwender keine Möglichkeit hat, die Ablegereife rein optisch festzustellen. Ein augenscheinlich ähnliches Schädigungsbild kann bei verschiedenen Seilen eine sehr unterschiedliche Restfestigkeit bedeuten. Das Aussehen des Prüflings Nr. 6 (siehe Abb. Nr. 10) würde wahrscheinlich manchen Anwender nicht vermuten lassen, dass hier die Bruchlast bereits um 52% reduziert ist. Die Empfehlung kann hier nur lauten, dass bereits geringe Abnutzungserscheinungen eine hohe Bruchlastreduktion bedeuten können, weshalb Seile mit vermehrt aufgerauter Oberfläche ausgewechselt werden müssen. Bezüglich Scheuerbeständigkeit ist größte Vorsicht geboten, da durch visuelle Kontrolle der Beschädigungsgrad oft nicht richtig eingeschätzt werden kann. Sollten die geringsten Zweifel an der Sicherheit bestehen, muss das Seil ausgewechselt werden. Hitzebelastung Bei dieser Prüfung wurde darauf abgezielt, Seile mit Aramid Anteil im Mantel im Vergleich zu reinen Polyamid- und Polyester-Seilen auf ihre Hitzebeständigkeit zu testen. Hier wurden die Prüflinge Nr. 5 und 6 mit den Prüflingen Nr. 1 und 4 verglichen. Alle vier Seile wurden für 3 Minuten einer Kontaktwärme von 280 C, also einer Temperatur oberhalb des Schmelzbereiches von Polyamid bzw. Polyester, ausgesetzt. Ergebnisse Abbildung 13: Prüfling Nr. 4 PES Abbildung 14: Prüfling Nr. 5 PES/Aramid, Vectran Kern Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 9

10 Die 3 Minuten Kontaktzeit haben nur die Prüflinge Nr. 5 und 6 welche einen Aramid Anteil im Mantel enthalten, geschafft. Das Polyamid Seil ist bereits nach 30 Sekunden und das Polyesterseil nach 3 Minuten durchgeschmolzen. An Prüfling Nr. 5 ist die Schädigung deutlich zu erkennen. Dieses Seil wäre auszutauschen. 100% Bruchkraft - Kontaktwärme bei 280 C - Vorteil Aramid 90% Rest-Bruchkraft [% der Ausgangs-Bruchkraft] 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% Seilriss 0% Prüfling Nr. 5 Aramid/PES; Vectran Kern Prüfling Nr. 6 PES/Aramid Prüfling Nr. 1 PA Prüfling Nr. 4 PES Abbildung 15: Ergebnis Hitzebeständigkeit Empfehlung Für Anwendungen, wo höhere Temperaturen entstehen können, ist es unbedingt zu empfehlen, Seile aus temperaturbeständigen Materialien wie Aramid oder Vectran zu verwenden. Sollte ein Seil offensichtlich durch Hitze beschädigt sein (Verglasung der Oberfläche, braune Brandstellen etc.) muss das Seil ausgetauscht werden. UV-Beständigkeit Bei dieser Prüfung wurden die Seile zum Österreichischen Forschungsinstitut (OFI) Wien geschickt. Dort wurden sie im Laborversuch bei Regen-/Trockenphasen bzw. Hell-Dunkelphasen für ca. 2000h beschleunigt bewittert, was lt. Angaben des OFI einen Einsatz von 2-3 Jahren in Mitteleuropa simuliert. Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 10

11 Ergebnisse Abbildung 16: Prüfling Nr. 1 PA oben vor UV-Bewitterung, unten nach UV-Bewitterung Abbildung 17: Prüfling Nr. 4 PES oben vor UV-Bewitterung; unten nach UV-Bewitterung Grundsätzlich war nicht bei allen Seilen eine optische Veränderung nach der Bestrahlung festzustellen (siehe Abb. 16 und 17). Die Prüflinge Nr. 1 und 7 (aus PA) wiesen eine erhöhte Dehnung nach der Bewitterung auf, zudem waren sie fühlbar steifer nach der Bestrahlung. Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 11

12 Bruchkraft -Abnahme -UV Test 100% 90% Rest-Bruchkraft [% der Ausgangs-Bruchkraft] 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Prüfling Nr. 1 PA Prüfling Nr. 4 PES Prüfling Nr. 6 PES/Aramid Prüfling Nr. 5 PES/Aramid; Vectran Kern Prüfling Nr. 7 PA Abbildung 18: Ergebnisse UV Resistenz Empfehlung Eine rein optische Bewertung eines Seiles auf UV-Belastungen ist nicht möglich. Es gibt verschiedene Hinweise darauf, ob ein Seil durch UV-Einstrahlung belastet sein könnte. Diese sind: Versteifung Vergilbung Ausfransungen/ Aufrauung Verfärbungen bzw. Verblassen der Farbintensität Es kann eine UV-Schädigung vorliegen, ohne dass optische Veränderungen am Seil festgestellt werden können! Ein gutes Beispiel dafür ist Prüfling Nr. 1 PA (siehe Abb. Nr. 16). Hier beträgt die Restfestigkeit 83%. Am Seil selbst konnte man nur eine Versteifung feststellen. Auch am Prüfling Nr. 4 PES konnten keine Anzeichen einer UV-Beschädigung festgestellt werden, obwohl das Seil 9% an Festigkeit verloren hatte. Es ist davon auszugehen, dass Seile die starke Anzeichen von UV-Belastungen (Vergilbung, Versteifung oder aufgerauter Mantel) zeigen, auch eine starke Abnahme der Bruchlast aufweisen. Daher müssen solche Seile abgelegt werden. Chemikalienresistenz Bei dieser Prüfung wurden die Seile mit verschiedenen Substanzen, definiert in Kontakt gebracht, 24h auf natürliche Weise getrocknet und auf die Restfestigkeit geprüft. Die verwendeten Chemikalien waren: Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 12

