Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht. Referat beim DAT am 7. Juni 2013

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1 Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht Referat beim DAT am 7. Juni 2013 Liebe Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht : wir - Ihr Geschäftsführender Ausschuss haben uns im Herbst 2010 auf den langen und mitunter auch einigermaßen beschwerlichen Weg gemacht, die anwaltliche Satzungsversammlung von der Notwendigkeit dieser neuen Fachanwaltsbezeichnung zu überzeugen. Wir haben uns genau und lange überlegt, ob wir diesen Vorstoß wagen wollen und sollen. Wir haben Sie - unsere Mitglieder - befragt und dazu im Oktober 2010 einen sehr gut besuchten Workshop in Frankfurt durchgeführt. Wir haben das Projekt im Mitteilungsheft der Arbeitsgemeinschaft, bei unseren Seminaren und in vielen persönlichen Gesprächen beworben. An die breite anwaltliche Öffentlichkeit sind wir mit einem Artikel im Novemberheft 2012 des DAV-Anwaltsblattes gegangen.

2 Seite 2 Auf diese Initiativen haben wir von vielen Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft sehr positive Reaktionen erhalten. Das hat uns ermutigt, unser Projekt weiter zu verfolgen. Kritik gab es nur vereinzelt und dann in der Regel nicht ablehnend, sondern positiv-konstruktiv mit Vorschlägen, wie man unsere Idee noch besser, schneller, erfolgversprechender umsetzen könnte bzw. sollte. Zu Einzelheiten komme ich später. Zunächst stand aber folgende Vorfrage: Lohnt sich das überhaupt? Macht der Erwerb eines Fachanwaltstitels überhaupt Sinn? Was bringt eigentlich ein Fachanwaltstitel? Der Kollege Dr. Kilian / Köln hat in seinem Aufsatz zur Anwaltlichen Spezialisierung in Heft 2012 des DAV- Anwaltsblattes, Seite 106 ff. diese Frage gestellt und beantwortet. Er hat sich dabei auf die Ergebnisse mehrerer Untersuchungen des Soldan-Instituts für Anwaltsmanagement gestützt. Zu den zentralen Beweggründen für den Erwerb eines Fachanwaltstitels zählt danach wenig überraschend die Erwartung, Wettbewerbsvorteile am Markt zu erlangen. Deutlich ist auch das Motiv, den persönlichen Umsatz zu steigern. Und das nicht ohne Grund. Denn das Fazit der Untersuchun-

3 Seite 3 gen lautet: Wer einen Fachanwalt hat, ist in der Regel zufriedener - und verdient mehr. Für die von uns angestrebte Fachanwaltsbezeichnung Internationales Wirtschaftsrecht besonders bedeutsam ist aber noch ein weiteres Ergebnis der Untersuchungen. Ein Ergebnis, das mit der Differenzierung nach Kanzleigröße zusammenhängt. Dr. Kilian berichtet, dass wirtschaftliche und finanzielle Anreize für den Erwerb des Fachanwaltstitels bei Anwälten aus Kleinkanzleien deutlich stärker ausgeprägt sind als bei Anwälten aus größeren Sozietäten. Dies ist wie er wohl zu Recht vermutet darauf zurückzuführen, dass in kleineren beruflichen Zusammenschlüssen Spezialisierungen stärker auf Personen zurückgeführt werden, während in größeren Zusammenschlüssen vor allem die Kanzlei oder ein Team für eine besondere Spezialisierung steht und ein Fachanwaltstitel für die Akquise entbehrlicher ist. Was bedeutet das für die Fachanwaltsbezeichnung Internationales Wirtschaftsrecht? Es bedeutet, dass dieser Fachanwaltstitel aller Voraussicht nach bei in großen, international vernetzten Anwaltskanzleien tätigen Anwälten kaum auf Interesse stoßen wird. Denn Mandanten, welche eine internationale Anwaltskanzlei beauftragen, setzen als selbstverständ-

