UMWELTPOLITIK SYMPOSIUM MACHT LÄRM MOTORRADFAHREN ERST SCHÖN? BERLIN, 6. SEPTEMBER 2002 ROTES RATHAUS

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1 UMWELTPOLITIK MACHT LÄRM MOTORRADFAHREN ERST SCHÖN? BERLIN, 6. SEPTEMBER 2002

2 Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Berlin, 6. September 2002 Rotes Rathaus 3 Zum Thema Nachdem wir beim Abgasverhalten der Motorräder einen großen Schritt nach vorne getan haben, muss auch bei der Lärmreduzierung eine deutliche Entwicklung erfolgen, um für das Zweirad eine bessere gesellschaftliche Akzeptanz zu erhalten. Das Bundesumweltministerium verfolgt mit diesem Symposium das Ziel, der Diskussion über ein lärmarmes und insgesamt umweltverträgliches future bike neuen Schwung zu verleihen. Das Symposium will an den 1997 in der BMU-Projektgruppe Motorrad und Umwelt begonnenen Dialog zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Kreisen und an das gleichnamige Symposium vom 25. September 2000 anknüpfen. Es soll helfen, eine breitere Basis für die notwendige Umweltverbesserung dieser Fahrzeuggruppe zu schaffen und den Dialog über ein umweltgerechtes future bike vor allem unter dem Gesichtspunkt des Lärmschutzes fortzusetzen. Das gilt für die Technik, aber ebenso für das Fahrverhalten der Motorradfahrer. Ziel der gemeinsamen Bemühungen soll es sein, einen Weg aufzuzeigen, der wenn möglich von allen Interessengruppen akzeptiert werden kann.

3 Programm 4 09:00 5 Eröffnung und Begrüßung Gila Altmann, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 09:10 8 Einleitender Vortag: Das Motorrad als Lärmquelle und Ansätze zur Lärmminderung Dr.-Ing. Gert Kemper, Ministerialrat a.d. 09:30 12 Verkehrslärm Belästigung, gesundheitliche Auswirkungen Dr. Maschke, Müller BBM, München 09:45 23 Belastung sensibler Gebiete Beispiele aus der Praxis Burkhard Stoyke, Deutscher Heilbäderverband e.v. 10:00 25 Rechtslage in Deutschland und Europa sowie Perspektiven Bernd Lange, Mitglied des Europäischen Parlaments 10:15 39 Motorrad und Umwelt Gerd Lottsiepen, Verkehrsclub Deutschland e.v. Bundesverband Herr Höpfner, IFEU-Institut, Heidelberg 11:05 46 Lasst mir mein Moped! Rene Bongartz, Bike-City.de, Bonn Warum ist der Motorradsound so wichtig? Prof. Dr. Ulrich Schulz, Universität Bielefeld 11: Motorradsound ein Problem? Statements der Motorradfahrerverbände Rolf Frieling, Biker Union und Michael Lenzen, Bundesverband der Motorradfahrer e.v. (BVDM) 11:55 64 Das umweltfreundliche Motorrad aus Sicht der Fachpresse Franz Josef Schermer, Schermer Verlag GmbH 12:10 68 Fahrverhalten Herr Vöbel, Fahrschule Vöbel, Bergisch Gladbach 13:45 70 Sound-Engineering mit Hörbeispielen Prof. Dr. Foken, Westsächsische Fachhochschule Zwickau 14:00 83 Geräuschemissionen im realen Verkehr - Möglichkeiten der Lärmminderung am Motorrad Dipl.-Ing. Heinz Steven, RWTÜV 14:45 96 Schalldämpferanpassung technische Möglichkeiten Rainer Wirtz, BASTRA ENGINEERING, Italien 15: Podiumsdiskussion Leitung: Gila Altmann Teilnehmer: Reiner Brendicke (IVM), Michael Lenzen (BVDM), Gerd Lottsiepen (VCD), Dr. Maschke (Müller BBM); Michael Pfeiffer (Motorrad), Prof. Dr. Ulrich Schulz (Uni Bielefeld) und Dipl.-Ing. Dr. Reiner Stenschke (UBA)

