Ausgabe Ein Gemeinschaftsprodukt der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrichten. Die Frau, die seltene Chefin

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1 Wirtschaft in Baden-Württemberg Ausgabe Ein Gemeinschaftsprodukt der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrichten Preis 3,20 Euro Spitzenfrauen im Land Zunehmend erobern sich Frauen Chefposten in Baden Württembergs Wirtschaft und Politik. SEITEN 1 8 Wirtschaft & Erfolg Wer Berufserfahrung hat, punktet bei der Jobsuche. Ein Personalchef erklärt, worauf es ankommt. SEITE 9 Wirtschaft & Debatte Elektromobilität und was sie für die Arbeitsplätze bedeutet. SEITEN 23, 24 Die Frau, die seltene Chefin Führungspositionen Es wird viel diskutiert und teilweise auch gehandelt. Dennoch: Weiblich besetzte Spitzenposten in Wirtschaft und Wissenschaft bleiben die Ausnahme. Aber es liegt nicht nur an den anderen. Von Inge Nowak Illustration: Malte Knaack, Ole Schleef Es gibt sie. Renata Jungo Brüngger, Britta Seeger, Margret Suckale, Kerstin Erbe, Nicola Leibinger Kammüller und Edith Sitzmann gehören dazu. All dies sind Frauen in Spitzenpositionen im Südwesten Daimler hat gleich zwei weibliche Vorstände (Jungo Brüngger verantwortet den Bereich Integrität und Recht, Seeger ist Chefin des Mercedes Benz Cars Vertrieb), Suckale ist Arbeitsdirektorin bei BASF, Erbe ist bei der Drogeriekette dm für das Produktmanagement zuständig, Leibinger Kammüller steht dem Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf vor und Sitzmann ist die Wächterin der Finanzen von Baden Württemberg. Nicht nur bei Trumpf, auch in vielen anderen Familienunternehmen haben sich mittlerweile die Töchter an die Spitze gesetzt. Diese Frauen sind quasi die Leuchttürme in einer überwiegend männlich dominierten Arbeitswelt. Dabei hat sich in den vergangenen Jahren durchaus etwas bewegt: Nicht nur die Frauenquote ist Fakt, es wurde auch einiges für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf getan. Doch die Zahlen bleiben ernüchternd. Gerade einmal 6,5 Prozent der Vorstände in den 160 deutschen Dax Unternehmen dazu zählen neben dem Leitindex selbst auch der M Dax, der S Dax und der Tec Dax sind weiblich, hat der Verein Frauen in die Aufsichtsräte (Fidar) errechnet. Das waren drei Punkte mehr als Anfang Wenn die Zahl der Chefinnen weiter so langsam steigt, wird es bis 2047 dauern also sage und schreibe noch 30 Jahre, bis ein Drittel der Vorstandsposten mit Frauen besetzt ist, hat die Unternehmensberatung EY errechnet. In den (gewählten) Aufsichtsräten haben sich schon mehr Frauen durchgesetzt hier liegt der Anteil mittlerweile bei knapp 26 Prozent, 16 Punkte höher als vor fünf Jahren. Vor allem die Arbeitgeberseite hat gemäß den gesetzlichen Vorgaben mehr Frauen für die Kontrollgremien aufgestellt. Allerdings, in den Normierungs, Prüfungsund Präsidialausschüssen also dort, wo die wirklich wichtigen Entscheidungen gefällt werden sind Frauen immer noch rar. An der Ausbildung liegt es nicht, dass Frauen sich auf der Karriereleiter schwertun. Im Gegenteil. In den Schulen schneiden sie besser ab, der Anteil der weiblichen Studierenden ist höher und sie haben zudem bessere Abschlüsse. Auch die ersten Karrierestufen erklimmen sie ohne größere Probleme. Doch beim Sprung zum Bereichsleiter würden sie häufig von ihren männlichen Mitbewerbern abgehängt, sagt Anke Hoffmann, die geschäftsführende Gesellschafterin der Hoffmann & Partner Executive Consulting in Berlin. Dabei gilt es als bewiesen, dass Vielfältigkeit in Führungsteams Geschlecht, Alter oder Region den Unternehmenserfolg steigert. Nicht zuletzt hängen Männer ihre Kolleginnen noch häufig beim Gehalt ab. Wer nun über die Unternehmen die an der eigenen Karriere arbeitenden Männer, die Politik und die Gesellschaft schimpft, springt zu kurz. Es liegt auch an den Frauen selbst, wissen Fachleute. Netzwerken und Koalitionen schmieden ist häufig keine weibliche Stärke. Wie setze ich mich in Szene, wie bringe ich mich ins Gespräch Finanzministerin Edith Sitzmann hat angehende Politikerinnen vor Kommunalwahlen entsprechend geschult. Und dann: Karriere bleibt Kärrnerarbeit in Teilzeit ist sie nicht zu bewältigen. Der schwierige Weg zum Kunden Wie finde ich zu meinen Kunden? Das ist für viele Start ups eine größere Herausforderung als die Technologie. Anhand von zwei gegensätzlichen jungen Firmen aus Baden Württemberg zeigt IdeenwerkBW unterschiedliche Marketingstrategien. Bataillon Belette aus Stuttgart, das reißfeste Strumpfhosen verkauft, ist in der TV Sendung Die Höhle der Löwen zum Star geworden. Kreatize aus Tübingen überzeugt mit seiner Online Plattform für Spezialteile konservative Firmen der old economy. Im Standortporträt beschreiben wir die Gründerstadt Heilbronn, und Rolf Heiler, ein Urgestein der IT Unternehmer im Land, erzählt über sein Leben. age Start up Schwerpunkt auf den SEITEN 19 22

2 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten 2 Wirtschaft in Baden-Württemberg Nr. 1 Februar 2017 Inhalt Interview Aufklärungsarbeit ist noch nötig Finanzministerin Edith Sitzmann über das Berufswahlverhalten von jungen Mädchen. SEITE 3 Managerinnen Frauen erobern die Chefetagen Ob als Gründerin, IT Managerin oder Forscherin Frauen mischen immer mehr Branchen auf. SEITEN 4, 5 Familienunternehmen Töchter an der Firmenspitze Von Trumpf bis Mairdumont: Immer häufiger übernehmentöchter die Führung traditionsreicher Firmen. SEITE 6 Gespräch Jede ist ihrer Karriere Schmied Auf Frauenförderprogramme will sich Unternehmerin Anke Hoffmann nicht verlassen. SEITE 7 Mentorinnen Hilfreich für den Karrieresprung Mentorinnen sind kein Garant für den Karriersprung, aber hilfreiche Wegbereiter und begleiter. SEITE 10 Studiengang Master für Bioprozesstechnik Der berufsbegleitende Masterstudiengang für Bioprozesstechnik in Esslingen ist einzigartig. SEITE 12 Berufsporträt Chief Digital Officer Um den digitalen Wandel voranzutreiben, schaffen immer mehr Firmen den Posten eines Chief Digital Officers. SEITE 13 Arbeitsrecht Arbeiten als Rentner Die aktuelle Rechtslage erschwert eine Beschäftigung nach Erreichen des Rentenalters. SEITE 14 Nicole Hoffmeister Kraut Die Zeitmanagerin Sie lacht gern, ist offen und direkt das Regieren macht Nicole Hoffmeister Kraut (44) Spaß, auch wenn der Job als Wirtschaftsministerin von Baden Württemberg nicht immer ganz einfach unter einen Hut zu bringen ist mit Familie und Privatem. Doch die Neue im Amt hat sich längst Anerkennung verschafft auch außerhalb der CDU. Man merkt, dass sie aus der Wirtschaft kommt, sind sich vor allem Unternehmer einig. Die promovierte Betriebswirtin, die im Mai 2016 das Amt als Landesministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau angetreten ist, kommt aus einem Familienunternehmen und ist Gesellschafterin des Balinger Waagenherstellers Bizerba. Sie hat internationale Berufserfahrung hat etwa für die Investmentbank Morgan Stanley in London und als Analystin für Ernst & Young gearbeitet. Ihre Berufung zur Wirtschaftsministerin war eine Sensation. Wenn so etwas an einen herangetragen wird, kann man doch nicht ablehnen, findet sie. Karriere oder Familie? Das eine darf das andere nicht ausschließen, steht für die dreifache Mutter fest. Damit sie den Spagat schafft, mutet sie sich oft einen strengen Zeitplan zu. Gute Organisation erleichtert dabei vieles. Stuttgart sei von Balingen aus machbar, findet sie. Wäre der Job in Berlin, hätte sie abgelehnt. imf Bettina Limperg Die Standfeste Bettina Limperg hat feste Standpunkte, die sie mit Leidenschaft und Verve vertritt. Sie stellt sich gegen die Forderung des Fernsehens, vermehrt aus Gerichtssälen zu senden, und gegen politische Bestrebungen, Gerichte durch Schiedsstellen zu ersetzen. Den AfD Politiker Björn Höcke nannte sie einst einen Rattenfänger. Gemessen an Zentimetern ist Bettina Limperg eine kleine Frau. An Größe fehlt es ihr aber nicht. Sie ist Präsidentin des Bundesgerichtshofes, des höchsten deutschen Gerichts für Straf und Zivilsachen. Als sie die Stelle 2014 antrat, war es in der 64 jährigen Gerichtsgeschichte das erste Mal, dass eine Frau die Position in Karlsruhe übernahm. Die 56 Jährige, die in Fellbach lebt, stammt aus Wuppertal Elbersfeld und hat eine respektable Karriere vorzuweisen. Richterin am Stuttgarter Landgericht, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei einem der ganz Großen unter den Verfassungsrichtern bei Ernst Wolfgang Böckenförde, dann Amtsgerichtsdirektorin in Waiblingen, Vize am Stuttgarter Landgericht und Amtschefin im Stuttgarter Justizministerium. Am BGH wurde unter ihrer Ägide die erste Richterin in Teilzeit an das Gericht berufen und 60 Jahre nach Skandalurteilen ihrer Vorgänger entschuldigte sich Limperg für rassistische Rechtsprechung des Gerichts. cgo Spitzenfrauen im Land Porträts Zahlenmäßig sind Frauen immer noch unterrepräsentiert in den Führungsetagen, obwohl sie fachlich und menschlich oft qualifizierter als ihre Mitbewerber sind. Wir stellen Akteurinnen vor, die einen Chefposten erobert haben. Finanzen Niedrigzins lässt Anleger flüchten Die Nullzinspolitik im Euroraum verlockt zu Engagements in Fremdwährungen. SEITE 15 Porträt Der Heimatstadt verbunden Wolfgang Grenke, Gründer des IT Dienstleisters Grenke, ist seiner Heimatstadt Baden Baden treu. SEITE 16 Wirtschaft & Debatte Freihandel Diskussionen einst und jetzt Warum Ökonom Marcel Fratzscher von der Politik einen klaren Kurs für offene Grenzen fordert. SEITEN 17, 18 Fotos: bopicture, Daimler, dpa (2), Wilhelm Mierendorf Kontakt Die Wirtschaftszeitung wurde mehrfach mit dem European Newspaper Award ausgezeichnet. Impressum Compliance Vorsicht, Haftung! Wer muss den Kopf hinhalten, wenn es zu Verstößen gegen gesetzliche oder regulatorische Auflagen kommt? SEITE Compliance Round Table Es fehlt das Bewusstsein Compliance wird weiterhin unterschätzt, warnen Experten beim Round Table im Pressehaus Stuttgart. SEITEN 28, 29 Kritik und Anregungen Wie gefällt Ihnen Wirtschaft in Baden Württemberg? Wir freuen aus auf Ihre Reaktionen ob Lob oder Tadel. Schreiben Sie uns Ihre Meinung per E Mail an redaktion@wirtschaft in bw.de Douce Steiner Die Sterneköchin Frauen und Küche in Deutschlands Spitzengastronomie ist diese Liaison eher selten. Die zehn Großmeister mit drei Michelin Sternen sind ausnahmslos männlich, und zwei Sterne gebühren bisher nur einer einzigen Frau: Douce Steiner aus dem badischen Sulzburg. Umso neugieriger blicken die Medien auf die 45 Jährige, die mit ihrer Familie den Hirschen im Markgräflerland betreibt. Oft wird sie gefragt: Gibt es eine weibliche Küche? Steiner bestreitet das entschieden, nimmt allerdings für sich in Anspruch, ihre Chef Rolle etwas anders auszufüllen als viele ihrer männlichen Kollegen: weniger laut, weniger drohend. Wenn die Leute Angst haben, bringen sie nichts Kreatives mehr auf den Teller, sagt die gebürtige Stuttgarterin, deren Vater Hans Paul Steiner einst im Schlossgartenhotel kochte. Der Erfolg gibt ihr recht: Die Bewerber, meist junge Leute mit Abitur und Ausbildung, stehen bei ihr Schlange. Bei mir bleibt man auch länger als ein Jahr, sagt die Frau mit dem kurzen schwarzen Haar, die ihr Handwerk unter anderem bei Harald Wohlfahrt in Baiersbronn erlernt hat. Auch die Michelin Tester sind begeistert: 2017 glänzen erneut zwei Sterne über Douce Steiners Hirschen. ari Britta Seeger Die Vertriebschefin Seit Jahresbeginn ist Britta Seeger Mitglied des Daimler Vorstands und leitet dort als erste Frau den Vertrieb der Autosparte Mercedes Benz Cars, die den Löwenanteil des Gewinns bringt. Daimler Aufsichtsratschef Manfred Bischoff lobte sie vorab in höchsten Tönen. Wir zeigen, dass wir hervorragende Frauen für Vorstandspositionen haben, sagte Bischoff, als das Kontrollgremium ihr diese wichtige Aufgabe anvertraute. Britta Seeger ist in Bonn geboren, hat an der Stuttgarter Berufsakademie Betriebswirtschaft studiert und ist seit 1989 bei Daimler. Dort sammelte sie vielfältige Führungserfahrungen in Vertrieb und Marketing. So leitete sie im Jahr 2000 eine Abteilung, die Voraussetzungen für die Digitalisierung des Vertriebs schuf. Später war sie für das gesamte Ersatzteilgeschäft des Konzerns zuständig. Im März 2013 wurde Seeger Chefin der koreanischen Landesgesellschaft, zwei Jahre darauf übernahm sie die Gesamtverantwortung für das Lkw und Busgeschäft in der Türkei. Die 47 Jährige schwärmt heute von beiden Ländern und gibt auf die Frage nach Hobbys eine überraschende Antwort: Ich habe einen Mann und drei Kinder, sagt Seeger und lacht. hap Uta Micaela Dürig Die Netzwerkerin Im Juli 2015 ist Uta Micaela Dürig in die Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung gerückt, eine der großen unternehmensverbundenen Stiftungen in Deutschland. Die Kommunikationswissenschaftlerin und ausgebildete Tageszeitungsredakteurin verantwortete zuvor die weltweite Unternehmenskommunikation sowie die Bereiche Markenmanagement und Nachhaltigkeit des Stuttgarter Bosch Konzerns. Als Stiftungsgeschäftsführerin liegt ihr am Herzen, schneller dauerhafte Wirkung und modellhafte Lösungen auch für aktuelle Themen wie Flucht und Integration, Bildung in Afrika bis hin zur Digitalisierung zu erzielen. Geld ist wichtig, aber nicht immer das Entscheidende. Kontakte sind häufig mehr wert als die Fördersummen, sagt Dürig. Entsprechend gut ist die Frau auch vernetzt. An sich glauben, Netzwerke aufbauen, seinen Weg zielstrebig weitergehen auch bei Hindernissen, so lautet ihr Motto. Anderen Frauen rät sie, möglichst viele Perspektivwechsel in der Berufskarriere zu vollziehen, um sich in kurzer Zeit möglichst viel Wissen, Erfahrungen und Kontakte anzueignen. Dürig (Jahrgang 1964) ist verheiratet und hat ein Kind. imf Index Chefredakteure Joachim Dorfs, Dr. Christoph Reisinger Leitung Anne Guhlich Redaktion Imelda Flaig, Sabine Marquard, Andreas Geldner Gestaltung/Produktion Sebastian Ruckaberle, Sebastian Klöpfer, Dirk Steininger E Mail: redaktion@wirtschaft in bw.de Telefon: / und / Internet: in bw.de Wirtschaft in Baden Württemberg ist ein Produkt der Stuttgarter Zeitung Verlagsgesellschaft mbh / Stuttgarter Nachrichten Verlagsgesellschaft mbh Anzeigen Tanja Dehner (verantw.) Stuttgarter Zeitung Werbevermarktung GmbH, Plieninger Str. 150, Stuttgart Telefon: / E Mail: anzeigen@wirtschaft in bw.de Druck Pressehaus Stuttgart Druck GmbH, Plieninger Str. 150, Stuttgart Telefon: / Personen Ackermann, Ulrich 17 Arbogast, Christine 10 Bauer, Jobst Hubertus 14 Becker, Jochen 16 Biskup, Saskia 5 Biener, Richard 12 Billek, Bernd 19 Blüggel, Martin 19 Brenner, Carmina 5 Bracht, Pia 21 Burghof, Hans Peter 32 Chamarthi, Mamatha 13 Dümmel, Ralf 21 Dürig, Uta Micaela 2 Dzengel, Irina 12 Ernesti, Stefan 19 Fischer, Michael 17 Flamm, Stefanie 12 Fratzscher, Marcel 18 Geiger, Heinz 15 Gerd tom Markotten, D. 4 Gerstner, Daniela 16 Grebe, Elisabeth 10 Grenke, Wolfgang 16 Hanitsch, Jutta 17 Heiler, Rolf 22 Hirschmüller, Roland 15 Hoffmann, Anke 7 Hofmann, Jörg 17, 23 Hoffmeister Kraut, N. 2 Joos, Martin 15 Just, Daniel 9 Kaim, Franz 15 Klein, Holger 16 Kunschert, Susanne 6 Leibinger Kammüller, N. 6 Limperg, Bettina 2 Lipovac, Suzana 4 List, Friedrich 17 Magno, Federico 16 Mair Huydts, Stephanie 6 Marx, Karl 17 Mehl, Sarah 12 Mock, Peter 24 Moser, Daniel 21 Nieke, Wolfgang 23, 24 Ricardo, David 17 Rutschmann, Richard 16 Schrade, Marc 16 Schreiber, Philipp 19 Schwarz, Dieter 19 Seeger, Britta 2 Smith, Adam 17 Sitzmann, Edith 3 Stabiszewski, Adrian 19 Steiner, Douce 2 Tüchelmann, Simon 20 Villinger, Thomas 19 Von Dewitz, Antje 4 Wehde, Gerald 17 Wissmann, Matthias 17 Wittenstein, Anna K. 6 Zetsche, Dieter 23 Firmen/Organisationen Baader Bank 15 Bataillon Belette 21 Bioland 17 Bundesgerichtshof 2 BW Bank 15 BWK GmbH 16 Cegat 5 Coworking Space 19 Daimler 2, 23, 24 Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung 18 DS Produkte GmbH 21 Finanzministerium 3 Gleiss Lutz 14 Hirschen Sulzburg 2 Hoffmann & Partner 7 Hochschule Esslingen 12 IBM 10 IG Metall 23 Kinderberg 4 Kreatize 20 LBBW 32 Lidl 19 Marquardt 16 Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau 2 Mair Dumont 6 Pilz 6 PPS Protagen Protein Services 19 Porsche Consulting 16 Schleich 16 Schmalz 9 Siedle 16 Sozietät Heuking 25 Sozietät SGP Rechtsanwälte 25 Statistisches Landesamt 5 Stadt Tübingen 10 Sparkassenverband Baden Württemberg 32 SVA 15 Trumpf 2 Vaude 4 VDA 17 VDMA 17 Verdi 17 Vertiva Family Office 15 Wirtschaftsarchiv 17 Wittenstein 2 ZF Friedrichshafen 13 Zukunftsfonds 19

3 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten Nr. 1 Februar 2017 Wirtschaft in Baden-Württemberg 3 Aufklärungsarbeit ist noch nötig Interview Die Berufswahl sei ein entscheidendes Kriterium für die Karriere und die Verdienstchancen, sagt Baden Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann. Wenn unterschiedliche Menschen mit ihren Erfahrungen ein Thema von verschiedenen Seiten beleuchten, ergeben sich neue Ansätze, Ideen und Lösungen. Edith Sitzmann zum Thema direkte Kommunikation In Sachen Selbstmarketing sieht Edith Sitzmann bei manchen Frauen noch Nachholbedarf. Der Grundsatz, tue Gutes und rede darüber, sei wichtig, sagt Baden Württembergs Finanzministerin. Frauen falle es schwerer, sich selbst wichtig zu nehmen, so ihr Eindruck. Frau Sitzmann, Männer kommunizieren anders als Frauen. Der US Präsident twittert. Was machen Sie? Ich bin eine Anhängerin der direkten Kommunikation. Deshalb habe ich einen großen Besprechungstisch in meinem Büro. Der wird auch fleißig genutzt. Für mich hat das direkte Gespräch einen großen Wert: Wenn unterschiedliche Menschen mit ihren Erfahrungen ein Thema von verschiedenen Seiten beleuchten, ergeben sich neue Ansätze, Ideen und Lösungen. Viele Themen sind sehr komplex, so dass sie mit 140 Zeichen in einer Twitternachricht nicht darzustellen sind. Sie haben in der Grünen Fraktion das Zwei Minuten Rederecht eingeführt. Woher kam mehr Gegenwind von Männern oder von Frauen? Niemand hat sich empört. Es war eine pragmatische Lösung und im allgemeinen Interesse, dass ich einst als Fraktionsvorsitzende die Drei Minuten Regel eingeführt habe. Der Hintergrund war, dass die Fraktion von 17 auf 36 Abgeordnete gewachsen ist. Mein Ziel war, dass möglichst alle zu Wort kommen. Mittlerweile sind es zwei Minuten, weil es 47 Abgeordnete sind. Glauben Sie, dass Frauen anders führen als Männer? Es ist komisch, dass ich als Frau immer gefragt werde, ob ich anders führe als ein Mann. Männer werden nicht gefragt, ob sie anders führen als Frauen. Letztendlich müsste man mit Leuten sprechen, die schon mal einen Mann als Chef und eine Frau als Chefin hatten. Ich war lange selbstständig also meine eigene Chefin, in der Landesregierung habe ich einen Chef, den Ministerpräsidenten. Es geht nicht so sehr um Mann oder Frau. Mir ist wichtig, allen Menschen mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen. Das ist die Grundlage, um miteinander gute Gespräche führen zu können. Bei Frauen wird auch sehr auf Äußerlichkeiten geachtet. Bei der britischen Premierministerin Theresa May wurde ausführlich über ihre Schuhe berichtet. Bei einem Mann ist das schwer vorstellbar. Nervt sie das? Mit nerven hat das nichts zu tun. Es gibt Ausnahmen bei den Männern etwa wenn es um die Farbe von Krawatten geht. Wenn CDU Politiker bei Koalitionsverhandlungen grüne Krawatten tragen oder der Ministerpräsident eine grün schwarze, dann fällt das auf. Es wird auch darüber berichtet, wenn Männer teure Maßanzüge tragen oder wenn man vermutet, sie könnten die Haare getönt haben. Ansonsten stimmt es schon, dass bei Frauen das Aussehen und Edith Sitzmann (rechts) im Gespräch mit Redakteurin Imelda Flaig die Kleidung öfter im Fokus stehen. Andererseits ist es doch wunderbar, dass ich als Frau eine viel größere Bandbreite habe, mich anzuziehen. Vom schwarzen Finanzerkostüm mit weißer Bluse bis zu bunten Sakkos, Kleidern oder Hosenanzügen. Leistung allein reicht nicht, um voranzukommen. Auch Selbstmarketing ist sehr wichtig. Haben Frauen hier Nachholbedarf? Der Grundsatz, tue Gutes und rede darüber, ist wichtig. Als Trainerin habe ich für Frauen Kurse gegeben etwa vor Kommunalwahlen. Da haben wir auch daran gearbeitet, wie sich die Teilnehmerinnen in Szene setzen und sich ins Gespräch bringen können. Es geht nicht nur darum, was man sagt, sondern auch, wie man es sagt und wie man auftritt. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Frauen sich etwas mehr überwinden müssen, um sich öffentlich zu präsentieren, als dies bei Männern der Fall ist. Viele Fachleute sagen, dass sich Frauen oft selbst im Weg stehen. Teilen Sie diese Erfahrung? Ich würde das nicht als frauenspezifisches Charakteristikum nehmen. Oft sind es Themen oder Problemstellungen, die einem mal mehr oder mal weniger liegen. Frauen fällt es allerdings manchmal etwas schwerer, sich selbst wichtig zu nehmen und Sendungsbewusstsein zu entwickeln, dass sie was Wichtiges zu sagen haben. Dort, wo die Zukunft entschieden und gut Geld verdient wird, sind Frauen an der Spitze selten. Nehmen wir das Silicon Valley und die Finanzbranche. Woran liegt das? Ich bin Finanzministerin und dabei in bester Gesellschaft. Es gibt drei grüne Finanzministerinnen in dieser Republik, insgesamt sind es fünf Finanzministerinnen also ganz so einsam ist es nicht. Aber es ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig, gerade wenn man sich das Berufswahlverhalten von jungen Mädchen anschaut. Als Politikerin habe ich schon öfter den Girls Day mit veranstaltet, bei dem es darum geht, was Mädchen später einmal werden wollen. Viele werden lieber Friseurin als Mechatronikerin und da verdienen sie deutlich weniger als viele Männer. Und wenn ein Kind kommt, stecken sie auch noch zurück. Ist das nicht ein Teufelskreis und wie lässt der sich durchbrechen? Wir haben im Mint Bereich (Anm. d. Red: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) eine Initiative von Wirtschafts und Wissenschaftsministerium, mehr Mädchen für die technischen Berufe zu interessieren. Allerdings ist auch wichtig, dass der Arbeitsmarkt durchlässig ist und Frauen beispielsweise als Ingenieurinnen Chancen haben, einen Arbeitsplatz zu bekommen, bei dem sie nach einer Familienpause wieder einsteigen können. Das ist sicher auch eine Aufgabe von Arbeitgebern, den Kontakt mit Frauen zu halten, zu signalisieren, wir freuen uns, wenn du wiederkommst. In Zeiten des Fachkräftemangels wird das noch wichtiger, dann dürften sich auch bessere Verdienstchancen für Frauen ergeben. Der Teufelskreis lässt sich durchbrechen. Da Fotos: Lichtgut/Leif Piechowski Sie trägt Verantwortung und kann viel gestalten. Das Regieren macht ihr Freude: Finanzministerin Edith Sitzmann. gehören aber alle Seiten dazu: Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Eltern und auch die Frage, ob Familienarbeit eine Frauenaufgabe ist. Da tut sich was, zwar im kleinen Prozentbereich, aber immerhin. Durch die Elternzeit nehmen sich zunehmend Männer Zeit für ihre Kinder. Beim Finanzplatzgipfel in Stuttgart, den es seit vielen Jahren gibt, fallen die wenigen Frauen, die zwischen den vielen Männern anzutreffen sind, immer noch auf. Gerade bei Banken und Sparkassen arbeiten viele Frauen, aber nicht an der Spitze. Ja, das stimmt. Der Frauenanteil ist noch nicht so prickelnd. Es gibt die Frauenquote für Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen und mit dem Chancengleichheitsgesetz soll in Gremien, in die das Land Mitglieder entsenden kann, der Frauenanteil auf 40 Prozent erhöht werden. Das ist ein guter Ansatz. Letztlich geht es darum, gemischte Teams mit unterschiedlichen Fähigkeiten zu bilden. Also Diversity da geht es um Mann und Frau, um Jung und Alt, unterschiedliche Nationalitäten, Kulturen, Berufe. Wir wissen, dass gemischte Teams für die Ergebnisse von Unternehmen gewinnbringend sind. Sie haben Geschichte und Kunstgeschichte studiert und als Reiseleiterin gearbeitet und dann in der Politik Karriere gemacht. Sollten Frauen, die Karriere machen wollen, eher fokussieren oder eher eine breitere Themenpalette abdecken? Das ist schwer zu sagen. Mein Lebenslauf ist ja nicht sehr gradlinig. Ich persönlich habe es immer als Bereicherung empfunden, dass ich Einblicke in unterschiedliche Berufswelten und Aufgaben hatte. Davon profitiere ich. Dass ich Finanzministerin geworden bin, hab ich mir zuvor nicht erträumt. Scheinbar geht es auch mit einem weniger gradlinigen Lebenslauf, eine Führungsaufgabe zu bekommen. Haben Sie den Eindruck, dass Sie für Ihre Karriere viel opfern mussten? Nein, ich habe mich ja immer freiwillig entschieden, wenn sich eine Möglichkeit ergeben hat. Wenn man so eine Aufgabe übernimmt, übernimmt man sie mit Herzblut, Haut und Haaren. Wie setzen Sie sich durch in reinen Männerrunden? Gibt es einen Kniff oder etwas, was Frau tunlichst vermeiden sollte? Ich bin seit 2002 im Landtag. Und seit ich Politik mache, bin ich für Themen zuständig, die man fälschlicherweise als sogenannte harte Themen bezeichnet egal ob als wirtschafts oder finanzpolitische Sprecherin, Fraktionsvorsitzende oder Finanzministerin. Da gab es häufig Termine und Gesprächsrunden mit vielen Männern. Entscheidend ist, dass man sich selber im Klaren ist, welches Ergebnis man erreichen will, um das dann mit Argumenten und mit Charme durchzusetzen. Ich halte es für wichtig, vom Ergebnis her zu denken. Das Gespräch führte Imelda Flaig. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Frauen sich mehr überwinden müssen als Männer, um sich öffentlich zu präsentieren. Edith Sitzmann zum Thema Selbstmarketing FRAUEN DOMINIEREN IN SOZIALEN BERUFEN Branchen mit den höchsten weiblichen Beschäftigungsanteilen in Baden-Württemberg Ende März 2016, Quote in Prozent, Gesamtbeschäftigte in Tausend Männer 18,6 % Frauen 81,4 % Gesundheitswesen StZ-Grafik: zap Gesamt ,9 72,1 300 Einzelhandel 28,1 71,9 142 Erziehung und Unterricht 34,3 65,7 121 Sozialwesen (ohne Heime) 13,4 86,6 Heime 112 Quelle: Bundesagentur für Arbeit EDITH SITZMANN Werdegang Edith Sitzmann wurde 1963 in Regensburg geboren, ist dort aufgewachsen und zur Schule gegangen. Ihr Studium der Geschichte und Kunstgeschichte führte sie über Heidelberg nach Freiburg, wo sie nach dem Magisterabschluss blieb die Stadt ist auch heute noch ihr Zuhause. Politik Seit 1991 ist Edith Sitzmann bei den Grünen aktiv. Seit 2002 sitzt sie im Landtag von Baden Württemberg. Dort war sie unter anderem Mitglied der Enquetekommission Demografischer Wandel Herausforderung an die Landespolitik wurde sie finanzpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion, 2006 dann schließlich wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion übernahm sie den Vorsitz der Landtagsfraktion als Nachfolgerin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Seit Mai 2016 ist Edith Sitzmann Finanzministerin der grün schwarzen Landesregierung. Sie arbeitet außerdem in verschiedenen Beiräten und Vorständen mit unter anderem im Beirat der Albert Ludwigs Universität Freiburg, im Beirat der Hochschule für Kunst, Design und Populäre Musik Freiburg, im Aufsichtsrat des Münsterbauvereins Freiburg sowie bei der L Bank Baden Württemberg. Hobbys Weil sie beruflich viel in geschlossenen Räumen sitzt, zieht es sie in der Freizeit hinaus in die Natur zum Langlauf, Nordic Walking oder Radeln. Im Sommer kocht Edith Sitzmann mit Begeisterung Marmelade ein und freut sich, wenn sich ihre Vorratsregale nach und nach mit Selbstgemachtem füllen auch zum Verschenken. imf