4 Seite 4 lich voraus, dass die dort tätigen Anwälte mehrsprachig sind und sich mit internationalen Rechtsbezügen auskennen. Anders ist das bei Anwälten, die in kleineren Kanzleien (oder sogar als Einzelanwälte) tätig sind, zumal außerhalb der Großstädte. Und genau das sind, wie wir wissen, bei weitem die Mehrzahl unserer Mitglieder. Diese Anwälte also die meisten von Ihnen - könnten mit einem Fachanwaltstitel Internationales Wirtschaftsrecht ihre besondere Spezialisierung also zukünftig besser vermarkten und dadurch erfolgreicher bei der Akquise werden. Wir meinen also, dass es sehr gute Gründe für die von uns angestrebte neue Fachanwaltsbezeichnung gibt gerade für Sie, unsere Mitglieder, die sich im Wettbewerb tagtäglich profilieren müssen, aber eben keinen international klingenden Kanzleinamen wie viele Großkanzleien führen oder in sonstiger Weise ihre internationale Kompetenz sichtbar machen können. Die neue Fachanwaltsbezeichnung soll aber nicht nur uns selbst nützen. Sie zielt ferner und das ist das rechtspolitische Argument - darauf, dem mittelständisch geprägten, kostenbewussten deutschen wie ausländischen Unternehmer - also dem typischen Mandanten auch für internationalrechtli-

5 Seite 5 che Fragen - ein objektives Kriterium an die Hand zu geben für die Auswahl des zu ihm passenden Anwalts. Das politische Ziel der Transparenz des Anwaltsmarktes muss auch auf dem immer wichtiger werdenden Feld des internationalen Wirtschaftsverkehrs sichergestellt werden. Anderenfalls ist eine weitere Konzentration des Marktes für internationalrechtliche Beratungsleistungen auf die schon jetzt im deutschen Markt tätigen Großkanzleien mit englischen oder USamerikanischen Wurzeln absehbar! Soviel zur Einleitung! Jetzt zur Sache. Trotz der bereits erwähnten positiven Reaktionen aus der Basis von Ihnen, den mit internationalen Rechtsfällen tätigen Kollegen und Kolleginnen dürfen wir nicht übersehen, dass es in der Satzungsversammlung eine gewisse Skepsis gegenüber der Einführung neuer Fachanwaltsbezeichnungen gibt um es diplomatisch auszudrücken. Dass ein gewisser Sättigungsgrad erreicht ist, gekennzeichnet von 20 bereits existierenden Fachanwaltsbezeichnungen und der Frage, ob das nicht schon viel zu viele sind.

6 Seite 6 Fachanwaltsbezeichnungen, deren überwiegende Anzahl in Abkehr von der reinen Lehre geschaffen wurden, nach der es solche Bezeichnungen nur für diejenigen Rechtsgebiete geben sollte, für die das Gesetz Sondergerichtszweige vorsieht: Arbeitsrecht, Verwaltungsrecht, Sozialrecht, Steuerrecht. Fachanwaltsbezeichnungen, die nach Ansicht der Vertreter der reinen Lehre jede für sich ein Sündenfall waren, denen man jetzt nicht noch einen weiteren hinzufügen muss sofern es dafür nicht wirklich herausragende Gründe gibt. Es geht also darum und wird auch weiterhin darum gehen -, die Satzungsversammlung davon zu überzeugen, dass es für die Einführung der von uns vorgeschlagenen neuen Fachanwaltsbezeichnung Internationales Wirtschaftsrecht herausragende Gründe gibt! Und ich habe gute Nachricht für Sie: Den Fachausschuss 1 der Satzungsversammlung, der für die Fachanwaltschaften also auch für entsprechende neue Anträge zuständig ist, haben wir schon fast überzeugt. Am kommenden Montag steht dort die nächste Sitzung an, zu der Malaika Ahlers und ich geladen sind. Welche herausragenden Gründe gibt es? Der wichtigste Grund ist, dass es bisher keinen Fachanwalt gibt, der auf internationale Bezüge spezialisiert ist.