4 Eröffnungsrede Gila Altmann, Parlamentarische Staatssekretärin im 5 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Anrede, Zu unserem Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? freue ich mich, Vertreter von Herstellern und FahrerInnen und Experten der Motorrad-Szene hier so zahlreich begrüßen zu können. Zur Erinnerung: das BMU hatte 1997 eine Projektgruppe Umwelt und Motorrad eingesetzt, in der die verschiedenen gesellschaftlichen Kreise das Thema aufarbeiten sollten. In den letzten vier Jahren gab es dazu einen lebhaften Dialog, auch auf Messen und Ausfahrten - mit allen Höhen und Tiefen. Vor zwei Jahren gab es an dieser Stelle eine Diskussion zum Thema Emissionen, bei der die Abgas- und Verbrauchsfrage im Vordergrund stand. Heute soll es um die Lärmemissionen gehen. Hinsichtlich des Schadstoffausstoßes hat sich einiges getan. Im März dieses Jahres einigten sich der EU-Rat und das Europäische Parlament auf zwei verbindliche Stufen für anspruchsvollerer Abgasgrenzwerte an 2003 bzw In den nächsten fünf Jahren werden motorisierte Zweiräder auf das Abgasniveau der PKW gebracht. Einige Hersteller haben diese Entwicklung rechtzeitig vorhergesehen und mitgetragen und bieten bereits heute Modelle mit geregeltem Katalysator an. Erfreulich ist, dass die Nachfrage steigt. Beim Kraftstoffverbrauch (CO 2 -Emissionen) der Motorräder ist allerdings nach wie vor einiges im Argen. Motorräder verbrauchen heute in Abhängigkeit vom Fahrstil des Fahrers, dem Hubraum und der Leistung des Motors zwischen 4 und 8 Liter Benzin auf 100 km. Den Kraftstoffverbrauch drastisch zu senken, müsste eigentlich im finanziellen Interesse der Motorradfahrer liegen. Geldausgeben scheint aber beim Freizeitvergnügen keine Rolle zu spielen. Beim Lärmverhalten der Motorräder, dem Thema des heutigen Symposiums gehen die Emotionen besonders hoch, Verursacher und Leidtragende stehen sich scheinbar unversöhnlich gegenüber. Schon im Vorfeld dieses Symposiums hat das Thema gerade auch im Zusammenhang mit dem future bike -Projekt - einige Wellen geschlagen. Im BMU hat die Bearbeitung des Lärm-Themas Tradition. Bereits 1984 entstanden zusammen mit Porsche zwei Studien zur Lärmminimierung an Motorrädern - mit überraschend positiven Ergebnissen. Danach sind Schallreduktionen bei gleichzeitiger Leistungssteigerung mit wenig Aufwand durchaus möglich. Lärm ist kein besonderes Problem der Biker, sondern ein allgemeines, die Definition eher komplex. Bei Lärm handelt es sich um unerwünschten, störenden Schall, um akustischen Abfall. Die Messeinheit Dezibel gibt den komplexen Sachverhalt nur unzureichend wieder, da die Wahrnehmung von Lärm sehr stark vom subjektiven Empfinden beeinflusst wird. Davon unabhängig jedoch verursacht Lärm Stress, beeinträchtigt die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit und schadet der Gesundheit. Bei chronischen Lärmbelastungen oberhalb db(a) während des Tages und db(a) nachts heißt das von Schwerhörigkeit bis hin zur Schädigung des Herz-Kreislaufsystems und Herzinfarktrisiko. Besonders Kinder werden in ihrer psycho- sozialen Entwicklung beeinträchtigt.

