BMG-Forschungsprojekt: Qualitätsorientierte Prävention- und Gesundheitsförderung
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- Angelika Kohl
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1 BMG-Forschungsprojekt: Qualitätsorientierte Prävention- und Gesundheitsförderung in Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe Das aktuelle Präventionsgesetz stärkt, fördert und fordert die Qualitätsentwicklung und - sicherung der Prävention und Gesundheitsförderung in verschiedenen Lebenswelten, insbesondere für vulnerable Zielgruppen. Präventionsmaßnahmen sowie deren Qualitätssicherung in teil- und vollstationären Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe werden vom Präventionsgesetz unterstützt und derzeit von den Pflege- und Krankenkassen verstärkt umgesetzt, weiterentwickelt und erprobt. Ziel des Forschungsprojektes ist es, einen Qualitätsrahmen für Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung in Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe zu entwickeln, zu pilotieren und umzusetzen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von Maßnahmen. Das Projekt verfolgt außerdem die Ziele, die Gesundheitskompetenz von Pflegebedürftigen und Pflegekräften zu stärken und die betriebliche Gesundheitsförderung in den genannten Lebenswelten spezifisch weiterzuentwickeln. 1. Konkrete Zielsetzung Das Forschungsprojekt verfolgt dabei drei Ziele: 1.1. Qualitätssicherung und -entwicklung der Prävention und Gesundheitsförderung in den teil- und vollstationären Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe Entwicklung und Pilotierung eines Qualitätssicherungskonzepts zur Sicherstellung der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von settingspezifischen, lebensweltübergreifenden und handlungsfeldorientierten Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung in teil- und vollstationären Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe (Wohnstätten für Menschen mit Behinderung). 1.2 Rahmenkonzept zur Förderung der Gesundheitskompetenz in den teil- und vollstationären Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe Für drei Ebenen der beiden Lebenswelten (Bewohner/Pflegebedürftige/Angehörige, Mitarbeiter und Organisation) wird ein Rahmenkonzept für die Umsetzung von Maßnahmen zur Steigerung der Gesundheitskompetenz entwickelt und pilotiert. 1.3 Qualitätsweiterentwicklung der betrieblichen Gesundheitsförderung in den teilund vollstationären Einrichtungen der Pflege und Wohnstätten der Eingliederungshilfe Zum Ausbau der gesundheitsfördernden Rahmenbedingungen in den beiden Lebenswelten werden Ansätze zu einer nachhaltigen betrieblichen Gesundheitsförderung qualitätsgesichert weiterentwickelt. Das Förderprojekt arbeitet unter Einbezug, Beteiligung weiterer Kranken- und Pflegekassen, des GKV-Spitzenverbandes sowie unter Beteiligung der betroffenen Einrichtungen. Über verschiedene Formate, z.b. Workshops und Expertenworkshops sowie über die Einrichtung eines Beirates, ist das Projekt sehr partizipativ ausgerichtet. Die Ergebnisse des auf vier Jahre angelegten Forschungsprojektes werden sukzessiv interessierten Kranken- und Pflege-
2 kassen, dem GKV-Spitzenverband sowie den betroffenen Vertretungen der Einrichtungen, der Betroffenenvertretungen, der Politik und der Forschung zur Verfügung gestellt. 2. Problemhintergrund und gesetzlicher Rahmen 2.1 Stationäre Pflegeeinrichtungen Etwa 2,9 Millionen Menschen in Deutschland sind derzeit pflegebedürftig, die Mehrheit der Pflegebedürftigen wird im häuslichen Umfeld versorgt, davon etwa Personen teilstationär Pflegebedürftige (27%) leben in rund stationären Pflegeeinrichtungen und werden von mehr als Beschäftigten betreut. Die Anzahl der Pflegebedürftigen nimmt seit Jahren zu, damit auch der Bedarf an Pflegefachkräften. Stationäre Pflege ist überwiegend weiblich; über 70% der Pflegebedürftigen und ca. 85% der Beschäftigten sind Frauen (Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2015). Pflegebedürftigkeit beruht grundsätzlich auf multifaktoriell verursachten chronischen Erkrankungen oder Behinderungen. Zu den häufigsten Erkrankungen, die zur Pflegebedürftigkeit führen, gehören neben Frakturen (häufig nach