7 Seite 7 Eine erste Bestandsaufnahme zeigt nämlich, dass das Internationale bei den bereits existierenden Fachanwaltsbezeichnungen kaum eine Rolle spielt. Dafür genügt ein Blick in die aktuelle Fassung der FAO (Stand 1. November 2012), u.a. wo geregelt ist, welche theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen die Kandidaten nachweisen müssen, die eine Fachanwaltsbezeichnung erwerben wollen. Ich habe mir das einmal unter dem Blickwinkel angeschaut, bei welchen der existierenden Fachanwaltsbezeichnungen theoretische Rechtskenntnisse und praktische Erfahrungen mit internationalem Bezug eine Rolle spielen. Zunächst zu den theoretischen Kenntnissen: 9 Nr. 4 FAO Steuerrecht :.Grundzüge des Verbrauchssteuer- und internationalen Steuerrechts einschließlich des Zollrechts. 12 Nr. 3 FAO Familienrecht : Internationales Privatrecht im Familienrecht 14 Nr. 1 m) FAO Insolvenzrecht : Grundzüge des internationales Insolvenzrechts 14a Nr. 3 FAO Versicherungsrecht :

8 Seite 8 Grundzüge des internationalen Versicherungsrechts 14f Nr. 2 FAO Erbrecht : Internationales Privatrecht im Erbrecht 14g Nr. 7 FAO Transport- und Speditionsrecht : Internationales Privatrecht. In den Ziffern 1,2 und 8 wird ferner jeweils der grenzüberschreitende Transport bzw. Verkehr erwähnt. 14 h FAO Gewerblicher Rechtsschutz : In den Ziffern 1, 2 und 3 sind jeweils auch die europäischen Schutzrechte erwähnt. 14i Nr. 1 c) und 2 c) FAO Handels- und Gesellschaftsrecht : Internationales Kaufrecht, insbesondere UN-Kaufrecht sowie Internationales Gesellschaftsrecht, insbesondere Grundzüge des europäischen Gesellschaftsrechtes sowie der europäischen Aktiengesellschaft. 14j Nr. 1 FAO Urheber- und Medienrecht : internationale Urheberechtsabkommen

9 Seite 9 14k Nr. 7 FAO Informationstechnologierecht : Internationale Bezüge einschließlich Internationales Privatrecht 14l Nr. 2 FAO Bank- und Kapitalmarktrecht : Kreditvertragsrecht und Kreditsicherung einschließlich Auslandsgeschäft 14m Nr. 4 und 5 FAO Agrarrecht : Erwartet werden Kenntnisse im agrarspezifischen EU-Recht sowie Grundzüge der EU-Gerichtsbarkeit. Mit anderen Worten: Bei fast allen Fachanwaltsbezeichnungen rangiert das Internationale nur unter ferner liefen! Die vom Kandidaten nachzuweisenden Besonderen theoretischen Kenntnisse mit internationalem Bezug beschränken sich in der Regel auf das jeweilige fachspezifische IPR. Kenntnisse des internationalen Verfahrensrechts werden praktisch nie verlangt. Materielle internationalrechtliche Kenntnisse werden allenfalls in Grundzügen erwartet. Eine Ausnahme bildet allenfalls der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, der vertiefte Kenntnisse im Internationalen Kaufrecht, insbesondere