5 6 Hier steht die Lärmwirkungsforschung noch relativ am Anfang, da die Ausmaße lange Zeit unterschätzt wurden. Fakt ist, dass sich 4/5 der Bevölkerung durch Lärm gestört fühlt, 60% speziell durch Straßenverkehrslärm, 20% mit potentiellen Gesundheitsgefährdungen. Auch die EU nimmt das Thema Lärm inzwischen ernst. So ist Mitte des Jahres die Umgebungsrichtlinie verabschiedet worden. Es gibt die Geräte- und Maschinen-Richtlinie und zum Schienenverkehr sind in Kürze Regelungen zur Lärmminderung zu erwarten. Nicht zuletzt der Fluglärm. Hier wird sich nicht nur national sondern auch europäisch und international etwas tun. Straßenverkehrslärm stellt neben Fluglärm eine der dominierenden Belastungen dar mit weiterhin steigenden Tendenzen. Das gilt auch für Zweiräder, deren Zahl in 2001 sprunghaft auf ca. 5 Mio. gestiegen ist. Daraus ergibt sich unter Hinweis auf das Grundgesetz, Art. 2 Abs.2 ( Betroffene haben ein Recht auf Schutz vor Gesundheitsbeeinträchtigungen) eine entsprechende Mitverantwortung. Das gilt besonders auch deshalb, weil das Motorrad wie der PKW auch, einen hohen Freizeitwert darstellt und damit die Probleme vorprogrammiert sind. Attraktiv sind landschaftlich schöne Strecken, wie z. B. in der Eifel, wo andere Menschen zur selben Zeit Erholung und Ruhe suchen. Dies führt verständlicherweise häufig zu Beschwerden und Konflikten. Problematisch ist hier, dass viele Motorradfahrer gerade das ungünstige Lärmverhalten der Zweiräder schätzen und den typischen Sound produzieren; dass die Zulieferindustrie wie keine andere davon profitiert und Ersatzschalldämpfer für jedes Lebensgefühl anbietet: legal, illegal... wo ein Wille ist, ist auch ein Schraubenschlüssel. Hierin ist auch einer der Gründe zu sehen, dass Zweiradhersteller sich kaum veranlasst sehen, das Thema niedrigere Lärmemissionen voranzutreiben. Vielfach beschränken sich die Hersteller auf das rechtlich vorgeschriebene Maß. Eine Folge davon ist, dass immer mehr Städte und Gemeinden, vor allem Kur- und Fremdenverkehrsorte, Fahrverbote für Zweiräder erlassen und ein strengeres Vorgehen fordern. Mit Inkrafttreten der Richtlinie 97/24/EG wurden zwar europaweit einheitliche Geräuschgrenzwerte für Zweiräder von max. 80 db(a) festgelegt. Diese entsprechen aber nur numerisch dem LKW-Niveau. Das dieser Richtlinie zugrundeliegende Geräuschmessverfahren weist erhebliche Schwachpunkte auf. Es erfasst gerade die häufig auftretenden, besonders lauten Fahrzustände mit hohen Drehzahlen, wie sie in der Praxis gefahren werden, gar nicht oder allenfalls in Ansätzen. So führt allein das Beschleunigungsverhalten in der Praxis zu einem Pegelanstieg von 10 bis 15 db(a) innerhalb weniger Sekunden. Es kann aber nicht sein, dass in Deutschland ein Teil der rund 5 Millionen Biker Soundspaß zu lasten Anderer haben will. Um eine Verschärfung der Lärmprobleme zu vermeiden, sollten sich die MotorradfahrerInnen und Motorradhersteller im Klaren sein, dass der Fahrspaß mit dem Zweirad langfristig nur durch eine Reduzierung des Motorradlärms aufrecht erhalten werden kann. Und das zeigt auch die Komplexität des Themas Lärm bei Motorrädern: Wenn wir über Reduktion reden, geht es immer um zwei Komponenten: die technische und die des Fahrverhaltens. Das Sicherheitsargument Loud pipes save lifes ist in dem Zusammenhang nicht