LYMPHÖDEME PODOLOGIE EKZEME EXPERTENRAT DAS PATIENTENMAGAZIN DES VEREINS LYMPHOLOGICUM

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1 05 01/2011 DAS PATIENTENMAGAZIN DES VEREINS LYMPHOLOGICUM LYMPHÖDEME Systematische Pflege, Kompression und Entspannung lindern Beeinträchtigungen Seite 12 PODOLOGIE Medizinische Fußpflege verhindert zum Teil schwere Folgeerkrankungen Seite 18 EKZEME Ekzeme lassen sich mit Salbentherapie, Lymphdrainage und Kompression bekämpfen Seite 21 EXPERTENRAT Sie stellen Fragen Experten antworten Seite 26

2 STECKBRIEF EDITORIAL 05 LYMPHOLIFE LYMPHOLIFE Viele von ihnen haben keine richtige Diagnose und höchstens ein Viertel hat Zugang zu den richtigen Therapien. Im Klartext: Kaum ein Patient erhält die Behandlungen im erforderlichen Ausmaß und mit dem nötigen fachspezifischen Wissen. Aus diesem Grund haben sich engagierte Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten, Pflegende, Sanitätshäuser, Praxen und Kliniken im April 2009 zum gemeinnützigen Verein LYMPHOLOGICUM Deutsches Netzwerk Lymphologie e.v. zusammengeschlossen. Wir möchten etwas verändern. Wir nehmen nicht hin, dass die Lymphologie ein Stiefkind der Medizin ist. Das LYMPHOLOGICUM sorgt dafür, dass Fachwissen ankommt, wo es gebraucht wird: bei Ihnen als Patient! Als Berufstätige im Gesundheitswesen kennen wir die Stolpersteine: Sektorengrenzen, Behandlungsabbrüche, Egoismen zwischen Berufsgruppen, Verordnungsvorschriften, Regressrisiken, demotivierte Patienten deswegen gibt es das LYMPHOLOGICUM. Die Form des Netzwerks haben wir gewählt, weil die Behandlung lymphologischer Erkrankungen fast immer komplexe Therapien verschiedener Leistungserbringer erfordert. Die gute Zusammenarbeit zwischen den Fachdisziplinen ist unerlässlich. Unsere Mitglieder arbeiten daran, einheitliche Behandlungsstandards einer an Leitlinien orientierten Medizin, Versorgungsforschungsprojekte zugunsten der Patienten sowie innovative Qualitätssicherung für Diagnostik, Therapie und die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln im Sanitätshaus auf den Weg zu bringen. Die durch Vernetzung erzielten Effizienzsteigerungen sollen wissenschaftlich begleitet für Patienten, Kostenträger und Öffentlichkeit sicht- und bewertbar gemacht werden. Unser Ziel ist eine nachhaltige Versorgung von Patientinnen und Patienten mit den Diagnosen primäres Lymphödem, sekundäres Lymphödem, Lip-Lymphödem sowie Phleb- Lymphödem. Wir laden alle ein, ihre Fachkompetenz im LYMPHOLOGICUM einzubringen! Unsere Geschäftsstelle in Hofheim am Taunus ist jederzeit für Fragen und Anregungen erreichbar. LYMPHOLOGICUM Deutsches Netzwerk Lymphologie e.v. Nordring 29, Hofheim am Taunus Telefon: , Fax: Neue Heilmittelrichtlinien: Hier heißt es aufgepasst! In der lymphologischen Fachwelt sorgt ein Passus der neuen Heilmittelrichtlinien für Aufruhr, der sich im Heilmittelkatalog 2010 unter dem Punkt Verordnungsmengen bei Massagetechniken findet. Dort heißt es, dass Massagetechniken auch außerhalb des Regelfalls nicht über die Gesamtverordnungsmenge im Regelfall hinaus verordnet werden dürfen. Dies würde bei Inkrafttreten die Manuelle Lymphdrainage betreffen. Die Manuelle Lymphdrainage fällt unter den Punkt 17 A 1 Massagetherapie nach den Heilmittelrichtlinien (Stand: 2005). Streng genommen würde eine Änderung der Heilmittelrichtlinien heißen: Bei Manueller Lymphdrainage wäre die Gesamtverordnungsmenge im Regelfall auch außerhalb des Regelfalls nicht mehr möglich. Im Gespräch mit mehreren Krankenkassen (AOK Niedersachsen, DAK) und Berufsverbänden (VPT, VDB) wurde bereits bestätigt, dass dieser Passus missverständlich formuliert wurde. Mit der Bitte um Änderung wurde dies bereits an die Arbeitsgruppe im Gemeinsamen Bundesausschuss weitergeleitet. Ziel: Der Passus sollte weiter so formuliert sein, dass eine kontinuierliche Verordnung der Manuellen Lymphdrainage auch außerhalb des Regelfalls erfolgen kann. Hier wird der Tatsache Rechnung getragen, dass es sich bei der lymphologischen Therapie zumeist um eine Langzeittherapie handelt.

