Entwicklung eines Artenkatasters für die Freie und Hansestadt Hamburg
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1 EnviroInfo 2010 (Cologne/Bonn) Integration of Environmental Information in Europe Entwicklung eines Artenkatasters für die Freie und Hansestadt Hamburg Mathias Bock, Reiner Glowinski, Susanne Voß Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Stadthausbrücke 8, D Hamburg Abstract Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in Hamburg ist für die Erhebung, Speicherung und Auswertung von Artendaten für Hamburg zuständig. Sie stellt diese Daten bzw. Auswertungen dazu im Rahmen von Berichtspflichten gegenüber der EU oder auf Bundesebene zur Verfügung (z. B. FFH-Richtlinie der EU, Rote Listen). Artendaten werden aber auch als Indikatoren für Veränderungen im urbanen Raum verwendet. Im Rahmen eines Softwareentwicklungsprojektes sollen alle derzeit vorliegenden Artendaten in Hamburg in einer zentralen Datenbank in einem abgestimmten Datenmodell (Artenkataster Hamburg) zusammengeführt und für Auswertungen und Analysen zugänglich gemacht werden. Neu erhobene Artendaten sollen zukünftig nur noch im Artenkataster gespeichert werden. Die Bereitstellung für derzeit bestehende Berichtspflichten und zukünftige z. B. im Rahmen von INSPIRE hinzukommende erfolgt zukünftig zentral aus einem konsistenten Datenbestand. Das Artenkataster integriert sich in die Geodateninfrastruktur Hamburg auf der Basis von OGC- konformen Diensten, über eine OGC-Schnittstelle im EGovernment-Gateway der Freien und Hansestadt Hamburg können diese Daten auch direkt im Internet bereitgestellt werden. Eine Eingabe von neuen Daten über eine Web- Erfassungskomponente ist ebenfalls vorgesehen. 1. Einleitung Informationen über die räumliche Verbreitung und die Populationsdynamik einheimischer Tierarten und der darauf aufbauende Schutz von gefährdeten Arten gewinnt als wichtige Kernaufgabe des Naturschutzes gerade in einem dichtbesiedelten Stadtstaat wie der Freien und Hansestadt Hamburg zunehmend an Bedeutung. Eine ausreichende Datengrundlage stellt eine wichtige Voraussetzung für die fachgerechte Beurteilung der Auswirkungen flächenbezogener Planungen sowie für die Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels auf Hamburg dar. Tierarten können dabei als Indikatoren für Veränderungen im urbanen Raum eine wichtige Rolle übernehmen. Darüber hinaus wird im Rahmen der Umsetzung der INSPIRE-RL der EU die Bereitstellung von Daten und Diensten zur Verteilung von Arten gefordert (s. ANNEX III, Thema 19: Geografische Verteilung des Auftretens von Tier- und Pflanzenarten, zusammengefasst in Gittern, Region, Verwaltungseinheit oder sonstigen analytischen Einheiten. ). Diese wachsenden Anforderungen an Erhebung und das Management von Artendaten machen den Aufbau eines zentralen Artenkatasters für Hamburg erforderlich, in dem nach verschiedenen Fragestellungen auswertbare georeferenzierte Daten zu ausgewählten Artengruppen vorgehalten, fortgeschrieben und ausgewertet werden können. 2. Ausgangslage In der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU), Amt für Natur- und Ressourcenschutz, werden Teildatenbestände zu Tierarten seit längerem geführt und ständig ergänzt. Diese Datenbe- 701