tragfähig. Das Problem Sicherheit nehme ich sehr ernst, wir kennen die Unfallstatistiken. Nur halte ich das für einen gefährlichen Irrtum. Gehört werde ich erst bei der Vorbeifahrt. Dann ist alles gelaufen. Oder aber etwas überspitzt ausgedrückt - der Auspuff ist an der falschen Stelle und müsste nach vorn zeigen. Und was heißt das für Fahrräder? Man sollte überlegen, ob für die Sicherheit eine Visualisierung durch Koffer oder Licht sinnvoller wäre, um sich breit und damit sichtbarer zu machen. Future bike Ich möchte deutlich machen, warum das Bundesumweltministerium ein umweltverträgliches Motorrad für so wichtig hält: Wir wollen das Thema Motorradlärm weiter in die Diskussion bringen, um zu emissionsärmeren und allgemein, von der breiten Bevölkerung besser akzeptierten Motorrädern zu kommen. Hierzu arbeiten wir bereits seit längerem an einem Pilotprojekt, zur Unterstützung der Markteinführung eines Motorrades mit niedrigen Lärmemissionen, geringem Kraftstoffverbrauch und anspruchsvollen Abgaswerten, dem future bike. Absicht des Projektes ist es, durch entsprechende Anreize Einfluss auf das Kaufverhalten hin zu einem umweltverträglicheren Motorrad zu nehmen. Dieses Ziel können wir nur durch eine offensive Kommunikationsstrategie erreichen. Hierbei ist es wünschenswert, wenn die Motorradindustrie und verbände zusammenarbeiten und uns aktiv unterstützen. Klar ist, dass nicht alle Lärmprobleme mit dem future bike erschlagen werden können, wie BMW und andere angemahnt haben. Dies sollte aber kein Grund für Nichtstun sein.

6 Das Bundesumweltministerium hat im letzen Jahr zusammen mit dem Umweltbundesamt technische Kriterien für Lärm, Abgas und Kraftstoffverbrauch für ein future bike definiert und hierzu mehrere Gespräche mit der Motorradindustrie und den Motorradverbänden geführt. Die Schwierigkeiten sind bekannt. Abgas und Verbrauch sind nicht das Thema, sondern Lärm. Hier gibt es für mich nicht nachvollziehbare Widerstände. Deswegen soll dieses Symposium Klarheit bringen. 7 Motorrad-Umwelt-Liste Damit die MotorradkäuferInnen ihre Kaufentscheidungen trotzdem verstärkt nach Umweltgesichtspunkten ausrichten können, lässt das Bundesumweltministerium gerade die erste Motorrad-Umwelt-Liste erarbeiten. Diese soll zum Beginn der Motorradsaison 2003 vorliegen. Mit dieser Liste wird das Ziel verfolgt, den Käufer über die aus Umweltsicht wichtigen Produkteigenschaften Abgasverhalten, Verbrauch und natürlich auch das Geräuschverhalten der Motorräder - zu informieren und durch eine gezielte Nachfrage helfen, die Hersteller zur Verbesserung der ökologischen Eigenschaften der Fahrzeuge zu motivieren. Ziel des heutigen Kolloquiums ist es, zu einem neuen Gedankenaustausch zwischen Politik, Motorradherstellen, Umweltvertretern, Betroffenen, Motorradfreunden und Verkehrsclubs zu kommen, damit ein möglichst umweltverträgliches future bike bald realisiert werden kann. Die Frage ist: Brauchen wir den Lärm wirklich, wer braucht ihn oder ist das alles nur ein Irrtum? Ich möchte schließen mit einem Zitat von Adalbert Stifter, der schon im 19. Jahrhundert sagte: Die großen Taten der Menschen sind nicht die, welche lärmen. Das Große geschieht so schlicht wie das Rieseln des Wassers, das Fließen der Luft, das Wachsen des Getreides. Ich wünsche unserem Symposium einen guten Erfolg.