3 10 PATIENTENTAGEBUCH LYMPHOLIFE 05 Aussitzen lohnt sich nicht, aber Konsequenz während der Bandagierung ist gefragt Thomas N. aus L. ist 39 Jahre alt und selbstständiger Einzelhandelskaufmann. Er hat ein primäres Lymphödem an beiden Beinen. Kerstin Waldvogel-Röcker stellt für LymphoLIFE seine Patientengeschichte als Beispiel vor, welche Erfolge bei richtiger Behandlung möglich sind. Seit wann haben Sie das Ödem? Seit Zuvor habe ich festgestellt, dass meine Beine immer dicker werden. Ich habe mir aber anfangs kaum Gedanken gemacht nach dem Motto Kommt von alleine, geht von alleine. Die dicken Beine habe ich als gegeben angenommen und sie weitestgehend ignoriert. Wie kam es zur Diagnose? Im Jahr 2005 war ich bei einem Arzt, weil ich mir dann doch Gedanken gemacht habe, dass die Beine so dick sind. Dieser hat mich in eine Maschine gesteckt, in der die Beine in einer Art Stulpen stecken und die eine Pumpbewegung durchführt (Anm. der Red.: eine apparative Entstauungstherapie). Dann hat er mir Kompressionsstrümpfe verschrieben, die fürchterlich einschnitten und schmerzten. Irgendwann habe ich sie deshalb nicht mehr getragen. Inzwischen weiß ich, dass das Rundstrickstrümpfe waren, die für mich völlig falsch sind. Auch zur Behandlung in dieser Entstauungsmaschine bin ich nicht mehr hingegangen, da das nichts brachte. Erst durch einen Kunden mit einem ähnlichen Problem hörte ich von einem spezialisierten Arzt. Der Kunde hat mich auch davon überzeugt, dass ich die dicken Beine nicht hinnehme wie sie sind, sondern etwas dagegen tun soll. Der neue Arzt stellte die Diagnose Primäres Lymphödem und empfahl mir eine physiotherapeutische Praxis 20 Kilometer entfernt. Ich habe zwar einen Therapeuten direkt neben meinem Geschäft, aber der behandelnde Arzt fand es wichtig, in eine spezialisierte Praxis zu gehen. Wie wurden Sie über das Ödem informiert? Durch meinen behandelnden Arzt und durch meine behandelnden Therapeuten. Vorher hatte ich noch nie etwas von einem Lymphödem gehört. Welche Behandlungen haben Sie erhalten? In der Fachpraxis wurde ich anfangs täglich gelympht und bandagiert. In den ersten drei Tagen auch am Wochenende. Da ich selbstständig bin und einen eigenen Laden Beim primären Lymphödem muss eine lebenslage Therapie sein, aber Konsequenz hat Erfolg: Die Beine von Thomas N. zwei Jahre nach Beginn der Behandlung beim Spezialisten vor der Badagierung (oben), in bandagierter Form (Mitte) und mit Kompressionsstrümpfen (unten)

4 führe, konnte ich mich schlecht krankschreiben lassen. Deshalb habe ich auch mit der Bandagierung gearbeitet. Das war fürchterlich anstrengend, aber irgendwie ging es. Die Lymphdrainage an sich ist natürlich angenehm. Man merkt allerdings einen deutlichen Unterschied zwischen den Therapeuten. Jeder macht es anders - nicht besser oder schlechter, sondern anders. Aber man findet irgendwann die Therapeuten, die den eigenen Bedürfnisse am besten entsprechen und mit denen es am besten passt. Schön finde ich, dass ich das in meiner Praxis auch sagen kann, ohne dass sich irgendjemand persönlich angegriffen fühlt. So habe ich die für mich am besten geeignete Therapeutenkombination gefunden. Wie haben Sie den Behandlungsablauf empfunden? Die Bandagierung war sehr anstrengend. Aber mit ein paar Tricks wie beispielsweise gezielten Bewegungsübungen und einem eisernen Willen geht das schon. Anstrengend war auch, dass ich weiter arbeiten musste und mich nicht krankschreiben lassen konnte. Was belastet Sie an dem Ödem? Durch die Behandlung habe ich kaum noch Probleme. Das Unangenhemste ist eigentlich das Tragen der Strümpfe. Aber wenn ich die Strümpfe weglasse, bekomme ich sofort die Quittung und bemerke eine Verschlechterung. Deshalb trage ich die Strümpfe. Auch die Tatsache, dass es sich um eine lebenslange Therapie handelt, ist manchmal nervig. Vor allem, weil immer noch der Weg zur Therapie von mindestens einer Stunde hinzukommt. Das muss alles gut organisiert werden. Wie bewältigen Sie das alles? Bekommen Sie familiäre Unterstützung? Ohne die Unterstützung meiner Frau - vor allem in der Zeit der Bandagierung - wäre es fast nicht zu schaffen gewesen. Sie hat mir gerade im Geschäft einiges abgenommen und mir den Rücken frei gehalten. Welche Tipps möchten Sie anderen Betroffenen mit auf den Weg geben? Gehen Sie frühzeitig zum Arzt. Wenn man früh eine Behandlung startet, ist es vielleicht nicht ganz so mühsam. Vor allem die Zeit, als die Beine dick waren und ich Beschwerden hatte, aber noch nicht zum Arzt gegangen bin, war vollkommen unnötig. Und versuchen Sie durchzuhalten. Vor allem in der Zeit der Bandagierung muss man sich das immer wieder sagen. Durchhalten lohnt sich aber! Vielen Dank für das Interview.

