Auf neuen Polster zu neuen Ufern

Transkript

1 Auf neuen Polster zu neuen Ufern Polster? Unsere alte Zausel war eine Comfortina 32, Bj. 92 und sollte im vergangenen Winter neue Polster bekommen, eigentlich. Aber: statt schicker Stoffe fanden wir eine schöne Nordborg 32, sieben Jahre jung, wenig gesegelt, prima ausgestattet. Unsere neue Zausel wird im Mai getauft, am ersten Juni brechen wir auf gen Osten. Über Polen, Litauen, Lettland segeln wir nach Estland, verbringen schöne Tage auf den großen Inseln Saaremaa und Hiiumaa. Mitte Juli queren wir den finnischen Meerbusen, segeln nach Hankö und durch den wunderschönen Schärengarten nach Turku. Von dort geht es weiter nach Norden bis Uusikaupunki, weiter zur Leuchtturminsel Isokari, nördlich an den Alands vorbei Richtung Westen. Dort oben entdecken wir unsere Traumankerbucht Länsmensgrund, in der wir badende Nattern beobachten. Anfang August erreichen wir die schwedische Küste bei Grisslehamn. Über den Vaddökanal geht es in die Stockholmer Schären, von wo wir mühsam mit vielen Starkwindhafentagen nach Strande kreuzen. Ende August ist Zausel wieder Zuhause in Strande. Die polnische Küste: Nach einer knappen Woche setzen wir die polnische Gastlandsflagge und laufen mit Dziwnow unseren ersten polnischen Hafen an, spannend! Langsam nähern wir uns unter Maschine dem Zollanleger, auf dem ein winkender Uniformierter steht. Anzulegen brauchen wir nicht, werden nur knapp nach dem letzten Hafen und der Personenanzahl an Bord gefragt, unkompliziert. Nächste Überraschung: Der Yachthafen ist nagelneu, hübsch angelegt, hat ein schönes Servicegebäude. Betreut werden wir vom Bosman (Hafenmeister). Die Verständigung klappt prima auf englisch oder deutsch. Ähnlich ist es in den weiteren Häfen Kolberg und Darlowo; auch diese beiden sind neu, modern und mit perfektem Service. Hafen Dziwnow

2 Östlich von Darlowo ist der Weg durch große Schießgebiete blockiert, deren Umfahrung die Strecke zum nächsten Hafen um 30 sm verlängern würde. Aus dem Internet wissen wir bereits, dass es nachts von 2 Uhr bis 5 Uhr eine Schießpause gibt zum Glück auch tagsüber, das können wir einem Aushang im Bosmanat entnehmen. Es weht mit 5 6 Bft aus West, eigentlich schön, aber können die nächsten Häfen (Utska, Leba) sicher angelaufen werden? Diskussion von Boot zu Boot. Schließlich verlassen vier Schiffe gemeinsam den Hafen, passieren die Drehbrücke und laufen gegen heftige Wellen aus der Flußmündung. Auf einem holländischen Boot werden gerefftes Groß und Genua gesetzt, halben Winds saust das Boot Richtung Schießgebiet.. und wird über UKW aufgefordert, den Kurs zu ändern, hoch an den Wind zu gehen, um nicht in das gesperrte Gebiet zu geraten. Wir alle sind zu früh gestartet! Was macht man, wenn die Brücke nur stündlich öffnet und das Zeitfenster für die freie Passage knapp ist? Also müssen auch wir bremsen! Wir versuchen, so langsam wie möglich zu segeln (fällt Zausel immer schwer!), haben die Genua nur winzig ausgerollt, holen die Schoten dicht (halben Winds!!!), trödeln so gut wie möglich. Endlich dürfen wir durch: Segel auf und losgedüst! Zwei Stunden später erreichen wir schon die Hafeneinfahrt von Ustka und können trotz recht hoher Wellen sicher in die Flußmündung laufen was sich als Fehler herausstellen sollte! Die anderen Boote sind nach Leba gegangen und haben dort friedliche Tage verbracht. Wir aber wollen nach Stolpmünde, den Geburtsort meiner (Renas) Großeltern ansehen. Die erste Nacht liegen wir an der Stadtpier einlaufende Wellen lassen Zausel tanzen, an den Festmachern reißen und rucken sehr ungemütlich! Wir verholen in den Kohlehafen, gehen bei einem netten Fischer längsseits, liegen wunderbar ruhig, so dass wir einen Tagesausflug nach Slupsk (Stolp) unternehmen können. Zurückkommend zur Zausel trifft uns der Schlag: Das ganze Boot ist mit einer feinen Rostschicht bedeckt! Unser Nachbar hat geschliffen! Wir könnten schreien! Es nützt nichts, das Boot muss gründlich geputzt werden! Wir sind froh, am nächsten Tag auslaufen zu können. Bei immer noch recht hoher See, aber gutem Wind segeln wir nach Leba, laufen in den Seekanal und finden einen wunderbaren Liegeplatz in dem netten Hafen. Dort können wir uns Fahrräder leihen und zur sehenswerten eindrucksvollen Wanderdüne radeln.