7 8 Das Motorrad als Lärmquelle und Ansätze zur Lärmminderung Dr.-Ing. Gert Kemper, Ministerialrat a.d. Motorräder emittieren Geräusche, dieser Aussage wird jeder klar denkende Mensch zustimmen. Motorräder machen Lärm, bei dieser Aussage wird man keine einheitliche Zustimmung mehr erhalten. Beide Aussagen wollen zwar den gleichen Sachverhalt beschreiben, doch die zweite Aussage schließt zugleich eine subjektive Wertung ein, der sich einige Beurteiler nicht anschließen möchten. Lärm ist definitionsgemäß unerwünschter Schall. Lärm ist eine Negativ-Beurteilung von Schall. Ob der Schall der Motorräder, wie er im Einzelfall emittiert wird, erwünscht oder unerwünscht ist, ist nicht nur eine Frage der Lautstärke und der Geräuschstruktur sondern auch eine Frage des Betrachters, des Hinhörers. Bei der Beurteilung spielt darüber hinaus der Informationsgehalt des Geräuschs und die Ortsüblichkeit eine Rolle. Harmoniert das Geräusch mit der erwarteten Klanglandschaft vor Ort? Dies ist eine wichtige Frage bei der subjektiven Lärmbeurteilung. Wie wir im Verkehrswegebau und anderen Ingenieurbauten eine harmonische Anpassung an die Landschaft anstreben und schwere Eingriffe in die Natur wenn möglich vermeiden, sollte uns auch im akustischen Umfeld die Wahrung der Klanglandschaft ein wichtiges Anliegen sein. Das sehr diffizile Thema Motorradlärm sollte Anlass sein, die Administration der Lärmbekämpfung von ihrem Verwaltungsdenken mit Dezibel und Mittelungspegel mal wieder auf die Zusammenhänge von Lärmursachen und Lärmwirkung zurückzuführen. Das Anliegen bei der Verkehrslärmbekämpfung, den Mittelungspegel an hochbelasteten Straßen auf 65 db(a) oder weniger herunter zu drücken, ist zweifellos wichtig, jedoch darf zu Gunsten der Motorradfreunde gesagt werden, dass Motorräder zu diesen Mittelungspegeln quasi keinen Beitrag leisten, denn verglichen mit Pkw - gibt es viel weniger Motorräder, - haben Motorräder deutlich geringere Jahresfahrleistung, - tummeln sich Motorräder wenig auf hochbelasteten Stadtstraßen. Motorräder sind kein Problem des Mittelungspegels sondern sie sind als einzelne Schallereignisse zu beurteilen. Bei der Lärmrelevanz dieser Schallereignisse ist der Schalldruckpegel nur eine Größe, wichtig für die Beurteilung ist auch der zeitliche Geräuschverlauf, die Klangstruktur und das subjektive Wissen um die Vermeidbarkeit. Ist das Lärmereignis, so wie es ist, nötig oder unnötig? Motorräder operieren nicht im rechtsfreien Raum; sie unterliegen in Technik und Betrieb Rechtsvorschriften. Gesetz- und Ordnungsgeber haben klar erkannt, dass für die Lärmentfaltung eines Kraftfahrzeugs sowohl die Technik als auch der Betrieb maßgebend sind: - So sagt 1 StVO: Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Andere im Sinne der StVO sind auch Anwohner.

8 - 30 StVO sagt überdeutlich: Bei der Benutzung von Fahrzeugen sind unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten. (Interessant, dass die StVO auch beim Abgas auf den subjektiven Begriff der Belästigung abstellt) BImSchG fordert: Sie (Kraftfahrzeuge) müssen so betrieben werden, dass vermeidbare Emissionen verhindert und unvermeidbare Emissionen auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben. 9 Zur Technik sagen die allgemeinen Rechtsvorschriften: - 38 BImSchG: Kraftfahrzeuge müssen so beschaffen sein, dass ihre durch die Teilnahme am Verkehr verursachten Emissionen bei bestimmungsgemäßem Betrieb die zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen einzuhaltenden Grenzwerte nicht überschreiten StVZO: Kraftfahrzeuge müssen so beschaffen sein, dass die