Vor 150 Jahren wurde die Strecke Plochingen Reutlingen eröffnet heute Teil der Neckar-Alb-Bahn

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1 Unter Dampf Vor 150 Jahren wurde die Strecke Plochingen Reutlingen eröffnet heute Teil der Neckar-Alb-Bahn Von Wolfgang Alber Der Reutlinger Eisenbahnpionier Friedrich List träumte schon 1841 von einem umfassenden deutschen Eisenbahnsystem. Am 20. September 1859 wurde Reutlingen dann tatsächlich ans Netz der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen angeschlossen. Die Eröffnung des ersten Abschnitts der damaligen Oberen Neckarbahn stellte die Weichen für die heutige Neckar-Alb-Bahn. Reutlinger all! herbei, heran!/ Eröffnet ist die Eisenbahn,/Das Dampfroß hört man brausen, ( ) Dort auf dem Bahnhof draußen. So überschwänglich begrüßte Chronist Carl Bames den ersten Zug auf dem neuen Hauptbahnhof. Die Reutlinger hatten die Eisenbahn Die Aufnahme von 1892 dokumentiert die Arbeiten am zweigleisigen Ausbau der Strecke im Neckartal.

2 Die Neckar-Alb-Bahn Bad Cannstatt Stuttgart Esslingen Plochingen Leinfelden Echterdingen Waldenbuch Schönbuch Filderstadt Neckar A81 Wernau Wendlingen Nürtingen Kirchentellinsfurt Metzingen Gesamtansicht Reutlingens um In der Mitte der neu erbaute Bahnhof mit einem aus Plochingen kommenden Zug. Tübingen Reutlingen Freizeittipp auf naldoklick und preiswert mit dem Tagesticket! naherlebnis naldoland sehnlichst erwartet, bis dahin war die drittgrößte Stadt des Königreichs Württemberg nur durch Pferdekutschen mit der Landeshauptstadt verbunden, die Fahrt dauerte bis zu drei Stunden. Zuvor aber war den Politikern und den Planern um Eisenbahnkommissar Karl Etzel die Anbindung des neuen Landesteils Oberschwaben wichtiger als der Bahnbau im geographisch schwierigen Neckartal. So wurde zunächst die 1845 gebaute Zentralbahn von Cannstatt über Unter-/Obertürkheim bis Esslingen und Plochingen fortgeführt, daneben ging es mit der Nordbahn zwischen Cannstatt und Ludwigsburg bis Bietigheim und Heilbronn sowie mit der Südbahn über Ravensburg nach Friedrichshafen weiter. Neben geopolitischen Gründen war der verspätete Anschluss Reutlingens auf die politische Aufmüpfigkeit 1848/49 zurückzuführen. Bei der Demokratenversammlung an Pfingsten 1849 demonstrierten Menschen. Und als ein württembergisches Bataillon nach Niederschlagung der badischen Revolution durch Reutlingen kam und ein Offizier die Einwohner als so rothe Luder, wie die Badenser beschimpfte, verprügelte die erregte Menge die Soldateska auf dem Markt. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten, die demokratischen Wortführer wurden wie zuvor der Bürokratiekritiker List auf dem Hohenasperg eingesperrt oder des Landes verwiesen. König Wilhelm I. war not amused, 1856 beschied er bei einer Audienz einer Reutlinger Delegation: Wenn den Städten Reutlingen, Tübingen und so weiter zugemutet werde, sie sollten noch länger Geduld haben, so werde dies nicht zuviel verlangt sein, wenn man bedenke, wie viel Geduld die Regierung mit diesen Städten in den Jahren 1848 und 1849 habe haben müssen. Es folgte eine Phase bürgerschaftlicher Petitionen und politischer Diskussionen. 1857/58 endlich wurde das Gesetz 10 Schönes Schwaben 9/09

