Kräuter und Arzneipflanzen für Nutztiere: lang tradiert, neu entdeckt

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1 Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL Kräuter und Arzneipflanzen für Nutztiere: lang tradiert, neu entdeckt Michael Walkenhorst 11. Januar 2018

2 Geschichtliches Selbstmedikation von Wildtieren vermutlich die älteste Form der Phytotherapie Phytotherapie ist ohne Zweifel eine der ältesten Methoden zur Behandlung von Krankheiten bei Mensch und Tier Historisch lange Zeit keine besondere Differenzierung zwischen Mensch und Tier älteste Quelle Blütenstaubanalyse aus einem Grabfund im Irak ca v. Chr. Therapieform bei allen «Naturvölkern» und alten Hochkulturen Ununterbrochene Therapieform bis heute z.b. in Asien (Trad. Chin. Medizin, Ayurvedische Medizin)

3 Geschichtliches Asklepios von Thessalien (1 000 v. Chr.): Zuerst das Wort, dann die Pflanze, zuletzt das Messer Byzantinische Hippiatrika-Sammlung (ca. 900 v.chr.): mehr als 250 pflanzliche Rezepturbestandteile für die Behandlung von Pferden Dioskurides (100 n. Chr.) De Materia Medica, Kräuterbuch mit insgesamt 600 Pflanzen Galenus (200 n. Chr.) Systematisierung von Anwendung, Zubereitung und Lagerung von Arzneimitteln

4 Geschichtliches Paracelsus ( ) Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift ist.

5 Geschichtliches Veterinärpharmakologische Vorlesungen und Lehrbücher bis 1950 in grossen Teilen auf Arzneipflanzen basiert (z.b. Delafond, 1853; Fröhner, 1900; Steck 1944) Synthetische Arzneimittel hatten und haben ihren Ursprung oft in Heilpflanzen, sind erst seit Anfang des 20. Jahrhundert bekannt und somit erst knapp 100 Jahre alt.

6 Inhaltsstoffe von Pflanzen Primäre Pflanzeninhaltsstoffe: Fett Eiweiß Kohlenhydrate Eigenversorgung der Pflanze und Baustoffe

7 Inhaltsstoffe Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe: Stoffe in geringen Mengen, erfüllen für die Pflanze verschiedene Funktionen Warum machen Pflanzen das?

8 Inhaltsstoffe Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe: Stoffe in geringen Mengen, erfüllen für die Pflanze verschiedene Funktionen Warum machen Pflanzen das? Pflanzen können nicht (weg)laufen!!! Abwehr gegen Krankheiten, Schädlinge und Fressfeinde Anlockung von Bestäubern und Samenverbreitern Vermutlich zahlenmässig im Millionenbereich bekannt, nur erforscht Warum könnten Tier und Menschen das brauchen?

9 Sekundäre Inhaltsstoffe Chemisch betrachtet äusserst divers Pflanzen und ihre Auszüge sind immer Vielstoffgemische, die vielen Stoffe haben dabei die unterschiedlichste chemische Struktur Vielstoffgemische haben den Vorteil, dass sich z.b. wesentlich seltener Resistenzen ausbilden Multi Target Drugs

10 Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe Vielstoffgemisch mit Multi-Target-Wirkung: Die Phytotherapie legt einen Teil der Verantwortung für die Komposition der Vielstoffgemische in die «Hand» der viele Millionen Jahre alten Erfahrung der Pflanzen.

11 Nutztierkrankheiten Kinderkrankheiten Allgemeine Infektionskrankheiten Atmungstrakt Durchfallerkrankungen Krankheiten (fast ständig) laktierender oder reproduzierender Mütter Leber Stoffwechsel Verdauung Fruchtbarkeit Genitaltrakt Euterkrankheiten Bewegungsorgane (v.a. Klauen und Gelenke) Parasitosen 11

12 Nutztier- Kinderkrankheiten Nutztierkinder kommen mit einer wesentlich schlechteren immunologischen Ausrüstung zur Welt als Menschenkinder Nutztierkinder werden häufig einem frühzeitigen Standortwechsel unterzogen In Kombination äusserst ungünstige Lebens-Startbedinungen 12

13 Aktuelle Wissensbasis der Veterinärphytotherapie Historische Literatur Osteuropäische und asiatische Literatur Bisher wenige aber zunehmend mehr klinisch veterinärmedizinische Studien Aktuelle pharmazeutische und klinisch humanmedizinische Studien Erfahrungen praktizierender Tierärztinnen und Tierärzte Erfahrungen praktizierender Bäuerinnen und Bauern 13

14 Arzneipflanzeneinsatz bei Tieren in Europa aktuelle Anwendung als Hausmittel Verdauungstrakt z.b. Malve, Kamille und Leinsamen Atemwege z.b. Malve und Kamille Mayer et al.,

15 Studien zwischen Veröffentlichungen 2688 Anwendungsbeschreibungen 470 Pflanzenarten zum Einsatz bei Tieren Dokumentation hauptsächlich in Südeuropa (Italien, Spanien, Türkei) Haupteinsatzgebiete: Magen-Darm-Erkrankungen Hauterkrankungen Urogenitalerkrankungen Parasitosen Top 10 plant list: Malva sylvestris L. Vitis vinifera L. Urtica dioica L. Allium sativum L. Olea europeae L. Sambucus nigra L. Matricaria recutita L. Hypericum perforatum L. Fraxinus ornus L. Mayer et al., 2014 Scrophularia canina 15 L.

16 Ethnoveterinärmedizinische Forschung in der Schweiz Seit 2011 wurden insgesamt 10 Studien in unterdessen allen Kantonen durchgeführt Zwischenauswertung der 8 deutschsprachigen Kantone Haupteinsatzgebiete Hauterkrankungen Magen-Darm-Trakt-Erkrankungen Verabreichungsart Äusserlich Via Maul Wichtigste behandelte Tierart Rinder 16

17 Top 15 Pflanzenarten zum traditionellen Einsatz bei Nutztieren in der deutschsprachigen Schweiz Matricaria recutital L. Calendula officinalis L. Urtica dioica L. Symphytum officinale L. Coffea ssp. L. Rumex obtusifolius L. Hypericum perfotatum L. Arnica montana L. Linum usitatissimum L. Picea abies (L.) H. Karst Thymus vulgaris L. Malva neglecta Wallr. Quercus robur L. Camelia sinensis (L. ) Kuntze Rhamnus cartaticus L. 17