Unfällen) insbesondere Hirngefäßerkrankungen (Schlaganfälle, andere chronische Erkrankungen der inneren Organe und des Bewegungsapparates, schwere rheumatische Erkrankungen, Krankheiten des Skelett- und Bewegungsapparates, psychische Erkrankungen sowie Beeinträchtigungen der Sinnesorgane) befanden sich 39% der Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen in der Pflegestufe I, 40% in der Pflegestufe II und 21% in der Pflegestufe III (WIdO-Pflegereport 2017; S. 5, 265). Die Belastungen der Beschäftigten in der professionellen Pflege sind überdurchschnittlich hoch, dies spiegelt sich an der Arbeitsunfähigkeitsquote ab. So ist der Krankenstand in den Berufen in der Altenpflege zwischen 2012 und 2016 von 6,8 Prozent um 0,7 Punkte auf 7,5 Prozent gestiegen (AOK Fehlzeiten-Report 2013 und 2017). Damit liegt er aktuell um 2,2 Punkte über dem bundesweiten Durchschnittswert von 5,3 Prozent (2012: 4,9%) und ist damit auch etwas schneller als der Durchschnitt gestiegen. 20a SGB V Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten (1) Lebenswelten im Sinne des 20 Absatz 4 Nummer 2 sind für die Gesundheit bedeutsame, abgrenzbare soziale Systeme insbesondere des Wohnens, des Lernens, des Studierens, der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie der Freizeitgestaltung einschließlich des Sports. Die Krankenkassen fördern unbeschadet der Aufgaben anderer auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen nach 20f Absatz 1 mit Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten insbesondere den Aufbau und die Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen. Hierzu erheben sie unter Beteiligung der Versicherten und der für die Lebenswelt Verantwortlichen die gesundheitliche Situation einschließlich ihrer Risiken und Potenziale und entwickeln Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation sowie zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten und unterstützen deren Umsetzung. [ ]
3 20b SGB V Betriebliche Gesundheitsförderung (1) Die Krankenkassen fördern mit Leistungen zur Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung) insbesondere den Aufbau und die Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen. Hierzu erheben sie unter Beteiligung der Versicherten und der Verantwortlichen für den Betrieb sowie der Betriebsärzte und der Fachkräfte für Arbeitssicherheit die gesundheitliche Situation einschließlich ihrer Risiken und Potenziale und entwickeln Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation sowie zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten und unterstützen deren Umsetzung. Für im Rahmen der Gesundheitsförderung in Betrieben erbrachte Leistungen zur individuellen, verhaltensbezogenen Prävention gilt 20 Absatz 5 Satz 1 entsprechend. [ ] 5 SGB XI Prävention in Pflegeeinrichtungen, Vorrang von Prävention und medizinischer Rehabilitation (1) Die Pflegekassen sollen Leistungen zur Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach 71 Absatz 2 für in der sozialen Pflegeversicherung Versicherte erbringen, indem sie unter Beteiligung der versicherten Pflegebedürftigen und der Pflegeeinrichtung Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation und zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten entwickeln sowie deren Umsetzung unterstützen. Die Pflichten der Pflegeeinrichtungen nach 11 Absatz 1 bleiben unberührt. [ ] Seit Beginn der Pflegeversicherung wurden präventive Ansätze in der stationären Pflege verankert. Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff werden die gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit in den alltäglichen Aktivitäten umfänglicher erfasst. Unter diesem Gesichtspunkt lassen sich Ansatzpunkte für Präventionsleistungen systematisch identifizieren, um dem Entstehen und Fortschreiten von Pflegebedürftigkeit entgegenzuwirken. Mit dem Inkrafttreten des Präventionsgesetzes 2015 wurden Pflegekassen aufgefordert unter Beteiligung der versicherten Pflegebedürftigen und der Pflegeeinrichtung Präventionsleistungen in stationären Pflegeeinrichtungen zu erbringen ( 5 SGB XI). Die neuen Leistungen sollen die bestehenden Leistungen der aktivierenden Pflege nach 11 SGB XI nicht ersetzen, sondern ergänzen, bestenfalls sogar zusätzliche Synergien erzeugen. Sie sollen wirtschaftlich, qualitätsorientiert und wirksam sein sowie zu den Qualitätskriterien der Einrichtungen passen. 11 SGB XI Rechte und Pflichten der Pflegeeinrichtungen (1) Die Pflegeeinrichtungen pflegen, versorgen und betreuen die Pflegebedürftigen, die ihre Leistungen in Anspruch nehmen, entsprechend dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse. Inhalt und Organisation der Leistungen haben eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde zu gewährleisten. [ ]
