Erfahrungsbericht St. Petersburg WS14/15
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- Clara Holzmann
- vor 8 Jahren
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1 Erfahrungsbericht St. Petersburg WS14/15 Remigius Erhardt Technische Universität München Master TUM BWL
2 1. Einleitung und Motivation Im Folgenden eine kleine Zusammenfassung über meine Zeit an der Staatlichen Universität für Wirtschaft und Finanzen in St. Petersburg, Russland. Der Bericht soll zum einen eine Übersicht über das Auslandssemester und die nötigen Schritte dahin bieten und ist zum anderen als Entscheidungshilfe für die Wahl des Auslandssemesters gedacht. Meine Entscheidung für ein Semester nach Russland zu gehen fiel schon relativ früh im Verlauf meines Studiums, da ich ab dem zweiten Semester begonnen habe, die freiwilligen Sprachkurse an der TU München zu besuchen und diese auch kontinuierlich bis zum Niveau B1.2 besucht habe. Als renommierte Wirtschaftsuniversität war die St. Petersburger Universität der logische Schritt ein BWL-Studium mit dem Ziel seine Sprachfertigkeiten zu verbessern zu verbinden. Zudem besteht die Möglichkeit relativ einfach 12 ECTS aus dem Ausland einzubringen. Die Wahl im Winter- oder Sommersemester nach St. Petersburg zu gehen sollte man allerdings vorher gut abwägen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass Russland natürlich im Sommer schöner als im Winter ist, allerdings ist das Wintersemester hinsichtlich des Studienverlaufs zu empfehlen. Das russische Wintersemester startet Anfang September und endet Ende Dezember bzw. optional Ende Januar und somit lassen sich auch nach der Rückkehr an die TU Prüfungen schreiben. 2. Vorbereitungsphase Zu Beginn steht natürlich eine Bewerbung an der Heimatuniversität, in diesem Fall bei Frau Ute Helfers, die für die Betreuung der ausgehenden Studenten der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften zuständig ist, an. Die Bewerbung erfolgt über ein Onlineformular auf der Homepage der TU, des Weiteren wir noch ein Motivationsschreiben, Leistungsnachweis/Notenauszug, Nachweis vorhandener Russischkenntnisse, eine Immatrikulationsbescheinigung und eventuell eine Bescheinigung der Teilnahme am Mentorenprogramm benötigt. Der ganze Prozess ist im Allgemeinen sehr unbürokratisch (vor allem im Vergleich zur russischen Bürokratie) und die Chancen auf einen der Plätze sind relativ gut. Für gewöhnlich werden 4 Plätze pro Jahr vergeben, was zuerst nach wenig klingt, allerdings ist die Nachfrage nach einem Austauschprogramm in Russland recht gering. Sobald man eine Zusage für das Austauschsemester hat, folgen die nächsten Schritte. Optional besteht die Möglichkeit an einem Vernetzungstreffen teilzunehmen, bei dem man Kontakt zu Studenten bekommt, die bereits ein Semester an der jeweiligen Uni verbracht haben. Tipps von ehemaligen Studenten sind in dem Fall immer hilfreich, da Russland wie jedes Land einige Besonderheiten mit sich bringt.