3 verabschiedet, das die Strecke Plochingen Reutlingen mit der Weiterführung Horb-Rottweil umfasste. Beim Bau des ersten Abschnitts gab es geologische Probleme im Neckartal, teilweise mussten Dammaufschüttungen erneuert werden. Am 20. September 1859 aber war es soweit, das erste Dampfross rollte in Reutlingen ein. Die Bewohner, so ein Chronist, sahen erstaunt und freudig, welch ungemein große Errungenschaft ihnen zuteil geworden ist. Und welch ein demokratisches Transportmittel, auch wenn es mehrere Wagenklassen gab. Prompt klagte ein hochnäsiger Leipziger Student, dass es die Schwäbische Eisenbahn jedem Bauernweib oder Schweinetreiber ermögliche, auf ihr zu fahren. Die Bahn war der Anschub für den wirtschaftlichen Aufschwung Reutlingens. Auf dem neuen Transportweg ließ sich Kohle beschaffen, mit der sich vermehrt Dampfmaschinen betreiben ließen. Die Industrie war wegen fehlender Rohstoffe auf Veredelung spezialisiert, nun konnte sie Rohstoffe aus weiter Ferne herbeischaffen: Baumwolle aus den USA und Ägypten, Häute und Gerbstoffe aus Südamerika und Indien. Und sie konnte ihre Waren in alle Welt vertreiben, 89 Prozent der Erzeugnisse wurden außerhalb Württembergs abgesetzt die Region war schon damals Exportweltmeister. End- und Ausgangspunkt der Neckar-Alb-Bahn: der Stuttgarter Hauptbahnhof Foto: Rainer Fieselmann Der Zug der Zeit bahnte sich weiter seinen Weg war die Strecke Tübingen (dort später mit Knotenpunkt zur Hohenzollerischen Landesbahn ) Rottenburg fertig folgte die Fortsetzung Horb-Rottweil wurde Villingen, 1870 Immendingen erreicht. Zur Erschließung des Hinterlandes samt Überquerung der Alb wurden Nebenbahnen und Zubringerlinien eingerichtet. So 1892/93 die Strecke von Reutlingen durchs Echaztal und mit der Zahnradbahn von Honau hinauf nach Lichtenstein. Damals eine technische Sensation, auf einem nur 2,15 Kilometer langen Abschnitt wurde ein Höhenunterschied von 179 Meter überwunden. Mit der 1901 folgenden Strecke Münsingen Schelklingen und der Nebenlinie Kleinengstingen-Gammertingen war der Weg frei nach Ulm und Sig- Raus aus dem Alltag rein ins Erlebnis. Mit dem Baden-Württemberg-Ticket für nur 28 Euro unterwegs mit der Neckar-Alb-Bahn. Bis zu 5 Personen. 1 Tag. 1 Ticket. Mit uns zu den schönsten Ausflugszielen Baden-Württembergs. Mehr Informationen und Reisetipps unter Wir fahren für: Die Bahn macht mobil. Alle Preise am DB Automaten, für nur 2 Euro mehr mit persönlicher Beratung an allen DB Verkaufsstellen. Schönes Schwaben 9/09 11

4 tübingen einfach tüpisch Schwäbischer Haus- und Heimatkalender 2010 Oertel+Spörer Schwäbischer Haus- und Heimatkalender 2010 Kalendarium mit lesenswerten Geschichten von der Alb; inklusive Mondkalender mit Tipps für Garten, Haushalt und Gesundheit. 128 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 14,8 x 21 cm, broschiert, 9,95 ISBN Oertel+Spörer der Buchverlag in der Region Neckar-Alb Telefon / Telefax / Tübingen mittendrin! Auskünfte Führungen Hotelreservierungen Pauschalen Souvenirs Stocherkahnfahrten Tickets und Karten u.v. a.m. Verkehrsverein Tübingen Tourist & Ticket-Center An der Neckarbrücke Tübingen Tel. ( ) Fax (07071) mail@tuebingen-info.de maringen. Das Netz im Tal wurde mit Neben- oder Stichbahnen arrondiert: 1864 mit der Teckbahn Wendlingen Kirchheim Oberlenningen, 1873 mit der Ermstalbahn Metzingen Urach, um die Jahrhundertwende mit der Tälesbahn Nürtingen Neuffen, der Zweigstrecke Kirchheim Weilheim, Querverbindungen wie der Ammertalbahn von Tübingen-Herrenberg, so liebenswerten, teilweise als Privatbahnen betriebenen Linien wie der Someschell von Reutlingen ins Samenhändlerdorf Gönningen. Wenn Besucher heute auf der zweigleisigen, vollständig elektrifizierten Neckar-Alb- Bahn zwischen Tübingen und Stuttgart fahren, fällt ihnen als Erstes die Melodie alemannischer Ortsnamensendungen auf: Esslingen, Plochingen, Wendlingen, Nürtingen, Metzingen, Reutlingen, Tübingen. Die Strecke bietet, außer dem für den Bahnbau in Württemberg entscheidenden Rosensteintunnel Karl Etzels zwischen Stuttgart und Bad Cannstatt, kaum spektakuläre Bauwerke, dafür aber noch zwei von Schrankenwärtern handbediente Bahnübergänge in Oberboihingen. Der Streckenverlauf gleicht einer Zeitreise. Vom industrialisierten Ballungsraum mit der modernen Silhouette der Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart und der riesigen Daimler- Fabrikation in Untertürkheim geht es an alten Weinbergen vorbei. Bei Rotenberg steht droben auf dem Württemberg die Grabkapelle der Königin Katharina. In Esslingen grüßt die nahezu unzerstörte Altstadt, hier haben auch Deutschlands älteste Sektkellerei Kessler und der Essigproduzent Hengstenberg ihren Sitz. In Plochingen setzt das Hundertwasserhaus bunte Akzente. In Nürtingen, wo Friedrich Hölderlin Kindheit und Jugend verbrachte, ist die das Stadtbild Es gibt noch zwei Schrankenwärter überragende Laurentiuskirche ein Blickfang. Hinter Nürtingen verlässt die Trasse den Neckar, nähert sich in einem großen Bogen den Ausläufern der Alb. Für die Bahnreisenden wird die Ruine des Hohenneuffen sichtbar, an deren Fuß der Täleswein wächst, die Heimstatt des Minnesängers Gottfried, Landesfestung, Ort der Grundsteinlegung des Landes Baden-Württemberg war. Bei Metzingen, mit über drei Millionen Outlet-Besuchern das Mekka der Schnäppchenjäger, ragen die Vorberge der Alb wie riesige Schildwachen auf. Bei Reutlingen zeugt der kegelförmige Hausberg Achalm eindrucksvoll von der einstigen Ausdehnung des Gebirges. Dann kehrt die Bahn ins Neckartal zurück, und die Tübinger Neckarfront setzt einen weiteren markanten Akzent. Lange war die Schiene das wichtigste Massenbeförderungsmittel. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dessen Folge der Reutlinger Bahnhof durch Bombenabwürfe und Tieffliegerbeschuss beschädigt wurde, trat das Auto seinen Siegeszug an. Zwei Drittel der Berufstätigen fahren damit zur Arbeit, entsprechend wurden Bahnstrecken stillgelegt, etwa die Ermstal- und Ammerbahn. Auch der Güterverkehr auf der Neckar-Alb-Bahn wurde immer weiter eingeschränkt. Aber mit dem zunehmenden und steigende ökologische Kosten erzeugenden Straßenverkehr setzt langsam ein Umdenken ein. So nahm 1999 ein kommunaler Zweckverband die 1909 gebaute und 1973 von der Deutschen Bundesbahn aufgegebene Ammertalbahn wieder in Betrieb. Innerhalb von zehn Jahren stieg das tägliche Fahrgastaufkommen von 5000 auf fast 8000 Kunden. Ein ähnliches Erfolgsmodell ist die 1999 erneut aufs Gleis gesetzte, von einer Aktiengesellschaft unterhaltene und gleichfalls in den Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau (Naldo) integrierte Ermstalbahn mit täglich 12 Schönes Schwaben 9/09

