DEUTSCH-TSCHECHO-SLOWAKISCHER VERTRAG ÜBER STAATSANGEHÖRIGKEITS- UND OPTIONSFRAGEN VOM 20. NOVEMBER 1938
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- Sabine Abel
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1 DEUTSCH-TSCHECHO-SLOWAKISCHER VERTRAG ÜBER STAATSANGEHÖRIGKEITS- UND OPTIONSFRAGEN VOM 20. NOVEMBER 1938 Die Deutsche Regierung und die Tschecho-Slowakische Regierung, in dem Wunsche, die sich aus der Vereinigung der sudetendeutschen Gebiete mit dem Deutschen Reich ergebenden Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen zu regeln, haben zu Bevollmächtigten ernannt: die Deutsche Regierung den Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, Herrn Dr. Friedrich Gaus, und den Ministerialrat im Reichsministerium des Innern, Herrn Dr. Hans Globke. die Tschecho-Slowakische Regierung Herrn Dr. Antonin Koukal, Ministerialrat im Justizministerium in Prag, die sich über folgende Bestimmungen geeinigt haben: 1. Diejenigen tschecho-slowakischen Staatsangehörigen, die am 10. Oktober 1938 ihren Wohnsitz in einer mit dem Deutschen Reich vereinigten Gemeinde gehabt haben, erwerben unter Verlust der tschecho-slowakischen Staatsangehörigkeit mit Wirkung vom 10. Oktober 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie a) vor dem 1. Januar 1910 in dem mit dem Deutschen Reich vereinigten Gebiet geboren sind b) die deutsche Staatsangehörigkeit mit dem 10. Januar 1920 verloren haben c) Kinder Enkelkinder einer Person sind, auf die die Voraussetzung der Buchstaben a) b) zutreffen, d) Ehefrauen von Personen sind, auf die die Voraussetzungen der Buchstaben a), b) c) zutreffen. Tschecho-Slowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit, die am 10. Oktober 1938 ihren Wohnsitz außerhalb des früheren tschecho-slowakischen Staatsgebiets gehabt haben, erwerben unter Verlust der tschecho-slowakischen Staatsangehörigkeit mit Wirkung vom 10. Oktober 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie am 10. Oktober 1938 das Heimatrecht in einer mit dem Deutschen Reich vereinigten Gemeinde besessen haben. Eine Ehefrau erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit nicht, wenn sie ihr Ehemann nicht erwirbt.
2 2. Die Deutsche Regierung kann bis zum 10. Juli 1939 das Verlangen stellen, daß Personen nichtdeutscher Volkszugehörigkeit, die nach den Bestimmungen dieses Vertrages tschecho-slowakische Staatsangehörige bleiben und seit dem 1. Januar 1910 in das mit dem Deutschen Reich vereinigte Gebiet zugezogen sind sowie ihre die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit besitzenden Abkömmlinge das Deutsche Reich innerhalb einer Frist von drei Monaten verlassen. Die Tschecho-Slowakische Regierung wird diese Personen in ihr Gebiet aufnehmen. Die Tschecho-Slowakische Regierung kann bis zum 10. Juli 1939 das Verlangen stellen, daß Personen deutscher Volkszugehörigkeit, die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Vertrages tschechoslowakische Staatsangehörige sind und seit dem 1. Januar 1910 in das jetzige Gebiet der Tschecho-Slowakischen Republik zugezogen sind, sowie ihre Abkömmlinge die Tschecho-Slowakische Republik innerhalb einer Frist von drei Monaten verlassen. Diese Personen verlieren damit die tschecho-slowakische Staatsangehörigkeit; die Deutsche Regierung wird sie in ihr Gebiet aufnehmen. Dies gilt nicht für Personen, welche die tschecho-slowakische Staatsangehörigkeit nach dem 30. Januar 1933 erworben haben und bis zu dem genannten Zeitpunkt deutsche österreichische Staatsangehörige gewesen sind. 3. Personen nichtdeutscher Volkszugehörigkeit, die nach den Bestimmungen des 1 die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, können bis zum 29. März 1939 für die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit optieren. 4. Deutsche Volkszugehörige, die tschecho-slowakische Staatsangehörige bleiben, können bis zum 29. März 1939 für die deutsche Staatsangehörigkeit optieren. Dies gilt nicht für Personen, welche die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit nach dem 30. Januar 1933 erworben haben und bis zu dem genannten Zeitpunkt deutsche österreichische Staatsangehörige gewesen sind. Die Option wird erklärt 5. a) zugunsten der tschecho-slowakischen Staatsangehörigkeit in der Tschecho- Slowakischen Republik bei dem Ministerium des Innern in Prag, außerhalb der Tschecho-Slowakischen Republik bei der zuständigen tschechoslowakischen Vertretungsbehörde; b) zugunsten der deutschen Staatsangehörigkeit im Deutschen Reich bei der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde, außerhalb des Deutschen Reiches bei dem zuständigen deutschen Konsulat.