2 stände weisen unterschiedliche Strukturierungen und Formate auf und wurden daher bisher nur unvollständig für eine effiziente Verarbeitung und übergreifende Auswertung erschlossen. Neue Daten werden durch eigenes Personal erhoben oder fallen im Rahmen von Kartierungsaufträgen an externe Auftragnehmer an. Auch von diversen anderen Stellen in verschiedenen Hamburger Behörden werden Arten- relevante Daten erhoben und liegen derzeit in unterschiedlichen Datensammlungen vor, die einen Zugriff nur bedingt erlauben. Die Beantwortung von Anfragen zu Arten- Daten sind daher sehr zeitaufwendig, spezifische Auswertungen binden erhebliche Personalressourcen in der Behörde, auch eine Bereitstellung gemäß den Anforderungen der INSPIRE-RL ist derzeit nicht möglich. 3. Technische Rahmenbedingungen In der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt wird im Rahmen des Hamburger Umweltinformationssystem (UIS HH) seit mehreren Jahren eine Infrastruktur für die Speicherung, Bearbeitung und Visualisierung von Fachdaten mit Geobezug betrieben und kontinuierlich erweitert. Diese Infrastruktur dient als Grundlage für die Entwicklung von geobezogenen Fachinformationssystemen und die Integration von unterschiedlichen Fachkomponenten (s. Abb. 1). Datenhaltungs- und Dienste-Infrastruktur Internet EGovernment- Gateway Hamburg OGC- Schnittstelle PC-Arbeitplätze im Intranet Intranet WMS/ WFS- Dienste Browserclient ArcGIS- Arbeitplätze in der Behörde WebMap-Server: Deegree WebMap-Server: ArcIMS Zentrale Geodatenbank ArcSDE/Oracle Abbildung 1: Datenhaltungs- und Dienste- Infrastruktur der Behörde 702
3 Im Einzelnen werden in der Behörde als Teil des UIS HH eingesetzt: eine zentrale Geodatenbank auf der Basis von ArcSDE (ESRI) und Oracle, ein WebMap-Server auf der Basis von ArcIMS (ESRI) und ein OGC 1 -konformer WebMap-Server auf der Basis von Deegree (Lat/Lon). Eingebunden sind diese Datenhaltungs- und MapServer- Komponenten des UIS HH darüber hinaus in die im Aufbau befindliche Geodateninfrastruktur Hamburg (GDI-HH) 2, die den Rahmen für die Verknüpfung von geobezogenen Informationssystemen in der Hamburger Verwaltung bildet und die zukünftig auch die aus der Umsetzung der INSPIRE-RL resultierenden fachübergreifenden Anforderungen bedient. Für die Bereitstellung von Diensten für die Öffentlichkeit stellt die GDI-HH eine OGC- konforme Schnittstelle für Geodatendienste als Verbindung zwischen Intranet und Internet zur Verfügung. Unterstützt werden z. Zt. WMS- und WFS-Dienste, über die aktuelle Fachdaten im Internet dargestellt oder auch runtergeladen werden können. 3.1 Softwareprojekt Artenkataster Zielsetzung Für die Entwicklung des Artenkatasters wurden ausgehend von den identifizierten Defiziten in der aktuellen Datenhaltung und unter Berücksichtigung vorhandener bzw. derzeit erkennbarer Anforderungen folgende zentrale Ziele definiert: Zusammenführung aller artenbezogener Datenbestände der Hamburger Behörden in einem zentralen Artenkataster. Entwicklung eines umfassenden Datenmodells, ausgehend von den vorhandenen Datenbeständen in den Behörden und unter Berücksichtigung schon bestehender oder erkennbarer Anforderungen. Speicherung aller neu erhobenen Artendaten zukünftig nur noch im zentralen Artenkataster. Auswertungen, Aggregationen und Bewertungen sollen zukünftig nur auf der Datengrundlage des zentralen Artenkatasters erfolgen, d. h. das Artenkataster ist die einzige Informationsquelle für Artendaten in der Hamburger Verwaltung. Für die Nutzer im Hamburger Intranet aber auch im Internet soll ein Zugriff auf die aktuellen Artendaten geschaffen werden, der Zugang wird über OGC-Dienste hergestellt. Die Entwicklung soll auf der vorhandenen Dienste- Infrastruktur des UIS HH der BSU und der GDI-HH aufsetzen. Durch die Schaffung eines zentralen Datenbestandes für alle Artendaten in Hamburg und die Einbindung in der GDI-HH werden gleichzeitig die Grundlagen für die Umsetzung der INSPIRE- Anforderungen geschaffen Fachkonzept Als Grundlage für die Erstellung der Anwendung wurde in der Behörde im Rahmen einer Projektgruppe ein Fachkonzept zur Realisierung des Artenkatasters Hamburg entwickelt. In diesem Fachkonzept wurden u. a. definiert: Fachlich relevante Daten: Die zu berücksichtigenden Artengruppen mit den dafür erforderlichen Datenfeldern wurden festgelegt und die einzubindenden Referenztabellen identifiziert (s. Abb. 2). Zusätzlich wurden auf der Basis der derzeit bestehenden Reporting- Anforderungen 1 Open Geospatial Consortium 2 Federführung: Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung Hamburg 703