13 Benzin Batteriesäure Korrosionsschutzfarbe Benzin Bei dieser Prüfung wurden die Seile für 15 Minuten in Benzin eingetaucht. Danach wurden sie auf natürliche Weise getrocknet und auf die Restfestigkeit geprüft. Ergebnisse Abbildung 19: Prüfling Nr. 6 PES/Aramid, PES Kern Das Benzin hat den Seilen so gut wie keinen Schaden hinzugefügt. 100 Bruchkraft - Abnahme - Benzin 90 Rest-Bruchkraft [% der Ausgangs-Bruchkraft] Prüfling Nr. 1 PA Prüfling Nr. 4 PES Prüfling Nr. 6 PES/Aramid Prüfling Nr. 7 PA Prüfling Nr. 8 PES/PA Abbildung 20: Ergebnis Chemikalienresistenz - Benzin Empfehlung Die Daten zeigen, dass es grundsätzlich unbedenklich ist, verunreinigte Seile mit Benzin zu reinigen. Auch hier ist eine Reinigung nur vorzunehmen, wenn sie unbedingt nötig ist. Wichtig ist die Beachtung der Sicherheitsvorschriften im Umgang mit Waschbenzin. Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 13

14 Batteriesäure Bei der Prüfung wurden die Seile für 5 Minuten in Batteriesäure (w(h 2SO 4 = 37%)) eingetaucht, danach auf natürliche Weise getrocknet und anschließend auf die Restfestigkeit geprüft. Ergebnisse Abbildung 21: Prüfling Nr. 1 PA oben vor Prüfung mit Batteriesäure, unten nach der Prüfung Einige der Prüflinge fühlten sich schmierig an und der Mantel wurde teilweise beschädigt. 100 Bruchkraft - Abnahme - Batteriesäure - 5min. Rest-Bruchkraft [% der Ausgangs-Bruchkraft] Prüfling Nr. 1 PA Prüfling Nr. 5 PES/Aramid, Vectran Kern Prüfling Nr. 6 PES/Aramid Prüfling Nr. 7 PA Prüfling Nr. 8 PES/PA Prüfling Nr. 9 Dyneema Abbildung 22: Ergebnis Chemikalienresistenz - Batteriesäure Die Auswirkungen von Batteriesäure auf die Seilproben sind sehr unterschiedlich und durch die verschiedenen Fasermaterialien erklärbar. Während PA gegen (verdünnte) Mineralsäuren wie Batteriesäure unbeständig ist und daher stark an Bruchkraft verliert, ist bei Seilen mit Aramidanteil nahezu kein Verlust der Höchstzugkraft erkennbar. Dyneema erzielt nach der Behandlung mit Schwefelsäure ebenfalls ausgezeichnete Bruchkraftwerte, was auf die gute Säurebeständigkeit des Materials zurückzuführen ist. Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 14

15 Empfehlung Eine Kontamination von Seilen mit Chemikalien und daher auch mit Batteriesäure ist grundsätzlich zu vermeiden. Der Materialwahl kommt entscheidende Bedeutung zu. Abschließendes An dieser Stelle möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass die Angaben in diesem Bericht nur als Orientierung zu verstehen sind. Einflüsse auf Seile, die in der Echtanwendung gleichzeitig wirken (z.b. UV-Licht und Scheuern) wurden nur isoliert und unter Laborbedingungen betrachtet. Auch wurde die Zahl der Prüflinge eher gering gewählt, um zwar einen ersten Eindruck zu erlangen, aber auch den Zeitbedarf einzuschränken. Die vorliegenden Ergebnisse werfen weitere Fragen auf wie bspw.: Soll man ein verschmutztes Seil waschen (d.h. Schädigung durch die Wäsche) oder lieber verschmutzt weiterverwenden (d.h. Schädigung durch Abrasion)? Welche Wirkung haben Sonnenlicht / Witterungseinflüsse auf ein bereits durch mechanische Abnutzung vorgeschädigtes Seil? Die Beantwortung dieser Fragen ist aufwändig und die Versuche nehmen viel Zeit in Anspruch. Wie anfänglich schon erwähnt sind unsere Ergebnisse zu dem Projekt: Gezielte Schädigung von Seilen noch nicht vollständig. Dennoch glauben wir, dass unsere bisherigen Ergebnisse gute Richtwerte für Anwender sind. Wir werden weiter an diesem Thema arbeiten und halten Sie auf dem Laufenden über die Ergebnisse. Gezielte Schädigung von Seilen. Seite 15