4 4 Wirtschaft in Baden-Württemberg Langsam, aber beharrlich erobern Frauen die Chefetagen Bunte Ausnahme bei den Brummis D A ls Antje von Dewitz 1998 in das ren Jahren Hausmann und hat gerade das Kreativität und Eigenverantwortung ent Unternehmen ihres Vaters einstieg, Wohnhaus komplett renoviert. Das Enga falten. Fehlzeiten und Fluktuation seien war sie schwanger. Inzwischen hat gement geht aber noch viel weiter hat sehr gering. Und auch um gutes Personal sie vier Kinder. Sie war immer berufstätig. Vaude den Betrieb des Familien Freibades müsse sie sich nicht sorgen. Antje von Dewitz macht deutlich, dass 2009 übernahm sie sogar die Führung des am Firmensitz im Tettnanger Ortsteil Tettnanger Outdoor Sportartikel Herstel Obereisenbach übernommen, in Koopera auch Vaude viel von den Mitarbeitern ver lers Vaude. Ich habe nie ohne Kinder ge tion mit der Stadt und dem örtlichen För langt, vor allem Flexibilität, Leistungsbe arbeitet, sagt die studierte Kulturwirtin derverein. Damit konnte die Schließung reitschaft und Entscheidungsfreude. Ent und promovierte Ökonomin. Die quirlige verhindert werden. Das Bädle ist ein wich scheidungen ruhen bei uns auf vielen Managerin kennt daher das Thema Verein tiger Treffpunkt für die Familien, sagt sie. Schultern. Ich bin überzeugt, dass sie umso barkeit von Familie und Beruf aus eigener Ein Unternehmen mit vielen Mitarbei besser sind, je vielfältiger die Mitwirken Erfahrung. Bei einem Frauenanteil von tern, einer Produktion und zentralen Lo den sind Frauen und Männer, Ältere und 60 Prozent war Familie immer ein Thema gistik bedeutet für einen kleinen Ort ja Jüngere, verschiedene Nationalitäten. in der Firma. Mangels Betreuungsmöglich auch eine Belastung. Wir wollten dafür Mit einer Quote von 40 Prozent sind Frau en bei Vaude in Führungspositionen gut keiten setzten früher viele Mitarbeiterin etwas zurückgeben. Der Erfolg gibt von Dewitz recht. vertreten. Gesamtgesellschaftlich hält sie nen nach der Geburt jahrelang aus. Dazu trugen in der Provinz auch Vorbehalte bei. Vaude ist nicht nur wirtschaftlich sehr aber eine Mindestquote für notwendig. erfolgreich. Das Unternehmen ist auch ein Sonst bewegt sich zu wenig. bl Rabenmütter hatten kein gutes Image. Schon früh richtete man bei Vaude ein attraktiver Arbeitgeber, der seine Mitarbei Kinderhaus ein, in dem heute Kinder von ter bei der Vereinbarung von Beruf sechs Monaten bis zu zehn Jahren betreut und Familie unterstützt. So ist es werden. Doch von Dewitz hält nichts wohl kein Zufall, dass die Mitarbei von Einzelmaßnahmen, sie setzt auf Ganz ter überdurchschnittlich viele Kin der bekommen. 50 heitlichkeit. Als Anhänge Prozent der 500 rin der Gemeinwohlöko Wir bemühen uns, Mitarbeiter sind nomie (GWÖ) sollten nach eine Arbeitskultur regelmäßig in Teil ihrer Ansicht Unterneh zu schaffen, in der zeit. Das Interesse men nicht nur nach ökono von außen an Vau mischen, sondern auch jeder sein Potenzial de ist riesig. Viele nach gesellschaftlichen ausschöpfen kann. Unternehmen ho und ökologischen Krite Antje von Dewitz, len sich Rat. Wir rien bewertet werden. Dass Geschäftsführerin Vaude haben eine eigene dies nicht nur graue Theo Fachkraft, die nur rie ist, zeigt die schier un ermessliche Zahl von Auszeichnungen, die Führungen macht, berichtet sie. das Unternehmen erhalten hat für Nach Sogar Tagungen werden hier, in haltigkeit, Umweltfreundlichkeit, soziales der Nähe des Bodensees, durchge Engagement und Familienfreundlichkeit. führt. Von Dewitz verschweigt Wichtig sind von Dewitz die Auszeichnung aber nicht, dass die Organisation als Deutschlands nachhaltigste Marke des Ganzen wirklich anstren (2015) sowie der DNWE Preis für Unter gend und aufwendig ist und nehmensethik und der Family Award für auch Geld kostet. Schließlich steht auch Vaude die familienfreundlichste Unternehmens kultur von der Unternehmensberatung A. im Wettbewerb. Natürlich gebe es auch Zielkonflikte, etwa zwi T. Kearney. Die 44 Jährige legt großen Wert darauf, schen Ökologie und Ökonomie. das Engagement selbst vorzuleben. Ihre Insgesamt aber zahle sich das eigenen vier Kinder besuchten das 2001 er Vertrauen in die Mitarbeiter öffnete Kinderhaus. Mitarbeiter können aus. Wir bemühen uns, eine flexibel Teilzeit arbeiten, zwischen 15 und Arbeitskultur zu schaffen, in 95 Prozent. Elternzeiten werden von fast der jeder Mensch sein Potenzial Antje von Dewitz ist Geschäftsführerin des Outdoor allen Männern wahrgenommen, oft deut ausschöpfen kann. Dann, wenn Sportartikel Herstellers Vaude. lich länger als die üblichen zwei Monate. man nicht in ein Schema ge Von Dewitz Lebensgefährte ist seit mehre zwängt wird, können sich W elches Potenzial in Frauen lichkeit zur Kommunikation. Wenn der als Gründerinnen steckt, zeigt nächste Laden weit entfernt ist und man nicht nur das Beispiel der Vor kein Auto mehr hat, wird das schwierig. zeigeunternehmerin Saskia Biskup. Das Einkaufsmöglichkeiten am Ort sind daher von ihr im Umfeld der Universität Tübin von zentraler Bedeutung. Und die bietet gen gegründete Biotech Unternehmen Ramona Damske. Vielen betagten Kunden Cegat, das Genomanalysen zur geziel liefert sie die Waren sogar nach Hause. Die gelernte Arzthelferin Betül Celik teren Behandlung von Erbkrankheiten oder Krebs erstellt, gewann jüngst den hat 2015 in Stuttgart den interkulturellen baden württembergischen Landespreis Pflegedienst Ikra gegründet. Die türkisch als erfolgreichstes junges Unternehmen, stämmige Deutsche wendet sich an die bekam 2011 den deutschen Gründerpreis wachsende Zahl von Pflegebedürftigen aus für das beste deutsche Start up Unter anderen Kulturen. Gleichzeitig demons nehmen, wurde 2013 zum Entrepreneur triert sie, welches Potenzial Migranten des Jahres gewählt und holte 2014 den oder Deutsche mit Migrationshintergrund Women Innovation Price der EU. Die angesichts der demografischen Entwick einzige Chance, unseren Vorsprung zu lung hierzulande haben: Das Marktpoten nutzen, war eine private Finanzierung, zial ist riesig, sagt die 31 Jährige. Um aber türkische, griechische und italienische sagt sie. Um die Universitäten Heidelberg, Kunden zu erreichen, muss man die Spra Karlsruhe, Freiburg und Tübingen ent che der Pflegebedürftigen sprechen. Auch Tahmina Rothgangel setzt auf In stehen immer wieder Medizintechnik Gründungen. Auch da sind Frauen da terkulturalität. Sie leitet drei Krippen und bei. Ein Beispiel ist der Gewinner des einen Kindergarten in Stuttgart, ein zwei CyberOne Hightech Awards Baden ter folgt bald. Während ihrer Ausbildung zur Erzieherin träumte die Württemberg, dem heute 36 jährige Mutter zentralen Business,,Die einzige Chance, einer Tochter von einem plan Wettbewerb der den Vorsprung zu Konzept, bei Hightech Branchen. nutzen, war eine private bilingualen dem die Kleinen spiele Die Biologin Andrea risch an Deutsch oder Eng Hoffmeister und die Finanzierung. lisch als Zweitsprache he Betriebswirtin Barba Saskia Biskup, rangeführt werden sollten. ra Eberbach gehören Gründerin Cegat GmbH Gedacht, getan eröff zum Team um den Biochemiker Florian Kreppel, das nete sie in Stuttgart die erste bilinguale Teil der Abteilung Gentherapie des Kindertagesstätte. Rothgangels Kindervil Universitätsklinikums Ulm ist, aber la GmbH setzt auf ein Konzept, bei dem die eine Ausgründung plant. Ihr Biotech Kinder mit gelernten Pädagogen, Native Spinoff Ad O Lytics nutzt die Prinzi Speakern, auf spielerische Weise und in pien der Natur zur Krebsbekämp Verbindung mit kreativen Ansätzen zwei d geschäftsführende un in fung und setzt Viren ein, um bösarti sprachig erzogen werden. Jede Gruppe der ün Gr ist p ku Saskia Bis binger Cegat GmbH. ge Krebszellen zu infizieren und zu wird von drei Pädagogen und einer Assis Tü der rin fte ha lsc sel Ge zerstören. Für diesen nebenwir tentin betreut. Zu elternfreundlichen Öff kungsarmen Therapieansatz bekam das nungszeiten zwischen 7.30 und Uhr lernen die Kleinen mit neuen Medien wie Team den Preis. Die Tourismusmanagerin Laura Kutter Tablets, bekommen Klavier oder Ballett aus Backnang hat mit ihrer Schwester die unterricht oder gehen zum Schwimmen. Tour de sens gegründet. Blinde, Sehbe Die Eltern schätzen auch, dass es nur weni hinderte und Sehende, oft im Senioren ge Schließtage gibt. Bei Bedarf wird eine alter, reisen zusammen in Städte, Berg Samstagsbetreuung angeboten, im Kinder landschaften, zum Wandern oder ans Meer, garten wird unterschieden zwischen Kin um das Trentino zu riechen, Andalusien dergarten und Vorschulkindern. Eine gute zu hören, Nordspanien zu fühlen oder Por Verpflegung mit Mahlzeiten aus der eige tugal zu schmecken. Das Angebot hat Prei nen Küche rundet das Angebot ab. Ihr se wie den Touristikpreis bei der CMT in Mann arbeitet nebenberuflich mit. Zusam Stuttgart oder eine Auszeichnung für bei men mit einer Buchhalterin sowie dem pä dagogischen und dem Reinigungspersonal spielhafte Inklusionspraxis erhalten. Zu den vielen älteren Gründern im Land beschäftigt die Erzieherin und Geschäfts gehört Ramona Damske. Mit 50 Jahren war führerin 50 Mitarbeiter. die ehemalige Schlecker Frau 2012 eine Angebote wie diese gibt es in Stuttgart Spätgründerin. Im Baiersbronner Ortsteil wenige. Das war eine echte Marktlücke, Mitteltal führt sie den früheren Schlecker sagt die im afghanischen Kabul geborene Markt mit neuem Konzept weiter. Mit gro Frau. Rothgangel träumt nun von der ßem Erfolg. Zwar bestellen auch ältere Einrichtung einer zweisprachigen Kunden viel übers Internet, viel wichtiger Grundschule. Ihre Schützlinge werden ja für sie ist aber häufig der Einkauf als Mög älter. bl Obwohl Frauen eher in Sozialberufen dominieren, stehen sie zunehmend auch in anderen Branchen ihren Mann und mischen Männerdomänen auf sei es als Gründerin mit genialen Ideen, als Retterin von Familientraditionen, als visionäre IT Managerin, als forsche Forscherin oder bei spielsweise als zupackende Entwicklungshelferin. Managerinnen Irgendjemand sollte hier helfen W ährend des Balkankrieges schwatzte Lipovac der Caritas einen gründete Suzana Lipovac alten Lastwagen ab und fuhr den robus die Hilfsorganisation Kinder ten 7,5 Tonner höchstselbst ins Kriegs berg. Als Geschäftsführerin managt sie gebiet. Dort geriet sie prompt zwischen heute weltweit Hilfsprojekte und berät die Fronten und saß monatelang fest. Militär und Politik. Als Gewinn ver Während sie vom ständigen Granat bucht sie ein Lächeln, einen Hände feuer, vom Leid der Menschen und den druck, ein Dankeschön. Wenn sie von Hürden für die Helfer erzählt, skizziert Millionen redet, heißt die Währungs sie an der Wandtafel die damalige Lage: einheit nicht Dollar, sondern Patienten. Die Stadt Gradacac, Fluss, Front, Ver Und wie die Risiken in ihrem Business sorgungskorridor. Und sie mittendrin, aussehen, zeigt ein Blick auf den wackli ohne Kontakt zu irgendwem. Meine gen Büroschrank im ehemaligen Stutt Eltern sind fast wahnsinnig geworden. garter Waisenhaus: Obendrauf liegen Irgendwann gelang die Heimkehr ein Stahlhelm und eine Tüte mit der doch nur, um mehr Hilfe zu organisie ren. Suzana Lipovac brachte kriegsver Aufschrift kugelsichere Weste. Suzana Lipovac trug auch schon sehrte Kinder zur Behandlung nach Kostüm und Pumps bei der Arbeit. Da Deutschland und tonnenweise Hilfs mals, als die in Stuttgart geborene Toch güter auf den Balkan, unterstützt von einer Handvoll enga ter bosnischer Kroaten gierter Mitstreiter im nach Abitur und Aus In afghanischen White bildung zur Europase Areas gibt es keine Polizei Verein Kinderberg. Dessen Struktur war kretärin die erste Stufe und keine Infrastruktur, und blieb einfach. Auch auf der Karriereleiter heute, wo Kinderberg erklommen hatte: Als nur große Not. auf mehreren Konti Assistentin der Ver Suzana Lipovac, nenten Projekte unter kaufsleitung beim Geschäftsführerin Kinderberg hält und neue wie Weltkonzern Unilever stand ihr die Berufswelt offen. Wäre da demnächst im Irak aufbaut, besteht nicht der Sommerurlaub 1992 gewesen, die ganze Organisation aus einer Ge in dem es Suzana Lipovac ins ehemalige schäftsführerin und sechs Projektbe Jugoslawien zog. Seit drei Jahren tobte treuern und Verwaltungsmitarbeitern. dort der Krieg und die Nachrichten Diese bauen vor Ort Teams mit lokalen von Verwandten klangen besorgnis Mitarbeitern auf und unterstützen sie, erregend. Ich hatte das Gefühl, irgend bis sie selbstständig funktionieren. In jemand sollte hier helfen, erinnert sich Afghanistan waren es 125 Gesundheits die drahtige, dunkelhaarige Frau mit stationen mit mehr als 500 Mitarbei tern und fast sechs Millionen Patienten, den wachen Augen. Als sich herumsprach, was Suzana die Suzana Lipovac binnen acht Jahren plante, schleppten Nachbarn und aufbaute. Doch warum gera Freunde tütenweise Hilfsgüter an. Da de der kleine Kinderberg mit reiste die junge Frau in ein Flücht und nicht eine große Hilfs lingslager, in dem bosnische Muslime organisation? In die Whi Zuflucht gesucht hatten. Sie verteilte te Areas wollte niemand. die Spenden, sprach mit Helfern und Sie sind abgelegen und ge fährlich. Dort gibt es kei Opfern, hörte zu und packte an. Zurück im Firmenalltag fühlte sich ne Polizei und keine Inf alles sehr merkwürdig an. Mich inte rastruktur, sagt Lipo ressierte nicht mehr, was die Kollegen vac, nur große Not. erzählten, erinnert sich die heute Also ging sie hin. Mit 48 Jährige. Als ein Kunde sie noch gesprächsbereiten Ta leicht vorwurfsvoll mit Endlich sind liban arrangierte sie Sie wieder da, es geht um Leben und sich, indem sie jeden Tod begrüßte, kam sie ins Grübeln behandelte, der um denn es ging nur um eine termingerech Hilfe bat. Mit der te Warenlieferung. Nur Wochen später Bundeswehr koope waren Konzern und Karriere Geschich rierte sie zum te, Suzana Lipovac zog in ihr altes Kin Schutz und für derzimmer in Stuttgart, schrieb sich an funktionierende der Uni ein und legte los. Unbedarft, Hilfe bei Logistik aber nicht ungeschickt: Als die elter und medizini Versor liche Garage von Hilfsgütern überquoll, scher gung, wie schon Jahre zuvor im Kosovo. Seit 2010 lehrt die Kinderberg Gründerin an der Führungsakademie der Bundeswehr und berät deren Zen trum für Zivil Militärische Zusammen arbeit. Auch das gehört zum Job, doch manchmal ist der Entwicklungshelferin der Managementanteil zu groß. Wenn ich nur noch mit Ministerien, Militärs und Stakeholdern zu tun habe und kei ne Zeit habe, mit Helfern und Patienten zu reden, nervt das, sagt Lipovac. Eines der Erfolgsgeheimnisse von Kinderberg ist sicher, dass immer alle nah am Men schen geblieben sind. Natürlich hat sich die Gründerin über die Jahre weiter gebildet in Sachen Evaluation, Organi sationsentwicklung oder Coaching. Doch wenn das Team ein neues Projekt plant, kommt ein frisches Papier auf das Flipchart, eine Karte an die Tafel und eine Kiste Plastikfiguren zum Projekt Modell Bau auf den Tisch. Kein Computer kann eine gekühlte Impfkette von Deutschland bis in den Arm eines afghanischen Kindes pla nen, verteidigt Lipovac das Vorge hen, bei dem Menschenverstand und Erfahrung vor Theorie und Techno logie rangieren. Aufhören war nur kurz ein The ma, als auf dem Balkan Frieden ein gekehrt und eine Familie gegründet war. Doch dann kamen der neue Krieg in Afghanistan, die Tsunami in Südostasien und das Flüchtlings elend auf der Balkanroute unweit von Suzana Lipovacs erstem huma nitären Einsatz. Und immer wieder war da das Gefühl, je mand sollte helfen. bb studio, Jens Staingaesse r, Lichtgut/Max Kovalenko, Michael Trippel, privat Traum von einer besseren Welt Potenzial der Gründerinnen Suzana Lipovac ist Grün derin und Geschäfts führerin der Hilfsorganis ation Kinderberg. Fotos: Daimler, Fotolia/ra2 as Geschäft mit Lastwagen ist die telematikgestützte Internetdienste Ziel: Wir wollen das Transport und fest in der Hand von Männern. anbietet. Ich hatte den Eindruck, dass Logistikgeschäft zusammen mit unse Auf den Führungsebenen sind man aus dieser Telematiklösung viel ren Kunden revolutionieren. Anders Manager in dunklen Anzügen und Kra mehr machen könnte, sagt die Daim sei die sich abzeichnende Marktent wicklung nicht zu bewältigen. Bis 2050 watten fast unter sich. Daniela Gerd ler Managerin. So entstand schließlich der neue werde sich der Transportmarkt ver tom Markotten ist eine bunte Ausnah me bei den Brummis. Die Daimler Ma Bereich Digital Solutions & Services. dreifachen. Wir müssen effizienter nagerin mag die etwas hemdsärmeligen Fleetboard bildet mit heute etwa 250 werden, um dieses Transportvolumen Umgangsformen in der Lkw Sparte, die Mitarbeitern den Kern des neuen Be bewältigen zu können. Dafür ist die Di stets gepaart seien mit großem Team reichs. Fleetboard stellt Daten rund um gitalisierung der Schlüssel, schwärmt geist. Wenn ich mit Lkw Kollegen zu Fahrer, Fuhrpark und Auftragsabwick die Daimler Managerin. Ob aus dem Digitalbereich der tun hatte, war das immer sehr pragma lung bereit, mit denen der Einsatz der tisch, nach dem Motto: Wir müssen Lastwagen optimiert und die Kosten ge Truck Sparte in einigen Jahren eine eine Lösung finden. Das hat mir gut ge senkt werden können. Die neue Digital richtige Tochtergesellschaft mit eini fallen, erzählt die Managerin. Nun soll chefin der Truck Sparte hat nun damit gen Tausend Mitarbeitern werden sie für die Lkw Sparte den Weg in die di begonnen, ein Team von zunächst kann, lässt sie offen: Schauen wir mal. gitale Zukunft frei machen und attrakti 40 Mitarbeitern aufzubauen, das neue Wir machen uns jetzt auf den Weg. Mit ve neue Geschäftschancen erschließen. digitale Dienstleistungen rund um den jeder neuen Idee werden wir wachsen, hap Lkw entwickelt. Die meint die Digitalchefin. Seit April vergangenen von Fleetboard gesam Jahres leitet die IT Ex Wir machen uns melten Daten sollen pertin in der Truck jetzt auf den Weg. die Basis für neue Sparte den neuen Be Mit jeder neuen Idee S e r v i c e a n g e b ot e reich Digital Solutions werden wir wachsen. sein. Im Mercedes & Services. Lkw seien 400 Sen Daniela Gerd tom Daniela Gerd tom Markotten, soren verbaut, sagt Markotten stammt aus Leiterin Solutions & Services Gerd tom Markot Ostwestfalen und ist im Laufe ihres Studiums und ihrer Karrie ten. Die Analyse der Datenströme re viel in der Welt und in den verschie könne beispielsweise Hinweise da denen Sparten des Stuttgarter Auto rauf geben, dass ein Schaden droht. konzerns herumgekommen: Sie hat in Mit einer kleinen vorsorglichen Karlsruhe Wirtschaftsingenieur stu Wartung könne dann vermieden diert, dort gemerkt, dass mir Informa werden, dass der Lastwagen lie tik sehr viel Spaß macht, und in Frei genbleibe und hohe Reparaturkos burg promoviert. Während des Stu ten fällig werden. Kostenvorteile diums verbrachte sie ein bringe auch eine Internetplatt Auslandssemester in Costa Rica, die form, über die Transporte vermit Diplomarbeit schrieb sie bei einem telt werden. Die Spedition könne deutsch chinesischen Joint Venture. Es so bei der Routenplanung Emp ging dabei um die Optimierung von Pro fehlungen erhalten, wo zusätzli zessen. Da habe ich auch kulturell viel che Ladung aufgenommen wer gelernt, berichtet die 42 jährige Mana den kann. Zudem entwickelt Daimler einen App Store für gerin. Als Trainee bei Daimler Chrysler Lkws. So wurde etwa gemeinsam mit arbeitete sie in Japan im Einkauf bei der damaligen Konzerntochter Mitsubishi dem Kipperhersteller Dautel Motors und in der Produktionsplanung eine sogenannte Schüttkegel bei Chrysler in Auburn Hills. Darauf App entwickelt, mit deren Hilfe folgten verschiedene IT Projekte an der Fahrer schon vor dem Abla verschiedenen Standorten, ein Wechsel den über die Rückfahrkamera ins Marketing, wo der Internetauftritt erkennen kann, wie viel Platz er für sein Schüttgut benötigt. Dies von Daimler entwickelt wurde. Ab Ende 2014 leitete sie schließlich erleichtert das Rangieren und das Lkw Auftragszentrum in Wörth, wo macht es überflüssig, dass etwa geplant wird, wann welches Fahrzeug Kies anschließend umständlich produziert werden muss, damit es der mit Baumaschinen oder mit Kunde genau dann bekommt, wenn er Schaufeln umgeschichtet wer Daimler Managerin Daniela Gerd tom Markotten es braucht. Zu diesem Bereich gehörte den muss. Daniela Gerd tom leitet den neuen Bereich Digit al Solutions & auch die Daimler Tochter Fleetboard, Markotten hat ein ehrgeiziges Services in der Truck Spart e. Wirtschaft in Baden-Württemberg 5 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten Nr. 1 Februar 2017 Es tut sich was im Land E s tut sich was im Land im Hinblick auf mit der besser werdenden Qualifi die Rolle der Frauen im Berufsleben. kation der Frauen nicht zwangs Als Präsidentin des Statistischen Lan läufig. Die Branche bestimmt das desamts Baden Württemberg kann Carmi Gehalt. Ebenso wie der Umfang na Brenner das mit Zahlen untermauern: der Beschäftigung und andere Aus dem Mikrozensus wissen wir, dass Faktoren der Erwerbsbiografie, heute rund 72 Prozent der Frauen erwerbs weiß Brenner. Frauen weisen da tätig sind lag die Quote bei knapp mehr Lücken auf, weil sie wegen der Kindererziehung oft vorüber 60 Prozent. Auch bei Frauen mit Kindern hat sich gehend ausscheiden, häufiger als etwas bewegt. Aber: Das Plus geht über Männer Elternzeit nehmen oder wiegend auf den großen Zuwachs im Be später Teilzeit arbeiten. Diese reich Teilzeitarbeit zurück, sagt Brenner. Jahre fehlen im Erwerbsleben Teilzeitarbeit gilt nicht gerade als karriere und können kaum mehr fördernd. Laut Mikrozensus arbeiteten aufgeholt werden, sagt sie in Baden Württemberg 48,8 Prozent Außerdem gibt es noch immer ty pische Frauen der Frauen, aber nur zehn und Männerbe Prozent der Männer nicht Das Plus geht rufe. Den größ in Vollzeit. überwiegend auf den ten Frauenanteil Die frühere CDU Land Zuwachs im Bereich mit 81 Prozent tagsabgeordnete aus dem gab es 2015 nach Wahlkreis Freudenstadt Teilzeitarbeit zurück. dem Mikrozen und ehemalige Wirt Carmina Brenner, sus bei den me schaftssprecherin der Präsidentin des Statistischen Landtagsfraktion ihrer Landesamtes Baden Württemberg dizinischen und nicht medizini Partei hat Positives zu ver Gesundheitsberufen. melden: Die Qualifikation der erwerbstäti schen gen Frauen wird immer besser. In der Al Und die sind schlechter bezahlt tersgruppe der 30 bis unter 35 Jährigen als die meisten männerdomi haben 28,9 Prozent eine Hoch oder Fach nierten Branchen, weiß Brenner, Carmina Brenner ist Präsidentin des Statistischen hochschulreife. Damit haben sie die Män die Betriebs und Volkswirt Landesamtes Baden Württemb erg. ner mit 28,4 Prozent überholt. Das gilt üb schaft sowie Germanistik in Tü rigens auch für die Meister oder Techni bingen und in den USA studiert hat. Trotz Girls Days und ähnlicher Aktionen gibt es Daueraufgabe. Baden Württemberg ist da kerausbildung. nicht Trendsetter, folgt aber einem Trend Bei der Besetzung von Führungsposi da unterm Strich wenig Veränderungen. Das zeigt sich auch bei den Selbstständi in den hochspezialisierten Industrienatio tionen sind Frauen jedoch kaum voran gekommen. Sie stellen 28 Prozent der gen. Der Anteil der Frauen, die in einem nen. Die vielen Projekte unserer Familien Führungskräfte in Baden Württemberg. freien Beruf arbeiten, wuchs zwischen forschung im Statistischen Landesamt zei In Deutschland insgesamt haben Frauen 2005 und 2015 von 28 auf 32 Prozent. gen dies. Da seien natürlich auch die Weibliche Gründer (ohne freie Berufe) sind Männer gefragt. In Deutschland arbeiten schon 30 Prozent erreicht. Aus den Verdiensterhebungen des Lan stark in allen Dienstleistungsbereichen bisher nur fünf Prozent der im Manage desamts über 60 Branchen geht ferner her und im Gesundheits und Sozialwesen ver ment tätigen Männer in Teilzeit, in Groß vor, dass Frauen über alle Altersgruppen treten, stellt Brenner fest. britannien sind es acht Prozent, in den Nie Nach Ansicht der gebürtigen Horberin derlanden zwölf Prozent, zitiert sie aus hinweg im Durchschnitt 26 Prozent weni ger verdienen als Männer. Das ändert sich ist das Thema Beruf und Familie eine dem Familienreport Väter. bl

5 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten 6 Wirtschaft in Baden-Württemberg Nr. 1 Februar 2017 Frauen auf dem Vormarsch Familienunternehmen Noch vor 20 Jahren wurden im Zuge eines Generationswechsels Spitzenpositionen nur selten weiblich besetzt. Das hat sich gewaltig geändert. Immer häufiger sind es die Töchter, die die Führung auch traditionsreicher Firmen übernehmen. Von Inge Nowak Früher war die Erbfolge klar geregelt: Der Sohn war Kronprinz, mit Erreichen des 25. Lebensjahres oder spätestens bei der Eheschließung hatten die Töchter zu verschwinden. Brun Hagen Hennerkes, deutscher Rechtswissenschaftler, Rechtsanwalt und Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Familienunternehmen Wer kennt sie nicht? Die Lebensmittelketten Lidl und Kaufland, die Drogeriemärkte dm und Müller, die Autozulieferer Eberspächer und Allgaier, den Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf, den Maschinenbauer Voith, den Motorsägenhersteller Stihl, den Waagenhersteller Bizerba oder den Schraubenhändler Würth. So unterschiedlich die Unternehmen auch sein mögen, eines haben sie gemeinsam es sind Familienunternehmen mit Sitz in Baden Württemberg. Ihre volkswirtschaftliche Bedeutung ist kaum zu überschätzen. Nordrhein Westfalen, Bayern und Baden Württemberg sind die Bundesländer, die mit Abstand die meisten der großen Familienunternehmen beheimaten. Eine Zahl ist dabei besonders eindrucksvoll: Rund 91 Prozent der Unternehmen im Südwesten sind familienkontrolliert, 88 Prozent sogar eigentümergeführt, hat das ZEW, das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung, errechnet. Und 57 Prozent aller Beschäftigten in der deutschen Privatwirtschaft sind in familienkontrollierten Unternehmen tätig. Viele dieser Firmen haben eine lange Tradition. Viele von ihnen sind den Bereichen Industrie, Handel oder Baugewerbe zuzuordnen. Und sie gelten als innovativ auch weil interne Widerstände bei Nicht Familienunternehmen häufiger zu einer Behinderung von Innovationsprojekten führen als bei Familienunternehmen, ist in einer gemeinsamen Studie von ZEW und Institut für Mittelstandsforschung (IFM) zu lesen. Früher war die Erbfolge klar geregelt: Der Sohn war der Kronprinz, mit Erreichen des 25. Lebensjahres oder spätestens bei der Eheschließung hatten die Töchter zu verschwinden, sagte der Stuttgarter Jurist Brun Hagen Hennerkes, der 2002 die Stiftung Familienunternehmen ins Leben gerufen hat, einmal in einem Interview. Geändert habe sich dies erst in den 1980er Jahren, als man anfing, stärker auf Qualität zu achten, fügte er hinzu. Zwischen zehn und 20 Prozent der Familienunternehmen werden mittlerweile von Frauen geführt, schätzt er. Tendenz steigend. Genaue Zahlen gibt es aber nicht. Und es sind beileibe nicht nur personenbezogene Dienstleistungsbetriebe, in denen Frauen den Ton angeben. Wie die nachfolgenden Beispiele zeigen, behaupten viele sich in einer angeblichen Männerbranche. Nicola Leibinger Kammüller Es sei ihr nicht schwergefallen, die Verantwortung zu übernehmen. Ich bin mit dieser Firma aufgewachsen, sie hat mich und meinen Lebensweg geprägt, sagt Nicola Leibinger Kammüller, die Vorsitzende der Trumpf Geschäftsführung. Seit 1985 arbeitet sie für den Werkzeugmaschinenhersteller, seit nunmehr gut elf Jahren ist sie die Chefin nicht nur von mehr als Mitarbeitern, sondern auch von ihrem Ehemann Mathias Kammüller und ihrem Bruder Peter Leibinger, beides Ingenieure und Mitglieder der Geschäftsführung. In der Geschäftsführung hat jeder seine klaren Aufgabenbereiche, das funktioniert gut, urteilt sie und fügt hinzu: Im Zweifelsfall das letzte Wort zu haben, ist dabei natürlich Nicola Leibinger Kammüller von Vorteil. Leibinger Kammüller weiß, was sie will und sie wird akzeptiert. Akzeptanz werde vom persönlichen Auftreten und von geschäftlichen Erfolgen beeinflusst, sagt Leibinger Kammüller, die Germanistik, Anglistik und Japanologie studiert hat. Ich sage mal ganz selbstbewusst: Beides ist gut, deshalb hatte ich hier im Haus nie Akzeptanzprobleme. Größte Herausforderung für sie war die tiefe Wirtschaftskrise 2008/2009, die den Werkzeugmaschinenhersteller aus Ditzingen erschüttert hat. Seitdem sind wir noch wachsamer und haben uns in vielen Bereichen noch krisensicherer und flexibler aufgestellt. 2,8 Milliarden Euro hat das Familienunternehmen zuletzt umgesetzt. Auch die digitale Vernetzung nennt die Mutter von vier Kindern herausfordernd. Das hat Spuren hinterlassen: Trumpf hat fortschrittliche Arbeitzeitmodelle eingeführt, die den unterschiedlichen Lebensphasen unserer Mitarbeiter gerecht werden und ihnen sehr viel Flexibilität und Eigenverantwortung zugestehen. Susanne Kunschert Susanne Kunschert Ihre Mutter hat ihr freie Hand gelassen. Als Gymnasiastin wollte sie Lebenskünstlerin werden, später habe sie mit der Kunst geliebäugelt, hat Susanne Kunschert einmal gesagt. Tatsächlich hat sie dann Betriebswirtschaftslehre studiert. Heute ist sie geschäftsführende Gesellschafterin des Automatisierungsspezialisten Pilz in Ostfildern und verantwortet den Bereich Finanzen, Controlling und Personal. Damit ist sie für mehr als 2000 Mitarbeiter und einen Umsatz von fast 290 Millionen Euro verantwortlich. Es sei ihr überhaupt nicht Fotos: factum/weise, privat (2), Rudel Illustration: Fotolia/fotodo schwergefallen, Verantwortung zu übernehmen, sagt Kunschert, die ein ausgesprochen freundliches Naturell hat. Ich übernehme gern Verantwortung, das hat mir schon immer Spaß gemacht. Aber man muss sich vorbereiten und an sich arbeiten, um Verantwortung übernehmen zu können. Sie hat sich auf ihre Aufgabe gut vorbereitet. Nach dem Studium arbeitete sie beim Lackieranlagenbauer Dürr in den USA und in Großbritannien, anschließend bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Seit 2002 führt sie die Geschäfte bei Pilz gemeinsam mit ihrer Mutter Renate Pilz, der langjährigen Vorsitzenden der Geschäftsführung, und ihrem Bruder Thomas Pilz, der die Produktion verantwortet. Probleme, im Unternehmen anerkannt zu werden, sind Kunschert, die katholisch erzogen wurde, anscheinend fremd. Für die Akzeptanz macht es keinen Unterschied, ob ich eine Frau oder ein Mann bin. Es geht immer um die Person, nicht um das Geschlecht, sagt die Mutter eines Sohnes. Anna Katharina Wittenstein Wer wie ich in einem Familienunternehmen aufwächst, für den ist dieses immer Teil des eigenen Lebens, erzählt Anna Katharina Wittenstein, Vorstandssprecherin des Elektrogetriebeherstellers Wittenstein in Bad Mergentheim. Sie ist verantwortlich für 2000 Mitarbeiter und einen Umsatz von mehr als 300 Millionen Euro. Unsere Anna Katharina Wittenstein Fertigung war für mich schon als Kind der beste Spielplatz, fügt sie hinzu. Der Vater habe ihr vermittelt, dass es keine übermenschliche Aufgabe sei, ein Unternehmen zu führen. Dennoch habe sie sich bei jedem Schritt in ihrer beruflichen Laufbahn überlegt, ob sie bereit dazu sei. Im Oktober 2016 war es dann so weit; seitdem trägt die 41 Jährige, die Betriebswirtschaft studiert hat und am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automation promoviert hat, die Verantwortung. Probleme, sich durchzusetzen, habe sie nie gehabt. Aber sie räumt ein, dass sie mit meiner DAS RÜCKGRAT DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT Baden Württemberg Der Südwesten Deutschlands gilt als Land der Hidden Champions, der heimlichen und oft unbekannten Weltmarktführer. Zwar gibt es auch in Nordrhein Westfalen und in Bayern sehr viele solcher Unternehmen, doch nirgendwo anders in Deutschland ist die Dichte an global führenden Rolle als Miteigentümerin ein zusätzliches Gewicht in die Waagschale werfen kann. In ihrer Amtszeit dürfte sich einiges ändern. Sie hat das Ziel vorgegeben: Wir treiben Innovation und Internationalisierung weiter voran und setzen gemeinsam neue Impulse für Erhaltung und Ausbau unserer Wettbewerbsfähigkeit auf allen Ebenen. Stephanie Mair Huydts Schwer sei ihr die Entscheidung nicht gefallen, die operative Verantwortung für Mairdumont, Europas größten Reiseverlag, zu übernehmen (mit Marken wie Dumont, Marco Polo, Baedeker und Falk setzen die 380 Stephanie Mair Huydts Mitarbeiter rund 100 Millionen Euro um). Ich habe mich Schritt für Schritt in die Materie und das Unternehmen eingefuchst, sagt Stephanie Mair Huydts. Begonnen hat die Betriebswirtin, die über das Thema Erfolgsfaktoren der Druckindustrie promoviert hat, 1989 im Vertrieb; sie hat sich um den Verkauf von Reiseführern in Reisebüros gekümmert. In den darauffolgenden Jahren hat die Mutter von zwei Kindern viele Stationen im Unternehmen durchlaufen, bis sie 2010 Sprecherin der Geschäftsführung wurde. Akzeptanzprobleme bei Mitarbeitern habe sie dabei nicht gehabt. Da mich alle schon lange kennen, wissen, was ich kann (und auch nicht kann), und mich einschätzen können, so Mair Huydts. Einen Vertrauensvorschuss als Gesellschafterin gebe es allerdings auch nicht, sagt die 53 Jährige, deren Bruder ebenfalls in der Geschäftsführung sitzt. Als Frau habe man aber den Vorteil, fragen zu können; niemand findet das komisch. Und: Wenn man eher mit Charme als mit männlicher Härte auftritt, gelingt es einem als Frau ganz gut, in einer oft männerbetonten Welt zu reüssieren. Mair Huydts, die als Perfektionistin gilt, will die Gesellschafter verstärkt einbinden. Sie sollten mal bei unseren Familienwochenenden dabei sein. Von den Kleinsten mit vier Jahren bis zu der ältesten Generation mit 85 Jahren sitzt beim Kajaking im Mittelmeer oder bei Jeep Touren offroad durch den Canyon jeder am Ruder oder Steuer. Unternehmen so groß wie zwischen Main und Bodensee. Inhabergeführt Die meisten dieser Firmen sind Familienunternehmen. Sie stellen nach Ansicht von Hermann Simon, der den Begriff Hidden Champions geprägt hat, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und ihrer Exporterfolge. Familiengeführte Gesellschaften stehen in Deutschland für 91 Prozent aller Unternehmen. Sie beschäftigen rund 3,3 Millionen Mitarbeiter und sind in der Regel besonders kapitalstark. Ihre Eigenkapitalquote liegt bei durchschnittlich 36 Prozent. Viele sind an der Börse notiert. bl