10 Seite 10 UN-Kaufrecht voraussetzt, beim Gesellschaftsrecht aber schon deutlich zurückhaltender nur Kenntnisse im Internationalen Gesellschaftsrecht, insbesondere Grundzüge des europäischen Gesellschaftsrechtes sowie der europäischen Aktiengesellschaft erwartet. Beim Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht werden Kenntnisse im Bereich des Auslandsgeschäftes vorausgesetzt. Der Fachanwalt für Agrarrecht muss Kenntnisse im EU-Recht nachweisen was nicht verwundert, wenn man bedenkt, dass unser Agrarrecht heute weit überwiegend in Brüssel gemacht wird. Von wenigen, eng begrenzten Ausnahmen abgesehen werden umfassende materielle Rechtskenntnisse mit internationalem Bezug und Kenntnisse internationaler Verfahrensvorschriften also bei keiner der existierenden Fachanwaltsbezeichnungen vorausgesetzt! Und nicht nur das: Noch viel weniger wird bei den in 5 FAO geregelten Besonderen praktischen Erfahrungen verlangt, die der Kandidat für den Erwerb einer Fachanwaltsbezeichnung nachweisen muss:

11 Seite 11 bei keiner einzigen Fachanwaltsbezeichnung ist der Nachweis auch nur eines einzigen persönlich und weisungsfrei bearbeiteten Falles mit internationalem Bezug erforderlich! Auch nicht beim Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, der also zwar internationales Handelsrecht und Gesellschaftsrecht letzteres in Grundzügen - in den Vorbereitungslehrgängen gebüffelt haben, aber über keinerlei praktische internationale Erfahrungen verfügen muss! Der keine Ahnung vom internationalen Verfahrensrecht haben muss! Das ist zuwenig! Es entspricht nicht dem heutigen Anforderungsprofil an den Anwalt! Deutschland ist eine Exportnation. Es liegt in der Mitte von Europa. Hier leben Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Die rechtsuchenden Bürger erwarten von uns Anwälten die Befähigung, sie bei grenzüberschreitenden Transaktionen zu begleiten. Die Einflüsse des Europarechts sind allgegenwärtig. Natürlich könnte man jetzt daran denken, bei den von mir zitierten Regelungen der FAO nachzubessern. Von den zukünftigen Kandidaten also nicht nur Kenntnisse des fachspezifischen IPR und Grundzüge des materiellen Rechtes, sondern vertiefte Kenntnisse bspw. im internationalen Kindschaftsrecht, mit internationalen Patentabkommen, im interna-

12 Seite 12 tionalen Arbeitsrecht mit Entsendeverträgen und grenzüberschreitenden Betriebsvereinbarungen etc. etc. zu verlangen. Und vom zukünftigen Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bspw. Kenntnisse im europäischen Vertragsrecht und im internationalen Wettbewerbsrecht. Außerdem vertiefte Kenntnisse im internationalen Verfahrensrecht, insbesondere den immer wichtiger werden internationalen Schiedsverfahren. Wir im GfA meinen aber, dass dies viel zu kurz gegriffen wäre. Denn zum einen würden solche Nachbesserungen alle jene bereits existierenden Fachanwälte nicht betreffen, die sich nicht freiwillig international fortbilden entsprechend den heutigen Anforderungen. Zum anderen würde auch der nachgebesserte Fachanwalt nicht der ausgewiesene internationale Spezialist sein, den wir brauchen. Ferner: Eine weitergehende "Internationalisierung" der bestehenden Fachanwaltsanforderungen würde denjenigen Kollegen den Zugang erschweren - insbesondere denjenigen außerhalb der großen Metropolen -, die ausschließlich national tätig sind. Dies wird immer noch häufig der Fall sein. Es gilt deshalb, durch die Einführung der neuen Fachanwaltsbezeichnung Internationales Wirtschaftsrecht die soeben aufgezeigte Lücke zu schließen. Bei der derzeitigen Möglich-