5 12 THERAPIE LYMPHOLIFE 05 Systematische Pflege, Kompression und Entspannung lindern Beeinträchtigungen Die Haut als größtes Organ unseres Körpers hat viele Funktionen: Sie schützt, sie ist zuständig für die Immunabwehr, sie reguliert die Körpertemperatur, indem sie uns bei Bedarf kühlt oder wärmt. Als Sinnesorgan kann sie tasten, fühlen und duften. Sie zeigt unsere Gefühle und sendet Signale an die Umwelt, wenn wir erröten, erblassen oder Gänsehaut bekommen. Aus eigener Kraft kann sich die Haut ständig erneuern. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Faktoren, warum die Haut austrocknet, irritiert oder verletzt werden kann. Dazu gehören genetische Veranlagung, hormonelle Einflüsse, Hautalterung, Ernährung oder zu wenig Flüssigkeitsaufnahme. Von außen kommen Umweltfaktoren hinzu wie etwa durch klimatisierte Räume oder durch Belastungen wie UV-Strahlen oder Bestrahlungen während einer onkologischen Therapie sowie durch chemische Substanzen wie Parfüm- oder Farbstoffe in Kosmetikprodukten und durch mechanische Faktoren wie etwa die Kompression bei Lymphödem. All dies führt zusammen mit den Stoffwechsel betreffenden Erkrankungen wie Diabetes oder Lymphgefäßerkrankungen, zu erhöhter Beanspruchung. die Hautpflege für Lymphödempatienten große Bedeutung und ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Erster Schritt ist eine Reduktion des Ödems durch die Komplexe physikalische Entstauungstherapie (Kompression, Manuelle Lymphdrainage, Hautpflege und Bewegung in Kompression). Dadurch stabilisiert sich die Ver- und Entsorgung des Gewebes (die Homöostase) und die Zellen der Haut werden wieder besser mit Nährstoffen und Wachstumsfaktoren versorgt. Dies minimiert entzündliche Prozesse, senkt das Infektionsrisiko und hat einen günstigen Einfluss auf die belastete Haut. Der Aufbau der Haut Die Haut (Cutis) besteht aus der Oberhaut (lateinisch: Epidermis), der Lederhaut (Korium) und dem darunter liegenden Unterhautfettgewebe (Subcutis). Die Epidermis schützt vor dem Eindringen von Erregern und Giften und sowie durch Melaninbildung vor UV- Strahlen. In der Lederhaut befindet sich neben Blutgefäßen, Haarwurzeln und Drüsen auch das Lymphgefäßsystem. Hier sitzen auch Tastrezeptoren die Bewegungsmelder unserer Haut. Diese messen ständig Druck, Vibration und Dehnung und leiten diese Information ans Gehirn weiter. Die Drüsen sind zuständig für die Produktion von Duft, Schweiß und Talg. Schweiß kühlt und bildet einen Säureschutzmantel für die Haut, der Bakterien abwehrt. Entstauung als erster Schritt Das eiweißreiche Lymphödem führt zu sekundären Gewebsveränderungen in der Haut. So