6 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten Nr. 1 Februar 2017 Wirtschaft in Baden-Württemberg 7 Jede ist ihrer Karriere Schmied Wenn der Druck nicht ausreichend groß ist, dann entscheiden Männer nach wie vor nach ihren Wünschen. Anke Hoffmann zum Thema Frauenquote Strategie Rein statistisch haben Frauen die Nase vorn. Doch bei der Karriere fehlt es oft an Sprungkraft. Von Inge Nowak Unternehmerin Anke Hoffmann kennt die Hürden, vor denen Frauen stehen. BERUFSTÄTIGE FRAUEN IN DEUTSCHLAND Frauen arbeiten oft aus familiären Gründen in Teilzeit, würden aber auch wieder gerne länger arbeiten. 69,3% der Frauen zwischen 15 und 64 Jahren arbeiten. davon sind 46,1% in Teilzeit StZ-Grafik: zap Foto: privat davon sind 55% der teilzeitbeschäftigten Frauen arbeiten aus familiären Gründen verkürzt. Quelle: Bundesagentur für Arbeit Es könnte eine Erfolgsmeldung sein: Bezüglich des erreichten Bildungsniveaus sind junge erwerbstätige Frauen an den Männern vorbeigezogen, hat das Statistische Landesamt in Stuttgart im vergangenen Jahr in schönstem Bürokratendeutsch vermeldet. Knapp 29 Prozent der erwerbstätigen Frauen im Alter von 30 bis 35 Jahren haben demnach einen akademischen Abschluss; bei den Männern sind es nur 28 Prozent. Und auch bei der Meister und Technikerausbildung hat das weibliche Geschlecht die Nase vorn. Doch wer nun glaubt, dass der Karriereweg der Frauen damit vorgezeichnet wäre, wird enttäuscht. Auch gut ein Jahr nach ihrer Einführung ist der Erfolg der Frauenquote eher mäßig. In den gewählten Aufsichtsräten ist die Zahl der Frauen zwar gestiegen, in den Vorständen sind sie aber nach wie vor die Ausnahme. Gerade einmal 6,5 Prozent der Vorstände in den 160 deutschen Dax Unternehmen dazu zählen neben dem Leitindex auch der M Dax, der S Dax und der Tec Dax sind weiblich, hat der Verein Frauen in die Aufsichtsräte, kurz Fidar, errechnet. Das waren gerade einmal kümmerliche drei Prozentpunkte mehr als Anfang Wenn die Zahl der Frauen weiterhin so langsam steigt, wird es bis zum Jahr 2047 dauern, bis ein Drittel der Vorstandsposten mit Frauen besetzt ist, hat die Unternehmensberatung EY vor Kurzem ausgerechnet. In den Aufsichtsräten ist man da schon ein bisschen weiter: Dort sind mittlerweile knapp 26 Prozent der Mitglieder weiblich; Anfang 2011 waren es noch zehn Prozent. Doch die Rechnung mehr weiblich besetzte Aufsichtsräte bestellen mehr weibliche Vorstände ist ganz offensichtlich nicht aufgegangen. Woran liegt es, dass Frauen sich so schwertun, die Karriereleiter zu erklimmen? Etliche Unternehmen heben ihre Programme zur Förderung von Frauen hervor und dennoch spiegelt sich dies in den allgemeinen Zahlen nicht wider. Hat das mit den immer noch bestehenden Engpässen bei der Kinderbetreuung zu tun? Und wie wirkt es sich aus, wenn nun wieder erfreulicherweise mehr Kinder auf die Welt kommen? Anke Hoffmann kennt den Markt. Die ehemalige Leistungssportlerin beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Frauenthemen. Die gebürtige Rostockerin hat 1995 ihre Diplomarbeit zum Thema Frauen im Management geschrieben. Mittlerweile ist Hoffman die geschäftsführende Gesellschafterin der Hoffmann & Partner Executive Consulting in Berlin. Der Einstieg in die Unternehmen falle den qualifizierten Frauen nicht schwer, sagt Hoffmann im Gespräch mit dieser Zeitung. Sie schaffen es ins mittlere Management, werden Teamleiter und Abteilungsleiter, weiß sie aus eigener Erfahrung. Doch beim Sprung zum Bereichsleiter hakt es häufig. Denn auf dieser Ebene sei nicht nur fachliche Expertise gefragt; vielmehr gehe es um Netzwerke. Vorstandssitzungen müssten vorbereitet, Deals mit Abteilungen wie Vertrieb und Einkauf ausgehandelt und Koalitionen innerhalb des Unternehmens geschmiedet werden. Das ist offensichtlich das Terrain des männlichen Geschlechts. Mann sichert sich beispielsweise bereits im Vorfeld einer wichtigen Entscheidung selbst auf die Gefahr hin, dass das operative Geschäft vernachlässigt wird das Wohlwollen einflussreicher Verbündeter. Die Frau geht brav den offiziellen Weg und holt sich den Korb, erläutert Hoffmann. Frauen haben das Dealen nicht in ihrer DNA, sagt Hoffmann, die einst die jüngste Partnerin der Managementberatung Kienbaum war. Sie nimmt das Wort Bauernschläue in diesem Zusammenhang mit Männern in den Mund; Frauen scheuten eher das Risiko. Auf unternehmerische Programme zur Frauenförderung will sich die erfahrene Personalberaterin dabei nicht verlassen. Es gebe immer Störfeuer, sagt sie. Schließlich schmieden auch Männer an der eigenen Karriere und dealen mit ihren Fürsprechern häufig bereits im Vorfeld. Und Führungskräfte wünschen sich Vertraute in ihrem Umfeld und intervenieren entsprechend. Die Politik Frauen machen es uns brillant vor, empfiehlt sie den Blick über den Tellerrand. Politikerinnen wüssten, wie man Leute vertrauensvoll an sich bindet. Sie wüssten, wer ihnen Informationen zusteckt und bei wem sie eigene Nachrichten lancieren können. Diesen Spielregeln müssen sich die Frauen mehr öffnen, rät sie. Hoffmann will von einem männlichen Stil in dem Zusammenhang nichts hören; sie spricht vielmehr vom Managementstil. Frauen müssten Fähigkeiten entwickeln, auch dieses Spielfeld zu bedienen. Aber die Politik will die Rostockerin ins Boot nehmen. Wenn der Druck nicht ausreichend groß ist, dann entscheiden Männer nach wie vor nach ihren Wünschen, sagt Hoffmann. Frauen haben dann gemeinhin schlechtere Karten. Hoffmann plädiert denn auch dafür, die Quote zu verschärfen, sollten Frauen weiterhin im Schneckentempo Führungspositionen ergattern. Wir müssen im Aufsichtsrat auf eine Frauenquote von 50 Prozent zusteuern, fordert sie. Und für die Vorstandsebene empfiehlt sie Politikern, einen Anteil von generell 30 Prozent anzustreben dann beläuft sich die Quote am Ende auf zehn bis 15 Prozent sagt sie. Warum nicht höher? Weil wir nicht so stark sanktionieren können, glaubt Hoffmann. Doch ein reines Honigschlecken ist das Chefsein nicht. Wer einen Vorstandsposten anstrebt, sollte sich bewusst sein: Wer glaubt, in acht Stunden die Arbeit schaffen zu können, ist sicherlich weit weg von der Realität, warnt Hoffmann. Führung in Teilzeit ist ihrer Ansicht nach allenfalls für einen überschaubaren Zeitraum möglich. Nach etwa drei Jahren werde Teilzeit eher zum Karrierehindernis, sagt sie. Viele Frauen in Deutschland haben aber keine volle Stelle. Hoffmann, Mutter von zwei Kindern, arbeitet nach eigenen Angaben zwischen 60 und 65 Stunden pro Woche. Zeit für Hobbys bleibt da kaum. Und die Kinderbetreuung hat sie privat organisiert, genauso wie viele andere Arbeiten rund ums Haus. Um die Arbeit der Frauen zu unterstützen, fordert sie neben dem Ausbau der Kinderbetreuung weitere Erleichterungen. So plädiert sie dafür, das Ehegattensplitting zugunsten von Maßnahmen für Familien mit Kindern, wo beide Elternteile arbeiten, abzuschaffen. Wer glaubt, in acht Stunden die Arbeit schaffen zu können, ist sicherlich weit weg von der Realität. Unternehmerin Anke Hoffmann über das Chefsein Stein Human Resources Consulting Persönlich wachsen Impulse geben Nächster Termin April 2017 Going deeper Führungskräfte-Seminar Everyone wins when a leader gets better Sie interessieren sich für Führungsthemen und Leitung? Mit dem Seminar Going deeper erleben Sie ein neuartiges Führungskräfte- Seminar, das nachhaltig wirkt. Unsere versierten Coaches arbeiten intensiv mit Ihnen als Teilnehmer, um Ihre bisher angewandten Führungskompetenzen zu reflektieren und zugrundeliegende Führungspotenziale wie auch Persönlichkeitsfaktoren gezielt anzuschauen und zu entwickeln. Mit Going deeper bieten wir: ein 3-tägiges Führungskräfte-Seminar mit 27 Stunden Input, Einzel-Coaching und Reflektionsphasen intensive Betreuung (1 Coach, 2 Coachees), um individuell und deep mit jedem Teilnehmer zu arbeiten Herausarbeitung individueller Stärken sowie Transfer in den Führungsalltag Gestaltung der Mitarbeiterbindung Impulse für den Weg zu einer authentischen Führungspersönlichkeit Fragen zum Inhalt oder Ablauf beantwortet Ihnen gerne Herr Lars-Sören Stein unter: oder per an: info@stein-hrc.de

7 BEENKER & KOLLEGEN Wirtschaftsbuch ISBN-Nr: Auszüge aus der Redaktion 360-Grad Fernsehturm-WebApp Wir BWgen das Land Präsentieren Sie sich 2017 als MOTOR für Wandel & Digitalisierung im Wirtschaftsbuch Baden-Württemberg Wir setzen Zeichen in Kultur und Bildung, in Forschung und Entwicklung sowie in Produktion und Dienstleistung. In der Metropolregion Stuttgart und im ganzen Land sind wir zuhause. Vielseitig, kreativ, antriebsstark. Wir? Die Akteure und dazu können auch Sie zählen finden sich im Wirtschaftsbuch MOTOR für Wandel & Digitalisierung. Erstmals verbindet sich dabei die reale mit der digitalen Welt interaktiv über Buch, Augmented Reality App, Web & Event. So lassen sich neue Blickwinkel, spannende Einsichten und erweiterte Perspektiven aufzeigen. Wie beeinflusst die Digitalisierung die Verbundenheit der Menschen, Firmen und Institutionen mit ihrem Standort und unsere Zukunft? Das repräsentative Medium Buch wird mit den erweiterten Präsentationsoptionen zum innovativen Erlebnis für die Sinne. Regional, national und international verbreitet, können Sie damit eindrucksvoll zeigen, was Sie antreibt. Sind Sie dabei? Weitere Informationen und Mediadaten finden Sie auf oder über den QR-Code. Positionieren Sie sich in einem noch nie dagewesenen Umfeld und sichern Sie sich Ihren Platz bis zum 30. März 2017 MOTOR FÜR WANDEL & DIGITALISIERUNG Erscheinungstermin: Mai 2017 Auflage: Exemplare in deutscher und englischer Sprache Leserschaft: Unternehmer, Führungskräfte und High Potentials aus dem In- und Ausland, Multiplikatoren aus Wirtschaft, Politik, Forschung, Kultur, Gesellschaft und Sport, Landes- und Kommunalpolitiker, Bürgermeister, Wirtschaftsförderer sowie wirtschaftsaffine und interessierte Bürger Verbreitung: Regional, national und international durch die Wirtschaftsförderungen, Handelskammern, bw-i Baden-Württemberg International, Konsulate, Hochschulen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie durch die beteiligten Unternehmen, Investoren und Meinungsbildner Leistungen: Unternehmenspräsentation auf einer Einzel- oder Doppelseite im repräsentativen Buch, sowie 3 Jahre Online-Präsenz unter exklusiver Event mit zahlreichen Gästen aus Wirtschaft, Politik und Presse zur offiziellen Veröffentlichung Ende Mai, Einbindung in die 360-Grad Fernsehturm- WebApp von Stuttgart-Marketing und der Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart, realisiert von Wurzel Medien. Weitere Informationen und Beratung erhalten Sie von BEENKER & KOLLEGEN: Fon 0711 / n.reutter@beenker.de AR Die App im neuen Wirtschaftsbuch lässt den Betrachter virtuell eintauchen. INSIDE Lassen Sie sich überraschen, was mit Augmented Reality alles möglich ist. QR-Code zum Erklärvideo Ein Unternehmen der WURZEL Mediengruppe

8 Wirtschaft & Erfolg 9 Februar 2017 Schludrigkeit hat keinen Platz Interview Daniel Just, Personalchef beim Vakuum Spezialisten Schmalz, plaudert aus dem Nähkästchen. Bei Berufserfahrenen bewerben sich eher die Unternehmen beim Kandidaten. Die Herausforderung ist, im Tagesgeschäft sensibel genug zu bleiben für spannende Bewerbungen. Daniel Just, Personalchef beim Mittelständler Schmalz Daniel Just hat bei Bewerbern den Durchblick Wer Berufserfahrung mitbringt, hat gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Trotzdem gelten für Bewerber Regeln, die sie nicht verletzen sollten. Schlechte Vorbereitung, mangelndes Interesse oder allzu üppiges Selbstbewusstsein entlarvt ein erfahrener Personaler schnell. Heute schon Bewerbungen gesichtet, Herr Just? Natürlich. Bei einigen Tausend Bewerbungen im Jahr bleibt das nicht aus. Wie viele Bewerbungen laufen im Schnitt in der Woche über Ihren Schreibtisch? Bei mir persönlich sind das gar nicht mal so viele, weil ich mich auf Bewerbungen für Führungskräfte und auf internationale fokussiere. Bewerbungen Wie haben sich die Bewerber verändert? Viele unserer Bewerber haben schon in jungen Jahren einen beeindruckenden Lebenslauf vorzuweisen Auslandsaufenthalte und sehr interessante Praktika sind eher die Regel als die Ausnahme. Entsprechend selbstbewusst treten die Bewerber dann auch auf. Im persönlichen Gespräch finden wir heraus, ob das Bild aus dem Lebenslauf und das Auftreten übereinstimmen. Bei den Berufserfahrenen spüren wir deutlich, dass wir in einem Nachfrager Markt unterwegs sind. Die guten Kandidaten können sich ihren Arbeitgeber aussuchen, der Bewerbungsprozess dreht sich hier fast schon um: Das Unternehmen bewirbt sich bei den Kandidaten. Wirklich gute Bewerber zeichnen sich dadurch aus, dass sie bestens vorbereitet sind. Viele nutzen dafür unterschiedlichste Quellen dazu zählen heute selbstverständlich auch Social Media Plattformen wie Xing, LinkedIn, die Website des Unternehmens oder auch das Bewertungsportal kununu. Wie wichtig ist frischer Wind im Unternehmen: Ist es besser, bei Stellenbesetzungen für höhere Positionen auf externe Bewerber zu setzen? Welche Chancen bleiben dann für Mitarbeiter aus dem eigenen Unternehmen? Für uns macht es hier die gesunde Mi SCHMALZ WÄCHST WEITER UND BRAUCHT STÄNDIG NEUE FACHLEUTE Das Unternehmen Der weltweit nik für die Automation, führende Anbieter von Vakuumheber, Kransysteme Vakuumtechnologie Schmalz und Betriebseinrichtungen wurde 1910 in Glatten im sowie Vakuumspanntechnik. Schwarzwald gegründet. Heute beschäftigt das Unternehmen Ausbildung Die Ausbildungsquote weltweit mehr als 1100 Mitarbeiter, in Glatten liegt bei 13 Prozent. davon 650 am Firmen Hauptsitz Schmalz bietet zehn verschiedene in Glatten, die übrigen in technische und kaufmännische 17 Gesellschaften weltweit. Ausbildungsberufe an. Dazu Geschäftsfelder sind Vakuumtech kommen acht Studiengänge, schung. Einerseits bieten wir unseren Mitarbeitern verschiedenste Entwicklungsperspektiven: Eine Führungslaufbahn ist genauso möglich wie eine Fach oder Projektkarriere. Nachwuchsführungskräfte nehmen wir frühzeitig an die Hand mit speziell auf diese Zielgruppe abgestimmten Trainings. Frischer Wind und Querdenker sind andererseits aber genauso wichtig. Vor allem bei Veränderungsprozessen ist es sehr hilfreich, Personen an Bord zu holen, die solche Prozesse in ähnlicher Form schon einmal durchlaufen haben und uns mit ihrem Wissen unterstützen können. Was ist der größte Fehler, der bei Bewerbungen für Führungspositionen passieren kann? Was nicht geht, ist, wenn Bewerber mit einem eigentlich starken Lebenslauf die nötige Sorgfalt bei ihren Unterlagen vermissen lassen Schludrigkeit hat hier absolut keinen Platz. Gleiches gilt, wenn ich das Gefühl habe, dass eine Bewerbung schon mehrfach auf fast identische Weise versendet wurde. Ich möchte eine klar ausgearbeitete Motivation erkennen, warum es unser Unternehmen sein soll. Beim Vor Ort Termin macht sich eine schlechte Vorbereitung des Kandidaten relativ schnell bemerkbar: Erfahrene Personaler erkennen sehr schnell, ob der Bewerber sich wirklich für die Stelle interessiert. Auch bei einem gemeinsamen Unternehmensrundgang erfährt man vieles: Grüßt der Bewerber andere Mitarbeiter? Ist er neugierig und schaut sich Produkte oder auch Plakate interessiert an? Ich schätze es sehr, wenn Bewerber hier keine Berührungsängste haben und sich ehrlich für das Unternehmen Schmalz interessieren. Gibt es typische Fehler von Frauen und typische Fehler, die eher Männer machen? Nein, das hat mit dem Geschlecht überhaupt nichts zu tun. Was kann man bei Gehaltsforderungen falsch machen? Es hilft natürlich, ein Gefühl für den Markt zu haben. Wer hoch ansetzt, muss sich auf Rückfragen einstellen. Er sollte argumentieren können, warum er so viel Geld verdienen möchte und warum er das dem Unternehmen im wahrsten Sinne des Wortes wert sein sollte. Werden Leute für gehobene Positionen vor allem durch Headhunter gesucht? Wir sollten hier unterscheiden zwischen Bewerbern, die aktiv suchen, und solchen, die nicht suchen aber trotzdem für uns interessant sind. Mit einer Stellenanzeige erreichen wir in der Regel nur diejenigen, die suchen. Diejenigen, die zufrieden sind, aber bei einer spannenden Stelle ins Grübeln kommen, erreichen wir so nicht. Deshalb setzen wir auf verschiedene Wege, zu denen wie angesprochen auch Social Media Plattformen gehören. Personalberater beauftragen wir tendenziell eher bei Positionen für das Management oder für sehr spezifische Jobprofile. Welche Chance haben Initiativbewerbungen? Wir wachsen sehr stark, b schäftigen mittlerweile mehr als 1000 Mitarbeiter an 17 Standorten weltweit. Das bringt einen permanenten Wandel mit sich und ständig neue Optionen. Insofern schätzen wir Initiativbewerbungen sehr. Wir die in Kooperation mit den Dualen Hochschulen Baden Württemberg erfolgen, sowie Plätze für Einstiegspraktika und ein freiwilliges ökologisches Jahr. Der Personalchef Der 36 Jahre alte Diplom Ökonom Daniel Just ist seit 2005 bei dem Familienunternehmen tätig, inzwischen als Leiter des Personalwesens. red Wer beim Bewerbungsgespräch selbstbewusst auftritt, sollte auch begründen können, warum er für das Unternehmen ein Gewinn sein wird. Fotos: Getty, Mauritius sind flexibel genug aufgestellt, damit wir bei interessanten Bewerbungen entsprechend reagieren können. Für uns ist wichtig, dass wir zügig erkennen, ob der Bewerber für uns interessant ist auch wenn er auf den ersten Blick vielleicht nicht zu uns passt. Die Herausforderung ist, im Tagesgeschäft sensibel genug zu bleiben für spannende Bewerbungen. Bei Bedarf hilft ein kurzes Telefonat mit der Fachabteilung, welche Chancen es gibt, dem Bewerber eine attraktive Stelle anzubieten. Was muss ein Unternehmen heute anbieten, um attraktiv zu sein? Hat sich da etwas verändert? Wir bieten unseren Mitarbeitern sichere Arbeitsplätze bei einem familiengeführten, mittelständischen Unternehmen, sehr moderne Arbeitsbedingungen und attraktive Aufgaben im internationalen Umfeld. Selbstverständlich erleben wir trotzdem, dass Bewerber sehr genau hinschauen und vergleichen. Wir haben deshalb mit unserem Leistungspaket LIFE+ ein ganzes Paket an Arbeitgeberleistungen geschnürt, mit dem wir unsere Mitarbeiter in sämtlichen Lebensfeldern unterstützen. Dazu zählen beispielsweise attraktive finanzielle Bestandteile wie eine Gewinnbeteiligung oder verschiedene Leistungsprämien, aber auch eine eigene Kleinkindbetreuung, ein Massage Angebot auf dem Firmengelände oder ein internes Weiterbildungszentrum mit mehr als 200 Kursen pro Jahr. Schmalz steht hier selbstverständlich im Wettbewerb mit anderen Unternehmen. Ist es besser, im Bewerbungsgespräch forsch aufzutreten, oder sollte der Bewerber gegenüber seinen Gesprächspartnern eher Zurückhaltung an den Tag legen? Ganz wichtig ist, dass die Bewerber authentisch sind, klare Standpunkte vertreten und präzise und ehrliche Antworten geben. Als Personaler entwickelt man sehr schnell ein Näschen dafür, wer sich verstellt und wer nicht. Am Ende eines Vorstellungsgesprächs stellt der Personaler in den meisten Fällen die obligatorische Frage: Haben Sie noch Fragen? Welche Fragen sollten Bewerber unbedingt stellen? Der Bewerber sollte zeigen, dass er sich gründlich vorbereitet hat. Schriftlich notierte Fragen signalisieren uns, dass er sich mit dem Unternehmen Schmalz auseinandergesetzt hat. Das können beispielsweise Fragen zu seiner künftigen Abteilung sein, Fragen zu Aufstiegs und Entwicklungsmöglichkeiten oder auch Fragen zur Kultur des Unternehmens. Auch einen runden Gesprächsabschluss halte ich für wichtig: Ich habe weiterhin großes Interesse an der Stelle der Termin heute hat mein Interesse weiter vertieft. Wie geht es nun weiter? Benötigen Sie noch Unterlagen von mir? Solche Fragen zum Ende eines Bewerbungsgesprächs signalisieren mir, dass es der Bewerber ernst meint und dass er großes Interesse daran hat, bei uns zu arbeiten. Das Gespräch führte Oliver Schmale.

9 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten 10 Wirtschaft in Baden-Württemberg Nr. 1 Februar 2017 Aller Aufstieg ist schwer in der Bergwelt wie in der Berufswelt. Zu zweit geht es meistens besser. Fotos: Bernd Eidenmüller, Fotolia/blas, Frank Paul Kistner, IBM Gezielte Pärchenbildung Mentorin Sie kann der Karriere Flügel verleihen. Weil sie Vorbild fürs eigene Vorankommen ist und die ungeschriebenen Gesetze in der Chefetage kennt. Mentoring ist eine große Chance für die Frauen. Von Dorothee Schöpfer Man investiert als Mentorin Zeit, aber wenn dann die Rückmeldung kommt, motiviert das auch. Christine Arbogast, Erste Bürgermeisterin Tübingen Christine Arbogast hat keine Mentorin gehabt, die ihr zur Seite stand bei ihrem beruflichen Fortkommen. Die ihr als Rollenmodell hätte dienen und ihr sagen können, wie man auch mit Familie die Karriereleiter hochklettern kann. Doch die promovierte Historikerin Arbogast ist auch so weit gekommen: Heute ist die dreifache Mutter die Erste Bürgermeisterin von Tübingen. Auch wenn die Frau an der Verwaltungsspitze keine hatte, ist sie doch selbst eine Mentorin geworden: Für zwei Studentinnen der Uni Konstanz, die Soziologie und Politik studiert haben. Also Fächer, bei denen der berufliche Werdegang genauso vage ist wie bei einer Historikerin. Abogast hat noch bei einer anderen beruflichen Station die Studentinnen als Mentees mit zu Terminen und Besprechungen genommen, sie waren über mehrere Tage wie ein Schatten an ihrer Seite Shadowing heißt die Methode. Davor und danach gab es noch Einzeltermine. Fragen zum Berufseinstieg, aber auch zur Vereinbarkeit von Kind und Karriere, das hat die jungen Frauen bewegt, erinnert sich Arbogast. Man investiert als Mentorin Zeit, aber wenn dann die Rückmeldung kommt, motiviert das auch. Ich hätte diese Möglichkeit, Mentee zu sein, selbst gerne gehabt, sagt die Bürgermeisterin. Der erste Mentor war ein Mann. Mentor, das war in der griechischen Mythologie ein Freund von Odysseus, der dessen Sohn Telemach mit Rat und Tat zur Seite stand. Ein Mentor im klassischen Sinne ist ein älterer, wohlwollender und kluger Begleiter. Mentoring 2017 ist ein Instrument der Personalentwicklung. Zum Beispiel bei IBM. Und dabei sind die Mentees manchmal dabei erheblich jünger als die Mentoren. Mentoring ist Teil unserer Weiterbildungsphilosophie und ein wichtiges Thema für das Unternehmen. Dazu benutzen wir unterschiedliche und auch innovative Formate, sagt Uta Menges, die bei IBM zuständige Personalmanagerin für Diversity. So ist etwa beim Reverse Mentoring ein Mitglied der Geschäftsleitung in der Rolle des Mentees, die Mentoren sind dagegen jüngere Frauen aus dem weiblichen Talente Pool der Firma. Beim ersten Treffen vereinbaren die Pärchen ihre Ziele und die weit oben in der Hierarchie stehenden Mentees teilen mit, was sie bei diesem Tandem auf Zeit interessiert. Reverse Mentoring ist so eine Methode, durch die Brille der Digital Natives zu schauen. Die Mitglieder der Geschäftsleitung erhalten dabei völlig neue Einblicke und sehen, wo es möglicherweise im Unternehmen klemmt, sagt Uta Menges. Die Mentoring Programme von IBM sind breit gefächert: Es gibt ein Tool im firmeninternen Netzwerk, mit dessen Hilfe sich Mentor und Mentee finden können; es gibt von der Personalabteilung begleitete und moderierte Programme genauso wie selbstgesteuerte Pärchenbildung, die Ländergrenzen überschreitet. Für das LGBT (Lesbian Gay Bisexual Transgender) Reverse Mentoring Programm hat IBM sogar einen HR Excellence Award bekommen: Führungskräfte in Osteuropa und in arabischen Ländern wurden als Mentees mit Mentoren aus der lesbisch schwulen Community von IBM weltweit zusammengebracht. Um so die Sensibilität in den Wachstumsmärkten zu wecken, dass Schwulsein keine Krankheit ist. Manche Tandems bei IBM kommunzieren nur über E Mails, andere telefonieren ab und zu, wieder andere treffen sich regelmäßig. Es gibt auch klassische Mentoring Programme, in denen Frauenförderung und Entwicklungspfade für den Führungskräftenachwuchs im Fokus stehen. Wichtig ist dabei: Der Mentor oder die Mentorin sollte nie die eigene Vorgesetzte sein, sondern eine Vertrauensperson, mit der man im Berufsalltag nichts zu tun hat. Dann gibt es auch noch das Sozialisierungsmentoring, um einen reibungslosen Einstieg in die Firma zu ermöglichen, oder Mentoring Programme für Studierende. So war die Informatikerin Uta Menges selbst Mentorin von Rima Akil, einer kopftuchtragenden Muslima, die an einem Frauenstudiengang an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft Informatik studiert hat. Eindrucksvoll, kompetent, charismatisch, so beschreibt Rima Akil ihre Mentorin. Sie steht mir immer zur Seite und begleitet mich bis heute durch mein berufliches und privates Leben. Das allerdings nicht bei der IBM stattfindet Rima Akil ist heute IT Systemtechnikerin an der Technischen Uni in Berlin. Uta Menges ist ihr nicht gram, sie hat ebenso von dem Tandem profitiert, Neues über die Karriereplanung und Zukunftsvisionen einer jungen Frau erfahren, genauso wie sie als Mentorin einer Kollegin aus Mexiko viel über die dortige Arbeitskultur gelernt hat: Eine Mentorin oder ein Mentor bekommt viel zurück. Große Firmen wie IBM haben ihre eigenen Mentoring Programme. Elisabeth Grebe mischt dagegen Pärchen aus unterschiedlichen Branchen. Seit zwei Jahren führt sie das Mentoring Programm Frauen in Verantwortung fort, das die Stuttgarterin Christa von Winsen schon in den 1990er Jahren entwickelt hat. Auch die Wirtschaftsingenieurin und Unternehmerin Elisabeth Grebe arbeitet eng mit den Personalabteilungen großer Firmen zusammen, denn diese finanzieren das Programm für ihren weiblichen Führungskräftenachwuchs in der Regel. Die Mentorinnen arbeiten dagegen ehrenamtlich wie etwa Marika Lulay, Vorstandsvorsitzende von GFT Technologies. Eineinhalb Jahre lang stehen Mentee und Mentorin in Kontakt, dazu gibt es Treffen zu bestimmten Themen. Das Matching ist die große Kunst: Da gibt es Frauen, die gerne jemanden hätten, der ihnen sagt, wo es langgeht. Andere wünschen sich dagegen jemanden aus der gleichen Branche, der gut zuhören kann. So präzise wie möglich sollten sich die Mentees darstellen und ihre Erwartungen auf dem Bewerbungsbogen äußern. Dann kümmert sich Elisabeth Grebe um eine passende Mentorin und wird entweder in ihrem großen Netzwerk fündig oder macht sich gezielt auf die Suche. Sie ist überzeugt, dass gerade das branchenübergreifende Cross Mentoring eine große Chance für die Frauen ist: Wenn Firmen die Partnerinnen auswählen, ist nie eine völlige Unabhängigkeit von Mentorin und Mentee gewährleistet. Es Christine Arbogast, Erste Bürgermeisterin Tübingen UNTERSCHIEDE ZWISCHEN COACH, MENTOR UND SPONSOR Coaching Das ist eine geschäftliche Beziehung: Der Coach hat eine professionelle Ausbildung und bekommt für seine Leistungen Honorar. Sowohl das Thema als auch die Stundenzahl und die Höhe des Honorars werden in einem Vertrag festgehalten. Mentoring Auch wenn zwischen gibt auch Frauen, die auf dem Sprung sind, die die Firma wechseln wollen und deshalb eine Mentorin als Begleiterin suchen, um die Spielregeln in den Chefetagen besser zu verstehen. Manche Pärchen können nicht mehr voneinander lassen: Es gibt auch Tandems, aus denen wurde eine lebenslange Freundschaft; Frauen, die einmal im Jahr ihren Skiurlaub miteinander verbringen. Und es gibt ehemalige Mentees, die sich als Gruppe immer wieder treffen, um sich auszutauschen. Und dabei geht es nur um den Job nicht um die Familie, nicht um die Kolleginnen, nicht um die Kinder. Eines haben die Mentorinnen den Mentees immer voraus: Souveränität und Gelassenheit. Das tut den jungen Frauen gut, gerade weil viele heute unheimlich hart zu sich sind und sehr hohe Ansprüche an sich stellen. Die wollen durch die Decke, haben eine unglaubliche Energie, hat Grebe beobachtet. Nach den eineinhalb Jahren, so Grebe, sind auch die Mentees meistens nicht nur selbstbewusster und klarer geworden, sondern auch entspannter. Um dort hinzukommen, wo man beruflich hin möchte, braucht es meistens auch Glück, gute Umstände und manchmal muss man Umwege gehen. Diese Lektion muss jede lernen. Mit oder ohne Mentorin an der Seite. Elisabeth Grebe, Geschäftsführerin Lena Mentor und Mentee in der Regel ein Altersunterschied besteht, ist die Beziehung doch auf Augenhöhe angelegt. Eine Mentorin arbeitet in der Regel ehrenamtlich, die Motivation ist, der Firma etwas zurückzugeben. Sponsoring Ein vor allem in den USA verbreitetes System, in dem Das tut den jungen Frauen gut, gerade weil viele unheimlich hart zu sich sind und sehr hohe Ansprüche an sich stellen. Elisabeth Grebe, Geschäftsführerin Lena Uta Menges, Diversity and Inclusion Leader, IBM einflussreiche Anwälte ihre Position nutzen, um ihre Protegés in Chefetagen zu etablieren und ihnen Zugang zu relevanten Netzwerken und wichtigen Schaltstellen der Macht zu verschaffen. Kurz gesagt Der Coach spricht zu dir, ein Mentor spricht mit dir und ein Sponsor spricht über dich. ds

10 Anzeige Anzeige Der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden hat sich zur Aufgabe gemacht, Unternehmen und Menschen wettbewerbsfähiger zu machen. Netzwerk für den Mittelstand Die Schwarzwald AG Jahreshauptversammlung des Wirtschaftsverbandes Industrieller Unternehmen Baden im Konzerthaus Freiburg. Foto: Wvib Ministerpräsident Kretschmann schrieb anlässlich des 70-Jahr-Jubiläums des Wirtschaftsverbands Industrieller Unternehmen Baden e. V. (wvib) im vergangenen Jahr: Der wvib ist im Südwesten einmalig. Chefs reden mit Chefs, Fachleute mit Fachleuten, und zwar so, dass alle davon profitieren. Hier wurde in Clustern gedacht und gehandelt, lange bevor das Wort Eingang in den deutschen Sprachschatz gefunden hatte. Wie ist dieses lebendige Netzwerk entstanden? Alles fing an, als Deutschland in Trümmern lag wurde auf Betreiben der französischen Besatzungsbehörden die Fachvereinigung Gießereien, Maschinen und sonstige Metallverarbeitung gegründet. Die Mitgliedschaft war schon damals freiwillig, und die Unternehmer erkannten früh den Nutzen des Netzwerks: Am 9. Mai 1946, ein Jahr und einen Tag nach Kriegsende, trafen sie sich zum ersten Mal in Freiburg. Die Bundesrepublik und die D-Mark lagen in weiter Ferne, der Mitgliedsbeitrag wurde in Reichsmark entrichtet. Viel Schutt lag in den Straßen und wenig Rohstoffe in den Lagern. Die existenzbedrohenden Startbedingungen ließen sich in einer lernenden Gemeinschaft besser bewältigen als im unternehmerischen Einzelkampf. Materialbeschaffung, Hilfestellung bei Demontagen der französischen Besatzungsmacht, Bearbeitung von Ausfuhr- und Einfuhrgenehmigungen waren die drängenden Fragen der ersten Jahre. Der Mut und die Zähigkeit der 85 Gründungsunternehmen zahlten sich aus: Die 1950er Jahre wurden auch in Baden zum Wirtschaftswunder. Die Idee, den technologischen Wandel, die Erschließung neuer Märkte und die Herausforderungen des gesellschaftlichen Umfelds gemeinsam zu besprechen, war damals modern und ist es bis heute geblieben schlossen sich insgesamt vier Fachvereinigungen zum Wirtschaftsverband Eisen- und Metallindustrie Baden (französische Zone) zusammen. Seit 1969 trägt der wvib seinen heutigen Namen. Die Ausdehnung des Verbands hat heute die Grenzen Badens weit überschritten und schließt Unternehmen in 14 baden-württembergischen Landkreisen, der Schweiz und Frankreich ein. Für die Gemeinschaft der heute rund 1000 Mitgliedsunternehmen hat sich der Begriff Schwarzwald AG etabliert. Der Wiederaufbau, der Aufstieg und Niedergang ganzer Branchen, die europäische Integration, die globale Konkurrenz, der Quarzschock der 70er Jahre, der Beginn des IT- Zeitalters oder der Hype um Industrie 4.0: Die Schwarzwald AG erlebte umwälzende Technologiesprünge und Herausforderungen. Führungsstile und Wertvorstellungen, das gesellschaftliche Umfeld, die Politik und die Zahlungsmittel haben sich seit 1946 vielfach gewandelt vom Kirschwasser bis zum Bitcoin. Dienstleister für die Mitglieder Im wvib wurden diese Veränderungen oft vorweggenommen. Die Produkte des Verbandes wurden angepasst, verbessert oder neu geschaffen. Das von Unternehmern für Unternehmer gegründete Netzwerk teilt inzwischen seit mehr als 70 Jahren Wissen und Wärme und multipliziert so Wettbewerbsvorteile und Menschlichkeit. Der Verband versteht sich als Dienstleister für seine Mitglieder, bietet Beratung, Plattformen für den Erfahrungsaustausch und ein praxisnahes Weiterbildungsprogramm für den industriellen Mittelstand an. Wer oder was ist eigentlich der deutsche Mittelstand und was ist das Geheimnis seines Erfolgs? Mittelstand ist, wenn die Fertigungsinseln schöner sind als die Besprechungsräume, wenn sich die Sonderschicht schnell mit Freiwilligen füllt und wenn der Chef die Enkel seiner Mitarbeiter kennt. Mittelstand ist nicht die Rosamunde- Pilcher-Ausgabe der deutschen Industrie, sondern eine generationenübergreifende Anstrengung, eine Folge von familiären und unternehmerischen Höhen und Tiefen, eine tägliche Auseinandersetzung mit neuen Fertigungsverfahren, neuen Märkten, anspruchsvollen Kunden, guten und schlechten Mitarbeitern, aggressiven Wettbewerbern und fordernden Behörden in Deutschland, Europa und weltweit. Politiker reden pausenlos über den Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft, aber kaum ein Politiker hat jemals im Mittelstand gearbeitet. Kaum ein Meinungsbildner kennt die Unternehmen des Mittelstands, kaum einer trifft den Ton der Hidden Champions, denn der Mittelstand als Ganzes ist noch immer ein unsichtbarer Riese. Einerseits vielfältig und marktnah, leistungs- und innovationsstark und weltweit präsent, andererseits selbst im Mittelstandsparadies Deutschland öffentlich weithin unbekannt. Der Mittelstand ist in jedem Fall die Achillesferse der Wettbewerbsfähigkeit und zugleich die Zukunft der Arbeitsplätze. Es geht beim Mittelstand um nichts weniger als um die Zukunft Deutschlands als Industrienation und Gesellschaft. Mittelständler müssen die fortschreitende Globalisierung bewältigen, ihren Kunden folgen oder neue Märkte erobern und neue Kunden gewinnen. Die Unternehmerfamilie muss Ressourcen für Jahrzehnte bereitstellen, denkt in Generationen und nicht in Quartalsabschlüssen, denn kurzfristiges Denken führt nie zum Erfolg. Der wvib hat es sich zur Aufgabe gemacht, Unternehmen und Menschen wettbewerbsfähiger zu machen. In seinem Netzwerk sind heute rund 1000 mittelständische, familiengeprägte, exportstarke Industrieunternehmen mit Beschäftigten und rund 43 Milliarden Euro Umsatz versammelt. Aufgeschlossene Unternehmer und Führungskräfte, die sich für ihr Unternehmen, ihre Kunden, ihre Mitarbeiter, die Umwelt und für unsere Gesellschaft engagieren, tauschen sich regelmäßig aus. Dabei geht es um die Themen Werte, Familie, Eigentum, Strategie, Führung, technologische Perspektiven der Industrie, neue (globale) Marktzugänge und neue Geschäftsmodelle. In jährlich über 650 Veranstaltungen wachsen rund 700 Unternehmens- Chefs und ca Führungskräfte im permanenten Erfahrungsaustausch, in Seminaren und Beratungen zu einer lernenden Gemeinschaft zusammen. hf Pragmatisch? Immer. Mittelstand als Haltung Es geht um geteilte Werte und nicht nur um Größe Klaus Endress (l.), wvib- Präsident, und Dr. Christoph Münzer, wvib-hauptgeschäftsführer Foto: wvib In dem Buch Mittelstand ist eine Haltung werfen die Autoren Dr. Heiner Kübler und Carl A. Siebel tiefe analytische Blicke in typisierte Unternehmenssituationen und in mögliche Zukünfte von industriellen Mittelständlern. Die Beispiele sind real, wenn auch anonymisiert. Man spürt, dass das Autorenteam aus Wolfgang Jung, Vorstandsmitglied der Südwestbank Foto: SWB einem reichen Fundus von durchlebten und durchdachten Praxisbeispielen schöpfen konnte. Dennoch geht es nicht um anekdotische Schmankerln aus dem Nähkästchen und den Blick in den Rückspiegel, sondern um mittelständische Mustererkennung, um Lessons learned, um typische strategische Fallstricke, um gängige Denkfehler und um Zukunft durch Strategie. Es handelt sich nicht um ein BWL-Buch mit aufwendigen Grafiken in Beratermanier, es werden keine neuen Tools propagiert und keine schlichten Rezepte verbreitet. Es liegt ein hohes Maß an gesundem unternehmerischen Sachverstand und Menschlichkeit in diesem Buch. Die Südwestbank AG Stuttgart hat es möglich gemacht, dass allen wvib-mitgliedern eine Sonderauflage dieses Buches zum 70-Jahr-Jubiläum überreicht werden konnte. Wolfgang Jung, Vorstandsmitglied der Südwestbank: Wir schätzen den wvib als Partner des Mittelstands und beraten viele seiner Mitglieder nicht nur in Finanzierungsfragen. Als selbst mittelständisch geprägtes Haus wissen wir: Mittelstand ist nicht nur eine Frage der Unternehmensgröße, sondern vor allem der geteilten Werte. Dies macht das äußerst lesenswerte Buch sehr deutlich. Die Autoren lassen die Wurzeln, die Ziele und Geschichten unserer Industriebetriebe im Südwesten vor den Augen des Lesers lebendig werden. hf Das verbindet mich mit meiner Bank. Als Unternehmer packe ich überall mit an. Darum schätze ich einen Partner, der den Mittelstand kennt und mich in allen Belangen aktiv begleitet. Von der Finanzierung über die Risikoabsicherung bis zur Nachfolgeregelung. Und was verbindet Sie mit Ihrer Bank? SÜDWESTBANK AG, Rotebühlstraße 125, Stuttgart Werte verbinden.