3 Fantastische Sandstrände säumen die polnische Küste! Über Hel geht s weiter nach Danzig. Die komfortable Marina liegt direkt gegenüber dem Kranentor in Altstadtnähe. So eine interessante Stadt! Wir bestaunen die liebevoll restaurierten Gebäude, imposanten Kirchen, Tore, Plätze Wie in allen polnischen Orten geht es auch hier lebhaft, fröhlich und entspannt zu: viele Urlauber ziehen durch die Gassen, Schulklassen mit einheitlichen Käppis, unzählige Stände mit Bernstein oder hellblauen Plüschdelfinen laden zum Kauf. Sehr gut gefallen uns die polnischen Bäckereien und Konditoreien köstlich. Das Besondere: Die Verkäuferin schneidet den Kuchen in gewünschter Größe und wiegt das Stück aus, so dass wir in den Genuss vieler verschiedener Stückchen kommen! Gemessen an unserem Preisniveau ist Polen ein günstiges Reiseland dies gilt auch für die Liegegelder.

4 Die baltischen Häfen: Am Nachmittag des 20. Juni verlassen wir Danzig vor uns liegt der spannende Nachttörn entlang der russischen Enklave nach Litauen uns ist ein wenig unheimlich, so viele Geschichten über russische Begegnungen haben wir gehört. Nach Windvorhersage soll es eine ruhige Nacht mit nördlichen Winden werden. Wir starten bei 4 5 Bft, müssen zunächst bei hackiger Welle kreuzen, dazu Regenschauer - Spaß macht das nicht gerade! Wir denken ans Umkehren, aber die Windvorhersage Und wir können ja auch später noch abbrechen, nach Hel oder Wladyslawowo segeln; also erst einmal weiter. Der Wind lässt tatsächlich nach, wir reffen aus. Nur eine halbe Stunde später muss schon die Maschine helfen. Segeln können wir erst wieder am nächsten Morgen gegen 4 Uhr, Wind mit Regenschauern! Am Nachmittag, nach 26 Stunden auf See, laufen wir Klaipeda an von 142 sm sind wir nur knappe 50 gesegelt! Nicht so schön. Aber wenigstens hatten wir keinen Sturm und keinen Kontakt zum russischen Militär. Von anderen, die eine Nacht vor uns gestartet waren, hörten wir später, dass sie wegen einer Militärübung einen weiten (40 sm) Bogen fahren mussten. Klaipeda gefällt uns sehr gut! Im Kastellhafen liegen wir ruhig und sicher, die Altstadt mit dem Ännchen ist nah, zahlreiche nette Restaurants ebenso. Diesel holen wir von einer Straßentankstelle. Besonders berührt uns das litauische Johannisfest, das am mit Gesang, Volksmusik und Tanz gefeiert wird. Große Feuer werden entzündet, Strohpuppen verbrannt, brennende Sonnen drehen sich alles sehr stimmungsvoll. Viele Menschen tragen Trachten, Frauen Blumenkränze im Haar, fröhlich und friedlich ist die Stimmung!

5 Mit einem Katamaran fahren wir über das Haff nach Nidden, besichtigen die Riesendüne, wandern am Strand bis zur hier unsichtbaren russischen Grenze, bummeln durch die Gassen. Wir hätten mit Zausel herkommen sollen die Betonnung ist gut und die Fahrwassertiefe hätte locker gereicht! Beim nächsten Mal! Mit Liepaja erreichen wir nach 14 stündiger Kreuz den ersten lettischen Hafen. Auch hier liegen wir bequem und sicher am Schwimmsteg im Stadtzentrum und genießen die luxuriösen Sanitäranlagen, die sich im benachbarten Hotel befinden. Über Pavilosta (klein, idyllisch, nett) und Ventspils segeln wir nach Estland, wo wir herrliche Sommertage in Kuressaare, Orjaku und Kärdla genießen - Urlaub pur! Unsere Rückreise über die finnischen Schären beschert uns zahlreiche Ankerplätze in idyllischen Buchten ein traumhaftes Segelrevier ist unsere Ostsee! Und die Zausel? Hat sich bewährt bei manch harter Kreuz. Genossen haben wir den Luxus von Warmwasser und 28 PS! Wir freuen uns auf den nächsten Sommer! Renate und Wolfgang Wolter