entstehen Fibrosen als Verhärtungen aufgrund der chronischen Entzündungsreaktionen. Sie werden ausgelöst durch die bis ins Interstitium zurückgestauten Eiweiße im Gewebe. Folge: Die Haut verdickt sich, wird trocken, brüchig und verhärtet zunehmend. Die mechanische und immunologische Schutz- und Barrierefunktion ist eingeschränkt. Die Haut wird schon für kleinere Verletzungen anfällig. Auch aufgrund des gestörten Stoffwechsels ist die Haut von Lymphödempatienten stark beeinträchtigt. Die Durchblutung und Ernährung der Epidermis im Ödembereich ist verschlechtert. Die Haut neigt zum Austrocknen, oft verbunden mit Juckreiz. Sie ist anfälliger für Allergien, Pilzbefall und bakterielle Infektionen, die wiederum zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes führen können. Häufig bilden sich Hautfalten. Hier entsteht ein feuchtwarmes Milieu, was wiederum zu einem erhöhten Infektionsrisiko führt. Hautschäden durch Operationen, Bestrahlungen, Narben und Einschnürungen können dies zusätzlich verstärken. Erweiterte initiale Lymphgefäße können sich durch die Haut nach außen öffnen, es entstehen Lymphzysten oder Lymphfisteln. Gewebsveränderungen wie Fibrosierungen in der Papillenschicht der Haut (Papillomatosa cutis) oder Verschwielung durch vermehrte Keratinbildung (Hyperkeratose) sind bekannte Komplikationen des Lymphödems. Wegen dieser Beeinträchtigungen hat Haut und Kompression Die Kompressionstherapie übt zusammen mit der Bewegungstherapie einen günstigen Einfluss auf die Ödematisierung der Haut aus. Es kommt zur Volumenreduktion. Die Kapillarisierung der Haut nimmt wieder zu, der erweiterte Durchmesser der Papillen wird verkleinert und die entzündlichen Prozesse werden geringer. Der Kompressionsdruck auf Gewebe und Gefäße wird über die Haut übertragen. Viele Erkrankungen, die wie das Lymphödem mit einer Kompressionstherapie behandelt werden, gehen mit erhöhter Hautsensibilität und mit Hautveränderungen einher. Außerdem werden die oberen Schichten der Epidermis durch die Reibung der Kompression belastet. Der Säureschutzmantel (Hydrolipidfilm), der die Haut vorm Austrocknen und vor schädigenden Umwelteinflüssen schützt, wird angegriffen. Folgen: vermehrte Schuppung der Haut und Infektionsgefahr. Bestimmend für die Hautverträglichkeit sind daher Zusammensetzung und Eigenschaften der Kompressionsmaterialien in Bezug auf Reibung, Luftdurchlässigkeit und Feuchtigkeitsaufnahme. Der Tragekomfort einer Kompression hängt wesentlich von der Ventilation und der Schweißverdunstung auf der Haut ab. Verschiedene Firmen bieten auch Kompressionsstrümpfe mit eingearbeiteten Pflegeprodukten an.