11 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten 12 Wirtschaft in Baden-Württemberg Nr. 1 Februar 2017 Im Labor an der Hochschule in Esslingen ist die Nähe zur Praxis Trumpf. Ausgeführt werden dort neben eigenen Versuchen auch Aufträge von kleineren Unternehmen aus der Umgebung. Fotos: Horst Rudel Ein Angebot wie nirgends sonst Studium Was die Hochschule Esslingen anbietet, ist einzigartig: Nur dort gibt es einen Masterstudiengang für Bioprozesstechnik. Und auch das ist in der deutschen Hochschullandschaft ziemlich außergewöhnlich: Es gibt ebenso viele Lehrende wie Lernende. Von Ulrich Schreyer Foto: Horst Rudel Wer bei uns lernt, kann es später auch in der Industrie. Richard Biener, Leiter des Studiengangs Bioprozesstechnik an der Hochschule Esslingen Wer so weit kommen will, muss sein Glück im Schwäbischen versuchen. In Berlin käme er nicht zum Ziel, in Frankfurt nicht und nicht in München. Wir haben hier in Esslingen den bundesweit einzigen berufsbegleitenden Masterstudiengang für Bioprozesstechnik, sagt Richard Biener. Biener ist Professor an der Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften an der Hochschule Esslingen und kann mit seinem einzigartigen Studiengang als eine Art Pionier betrachtet werden: Seit zwei Jahren erst gibt es den Studiengang, der die hoffnungsvollen Aspirantinnen und Aspiranten zum Mastertitel führen soll. Bioprozesstechnik wird an der Hochschule Esslingen zwar schon seit zwölf Jahre gelehrt, doch beim Bachelor war früher Schluss. Jetzt aber können Sarah Mehl und ihre Kolleginnen Irina Dzengel und Stefanie Flamm nach Höherem streben. Wer mit den drei Studentinnen im zweiten Semester spricht, bekommt einen interessanten Einblick: Im zweiten Semester gibt es vier Studentinnen und einen Studenten, für das vierte Semester haben sich zwei Studentinnen und ein Student eingeschrieben. Das Lehrpersonal des Studiengangs unter Leitung von Richard Biener besteht aus fünf Professoren und 14 Lehrbeauftragten also fast ebenso viele Lehrende wie Lernende. In Hohenheim war man eine Nummer auf dem Papier, meint Sarah Mehl, hier ist es viel besser. Zudem scheint der Studiengang auch auf junge Frauen, die sich sonst nicht unbedingt in technischen Fächern tummeln, eine große Anziehungskraft zu haben. Bioprozesstechnik das sind technische Verfahren für die industrielle Produktion im Bereich der roten oder der weißen Biotechnologie. Zum roten Bereich rechnen die Fachleute etwa die Herstellung von Biopharmazeutika wie Insulin, unter weiß firmiert beispielsweise die Produktion von Enzymen und Feinchemikalien für Futtermittel. In Esslingen geht es hauptsächlich um rote und weiße Biotechnik. Dabei lernen die Studierenden nicht nur, wie biologische Prozesse ablaufen, sondern auch den Umgang mit den dafür nötigen Geräten. Das ist etwa für Irina Dzengel besonders wichtig. Die Studentin arbeitet bei Chemgineering in Wiesbaden, einem Unternehmen, das Anlagen für die Bioprozesstechnik plant. Dzengel bekommt in Esslingen die Chance, Geräte im Kleinen zu sehen, bevor man in die Industrie geht. Im Labor steuern die Studierenden mithilfe von Daten am Bildschirm Prozesse in Reaktoren, lassen Flüssigkeiten in Röhrchen in einem Kühlschrank fließen und entnehmen diesem dann eine Probe, die sie analysieren. Diese Proben aus dem Bioreaktor enthalten Nährstoffe, die von Zellen für ihr Wachstum und die Produktion biotechnischer Produkte gebraucht werden. Die Produkte können etwa Proteine, Antibiotika, Aminosäuren oder Vitamine sein. Der Bioreaktor an der Hochschule fasst 30 Liter, auch für kleinere Firmen aus der Umgebung werden mit diesem Arbeiten ausgeführt in der Industrie können es Reaktoren mit bis zu Liter Inhalt sein. Die Arbeit im Labor verlangt Präsenz am Hochschulort. Wer weiter weg wohnt, muss sich auch schon mal ein Hotelzimmer leisten. Zwischen zwölf und 15 Tagen pro Semester ist Präsenz gefragt, ansonsten kann via Internet online gelernt werden. Wobei online keineswegs unpersönlich bedeutet. Die Betreuung ist auch beim Fernstudium individuell, sagt Biener. Stefanie Flamm, die bei der Sartorius Stedim Cellca GmbH in Laupheim arbeitet, will in Esslingen einen tieferen Einblick in die Prozesse bekommen. Auch Irina Dzengel möchte Neues dazulernen und einen Überblick darüber bekommen, was es alles gibt. Gerade in einer Branche wie der Biotechnik, die sich sehr schnell entwickle, komme es darauf an, stets up to date zu sein. Arbeitgeber für Mehl ist der Ingenieurdienstleister Ferchau Engineering in Stuttgart. Nach dem Studium der Lebensmittelwissenschaften und der Bioprozesstechnik in Stuttgart Hohenheim findet sie es interessant, sich in Esslingen nicht nur mit biotechnischen Prozessen, sondern mit den ganzen dazugehörenden Geräten beschäftigen zu können und obendrein in einer Branche, die noch viel Potenzial hat und somit auch die Aussicht auf einen sicheren Job biete. Den Bachelor hat sie bereits in der Tasche, der angestrebte Masterabschluss könnte die Tür zu einer Führungsposition öffnen. Natürlich wollen die Studierenden in den vier Semestern, an deren Ende eine Masterarbeit steht, möglichst viel über ihr Fachgebiet erfahren. Doch von wissenschaftlichen Einblicken und praktischen Übungen allein können sie natürlich nicht leben. Ja klar, Geld spielt auch eine Rolle, sagt nicht nur Stefanie Flamm auf die Frage nach der Motivation für das Studium. Und dass man sich etwas aufbauen kann, fügt Irina Dzengel hinzu. Es wäre seltsam, wenn das liebe Geld keine Rolle spielen würde schließlich sind für das Studium Gebühren zu bezahlen Euro kosten allein die vier Fachsemester. Muss jemand auswärts übernachten, wird es noch teurer: Immerhin aber müssen die Euro nicht auf einen Schlag bezahlt werden, sondern können in monatlichen Raten zu je 600 Euro entrichtet werden. Die Studierenden indes müssen nicht nur Geld aufbringen, wollen sie in Esslingen Erfolg haben: Präsenztage sind Freitag und Samstag, es muss also oft auch ein Teil des Urlaubs geopfert werden. Manchmal gibt es auch teilweise Freistellungen durch den Arbeitgeber, sagt Biener. Und dass das Fernstudium nach des Tages Arbeit eine anstrengende Sache ist, das haben die drei ebenfalls schon erfahren. Die Zusatzbelastung ist enorm, heißt es da etwa und Es ist viel, wenn man den ganzen Tag gearbeitet hat. Oder auch: Es geht schon noch, man liegt eben weniger faul auf dem Sofa. Die zusätzliche Belastung aber sehen sie nicht nur als Bürde an: Wenn man so etwas macht, kann dies auch eine Empfehlung beim Arbeitgeber sein, meint Sarah Mehl ein Urteil, dem sich ihre Kolleginnen durchaus anschließen. Regionen, in denen solche Arbeitgeber zu finden sind, gibt es in nächster Nähe: So etwa die Gegend um Ulm und Biberach, aber auch Stuttgart/Reutlingen/Tübingen mit der Bioregion Stern. Arbeiten aber kann man auch am Rhein, sei es in Mannheim/Heidelberg oder in Südbaden zwischen Freiburg und dem schweizerischen Basel. Jobs gibt es bei Konzernen wie Bayer, Boehringer, Sanofi, Roche, Sandoz oder Merck, aber auch bei Firmen wie Teva (früher Ratiopharm) sowie einer ganzen Reihe kleinerer, aber nicht weniger innovativer Mittelständler im Südwesten. Wer seine Sache bei uns gelernt hat, der kann es auch in der Industrie, da ist sich Biener sicher. Und ein Berufsanfänger kann auch auf ein durchaus attraktives Einstiegsgehalt hoffen: Das liegt zwischen etwa und Euro im Jahr, so der Professor. Dass am Schluss des Studiums das große Jammern über eine verpatzte Prüfung kommt, glaubt Biener nicht: Wenn Studierende dies alles machen und bereit sind, dafür Geld auszugeben, sind sie auch motiviert. Das ist natürlich keine Garantie wohl aber ein Hinweis darauf, dass die Sache zu schaffen sei. Und weil es die Sache eben nur am Neckar gibt, kommt eine Studentin sogar extra alle 14 Tage aus Berlin nach Esslingen. SO SIEHT DAS STUDIUM DER BIOPROZESSTECHNIK AUS Voraussetzungen Wer sich für das Studium einschreiben möchte, muss ein technisch orientiertes Bacheloroder Ingenieurstudium nachweisen. Zudem sollte man ein Jahr lang berufstätig sein. Anmeldeschluss für das Sommersemester ist der 31. Januar. Einen Numerus clausus gibt es bisher nicht. Eine Informationsveranstaltung gibt es am Freitag, 5. Mai, um Uhr an der Hochschule Esslingen, Standort Stadtmitte, Raum S Infos auch unter info btm@hs esslingen.de Verlauf Das Studium beginnt Mitte März und besteht aus vier Theoriesemestern und einem Semester für die Abschlussarbeit. Insgesamt kommen 90 Credits zusammen, rund 2700 Stunden. Das Studium gliedert sich in Präsenzteile und Fernstudium. Präsenztage sind Freitagnachmittage und Samstage. Gelehrt werden neben biotechnischen Prozessen Qualitätsmanagement und rechtliche Grundlagen. Die Gebühren von Euro Irina Dzengel, Stefanie Flamm und Sarah Mehl (von oben) macht ihr Studium Spaß. Es bringt Einblick in interessante Tätigkeiten und bietet die Möglichkeit zu beruflichem Aufstieg und einem höheren Verdienst. können in monatlichen Raten von 600 Euro bezahlt werden. Abschluss Nach bestandenem Studium wird der Titel Master of Engineering (M.Eng.) Bioprozesstechnik verliehen. Bioprozesstechnik ist ein Gebiet, das vielfach noch in den Anfängen steckt und daher interessante Perspektiven für Nachwuchskräfte bietet. Die Einstiegsgehälter liegen zwischen Euro und Euro im Jahr. ey

12 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten Nr. 1 Februar 2017 Wirtschaft in Baden-Württemberg 13 Digitalen Wandel vorantreiben Berufsporträt Immer mehr Unternehmen richten die Position eines Chief Digital Officer (CDO) ein, um fürs digitale Zeitalter gerüstet zu sein. Beim Autozulieferer ZF aus Friedrichshafen ist das eine Frau. Von Gerhard Bläske Wir wollen bis 2025 ein globales Unternehmen sein. Spätestens dann werden wir alle Entscheidungen global treffen. Mamatha Chamarthi, Managerin bei ZF Die meiste Zeit verbringt Mamatha Chamarthi im Flugzeug. Irgendwo zwischen Amerika, Asien und Europa, auf dem Weg zu einem der vielen Standorte des Autozulieferers ZF Friedrichshafen. Ihr Aufgabe lautet: das Stiftungsunternehmen fit machen für die Zukunft, fit für den digitalen Wandel, der so manches traditionelle Geschäftsmodell zum Einsturz bringen wird. So wie bei IBM. Der einstige Hersteller von Großcomputern und PCs ist heute ein Anbieter von Dienstleistungen im IT Bereich und von Beratungsleistungen. Ein anderes Beispiel ist Kodak: Der frühere Hersteller fotografischer Ausrüstungen hat nicht rechtzeitig umgestellt und wurde ein Opfer der Digitalisierung. Damit so etwas nicht auch bei ZF passiert, dafür hat Konzernchef Stefan Sommer die aus der indischen Sieben Millionen Einwohnerstadt Hyderabad stammende Mittvierzigerin im September 2016 zum Chief Digital Officer (CDO) berufen. Die Position ist relativ neu in der Wirtschaftswelt. Noch ist es eine Minderheit der Unternehmen, die einen CDO haben. In vielen Konzernen ist es der Chief Information Officer (CIO), der Leiter des Bereichs Informationstechnik, der diese Rolle einnimmt. Doch der CIO hat viele andere Aufgaben. Aus diesem Grund werden immer mehr Personen berufen, die sich nur um das Thema digitale Transformation kümmern. Der Chief Digital Officer soll die digitale Transformation in einem Unternehmen vorantreiben, ob in Forschung und Entwicklung, Einkauf und Beschaffung, Produktion, Vertrieb oder in der Kommunikation mit den Kunden über digitale Netzwerke. Er oder sie soll in die Prozesse gehen und schauen, wo sich durch die Digitalisierung Synergien heben lassen, und die Digitalisierung vorantreiben. Zu den Aufgaben des CDO gehören die Einführung von digitalen Technologien im Unternehmen und die Entwicklung von Strategien für soziale Netzwerke und ihre Einführung. Ziel sind letztlich Kostenvorteile, mehr Flexibilität und mehr Qualität, aber auch neue und zukunftsträchtige Geschäftsmodelle. Wegen dieser herausgehobenen Funktion ist der Chief Digital Officer in der Regel direkt dem Vorstandsvorsitzenden unterstellt. So wie bei ZF. Denn das Thema ist für die meisten Unternehmensbosse Chefsache. Mamatha Chamarthi soll die digitalen Initiativen im Transformationsprozess koordinieren und bündeln sowie divisionsübergreifend Synergien finden. Ähnlich wie ein Dirigent will sie nach eigenen Worten die digitalen Aktivitäten des Konzerns orchestrieren. Dabei ist es durchaus gewollt, dass sie auch gegen den Strich bürstet und Empfehlungen gibt, die althergebrachte Strukturen infrage stellen. Bei Kodak hätte eine solche Empfehlung lauten können, das analoge Geschäft frühzeitig aufzugeben und voll und ganz auf Digitalisierung zu setzen. Bei ZF, das 2015 den amerikanischen Konkurrenten TRW Automotive übernommen hat, bei dem Chamarthi vorher als CIO gearbeitet hat, könnte die Frage lauten, ob das bisher weitgehend mechanische Geschäft durch digitale Produkte ersetzt wird und wann die Elektrifizierung das bisherige Geschäftsmodell obsolet machen wird. Auch die Frage, ob ZF das nötige Wissen hat, um Änderungen umzusetzen, muss die Mutter von zwei Kindern beschäftigen. Gegebenenfalls kann etwa die ZF eigene Venture Gesellschaft Beteiligungen erwerben, die das entsprechende Know how haben. Viele Großkonzerne gehen heute diesen Weg, weil beispielsweise Start ups flexibler und eher bereit sind, neue Wege zu gehen als traditionelle Forschungsabteilungen in Unternehmen. Das Anforderungsprofil für die Position des Chief Digital Officer klingt zunächst einmal sehr technisch. In der Tat sind CDOs in der Regel Experten für Online Technik. Das allein genügt aber nicht. Sie müssen auch wirtschaftlichen Sachverstand haben. Im Fall von Mamatha Chamarthi ist das Spektrum sogar noch viel breiter. Die Mutter von zwei Kindern, die mit einem Ford Ingenieur verheiratet ist und seit vielen Jahren in Ann Arbor nahe der US Autometropole Detroit wohnt, hat zunächst in Indien Literatur und Wirtschaft studiert. Es folgte ein Studium der Informatik im amerikanischen Oakland und ein MBA an der weltweit führenden Business School Kellogg School of Management. Vor ihrer Tätigkeit bei ZF und TRW arbeitete sie viele Jahre für den damaligen Daimler Chrysler Konzern, wo sie erst die Fusion, später die Entkoppelung begleitet hat. Dazwischen war sie bei einem Energieerzeuger tätig. Sie bezeichnet sich selbst als Autofrau. Davon zeugen die vielen Fahrzeugmodelle in ihrem Büro. Mamatha Chamarthi ist sehr engagiert und mit viel Enthusiasmus dabei. Da sie fast immer unterwegs ist, sieht sie ihre Familie nur selten. Die Vielfältigkeit ihrer Ausbildung und ihre Bikulturalität kommen ihr bei der Erfüllung ihrer Aufgabe zugute sie arbeitet schließlich für einen der weltgrößten Zulieferer, der rund um den Erdball vertreten ist. Wir wollen bis 2025 ein globales Unternehmen sein. Spätestens dann werden wir alle Entscheidungen global treffen, sagt sie. Wenn sie in ihrem Job erfolgreich ist, dann macht sie sich bis dahin quasi selbst überflüssig. DIE HERAUSFORDERUNGEN DER INDUSTRIE 4.0 Digitalisierung Robotik, Vernetzung und Automatisierung führen zu einer tief greifenden Veränderung der Arbeitswelt. Möglich werden dadurch nicht nur neue Produktions und Organisationsformen, sondern auch innovative Geschäftsund Vertriebsmodelle. Voraussetzung dafür sind neue Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit datenbasierten Fertigungs, Informations und Kommunikationsprozessen. Die Digitalisierung, oft auch als Industrie 4.0 bezeichnet, stellt die traditionellen Geschäftsmodelle der Unternehmen infrage und ist für die Beschäftigten eine große Herausforderung. Experten sind sich noch uneins, ob für sie Chancen oder Risiken überwiegen. Chefsache In den meisten Unternehmen ist die Digitalisierung Chefsache. Immer häufiger ist dafür der Chief Digital Officer (CDO) zuständig, der dem Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzenden zugeordnet ist. Er soll sich um alles kümmern, was mit der digitalen Transformation zusammenhängt, und muss auch mal traditionelle Geschäftsmodelle infrage stellen. Er braucht nicht nur umfangreiche Online Kenntnisse, sondern muss auch wirtschaftlichen Sachverstand mitbringen. Schätzungen zufolge hat etwa ein Viertel der Unternehmen einen CDO. bl Als Chief Digital Officer bei ZF ist Mamatha Chamarthi nicht nur virtuell, sondern auch tatsächlich ständig rund um den Globus unterwegs. Foto: ZF Friedrichshafen, Illustration: Fotolia/sdecoret

13 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten 14 Wirtschaft in Baden-Württemberg Nr. 1 Februar 2017 Mit Ausdauer und Schwung sind viele Ältere nicht nur in ihrer Freizeit unterwegs, sondern auch noch im Berufsleben so man sie denn lässt. Bisher fehlen freilich rechtliche Grundlagen für eine geregelte und sichere Beschäftigung nach dem Erreichen des Rentenalters. Fotos: Fotolia/Gina Sander/svege, Gleiss Lutz Der Gesetzgeber muss handeln Gastbeitrag Wer die Regelaltersgrenze erreicht hat, will oft gerne noch arbeiten. Die aktuelle Rechtslage erschwert eine Beschäftigung nach Erreichen des Rentenalters jedoch. Von Jobst Hubertus Bauer Auf das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) kann sich ein Arbeitnehmer berufen, wenn er in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern beschäftigt und die Wartezeit von mindestens sechs Monaten erfüllt ist. Unter diesen Voraussetzungen ist es für einen Arbeitgeber oft schwierig, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Liegt kein Kündigungsgrund im Sinne von Paragraf 1 KSchG vor, kann der Arbeitnehmer auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bestehen oder sich diesen durch einen golden handshake abkaufen lassen. Der allgemeine Kündigungsschutz gilt open end. Ein Arbeitsverhältnis endet also nicht automatisch mit Erreichen der Regelaltersgrenze ( je nach Geburtsjahr zwischen dem 65. und 67. Lebensjahr). Soll ein solches Ende gewährleistet werden, bedarf es vielmehr einer gesonderten Rechtsgrundlage. Deshalb enthalten die meisten Manteltarifund Individualverträge entsprechende personalpolitisch vernünftige und rechtlich zulässige Altersgrenzenregelungen, die an GASTAUTOR Arbeitsrechtler Jobst Hubertus Bauer ist Honorarprofessor an der Universität Tübingen und Of Counsel der Kanzlei Gleiss Lutz, Stuttgart. Er ist Mitherausgeber diverser Fachzeitschriften für Arbeitsrecht und Geschäftsführer bzw. Justiziar von Arbeitgeberverbänden. Er gilt als einer der führenden Arbeitsrechtsanwälte Deutschlands. red das Erreichen der Regelaltersgrenze anknüpfen. Auf der anderen Seite verlangen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vermehrt, Arbeitsverhältnisse auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze und darauf bezogener Beendigungsvereinbarungen für einen vorab bestimmten Zeitraum rechtssicher fortsetzen zu können. Dazu kann nicht auf eine Befristung nach Paragraf 14 des Teilzeit und Befristungsgesetzes (TzBfG) von bis zu zwei Jahren zurückgegriffen werden, die keiner Begründung bedarf. Eine solche Befristung setzt voraus, dass mit demselben Arbeitgeber nicht bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Denkbar ist aber eine befristete Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses, wenn dafür sachliche Gründe vorliegen. Ob solche Sachgründe vor Gericht Bestand haben, kann häufig nicht zuverlässig prognostiziert werden. Jedenfalls ist die Rechtsprechung in dieser Hinsicht sehr restriktiv zum Nachteil der Arbeitgeber. Aus befristeten Arbeitsverhältnissen kann deshalb schnell unbefristeter Kündigungsschutz werden, der auf Arbeitgeberseite nicht gerade beliebt ist. Der Gesetzgeber hat sich deshalb veranlasst gesehen, einen anderen Weg zu wählen. In der am 1. Juli 2014 in Kraft getretenen Neuregelung von Paragraf 41 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) ist vorgesehen, dass durch Vereinbarung während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses der an sich durch Erreichen der Regelaltersrente vorgesehene Beendigungszeitpunkt hinausgeschoben werden kann, gegebenenfalls auch mehrfach. Dabei handelt es sich um eine gut gemeinte, aber handwerklich schlechte Spezialregelung, zumal in der amtlichen Begründung hervorgehoben wird, die sonstigen im jeweiligen Arbeitsverhältnis geltenden Arbeitsbedingungen blieben von der Neuregelung unberührt. Das hat in der arbeitsrechtlichen Literatur sofort dazu geführt, Parallelen zur sachgrundlosen Befristung zu ziehen, bei der im Rahmen der maximal zulässigen Gesamtdauer von zwei Jahren der Arbeitsvertrag höchstens dreimal verlängert werden darf. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht dabei davon aus, dass aufgrund des Wortlauts der Vorschrift nur die Vertragslaufzeit im Rahmen der zulässigen Gesamtdauer verlängert, nicht aber der Vertragsinhalt als solcher verändert werden dürfe (AZ 7 AZR 514/05). Wird dagegen verstoßen, wird aus dem befristeten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Im geänderten Paragrafen 41 SGB VI hat der Gesetzgeber dagegen das Wort Arbeitsverhältnis statt Arbeitsvertrag benutzt. Ein Arbeitsverhältnis bleibt aber bestehen, selbst wenn sich seine Inhalte im Laufe der Zeit ändern. Deshalb spricht vieles dafür, dass auch zeitgleich mit dem Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts die Vertragsbedingungen (z. B. Arbeitszeit und Vergütung) geändert werden können, was durchaus dem Interesse älterer Arbeitnehmer entspricht. Wer das Rentenalter erreicht hat, will oft gerne noch arbeiten, aber nicht mehr im bisherigen Umfang. Es kann nicht unterstellt werden, der Gesetzgeber habe die unterschiedliche Bedeutung der Begriffe Arbeitsverhältnis und Arbeitsvertrag verkannt. Da sich der Gesetzgeber für den Begriff des Arbeitsverhältnisses in Paragraf 41 SGB VI entschieden hat, kann es auch nicht auf die ergänzenden Erläuterungen in der amtlichen Begründung ankommen. Ob die Arbeitsgerichte jedoch meiner Auffassung folgen werden, steht immer noch in den Sternen, hat doch einstmals schon der große Kabarettist Dieter Hildebrandt nicht ganz zu Unrecht angemerkt: Man muss nicht nur recht haben, sondern auch mit der Justiz rechnen. Fraglich ist zudem die europarechtliche Wirksamkeit der Vorschrift, weil nicht geregelt ist, wie oft und in welchem zeitlichen Umfang das Ende des Arbeitsverhältnisses hinausgeschoben werden kann und ob dazu Schriftform erforderlich ist. Das alles wirkt sich zum Nachteil älterer Arbeitnehmer aus, die hoffen, über die Regelaltersgrenze hinaus bei ihrem bisherigen oder einem neuen Arbeitgeber arbeiten zu dürfen. Wegen der Rechtsunsicherheit scheuen sich verständlicherweise jedoch viele Arbeitgeber, von der Regelung Gebrauch zu machen, die sich damit als kontraproduktiv erweist. Es wäre ein Leichtes gewesen, das seit 1. Januar 2017 geltende Flexirentengesetz dazu zu nutzen, Paragraf 41 Satz 3 SGB VI gerichtsfest so zu fassen, dass die Arbeitsvertragsparteien durch schriftliche Vereinbarung den Beendigungszeitpunkt bis zu fünfmal innerhalb von fünf Jahren hinausschieben können, und zwar auch zu jeweils geänderten Arbeitsbedingungen. Angeboten hätte sich zudem, eine solche Beschäftigung auch Bewerbern zu ermöglichen, die die Regelaltersgrenze bei einem anderen Arbeitgeber erreicht haben. Das ist aber leider versäumt worden mit der Folge, dass ein attraktives, rechtssicheres Weiterarbeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze arbeitsrechtlich kaum erreicht wird. Also besteht für den Gesetzgeber unverändert Handlungsbedarf. Liegt kein Kündigungsgrund vor, kann der Arbeitnehmer auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bestehen oder sich diesen abkaufen lassen. Jobst Hubertus Bauer, Arbeitsrechtsanwalt

14 Wirtschaft in Baden-Württemberg 15 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten Nr. 1 Februar 2017 Niedrigzins lässt Anleger flüchten Die Nullzinspolitik im Euroraum verlockt zu Engagements in Fremdwährungen. Die Risiken durch Politik oder Ölpreis sind jedoch nicht zu unterschätzen. Von Thomas Spengler Devisenspekulation D as ging für manchen Anleger gehörig schief. Als Anfang Ja nuar die türkische Währung auf Talfahrt ging, mussten sich internationale Investoren be eilen, ihre Verluste zu begrenzen. Nachdem die Lira täglich bis zu zwei Prozent an Wert verlor, setzte eine regelrechte Flucht aus der Währung ein. Fast panisch stießen An leger Staatsanleihen aus Ankara ab oder tauschten direkte Währungsengagements verlustbegrenzend zurück. Die Vier vor dem Komma hat so manchen verleitet, sich in Türkischer Lira zu engagie ren, sagt Roland Hirschmül ler, Chefaktienhändler der Baader Bank an der Börse Stuttgart mit Blick auf die Rendite zehnjähriger Staats anleihen aus der Türkei. Der Umstand, dass die Lira bereits Mitte 2016 wegen der politischen Unruhen einen Schwächeanfall erlitt und Foto: Wilhelm Mierendorf jetzt rund 30 Prozent weniger Die Vier vor dem Komma wert ist, macht deutlich, was sich Anleger beim Investment hat so manchen verleitet, in Devisen bewusst machen sich in Türkischer Lira sollten: Man geht damit neue zu engagieren. Risiken ein in dem Fall geo politische, sagt Franz Kaim, Roland Hirschmüller, Anlageexperte der Vertiva Baader Bank Family Office in Stuttgart. Politische Risiken sind es auch, denen der Mexikanische Peso ausgesetzt ist, seit die Währung durch die Ankündigungen von Donald Trump auf Jahressicht rund 14 Pro zent gegenüber dem Euro verloren hat. Oder das Britische Pfund, das nach dem Brexit Votum der Briten zwar auf Talfahrt ging, für Hirschmüller aber mittlerweile als Wette gegen den Euro gilt. Ein weiteres Risiko, das Fremdwäh rungsengagements oft mit sich bringen, ist die Entwicklung der Rohstoffmärkte. So gelten die Währungen Südafrikanischer Rand, Norwegische Krone, Kanadischer und Australischer Dollar allesamt als typi sche Rohstoffwährungen, die vor allem durch den Ölpreis starken Schwankungen ausgesetzt sein können. Anlei hen in Norwegischen Kronen etwa rentieren derzeit mit an sehnlichen 1,6 Prozent über zehn Jahre. Dennoch bleibt die Unsicherheit über den Währungskurs erst recht, nachdem die Krone seit 2013 wegen des sinkenden Ölprei ses stark an Wert verloren hat te. Wegen Norwegens niedri Foto: Franz Kaim ger Staatsverschuldung glaubt Hirschmüller aber, dass An Gelder aus leihen aus Oslo immer wieder dem Euroraum kommen. fließen bevorzugt Und da ist der Euro selbst, der zwar weiterhin als Hart in die USA ab. währung gilt, aber aufgrund Franz Kaim, der schwelenden Eurokrise Vertiva Family Office und der EU Austrittspropa ganda rechter Populisten selbst risiko behaftet ist. Der Versuch der Europäischen Zentralbank, die Staatsschuldenkrise mit einer anhaltenden Nullzinspolitik zu ku rieren, ist schließlich der Hauptgrund, wa rum seit geraumer Zeit Anleger aus Europa mit Fremdwährungen liebäugeln. Anleger mit einer höheren Chancen und Risiko bereitschaft zeigen eine vermehrte Diver sifikationsbereitschaft und ergänzen ihr Portfolio um Fremdwährungsanlagen, hat Martin Joos, Anlageexperte der BW Bank, beobachtet. Vor allem dort, wo es für das gleiche Risiko bessere Renditen gibt, sind die Ausweichbewegungen in höherverzins liche Währungen stark. Deshalb fließen Gelder aus dem Euroraum bevorzugt in die USA ab zumal in Euroland die Inflations erwartungen steigen, sagt Kaim von Verti va. Kein Wunder, mit einer Zinsdifferenz gegenüber dem Euro für zehnjährige Lauf zeiten von mittlerweile rund zwei Prozent sowie den Perspektiven der US Wirtschaft hat der Dollar starke Argumente auf seiner Seite. Allerdings kann man angesichts der Sprunghaftigkeit von Trump, der die US Währung jüngst auch schon wieder als zu stark bezeichnet hat, nie sicher sein, was dort als Nächstes passiert. Im Schatten des Haupttrends, dem Geldfluss in die USA, gibt es aber noch andere Wanderungsbewegungen, an denen abzulesen ist, wie Anleger versuchen, nach Währungen zu diversifizieren. Für Karl Heinz Geiger etwa, Geschäftsführer der SVA Vermögensverwaltung Stuttgart, ist ein Engagement in Dänischen Kronen na heliegend. Die Währung des Nachbarlan des weise eine enge Bindung an den Euro auf und sei damit relativ geschützt gegen starke Schwankungen. Daneben nennt Gei ger asiatische Währungen als interessant, denn die Verschuldung dieser Staaten sei im Verhältnis zu Europa sehr gering, was ebenso auf die europäischen Nordstaaten Schweden oder Norwegen zutreffe. Vor diesem Hintergrund legen Ver mögensverwalter Privatanlegern nahe, bei entsprechend großem Depot auch in Fremdwährungen zu investieren, was durch den Kauf von ausländischen Staats anleihen oder Fonds an der Börse einfach zu bewerkstelligen ist. Abhängig von der Risikoneigung des Kunden hält Rainer Armbruster von der Vermögensverwaltung Capitell AG in Baden Baden dafür 15 bis 25 Prozent des Depotwerts für angemessen. Von Carry Trades, mit denen Geld in einer niedrigverzinslichen Währung wie dem Euro oder Yen aufgenommen und in höherverzinsliche Währungen wie den Brasilianischen Real oder den Russischen Rubel angelegt werden, raten dagegen die meisten Anlageberater ab. Kann doch die Hebelwirkung nach beiden Seiten auch verheerende Folgen haben. Das Risiko ist hoch, meint Geiger von der SVA Vermö gensverwaltung. Aus diesem Grund sieht auch Joos von der BW Bank die Carry Trades als ein Segment lediglich für profes sionelle und institutionelle Kapitalanleger. Indessen befeuern die hohen Zinsdiffe renzen zwischen dem Dollar und dem Euro sowie die protektionistischen Ideen von Trump zumindest kurzfristig auch den Markt für amerikanische Aktien, die nach Meinung vieler Anlageberater ohnehin in keinem Wertpapierdepot fehlen sollten. Wer sich breit aufstellt, kommt um US Ak tien nicht herum, sagt Kaim. Anleger, die ihr Engagement durch eine weltweite Bril le betrachten, sind daher zumindest mit Aktien automatisch in Währungsräumen außerhalb der Eurozone investiert. Jedoch sollte dabei die Qualität der Anlage selbst das wichtigste Entscheidungskriterium sein und dann erst der Aspekt der Wäh rung, resümiert der Vertiva Experte. Geldanleger haben Reiselust bekommen und spekulieren gerne mit Devisen. Doch nicht alle Ziele machen immer Freude. Aus Mexiko Stadt (ganz oben) und Istanbul (Mitte) kamen jüngst keine guten Nachrichten. In Norwegen (unten) hängt die Währung stark vom Ölpreis ab und in Großbritannien (oben) brachte der Brexit den Devisenmarkt durcheinander. Fotos: Mauritius DAS IST WICHTIG FÜR WÄHRUNGSGESCHÄFTE Anleihensuche Privatanleger finden Tipps auf den Seiten der Börsen Stuttgart und Frankfurt, stuttgart.de und frankfurt.de, oder und nanztreff.de. Eine große Auswahl nach Emittenten sortierbarer, börs lich handelbarer Staats und Unter nehmensanleihen in Fremdwäh rung hat Auswahlkriterien Hinweise liefern die Rendite Angaben, bei denen die zum Briefkurs gehörenden Werte wesentlich sind. Entscheidend ist auch, wer die Anleihe herausgibt. Dies ist nicht immer der Staat selbst, in dessen Währung die Anleihe begeben ist. Es kann ein Unternehmen oder ein Finanzinstitut sein, mit oft besserer Bonität als der jeweilige Staat. So zählt die Kreditanstalt für Wiederaufbau zu den Emittenten von Anleihen in Brasilianischen Real und Russischen Rubel. Rubel begeben auch Deutsche Bank, Rabobank oder Europäische Investment Bank. Einige deutsche Autobauer emittieren Anleihen in Norwegischen Kronen, Australi schen und Neuseeländischen Dol lar und Chinesischen Renminbi. ts