3 Visum Der nächste Schritt ist die Beantragung des Visums. Alle Informationen dazu finden sich auf der Homepage des russischen Konsulats in München. Für das Visum benötigt man einen gültigen Reisepass (geforderte Gültigkeitsdauer beachten), den Online-Visumsantrag, ein Passbild (am besten gleich in Deutschland mind. 6 matt! schwarz-weiße und 6 farbige Passfotos machen lassen und nach Russland mitbringen), einen Versicherungsnachweis, eine Einladung (bekommt man per Post von der Uni St. Petersburg) und einen Nachweis der Reiserückkehrwilligkeit. Für den Nachweis reicht als Student normalerweise ein Kontoauszug mit ausreichend hohem Vermögen und idealerweise ein geregeltes Einkommen (Eltern, Werkstudent, etc.). Dann sollte man online einen Termin beim Konsulat beantragen und alle geforderten Unterlagen mitbringen. Sofern alle Unterlagen in Ordnung sind kann man das Visum nach einer Woche im Konsulat abholen. Für einen Studienaufenthalt in Russland ist das Visum zudem gebührenfrei. Das Visum selbst berechtigt nur zu einer einmaligen Einreise nach Russland. Sobald man in Russland ankommt, wird man seinen Reisepass abgeben und ein Multivisum beantragen, welches zur mehrmaligen Ein- und Ausreise berechtigt. Solange man nur ein einfaches Visum hat, sollte man das Land nicht verlassen, da man sonst ein neues Visum beantragen muss. Zur Beantragung des Multivisums wird neben Passfotos vor allem ein HIV-Test benötigt, welcher bereits in Deutschland gemacht werden kann. Dieser darf allerdings nicht älter als 6 Wochen sein. Anreise Zur Anreise empfehle ich einen Flug bei Aeroflot, der russischen Staatsairline, zu buchen. Aeroflot fliegt einmal täglich von München direkt nach St. Petersburg und einen Hin-und Rückflug sollte man ab 150 bekommen. Wer sicher vorhat bis zum Ende zu bleiben kann sich etwas Geld sparen und gleich beide Flüge buchen. Wer hingegen zu Weihnachten wieder zu Hause sein will, sollte sich alle Möglichkeiten offen halten und nur einen Hinflug buchen. Bei Aeroflot hat man 23 kg Gepäck plus Handgepäck plus Laptop und Reiselektüre was sehr großzügig ist und für die meisten Studenten ausreichen sollte. Sonstiges Wie bereits eingangs erwähnt sind Kenntnisse der russischen Sprache äußerst vorteilhaft, da im Schnitt sehr wenig englisch gesprochen wird (Allerdings waren auch einige Studenten anderer Universitäten anwesend, die kein Wort Russisch konnten). Bzgl. der Wohnung empfehle ich, das Angebot der Uni im Wohnheim zu wohnen, anzunehmen, wobei man anmerken muss, dass sich russische Wohnheime durchaus stark von Deutschen unterscheiden. Außerdem wird noch in Deutschland ein Learning Agreement vereinbart, welches aber nicht verbindlich ist und in Russland nach Belieben variiert werden kann.
4 3. Russland Ankunft Sobald der Flug nach Russland gebucht ist, besteht die Möglichkeit die Tutoren der Uni zu informieren, um vom Flughafen abgeholt zu werden. Dies ist insbesondere zu empfehlen, wenn man noch nie in Russland war und hat den Vorteil, dass man direkt zum Wohnheim gebracht wird, wo das Personal ebenso nur Russisch spricht. Wohnheim Sobald man im Wohnheim ankommt, muss man einige Formulare ausfüllen und bekommt eine Zugangskarte und einen Ausweis für das Wohnheim und ein Zimmer zugewiesen. Es stehen Einzel- und Doppelzimmer zur Verfügung, deren Zuteilung sowohl von Glück als auch der Angabe einer Präferenz abhängt. Es gibt vor Orte zwei unterschiedliche Wohnheime (ein neues und ein altes), die sich dadurch unterscheiden, dass im alten Wohnheim vor allem Doppelzimmer sind, im Neuen hingegen ausschließlich Einzelzimmer. Beide Wohnheime haben