5 rund 2500 Fahrgästen. Vertaktet mit dem Busverkehr auf der Hochfläche und auf der Schiene durchgeschleift bis Herrenberg, bringt sie auch neue Lebensqualität in den ländlichen Raum. Die Stadt Reutlingen bemüht sich, ihren von der Deutschen Bahn aufgegebenen Güterbahnhof als Verknüpfungspunkt zwischen Straße und Schiene zu erhalten. Und die Freunde der Zahnradbahn Honau- Lichtenstein werkeln unverdrossen an einer Lokomotive, die irgendwann wieder bergauf dampfen soll. Die Neckar-Alb-Bahn zwischen Stuttgart und Tübingen gehört zu den aufkommensstärksten Strecken Deutschlands. Auf 71 Kilometern mit 18 Haltestellen verkehren täglich 130 Nahverkehrszüge. Neben der Regional-Bahn, die stündlich unterwegs ist, dem Regional-Express, der in der Hauptverkehrszeit halbstündlich verkehrt, fährt der Inter- Regio-Express zweistündlich mit nur einem Halt in Reutlingen. Zudem gibt es in Plochingen eine Umsteigemöglichkeit auf die Stuttgarter S-Bahn. Im Dezember dieses Jahres werden Tübingen, Reutlingen und Nürtingen testweise morgens und abends mit Bahnverkehr mit Blick auf die Achalm dem Intercity direkt mit Düsseldorf und damit auch mit Berlin verknüpft. Und vom Projekt Stuttgart 21 erhofft sich die Region eine Anbindung an die vorgesehene Hochgeschwindigkeitsstrecke Stuttgart Ulm und damit weiter verkürzte Reisezeiten. Foto: Rainer Fieselmann Manche Politiker und Verkehrsplaner träumen schließlich von der Regionalstadtbahn Neckar-Alb sowie einem S-Bahn-Anschluss zum Stuttgarter Flughafen. Die Stadtbahn ist nach einer Machbarkeitsstudie inzwischen keine Utopie mehr, sondern vor allem eine Frage der Finanzierung. Aber das war schon zu Friedrich Lists Zeiten so. Und so steht das Denkmal des Reutlinger Eisenbahnpioniers vor dem Hauptbahnhof seiner Heimatstadt auch symbolisch dafür, dass sich bahnbrechende Ideen bisweilen erst über Umwege durchsetzen. Stand Juli 2009 Änderungen vorbehalten Karten, Prospekte Herbstliche Musiktage Bad Urach Stiftung des Bürgerlichen Rechts Hermann-Prey-Platz Bad Urach Telefon Fax info@herbstliche-musiktage.de Herbstliche Musiktage Bad Urach Oktober Licht und Nacht Händel, Haydn und Mendelssohn- Bartholdy Zum Jubiläum der Neckar- Alb-Bahn plant die Deutsche Bahn Feierlichkeiten zusammen mit den Anrainerkommunen. Die Stadt Reutlingen veranstaltet am 18. September ein landeskundliches Symposium zur frühen regionalen Eisenbahngeschichte, Motto Die Welt bewegt sich (Friedrich List). Am 20. September dampft beim großen Bahnhofsfest auch der nach historischem Vorbild zusammengestellte Württemberger Zug. Schließlich zeigt das Heimatmuseum Reutlingen vom 25. Juli bis 4. Oktober eine Ausstellung zum Eisenbahnbau vor 150 Jahren. Schönes Schwaben 9/09 13