4 des Bundes bzw. der EU ergänzende Datenfelder festgelegt und, soweit verfügbar, auf konkret schon vorliegende Strukturierungen bestehender Datenabforderungen (z. B. FFH, Vogelschutz- RL, RL-Arten) zurückgegriffen. Diese Vorgaben bilden die Grundlage für die Entwicklung eines Datenmodells, in dem auch zukünftig Anforderungen z. B. durch INSPIRE berücksichtigt werden können. Anwendungsfälle: Die Anwendungsfälle, die durch das Artenkataster abgedeckt werden sollen, wurden definiert und strukturiert beschrieben. Neben der Bearbeitung und Information für Nutzer im Intranet ist auch über eine Web- Erfassungskomponente die direkte Eingabe durch Nutzer im Internet (z. B. Kartierer) und die informelle Bereitstellung der aktuellen Artendaten für einen breiteren Nutzerkreis vorgesehen. Speziell für die derzeit schon existierenden übergeordneten fachlichen Anforderungen und die z. B. durch die INSPIRE-RL hinzukommenden Anforderungen soll das Artenkataster über OGC- konforme Dienste erreichbar sein. Technische Rahmenbedingungen: Basis für die zu entwickelnde Anwendung sind die beschriebenen Rahmenbedingungen aus der GDI-HH und den Entwicklungsleitlinien der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (s. o.). Datendefinition Eingabetabellen Referenztabellen Kopfdaten Artenspezifische Daten Libellen Insekten Tagfalter Arten Vögel Nachtfalter Kartierer Fische Mollusken Amphibien Heuschrecken Käfer Projekt Fundort Säugetiere Fledermäuse Reptilien Abbildung 2: Überblick zum Inhalt des Artenkatasters Auf Basis des entwickelten Fachkonzeptes erfolgte im Sommer 2009 nach Ausschreibung die Vergabe des Auftrages an die Firma TRIGA IT-Solutions Datenmodell Das für das Artenkataster entwickelte Datenmodell enthält in seinem Kern die Informationen zu Beobachtungen und Fundorten von Arten verknüpft mit den Beobachtern, die diese Arten gemeldet haben, und den Projekten, in deren Rahmen die jeweiligen Artenerfassungen stattfanden. Ergänzend werden die im Fachkonzept beschriebenen Reporting-Anforderungen abgebildet, um die Möglichkeit zu schaffen, zukünftig die erforderlichen Auswertungen und Aggregationen möglichst direkt aus dem Artenkataster heraus abzuleiten und im Rahmen von Berichtspflichten bereitstellen zu können. 704
5 3.1.4 Stand der Realisierung Die Entwicklung des Datenmodells ist inzwischen weitgehend abgeschlossen, z. Zt. werden die Benutzerschnittstellen abgestimmt und detailliert erstellt. Mit dem Abschluss des Projektes wird im Sommer 2010 gerechnet. Die Internet- basierte Erfassungskomponente ist fertiggestellt und wird für Dateneingaben über das Internet schon genutzt. Sie soll in einem nächsten Schritt über Dienste direkt an das Artenkataster angebunden werden und somit die Eingabe und Pflege von Artendaten für definierte Benutzergruppen im Internet ermöglichen. Abbildung 3: Web- Erfassungskomponente des Artenkatasters 3.2 Ausblick Mit Fertigstellung des Artenkatasters steht eine zentrale Plattform für eine konsistente und zentrale Datenhaltung von Artendaten in Hamburg zur Verfügung. Diese ist flexibel über standardisierte Dienste erreichbar und kann mit anderen Anwendungen im Intranet und Internet über die vorhandenen Schnittstellen verbunden werden. Zusätzliche Anforderungen an Datenbereitstellungen und Auswertungen wie sie z. B. in den nächsten Jahren im Rahmen von INSPIRE zu erwarten sind sollen möglichst direkt oder über Erweiterungen abgedeckt werden. 705
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