13 Seite 13 keit zur Führung von bis zu drei Fachanwaltsbezeichnungen würde der "Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht" nämlich gerade auch die Chance geben, in Ergänzung eines anderen fachlichen Schwerpunktes, häufig wohl des Handelsund Gesellschaftsrechts, aber auch etwa des Bank- und Kapitalmarktrechts oder des gewerblichen Rechtsschutzes usw., die hinzutretende Befähigung zur sach- und rechtskundigen Bearbeitung gerade internationaler Fallgestaltungen dem rechtsuchenden Bürger deutlich zu machen. Unser Vorschlag und Definition: Um die aufgezeigte Lücke zu schließen und Fachanwaltsfähig zu machen, war zunächst erforderlich, das Fachgebiet zu definieren. Es muss nach den Vorgaben der Satzungsversammlung hinreichend breit, schwierig und abgrenzbar sein. Die Fachanwaltsbezeichnung Internationales Wirtschaftsrecht erfüllt diese Anforderungen. Das Fachgebiet ist durch seine Beziehung zu Wirtschaftsfragen von anderen Fachgebieten klar abgrenzbar. Es ist durch den geforderten internationalen Bezug hinreichend eigenständig, gleichzeitig als Querschnittsmaterie aber auch breit aufgestellt. Wegen des Erfordernisses des Umganges mit dem IPR und fremden

14 Seite 14 Rechtsordnungen, anderen Kulturen sowie anderen Sprachen beim Auftreten vor Gerichten in Deutschland und im Ausland ist das Fachgebiet schwierig. Gerade das im vergangenen Jahrzehnt stark fortentwickelte Kollisionsrecht ROM I, ROM II - für sich allein ist rechtlich häufig so anspruchsvoll, dass es vom Allgemeinanwalt in der Regel nicht beherrscht wird. Ein Allgemeinanwalt wird ferner wahrscheinlich nie dazu kommen, vor dem EuGH oder auch nur dem Gericht erster Instanz aufzutreten. Er wird weder vertiefte Kenntnisse im Europäischen Wettbewerbsrecht haben noch jemals an internationalen Schiedsverfahren beteiligt sein. Das sind Fälle für den Spezialisten, also den zukünftigen Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht! Themenvielfalt, Schwierigkeit und Komplexität dieser Rechtsmaterie werden eindrucksvoll durch die Vielfalt internationalrechtlicher Veröffentlichungen und Fachzeitschriften (RIW, GRUR International, IHR etc.) belegt. Nicht in Betracht kommt hingegen nach unserer Meinung eine neue Fachanwaltsbezeichnung Internationales Handelsrecht. In einer Exportnation, wie es Deutschland ist, sollte jeder Unternehmensberatende Anwalt mit den internationalen handelsrechtlichen Bezügen seiner Arbeit vertraut sein. Er

15 Seite 15 muss das einheitliche Kaufrecht kennen, die INCOTERMS und die UNIDROIT-Regeln, um nur die allerwichtigsten Rechtsgrundlagen zu nennen. Völlig zu Recht werden deshalb vom Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht vertiefte theoretische Kenntnisse in diesen Rechtsbereichen erwartet, siehe 14i Nr. 1c) FAO wenngleich, wie erwähnt, keine praktischen Erfahrungen. Eine Alternative wäre allenfalls in Anlehnung an die Bezeichnung unserer Arbeitsgemeinschaft - der Fachanwalt für Internationalen Rechtsverkehr. Indes: wenn man es ernst nimmt, müsste dieses Fachgebiet auch die Rechtsbereiche des internationalen Familienrechts, des gesamten Ausländerrechts einschließlich des Asylrechtes und Staatsangehörigkeitsrechtes und schließlich auch das Völkerrecht einschließen. Das ist eindeutig nicht fokussiert genug. Und genau deshalb meinen wir, dass der von uns vorgeschlagene Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht der richtige Weg ist! Zum Entwurf in die FAO einzufügender Änderungen: Alle Einzelheiten ergeben sich aus dem von uns erarbeiteten Entwurf für die Einfügung eines 5 (1) lit. u) FAO, eines 5 (2) Satz 2 FAO und eines 14n FAO, der sich auf dieser Fo-