3 6. Die örtliche Zuständigkeit der in 5 genannten Stellen wird durch den Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes durch den Aufenthalt des Optanten bestimmt. Wird die Optionserklärung vor einer örtlich unzuständigen Stelle der in 5 bezeichneten Art abgegeben, so ist sie von dieser an die örtlich zuständige Stelle weiterzuleiten. Sie gilt als in dem Zeitpunkt abgegeben, in dem sie bei der ersten Stelle eingegangen ist. 7. Die Optionserklärung ist bei der in 5 genannten Behörde zu Protokoll schriflich abzugeben. Die Unterschrift unter der schriftlich abgegebenen Erklärung muß von einer amtlichen Vertretung des Staates, für den optiert wird, von einem Gericht einem Notar beglaubigt sein. Die Optionserklärung kann auch durch einen bevollmächtigten Vertreter abgegeben werden. Die Unterschrift unter der Vollmacht muß von einer der in Absatz 1bezeichneten Stellen beglaubigt sein. Für die Beglaubigung werden Gebühren, Abgaben, Stempel und sonstige Kosten nicht erhoben. 8. Die zuständige Behörde des Staates, für den optiert wird, prüft, ob die Voraussetzungen der Option vorliegen. In der Tschecho-Slowakischen Republik bleibt diese Prüfung dem Ministerium des Innern in Prag vorbehalten. Sind die Voraussetzungen für die Option erfüllt, so händigt die Behörde dem Optanten unverzüglich eine Optionsurkunde aus und gibt der von der anderen Regierung bestimmten Behörde hiervon Nachricht. In der Optionsurkunde sind auch die Familienmitglieder anzuführen, auf die sich die Wirkungen der Option erstrecken. Die Wirkungen der Option treten mit dem Eingang der Optionserklärung bei der Optionsbehörde ein. Das Optionsverfahren ist frei von Gebühren, Abgaben, Stempeln und sonstigen Kosten. 9. Zur Abgabe der Optionserklärung ist berechtigt, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Eine Ehefrau kann nicht selbständig optieren; die Option des Ehemannes wirkt für die Ehefrau. Dies gilt nicht, wenn die eheliche Gemeinschaft gerichtlich aufgehoben ist. Für Personen unter 18 Jahren, für Minderjährige von mehr als 18 Jahren, bei denen die Voraussetzungen für ihre Entmündigung vorliegen, sowie für solche Personen, die entmündigt unter vorläufige Vormundschaft (Obsorge) gestellt worden sind, wird die Option durch ihren gesetzlichen Vertreter ausgeübt, auch wenn dieser nicht optionsberechtigt ist. Für die Beurteilung der Voraussetzungen einer Optionserklärung im Sinne dieses Paragraphen ist der Zeitpunkt des Einganges der Optionserklärung bei der Optionsbehörde maßgebend.
4 10. Eine Option kann nicht zurückgenommen werden. Wenn jedoch Personen, für die der gesetzliche Vertreter das Optionsrecht ausgeübt hat, vor Ablauf der Optionsfrist das 18. Lebensjahr vollendet haben wenn vor Ablauf dieser Frist der Grund ihrer gesetzlichen Vertretung fortgefallen ist, können sie innerhalb der Optionsfrist die Option zurücknehmen. Auf die Zurücknahme der Option finden die Bestimmungen der 5 bis 7 entsprechende Anwendung. 11. Im Sinne dieses Vertrages gilt als Wohnsitz einer Person der Ort, an dem sie sich in der Absicht niedergelassen hat, sich dort dauernd aufzuhalten. Hat eine Person mehr als einen Wohnsitz, so ist der Ort maßgebend, den sie als ihren Wohnsitz bezeichnet. 12. Personen, die das Gebiet des Deutschen Reiches der Tschecho-Slowakischen Republik verlassen müssen, weil dieses Verlangen auf Grund des 2 gestellt worden ist, sowie Optanten, die bis zum 31. März 1940 ihren Wohnsitz in denjenigen Staat verlegen, für den sie optiert haben, dürfen das gesamte bewegliche Gut, das sie am Tage der Unterzeichnung dieses Vertrages besessen haben, mitnehmen und brauchen keine Abgaben hierfür zu entrichten. Ausgenommen hiervon sind bares Geld, Wertpapiere und Sammlungen, die für das Ausfuhrland von besonderer historischer kultureller Bedeutung sind; die Behandlung dieser Sachen bleibt einer besonderen Vereinbarung vorbehalten. 13. Zur Prüfung und Behandlung aller Fragen, die sich bei der Durchführung dieses Vertrages ergeben, wird ein Gemischter Ausschuß gebildet, in den jede der beiden Regierungen eine gleiche Zahl von Vertretern entsendet. Diesem Ausschuß obliegt insbesondere : 1. die Ausarbeitung von Vorschlägen für die Erleichterung des Austausches der Bevölkerung, sowie die Klärung der grundsätzlichen Fragen, die sich aus diesem Austausch ergeben; 2. die Prüfung von Zweifeln über Staatsangehörigkeitsfragen. Der Ausschuß kann nach Bedarf Unterausschüsse für bestimmte Bereiche bestellen. 14. Dieser Vertrag tritt am 26. November 1938 in Kraft. Ausgefertigt in doppelter Urschrift in deutscher und tschecho-slowakischer Sprache. Berlin, den 20. November 1938.
5 Friedrich Gaus Antonin Koukal Hans Globke [Quelle: Monatshefte für Auswärtige Politik 5 (1938), H.12, S ]
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