6 Pflege und Hygiene Woran erkenne ich, welche spezielle Pflege meine Haut braucht? Die Haut sollte immer sorgfältig inspiziert werden, besonders zwischen den Zehen, an den Gelenken und in Hautfalten. Leicht trockene Haut spannt, es besteht geringe Schuppenbildung: Hier reicht eine Pflegelotion. Bei Lymphödemen reicht dies nicht aus, da es bei längerer Anwendung zur Austrocknung der Haut kommen kann. Trockene Haut, sichtbare Schuppung, eventuell Juckreiz, aber noch ohne Verhärtungen, erfordern eine Creme oder Lipolotion. Eine Creme mit erhöhtem Fettgehalt ist sinnvoll. Sehr trockene Haut ist erkennbar an intensiver Schuppung, mit teils Verhornungen, teils Rhagaden. Hier sind Salben und Fettcremes günstig zur Hautsanierung und Pflege. Hautreinigung Verwenden Sie seifenfreie, milde, eventuell medizinische Waschlotionen, die ph-neutral oder leicht sauer gepuffert sind. Normale Seife ist stark alkalisch und zerstört den natürlichen Säureschutzmantel. Zum Duschen und Baden eignen sich Duschöle, die eine Rückfettung der Haut bewirken. Wichtig ist sorgfältiges Abtrocknen, ohne starkes Reiben auf der Haut, besonders zwischen den Zehen, im Genital-, Leisten- und Achselbereich sowie in allen Hautfalten, da feuchtwarme Stellen ein Infektionsrisiko darstellen. Kontrollieren Sie Zehen- und Fußnägel und lassen Sie eventuell durch medizinische Fußpflege starke Verhornungen entfernen. Tipps bei Juckreiz Die Haut zeigt uns, welch große Rolle auch außergewöhnliche Belastungen und Stress für einzelne Beschwerdebilder spielen. Linderung können schon einfache Maßnahmen bringen wie nicht zu lange duschen zur Entspannung und Kühlung eventuell ein Kühlgel benutzen viel eincremen Parfüm auf die Kleidung sprühen, nicht auf die betroffene Haut keine eng anliegende Kleidung tragen Entspannen Sie! Auch Entspannungstechniken wie Yoga, autogenes Training oder Thai Chi können positiv wirken. Hautpflege Geeignet für die Hautpflege sind Präparate, die natürliche und hautverwandte Fette und Öle enthalten und möglichst reizstoffarm sind. Wählen Sie Produkte ohne Duft-, Farb- oder Konservierungsstoffe, z.b. mit Mandelöl, Aloe Vera oder Urea. Das sanfte Einmassieren der Creme wirkt entspannend. Vorsicht gilt bei Präparaten, die Unverträglichkeiten oder Allergien auslösen können wie Lanolin, ätherische Öle und einige naturbelassene Stoffe wie Kamille. Ein Allergietest an der nicht betroffenen Extremität kann sinnvoll sein, bevor man das Präparat zum ersten Mal benutzt. Bestehen Mazerationen oder feuchte, irritierte Haut, kann mit zinkhaltigen Salben eine gute Wirkung erzielt werden. Verwenden Sie Hautpflegemittel sparsam; nach 5-10 Minuten sollte die Creme eingezogen sein. Dann erst sollte man den medizinischen Kompressionsstrumpf anziehen. Welcher Zeitpunkt ist der beste? Morgens nach dem Waschen erschweren viele Pflegemittel das Anziehen der Strümpfe und