16 Seite 16 lie befindet und den wir gerne im Anschluss an diesen Vortrag mit Ihnen besprechen wollen. Vorab nur Folgendes: Die Anzahl der Fälle, welche der Bewerber im Rahmen seiner besonderen praktischen Erfahrungen nachweisen muss, ist in unserem Entwurf des 5 (1) lit. u FAO auf 50 begrenzt. Wir wissen, dass dies unteres Limit ist: nur der Fachanwalt für IT-Recht hat eine vergleichbar geringe Fallzahl vorzuweisen, während bei anderen Fachanwaltsbezeichnungen mindestens 60, meist 80 oder sogar mehr als 100 Fälle das Maß sind. Die Begründung ist einfach: Fälle mit internationalem Bezug sind in der Regel deutlich komplexer als bspw. ein Fall aus dem Individualarbeitsrecht oder dem Markenrecht. Das rechtfertigt die geringe Fallzahl. Auch wird es sich nicht selten um Verfahren vor Schiedsgerichten auch als Schiedsrichter - oder ausländischen (einschließlich EU) Gerichten handeln: dem trägt die von uns vorgeschlagene Formulierung Rechnung, welche derartige Verfahren als rechtsförmliche Verfahren anerkennt. Zum Formulierungsvorschlag des 14 n FAO vorab Folgendes: Hauptfächer sind die in den Nr. 3, 4 und 5 aufgeführten Rechtsgebiete, aus denen der Kandidat nach unseren Vor-

17 Seite 17 stellungen insgesamt mindestens 15 Fälle nachweisen muss. Fremdsprachenkenntnisse gehören hingegen, wie Sie sehen, nicht zum Katalog der nachzuweisenden besonderen Kenntnisse. Das mag erstaunlich klingen: Denn kein Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht wird sehr weit kommen, wenn er nicht wenigstens passables Englisch spricht. Insofern wäre es wohl naheliegend, Fremdsprachenkenntnisse als Kriterium aufzunehmen. Nur: dafür fehlt wohl die Ermächtigungsgrundlage des Gesetzgebers. 59 b Abs. 2 Nr. 2 a BRAO spricht von Rechtsgebieten, in denen Fachanwaltsbezeichnungen verliehen werden können, und weist der Satzungsversammlung hierfür die Regelungskompetenz zu. Wegen dieses Wortlautes hat die Satzungsversammlung ursprünglich nur Fachanwaltsbezeichnungen für eindeutig abgegrenzte Rechtsbereiche geschaffen und sich dabei wie bereits erwähnt - an den Bereichen orientiert, für die der Gesetzgeber besondere Gerichtsbarkeiten geschaffen hat: Verwaltungsrecht, Arbeitsrecht, Sozialrecht etc. Erst beflügelt durch die Spezialistenentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 2004 ist es zu dem bekannten Umdenken gekommen. Statt des Rechtsgebietes liegt das Augenmerk jetzt auf dem Fachgebiet, also des Rechtsrat erfordernden Sachverhaltes, wie das Beispiel des

18 Seite 18 Fachanwaltes für IT-Recht sehr gut zeigt. Das ändert aber nichts daran, dass für die Aufnahme rechtsferner Kenntnisse, wie es Sprachkenntnisse oder besondere technische Kenntnisse (ich verweise erneut auf den Fachanwalt für IT-Recht) sind, im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des 59 b BRAO keine Regelungsbefugnis besteht. Aber wie bereits erwähnt: Das regelt sich vermutlich von selbst. Ein auf internationale Rechtsfragen spezialisierter Anwalt, der keine Fremdsprachenkenntnisse hat, wird es nicht weit bringen. Soviel dazu dass es so etwas wie einen Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht bisher noch nicht gibt. Wir haben bisher keine Fachanwaltsbezeichnung, welche die Befähigung zur Beratung bei Rechtssachen mit internationalem Bezug sachgerecht abbildet! Bevor ich jetzt zum Schluss und wir zur Erörterung kommen, möchte ich noch kurz auf den Bedarf für diese neue Fachanwaltsbezeichnung eingehen, also auf die Frage: Brauchen wir das wirklich?

