Die Tatbestände der 823 Abs. 2, 826 und 831 BGB. Prof. Dr. Thomas Rüfner. Materialien im Internet:
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1 Gesetzliche Schuldverhältnisse Vorlesung am Die Tatbestände der 823 Abs. 2, 826 und 831 BGB Prof. Dr. Thomas Rüfner Materialien im Internet:
2 Der Tatbestand des 823 Abs. 2 BGB Gesetzesverletzung Verletzung eines Schutzgesetzes Gesetz: Art. 2 EGBGB! (Auch: Gewohnheits- und Richterrecht, nicht: Verkehrssicherungspflichten!). Muss zumindest auch den Schutz individueller Interessen bezwecken. Der Geschädigte muss zum geschützten Personenkreis gehören. Das verletzte Interesse muss vom Schutzgesetz erfasst sein. Rechtwidrigkeit folgt aus der Verletzung des Schutzgesetzes, wenn kein Rechtfertigungsgrund gegeben ist. Evtl. Verschuldensprüfung nach 823 Abs. 2 S. 2 Bei Normen des StGB gehören Rechtswidrigkeit und Verschulden bereits zu den Voraussetzungen der Schutzgesetzverletzung und brauchen nicht noch einmal erörtert zu werden! Schaden. Haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesetzesverletzung und Schaden. Prof. Dr. Th. Rüfner 2
3 Fall (nach BGH, BeckRS 2011, 05517) B, deren Alleingesellschafterin die Gemeinde L ist, betreibt einen Flughafen. Die Billigfluglinie X führt Flüge von und zu dem Flughafen durch und unterhält dort einen Stützpunkt. Um X an den Flughafen zu binden, gewährt B der X verschiedene Rabatten, Zahlungen und sonstige Leistungen. K, eine Konkurrentin der X, verlangt von B die Unterlassung dieser Vorzugsbehandlung für X. Prof. Dr. Th. Rüfner 3
4 Lösung (1) Vorüberlegung: Ein Unterlassungsanspruch analog 1004, 823 Abs. 2 BGB (quasinegatorischer Schutz) wegen einer Gesetzesverletzung steht K dann zu, wenn die Gesetzesverletzung auch Grundlage eines Schadensersatzanspruchs nach 823 Abs. 2 BGB sein könnte. K muss nicht warten, bis ein ersatzfähiger Schaden eingetreten ist! Problem: Verstößt die Vorzugsbehandlung für X gegen ein Schutzgesetz? Prof. Dr. Th. Rüfner 4
5 Lösung (2) Die Privilegierung der X verstößt gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV: (3) 1 Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. 2 Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Artikel 107 mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. 3 Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat. Ist das beihilferechtliche Durchführungsverbot ein Schutzgesetz für K? Prof. Dr. Th. Rüfner 5
6 Lösung (3) Die Normen des AEUV sind Gesetz im Sinne von Art. 2 EGBGB. Die Normen bezwecken auch den Schutz von Mitbewebern vor Einbußen durch Wettbewerbsverzerrungen. Unterlassungsanspruch besteht. Anders als der Schadensersatzanspruch aus 823 Abs. 2 BGB setzt ein Unterlassungsanspruch analog 1004 BGB in Verbindung mit 823 Abs. 2 BGB kein Verschulden voraus. Prof. Dr. Th. Rüfner 6
7 Der Tatbestand des 826 BGB Schädigung Jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage des Opfers. U.U. auch die Beeinträchtigung von Nichtvermögensinteressen Vorsatz Bedingter Vorsatz genügt. Problem: Leichtfertiges Verhalten / Aussagen ins Blaue hinein. Sittenwidrigkeit Besondere Verwerflichkeit des Verhaltens Schaden Haftungsausfüllende Kausalität: Kausalzusammenhang zwischen primärer Schädigung und Folgeschäden Auch Folgeschäden müssen vom Vorsatz des Schädigers erfasst sein. Prof. Dr. Th. Rüfner 7
8 Fall (vgl. BGH, NJW 1981, 2184) V übermittelt K ein notariell beurkundetes verbindliches Kaufangebot für ihren Bauernhof. K, die den Bauernhof übernehmen möchte, weil sie ihren eigenen Hof im Zusammenhang mit dem Bau eines Verkehrsflughafens an die Bundesrepublik Deutschland (Bundesstraßenverwaltung) veräußern will, nimmt das Angebot an, doch die Durchführung des Kaufvertrages verzögert sich, weil die erforderliche Verkaufsgenehmigung des Landkreises aufgrund einer Intervention der Bundesrepublik Deutschland (Bundesbahn) nicht erteilt wird. Als die Genehmigung vorliegt, erfährt K, dass V das Grundstück inzwischen an die Bundesrepublik Deutschland (Bundesbahn) verkauft und übereignet hat. Die Bundesrepublik hat V im Kaufvertrag zusätzlich zum Kaufpreis die Freistellung von allen Ansprüchen des K zugesichert. Prof. Dr. Th. Rüfner 8
9 Lösung Anspruch des K gegen die Bundesrepublik auf Übereignung des Grundstücks: Schädigung des K? + Vorsatz? +, die Pläne des K waren den handelnden Behördenmitarbeitern bekannt. Sittenwidrig: Die Verleitung zum Vertragsbruch, insbesondere durch Zusicherung einer Freistellung, ist sittenwidrig. Schaden: Verlust des Grundstücks. Übereignung an K ist Naturalrestitution im Sinne von 249 Abs. 1 BGB! Prof. Dr. Th. Rüfner 9
10 Der Tatbestand des 831 BGB Stellung als Verrichtungsgehilfe Erforderlich: Weisungsgebundenheit / soziale Abhängigkeit vom Geschäftsherrn. Bei Arbeitnehmern stets zu bejahen. Verwirklichung des einer Norm in 823 ff. durch den Gehilfen. Die Tat muss rechtswidrig, aber nicht schuldhaft sein. Handeln in Ausführung nicht bei Gelegenheit der Verrichtung. Auswahl- oder Überwachungsverschulden des Geschäftsherrn. Wird vermutet. Schaden Prof. Dr. Th. Rüfner 10
11 Regelungen der Haftung für Dritte im BGB 831 BGB 278 BGB 31 BGB Verrichtungsgehilfen Erfüllungsgehilfen Organe Deliktische Haftung Vertragliche Haftung Deliktische und vertragliche Haftung Anspruchsgrundlage Zurechnungsnorm Zurechnungsnorm Exkulpation möglich Keine Exkulpation möglich Keine Exkulpation möglich Prof. Dr. Th. Rüfner 11
12 Weitere deliktische Anspruchsgrundlagen 824 Kreditgefährdung. 825 Bestimmung zu sexuellen Handlungen. 832 Eltern haften für ihre Kinder. 833 Tierhalterhaftung. Teils Beweislastumkehr, teils Gefährdungshaftung. 836 BGB Haftung des Grundstücksbesitzers. 839 BGB Amtspflichtverletzung. Prof. Dr. Th. Rüfner 12
13 Gesetzliche Schuldverhältnisse Vorlesung am Fälle zur Wiederholung und Vertiefung Prof. Dr. Thomas Rüfner Materialien im Internet:
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