beeinträchtigen die Kompressionswirkung, falls das Pflegemittel noch nicht eingezogen ist. Abends ist die Hautpflege sehr günstig, da Feuchtigkeit gut aufgenommen werden kann. Ansonsten gilt: Immer bei Bedarf! Hauthygiene und -pflege sind ein wichtiger Bestandteil der Therapie bei Lymphödemen. Beide tragen dazu bei, Ihre Hautfunktionen zu sichern. Fühlen Sie sich wohl in Ihrer Haut! Monika Fuggert Ist Fachlehrerin für Manuelle Lymphdrainage Wann sollten Sie den Arzt fragen? Wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Ihre Ärztin, falls Sie untypische Veränderungen wie zum Beispiel Knoten, Schwellungen oder Farbveränderungen entwickeln, die Sie sich nicht erklären können. Bei bestehenden Hauterkrankungen wie Pilzbefall, Strahlenschäden auf der Haut oder Infektionen verordnet der Arzt entsprechende Medikamente oder leitet eine andere Therapie ein.

7 14 THERAPIE LYMPHOLIFE 05 Ein gutes Sanitätshaus hilft beim richtigen Umgang und gibt Tipps Die Kompressionsbestrumpfung aus dem Sanitätsfachhandel ist für die Lymphödem- Patientin ein lebenslanger Begleiter. Nur wenn diese zweite Haut konsequent Tag für Tag getragen wird, kann das Wiederanschwellen eines Lymphödems verhindert werden. Für die Patientin ist daher entscheidend, ein spezialisiertes Fachgeschäft im Bereich der lymphatischen Versorgung zu finden. Ob Sie sich in die richtigen Hände begeben, erkennen Sie bereits an dem umfangreichen Erstgespräch. Lassen Sie sich vorab einen Termin geben und achten Sie darauf, dass das Gespräch in einem separaten Raum stattfindet! Als erstes werden Sie bezüglich Ihrer Krankenvorgeschichte befragt. Hat eine Fachärztin die Diagnose Lymphödem gestellt? Bestehen Hautallergien, Hautirritationen, Druckschmerz oder die Neigung zu Ulcus cruris, dem offenen Bein? Im Gespräch wird auch nach Ihrer beruflichen Tätigkeit gefragt: Ist diese mit häufigem Sitzen verbunden, sollte dies bei der Erstellung Ihres persönlichen Kompressionsstrumpfes berücksichtigt werden. All diese Informationen fließen in den Kostenvoranschlag ein, der zusammen mit der ärztlichen Verordnung vom Sanitätsfachgeschäft direkt an Ihre Krankenkasse zur Genehmigung weitergeleitet wird. Weiterhin muß vor dem Maßnehmen für den Stützstrumpf gesichert sein, dass das Lymphödem optimal entstaut ist. Sollte hier noch Klärungsbedarf bestehen, so werden Sie von der Mitarbeiterin des Sanitätshauses an eine spezialisierte Therapeutin verwiesen. Eine Übersicht von Fachärztinnen und Fachärzten und von spezialisierten Therapeutinnen und Therapeuten in Ihrer Nähe finden Sie unter Die Krankenkasse informiert Sie und Ihr Sanitätshaus über die Kostenübernahme für den Kompressionsstrumpf. Danach wird mit Ihnen ein Termin zum Maßnehmen abgestimmt. Sollten Sie bei einer Lymphtherapeutin in einer Entstauungstherapie sein, so wird die Therapeutin dafür das Startsignal geben. Das Maßnehmen braucht