ihr Vor- und Nachteile und ein Doppelzimmer ist nicht unbedingt die schlechtere Wahl. Grundsätzlich sind russische Wohnheim im Vergleich zu deutschen Wohnheimen sehr strikt. Offiziell ist Alkoholverbot (praktisch natürlich nicht zudem wird Bier in Russland selten als Alkohol betrachtet), außerdem sind die Besuchszeiten auf 15 Uhr bis 22 Uhr beschränkt. Zweites wird etwas strikter gehandhabt, kann aber mit etwas Geschick und Glück gut umgangen werden. Anzumerken ist vor allem, dass die Besuchszeiten auch für die Bewohner des benachbarten Wohnheims gelten. Ansonsten ist das Wohnheim eine perfekte Wahl, da man mitten in der Stadt (vergleichbar mit dem Marienplatz) und direkt an der wichtigsten und berüchtigtsten Feiermeile der Stadt wohnt. Vorlesungen Die Vorlesungen vor Ort sind meistens blockweise gestaltet und unterscheiden sich deutlich von dem, was man an der TU gewohnt ist. Für gewöhnlich werden Vorlesungen mit 30 Studenten in 5-6 Termine à 4 Stunden geteilt und für den erfolgreichen Anschluss des Kurses ist normalerweise eine Präsentation und/oder ein Essay notwendig. In einzelnen Fällen ist auch eine Prüfung gefordert. Das russische System hat für uns Austauschstudenten einige Vorteile, da es einige Perioden gibt, an denen wird längere Zeit frei haben und die sich somit zum Reisen nutzen lassen. Zudem werden die Prüfungen/Präsentationen üblicherweise nach Ende der Vorlesungen gehalten, somit entfällt der Prüfungsblock am Ende des Semesters. Des Weiteren ist das geforderte Niveau in Russland geringer als an der TU, was die Möglichkeit mit sich bringt, einige gute Noten mit nach Deutschland zu bringen. Neben den regulären Master- und Bachelorvorlesungen werden diverse Sprachkurse für die Austauschstudenten angeboten, die schnelle Fortschritte versprechen und ca. 6-7 h pro Woche in Anspruch nehmen. Falls Interesse besteht, Vorlesungen auf Russisch zu hören, ist dies natürlich auch möglich, allerdings müssen die Vorlesungen selbst ausgewählt und organisiert werden und man muss
5 die Professoren bitten ihre Vorlesung hören zu dürfen (was natürlich kein Problem ist). Auch hier ist ein Transfer der Credits möglich und hinsichtlich der Sprache dürften sich sehr schnell große Fortschritte zeigen. Verpflegung und Leben Allgemein kann man sagen, dass im Wohnheim für alles gesorgt ist. Ihr habt eine Gemeinschaftsküche (leider ohne Backofen) in der für gewöhnlich alle notwendigen Utensilien vorhanden sind. Zudem kommt fünfmal pro Woche eine Putzfrau, die alle Bereiche außer eurem Zimmer reinigt. In der Umgebung des Wohnheims finden sich einige kleinere Läden und Supermärkte, die teilweise bis zu 24 h sieben Tage die Woche geöffnet sind. Dort kann man sich mit allem Wichtigen eindecken, wobei sich das Sortiment etwas von deutschen Supermärkten unterscheidet und westliche Produkte etwas teurer als die die einheimischen sind. Darüber hinaus bietet die Stadt eine Vielzahl äußerst günstiger Restaurants, wo man mittags ein kleines Menü (Business Lunch) ab 3-4 Euro bekommt. Ich persönlich kann jedem Austauschstudenten empfehlen möglichst viele Restaurants und selbst russische Fastfood Ketten auszuprobieren, da ihr nie wieder so eine gute Auswahl und schmackhaftes Essen für so wenig Geld bekommt. Die russische Küche ist relativ nahrhaft und fleischhaltig und wird durch vor allem stark durch den zentralasiatischen Raum beeinflusst was zu einem breiten Angebot führt. Um trotz des guten Essens in Form zu bleiben kann ich darüber hinaus den Besuch des Fitnessstudios (Planeta Fitness) in der Nähe der Uni empfehlen (ca. 10 Minuten zu Fuß), worüber ihr aber vor