19 Seite 19 Die Antwortet lautet: JA! Denn es gibt einen eindeutigen Bedarf. Wir meinen, dass eine breite Nachfrage nach internationalrechtlichen Beratungsleistungen durch die hohe Bedeutung internationaler wirtschaftlicher Beziehungen deutscher Unternehmen gewährleistet ist. Für mittelständische Unternehmen, geschweige denn Großunternehmen ist es heutzutage selbstverständlich, Tochtergesellschaften oder jedenfalls Repräsentanzen im europäischen Ausland, vielfach sogar auf anderen Kontinenten zu unterhalten. Viele Bürger unseres Landes haben Vermögen in anderen Ländern. Ehen zwischen Staatsangehörigen verschiedener Länder sind heute eine Selbstverständlichkeit, mit allen sich daraus ergebenden Fragen des Familiengüterrechtes und Erbrechtes. Wir brauchen also den Fachmann, der für die Mandatsarbeit mit internationalem Bezug ausgewiesenen ist. Das hilft dem rechtsuchenden Bürger. Aber nicht nur das: Ganz wichtig ist die Einführung dieser Fachanwaltschaft insbesondere für die Anwaltschaft selbst: Die mit ihr einhergehende und sichtbar werdende Spezialisierung führt zu einem Qualitätszuwachs und schärft das Profil des Anwaltes. Damit meine ich das möchte ich hier erneut betonen! - gerade nicht diejenigen Anwälte, die in großen Sozietäten tätig sind. Diese Fachan-

20 Seite 20 waltsbezeichnung ist gerade für Anwälte aus kleinen und mittelgroßen Kanzleien und solchen außerhalb der Großstädte zugeschnitten. Gerade sie können damit den Unternehmen in ihrer Region die heute mit ihren interessanten internationalen Fällen nicht selten zu den Großsozietäten in nahe gelegenen Großstädten gehen zeigen, dass auch sie über das erforderliche Know-How zur Bearbeitung solcher Fälle verfügen. Der positive Zuspruch für unsere Initiative kam deshalb bezeichnender Weise gerade von diesen Kolleginnen und Kollegen. Und nicht nur das: die Einführung einer Fachanwaltsbezeichnung Internationales Wirtschaftsrecht dient auch der Erhaltung und/oder Ausweitung anwaltlicher Tätigkeitsfelder im Wettbewerb mit Dritten! Die Schaffung dieser Fachanwaltschaft würde die Stellung deutscher Anwälte im Wettbewerb mit ausländischen Kollegen deutlich stärken. Die Notwendigkeit hierfür haben die im Jahre 2008 angestoßene Initiative Law made in Germany und ihre Hintergründe mehr als deutlich gezeigt. Das deutsche Recht und mit ihm die deutsche Anwaltschaft stehen im internationalen Wettbewerb. Es geht um die Teilhabe deutscher Anwälte am großen Kuchen von Beratungsleistungen mit internationalem Bezug.

21 Seite 21 So weit so gut. Das soll als Einführung genügen. Ich halte fest: nach unserem Verständnis innerhalb des Geschäftsführenden Ausschusses Ihrer DAV-ARGE Internationaler Rechtsverkehr erfüllt die Fachanwaltsbezeichnung Internationales Wirtschaftsrecht die von der Satzungsversammlung durchgehend als wichtig angesehenen Voraussetzungen: 1.) Dem Mandanten, der den ausgewiesenen Fachmann sucht, wird diese Suche erleichtert. 2.) Nur durch überragende Qualität und Spezialisierung kann die Anwaltschaft sich als alleinige Vertreterin in allen Rechtsangelegenheiten auf dem umkämpften Rechtsberatungsmarkt behaupten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!