Zeit. Achten Sie darauf, dass auch hier sorgfältig gearbeitet wird. In der Regel findet das Maßnehmen in den Räumen des Sanitätsfachgeschäftes statt. Während der Erhaltungsphase und der damit verbundenen Kompressionsbandagierung kann die Maßnahme auch in der Lymphdrainage-Praxis sinnvoll sein. In Ausnahmefällen und nach Verordnung durch den behandelnden Arzt ist auch das Maßnehmen zuhause möglich. Die Herstellung der Bestrumpfung dauert eine Woche. Wenn Sie die Strümpfe in den Händen halten, erkennen Sie an der Naht, dass es sich um sogenannte flachgestrickte Kompressionsstrümpfe handelt. Nur diese Art der Strumpfqualität gewährleistet bei einem Lymphödem den optimalen Halt. Bei der Anprobe wird der Strumpf auf einen faltenfreien Sitz und Halt hin überprüft. Manche Zusätze wie etwa die Positionierung von Druckpelotten bedürfen einer weiteren Anprobe. Lassen Sie sich von Ihrer Fachberaterin das An- und Ausziehen demonstrieren und probieren Sie es auch selbst aus! Sollten Sie Schwierigkeiten haben, so kann eine Anziehhilfe für Abhilfe sorgen. Sprechen Sie auch die Pflege des Kompressionsstrumpfes durch. Da der Strumpf täglich getragen werden muß, ist tägliche Reinigung wichtig. Dies wirkt sich positiv auf die Haftung des Strumpfes am Körper aus. Durch das Tragen des Kompressionsstrumpfes kann es zu Hauttrockenheit kommen. Im Sanitätsfachhandel erhalten Sie eine Hautpflegecreme, die die Struktur des Kompressionsstrumpfes nicht beschädigt. Zum Abschluss quittieren Sie den Erhalt der Bestrumpfung sowie das Abnahmeprotokoll mit Ihrer Unterschrift. Tragen Sie nun konsequent Ihre Kompressionsbestrumpfung und berichten Sie beim Vorstellungstermin nach zwei Wochen der Mitarbeiterin im Sanitätsfachgeschäft über Ihre Erfahrungen. Nur wenn Sie offen über mögliche Probleme sprechen, kann für Abhilfe gesorgt werden. Ist der Strumpf auf Ihre persönlichen Bedürfnisse optimal abgestimmt, wird als nächstes eine Wechselversorgung gefertigt. Da die optimale Wirksamkeit der Kompressionsbestrumpfung nur sechs Monate anhält, nehmen Sie bitte in eigenem Interesse danach den Kontrolltermin wahr, zu dem Sie Ihr Sanitätsfachgeschäft einlädt. In jährlichen Abständen werden Sie auch wieder ausführlich zu Ihrem Gesundheitsstatus befragt, um die Strumpfversorgungen fortlaufend auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Und auch der Einzug von immer mehr Farben machen das Leben mit einem Kompressionsstrumpf zusehends bunter. Bei allem sollten Sie bedenken: Nur eine Kompressionsbestrumpfung, die von Ihnen getragen wird, garantiert den langfristigen Erfolg in der Bändigung Ihres Lymphödems. Die Mitarbeiterinnen im Sanitätsfachhandel sind auf Ihre Mithilfe und Unterstützung angewiesen. Gemeinsam erreichen wir die optimale Versorgung für Sie! Andreas Kurda ist Orthopädie-Techniker-Meister und Geschäftsführer des Sanitätshauses Kurda in Kiel.