15 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten 16 Wirtschaft in Baden-Württemberg Nr. 1 Februar 2017 Der Heimatstadt eng verbunden Grenke Vorstandsvorsitzender Innerhalb von 35 Jahren hat Wolfgang Grenke den Baden Badener Leasingspezialisten zu einem international operierenden S Dax Konzern geformt, der bald auf zwei Milliarden Euro Umsatz kommt. Von Gerhard Bläske Seiner Heimatstadt Baden Baden ist Wolfgang Grenke zeit seines Lebens treu geblieben. In der weltbekannten Kur und Bäderstadt am Rande des Schwarzwaldes wurde er 1951 geboren, hier wuchs er auf und hier gründete er 1978 den IT Dienstleister GrenkeLeasing. Aus dem Zwei Mann Betrieb, der Computer, Kopierer, Drucker und Telefonanlagen an meist mittelständische Betriebe vermietete, wurde ein S Dax Konzern mit mehr als 900 Mitarbeitern und einem Umsatz von bald zwei Milliarden Euro, der in rund 30 Ländern vertreten ist und dessen Börsenwert sich verzigfacht hat. Die konzerneigene Grenke Bank unterstützt unter anderem Unternehmensgründer. Der mittlerweile 66 jährige Vorstandschef und Großaktionär will der Gesellschaft etwas von dem zurückgeben, was diese mir ermöglicht hat, sagt er. Deshalb ließ Grenke ein altes Palais zwischen dem Museum Frieder Burda und dem Theater aufwendig zu einem Museum für Technik und Kunst renovieren und erhielt dafür eine Auszeichnung der Europäischen Kulturstiftung. Deshalb übertrug er, zusammen mit seiner Frau Anneliese, 2004 ein Aktienpaket im Wert von 1,27 Millionen Euro an das renommierte Festspielhaus Baden Baden. Damit wollte er zum Ausbau des Programms des einzigen privat betriebenen Opern und Konzerthauses in Deutschland beitragen. Und deshalb engagiert sich Wolfgang Grenke in der Jugendförderung und Suchtprävention sowie der Unterstützung der OSG Ooser Schachgesellschaft Baden Baden, die eine deutsche Meisterschaft nach der anderen gewinnt, sowie für den ambitionierten Nachwuchsspieler Vincent Keymer. Grenke ist selbst leidenschaftlicher Schachspieler und findet, dass das Spiel hilft, die Entscheidungsfähigkeit zu trainieren. Sein Engagement in der 7. Mannschaft des Vereins hat er aber für die nächsten zwei Jahre eingestellt. Seine früheren Pläne einer Weltumsegelung hat er ebenso längst aufgegeben wie sein Vorhaben, mit 60 in Rente zu gehen. Er hat einfach zu viel zu tun. Der Selfmademan, dessen Eltern früher einen Lebensmittelladen führten, dessen Buchführung er schon mit zehn Jahren übernahm, hat noch einiges vor. Flexibel war er schon immer. Sein Studium der Mathematik und Wirtschaftswissenschaften gab er einst auf, weil das Leasinggeschäft, mit dem er es finanzieren wollte, so gut lief. Grenke expandiert nun über Europas Grenzen hinaus und hat kürzlich ein Unternehmen übernommen, das medizintechnische Geräte verleast. Außerdem ist der langjährige Präsident der Industrie und Handelskammer Karlsruhe kürzlich zum Präsidenten des Baden Württembergischen Industrie und Handelskammertages (BWIHK) gewählt worden. Er will sich um eine bessere Förderung von Start ups und die Frage kümmern, wie der bei vielen Unternehmen anstehende Generationswechsel bewältigt werden kann. Als vorausschauender Unternehmer hat Wolfgang Grenke bei sich die Weichen für den Generationswechsel gestellt. Der Vater von drei Söhnen hat 2014 eine Beteiligungsgesellschaft gegründet, in der die Unternehmensanteile der Familie gebündelt wurden und so eine Zersplitterung vermieden wird. Sein ältester Sohn ist Diplom Statistiker und wurde kürzlich Direktor bei Grenke. Vater Wolfgang schließt nicht aus, dass der Sohnemann dereinst in seine Fußstapfen tritt. Fragebogen Ein Mann mit vielen Interessen Wolfgang Grenke ist Gründer, Vorstandsvorsitzender und Hauptaktionär des Finanzdienstleisters Grenke. Im Fragebogen erklärt er unter anderem, wie er sich fit hält. Was macht einen guten Chef aus? Zum einen die Orientierung an Kundennutzen und Wettbewerbsvorteil, zum Zweiten zuhören, analysieren und zusammenfassen können. Drittens: Bei der Entscheidung außer Acht lassen, ob sie für einen selbst angenehm oder unangenehm ist. Und welche Eigenschaften davon haben Sie? Eins und drei bei zwei muss ich noch zulegen. Wie kommt man so weit wie Sie? Ein Bild von der Zukunft haben, ohne sich sklavisch daran festzuhalten, Meilensteine setzen und das Zwischenergebnis kritisch überprüfen. Frühzeitig, aber kontrolliert Verantwortung auf Mitarbeiter übertragen. Welche Rolle spielte Glück bei Ihrer Karriere? Glück und Pech gleichen sich wahrscheinlich aus. Aber am Ende ist es vielleicht das entscheidende Glück, dass ungünstige Ereignisse keine existenziellen Auswirkungen hatten einen nicht umgeworfen haben. Haben Sie Vorbilder? Im ökonomischen Bereich nicht. Was ist typisch für Ihren Arbeitsalltag? Gespräche mit Vorstandskollegen und Mitarbeitern und organisatorische Arbeit am PC. Was würden Sie heute anders machen? Noch früher über Reorganisation nachdenken sich von Aufgaben trennen, die andere genauso gut oder besser erledigen können. Von wem können Sie am ehesten Kritik einstecken? Es ist weniger die Frage von wem, sondern wann. Am besten ist es, wenn ich Zeit habe, über die Kritik nachzudenken. Womit können Kollegen Sie nerven? Was zum Glück selten vorkommt: Weiterdiskutieren ohne neue Argumente. Und umgekehrt? Das Gegenstück: Wenn ich mich zu schnell festlege und/oder nicht klar genug argumentiere. Was raten Sie Berufsanfängern? Sich Ziele und Teilziele setzen und das Erreichte kritisch überdenken intensiv arbeiten und lebenslang lernen. Was macht Sie leistungsfähig? Ich jogge, gehe ins Fitness Studio und esse mittags möglichst nur einen Salat. Personalien Daniela Gerstner Außendienstlerin bei Schleich Der Spielfiguren Hersteller Schleich (Schwäbisch Gmünd) stärkt seinen Vertrieb und reagiert mit mehreren Neuzugängen im Außendienst auf die wachsende Nachfrage im Inund Ausland. Daniela Gerstner verantwortet als Verkaufsleiterin den Raum Süddeutschland, zudem wurde ihr Team aufgestockt. Gleichzeitig gibt es seit Januar ein neu gegründetes Außendienstteam in Österreich unter Leitung von Veronika Pock. Sie arbeitete zuletzt bei der Lego Gruppe. imf Richard Rutschmann Geschäftsführer bei Siedle Das Unternehmen Siedle aus Furtwangen, ein führender Hersteller von Gebäudekommunikation und vor allem bekannt für Klingel und Sprechanlagen, hat die Geschäftsführung verstärkt. Richard Rutschmann (53) hat zu Jahresbeginn 2017 die neu geschaffene Position des Geschäftsführers Technik bei S. Siedle & Söhne übernommen und ist damit für Innovation, Produktion und Logistik verantwortlich. Der studierte Elektrotechniker ist seit 2012 als Geschäftsleiter Innovation bei Siedle tätig. Das Unternehmen machte 2015 mit 550 Mitarbeitern 92 Millionen Euro Umsatz. imf Federico Magno Trio bei Porsche Consulting Die Managementberatung Porsche Consulting GmbH hat ihre Geschäftsführung erweitert. Federico Magno (44) hat seit Januar 2017 als dritter Geschäftsführer die Gesamtverantwortung für die Branche Automobil (Hersteller und Zulieferer). Der Italiener studierte Betriebswirtschaftslehre an der Mailänder Universität und in Berkeley. Seit 16 Jahren arbeitet er für Porsche Consulting, zuletzt als Partner. Magno war Gründungsgeschäftsführer der italienischen Tochter Porsche Consulting S. r. l. in Mailand und leitete das Büro München der Managementberatung, das im Sommer 2016 eröffnet wurde. Die Erweiterung der Geschäftsführung resultiere aus dem starken Wachstum der Unternehmensberatung, sagte Eberhard Weiblen, Vorsitzender der Geschäftsführung von Porsche Consulting. Die Porsche Tochter in Bietigheim Bissingen beschäftigt über 380 Mitarbeiter. imf Holger Klein Neuer Leiter bei ZF Sparte Holger Klein hat Anfang 2017 die Leitung der ZF Division Pkw Fahrwerktechnik übernommen. Zuvor war er Leiter des ZF Integrationsmanagements. Er folgte auf Uwe Coßmann. Holger Klein hat die TRW Integration höchst erfolgreich und immer am Geschäft ausgerichtet auf die Zielgerade geführt, sagt Produktionsvorstand Michael Hankel, der auch für das Pkw Geschäft von ZF zuständig ist. Der 1970 in Mülheim an der Ruhr geborene Klein hat nach einer Bankausbildung Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Maschinenbau studiert. Er promovierte 2001 an der TU Darmstadt und war danach fast 15 Jahre in leitenden Funktionen bei McKinsey in Düsseldorf und Chicago. Seit 2014 arbeitet er im Friedrichshafener ZF Konzern. imf Marc Schrade Wechsel bei der BWK Foto: Schleich Foto: ZF BWK Geschäftsführer Marc Schrade, der seit 2001 für die BWK GmbH Unternehmensbeteiligungsgesellschaft in Stuttgart tätig ist, wird das Unternehmen Ende März 2017 verlassen, um sich einer neuen beruflichen Herausforderung zu stellen. Wir bedauern den Wechsel von Herrn Schrade sehr, sagte Jochen Wolf, Sprecher der Geschäftsführung. Die BWK ist mit rund 150 Millionen Euro in 15 Unternehmen investiert. imf Foto: Porsche Consulting Keine Zeit zum Schachspielen: Wolfgang Grenke ist nun auch Präsident des Baden Württembergischen Industrie und Handelskammertages BWIHK. Fotos: dpa Jochen Becker Neu in der Marquardt Führung Jochen Becker, der 1998 seine Laufbahn beim Autozulieferer Marquardt (Rietheim Weilheim) begonnen hat, ist seit Januar 2017 neues Mitglied der Geschäftsführung und für den gesamten Produktionsbereich zuständig. Der 43 Jährige folgte auf Ernst Kellermann, der in den Ruhestand ging. Becker hat viel internationale Erfahrung und war zuletzt für Marquardt in Nordamerika. imf Foto: Marquardt

16 Wirtschaft & Debatte 17 Februar 2017 Wirtschaft & Debatte In der Wirtschaft gibt es viele Themen und Trends, über die es sich zu diskutieren lohnt. Die Seiten Wirtschaft & Debatte liefern Argumente und Hintergründe zum Mitdenken und Mitreden. Lesen Sie in dieser Ausgabe Freihandel warum Zollschranken schaden. SEITEN 17, 18 Ideenwerk BW Innovationen in Baden Württemberg. SEITEN Antriebe: E Auto und die Abhängigkeit vom Diesel. SEITEN 23, 24 Der Hamburger Hafen ist einer der wichtigsten Umschlagplätze für Exporte aus Deutschland und für Einfuhren auf den Inlandsmarkt. Die Hansestadt lebt von möglichst reibungslosem Handel. Foto: dpa Repros: Mauritius Die Angst vor der Rolle rückwärts Freihandel Für die Abschaffung von Zollschranken kämpften einst auch ein Schwabe und zwei Engländer. Von Ulrich Schreyer Der Kampf zwischen Freihändlern und Protektionisten ist Jahrhunderte alt. Jetzt haben die Trommler für die Abschottung wieder Oberwasser. Bei Branchen, die vom Export leben, geht die Angst um die Angst vor der Rolle rückwärts. Die Argumente der Klassiker Die Schranken brachten Geld: Zölle waren oft die wichtigsten Einnahmen der Staaten und leichter einzutreiben als Steuern. Ob sich die Wirtschaft entwickelte, war weniger wichtig Hauptsache, der Staatssäckel wurde voll. Dazu kam später eine zweite Idee, wie möglichst viel Geld im Land und damit auch an den Fürstenhöfen gehalten werden sollte der Merkantilismus. Die Überlegung war bestechend einfach: Wer mehr exportiert als einführt, kann den Überschuss als Gewinn verbuchen. Dass die Gewinne des einen die Verluste des anderen waren, wurde ignoriert oder in Kauf genommen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts überholte die klassische Nationalökonomie diese Sichtweise. Der wichtigste Vertreter dieser Schule war Adam Smith ( ). In seinem Standardwerk Der Wohlstand der Friedrich List Nationen widersprach er Protektionisten, die Zollschranken auf Importe zu einem zentralen Element ihrer Politik machten: Wenn jedes Land die Güter produziere, die es billiger als andere Länder produzieren könne, nutzt dies allen. Denn: Jede Stadt und jedes Land werden in dem Maße, wie sie ihre Häfen anderen Völkern öffnen, durch Freihandel reicher. David Ricardo ( ) entwickelte diese Ansicht weiter: Jedes Land, so der englische Ökonom, solle sich auf die Güter konzentrieren, die es besser als andere Güter herstellen könne. Selbst wenn die Produktion von Wein in England billiger wäre als in Portugal, sollten die Engländer den Portugiesen die Weinherstellung überlassen. Denn in der Produktion von Textilien seien die Engländer DER IRRTUM DES DR. BROWING UND EINE BRANDREDE VON KARL MARX Deutschland Dr. Browing ist sehr im Irrtum, wenn er glaubt, die Deutschen wünschten sich keine größere Glückseligkeit, als wiederum Getreide und Bauholz nach England auszuführen und dafür englische Fabrikwaren entgegennehmen zu dürfen. Friedrich List in der Augsburger Allgemeinen vom 28. Dezember 1839 über einen von England nach Deutschland entsandten Werber für den gegenseitigen Abbau von Zöllen. List, grundsätzlich für dem Freihandel, wollte weniger entwickelten Ländern durch Schutzzölle ein Aufholen möglich machen. noch viel besser als im Weinbau. Sich mit diesem abzugeben, wäre also die reinste Verschwendung, so Ricardos Theorie der komparativen Kostenvorteile. In Deutschland hat sich besonders ein Schwabe den Freihandel auf die Fahnen geschrieben: Der Reutlinger Ökonom und Eisenbahnpionier Friedrich List ( ). Er setzte sich für ein deutsches Schienennetz, aber auch für ein Niederreißen der Zollschranken ein: Achtunddreißig Zoll und Mautlinien lähmen den Verkehr im Innern und bringen ungefähr dieselbe Wirkung hervor, wie wenn jedes Glied des menschlichen Körpers unterbunden würde, damit das Blut ja nicht in ein anderes überfließe, schreibt List mit Blick auf den Fleckenteppich der deutschen Kleinstaaten: Um von Hamburg nach Österreich zu handeln, hat man zehn Staaten zu durchschneiden, zehn Zoll und Mautordnungen zu studieren, zehnmal Durchgangszoll zu bezahlen. Doch List sah auch die Nachteile des Freihandels, etwa beim Vergleich zwischen dem industriell weit entwickelten England und Deutschland. Er forderte Schutzzölle für zurückgebliebene Länder, zu denen damals auch die USA zählten. Doch diese Erziehungszölle sollten nur gelten, bis sich eine international wettbewerbsfähige Industrie gebildet habe. Prinzipiell sollte Freihandel herrschen um die Vorteile des größtmöglichen Marktes nutzen zu können. Revolution Auch Karl Marx war für den Freihandel. Übrigens ist das Schutzzollsystem nur ein Mittel, in einem Lande die Großindustrie aufzuziehen, sagte er 1848 in einer Rede. Mit der Entwicklung der Industrie werde nur eines erreicht, nämlich die Abhängigkeit vom Weltmarkt, mit einer pikanten Konsequenz: Von dem Augenblick an, wo man vom Weltmarkt abhängt, hängt man schon mehr oder weniger vom Freihandel ab. Marxens Hoffnung: Der freie Handel untergrabe die Herrschaft der Nationalstaaten und treibe stattdessen den Gegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie auf die Spitze. Nur deswegen plädierte er für den freien Handel: Und nur in diesem revolutionären Sinne, meine Herren, stimme ich für den Freihandel. ey Kampf den Zollschranken In Deutschland wurde dies erstmals mit dem 1834 aus der Taufe gehobenen Deutschen Zollverein versucht. Vorher hatte es tausenderlei Tarife gegeben. Getreide, Kartoffeln und Halbfabrikate wurden ganz unterschiedlich verzollt. Dass man sich darauf einigte, nun bei vielen Waren das Gewicht als Bemessungsgrundlage zu nehmen, war ein echter Durchbruch. Mit der Abschaffung der Binnenzölle und einem einheitlichen Wirtschaftsraum wollte man stabile handelspolitische Verhältnisse schaffen, sagt Jutta Hanitsch, Leiterin des Wirtschaftsarchivs Baden Württemberg. Die deutsche Wirtschaft sollte in Europa wettbewerbsfähiger gemacht werden. Aufhebung der Binnenzölle, aber auch Schutz gegen Waren etwa aus England schon damals wurden die Argumente für und gegen den Freihandel pragmatisch gehandhabt. Ein Schritt weit über Deutschland hinaus wurde gute 100 Jahre später gewagt. Im März 1957 schlossen Frankreich, Italien, die Bundesrepublik Deutschland sowie Belgien, die Niederlande und Luxemburg den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, dem Vorläufer der Europäischen Union. Sie wollten Ein und Ausfuhrbeschränkungen abschaffen und Zollschranken niederreißen. Auch eine gemeinsame Handelspolitik gegenüber Drittstaaten wurde angestrebt. Und zudem, und dies macht die Römischen Verträge geradezu legendär, sollten gemeinsame europäische Institutionen ins Leben gerufen werden so wie etwa die heutige EU Kommission in Brüssel trat sogar Großbritannien der EWG bei, eines der maßgeblichen Gründungsmitglieder der Efta. Die Mitglieder der European Free Trade Association verstanden sich als Gegenpol zur EWG, wollten zwar freien Handel miteinander, aber keine weitere Vereinigung. Worum es heute geht Maschinenbau Der Maschinen und Anlagenbau in Deutschland ist auf offene Märkte angewiesen, sagt Ulrich Ackermann, Leiter der Abteilung Außenwirtschaft Adam Smith beim Maschinenbauverband VDMA in Frankfurt. Die Branche mit einem Umsatz von 160 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres verdient drei von vier Euro durch Exporte. Mehr als der etwa eine Million Beschäftigten arbeiten nach Angaben des Verbandes im Auslandsgeschäft. Wichtigstes Exportland sind die USA, 55 Prozent aller Exporte gehen über die EU hinaus. Schon jetzt bringt die Ausfuhr in die USA zusätzliche Kosten mit sich: Allein für die Anpassung europäischer Maschinen an die Anforderungen des US Marktes müssen auf den reinen Maschinenpreis nach Angaben des Verbandes nochmals zwischen fünf und 18 Prozent draufgeschlagen werden. Wohlstand und soziale Sicherheit hängen in viel höherem Umfang vom Freihandel ab, als sich Politik und Bürger bewusst machen, warnt der VDMA Experte. Autoindustrie Auch die Autoindustrie ängstigt der zunehmende Protektionsmus. Dabei könnte der Brexit zunächst folgenreicher sein als Trumps Fahrt ins Blaue. Mit Fahrzeugen geht jedes fünfte Auto, das Deutschland verlässt, in das Vereinigte Königreich. Aber auch insgesamt ist die Bedeutung der Ausfuhren kaum zu überschätzen: Von Januar bis November 2016 erzielte die Branche mit ihren Beschäftigten einen Umsatz von 378 Milliarden Euro davon 77 Prozent im Export. Zudem beschäftigt die deutsche Autoindustrie in den USA Mitarbeiter, davon bei Zulieferern, erklärt Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie. Mit dem Aufbau von Zöllen und Importsteuern würden sich die USA langfristig ins eigene Fleisch schneiden. Landwirtschaft Der Deutsche Bauernverband lobt die Freiheit des Handels dank offener Grenzen. Dabei müssten natürlich europäische Standards wie etwa der Verzicht auf Gentechnik, eingehalten werden, sagt ein Sprecher. Zwar gehen nur fünf Prozent der landwirtschaftlichen Exporte aus Deutschland überwiegend verarbeitete Produkte wie Käse, Joghurt, Wurst, Bier oder Wein über die Grenzen der EU hinaus, doch das kann entscheidend dafür sein, ob wir hier Überschüsse produzieren, so der Sprecher und das ist wieder von großer Bedeutung für die Preisentwicklung. Für die Landwirte könnte vom Brexit weit mehr Ungemach drohen als von Trump: In das Vereinigte Königreich wurden 2015 so die neuesten Zahlen Agrargüter im Wert von 4,8 Milliarden Euro geliefert. Damit war Großbritannien der viertgrößte Auslandsmarkt für die Agrarbranche die USA dagegen tauchen in der Liste der zehn wichtigsten Exportmärkte erst gar nicht auf. Auch die Ökobauern sind nicht grundsätzlich gegen globalen Handel. Doch auch für sie gibt es eine Bedingung: Der weltweite Handel darf nicht dazu führen, dass die hohen Standards der EU bei Umwelt und Verbraucherschutz zur Disposition gestellt werden, verlangt Gerhard Wehde, Geschäftsleiter für Agrarpolitik bei Bioland. Bei TTIP und dem Handelsabkommen Ceta zwischen der EU und Kanada jedoch sei dies gefährdet. Gewerkschaften Auch die Gewerkschaften wollen über die nationalen Grenzen hinausblicken: Wir sind nicht grundsätzlich gegen freien Handel, meint Michael Fischer. Der Leiter der Abteilung Politik und Planung beim Verdi Bundesvorstand in Berlin macht allerdings eine Einschränkung: Die Freihandelspolitik der Europäischen Union in den letzten Jahren und Jahrzehnten war eine Politik für die großen Konzerne und Investoren. Das habe sich bis heute nicht geändert. Enthielten Abmachungen über Freihandel dagegen Schutzbestimmungen für soziale Standards, könnte der Freihandel positive Wirkungen entfalten, meint Fischer. Ähnlich sieht dies auch die IG Metall: Deren Bundesvorsitzender Jörg Hofmann sprach sich erst jüngst bei einem Zukunftskongress gegen eine Abschottung der Märkte aus. Doch auf diesen dürfe auch nicht das Faustrecht der Prärie gelten: Die soziale Dimension muss in der internationalen Politik wichtiger werden. Zeichen dafür müssten schon beim Treffen der 20 wichtigsten Industrie und Schwellenländer (G20) Anfang Juli in Hamburg gesetzt werden, verlangt der Gewerkschaftschef.

17 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten 18 Wirtschaft in Baden-Württemberg Nr. 1 Februar 2017 Bye bye Handelsabkommen? Die Vorstellungen des neuen US Präsidenten und die der Europäer driften zur Zeit weit auseinander. Doch Weltwirtschaft bleibt ein globales Puzzle. Fotos: dietlb, Fotolia/Eisenhans Der Freihandel ist nicht tot Interview DIW Präsident Marcel Fratzscher sieht im Exportland Baden Württemberg Arbeitsplätze in Gefahr, wenn weltweit Zollschranken hochgezogen werden. Er fordert von der deutschen Politik einen klaren Kurs für offene Grenzen. US Präsident Donald Trump will nichts mehr vom Handelsabkommen TTP mit Asien wissen, die Briten bereiten den Ausstieg aus der Europäischen Union vor, das TTIP Abkommen zwischen Europa und den USA steht auf der Kippe. Ist der Freihandel tot, Herr Fratzscher? Nein, der Freihandel ist nicht tot. Auch ohne das amerikanisch asiatische Handelsabkommen gibt es ja nicht weniger Freihandel, sondern es gibt eben nicht mehr Freihandel. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass TTIP kommen wird. Europa kann es sich nicht leisten, mit den USA kein Abkommen zu schließen, und die USA können es sich ebenso wenig leisten, auf ein Abkommen mit der EU zu verzichten. Es geht dabei auch um den Schutz der Interessen von Europa und Amerika gegenüber Asien, es geht um den weltweiten Wettbewerb und die Frage, wer dabei die Standards setzt. TTIP muss sicherlich in vielen Wirtschaft t in Baden-Württemberg Punkten verbessert werden. Es ist nicht tot, es liegt nur auf Eis. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann eine neue Initiative kommt. Wenn es jetzt erst mal keine Unterzeichnung von TTIP gibt und die Briten zudem aus der Europäischen Union ausscheiden, wie gefährlich kann dies denn für Deutschland und die Arbeitsplätze hierzulande werden? Deutschland ist Opfer seines eigenen Erfolges. Wir haben bisher von einer großen Offenheit unserer Volkswirtschaft profitiert. Die Exporte machen 40 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung aus. Fast jeder zweite Arbeitsplatz hängt direkt oder indirekt am Export. Unsere Ausfuhren waren die Grundlage unseres Wirtschaftswunders. Doch die hohe Abhängigkeit von Exporten macht uns auch verletzlich. Durch den Brexit allein sind noch keine Arbeitsplätze in Gefahr. Das würde aber geschehen, wenn weltweit die Zollschranken hochgezogen würden. Dieses Risiko muss man ernst nehmen, speziell in Baden Württemberg mit seinen besonders vielen Exporten. Unsere Exporteure sind weltweit unterwegs und sehr flexibel. Aber wir würden es schmerzhaft zu spüren bekommen, wenn in immer mehr Regionen die Schotten dicht gemacht würden. Einzelne Probleme könnten wir kompensieren. Es hängt also davon ab, was konkret passiert. Gibt es denn konkrete Vorteile, mit denen sich ein positives Wirken der Welthandelsrunde WTO für freien Handel belegen ließe? Die WTO Verhandlungen waren in der Vergangenheit wichtig, um etwa die Schwellenländer in Asien zu öffnen und Wachstum zu erzeugen. Die letzte Doha Runde ist zwar zum Teil gescheitert, aber das ändert nichts daran, dass Handelsabkommen global sein sollten. Multilaterale Abkommen sind viel besser als nur bilaterale Abkommen zwischen einzelnen Staaten. Sie schaffen Freihandel für alle, davon profitieren auch die schwächeren Länder. Europa muss künftig viel stärker auch auf Afrika und in den Nahen Osten schauen. Mehr Handel mit diesen Ländern könnte dort die Wirtschaft voranbringen und helfen, die Flüchtlingsströme einzudämmen. Gibt es spürbare Effekte des EU Binnenmarktes, die weltweit Vorbild sein könnten? Der EU Binnenmarkt ist die wichtigste Absatzregion für uns. Zwei Drittel der deutschen Exporte gehen in europäische Staaten. Binnenmarkt und Euro sind entscheidend für unsere Ausfuhren und letztlich für unseren Wohlstand. Der Binnenmarkt ist für uns wichtiger als jedes Handelsabkommen. Die Harmonisierung etwa von technischen Standards ist nur ein Beispiel dafür, was in einem einheitlichen Markt erreicht werden kann. Davon könnte man auch bei weltweiten Abkommen profitieren. Nun gibt es ja oft Kritik, freier Handel nütze nur den starken Staaten, im Wesentlichen also den Industrieländern? Das ist völliger Humbug. Jedes Land kann sich erfolgreich am Freihandel beteiligen. Wenn es sich dabei auf das konzentriert, was es im Verhältnis zu anderen am besten kann, ist dies eine sinnvolle Sache. Deutschland ist Opfer seines eigenen Erfolges. Wir haben bisher von einer großen Offenheit unserer Volkswirtschaft profitiert. DIW Präsident Marcel Fratzscher über Exporterfolge Werdegang Der 1971 in Bonn geborene Marcel Fratzscher studierte Ökonomie in Kiel, Oxford und Harvard und promovierte in Florenz. Von 2001 bis 2012 war Fratzscher bei der Europäischen Zentralbank in Frankfurt zuständig für Aber offenbar nützt der freie Handel nicht alle Menschen in allen Staaten? Das stimmt. Die Politik muss aufpassen, dass innerhalb der einzelnen Länder auch die Verlierer mitgenommen werden. Der Freihandel bringt eine Mehrheit an Gewinnern, aber auch eine Minderheit an Verlierern. Für diese müssen neue Arbeitsplätze geschaffen und eine Absicherung geboten werden. Der Weg zum freien Welthandel ist zwar nicht komplett versperrt, aber es gibt immer höhere Hürden. Was müsste man tun, um wieder mehr freie Fahrt zu bekommen? Was Trump derzeit plant, bringt in den USA keine neuen Arbeitsplätze. Im Gegenteil, er macht viele kaputt. Unternehmen wollen nicht in einem Land investieren, das sich immer stärker abschottet. Die USA werden die größten Verlierer von Trumps Politik sein. Deutschland muss jetzt schauen, dass es keine Eskalation gibt. Die deutsche Politik muss einen klaren Kurs für offene Grenzen fahren und sie muss ein starkes Europa schaffen. Das ist gerade für die deutsche Wirtschaft von enormer Bedeutung. Europa muss geeinter und stärker werden. Das Gespräch führte Ulrich Schreyer. DER ÖKONOM MARCEL FRATZSCHER internationale wirtschaftspolitische Analysen. Seit 2013 leitet er das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Berater Fratzscher sitzt im Beirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und lehrt als Professor für Makroökonomie und Finanzen an der Humboldt Universität Berlin. Autor Fratzscher schreibt Bücher über wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme in Deutschland. red

18 Heilbronn hat den langen Atem Die Stadt am Neckar profitiert unter anderem davon, dass es hier eine solide Basis an Risikokapitalgebern gibt, zu denen auch der milliardenschwere Lidl Gründer gehört. Von Andreas Geldner Standortporträt S tart ups brauchen keine Hoch Tübingen basierten Firma Protagen Prote glanzbüros. Das Wollhaus, ein in Services (PPS), die Analysen von bio Betonbunker in der Heilbronner technologisch erzeugten Medikamenten Innenstadt, kann als markantes anbietet. Wenn der Fonds investiert, ist ein Objekt des Brutalismus der Firmensitz in Heilbronn Pflicht. Man lockt siebziger Jahre durchgehen. Für Adrian im Wohlgelegen aber auch mit einem Stabiszewski vom Coworking Space Heil für die Arbeit wichtigen Reinraum und bronn ist das Gebäude, das wegen Fassa mit der Nähe anderer innovativer Firmen. 400 hochqualifizierte Arbeitsplätze in denschäden eingerüstet ist, ein Glücksfall. Die auf Start ups und Freiberufler zuge einer in der Region zuvor wenig vertrete schnittenen Büros liegen im Stockwerk nen Zukunftsbranche wurden so geschaf einer ehemaligen Arztpraxis. Die Türen fen. Mitarbeiter hierher zu bringen, ist sind noch mit Sprechzimmer und Rönt aber für uns weiterhin ein Thema. Da muss gen beschriftet. Während die Langfrist die Region noch aufholen, sagt Blüggel. Hinter der Investitionspolitik des Zu mieter wegen der unsicheren Aussichten des vom Abbruch bedrohten Gebäudes aus kunftsfonds steckt ein Lokalpatriot, der ziehen, profitiert der Coworking Space von lange sehr diskret agierte der Lidl Grün günstigen Mieten. Seit Kurzem ist eine ehe der Dieter Schwarz. Es bedeutet schon malige Anwaltskanzlei im Stockwerk darü eine große Weitsicht, auf eine Zukunfts ber hinzugekommen. Heilbronn ist als branche zu setzen, die es hier in der Region Start up Standort noch eine grüne Wiese, zuvor noch gar nicht gab, sagt Thomas Vil sagt Stabiszewski, der auch eine Hochzeits linger, Chef des Zukunftsfonds. Es sei nicht app namens Weddian vertreibt: Wir wol immer einfach gewesen, Gründer vom Um zug nach Heilbronn zu überzeugen: Man len die Szene hier mit aufbauen. Gründer wie Philipp Schreiber, der ist in Heilbronn aber nachhaltig, ja fast ein unter dem Namen KRUU sogenannte Foto bisschen stur. Wenn man sich ein Ziel boxen für Hochzeiten und andere Events gesetzt hat, verfolgt man es konsequent. vermietet, sehen den Standort pragma Als der Zukunftsfonds Ende des vergan tisch: Wenn es hier etwas noch nicht gibt, genen Jahres das von ihm hochgezogene dann macht man es halt selber. Im be Heilbronner Unternehmen Xenios an den nachbarten Neckarsulm arbeitet er aus Medizinkonzern Fresenius Medical Care einem Hinterhof heraus. Als er anfing, gab verkaufte, machte der Standort einen es den Coworking Space noch nicht: Das Sprung nach vorn. Das einstige Start up, das wäre für uns optimal gewe sich auf Lungen und Herz sen. Aber das wird ja zum Man ist hier nachhaltig, dialyse spezialisiert hat, Glück gerade aufgebaut. dürfte in den kommenden ja stur. Wenn man Heilbronn ist im Zwei Jahren im Gebiet Wohlge sich ein Ziel gesetzt ten Weltkrieg stark zer legen stark expandieren. stört worden. Es hat lange hat, verfolgt man Villinger betont, dass gedauert, bis die Wunden es konsequent. der Risikokapitalfonds verheilten. Die Nach nicht allein stehe. Bevor er Thomas Villinger, kriegsarchitektur entlang Chef des Zukunftsfonds Heilbronn zum Zukunftsfonds ging, der Fußgängerzone hat leitete er die Innovations herben Charme. Wirtschaftskraft und fabrik Heilbronn, eine andere Keimzelle Jobs, die es etwa rund um die Autoindustrie des Gründerstandorts. Hier baute die Stadt gibt, machen aus einer Stadt noch keinen nach der Jahrtausendwende das Gelände Anziehungspunkt für innovativ denkende einer Maschinenfabrik zu einem Gründer Menschen. zentrum aus. Die Kräne sind im Gebäude Doch ein neuer, ins Zentrum verlegter noch zu sehen. Doch darum herum hat sich Hochschulcampus, der Gebäude einer bis ein Start up Biotop etabliert. Wir bieten her an der Peripherie gelegenen staatlichen die Räume günstig an. Für Start ups geht Hochschule mit privaten Studienanbietern die Miete erst allmählich hoch und wir zusammenbringt, hat inzwischen wollen auch einen Coworking Space Studenten in die Innenstadt geholt. Im ausbauen, sagt Stefan Ernesti, Leiter der Stadtbild ist das zu spüren: Restaurants Heilbronner Wirtschaftsförderung. Auch und Kneipen sind sichtlich belebt. Auch die etablierte Firmen aus der Region wie der Bundesgartenschau 2019 soll Aufbruch IT Dienstleister Bechtle nutzen die Inno stimmung schaffen. Ein weiteres Vorzeige vationsfabrik für eigene Start ups. Das projekt rund um das Thema Innovation Venture Forum Neckar, ein Risikokapital liegt dem Gartenschaugelände am Neckar Netzwerk für Unternehmer aus der Region, direkt gegenüber. ist in dem Areal ebenfalls zu Hause. Es ist, Wohlgelegen heißt das Areal, in dem wie man stolz betont, allein privat finan sich an einem neuen Gebäudekomplex die ziert, was ungewöhnlich ist. Firmenschilder von Start ups und innova Verwaltet wird die Innovationsfabrik tiven Unternehmen insbesondere aus dem von der Stadtsiedlung, der Immobilien Bereich der Medizin und Biotechnologie tochter der Stadt. Heilbronn hat dieses aneinanderreihen. Vorbildlich energiespa Unternehmen nicht wie andere Kommu rende Architektur oder etwa eine moderne nen privatisiert und hat damit ein Werk Cafeteria in einem zentralen Bürogebäude zeug zur Standortentwicklung in der Hand. haben in der einstigen Industrie Brache Die Stadtsiedlung kann nämlich flexibler ein Innovations Ökosystem etabliert. Was agieren als eine Behörde. erst ein Logistikzentrum, dann der Stand Bernd Billek, der Chef der Stadtsiedlung, ort eines Autozulieferers werden sollte, ist achtet bei der Belegung auf den richtigen nun ein Vorzeigeprojekt für innovative, Mix. Ich kann frei entscheiden, wer hier junge Firmen geworden. Möglich machte hereinpasst, sagt er. Und das bedeutet auch dies die systematische Standortpolitik einmal, einem flügge gewordenen Start up eines privaten Heilbronner Risikokapital zu kündigen. Aus der Obhut der Stadtsied gebers. Dass wir hier sind, das liegt ganz lung braucht es dann trotzdem nicht heraus klar am Zukunftsfonds, sagt Firmenchef zufallen. Im neuen Gebiet Wohlgelegen Martin Blüggel von der ursprünglich in kann Billek nahtlos eine Alternative bieten. Der Zukunftsfonds Heilbronn lockt Unternehmen aus dem Life Science Bereich auch mit guter Infrastruktur nach Heilbronn (links oben). Die Stadt selbst ist jenseits einiger historischer Gebäude wie dem Rathaus (rechts oben) von Nachkriegsarchitektur geprägt. Für bereits weiter fortgeschrittene Firmen bietet sich das Areal Wohlgelegen an (rechts unten). Start ups wie die Fotoboxen Vermietung KRUU müssen sich hingegen oft mit dem nicht gerade billigen Mietmarkt arrangieren (links unten). Fotos: KRUU, Mauritius, Marks, ZFHN Tüftler - Gründer - Startups Sie interessieren sich für Ideen, Innovationen und Inspirationen rund um Startups, etablierte Firmen, Hochschulen und Trends aus der Technologieentwicklung in Baden-Württemberg? Auf und in Ihrer Wirtschaftszeitung Wirtschaft in Baden-Württemberg finden Sie zu diesen Themen aktuelle Nachrichten und Hintergrundberichte. In Kooperation mit: Wirtschaft t tschaft t in Baden-Württemberg