Geräuschentwicklung das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt. Im Einzelnen sind die technischen Anforderungen an die Beschaffenheit von Kraftfahrzeugen heute in EU-Richtlinien festgelegt (Motorräder 97/24/EG). Die Richtlinien bestimmen für die gesamte EU die Geräuschgrenzwerte (Schalldruckpegel in db(a)) und legen das zugehörige Messverfahren fest. Im politischen Bereich wird bei der Festlegung der Grenzwerte gerne um 1 oder 2 Dezibel gestritten; ob dieser Streit für die Lärmminderung auf der Straße sehr relevant ist, muss vor dem Hintergrund der Betriebsparameter von Verbrennungsmotoren gesehen werden. Die Geräuschemission eines Verbrennungsmotors hängt von zwei Betriebsparametern ab, der Drehzahl und dem Gasdurchsatz(Last). Bild 1 zeigt den Schalldruckpegel über der Drehzahl für verschiedene Kraftfahrzeuge bei niedrigster Laststufe. Man sieht bei allen Motorrädern, dass die Schalldruckpegel von der Leerlaufdrehzahl bis zur Höchstdrehzahl um etwa 30 db steigen, das bedeutet bei richtiger Interpretation des logarithmischen Dezibel einen Anstieg der Schallleistung auf das Tausendfache (mit anderen Worten: 1000 Motorräder sind bei Leerlaufdrehzahl zusammen nur so laut wie ein einziges Motorrad des gleichen Typs bei Höchstdrehzahl). Der Einfluss des Gasdurchsatzes beträgt im allgemeinen 3 12 db und ist meist im unteren Drehzahlbereich größer als im oberen. Die Lärmgesetzgebung mit normativen Grenzwerten und Messverfahren tut sich angesichts der gewaltigen Einflüsse der Betriebsparameter Drehzahl und Last auf den Schalldruckpegel schwer (Eine Änderung der Drehzahl um nur 10 % bringt eine Pegeländerung von 2 db). Auch spielt in der Lärmbekämpfungspolitik eine wichtige Frage, ob man Höchstwerte im praktischen Gebrauch (worst case) begrenzen will oder die Emissionen im mittleren üblichen Einsatz (repräsentativer Fahrzyklus wie bei der Abgasgesetzgebung) regeln will. Letzterer könnte Bedeutung für den Mittelungspegel an Straßen haben, Ersterer ist wichtiger für die subjektive Belästigung im Einzelfall. Zu den unterschiedlichen Bewertungsphilosophien zwischen Abgas und Lärm sei angemerkt: Lärmgrenzwerte für Kraftfahrzeuge gibt es in Deutschland bereits seit 1937 (damals lagen sie übrigens für Lkw, Pkw und Motorrad gleich bei 85 phon, Barkhausen-phon ), sie wurden seitdem vielfach fortgeschrieben; immer stellte man auf einen ziemlich lauten Betriebszustand ab, da der am störendsten ist. Die Störungen kamen damals nicht von der Massenmotorisierung, sondern vom Einzelfahrzeug. Diese Bewertungsphilosophie ist Grundlage aller nationalen und internationalen Vorschriften für Geräuschgrenzwerte von Kraftfahrzeugen. Die Abgasgesetzgebung begann erst in den 70er Jahren als Folge der Massenmotorisierung. Nicht das Einzelfahrzeug stellte ein Problem für Mensch und Umwelt dar sondern die Summe der Abgase, die sich als Ergebnis des gesamten Verkehrsgeschehens ansammelten. Insofern musste beim Abgas der politische Ansatz beim typischen durchschnittlichen Verkehrseinsatz stattfinden. So wurde in den 70er Jahren ein Stadtzyklus zur Beurteilung angewendet, weil die damals erkannten Umweltprobleme nur in den Ballungszentren gesehen wurden. Erst als man in den 8oer Jahren die Auswirkung der Abgase (insbesondere Stickoxide NO x ) auf die Natur erkannte, wurde der für die Stickoxidemissionen viel wichtigere Außerortszyklus mit in den Messzyklus aufgenommen. Im heutigen Lärmmessverfahren für Kraftfahrzeuge wird das Fahrzeug über eine Strecke von 20 m unter Volllast beschleunigt, der maximale Schalldruckpegel der Vorbeifahrt wird in 7,5 m seitlicher