Ort nochmals informiert werdet. Freizeit/Kultur/Nachtleben Neben gutem Essen habt ihr in St. Petersburg viele Möglichkeiten eure freie Zeit zu investieren. In längeren freien Zeiten empfehle ich jedem möglichst viel innerhalb des Landes zu reisen und auch die Nachbarländer Finnland, Estland, Lettland und Litauen zu besuchen. Besonders die drei baltischen Staaten lassen sich gut kombinieren, zudem ist eine Tour per Fähre von St. Petersburg aus möglich, welche die drei Städte Helsinki, Stockholm und Tallinn verbindet. Reisen innerhalb Russlands sind zwar im Sommer wesentlich angenehmer, jedoch sind selbst Reisen nach Sibirien im Winter problemlos möglich. Als Reisemittel sind nach Moskau der Nachtzug oder Schnellzug zu empfehlen, für längere Strecken das Flugzeug. Wen es nur ins Baltikum zieht hat mit günstigen, aber äußerst bequemen Bussen (Lux Express) die beste Option. In St. Petersburg selbst habt ihr eine Vielzahl an Sehenswürdigkeiten, Kirchen und Schlössern zu besichtigen, die meistens zu Fuß vom Wohnheim aus erreichbar sind. Die meisten wichtigen Orte lernt man ganz automatisch kennen, wenn man durch die Stadt spaziert, trotzdem im Folgenden die wichtigsten Orte.
6 St. Petersburg: Die drei großen Kathedralen (Isaakskathedrale, Blutskirche, Kansanski Kathedrale) Ermitage Peter und Paul Festung St. Petersburger Umland: Katharinenpalast mit dem Nachbau des Bernsteinzimmers Peterhof (idealerweise im bis Mitte September, da im Winter die berühmten Brunnen geschlossen sind) Pavlovsk Nachtleben Die Uni bzw. das Wohnheim liegt wie gesagt mitten in der Stadt und rund um das Wohnheim bieten sich viele Möglichkeiten zu feiern. Die Dumskaya Uliza grenzt direkt an die Uni an und dort ist im Prinzip 7 Tage die Woche Party geboten. Der Vorteil der meisten Clubs in diesem Viertel ist, dass es keinen Eintritt kostet und die Garderobe ebenfalls kostenlos ist, dafür sind die Getränkepreise knapp unter Münchner Niveau. Wer etwas aus dem Zentrum herausfährt (Taxis sind in Russland extrem günstig) findet Großraumclubs, die zwar etwas Eintritt kosten, dafür unglaublich günstige Getränke bieten. Zudem gibt es eine recht ausgeprägte Clubszene (Barakobamabar, Stackenschneider, Mosaique) im Elektrobereich mit exzellenten DJs. Aus eigener Erfahrung kann ich nicht bestätigen, dass man nachts in St. Petersburg Angst um sich oder sein Geld haben muss. Wenn man natürlich hoffnungslos betrunken und alleine ist oder extrem naiv ist, ist die Chance sicher genauso wie in München relativ hoch, dass einem der Geldbeutel gestohlen wird. Fazit Zusammenfassend kann ich sagen, dass ein Auslandssemester in St. Petersburg äußerst empfehlenswert ist und die wichtigsten Aspekte eines Aufenthalts im Ausland vereint. Man lernt eine neue Kultur kennen, hat die Möglichkeit eine neue Sprache zu lernen und neue Leute zu treffen, hat eine Stadt mit fünf Millionen Einwohnern, in der immer was geboten ist und eine Universität, die einem vor allem ein Verständnis für die russische Wirtschaft und Mentalität näher bringt. Selbst in der Zeit der Ukrainekrise, während der ich in Russland war, habe ich durchwegs einen sehr angenehmen Umgang seitens der Russen erfahren und besonders als Deutscher ist man ein gern gesehener Gast. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass man wesentlich mehr von einem Austausch in Russland mitnimmt, als in ein westliches Land zu gehen, dessen Mentalität und Kultur man bereits kennt und des Weiteren bietet es die Chance eine Sprache zu lernen, die einem im späteren Berufsleben sehr nützlich sein kann.
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