19 20 21 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten Nr. 1 Februar 2017 Die Kunst des Kundenfangs Die meisten Start ups scheitern nicht am Thema Technologie, sondern sie tun sich schwer damit, ihre ersten Kunden zu gewinnen. Wir haben zwei Start ups aus Baden Württemberg gefragt, wie sie das Thema Vertrieb und Verkauf angehen. Sie könnten dabei nicht gegensätzlicher sein. Die Firma Kreatize hat als Kunden vielfach den soliden, konservativen Mittelstand. Bataillon Belette aus Stuttgart hat hingegen für seine Eigenwerbung Deutschlands bunteste Start up Show eingespannt, Die Höhle der Löwen des Fernsehsenders Vox. Von Andreas Geldner Marketing Das Flaggschiff Produkt von Bataillon Belette: die reißfeste, haltbare Strumpfhose und die Verpackung, mit der sie im Laden präsentiert wird Zweygarth, Lichtgut/Achim n Belette (2) Fotos: Bataillo Michael (3), Mauritius, Steinert (5) ellung der Legierung in lien für die Zusammenst ria ate hm Ro t mi r lte hä Be Tüchelmann vor einem Kreatize Gründer Simon ss. gu ein hlf Sta ger bin Tü der Gießerei der Firma nten im skunden oder Konsume je nachdem, ob Geschäft h, lic ied sch ter un d sin eiten tabieren. Die Notwendigk ups nicht leicht zu buchs rt Sta für ist g tin rke Das Abc des Ma Blick sind. Der Durchbruch kam auf der Fernsehbühne Der Laptop gehört dazu: Tüchelm ann in der Produktion. Kreatize will ein digitaler Marktplatz für untersch Spezialteile, Hersteller und Kunden iedlichste sein. Das Stuttgarter Start up Bataillon Belette, das reißfeste Strumpfhosen anbietet, begann zunächst schwäbisch zurückhaltend. Mode Ein Balanceakt zwischen zwei Welten Der Online Shop des Tübinger Start ups Kreatize, das Spezialteile vermittelt, lebt von Kontakten, Know how und Vertrauen. Industrie 4.0 T übinger Stahlfeinguss, Franz Stadt ler GmbH & Co. KG das klingt nach grundsolidem schwäbischen Mittel stand. Hier gibt es noch Produktion zum Anfassen. Wenn sich in der Produktions halle die Klappe zu den Schmelzöfen öff net, blickt man in ein glühend heißes In ferno. Arbeiter in silbernen, hitzefesten Schutzanzügen schieben Gussformen hi nein. Hier fertigt man etwa Pumpengehäu se oder Griffe für Operationstische. Die Digitalplattform Kreatize klingt hingegen nach modernem, hippem Start up und hat ihren einen Firmensitz dennoch an derselben Adresse. Der andere Ableger ist in Berlin. Die Aufgabe von Simon Tüchel mann, Gründer und Chef von Kreatize, ist es, diese Welten zusammenzuführen. Wachs Pellets für die Herstellung von Wachsmodellen für den Feinguss KREATIZE: PLATTFORM FÜR TECHNISCHE BAUTEILE Effizienz Das Unternehmen will mithilfe einer Online Plattform und selbst entwickelter Software die Art und Weise verändern, wie technische Bauteile bestellt und produziert werden. Mithilfe des Kreatize Marktplatzes sollen solche Teile schneller, effizienter, günstiger und qualitativ hochwer tiger hergestellt werden. Für die Unternehmen wird die Abwicklung von Aufträgen stark vereinfacht. Funktionsweise Ziel ist der Aufbau eines umfassenden Netzwerks aus Anbietern und Abnehmern, die online ohne großen Aufwand zusammenfinden können. Auf Grundlage von 3 D Modellen werden das passende Fertigungs verfahren und der beste Werkstoff gefunden. Anschließend wird voll automatisiert der beste Anbieter ausgesucht. Der Algorithmus lernt dabei von Anfrage zu Anfrage. red Ja, das ist hier totale,old Economy. Schon krass, nicht wahr?, sagt der studier te Betriebswirtschaftler, der im Jahr 2013 in den vom Großvater gegründeten Fami lienbetrieb zurückgekehrt war. Seine Mut ter hatte ihn geholt, nachdem der Tradi tionshersteller in Schwierigkeiten geraten war. Mit dem Blick von außen merkte er so fort, wie umständlich in der Branche noch viele Abläufe waren. Telefon und Fax waren wie schon vor Jahrzehnten das Mittel der Wahl, um die Aufträge abzuwickeln. Wieso muss das so sein, fragte sich Tüchelmann, der mit einem Online Marktplatz namens Knusperreich schon erste eigene Start up Erfahrungen gesammelt hatte: Da ging es um ofenfrische Kekse. Normalerweise führen nur fünf bis zehn Prozent der Angebote zum Auftrag. Das verschlingt viele Ressourcen, sagt er. Warum also nicht die Erfahrungen der modernen Online Konsumwelt auf das Geschäft mit Spezialteilen übertragen, die weit über den Bereich Feinguss hinausge hen? Wo bis dahin noch mühsam Zeich nungen und Bestellungen per Fax ausge tauscht wurden, genügen bei Kreatize ein paar Klicks. Aber es kann kein Online Marktplatz von der Stange sein. Hier geht es um Qualitätsteile mit sehr speziellen Anforderungen. Es gibt endlose Parameter: die Größe des Bauteils, das Ge wicht, Wandstärken, die Zahl und Größe der Löcher, das richtige Material, die Lie ferzeit. Wenn man so etwas richtig ma chen will, braucht man Fertigungs Know how, sagt Tüchelmann. Ich habe sofort einen guten Freund von mir in einem Softwareunternehmen angerufen. Der war gleich Feuer und Flamme. In Berlin sitzt heute ein internationales Team von 15 Leu ten, das die entsprechende Plattform pro grammiert und entwickelt. Doch während so manche Konsumentenplattform erst einmal mit einer einfachen, sogenannten Landing Page im Internet anfängt, wo potenzielle Kunden einmal hereinschnup pern können, geht es bei einem Start up wie Kreatize um Vertrauen und das gute, alte Klinkenputzen. Es gibt da keine Abkürzung. Die Kun den telefonieren wir ab, sagt der Gründer. Vertrauen braucht es auch deshalb, weil für einen reibungslosen Ablauf der Online Be stellung die genauen Daten der Teile und eine 3 D Zeichnung auf die Plattform gela den werden müssen. Die Parameter der Teile sind so sensibel und auf einzelne Kun Rohmaterialien für die Gießerei den zugeschnitten, dass noch nicht einmal die Beispiele, die der Kreatize Gründer in einer Vitrine in seinem Büro liegen hat, fotografiert werden dürfen: Wir haben eigene Server in Frankfurt. Kleine und mittlere Unternehmen sind digitale Nachzügler. Das Letzte, was sie aber hören wollten, sei jemand, der ihnen mit großen Schlagworten komme, sagt Tü chelmann. Es geht kein Tag ins Land, wo man nicht in irgendeiner Zeitung von der Industrie 4.0 liest, sagt er. Aber für diese Firmen sind das Gespenster. Sie haben kein IT Budget. Keiner weiß so genau, wo er denn anfangen soll. Das bedeute aber kei neswegs, dass die Unternehmen, wie oft be hauptet, resistent gegen das Thema Digita lisierung seien: Die sind innovativ und für neue Lösungen offen. Es komme schlicht darauf an, wie man sein Produkt präsentie re. Keiner kauft Digitalisierung als solche. Für so eine Firma gibt es wenige Motivatio nen, etwas zu kaufen: Ich spare Geld, ich mache Umsatz, ich spare Zeit. Das war s. Genau an einer solchen einfachen, unmit telbaren Verkaufsargumentation scheitern nach seiner Meinung viele Start ups. Da mag die Idee und deren langfristige Per spektive noch so genial sein. Doch so bei ßen die Kunden von Kreatize nicht an. Es ist etwa beim Blick auf kleinere und mittlere Unternehmen sinnlos, auf moder ne Internetkommunikation zu setzen. Die brauchen keine Markenstrategie oder gro ße Werbung. Für soziale Medien geben wir kein Geld aus, sagt Tüchelmann. Ein Blog im Internet dient dazu, die Einkaufsabtei lungen größerer Konzerne auf die Platt form aufmerksam zu machen. Ganz von unten und ganz klein anfangen, das ist das Rezept von Kreatize. Es gibt bei uns keine Einrichtungskosten, sie zahlen monatlich und können den Zugang jederzeit kündi gen, sagt Tüchelmann. Wenn Kunden al ternativ das entsprechende Online Werk zeug auf ihrer eigenen Internetseite nutzen wollen, dann lässt sich das Kreatize mit einem Anteil an den Kostenersparnissen bezahlen. Der Kunde zahlt also nur, wenn tatsächlich ein Verkauf zustande kommt, sagt der Kreatize Gründer. Und vor allem: Es braucht Nähe und Vertrau en. Man strebt langfristige Das Ländle ist unsere Partnerschaften an. Basis. Das ist ein ganz Deswegen ist für Kreatize wunderbares Ökosystem. die Kombination Tübin gen/berlin optimal. Es gibt Der Kreatize Gründer Simon kaum eine andere Region in Tüchelmann zum Standort Tübingen der Welt, in der, wie im Süd westen, so viele größere und kleine Kunden sitzen etwa aus dem Bereich der Automo bilindustrie: Das Ländle ist unsere Basis. Das ist ein ganz wunderbares Ökosystem. Und natürlich hilft Tüchelmann seine persönliche Verbindung mit einem Tradi tionsunternehmen, das mit der Zielgruppe von Kreatize teilweise langjährige Ge schäftsbeziehungen pflegt. Das Start up spricht seine Kunden unterschiedlich an. Doch diese Bodenständigkeit verhin dert nicht große Visionen. In zwei Jahren wolle man die gesamte Kette vom Einkauf bis zur Produktion steuern können, sagt Tüchelmann. Bei der Präsentation von Kreatize für den Innovationswettbewerb Code_n fand er dafür große, eher unschwä bische Worte: Wer weiß, vielleicht wird das Wort,kreatizen eines Tages für die einfache Realisierung von technischen Bauteilen stehen, ähnlich wie bei googeln. E in Modeprodukt, eine Fernsehshow, virales Marketing bei solchen Stich worten denkt man eher an Berlin, Köln oder München und nicht unbedingt an Stuttgart. Und dennoch ist Daniel Moser von Bataillon Belette ein Stuttgarter Lokal patriot. Er und Mitgründerin Pia Bracht stammen beide aus kleinen Orten in Ober schwaben bzw. im Schwarzwald. Sie haben in Reutlingen Fahrzeugdesign mit dem Schwerpunkt Innenausstattung studiert. Daniel Moser: Material ist unser Hobby. Material ist eines unserer Hobbys, sagt Moser. Die reißfeste Strumpfhose passt dazu. Nicht das Design, sondern das Material ist der Schlüssel. Wir haben erst einmal bei einem Garnhersteller angeru fen, den wir aus unserer Zeit als Automobil designer kannten, sagt der Gründer. Und so passt auch eine Strumpfhose zum Tech nologiestandort Baden Württemberg. Eine Weile ging es Bataillon Belette, übersetzt Püppchentruppe, wie vielen ideenreichen Start ups aus der Region: Das Produkt wurde gelobt, die Verkaufszahlen BATAILLON BELETTE: INNOVATIVE STRUMPFHOSEN Sogenannte Gusstrauben, also die Formen, in denen die Gussteile gefertigt werden Produkt Bataillon Belette erhebt für sich den Anspruch, dass man die Strumpfhose neu erfinden will. Man habe aus einem Wegwerf gegenstand ein Designprodukt gemacht. Die Strumpfhosen sollen vor allem länger haltbar sein was auch mit den Argumenten Nachhaltigkeit und Ressourcen schonung vermarktet wird. Bevor das 2012 gegründete Start up nach seinem Auftritt in der Sendung Die Höhle der Löwen Anfang 2016 loslegte, hatte es eine längere Entwicklungsphase hinter sich. Investor Die DS Produkte GmbH ist ein Hersteller, Importeur und Exporteur innovativer Konsum produkte. Die Firma ist einer der europaweit größten Lieferanten für Versand, Lebensmittel und Einzelhandel. Die Produkte reichen von Kleinelektrogeräten über Reinigungsmittel und Kosmetik bis zur Outdoor Ausrüstung. red blieben aber mäßig. Wir haben eigentlich nicht nach Investoren geschaut, sagt Da niel Moser. Ein wenig war das bei uns das gute schwäbische Prinzip,schaffe, spare, Häusle beziehungsweise Firma baue. Auch wenn der Name Bataillon Belette nach einer Massenbewegung klingen soll. Am Anfang wussten wir gar nicht, wie man Vertrieb buchstabiert, sagt Moser. Bis ihm und Bracht dann die spontane Idee kam, sich bei der Start up Show Die Höhle der Löwen bei dem Fernsehsender Vox zu bewerben. Wir müssen unser Pro dukt zeigen. Wir brauchen Reichweite, das sei der Gedanke gewesen. Trotz Internet präsenz und sozialer Medien Fernsehen Pia Bracht: Erst Boutiquen abgeklappert. ist immer noch ein Medium, mit dem viele Menschen gleichzeitig erreicht werden können. Viele Online Plattformen im Kon Point ; eine einfach und bildlich griffig zu sumentenbereich investieren deshalb auch präsentierende Lösung, die zum Weiter heute noch in Fernsehwerbespots. Doch empfehlen und Teilen der Erfahrung ein von einem solchen Budget konnte Batail lädt. Bataillon Belette verzettelt sich dabei nicht, sondern ist auf unkomplizierte All lon Belette nur träumen. Man wollte deshalb von der begehrten tagsprodukte spezialisiert. Auch deshalb Gratis Plattform profitieren. Die Macher gibt es die Strumpfhose nur in Schwarz. der Reality Fernsehshow Das ist ästhetisch, steht erledigen in einem ent Gleich nach der jeder Frau. Wenn es das scheidenden Moment für Fernsehsendung richtige Produkt ist, dann die Start ups das, wofür reicht eines, sagt Ralf ging die Lawine es normalerweise teure Dümmel, einer der Investo Imagekampagnen braucht. an Verkäufen los. ren Löwen aus der Sen Selbst Supermarktketten dung, der bei der Strumpf werben inzwischen mit dem Logo der hose sofort einstieg. Bataillon Belette habe Show, das bis auf Weiteres auch auf jeder schon viel Vorarbeit geleistet: Das Zahlen Packung der Strumpfhosen prangt. Selbst material bei den Start ups ist ja in der Regel wer keinen Investor findet, profitiert von überschaubar. Wir beurteilen die Menschen der Reichweite. und das Menschliche hat gut gepasst. Die Geschichte von Bataillon Belette Da zwischen Deal und Ausstrahlung ei zeigt, wie Produkte auf einem solchen Ka nige Zeit verging, sorgte er vorsorglich für nal funktionieren: ein klar definiertes All den nötigen Puffer an Warenvorräten. Oh tagsproblem, im Start up Slang der Pain ne Kapital im Rücken wäre eine solche Vor leistung für ein Start up gar nicht möglich. Das Schlimmste wäre es, die neu gewonne nen Kunden gleich durch Lieferengpässe zu verprellen. Leer waren die Lager am En de trotzdem. In den zwei Jahren vor der Ausstrahlung hatte man 4000 Strumpf hosen verkauft. Nun waren es binnen zwei Monaten Man erreichte nämlich auf einen Schlag, auch in den sozialen Medien, den viralen Durchbruch und die kritische Masse. Da von können viele Start ups, die sich Link um Link und Like um Like vorankämpfen müssen, nur träumen. Schätzungsweise Hundertmillionen Mal wurde so die Bot schaft von der reißfesten Strumpfhose in allen Kanälen transportiert. Andere Me dien wie Modezeitschriften hängten sich an das Medienereignis dran. Gerade im Modebereich gibt es inzwi schen unzählige Blogs und Youtube Kanä le, die zusammen auf eine Millionengefolg schaft kommen. Ein Produkt, dessen Vor Ralf Dümmel: Das Menschliche passt. teile sich auch in ein kurzes Video packen lassen, hat hier einen klaren Startvorteil. Bei uns haben sogar Schülerinnen nachge fragt, weil sie über uns referieren wollten. Für die Strumpfhosen wollten sie sogar selbst bezahlen, sagt Daniel. Das ist durch aus nicht typisch: Die einflussreichen Blog ger lassen sich die von ihnen getesteten Produkte gratis zuschicken. Diese Blogger lassen sich fürs Marketing oft leichter ein spannen als traditionelle Journalisten. Wir sind da schon ins Risiko gegangen haben natürlich vorbestellt, aber der An sturm lag über den Erwartungen, sagt Ralf Dümmel, der mit seiner Hamburger DS Produkte GmbH als Investor auf Konsum produkte wie die von Bataillon Belette spe zialisiert ist; Ein neues Produkt ganz groß auszurollen ist gar nicht so einfach. Produziert wird in China: Die Exper tise für das weitere Wachstum haben die Gründer von Bataillon Belette nun weitgehend an ihn outgesourct. Bei Konsumprodukten lassen sich Kontakte nicht allein durch Klinkenputzen und ein eigenes Online Portal knüpfen. Nach Abschluss der Produktentwicklun g haben wir uns in Deutschland die schönsten Bou tiquen herausge sucht und unsere Produkte persönlich vorgestellt, sagt Pia Bracht. Immerhin: Mehr als die Hälfte der Läden hat daraufhin die Strumpfhosen bestellt. Doch Ralf Dümmel spielt in einer anderen Liga. Klinkenputzen ist das Schlimmste, sagt er. Seine Produkte sind bei 30 großen Konzernen gelistet, die rund unterschiedliche Filialen haben. Doch auch wenn Dümmel nun das Wachs tum vorantreibt, wird Bataillon Belette im mer noch von detailversessenen Designern geleitet. Wenn die mal wieder nicht mit et was zufrieden sind, dann ist das auch manchmal ein bisschen Stress, sagt er. Bei der Präsentation ihres Produkts ha ben die Gründer ihre eigenen Ideen. Auch die Verpackung muss für uns ein kleines Kunstwerk sein, sagt Moser. Kein gutes Design sei einfach: Das ist immer ein Kampf. Der Investor bestimmt aber ganz klar, wie im Warenhaus die Ware ins Schau fenster kommt. Eines ist klar, der Schub durch die Fernsehsendung wird in ein paar Monaten vorbei sein. Irgendwann wird das Logo von,die Höhle der Löwen nicht mehr drauf sein, sagt Dümmel.

20 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten 22 Nr. 1 Februar 2017 Ein Leben mit Lernkurven Porträt Rolf Heiler hat 1987 sein erstes Unternehmen gegründet, eine Softwarefirma. Jetzt ist er geschäftsführender Gesellschafter einer Filmproduktionsgesellschaft in Stuttgart. Das kleine Team profitiert von den vielfältigen Erfahrungen des Chefs. Von Inge Nowak Beim Platzen der Internetblase um die Jahrtausendwende hat der Unternehmer viel Lehrgeld gezahlt. Die Dame am Telefon wirkt irritiert, als der Kunde einen Service Termin für seinen Porsche P 111 Diesel buchen will. Akten werden gewälzt, Staubschichten weggestrichen. Und dann biegt er um die Ecke, der P 111 ein knallroter Porsche Schlepper aus den 1950er Jahren, der rasante 16,5 Kilometer je Stunde schnell ist. Jeder dürfte schmunzeln über diesen Werbefilm, der knapp zwei Minuten dauert. Rund neun Millionen Menschen haben ihn bereits gesehen. Rolf Heiler lieferte die Idee zum Film, er führte auch Regie, ist im Abspann nachzulesen. Er hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Zuvor hat er sich mehr als 25 Jahre lang mit Software und Internet beschäftigt natürlich in seinem eigenen Unternehmen, das auch seinen Namen trug. Jetzt ist Heiler geschäftsführender Gesellschafter der Filmproduktionsfirma Cinecore in Stuttgart, einem Start up. Das Unternehmen, das vier Mitarbeiter beschäftigt, wurde 2013 gegründet. Heiler und sein Partner Steffen Kienzle halten jeweils 50 Prozent der Anteile. Wir wollen den Werbefilm in der Industrie neu definieren, erläutert er die Idee hinter dem Jungunternehmen. Es will qualitativ hochwertige und dennoch emotionale Geschichten im Film erzählen. Denn nur so könne man sich abheben in einer Zeit, in der quasi jeder Videos drehen und ins Netz stellen kann. Neben Porsche hat Cinecore auch schon für das hiesige Wirtschaftsministerium, die IHK Stuttgart oder die Drogeriemarktkette dm Werbefilme gedreht. Schon allein wegen seines Alters ist Heiler, Jahrgang 1959, nicht der typische Startup Unternehmer. Er ist auch mit Abstand der Älteste in dem kleinen Team. Wir ergänzen uns gut, sagt er. Er weiß, wie die Wirtschaft tickt, und versteht die Geschäftsmodelle von Unternehmen. Die Jungen hingegen bringen ihr künstlerisches Talent ein. Die kommen auf Ideen, auf die ich gar nicht kommen würde, sagt er selbstkritisch. Bei den Kunden kommt das Team anscheinend gut an. Imagefilme seien immer direkt in der Geschäftsleitung angesiedelt, so Heiler. Am Verhandlungstisch treffen sich dann zwei Generationen: Heiler und ein Vorstandsmitglied des Kunden sind etwa gleich alt, ganz jung sind der Regisseur auf der einen und der Marketingleiter auf der anderen Seite. Man spreche auf Augenhöhe, so Heiler. Er spricht von Akzeptanz und Sympathie. Heiler ist ein erfahrener Unternehmer mit einer wechselvollen Geschichte. Er hat Höhen und Tiefen kennengelernt hat er sein erstes Unternehmen gegründet. Zunächst war es ein Beratungsunternehmen, später konzentrierte er sich auf Standardsoftware für die unternehmensweite Beschaffung und den Einkauf für Banken, Versicherungen sowie große Industrieunternehmen. Der Boom des Internets Ende des vergangenen Jahrtausends hatte auch den gelernten Versicherungskaufmann elektrisiert. Euphorie herrschte allerorten. Geld war damals genügend da; am Neuen Markt ging es nicht um Gewinne, Ideen waren das Maß aller Dinge. Heiler errichtete virtuelle Marktplätze im Netz. Doch als die Internetblase kurze Zeit später platzte, waren viele dieser fantasiegetriebenen Unternehmer pleite, viele Anleger hatten ihr Erspartes verloren. Heiler hatte zwar überlebt, stand aber plötzlich ohne Geschäftsmodell und ohne Kunden da. Er wagte den Neuanfang mit einem elektronischen Produktdatenmanagement damit ist er einer der ganz wenigen, der die tiefe Krise des Neuen Marktes unternehmerisch überlebt hat hat er sein Unternehmen dann an den US Konkurrenten Informatica verkauft. Es war zu einer Zeit, wo die Geschäfte so gut liefen wie selten zuvor, sagt er rückblickend. Das Unternehmen setzte damals mit 140 Mitarbeitern 17,4 Millionen Euro um. Eigentlich wollte er noch zehn Jahre weitermachen. Doch das Angebot von Informatica sei zu verlockend gewesen. Meine Karriere ist gepflastert mit Misserfolgen, erinnert sich Heiler selbstkritisch an die vergangenen 30 Jahre. Er habe vieles ausprobiert und vieles falsch gemacht; er habe Personalentscheidungen gefällt, die sich später als unnötig herausgestellt haben; er habe am Anfang viel Eigensinn und wenig Teamgeist an den Tag gelegt. Es sind Erfahrungen, die er nun seinen jungen Kollegen bei Cinecore weitergeben kann. Nicht verzetteln, heißt eine seiner Empfehlungen. Das bedeutet: Wir machen ein Projekt nach dem anderen. Entscheidend sei, dass die Qualität hoch bleibe. Als ich noch ein junger Unternehmer war, habe ich oft zu viel gemacht, erinnert er sich. Als junger Mensch merke man nicht, dass die persönliche Energie endlich ist, so Heiler. Er habe auch nicht hinterfragt, ob sein Handeln effizient und zielführend gewesen war oder nur den Quartalsbericht aufgehübscht habe. Heute weiß er: Das macht man nicht. Es lenke nur ab, verzögere die Entwicklung und verschaffe dem Wettbewerber, der konsequenter handelt, einen Vorteil. Das Cinecore Team scheint den Rat zu beherzigen: Wir arbeiten sehr fokussiert. Und: Ich fange gar nicht erst so viele Dinge an. Vor allem lässt er die Finger von Dingen, die nicht zur Kernkompetenz gehören. Kapitalbeschaffung ist für die kleine Filmproduktionsgesellschaft kein Thema. Wir haben kein fremdes Geld in der Firma, sagt Heiler. Er hat die Anschubfinanzierung geleistet und die erste Zeit zudem auf ein Gehalt verzichtet, obwohl Cinecore von Beginn an profitabel gearbeitet habe. Doch dies sei kein typisches Modell für andere, vor allem, wenn der Gründer auch noch von seinem Geschäft leben muss. Jungen Menschen, die sich selbstständig machen, empfiehlt er denn auch, einen Businessplan zu erstellen, der eine kristallklare Recherche der Wettbewerbssituation beinhaltet. Das nötige Startkapital komme dann nicht von den Banken Risikokapital ist nicht deren Geschäftsmodell, sondern beispielsweise von Venture Capital Gesellschaften. Und die finanzielle Basis sollte nicht zu knapp bemessen sein. Man braucht Kapitalgeber, die einen so gut ausstatten, das man auch ein paar Fehler machen kann. Die Amerikaner hätten dies früh begriffen, in Deutschland sei man dagegen zunächst mit angezogener Handbremse unterwegs gewesen. Doch sie müssen investieren, sie dürfen keine schwachen Mitarbeiter nehmen, nur weil diese günstig sind, rät er. Natürlich müsse das Produkt gut sein, aber der Vertrieb muss top sein. Aber gute Verkäufer allein reichten nicht; diese müssten zudem in der Lage sein, eine gute Vertriebsorganisation aufzubauen. Und nicht zuletzt müsse auch ein Gründer Verantwortung delegieren können. Viele leiden unter dem Kontrollverlust. Das ist ein K. o. Kritierium für Geldgeber. Als Einzelner kann man nicht gewinnen. Und zu alldem brauche es Beharrlichkeit Rückschläge und Krisen seien nämlich unvermeidlich. ROLF HEILER UND SEIN SOFTWAREHAUS Gründer Rolf Heiler, Jahrgang 1959, hat das gleichnamige Softwareunternehmen 1987 gegründet. Zunächst hatte der Versicherungskaufmann und Betriebswirt sich auf Individual und später auf Standardprogramme für Banken, Versicherungen sowie große Industrieunternehmen konzentriert. Der Boom des Internets elektrisierte auch Heiler. Im Jahr 2000 erfolgte der Bösengang am Neuen Markt. Heiler errichtete elektronische Marktplätze für Unternehmen. Als die Internetblase platzte, stand der Göppinger ohne Geschäftsmodell da. Anders als viele andere Firmen des Neuen Marktes schaffte Heiler den Neuanfang im Bereich elektronisches Produktdatenmanagement. Angebot Im Herbst 2012 erhielt Heiler ein Übernahmeangebot des amerikanischen Konkurrenten Informatica. Die Offerte sei so gut gewesen, dass er sie nicht habe ablehnen können, sagte Heiler später. Insgesamt 80,8 Millionen Euro boten die Amerikaner für den kleinen Konkurrenten das entsprach dem Zweieinhalbfachen des damaligen Börsenwerts. Wie ungewöhnlich das Angebot war, zeigt ein Blick auf den damaligen Jahresabschluss: Im Geschäftsjahr 2010/11 setzte Heiler mit 140 Mitarbeitern 17,4 Millionen Euro um. Als Gewinn wiesen die Stuttgarter, die in den Jahren zuvor immer wieder auch engere Kontakte zum Walldorfer Softwarehaus SAP hatten, 1,45 Millionen Euro aus. Ausstieg Die Familie Heiler, die rund 30 Prozent der Anteile hielt, und das restliche Management unterstützten 2012 das Angebot der Amerikaner. Damit hatte Informatica frühzeitig knapp 72 Prozent der Anteile sicher. Auch viele Kleinaktionäre griffen zu nach Fristablauf hatten sich die Amerikaner 97,58 Prozent der Heiler Unternehmenspapiere gesichert. Im Frühjahr 2013 folgte dann ein Squeeze out Verfahren; kurze Zeit später wurde die Börsennotierung wieder eingestellt. ino Immer wieder ein neues Spiel: Rolf Heiler musste in seinem Leben als Unternehmer auch Niederlagen verkraften. Foto: factum/weise

21 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten Nr. 1 Februar 2017 Wirtschaft in Baden-Württemberg 23 Der Wandel und die Arbeitsplätze Elektroauto Die Branche setzt nun massiv auf neue Technologien, doch Konzepte für die Beschäftigung fehlen noch. Von Klaus Köster WAS MOTORTECHNOLOGIEN MIT ARBEITSPLÄTZEN IN DER REGION ZU TUN HABEN Elektromotor Ein Antrieb fürs E Auto besteht aus 200 Teilen, ein Antrieb mit Verbrennungsmotor aus Entsprechend geringer ist der Bedarf an Arbeitskräften beim E Auto vor allem beim Bau von Komponenten, auf die sich bei Daimler das Werk Untertürkheim spezialisiert hat. Bis jetzt baut Daimler den E Motor zusammen mit Bosch in Hildesheim. Foto: Daimler Es besteht die Tendenz, nicht in den bestehenden Strukturen zu investieren. Wolfgang Nieke, Betriebsratschef des Daimler Werks in Untertürkeim Was bedeutet Disruption? Das kann man sich aussuchen. Der Duden bietet an: Zerbrechung, Zerreißung, Spaltung, Bruch, Riss, Unterbrechung, Zerrüttung, Sprengung. Disruption ist ein Modewort des technologischen Wandels, aber in der Autobranche hat sie längst begonnen. Alte Technologien, Arbeitsweisen bekommen nicht nur Konkurrenz vielmehr tritt etwas ganz Neues in Erscheinung, das das Bisherige ersetzen kann. Ganz offenkundig ist dies der Fall bei der Elektromobilität, die bisherige Antriebskonzepte auf eine neue technologische Basis stellt. Sie stellt die Verbrennungstechnologie infrage, in der sich die deutsche Branche in mehr als 100 Jahren eine weltweit führende Rolle erarbeitet hat. Lange Jahre stand die deutsche Autoindustrie bei der Elektromobilität gewaltig auf der Bremse. Sie befindet sich in einer klassischen Situation des innovator s dilemma, in der man angestammte Stärken möglichst lange erhalten will und daher vermeidet, diese durch bahnbrechende Neuerungen infrage zu stellen. Stattdessen konzentriert man sich darauf, die bestehende Technik zu optimieren und geht damit das große Risiko ein, dass ganz andere Anbieter das Fundament abgraben, auf dem man steht. Dass der US Autohersteller Tesla mit seinem elektrischen Luxusschlitten Tesla S ausgerechnet den deutschen Oberklasseherstellern die Schau gestohlen hat, ist vor diesem Hintergrund kein Zufall, sondern geradezu eine logische Konsequenz dieser Interessenlage. Schließlich stehen bei Tesla keine Investitionen für Diesel und Benzinaggregate im Feuer, und es gibt in der Firma auch keine Sparten für diese Technologien, deren Chefs jedem Wandel zuweilen mit Argwohn entgegenstehen. Natürlich müssen Firmen, die in herkömmlichen Technologien nicht investiert sind, auch kein Geld in die Hand nehmen, um ihre Marktposition zu halten und Geld zu verdienen, mit dem man den Wandel finanzieren kann. Tesla Chef Elon Musk holt sich das Geld einfach an der Börse von Aktionären, die darauf vertrauen, dass er aus schicken Autos irgendwann auch einmal schicke Gewinne ziehen kann. Das Risiko dieser Haltung deutscher Hersteller besteht allerdings darin, ins Hintertreffen geraten zu können. Um dieses Risiko zu vermeiden, investiert die Branche seit Jahren beträchtliche Summen in neue Technologien, ohne dass sich das zunächst auf der Straße bemerkbar gemacht hätte. Der Erfolg von Tesla zeigt, dass sie dabei möglicherweise zu zaghaft war. Viele Automanager wollen sich diesen Schuh aber nicht anziehen und verweisen darauf, dass Tesla bisher fast nur hohe Verluste geschrieben hat. Erst jetzt, da die Technologie einen gewissen Reifegrad erreicht habe, sei der richtige Zeitpunkt, bei der E Mobilität Tempo zu machen. Etwas leiser fügen sie hinzu, dass der Dieselskandal bei VW und die Zweifel an den Abgaswerten fast aller Hersteller diese Entscheidung noch einmal beschleunigt hätten. Auf dem Weg zur E Mobilität könnten in absehbarer Zeit mehrere Hürden verschwinden: Die Batterietechnologie hat aufgrund der internationalen Forschungsarbeiten so große Sprünge gemacht, dass das leidige Kapazitätsproblem bald deutlich entschärft wird und Reichweiten bis zu 500 Kilometer möglich sind. Zudem hat sich die deutsche Autoindustrie darauf verständigt, am zügigen Aufbau eines Netzes von Schnellladestationen entlang der Fernstraßen mitzuwirken, so dass auch die zweite Hürde die Sorge um unzureichende Lademöglichkeiten an Bedeutung verliert. Und nicht zuletzt dürften auch die Kosten zügig sinken. Jetzt legen wir den Schalter um, sagte Daimler Chef Dieter Zetsche, als er im Herbst auf dem Autosalon in Paris den Start der Mercedes Submarke EQ für das Jahr 2019 ankündigte. Wir sind bereit für den Start einer Elektro Offensive, mit der wir alle Fahrzeugsegmente von der Kompakt bis zur Luxusklasse abdecken werden. Damit wird allerdings nicht nur eine Technologie ersetzt vielmehr werden über kurz oder lang auch viele Arbeitsplätze überflüssig. Völlig unklar ist bisher, was der technologische Wandel für die Arbeitsplätze in Baden Württemberg bedeuten wird. Ein typischer Verbrennungsmotor besteht aus 1400 Teilen, ein Elektromotor aus 200 und diese Relation lässt sich ziemlich genau auch auf den Bedarf an Arbeitskräften übertragen. Ein E Auto hat nicht nur einen einfacheren Motor, sondern es benötigt auch kein aufwendiges Getriebe. Die Frage ist, was dann mit all den Menschen geschieht, die bisher technologisch anspruchsvolle Verbrennungsmotoren mit Hochdruck Direkteinspritzung oder hochentwickelte Doppelkupplungsgetriebe hergestellt haben. Dies gilt umso mehr, als keineswegs klar ist, dass die deutschen Hersteller ihre starke Marktstellung aus dem Zeitalter des Verbrennungsmotors auch in die Ära der Elektromobilität übertragen können. Bisher sind die Beschäftigungsfolgen der E Mobilität für die Hersteller noch kein großes Thema zumindest nicht nach außen. Bei Daimler heißt es, die ersten Serienmodelle der neuen Generation von E Fahrzeugen würden innerhalb unseres bestehenden Produktionsnetzwerks mit Standorten auf vier Kontinenten produziert. Das ist vor allem für die Beschäftigten im Stammwerk Untertürkheim, wo vor allem Verbrennungsmotoren hergestellt werden, beunruhigend auch wenn Daimler davon ausgeht, den Autoabsatz so stark steigern zu können, dass in den nächsten Jahren trotz steigenden Anteils von E Autos die Stückzahl von Verbrennungsmotoren noch steigen wird. Doch was kommt dann? Das Unternehmen hat klare Vorstellungen über die Umsetzung der Elektrostrategie, sagt Wolfgang Nieke, Daimler Betriebsratschef in Untertürkheim. Es besteht die Tendenz, nicht in den bestehenden Strukturen zu investieren. Das alarmiert auch die IG Metall, die befürchtet, dass Hersteller den Strukturwandel nutzen werden, um sich aus dem Tarifsystem zurückzuziehen, indem zum Beispiel die Batteriezellen billig aus Asien zugekauft werden. Der Traum, nun möglichst viel Wertschöpfung auszulagern, könne bald zum Albtraum werden, sagte IG Metall Chef Jörg Hofmann warnend. Denn wenn ein Rädchen ausfällt, kommt das gesamte Getriebe zum Stillstand. Klar ist aber auch: Selbst wenn die Branche sowohl ihre Markstellung als auch ihre Wertschöpfungstiefe beibehalten würde, gibt es in der Autoindustrie einen deutlichen Rückgang des Arbeitskräftebedarfs zumal auch neue, digitale Produktionsmethoden teilweise den Menschen ersetzen können. Zulieferer, die stark an der Verbrennungstechnologie hängen, suchen längst nach neuen Geschäftsfeldern, auch jenseits der Autobranche. An solchen Überlegungen werde auch die Autobranche nicht vorbeikommen, meint Nieke. Dass Daimler die Batterietechnik nicht nur fürs Auto nutzt, sondern auch Energiespeicher für Haushalte anbietet, sei bereits ein richtiger Schritt. Doch es kann wohl nur ein Anfang sein, will man die hohe Beschäftigung im Südwesten auch langfristig erhalten. Stecker statt Zapfsäule und der Auspuff wird gestrichen. Die E Mobilität kommt, denn ihre Technik wird immer alltagstauglicher. Brennstoffzelle Dieser elektrische Antrieb auf Wasserstoffbasis galt lange als Hoffnungsträger der Autobranche, weil er hohe Reichweiten mit kurzen Ladezeiten verbindet. Die schnellen Fortschritte bei der Batterie fürs E Auto lassen sie aber in den Hintergrund treten. Das Werk Untertürkheim hat hier bei Daimler eine führende Stellung, die es nun aber nicht richtig ausspielen kann. Hybrid Der Hybridantrieb verbindet Elektround Verbrennungsmotor, die je nach Fahrsituation einzeln oder kombiniert genutzt werden. Für die Beschäftigung ist diese Technologie, für die beide Antriebe benötigt und über ein Getriebe (Bild) verknüpft werden, vorteilhaft. Sie gilt allerdings als Übergangstechnologie auch wegen des hohen Preises. Diesel Er ist für die Abgasbilanz der Autobranche bislang unentbehrlich stößt er doch pro Kilometer 15 Gramm weniger klimaschädliches Kohlendioxid aus als ein Benziner. Ältere Modelle blasen aber viel Feinstaub und Stickoxide in die Luft. Auch wenn der Diesel durch den VW Skandal in Verruf geraten ist für die Region ist er wichtig. Er bietet bei Bosch Tausende Jobs, und Daimler hat Milliarden Euro in den schadstoffarmen Motor OM 654 (Foto) investiert. Benziner Auch er hat für die Region große Bedeutung. Durch die technischen Fortschritte beim E Auto und Bestrebungen für ein Verbot von Verbrennungsmotoren könnte aber auch sein Stern sinken. Fotos: Daimler Illustration: Fotolia