Entfernung gemessen. Bei dieser Messfahrt sind im allgemeinen der zu benutzende Gang und die Geschwindigkeit (Einfahrgeschwindigkeit in die Messstrecke) vorgeschrieben. Diese Festlegung von Gang und Geschwindigkeit bedeutet indirekt über die Getriebe und Kettenübersetzung eine Aussage über die Drehzahl, die maßgebender Betriebsparameter für die Lärmentfaltung ist. Senkt der Gesetzgeber den Grenzwert um 2 db(a), so kann der Motorradkonstrukteur eventuell durch Änderung der Übersetzung eine um 10 % niedrigere Messdrehzahlen herbeiführen und ohne jeglichen zusätzlichen konstruktiven Kostenaufwand den neuen Grenzwert einhalten. In der realen Fahrpraxis wird sich in

9 10 diesem Fall mit großer Wahrscheinlichkeit allerdings keine Lärmverbesserung zeigen, da der Fahrer wegen der neuen Übersetzung vermehrt die unteren Gänge nutzen wird. Letztlich bleibt bei diesem grundsätzlichen Problem, welches in gleicher Weise auch bei Pkw vorliegt, dem Lärmbekämpfer nur die Hoffnung, dass sich Fahrzeuge mit diesen manipulierten Übersetzungen wegen schlechten Fahrverhaltens nicht verkaufen werden. Vor dem Hintergrund der geschilderten Misere des Messverfahrens und der Nichtrepräsentanz des durchschnittlichen Fahrverhaltens keimt immer wieder der Gedanke auf, auf einen Fahrzyklus wie bei der Abgasmessung zu wechseln. Ein solcher Weg sollte sehr sorgsam bedacht werden. Einige kritische Anmerkungen sollen aufgezeigt werden: - der Abgaszyklus kennt keinen worst case (sonst müsste man bei NO x mit viel höherer Motorleistung fahren, Tempolimitproblem!), - der Abgaszyklus ist nur repräsentativ für den Mittelwert der Fahrzeuge. Dem Fahrverhalten eines einzelnen Typs wird er nicht gerecht, - auch der Fahrzyklus legt Gang und Geschwindigkeit fest und ist damit über die Übersetzung ebenfalls manipulierbar, - der Fahrzyklus bedingt Rollenprüfstände in Hallen. Für eine Lärmmessung müssten die Hallen entweder als aufwendige schalltote Räume oder als Hallräume ausgebildet sein. Es sind auch überdachte Außenprüfstände ohne Seitenwände denkbar. Die starke Abhängigkeit der Lärmemission von der Drehzahl bringt bei Kraftfahrzeugen aber noch ein weiteres Problem: Die reale Emission der Fahrzeuge im Verkehr hängt nicht nur von der Technik ab sondern in besonderem Maße vom Fahrer, der durch sein Fahrverhalten mit niedertouriger Fahrweise oder hochtouriger Fahrweise erheblichen Einfluss auf die Emissionen hat. Umfangreiche Versuche mit verschiedenen Fahrzeugen haben schon vor Jahren gezeigt, dass der hochtourige Fahrer im Durchschnitt mit 50 % höheren Drehzahlen fährt als der niedertourige Fahrer, was zu einem mittleren Pegelunterschied im realen Verkehr von 7 db(a) führt, die Unterschiede in den Spitzenwerten oder dem worst case liegen noch höher. Das größte Potential zur Minderung des Motorradlärms kann beim Fahrereinfluss gesehen werden. Dies bringt ein weiteres Problem bei dem Wunsch nach einem gerechten Mess- und Beurteilungsverfahren für die Fahrzeugtechnik. Bestimmte Fahrermentalitäten neigen zu bestimmten Fahrzeugtypen. Bestimmte Fahrzeugtypen werden deswegen lauter betrieben, weil nur bestimmte Fahrer auf sie ansprechen. Technisch kann die Auslegung solcher Motorräder aber völlig ähnlich mit anderen Produkten sein. Design und Markenimage können bestimmte Käuferschichten ansprechen. Diese Zusammenhänge, die nachweisbaren Einfluss auf die typbedingte Emission haben, wird man in kein Messverfahren integrieren können. (Das angesprochene Problem ist keineswegs motorradtypisch sondern existiert auch beim Automobil. Es spielt ebenso bei Abgasfragen eine Rolle. Man spricht