8 WISSEN LYMPHOLIFE Ekzeme lassen sich mit Salbentherapie, Lymphdrainage und Kompression bekämpfen Bei einem Lymphödem treten Hautekzeme das heißt juckende Entzündungen der Haut - besonders an den Beinen gehäuft auf. Vor allem im 3. Stadium eines Lymphödems kann es zu derartigen Hautveränderungen kommen. Dann werden im Ödemgebiet atopische Ekzeme sichtbar, auch allergische Kontaktekzeme sind keine Seltenheit. Häufig führen bespielsweise Unverträglichkeiten gegen verwendete Bandagemittel zu Kontaktekzemen. Bei der Behandlung von Ekzemen haben sich eine gezielte Salbentherapie sowie die manuelle Lymphdrainage und die Kompressionstherapie als sinnvoll erwiesen. Ekzeme stellen immer eine erhöhte Gefahr für die Entstehung einer Wundrose (fachsprachlich: Erysipel) dar. Die Schädigung der Haut bildet eine potenzielle Eintrittspforte für Bakterien, die eine Wundrose auslösen können. Deshalb müssen Ekzeme im Ödemgebiet immer behandelt werden. Ekzeme oder die sogenannten Juckflecke werden im medizinischen Wörterbuch Pschyrembel als nicht-ansteckende und nicht-infektiöse Entzündungsreaktion der Haut mit Juckreiz definiert. Sie können durch verschiedene Auslöser hervorgerufen werden. Der Ablauf eines Ekzems zeigt sich an einem typischen Ablauf der Hautreaktion: Als erstes kommt es zu einer Hautrötung, gefolgt von Bläschenbildung mit anschließendem Nässen, Krustenbildung sowie zum Schluss einer Schuppung der betroffenen Stelle. Zur Gruppe der Ekzeme gehören verschiedene Formen, die nach unterschiedlichen Kriterien klassifiziert werden. Als drei Grundformen des Ekzems werden beschrieben. 1. Das atopische Ekzem Das sogenannte atopische Ekzem ist bedingt durch verschiedene immunologische Faktoren wie etwa Reaktionen gegen Umweltallergene und durch nichtimmunologische Faktoren wie psychische und neurovegetative Störungen. 2. Das allergische Kontaktekzem Das allergische Kontaktekzem kennt man vor allem von einer Nickelallergie. Hierbei reagiert die Haut bei Kontakt mit nickelhaltigen Gegenständen mit Rötung und Juckreiz. 3. Das Kontaktekzem Die dritte Form, das toxische Kontaktekzem, beschreibt Ekzeme, die bei direktem Kontakt mit einer potentiell toxischen Flüssigkeit oder einem potentiell toxischen Stoff entstehen. Ein Ekzem kann sowohl akut als auch chronisch verlaufen. Die akute Ekzemreaktion beginnt mit einer leichten, auf die Stelle der Hautirritation beschränkten Hautrötung. In leichten Fällen heilt das Ekzem nach wenigen Tagen ab. Bei einer stärkeren Reaktion können sich mit klarer Flüssigkeit gefüllte Bläschen bilden, die stark jucken. Diese Bläschen können platzen und damit auch nässen. Danach verkrusten die Bläschen und verschuppen anschließend. Danach heilt ein Ekzem in der Regel ab. Quelle: Diepgen TL, Yihune G et al. Dermatology Online Atlas Bei wiederholter oder dauerhafter Irritation durch den Auslöser heilt das Ekzem nicht ab und wird chronisch. Die unterschiedlichen Formen der Reaktion also Hautrötung, Bläschen, Krusten, Schuppen treten gleichzeitig und wechselnd nebeneinander auf. Zusätzlich entstehen entzündliche Knötchen sowie kratzbedingte Spuren. Ekzeme im chronischen Stadium sind weniger scharf begrenzt. Deshalb gilt besonders für alle Lymphödem-Patienten: Behalten Sie Ihre Haut im Auge und wehren Sie den Anfängen! Kerstin Waldvogel-Röcker ist Physiotherapeutin eutin ( BSc.), Lymphtherapeutin und Manual Therapeutin. Quelle: Diepgen TL, Yihune G et al. Dermatology Online Atlas