22 Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten 24 Wirtschaft in Baden-Württemberg Nr. 1 Februar 2017 Die Sonde im Auspuffrohr eines Golf Diesel meldete bei der Abgasuntersuchung für Dieselmotoren oft nichts Gutes: Bei Volkswagen mussten zahlreiche Modelle zurückgerufen werden. Foto: dpa Hausgemachtes Diesel Desaster Diesel Die Autobranche zeigt mit dem Finger auf den Volkswagen Konzern, aber auch andere Hersteller haben nicht mit offenen Karten gespielt. Die Abhängigkeit von der Technologie ist nach wie vor groß. Abschalteinrichtungen wie bei VW würden auch mit den neuen Verfahren nicht erkannt werden. Peter Mock, Europa Chef der Organisation ICCT JEDES DRITTE AUTO IST EIN DIESEL Bestand an Personenkraftwagen Angaben in Millionen ,6 10, ,9 10,0 Benzin Diesel 29,8 14, Grafik: jev Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt Noch vor wenigen Jahren schien die absehbare Entwicklung der Autobranche beschaulich: Neue Technologien waren zwar ein Thema auf den Automessen, wo immer wieder Studien mit Elektromotor ins gleißende Scheinwerferlicht gerollt wurden auf den Straßen dagegen änderte sich nicht viel. Die Branche fuhr gut mit ihren Benzin und Dieselmotor Fahrzeugen, von denen sie dank prächtiger Konjunktur nach der Finanzkrise und einem wachsenden Markt in China hervorragend leben konnte. Auch die Dauer Diskussion um Abgasgrenzwerte konnte ihr unter dem Strich nicht allzu viel anhaben. Gewiss die EU verschärft die Grenzwerte etwa für das Treibhausgas Kohlendioxid (CO 2 ) kräftig, doch letztlich setzte die Branche durch, dass die Verschärfung machbar wird. Ein wichtiges Instrument war der Diesel, der rund 15 Prozent weniger CO 2 ausstößt als ein vergleichbarer Benziner; daneben setzte die Branche auch einige Erleichterung bei der Interpretation der Messwerte durch. Seit September 2015 ist alles anders der VW Skandal betrifft längst nicht mehr nur den Volkswagen Konzern, sondern seine Auswirkungen fressen sich tief in die Autobranche hinein. Denn nicht nur bei VW, wo Abgasmessungen offenbar gezielt manipuliert wurden, stellen die Tester äußerst merkwürdige Abgaseigenschaften fest, sondern auch bei fast allen anderen Herstellern, die sich darauf berufen, von legalen Möglichkeiten Gebrauch gemacht zu haben. Spätestens seit das Kraftfahrtbundesamt, aber auch Umweltorganisationen wie der internationale Zusammenschluss ICCT oder die Deutsche Umwelthilfe in Berlin herausfanden, dass die Autos fast aller Hersteller auf der Straße ein Vielfaches der schädlichen Stickoxide in die Luft blasen wie auf dem Prüfstand, hat der Diesel massiv an Ansehen verloren. In Deutschland gehen die Marktanteile zurück, und die Chancen, in wichtigen Märkten wie den USA mit dieser Technologie noch einen Fuß auf den Boden zu bekommen, haben homöopathische Größenordnungen erreicht. Doch der Diesel ist aus Sicht der Autobranche nicht irgendeine Technologie, die eben mal durch eine andere ersetzt werden kann. Sie ist für die Branche in Deutschland vielmehr eine Schlüsseltechnologie, um angesichts der verschärften Umweltanforderungen zu bestehen. Sinken die Marktanteile des Diesel, steigen fast automatisch die Abgaswerte, in deren stetige Verringerung die Branche aber Milliarden investiert. Denn die Werte des Selbstzünders lassen sich mit dem Benziner nicht erreichen zu groß ist der Unterschied beim Abgasausstoß, zu groß der technische Aufwand, der inzwischen für jedes Gramm Schadstoffreduzierung getrieben wird. Warum aber ließ sich die Branche dazu hinreißen, Autos für den Prüfstand zu entwickeln statt für die tägliche Realität auf den Straßen? Die vordergründige Antwort aus der Branche lautet: weil sich die Hersteller an die Gesetze gehalten haben. Denn diese sehen bisher vor, dass neue Automodelle anders als Lkws nur vor der sogenannten Typzulassung durch die Straßenverkehrsbehörden getestet werden und nicht im laufenden Verkehr. Zu den Regeln zählt aber auch, dass diese Tests nicht auf den Straßen stattfinden, sondern auf dem Prüfstand unter ganz genau bemessenen Bedingungen. Das, so beteuern Prüfingenieure, mache durchaus Sinn, sorge diese Standardisierung doch für eine genaue Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Beim gleichen Test kommen immer wieder die gleichen Ergebnisse heraus das verhindert Manipulationen und Ungenauigkeiten, so lautete bis zum VW Skandal die herrschende Lehre. Doch tatsächlich zeigte VW, dass auch das Gegenteil zutrifft. Weil die Testbedingungen genau definiert sind, können die Autos genau für diese Bedingungen optimiert werden etwa durch die spezielle Konfiguration der Getriebesoftware. Auch das Vorführen von Autos mit prall gefüllter Batterie die während des Tests dann nicht Kraftstoff fressend nachgeladen werden muss oder mit abgeklebten Fugen und eingeklappten Außenspiegeln trägt dazu bei, dass die Testergebnisse in aller Regel nicht mit der Realität zu vereinbaren sind. Und wie man heute weiß, wird auch die Abgasreinigung so eingestellt, dass sie im Test besser funktioniert als in vielen realen Situationen. Viele Hersteller haben die Reinigung bei niedrigeren Temperaturen teilweise bereits bei herbstlichen zehn Grad heruntergeregelt, um zu verhindern, dass sich der Harnstoff, der bei der sogenannten SCR Reinigung benötigt wird, in der Anlage festsetzt. Die Reduzierung der Reinigung zum Zweck des sogenannten Bauteilschutzes ist zwar in der Tat erlaubt unklar ist aber, ob dies auch dann erlaubt ist, wenn die Abschaltung durch andere technische Maßnahmen vermeidbar wäre, und ob eine Einrichtung zulässig ist, die wegen ihrer Temperaturabhängigkeit mehrere Monate im Jahr nicht funktioniert. Praktisch ist für die Hersteller jedenfalls, dass die Temperaturen, bei denen die Anlage heruntergefahren wird, in den Tests nicht vorkommen. Praktisch ist auch, dass durch diese Abschaltungen der Verbrauch an Harnstoff sinkt und damit auch die erforderliche Größe der Harnstofftanks, die zulasten des Platzes des Fahrzeugs gehen. Zugleich müssen die Hersteller ihren Kunden nicht zumuten, zusätzlich zum Diesel regelmäßig auch Harnstoff nachzutanken. Je öfter die Anlage heruntergefahren wird, desto eher bleibt der Kunde davon verschont, Harnstoff auch zwischen den Terminen für die Inspektionen nachzufüllen. Die Frage ist allerdings, ob dieser begrenzte Zusatzkomfort für die Hersteller wirklich ein guter Grund war, das Vertrauen in eine Technologie aufs Spiel zu setzen, die für die deutsche Branche wegen ihrer Bedeutung bei der Abgasreduktion von immenser Bedeutung ist. Nun wird mit einer gewissen Hektik die Elektromobilität angeschoben. Vieles wird davon abhängen, wie gut sich die deutsche Branche wird SO SOLL DAS VERTRAUEN IN DEN DIESEL WIEDER STEIGEN RDE Die sogenannten Real Drive Emissions Tests sollen bei den Verfahren zur sogenannten Typzulassung neu hinzukommen. Dabei wird das Fahrzeug statt auf dem Prüfstand auf der Straße gefahren. Das soll einen großen Nachteil der bisherigen Tests auf dem Prüfstand ausgleichen und verhindern, dass die Hersteller die getesteten Fahrzeuge auf die bisher sehr engen behaupten können, wenn sie den Wettbewerb jenseits ihrer bisherigen Kernkompetenzen aufnimmt. Fest steht, dass sie durch eigene Versäumnisse den Technologiewandel massiv beschleunigt hat. Der VW Skandal könnte für den Durchbruch der Elektromobilität das sein, was Fukushima für den Ausstieg aus der Atomkraft war, sagte der Untertürkheimer Daimler Betriebsratschef Wolfgang Nieke. Gleichwohl steckt die Branche in einem gewissen Dilemma. Einerseits will sie die E Mobilität massiv vorantreiben und damit zuletzt etwas für ihren Ruf tun, andererseits braucht sie die Verbrennungstechnologie nicht zuletzt, um die Gewinne zu erzielen, die sie in den Wandel der Technologie investiert. Sie sagt daher, sie habe sich schon immer dafür eingesetzt, bei den Zulassungstests für Dieselautos realistische Annahmen zugrunde zu legen. Anders als früher sind diese Rufe heute allerdings auch vernehmbar. Bald sollen die Tests ein viel breiteres Spektrum von Fahrsituationen abbilden. Doch wasserdicht sind auch diese Tests bisher offenbar nicht. So sollen auch künftig nur Prototypen getestet werden, die von der Industrie zur Verfügung gestellt werden, und keine Fahrzeuge, die im Verkehr sind und daher kaum gezielt präpariert werden können. Abschalteinrichtungen wie bei VW würden auch mit den neuen Verfahren nicht erkannt werden, sagt Peter Mock, Europa Chef der internationalen Umweltorganisation ICCT. Falls es doch noch gelingt, das Vertrauen in den Diesel zu stabilisieren, wäre für die Branche die Brücke in die neue Zeit wesentlich tragfähiger. Vorgaben optimieren. Nach Expertenansicht führen die heutigen Tests sogar zu einer Verschlechterung der Umwelteigenschaften, weil Fahrzeuge ohne diese Optimierung besser auf die realen Verhältnisse abgestimmt werden können. WLTP Das Kürzel steht für das englischsprachige Wortungetüm Worldwide Harmonized Light Autor Klaus Köster ist Titelautor der Stuttgarter Nachrichten und berichtet vor allem über Wirtschaftsthemen. Duty Vehicles Test Procedure ein weltweit abgestimmtes Testverfahren für Autos. Auch weiter sollen Fahrzeuge auf dem Prüfstand getestet werden allerdings soll das Spektrum der Anforderungen breiter werden. Tests auf dem Prüfstand haben gegenüber Tests auf der Straße den Vorteil, dass das Ergebnis nicht so an Zufälligkeiten wie etwa dem Wetter hängt. kö

23 EIN SONDERTHEMA DER ZEITUNG WIRTSCHAFT IN BADEN-WÜRTTEMBERG COMPLIANCE FEBRUAR 2017 Vermintes Terrain Durch das neue Gesetz zur Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen gerät manches Gebaren ins Zwielicht nicht nur bei Ärzten. Seite Round Table Im Pressehaus Stuttgart diskutierten sieben Experten über Compliance und das Schattendasein, das sie noch immer häufig führt. Seite 28 und 29 Einfallstor IT Durch die vernetzte Informationstechnologie entstehen neue Risiken für Unternehmen und Behörden. Ein Fall für den Compliance-Manager. Seite 31 Vorsicht, Haftung! Handlungspflichten von Führungskräften und Compliance-Beauftragten Was ist los mit Deutschlands Vorzeigeunternehmen? Strafverfahren um Zinsmanipulation, Geldwäsche und Hypothekengeschäfte machen der Deutschen Bank zu schaffen. Bei VW reißen happige Geldbußen wegen manipulierter Tests tiefe Löcher in die Kasse, während sich Vorstand und Aufsichtsräte gegenseitig Schuldvorwürfe machen. Wie konnte das geschehen in Unternehmen, die doch mit umfangreichen Compliance-Regelwerken Korruptionsrisiken bewusst vermeiden wollten? Ob und welche Einzelpersonen bei diesen Konzernen möglicherweise haften, ist längst nicht geklärt. Naheliegend aber ist, dass sich Führungskräfte und Verantwortliche in nicht ganz so großen Unternehmen angesichts solcher Ereignisse verstärkt Gedanken darüber machen, wer bei ihnen im Falle von Verstößen gegen gesetzliche oder selbst auferlegte Regeln eigentlich haften würde. Grundsätzlich müssen Firmenchefs und Compliance-Verantwortliche in der Unternehmensführung Maßnahmen zur Einhaltung von Regeln und Gesetzen entwickeln und für entsprechende Kontrollmechanismen sorgen, sagt André Szesny, Rechtsanwalt und Partner bei der Sozietät Heuking sowie Lehrbeauftragter für Wirtschaftsstrafrecht. Bei der Frage, wann und wem im Unternehmen sogar konkrete Strafverfolgung oder die zivilrechtliche Haftung für entstandene Schäden droht, spielt die individuelle Ausgangssituation eine entscheidende Rolle. Die Rechtsprechung gibt Fingerzeige. So hat das Landgericht München einen Ex-Vorstand von Siemens zu einer millionenschweren Schadenersatzzahlung an seinen früheren Arbeitgeber verurteilt, weil er nicht für die Einrichtung eines funktionierenden Compliance-Management-Systems gesorgt hatte. Der Vorstand wurde wegen dieser Unterlassung für die systematische Zahlung von Bestechungsgeldern zur Auftragsbeschaffung verantwortlich gemacht, obwohl er selbst die Korruptionszahlungen weder gekannt noch gebilligt hatte. Das Landgericht verwies darauf, dass vor allem bei größeren Unternehmen innerhalb des Vorstands ein Hauptverantwortlicher für die Compliance bestimmt werden muss. Der Bundesgerichtshof ist in einem Urteil aus dem Jahr 2009 auch auf die Haftungsrisiken von Mitarbeitern eingegangen, die als Compliance-Officer mit der Verhinderung von Rechtsverstößen und insbesondere Straftaten aus dem Unternehmen heraus beauftragt sind. In der Regel werden sie diesen Auftrag durch organisatorische Maßnahmen umsetzen. Neben der Etablierung von Regeln für bestimmte Sachverhalte und von Kontrollmechanismen gehören dazu auch Mitarbeiterschulungen. Wichtig dabei: Aufgaben und Zuständigkeiten des Beauftragten sollten in einer Stellenbeschreibung oder Vertragsvereinbarung genau beschrieben sein. Dazu gehört es beispielsweise auch, Mitarbeiter und die Geschäftsführung auf Regelverstöße hinzuweisen. Die Verhinderung von Straftaten durch Mitarbeiter muss aber nicht zu diesen Aufgaben gehören. So kann sich der Compliance-Officer gegen Haftungsrisiken schützen, wenn Mitarbeiter gegen die von ihm aufgestellten Regeln verstoßen oder sie umgehen. Die Stellen- und Aufgabenbeschreibung sollte eine klare Trennung vom operativen Geschäft beinhalten und sich darauf beschränken, Mitarbeiter zu beraten und ein Compliance-System einzurichten, empfiehlt André Szesny. Compliance-Beauftragte müssen bei all dem stets ihre sogenannte Garantenstellung im Auge behalten. Dabei geht es um die Frage, ob sie sich selbst strafbar machen, wenn sie ihnen bekannte Rechtsverstöße nicht anzeigen oder unterbinden. Aus der Garantenstellung resultiert die Handlungspflicht, im Rahmen des definierten Handlungsbereichs alles ihnen Mögliche und Zumutbare zu tun, um Straftaten und Rechtsverstöße, die aus dem Unternehmen heraus geschehen, zu verhindern und auf Gefahrensituationen hinzuweisen, sagt Kai-Thorsten Zwecker, geschäftsführender Gesellschafter der Sozietät SGP Rechtsanwälte und Professor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Neu-Ulm. Ein Beispiel: Der Compliance-Officer erfährt, dass im Vertrieb kartellrechtswidrige Absprachen getroffen wurden. Wenn er hier nicht einschreitet, ist er ab dem Zeitpunkt der Kenntnis mitverantwortlich, wenn diese Absprachen beibehalten werden, sagt Zwecker. Übernimmt der Compliance-Officer kraft seines Anstellungsvertrags die Garantie dafür, dass andere Mitarbeiter keine Straftaten begehen und geschieht dies doch, kann das bei ihm zu Strafbarkeit und Haftung aufgrund eines Unterlassungsdelikts führen. Experte Szesny verweist jedoch darauf, dass der BGH eine solche weitgehende Pflicht bislang nur in öffentlichen Unternehmen angenommen hat, weil diese als verlängerter Arm des Staates dem Rechtsstaatsprinzip unterliegen. Folge: Wer nichts tut, ist Straftäter und lässt nicht nur seine Aufsichtspflichten schleifen. Dies auf private Unternehmen zu übertragen, ginge Szesny zu weit. Dennoch: Unternehmensführung und Compliance-Verantwortliche eines Hautcreme-Herstellers müssen beispielsweise für Regeln sorgen, die falsche Angaben zu den in den Produkten enthaltenen Schadstoffen verhindern. Sie müssen Regeln zur Vermeidung von Auslandskorruption schaffen und dafür sorgen, dass steuerliche Pflichten eingehalten werden. Die Konsequenzen für die strafrechtliche und zivilrechtliche Haftung gelten auch, wenn Fachbereiche im Betrieb zum Beispiel Rechtsabteilung, Personalwesen, Risikomanagement oder Controlling bestimmte Compliance-Aufgaben übernehmen. Auch diese Mitarbeiter sollten sich genau über die übernommenen Pflichten im Klaren sein und die damit verbundenen Haftungsrisiken nicht unterschätzen, betont Zwecker. Er verweist zudem darauf, dass hinsichtlich der zivilrechtlichen Haftung für die dem Unternehmen entstandenen Schäden die allgemeinen Grundsätze für gefahrengeneigte Arbeit gelten. Compliance-Verantwortliche haften nicht bei einfacher Fahrlässigkeit, sondern nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, sagt Zwecker. Wie aber schützen sich Verantwortliche vor möglicherweise empfindlichen finanziellen Belastungen? Hilfreich sind neben speziellen Strafrechtsschutzversicherungen sogenannte D&O-Policen, die zumindest den fahrlässigen Bereich abdecken und für Schadenshaftungen ebenso aufkommen können wie für Verfahrenskosten. Auch die Versicherer prüfen bei Abschluss solcher Policen penibel, ob Tätigkeitsbereich und Handlungspflichten genau beschrieben worden sind. Die Haftung für Vorsatz ist allerdings in der Regel ausgeschlossen. Arbeitgeber sollten dennoch darauf achten, dass ihre Compliance-Beauftragten über einen solchen Versicherungsschutz verfügen, rät Szesny. Norbert Hofmann STRAFTAT KORRUPTION FAHRLÄSSIGKEIT VORSATZ VERTRAG VERSICHERUNG Wer für die Compliance (mit-)verantwortlich ist, sollte sehr genau darauf achten, dass sein Tätigkeitsbereich und seine Handlungspflichten genau beschrieben sind. Foto: bluedesign/fotolia

24 26 COMPLIANCE Februar 2017 Beim Thema Compliance im Pharmabereich denkt man zuerst an Ärzte. Aber es betrifft auch weitere Berufsgruppen, zum Beispiel Physiotherapeuten oder Medizinisch-technische Assistenten. Foto: edwardolive/fotolia Lieber mehrfach prüfen Gesetzgeber stellt Korruption im Gesundheitswesen ausdrücklich unter Strafe KAMINSTUDIE KODEX KONGRESS HEILBERUFE FORTBILDUNG MTA GESETZESKONFORM VERTRAG TRANSPARENZ Es klingt ganz gemütlich, was Ärzte auch am Feierabend noch erledigen können. In vorgefertigten Formularen von Pharmafirmen etwa beantworten Mediziner mitunter Fragen zur Wirksamkeit bestimmter Medikamente bei ihren Patienten. Weil das sogar schnell im Wohnzimmer ausgefüllt werden kann, ist da auch schon mal von Kaminstudien die Rede. Tatsächlich aber sind solche Studienaufträge höchst brisant. Denn oft stecken dahinter nur Scheintests, an deren Ergebnissen eigentlich niemand so recht interessiert ist. Die Ärzte erhalten von den Pharmafirmen dafür dennoch stattliche Honorare. Denn die Unternehmen hoffen darauf, so argwöhnen kritische Beobachter wie Transparency International Deutschland, dass die honorierten Mediziner ihre Medikamente dann öfter verschreiben. Neuerdings ist bei Anwendungsbeobachtungen dieser Art grundsätzlich Vorsicht geboten. Wer sie unter unlauteren Voraussetzungen erstellt oder erstellen lässt, kann sich strafbar machen. Die rechtliche Grundlage dafür liefert das im vergangenen Jahr in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen. Es hat Kooperationen im Visier, mit denen sich die Akteure durch Bestechlichkeit oder Bestechung einen Vorteil im Wettbewerb verschaffen. Werden einem Arzt Vorteile gewährt, die nicht durch entsprechende Leistungen gerechtfertigt sind, so besteht die Vermutung von Unrechtsvereinbarungen, sagt Janika Sievert, Rechtsanwältin bei der Beratungsgesellschaft Ecovis. Die möglichen Vorteile müssten dabei nicht unbedingt ausgesprochen werden, sondern könnten auch nur gedacht sein. An Fallstricken mangelt es nicht. So kann sich ein Heilberufler strafbar machen, wenn er etwa bei der Verordnung von Medikamenten oder der Zuführung von Patienten zu einem Krankenhaus einen Anbieter bevorzugt. Zu unlauteren Vorteilen können ebenso Einladungen zu Fortbildungsveranstaltungen gehören. In einem nicht zuletzt den Patienten Nutzen bringenden Rahmen müssen Kostenübernahmen für Kongresse oder Fortbildungen zwar weiterhin nicht zwangsläufig verwerflich oder gesetzeswidrig sein; gehen aber bezahlte Flüge und Hotels mit Beraterverträgen einher, kann das Ganze sehr schnell das berühmte Gschmäckle bekommen. Vor allem dann, wenn der teilnehmende Arzt bei den Veranstaltungen weder durch Vorträge noch durch Diskussionsbeiträge glänzt. Zunehmenden Auswüchsen dieser Art will das Gesetz entgegentreten. Es schützt gerade die überwiegende Zahl der Ehrlichen, denn es sieht klare Regeln für strafbares Verhalten der schwarzen Schafe vor, betont Bundesjustizminister Heiko Maas. Betroffen sind alle Heilberufsgruppen, für deren Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erforderlich ist. Das können niedergelassene Ärzte und Zahnärzte ebenso sein wie Physiotherapeuten oder Medizinisch-technische Assistenten (MTAs) mit fundierter wissenschaftlicher Ausbildung. Im Falle der Strafbarkeit drohen Geldstrafen und in besonders schweren Fällen sogar Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. Wann sich Akteure auf gefährlichem Terrain bewegen, ist allerdings stets nur sehr individuell zu beurteilen. Die bloße Vorteilsnahme ohne Verknüpfung mit einer unlauteren Bevorzugung etwa muss nicht strafbar sein. Kein Problem ist es zum Beispiel, wenn Kooperationspartner mit Zuwendungen wie Kugelschreibern oder kleinen Geschenken lediglich auf allgemeines Wohlwollen aus sind. Auch wenn sie Blumen oder Pralinen als Dankeschön schicken, ist das in Ordnung. Bedenklich dagegen wird es, wenn mit dem Geschenk der Wunsch nach sofortiger Behandlung verbunden ist. Eine auffällige Bevorzugung kann generell Auslöser eines Anfangsverdachts sein. Es gibt jedoch keine allgemeingültigen Regeln, entscheidend ist immer die Einzelfallprüfung, sagt Rechtsanwältin Sievert. Das Spektrum potenzieller Strafverfolgung ist ungeachtet dessen nicht zu unterschätzen. Häufig etwa sind Arztpraxen an Laborgemeinschaften beteiligt, an die sie vielleicht Blutproben ihrer Patienten schicken. Per se ist das kein verwerfliches Tun, solange rote Linien nicht überschritten werden. Gefährlich aber kann es werden, wenn die Laborgemeinschaft in eine gewisse Abhängigkeit von Patientenüberweisungen der teilhabenden Ärzte gerät. Expertin Sievert rät Heilberuflern dazu, alle von Pharmafirmen erhaltenen Leistungen auf den Prüfstand zu stellen und im Zweifelfall Kooperationen, bei denen man kein gutes Gefühl hat, einzustellen. Welche Verträge existieren? Woraus ziehe ich Vorteile für relativ wenig Leistung? Sind auch angestellte MTAs instruiert, keine größeren Geschenke von Pharmafirmen entgegenzunehmen? Dringend ratsam ist es zudem, bestehende Beraterverträge durch spezialisierte Rechtsanwälte prüfen zu lassen. Bescheinigen diese dann schriftlich die Gesetzeskonformität von Vereinbarungen, so kann sich der Heilberufler anhand dessen auf den sogenannten Verbotsirrtum berufen. Das heißt, dass er sich des möglichen Verbots einer Vereinbarung nicht bewusst war und im Falle staatsanwaltlicher Ermittlungen der Vorsatz hinsichtlich korrupter Handlungen entfallen kann, erläutert Janika Sievert. Beschäftigte in den Pflegeberufen sollten bestehende Beraterverträge überprüfen lassen, um sicherzugehen, dass sie mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen zur Korruptionsbekämpfung konform gehen. Foto: Gina Sanders/Fotolia Die Pharmaindustrie hat bereits im November 2013 einen Transparenzkodex zur Veröffentlichung geldwerter Leistungen an Ärzte und andere Angehörige der medizinischen Fachkreise beschlossen. Beratungsund Vortragshonorare werden dort ebenso veröffentlicht wie Leistungen für Anwendungsbeobachtungen oder Einladungen zu Fortbildungen inklusive Reisekosten. Der in Deutschland durch den Verein Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie umgesetzte Kodex beruht auf mehr Transparenz bei der Zusammenarbeit zwischen Industrie und Gesundheitswirtschaft und soll Auswüchse auf freiwilliger Basis beschränken. Dadurch hat sich schon viel verändert, die Pharmaindustrie ist durch den Kodex zurückhaltender geworden, sagt Tim Müller, Fachanwalt für Medizinrecht und Lehrbeauftragter für Krankenhausrecht in München. Der Verband der Ersatzkassen begrüßt es dennoch, dass die Politik nun bestehende Lücken im Strafrecht geschlossen hat. Er verweist auf Schäden von bis zu 18 Milliarden Euro pro Jahr, die in Deutschland durch Bestechung, Abrechnungsbetrug und Falschabrechnungen im Gesundheitswesen entstehen. Das zahnlose Berufsrecht bekommt durch das Korruptionsgesetz Implantate, sagt Müller. Er verweist jedoch darauf, dass zum Gesetzestext bislang keine Rechtsprechung existiert. Vorläufig ist deshalb überall da Vorsicht und Zurückhaltung geboten, wo der Ruch einer Verknüpfung von Zahlungen mit der Vermittlung von Patienten entstehen könnte, warnt der Fachanwalt. Norbert Hofmann

25 Februar 2017 COMPLIANCE 27 Die Vermittler Berufsfeldstudie: kein Königsweg zum Compliance-Manager Compliance: meist Seiteneinsteiger Foto: fotomek/fotolia Unabhängig von Branche, Größe und Rechtsform sind alle Unternehmen in Deutschland zur Einrichtung eines Überwachungssystems für die Einhaltung der Rechtskonformität verpflichtet, sagt Mirko Haase, Präsident des Berufsverbands Compliance- Manager. Der Berufsverband hat eine Studie beauftragt, die herausfinden sollte, wo Compliance in den Unternehmen steht, wie Compliance- Kommunikation funktioniert und wie das Berufsbild von Compliance-Managern aussieht. Durchgeführt wurde die Untersuchung unter der Leitung von René Seidenglanz, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Quadriga Hochschule Berlin. Er leitet dort den Schwerpunkt Berufsfeldforschung. Die Untersuchung wurde im vergangenen September als Online-Befragung durchgeführt, teilgenommen haben 530 Compliance- Manager aus Deutschland. Vorgestellt wurden die Ergebnisse erstmals beim Bundeskongress Compliance im vergangenen November. Dass die meisten Studienteilnehmer in der Finanz- und Versicherungsbranche arbeiten, begründet Seidenglanz damit, dass die meisten Mitgliedsunternehmen im Verband aus diesen Branchen stammen und dass Banken und Versicherungen eine Pionierfunktion im Compliance-Management haben. Vor drei Jahren wurde die Berufsfeldstudie erstmals durchgeführt. Seitdem hat sich viel verändert, sagt Seidenglanz. Für Compliance gibt es eine Handlungsstruktur und ein Berufsbild, allerdings anders als bei klassischen Professionen keinen einheitlichen Zugang. Das Berufsbild ist auf dem Weg der Stabilisierung, was Qualifikationen und Aufgabengebiete betrifft. Es wird aber nie ein klassischer Beruf wie Arzt oder Lehrer werden. Laut Studie wird Compliance-Management vor allem in großen Organisationen betrieben. Etwa die Hälfte dieser Einheiten beschäftigen vier oder weniger Mitarbeiter. Die meisten sind Stabsstellen, die organisatorisch in der Rechtsabteilung angesiedelt sind. Etwa die Hälfte der Compliance-Mitarbeiter befasst sich ausschließlich mit dem Thema, die andere bearbeitet zusätzlich weitere Themen, etwa juristische oder im Controlling. Die häufigsten Aufgaben der Compliance-Abteilungen sind Schulungen, Kommunikation und das Erstellen von Richtlinien. Die Mehrheit der Studienteilnehmer geht davon aus, dass Compliance in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen wird. Sie begründen ihre Meinung mit einer steigenden Regulierungsdichte. Die allermeisten Compliance-Manager sehen sich als Vermittler zwischen Leitungsebene und Mitarbeitern. Regelungen und Maßnahmen müssen transparent und nachvollziehbar gemacht werden, um ein Bewusstsein für deren Notwendigkeit zu schaffen und innerorganisatorische Unterstützung zu generieren, so Haase. Die Kommunikation ist eine Schlüsselfunktion für den Erfolg von Compliance. Und zwar nach innen und außen. Allerdings führt nur die Hälfte der deutschen Compliance-Abteilungen externe Compliance-Kommunikation durch, die sich etwa an Stakeholder außerhalb der Organisation richtet. Dazu gehören alle Personen, Gruppen oder Institutionen, die von den Aktivitäten eines Unternehmens direkt oder indirekt betroffen sind oder die irgendein Interesse an diesen Aktivitäten haben, beispielsweise Aktionäre, Banken, Kunden oder Lieferanten. Die interne Kommunikation übernehmen meist die Compliance- Abteilungen, bei der externen tun sie das zur Hälfte. Ansonsten kümmern sie sich darum gemeinsam mit der Kommunikationsabteilung oder diese informiert allein die Stakeholder. Compliance-Manager in Deutschland sind Akademiker, verdienen sehr gut und sind häufig erst seit kurzer Zeit auf ihrem Posten. Rund die Hälfte hat Jura studiert, 40 Prozent Wirtschaftswissenschaften. Compliance-Management ist aktuell ausschließlich ein Arbeitsbereich für Seiteneinsteiger. Es gibt kaum Direkteinstiege nach einer einschlägigen Berufsausbildung, wie es in klassischen Professionen gängig ist, sagt Seidenglanz. Der Einstieg erfolgt über Umwege, eine spezifische Ausbildung so sie denn überhaupt wahrgenommen wird erfolgt überwiegend durch berufsbegleitende Weiterbildung. Das Einstiegsgehalt von Compliance- Mitarbeitern liegt bei rund Euro jährlich. Fachkräfte kommen auf etwa Euro und Führungskräfte verdienen im Durchschnitt Euro. Etwa die Hälfte der Befragten ist erst fünf Jahre oder weniger in dem Feld tätig. Drei Viertel sind mit ihrem Beruf zufrieden. Allerdings strebt fast ein Drittel eine andere Tätigkeit an. Dieser Wert ist schon höher als in anderen Berufen, sagt Seidenglanz. Berufsverbandspräsident Haase begründet den großen Abwanderungswillen damit, dass der Zugang in die Tätigkeit und der Wechsel in einen anderen Job fließend sind. Naheliegende Jobalternativen im Unternehmen würden das möglich machen. Doch das betreffe vor allem Mitarbeiter, die sich nicht hauptberuflich mit Compliance beschäftigten. Wie die Studie zeigt, sind nämlich Personen, die ausschließlich für Compliance zuständig sind, zufriedener mit ihrem Job. Was das Berufsbild betrifft, habe der Verband inzwischen wichtige Vorarbeit geleistet, so Seidenglanz. Mit dem Zertifizierungsprogramm Certificate of Proven Excellence in Compliance sind erstmals einheitliche Themenfelder definiert worden, die das Qualifikationsprofil eines Compliance-Managers ausmachen, sagt Haase. Der Berufsverband bietet einen Wissenstest an und stellt nach erfolgreicher Prüfung ein Zertifikat aus. In definierten Themenfeldern müssen dazu Bildungsnachweise erbracht werden, das Wissen für den Test können die Teilnehmer überall erwerben. Das können Fortbildungen sein in Krisenkommunikation, Risikomanagement oder Wirtschaftskriminalität. Die Prüfung findet jährlich statt und ist nach Bestehen zwei Jahre gültig. Die Teilnahme an der Prüfung kostet für Verbandsmitglieder 390 Euro, andere zahlen 590 Euro. Peter Ilg KOMMUNIKATION GEHALT WERDEGÄNGE ZUFRIEDENHEIT PROFIL SEITENEINSTEIGER JURIST QUALIFIKATION BRP Renaud und Partner mbb Rechtsanwälte Patentanwälte Steuerberater Stuttgart Frankfurt