4 113a Expertenstandards zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege (1) Die Vertragsparteien nach 113 stellen die Entwicklung und Aktualisierung wissenschaftlich fundierter und fachlich abgestimmter Expertenstandards zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege sicher. Expertenstandards tragen für ihren Themenbereich zur Konkretisierung des allgemein anerkannten Standes der medizinisch-pflegerischen Erkenntnisse bei. Dabei ist das Ziel, auch nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit Leistungen zur Prävention und zur medizinischen Rehabilitation einzusetzen, zu berücksichtigen. [ ] 2.2 Wohnstätten für Menschen mit Behinderungen In Deutschland leben 7,6 Millionen schwerbehinderte Menschen. 51% davon sind Männer. 55% sind älter als 65 Jahre. Nach der Ursache der Behinderung sind 3,5% angeborene Behinderungen, 86% aufgrund einer allgemeinen Krankheit und 1,7% aufgrund eines Unfalles oder Berufsunfalles. Mehrheitlich sind mit 61% körperliche Behinderungen sowie 21% zerebrale Störungen, geistige und seelische Störungen anzutreffen (vgl. BMAS, Zweiter Teilhabebericht 2016) Ca Menschen mit Behinderungen leben in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Davon sind Personen Kinder und Jugendliche mit (drohenden) seelischen Behinderungen ( 35a SGB VIII). Von diesen sind 65% Jungen, 35% Mädchen; 71% sind jünger als 18 Jahre, 29% sind zwischen 18 und 21 Jahre alt. In stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe nach 53ff. SGB XII leben Personen. Davon sind 60% männlich und 40% weiblich. Etwa 2,4% von ihnen (4.607) sind unter 18 Jahre alt, der größte Teil ist mit etwa 87% zwischen 18 und 65 Jahre ( Personen), etwa 10,6% sind älter als 65 Jahre (vgl. ebd.). Allein die Verbände der freien Wohlfahrtspflege betreiben etwa stationären Einrichtungen, in denen ungefähr Beschäftigte arbeiten (Gesamtstatistik der Einrichtungen und Dienste der Freien Wohlfahrtspflege, Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, 2012). Auch in stationären Behinderteneinrichtungen weist Vieles auf sehr hohe Belastungssituationen der dort Beschäftigten hin (vgl. L. Habermann-Horstmeier, K. Limbeck: Arbeitsbelastung: Welchen Belastungen sind die Beschäftigten in der Behindertenbetreuung ausgesetzt?. In: ASU, Ausgabe: ). Insgesamt jedoch ist die Datenlage auf diesem Feld sehr dünn, der Forschungsbedarf damit sehr hoch. Die wesentlichen gesetzlichen Grundlagen für Menschen mit Behinderungen und für die Einrichtungen der Eingliederungshilfe sind vor allem im 9. und 12. Sozialgesetzbuch (SGB IX und XII) verankert. Die Bestimmungen zur Gesundheitsförderung und Prävention nach den 20ff. SGB V gelten entsprechend (s.o.). Im Präventionsgesetz von 2015 werden Menschen mit Behinderung explizit als Zielgruppe definiert, deren Belangen auch bei Leistungen zur primären Prävention und zur Gesundheitsförderung besonders Rechnung zu tragen ist (vgl. Begründung Präventionsgesetz, BT-Drs. 18/4282, S. 32f.)
5 3. Projektzeitplan Das Forschungsförderprojekt ist auf vier Jahre angelegt. Im ersten Jahr erfolgen eine umfassende Daten- und Literaturrecherche sowie eine Status-Quo-Erhebung zu bestehenden Qualitätsindikatoren. Im zweiten Jahr sollen für alle Zielbereiche und Lebenswelten die Qualitätsindikatoren bewertet, weiterentwickelt und ggf. neu entwickelt werden. Im dritten Projektjahr werden Qualitätskonzepte und -instrumente erstellt, die dann schließlich im vierten Jahr pilotiert und in ihrer Anwendung in der Praxis getestet werden. Ansprechpartnerin beim AOK-Bundesverband Projektleitung: Anke Tempelmann Rosenthaler Straße Berlin
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