26 28 Februar 2017 COMPLIANCE Februar GESPRÄCHSPARTNER Mirco Vedder, Ebner Stolz, Certified Fraud Examiner, Certified Internal Auditor, Tätigkeitsschwerpunkte: Sachverhaltsaufklärung von wirtschaftskriminellen Handlungen (forensische Sonderuntersuchungen), Beratung bei der Einführung und Reorganisation von Compliance-Management-Systemen, Durchführungen von Internen Revisionen mit Fokus Compliance und Geschäftsprozesse, Schulungen und Coaching von Internen Revisionen und Compliance-Verantwortlichen Christian Parsow, Ebner Stolz, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Tätigkeitsschwerpunkte: Sachverhaltsaufklärung von wirtschaftskriminellen Handlungen in Unternehmen wie Betrug, Korruption, Unterschlagung oder Untreue, Implementierung und Prüfung von Compliance-Management-Systemen, Durchführung von Compliance-Audits Dr. Florian Schmidt-Volkmar, Oppenländer Rechtsanwälte, Tätigkeitsschwerpunkte: Kartellrecht, Fusionskontrolle, Compliance, Lehrbeauftragter an der Universität Hohenheim, Mitglied der Studienvereinigung Kartellrecht Dr. Thomas Trölitzsch, Oppenländer Rechtsanwälte, Tätigkeitsschwerpunkte: Gesellschaftsrecht, M&A, Unternehmensnachfolge. Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Stellvertretender Vor-sitzender des Prüfungsausschusses Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht der Rechtsanwaltskammer Stuttgart. Dr. Katharina Köbler, Oppenländer Rechtsanwälte, Tätigkeitsschwerpunkte: Gesundheitsrecht, Pharmarecht, Medizinprodukterecht, Compliance im Gesundheitswesen. Dr. Susanne Jochheim, BRP Renaud und Partner, Tätigkeitsschwerpunkte: Compliance-Beratung von Unternehmen im nationalen und internationalen Kontext, zum Beispiel Durchführung von Risikoanalysen, Erstellung von Verhaltenskodizes und anderen Unternehmensrichtlinien, Implementierung der Richtlinien im Unternehmen vor allem durch Schulung der Mitarbeiter. Dr. Alexander Schork, BRP Renaud und Partner, Tätigkeitsschwerpunkte: wirtschafts- und steuerstrafrechtliche Beratung von Unternehmen im nationalen wie internationalen Kontext, Compliance-Beratung von Unternehmen. red KANZLEIPORTRÄT Oppenländer Rechtsanwälte Oppenländer Rechtsanwälte gehört zu den führenden Wirtschaftskanzleien in Deutschland. Mit einer überschaubaren Teamgröße von mehr als 30 Anwältinnen und Anwälten beraten Oppenländer Rechtsanwälte in- und ausländische Unternehmen sowie die öffentliche Hand in allen Bereichen des Wirtschaftsrechts spezialisiert und persönlich. Die Tätigkeitsgebiete von Oppenländer Rechtsanwälte sind insbesondere Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Öffentliches Recht, Gesundheitswirtschaftsrecht, Energierecht, Medienrecht, Litigation, Vergaberecht, Projekte und Immobilien und Arbeitsrecht. Der Arbeit der Kanzlei liegt eine klare Philosophie zugrunde. Man berät spezialisiert und persönlich. Unter Beratung verstehe man das Erarbeiten von Lösungen, nicht das Aufzeigen von Problemen. Durch flexible Zusammenarbeit stellt die Kanzlei sicher, dass auch komplexe Aufgaben gelöst werden. Spezialisierung bedeutet für Oppenländer Rechtsanwälte wissenschaftlich fundierte Kenntnisse in zentralen Bereichen und Branchen, ohne den Blick für das Ganze zu verlieren. Persönliche Beratung bedeutet die individuelle Beratung durch gestandene Persönlichkeiten. Der direkte Kontakt zu den Mandanten sei die Voraussetzung für eine effiziente und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Das Vertrauen unserer Mandanten hat uns zu einer der Top-50-Wirtschaftskanzleien in Deutschland gemacht. Hierfür wurden wir mehrfach ausgezeichnet, so die Kanzlei auf ihrer Internetseite. Die gesellschaftsrechtliche Beratungspraxis deckt vom Corporate Housekeeping über die Begutachtung komplexer gesellschaftsrechtlicher Fragestellungen bis zur hochspezialisierten Transaktions- und Finanzierungsberatung alle wichtigen Bereiche ab. Zu den Mandanten zählen große börsennotierte Aktiengesellschaften und mittelständische Unternehmen ebenso wie Familienunternehmen, Tochtergesellschaften und Insolvenzverwalter. Auch bei der Führung strittiger Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaftern habe man über viele Jahre hohe Kompetenz aufgebaut. Mehr Informationen zur Kanzlei unter KANZLEIPORTRÄT BRP Renaud und Partner 50 Rechts- und Patentanwälte sorgen bei BRP dafür, dass die Belange der Mandanten juristisch klar und deutlich formuliert werden. Analyse, Bewertung und die engagierte Vertretung der Interessen gehen Hand in Hand. An den Standorten in Stuttgart und Frankfurt/Main betreut BRP seit 1977 erfolgreich nationale und internationale Mandanten und das meist über viele Jahre. BRP unterstützt seine Mandanten in der Prävention durch außergerichtliche Beratung, Vertragsgestaltung zur Konfliktvermeidung und Konfliktlösung in frühen Stadien. Der Schwerpunkt liegt auf der wirtschaftsrechtlichen Beratung. BRP betreut den Mittelstand und Großunternehmen. BRP ist der festen Überzeugung, dass nur die konsequente Spezialisierung auf einzelne Rechtsgebiete zu Arbeitsergebnissen führt, die dem Anspruch der Mandanten gerecht werden. Dennoch achtet BRP stets darauf, auch über die eigene Schreibtischkante hinauszublicken. Die Partner der Kanzlei sind keine Einzelkämpfer. Sie stehen in engem Austausch miteinander. Anwaltsteams aus Experten für die Fragestellung der Mandanten sowie effiziente Arbeitsgruppen sind bei BRP bewährtes Prinzip. Ein Ansprechpartner für den Mandanten, viele kluge Köpfe dazu. Im engen Schulterschluss mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern stellt BRP auch den reibungslosen Übergang in weiterführende Bereiche der Mandate sicher. Im Notariat stehen die Partner Dr. Werner Renaud (Notar a. D.) und Dr. Rainer Laux mit langjähriger Erfahrung zur Verfügung. In allen einschlägigen Institutionen und bei Gericht ist BRP nicht nur Name, sondern auch Gesicht. Daneben pflegt BRP seine Kontakte im In- und Ausland intensiv. Als Mitglied von Interlaw, einem weltweiten Zusammenschluss von mehr als 60 führenden Anwaltskanzleien, verfügt die Kanzlei über beste Verbindungen zu allen bedeutenden Wirtschaftsstandorten. Als Full-Service-Kanzlei mit mehr als 50 hochspezialisierten Berufsträgern bietet BRP ihren Mandanten ein breites Beratungsspektrum. Im Berichtszeitraum wurden verschiedene Rechtsgebiete intelligent vernetzt. Weitere Informationen zur Kanzlei unter www. brp.de Die Teilnehmer des 2. Compliance-Round-Table im Pressehaus Stuttgart (von links): Mirco Vedder, Christian Parsow, Florian Schmidt-Volkmar, Thomas Trölitzsch, Katharina Köbler, Susanne Jochheim und Alexander Schork Differenzierte Lösungen sind gefragt 2. Compliance-Round Table: Das Thema Compliance spielt in vielen Unternehmen immer noch eine untergeordnete Rolle eine Bestandsaufnahme Nach den vielen Vorfällen der vergangenen Jahre sollte man meinen, dass der Begriff Compliance mittlerweile in aller Munde sei. Eine aktuelle Studie des Softwareunternehmens Recommind kommt jedoch zu dem Schluss, dass ein Drittel der Befragten in den Unternehmen nach wie vor Geschenke von Geschäftspartnern annehmen, ohne sich etwas dabei zu denken. Und das, obwohl viele die Compliance-Regeln ihres Unternehmens kennen. Ein Viertel dagegen weiß nicht, um was es bei dem Thema überhaupt geht. Also ein Heer von Ahnungslosen?, fragte Heimo Fischer, Moderator des 2. Compliance-Round Table im Pressehaus Stuttgart, nach. Ich denke, das kommt auf das Unternehmen an, sagt Christian Parsow von Ebner Stolz. Viele Unternehmen seien heute in Sachen Compliance gut aufgestellt. Es sei gelungen, die Mitarbeiter dafür zu sensibilisieren. In den Anfangsjahren sei häufig der Fehler gemacht worden, dass Compliance-Abteilungen aufgebaut wurden, ohne die Prozesse kommunikativ zu begleiten. Das ging oft in die Hose, weil man die Mitarbeiter nicht mitgenommen hat, analysiert der Experte. Diese Einschätzung deckt sich mit der Erfahrung von Dr. Susanne Jochheim von BRP Renaud und Partner. Viele Mittelständler fingen jetzt erst an, Compliance-Systeme zu installieren. Ich mache die Erfahrung, dass das Thema, weil man so viel anderes zu tun hat, gern mal hintangestellt wird. So nach dem Motto: Da könne man sich darum kümmern, wenn man wieder Zeit habe. Das hält Susanne Jochheim für sehr gefährlich. Rütteln denn die vielen kleinen und großen Skandale nicht auf, will Moderator Fischer von der Runde wissen? Compliance ist ein schillernder Begriff und umfasst denkbar viel, erläutert Dr. Florian Schmidt-Volkmar von Oppenländer Rechtsanwälte. Bei Compliance gehe es um die Einhaltung jeglicher gesetzlicher Regelungen. Das mache es so schwer, das Thema an einem Fall festzumachen. Das mag ein Grund dafür sein, dass viele Leute sich damit nicht identifizieren. Oder sich nichts darunter vorstellen könnten. Inhabergeführte Unternehmen neigten zu einer gewissen Ignoranz, was das Thema betrifft, merkt Mirco Vedder von Ebner Stolz an. Das könne damit zusammenhängen, dass die Gesellschafter häufig auch Geschäftsführer seien. Seine Überzeugung: Compliance müsse auch für Mitarbeiter, die nicht juristisch vorgebildet sind, greifbar werden. Eine große Aufgabe, gerade für den Mittelstand, wie auch Dr. Alexander Schork von BRP Renaud und Partner bestätigt. Einige Unternehmer handhaben Compliance aus der Überzeugung, die vergangenen 30 Jahre war es kein Thema, dann wird auch in Zukunft nichts passieren. Vielleicht ist Compliance zu weit vom Firmenalltag der mittelständischen Unternehmen entfernt, gab der Moderator zu bedenken. Wenn bekannt ist, dass der Chef bestimmte Regeln nicht einhält, nützt das beste Compliance-System nichts, sagt Dr. Thomas Trölitzsch von Oppenländer Rechtsanwälte. Das gelte im Mittelstand gleichermaßen wie in größeren Unternehmen. Trölitzsch hat beobachtet, dass interne Compliance-Regeln für die Kleinen gelten und die Großen sich Ausnahmen herausnähmen. Doch wenn die Spitze es nicht vorlebt, nützt das beste Regelwerk nichts. Dr. Katharina Köbler von Oppenländer Rechtsanwälte sieht Compliance als Chance für den Mittelstand. In größeren Unternehmen mit weitverzweigten Vertriebsorganisationen sei es oft dem Zufall geschuldet, wenn Verstöße gegen Compliance-Vorschriften aufgedeckt werden. Im Mittelstand sei die Einhaltung der Richtlinien allein aufgrund der geringeren Größe leichter durchzusetzen. Mag das auch daran liegen, dass Compliance nur schwer zu greifen ist?, will der Gesprächsleiter von den Round-Table- Teilnehmern wissen. Aus Sicht von Dr. Susanne Jochheim lässt sich Compliance durchaus in Regeln gießen. Zwar flutsche Paragraf 299 des Strafgesetzbuches (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) wie ein Stück Seife aus der Hand, wenn man ihn greifen wolle. Um den Gesetzestext mit Leben zu füllen, müsse im Unternehmen aber klargemacht werden, was erlaubt sei und was nicht. Je größer das Geschenk, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass etwas Negatives im Schilde geführt wird. Die Lösungen sollten immer maßgeschneidert sein, ergänzt Florian Schmidt- Volkmar. Das sei im Übrigen auch Forderung Compliance im Fokus: Was ist erlaubt, was ist verboten? Fotos: Wilhelm Mierendorf der Rechtsprechung. Im Unternehmen müsse darüber hinaus das Bewusstsein geschaffen werden, dass ein Compliance-System gebraucht werde. Es herrscht die Auffassung, dass Compliance kein Geld verdient und es daher hintangestellt werden kann. Das habe zur Folge, dass das Thema erst in den Vordergrund rückt, wenn es zu spät ist, warnt er. Compliance habe eine Übersetzungsfunktion, meint Christian Parsow. Zwar gehe es in erster Linie darum, dass sich die Mitarbeiter an Recht und Gesetz hielten. Allerdings sei es mit Richtlinien allein nicht getan. Denken Sie an einen Vertriebsmitarbeiter in China. Wenn der sich stur an die Richtlinien hält, macht er kein Geschäft mehr. Da gelte es, dass Compliance seine Übersetzungsfunktion wahrnehme. Dazu brauche der Vertriebsmitarbeiter allerdings einen Ansprechpartner. Andere Länder, andere Sitten?, fragt Heimo Fischer nach? Übliche Gepflogenheiten in anderen Kulturkreisen bedeuten nicht, dass es rechtlich zulässig ist, grenzt Susanne Jochheim ein. Damit der Wettbewerb für alle gleich sei, müssten sich alle an das Recht und die Rahmenbedingungen halten. Das ist Compliance. Mit Argumenten, wie Das ist hier üblich werde das Pferd von hinten aufgezäumt. Mirco Vedder geht noch weiter. Die Verantwortlichkeiten bei Fehltritten ließen sich nicht delegieren, argumentiert er. Wenn extern beauftragte Vertriebe einen Compliance- Verstoß begehen, sei es so, als ob die eigenen Mitarbeiter es tun. Das betreffe mittlerweile ganze Lieferketten. Vielen Unternehmen ist gar nicht bewusst, wie risikobehaftet manche Geschäftsbeziehungen sind, schildert er aus seiner Praxis. Compliance könne ein erstes Gefühl geben, wo die möglichen Probleme bei der Lieferkette liegen könnten. Florian Schmidt-Volkmar knüpft daran an. Werden Compliance-Regeln missachtet, könne dies Auswirkungen auf die öffentliche Meinung haben. Wenn in Bangladesch eine Textilfabrik einstürzt und Menschen zu Schaden kommen, dauert es nicht lange, bis die Labels genannt werden, die dort produzieren. Und das hat negative Folgen für das Ansehen des Unternehmens. Es könne so weit gehen, dass der Endverbraucher nicht nur ein fehlerhaftes, sondern auch ein mit einem schlechten Image behaftetes Produkt wieder zurückgibt, blickt Thomas Trölitzsch in die Zukunft. Es komme nicht darauf an, was man nachträglich herausfindet. Wir wollen ja vorbeugen, sagt Alexander Schork. Der ursprüngliche Ansatz von Compliance liege darin, Verstöße zu verhindern. Und wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, muss man den Fall aufarbeiten. Auch das gehöre dazu. Die Digitalisierung umfasst inzwischen alle Lebensbereiche und die gesamte Wirtschaft. Könnte Compliance in einigen Jahren überflüssig werden, weil umfassende Transparenz herrsche, lenkt Moderator Heimo Fischer den Blick auf einen weiteren Aspekt. Durch den -Verkehr würden heute schon faktisch alle Verstöße konserviert, erläutert Florian Schmidt-Volkmar. Andererseits könne die Digitalisierung helfen, Compliance-Programme umzusetzen, so Katharina Köbler. Das stelle kleine Unternehmen vor Herausforderungen. Aus Sicht des Großunternehmens mache es Sinn, seine Vertragspartner zu kennen, sagt Alexander Schork. Andererseits könne man sich als Unternehmen durch Klauseln gegenüber seinen Lieferanten nicht aus der Compliance-Verantwortung ziehen, sagt Thomas Trölitzsch. Über das Thema Compliance, das wurde beim Round Table deutlich, gibt es noch viel zu sagen. Fast zwei Stunden diskutierten die Experten im Pressehaus Stuttgart die unterschiedlichsten Aspekte. Doch in einem waren sich alle einig: Die eine Lösung gibt es nicht. So unterschiedlich die Unternehmen sind, so differenziert müssen Regelungen gesucht werden. Und im nächsten Jahr sieht womöglich alles wieder ganz anders aus. Ingo Dalcolmo KANZLEIPORTRÄT Ebner Stolz Ebner Stolz ist eine der größten unabhängigen mittelständischen Beratungsgesellschaften in Deutschland und gehört zu den Top Ten der Branche. Das Unternehmen verfügt über jahrzehntelange fundierte Erfahrung in Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung und Unternehmensberatung. Dieses breite Spektrum bieten über 1200 Mitarbeiter in dem für sie typischen multidisziplinären Ansatz in allen wesentlichen deutschen Großstädten und Wirtschaftszentren, unter anderem in Stuttgart, Karlsruhe und Reutlingen an. Als Marktführer im Mittelstand betreut das Unternehmen überwiegend mittelständische Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen aller Branchen und Größenordnungen. Länderübergreifende Prüfungs- und Beratungsaufträge führt Ebner Stolz zusammen mit Partnern von Nexia International durch, weltweit eines der zehn größten Netzwerke von Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Ebner Stolz ist über Nexia in über 120 Ländern mit mehr als 560 Büros vertreten. Ebner Stolz verfolgt einen ganz besonderen Beratungsansatz. Der Mandant hat einen konkreten Ansprechpartner, der mit den konkreten Gegebenheiten bestens vertraut ist und in sämtlichen Fragen zur Verfügung steht. Im Rahmen einer integrierten Betrachtungsweise werden mit entsprechenden Teams alle relevanten Aspekte aus den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung und Unternehmensberatung in die Beratung einbezogen, denn bei Ebner Stolz gibt es keine Einzellösungen. Hier zählt das große Ganze. Daraus generiert der Mandant einen deutlichen Mehrwert. Dieser interdisziplinäre Beratungsansatz kommt gerade im Bereich der Sicherstellung von Compliance im Unternehmen zum Tragen. Hier steuern alle Disziplinen dazu bei, dass eine einheitliche Lösung gefunden wird, die die unternehmensimmanenten Compliance-Risiken weitestgehend abdeckt. Mehr Informationen zur Kanzlei unter www. ebnerstolz.de

27 30 COMPLIANCE Februar 2017 Gemessen werden Compliance-Officer müssen sich wie andere Führungskräfte beurteilen lassen Teure Geschenke, Schmiergelder, Vetternwirtschaft kleine und große Skandale haben das Berufsbild des Compliance-Officer ins Licht des öffentlichen Interesses gerückt. Die Anforderungen an diese Mitarbeiter steigen. Dazu gehört auch die Frage vieler Firmenlenker, wie sie die Effektivität eines Compliance-Profis messen können. Kann ein Compliance-Officer tatsächlich gewährleisten, dass im Unternehmen alle Bestimmungen und ethischen Standards eingehalten werden? Die Schwierigkeiten beginnen beim Profil eines Compliance-Verantwortlichen: Sein Arbeitsfeld ist zwar noch jung, gleichzeitig aber soll er über Erfahrung verfügen. Um diese Diskrepanz zu überbrücken, versuchen viele große Unternehmen, die Position in der Führungsetage zu verankern. In Konzernen sind Compliance-Officer meist direkt dem Vorstand zugeordnet. Neben Finanz-, Personal- und Sales-Vorstand leisten sich viele einen Compliance-Vorstand. Und auch diese Profis, meist mit juristischem Hintergrund, müssen ihre Erfolge mit Zahlen und anhand von Indikatoren belegen. Jörg Viebranz, Compliance-Partner beim Beratungsunternehmen Idox Compliance in Berlin: Viele tun sich schwer, ihre eigenen Erfolge nachzuweisen, und stecken mit der Messarbeit noch in den Kinderschuhen. Dabei sei der Compliance-Officer im Unternehmen genauso wichtig wie die Kollegen aus den Bereichen Marketing oder Vertrieb, und sollte deswegen keinen Sonderstatus bekommen, ist auch Gunther Friedl überzeugt, Dekan der TUM School of Management an der TU München. Auch er muss sich den Fragen des Nutzens und der effizienten Verwendung der Ressourcen stellen. Um Ergebnisse messen zu können, müssen zunächst die Ziele kommuniziert werden. Daran hapert es noch bei vielen Betrieben, sagen Fachleute. Damit alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen können, sollten folgende Voraussetzungen geschaffen werden: Die Geschäftsführung muss die Ziele eindeutig festlegen. Und sie muss als Vorbild agieren. Die Compliance-Selbstverpflichtung der Chefs wird dann im Idealfall vom mittleren Management und den Angestellten in den Arbeitsalltag der Company integriert. Ob so ein Vorgehen zum Erfolg führt, hängt vom Vertrauen der Belegschaft zur Beletage ab. Eines der wichtigsten Instrumente, die Leistungen des Rechte- und Regel-Aufpassers zu messen, ist der Compliance Key Performance Indicator. Zu diesen Zahlen gehören etwa die Teilnahmequoten an Schulungen, die Anzahl von Beratungsfällen oder der Anteil abgeschlossener Ermittlungen, bezogen auf plausible Hinweise. Diese Größen ermöglichen auch Vergleiche mit anderen Unternehmen und im eigenen Haus über längere Zeiträume hinweg. Sie zu kommunizieren, kann eine positive Wirkung nach außen und innen haben. Wie sieht das in der Praxis aus? Ein Beispiel: Rainer Gotza ist seit 2013 Leiter der Compliance-Abteilung bei Swiss Life Deutschland. Die Grundwerte des Finanzberatungs- und Versicherungsunternehmens bilden den Rahmen seiner täglichen Arbeit: Solidität, Sicherheit und finanzielle Stabilität. Man gehe mit dem Geld der Swiss-Life-Kunden verantwortungsvoll um Um Compliance-Officer sinnvoll bewerten zu können, bedarf es einer klaren Definition ihrer Aufgaben und Ziele. und vermeide Risiken, um das in uns gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Gotza und fünf weitere Compliance-Experten wachen darüber, dass die rund 1300 Mitarbeiter der beiden Standorte München und Hannover die gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Vorschriften sowie die internen Anweisungen beachten. Für dieses Jahr sind zwei weitere Planstellen bewilligt. Der personelle und organisatorische Aufwand, den Swiss Life betreibt, soll garantieren, dass das Unternehmen jederzeit ethisch und rechtlich korrekt arbeitet. Auf Grundlage des Code of Conduct, den sich das Unternehmen freiwillig auferlegt hat und in dem festlegt ist, wie Mitarbeiter sich zu verhalten haben, beraten, schulen und überwachen die Compliance-Officer Belegschaft und Management. Wir wollen regulatorische und reputationsschädigende Risiken rechtzeitig erkennen und vermeiden, sagt Gotza. Und die seien für Versicherer und Finanzvermittler hoch. Zwei Beispiele, die wie Damoklesschwerter über den Unternehmen der Finanzbranche schweben, seien seit Jahren Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. So etwas darf es bei uns nicht geben. Ebenfalls sensible Themen seien der Schutz von Kundendaten und von Geschäftsgeheimnissen. Schon bei der Produktgestaltung und Qualitätssicherung gelte es deshalb, Compliance-Vorgaben zu berücksichtigen, betont Gotza. Wenn Compliance-Expertise im Unternehmen fehlt, kann es sinnvoll sein, spezialisierte Interim-Manager anzuheuern. Diese Foto: fotomek/fotolia sind es gewohnt, gemessen zu werden. Sie bauen Strukturen auf und dokumentieren alles, was sie tun. Davon können Management und Mitarbeiter des Unternehmens lernen. Sie sehen, worauf es ankommt, wenn man Risiken identifizieren und minimieren will. Für Thorsten Becker, Geschäftsführer der auf Interim-Management spezialisierten Hamburger Agentur Management Angels, liegen die Vorteile eines unabhängigen Experten auf der Hand: Er verfügt durch seine Erfahrung über umfangreiche Kompetenzen, orientiert sich schnell und konzentriert sich auf die wesentlichen Effektivitätsund Entlastungsfragen. Einer dieser freiberuflichen Profis, die für eine begrenzte Zeit ins Unternehmen kommen, ist Dr. Tilman Eckert. Er arbeitet seit elf Jahren als Manager auf Zeit und hat in mehreren mittelständischen und großen Betrieben Compliance- Management-Systeme (CMS) eingeführt oder optimiert. Er bringe seine eigene externe Erfahrung aus vergleichbaren Unternehmen mit, erklärt Eckert. Aufgrund seines Marktüberblicks könne er den Status quo des Auftraggebers schnell analysieren und maßgeschneiderte Maßnahmen im Unternehmen einführen: Mein Blick von außen ist unabhängiger und unverstellter als der eines internen Mitarbeiters. Für diese sei das Thema häufig neu, ihnen fehlten Kenntnisse über Herangehensweisen und über marktübliche Standards. Interne Neulinge seien zudem häufig überfordert, weil sie die Compliance-Aufgaben neben ihrem Tagesgeschäft erledigen müssen. Optimal sei der Einsatz eines Interim-Managers für die konzeptionelle Phase. Das dauere meist neun bis zwölf Monate. Sobald das CMS etabliert sei, müsse es in einem zweiten Schritt von allen Beteiligten umgesetzt werden. Eckert: Das kann intern erfolgen. Anja Steinbuch KOMPETENZ RISIKEN KPI CODE OF CONDUCT INTERIM-MANAGER EISDIELE KANN JEDER. WIR KÖNNEN MITTELSTAND. Etwas zu wagen, gehört zu den wichtigsten unternehmerischen Tugenden. Wir unterstützen Sie in allen Fragen rund um Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung und Unternehmens beratung. Um Chancen optimal zu nutzen und unternehmerischem Glatteis auszuweichen. WIRTSCHAFTSPRÜFER STEUERBERATER RECHTSANWÄLTE UNTERNEHMENSBERATER

28 Februar 2017 COMPLIANCE 31 Einfallstor Digitaltechnik Compliance-Verantwortliche sollten wissen, wo Risiken stecken SNOWDEN DATEN IT-RISIKO ANALYSE SICHERHEITSLÜCKEN TRANSPARENZ GESETZ Erfahrene Compliance-Verantwortliche in Unternehmen und Behörden wachen aufmerksam über die IT-Landschaft in ihrem Haus. Zunächst bedeutet IT-Compliance die Einhaltung von Sorgfaltsanforderungen, wie sie sich aus dem GmbH- Gesetz und dem Aktiengesetz ergeben. Daneben geht es um die Informations- und Dokumentationspflichten, die sich durch die IT ergeben. Für die Risikoanalyse sind Hardware, Software, Netzwerke, Gebäude und Services zu betrachten. Zu den Anforderungen in der IT gehören Informationssicherheit, Verfügbarkeit, Datenaufbewahrung und Datenschutz. Dabei ist der Grat oft schmal zwischen den verschiedenen Anforderungen. Beispiel: die Archivierungspflicht und die Persönlichkeitsrechte. Der Blick des Arbeitgebers in die Mailbox eines Mitarbeiters kann als Ausspähen von Daten im Sinne des Paragrafen 202a des Strafgesetzbuchs interpretiert werden jedenfalls dann, wenn das Unternehmen erlaubt oder duldet, dass Telefon und privat genutzt werden. Compliance-Experten raten, dazu eine Betriebsvereinbarung abzuschließen oder eine Policy zur Nutzung von s einzuführen auch, damit während des Urlaubs oder einer Krankheit ein Zugriff auf die Mailbox des betroffenen Mitarbeiters möglich ist. Hilfe bei solchen Fragen bietet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, das Grundschutzkataloge mit umfangreichen Handlungsanweisungen erstellt hat. Immer wichtiger ist in den letzten Jahren ein Pfeiler der IT-Compliance geworden: die IT-Security. Auf dem Bundeskongress Compliance Management betonte Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Club, dass sich die IT-Sicherheit in einer Dauerkrise befinde. Fast täglich gebe es in den Medien Berichte über Cyber-Überfälle und -Erpressungen. Vor zehn Jahren, als sie begann, sich beim Chaos Computer Club zu engagieren, habe man noch eine ganz andere Welt der IT-Sicherheitslücken gehabt. Jemand, der damals eine Schwachstelle in einer IT-Landschaft gefunden hat, habe sich an das betroffene Unternehmen oder eine kleine Fach-Öffentlichkeit gewandt. Heute gebe es einen regelrechten Markt von professionellen Hackern, die Erkenntnisse über ausnutzbare Sicherheitslücken aufkauften und verhökern. Kurz lobt die Veröffentlichung der Snowden-Papiere, die zeigten, wie groß die Budgets der US-Geheimdienste seien und welche Möglichkeiten es gebe, an Knotenpunkten des weltweit gespannten Netzes Daten abzugreifen. Die Politik werde die IT von Betrieben vor keinen virtuellen Raubzügen schützen können. Jedes Unternehmen müsse selbst entscheiden, wie viel es bereit ist, künftig in die eigene IT-Sicherheit zu investieren. Das meint auch Christian Dürk, Vorstand der Beratungsfirma Corivus in Neustadt an der Weinstraße: Technische Schutzschilder sind auch in mittelständischen Unternehmen häufig vorhanden, beispielsweise Firewalls, Virenschutz- und Antispam-Software. Aber vor allem kleineren Unternehmen fehlen oft die Ressourcen, um sich der betrieblichen IT-Sicherheit umfassend zu widmen. Neben Geld und Zeit gehört dazu Personal. Fehlt in einem Unternehmen die Manpower für die IT-Compliance, können externe Fachleute helfen. Berater wie die von Corivus helfen dann auf Basis ihrer breiten Erfahrung auch in Projektkrisen, typische Fehler und Engpässe zu vermeiden. Sie helfen, den Bedarf zu analysieren, und erstellen eine praktikable Roadmap mit den wichtigsten Maßnahmen, die umzusetzen sind. Dazu kann die Installation eines Datenschutzbeauftragten oder bei Großunternehmen die eines Chief Information Security Officers gehören, der organisatorisch so verankert sein muss, dass seine Unabhängigkeit gewahrt bleibt. Die Mitarbeiter und das Management über Sicherheitsrichtlinien und -prozesse aufklären, beraten und kontrollieren kann nur, wer als vertrauensvoller Partner auf Augenhöhe ernst genommen wird, betont Dürk. Das sollte auch im Sinne des Firmenchefs sein, der bei Verstößen gegen Compliance-Richtlinien in die Haftung genommen wird. Dürk: Der Compliance- Verantwortliche fungiert als Bindeglied zwischen IT-Entscheider und Geschäftsleitung. So sollte zum Beispiel durch die Implementierung passender IT-sicherheitsrelevanter Prozesse sichergestellt werden, dass keine Softwarekomponenten angeschafft werden, die nicht von ihm freigegeben worden sind. Für Betriebe und Behörden ist die Qualität der genutzten Daten eine wichtige Grundlage, um Risiken in der IT gering zu halten. Carsten Krah, IT-Risiko-Experte beim Softwareanbieter SAS: Dabei geht es zunächst um Transparenz. Um etwa Daten gemäß neuer europäischer Datenschutzrichtlinie löschen zu können, muss man wissen, wo welche Daten liegen und wie sie von Anwendern genutzt werden. Insellösungen, die in vielen größeren IT- Landschaften existieren, weil Fachabteilungen Alleingänge machen durften, erschwerten den ordnungsgemäßen Umgang mit Daten. Neue, agile IT-Architekturen sind notwendig, die den Fachbereichen definierte Räume bieten, in denen sie Daten einspeisen, analysieren und berichten können. Auf diese Weise werde Funktionalität nicht eingeschränkt, die Datensicherheit aber gewährleistet. SAS bietet Unternehmen dafür Software-Tools. Programme gibt es auch für Compliance-Verantwortliche, damit diese nicht nur in den Rückspiegel, sondern vor allem in die Zukunft schauen können, so Krah. Analytic-Systeme zeigen in Szenarien künftige Risiken auf und erlauben, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, bevor das Kind in den Brunnen fällt. Ein Beispiel: Um Vorgänge rund um Geldwäsche zu entdecken, reichen statische Regelwerke nicht, sondern man muss im Datenteppich Muster erkennen, die Hinweise auf Unregelmäßigkeiten geben, so Risiko-Experte Krah. Er vergleicht diese Vorgehensweise mit der von Google oder Amazon, wenn dem Nutzer mithilfe von Algorithmen Produkte angeboten werden, die ihn interessieren könnten: Dem Compliance-Verantwortlichen wird durch ein System angezeigt, was ihn interessieren könnte. Jürgen Hoffmann Die digitalen Gefahren sind allgegenwärtig: Mit IT-Sicherheitslücken wird heutzutage sogar gehandelt. Foto: Leonardo Franko/Fotolia Wir beraten im Wirtschaftsrecht spezialisiert und persönlich. Managerhaftung Damit aus dem Chefsessel kein heißer Stuhl wird: Wir beraten Sie in Sachen Managerhaftung. Die Abwehr von Ansprüchen gegen Manager ist eine unserer Kernkompetenzen. Über unsere weiteren Kompetenzen erfahren Sie mehr auf unserer Website oppenlaender.de. Börsenplatz Stuttgart T 0711 /

29 32 COMPLIANCE Februar 2017 Die Bürokratie nimmt zu Immer mehr Richtlinien bedeuten nicht automatisch geringere Gefahr Regeln und Ordnung allein reichen nicht. Foto: Sashkin/Fotolia Regierungen wollen durch Compliance die Risiken für die Finanzwirtschaft und die Gesellschaft minimieren. Doch die Vielfalt der Regularien birgt auch Probleme. Die Komplexität hat enorm zugenommen, erklärt Professor Hans-Peter Burghof, Lehrstuhlinhaber für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim. So arbeiten in den Compliance-Abteilungen der Großbanken oft mehr als 1000 Beschäftigte. Denn schließlich müssten Finanzinstitute nationale und internationale Vorgaben einhalten. Hartmut Renz, Bereichsleiter Compliance der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW): Das konzernweit und global ausgerichtete Compliance-Management der LBBW-Gruppe hat die Aufgabe, regelkonformes Verhalten sicherzustellen und zwar sowohl für externe rechtliche Vorgaben als auch für interne Regelungen. Auch für die Sparkassen ist Compliance ein zentrales Thema. Dabei sind die Aufgaben unterschiedlich verteilt: Als Sparkassenverband Baden-Württemberg formulieren wir zum Beispiel auf der Grundlage von Gesetzen Leitfäden und Empfehlungen für die Sparkassen, berichtet Stephan Schorn, Sprecher des Sparkassenverbandes Baden- Württemberg. Wir übernehmen die Ausund Weiterbildung der Mitarbeiter zu diesem Thema und haben eine Schlichtungsstelle für Streitigkeiten. Die zuständigen Mitarbeiter für die Compliance sitzen dann aber in den Sparkassen vor Ort. Neben den klassischen Bankenrisiken wie Kreditrisiken gibt es auch Compliance- Risiken. Diese entstehen durch die Nichteinhaltung von Regularien, aufsichtsrechtlichen Vorgaben und internen Maßgaben sowie ethischen Wertvorstellungen, erklärt Renz. Hieraus könnte ein erhebliches Reputationsrisiko erwachsen. Burghof: Halten sich Banken nicht an die Compliance-Regeln, kann ihnen ein Land die Banklizenz entziehen. Das könnte zum Beispiel für die USA bedeuten, dass eine betroffene Bank keine Geschäfte mehr in Dollar machen kann. Diese Gefahr bestehe, so Burghof, nicht nur für Großbanken, sondern auch für regional agierende Banken. Die haben Kunden aus dem Mittelstand mit Geschäftsbeziehungen in die USA. Schorn betont: Seit der Bankenkrise gibt es eine Flut neuer Regularien. Es existierten nicht nur neue Aufsichtsbehörden, die alle neue Vorschriften erlassen, sondern auch eine viel umfangreichere Dokumentationspflicht, der jeder Mitarbeiter nachzukommen habe. Alle Geschäftsvorgänge müssen inzwischen gemeldet werden. Zudem geht der Trend zu immer mehr Verbraucherschutz. Der Kauf von Wertpapieren sei zum Beispiel mit einem ausführlichen Beratungsprotokoll verbunden. Viele Stammkunden ärgern sich über diese Pflicht, denn das Protokoll muss bei jeder Beratung erneut angefertigt werden. Die Gesetze und Richtlinien im Bereich der Finanzdienstleistungen sind allerdings einem ständigen Wandel unterworfen. So könnten sich die Moralvorstellungen der neuen US-Regierung künftig auch in den dortigen Gesetzen niederschlagen. Burghof: Noch weiß man nicht, welche Auswirkungen die Präsidentschaft von Donald Trump hat. Ob etwa Banken, die mit Institutionen zusammenarbeiten, die einen Schwangerschaftsabbruch ermöglichen, von restriktiven Regularien betroffen werden. Die vielen Regeln verändern die Arbeit der Banken: Sie schaffen neue Rechtsrisiken und führen zu neuer Unsicherheit, betont Burghof. Renz sieht ebenfalls stark zunehmende regulatorische Anforderungen in der Finanzbranche. Er erkennt aber auch den erheblichen Nutzen zum Schutz der Kunden, der Mitarbeiter und der Institute selbst, wenn Compliance als Teil des gesamten Geschäftsmodells begriffen werde. Burghof beobachtet die Entwicklung kritisch: Es geht für die Banken nicht nur darum, rechtskonform zu handeln. Sie müssen auch Hochrisikogeschäfte ausschließen, erklärt er. Das kann dazu führen, dass die Finanzinstitute mit bestimmten Kundengruppen keine Geschäfte mehr machen und ihnen keinen Zahlungsverkehr ermöglichen. Das laufe auf eine Diskriminierung von Bürgern einiger Staaten hinaus. Mit dem wohlfeilen Argument der Terrorabwehr lässt sich so etwas natürlich rechtfertigen. So eine Begründung überprüft aber kein Gericht. Von den Auswirkungen der neuen Regularien weiß auch Schorn zu berichten: Die deutsche Umsetzung einer EU-Richtlinie im Bereich des Immobilienkredits ist zum Beispiel für Senioren ein Problem. Bisher war es für Rentner relativ einfach, einen Kredit aufzunehmen, wenn sie ein Haus besaßen. Nach der neuen Richtlinie ist dies kaum mehr möglich. Es gebe aber Anzeichen für ein staatliches Einlenken. Auch bei der Kreditvergabe machen strikte Regeln Probleme. Die Hälfte der Start-ups mit externem Finanzierungsbedarf kommen zu den Sparkassen vor Ort, berichtet Schorn. Doch führen die Regulierungen dazu, dass Kredite, die vor einem Jahr noch bewilligt wurden, heute nicht mehr vergeben werden oder deutlich teurer ausfallen. Burghof ist sich sicher, dass mehr Compliance die Finanzkrise allein nicht verhindert hätte: Es gab im Zuge dieser Krise kaum gerichtliche Verurteilungen. Die Mitarbeiter der Banken haben damals also kaum Gesetze gebrochen. Rechtsnormen allein hätten wahrscheinlich die Katastrophe auch nicht verhindert. Hinter den Compliance-Regeln erkennt Burghof den Wunsch nach Risikominimierung und Perfektion. Doch dieser Wunsch führt nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu einer noch unvollkommeneren Welt. Denn dunkle Geschäfte verschwinden nicht einfach, sondern sie verlagern sich ins Internet oder in andere Staaten auf jeden Fall in Bereiche, die sich nicht so leicht kontrollieren lassen wie Banken in rechtsstaatlichen Demokratien. as IMPRESSUM Redaktion: Produktion: Titelfoto: Anzeigen: Anzeigenverkaufsleitung: Druck: KREDIT AUFSICHT RISIKO BEHÖRDE GLOBALISIERUNG IMMOBILIE REGULARIEN STZW Sonderthemen I. Dalcolmo. M. Vogel STZW-Sonderthemen Fotolia Stuttgarter Zeitung Werbevermarktung GmbH Telefon / Telefax / svanzeigen@stzw.zgs.de Tanja Dehner Telefon / Pressehaus Stuttgart Druck GmbH Compliance Conference STUTTGART 2. Compliance Conference Stuttgart Der Informationskongress für Unternehmen aus dem Mittelstand 30. März 2017 Haus der Wirtschaft, Stuttgart von 8.30 bis Uhr Die Referenten Dr. Susanne Jochheim BRP Renaud und Partner mbb Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater Der richtige Umgang mit dem Einsatz von Vermittlungsagenten Dr. Alexander Schork BRP Renaud und Partner mbb Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater Ausdehnung der Strafbarkeit wegen Korruption in der Privatwirtschaft Dr. Thomas Trölitzsch OPPENLÄNDER Rechtsanwälte Reichweite von Compliance-Pflichten der Geschäftsleitung und Corporate Social Responsibility. Dr. Katharina Köbler OPPENLÄNDER Rechtsanwälte Dr. Florian Schmidt-Volkmar OPPENLÄNDER Rechtsanwälte Veränderte Branchenregelungen Auswirkungen auf bestehende Compliance-Strukturen Mirco Vedder Ebner Stolz Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Vom Vorfall zum Standard: Aufklärung von Compliance Vorfällen und notwendige Anpassungen des Compliance Management Systems Christian Parsow Ebner Stolz Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Compliance in der Praxis: Organisatorische und technische Maßnahmen zur Sicherstellung von Compliance Vorgaben Moderation Key Note Speaker Die Compliance Conference ist eine ganztägige Veranstaltung und richtet sich an Entscheider (Vorstände, Geschäftsführer, Bereichsleiter) sowie an Fach- und Führungskräfte mittel ständischer Unternehmen. Unabhängig von der Unternehmensgröße und der Mitarbeiterzahl, spielt das Thema Compliance in der heutigen Zeit eine nicht zu unterschätzende Rolle. Informieren Sie sich bei der 2. Compliance Conference über Chancen und Risiken beim Einbinden von Compliance in Ihren Arbeitsalltag und profitieren Sie von den Fachvorträgen renommierter Experten. Schwerpunktthema: Wie weit reicht die Compliance-Verantwortung? Risiken, Haftung und Organisation für den Mittelstand. Jetzt Teilnahme sichern! 1 Person 349, zzgl. MwSt. 2 Personen* 599, zzgl. MwSt. 3 Personen* 849, zzgl. MwSt. *aus jeweils einem Unternehmen Anmeldung und Informationen unter: Telefon Fax service@ticket.zgs.de Unsere Partner: Dr. Jürgen Bürkle Leiter Recht & Compliance Stuttgarter Lebensversicherung a. G. Unsere Aussteller: Marc Blumenauer Legal Counsel MANN+HUMMEL International GmbH & Co. KG Ganztägige Veranstaltung inkl. Verpflegung (Essen und Tagungsgetränke) Renommierte Experten als Referenten Zugeschnitten auf die Anforderungen und Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen Keynote Speaker mit großer Praxisnähe Eine Veranstaltung der Stuttgarter Zeitung Werbevermarktung GmbH, Plieninger Straße 150, Stuttgart

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