dort zum Beispiel von einem Hausfrauenzyklus). Das Messverfahren für die Typprüfung von Motorrädern hat sicher eine große Bedeutung. Man sollte der Entwicklung neuer Messverfahren aber nicht zuviel Zeit geben, da man systembedingt kein gerechtes Messverfahren finden wird. Solange Kraftfahrzeuge im Gegensatz zu Rasenmähern und Diesellokomotiven nicht mit konstanter Drehzahl betrieben werden sondern Drehzahlbereiche überspannen, die 30 db Pegeldifferenz bedeuten, bleibt das Problem bestehen. Wie auch immer das Messverfahren ist oder sein wird, wird es einzelne Ungerechtigkeiten geben. Senkt man bei gegebenem Messverfahren hingegen die Grenzwerte stufenweise in vertretbaren Fristen und mit vertretbaren Beträgen, die von einer zukunftsorientierten Industrie mit sinnvoller Technik erfüllt werden können, so wird dieser Weg in der Praxis zu einer Minderung der Schallemission führen, allerdings nicht in der Größenordnung wie die Zahlenwerte der Grenzwertsenkung versprechen. Motorräder können auch heute leise sein. Der große Drehzahlbereich und seine Auswirkung auf die Schallemission verlangen dazu, dass die Fahrzeuge bei niedrigen Drehzahlen betrieben werden und auch bei niedrigen Drehzahlen betreibbar sind. Hierzu müssen die Fahrzeuge technisch so ausgelegt werden, dass sie auch im unteren Drehzahlbereich perfekte Gasannahme und hohes Drehmoment zeigen. Hier liegt zum Beispiel der Erfolg moderner Pkw, die mit modernem Einspritzmanagement (ein Resultat der Abgasgesetzgebung) und niedrigem Geräuschgrenzwert das Drehzahlniveau nach unten verlagert haben. Die in Abbildung 1 gezeigte Abhängigkeit des Schalldruckpegels von der Drehzahl ist in ihrem glatten Verlauf ideal und musterhaft, sie spiegelt eine seriöse Technik wieder. Die Geräuschkurven müssen aber keineswegs so geradlinig verlaufen, wie das Bild zeigt. Ohne großen technischen Aufwand lassen sich in gewollten Drehzahlbereichen insbesondere bei vollem Gasdurchsatz durch Schwingungsabstimmungen im Ansaug- und Abgastrakt

10 starke Pegelerhöhungen erzielen. Solche Konstruktionen sind im Verkehr besonders auffällig, rechtlich derzeit aber noch legal. Der Fall wird aus Lärmsicht noch problematischer, wenn dem Schall durch weiteres Sounddesign ein besonderes Klangbild gegeben wird, das selbst bei gleichem Schalldruckpegel deutlich auffälliger ist als andere Motorengeräusche. Es ist für den Sounddesigner mit der heutigen Software kein Problem, bereits am Schreibtisch die Konstruktionsmerkmale für auffälliges Geräuschverhalten festzulegen. Der Sounddesigner weiß aber auch, wie man das Geräusch weitgehend unauffällig macht. Hier ist das intensive Gespräch des für die Lärmbekämpfung Verantwortlichen mit dem Sounddesigner geboten, so gegensätzlich die Ausgangspositionen auch erscheinen. Ein aus Sicht der Lärmstörung sicherlich günstiger Weg könnte die weitgehende Anpassung des Geräuschcharakters des Motorrads an den Geräuschcharakter des Pkw sein, selbst wenn der Pegel geringfügig höher liegt. 11 Lärmbekämpfung beim Motorrad darf sich nicht allein auf herkömmliche Grenzwertvorschriften konzentrieren, sie muss zusätzlich die Fragen des Sounddesigns und des Fahrverhaltens betrachten. Damit stößt man erneut wieder unter einem ganz anderen Gesichtspunkt auf den subjektiven Bereich, mit dem diese Abhandlung bezüglich der Lärmbeurteilung begonnen hat. Welche Psyche ist maßgebend für das Fahrverhalten und für das Kaufverhalten? Oder aus der Sicht der Geräuschentwicklung kann die Frage lauten: Dies ist der Titel dieses Symposiums. Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Abbildung 1 Ergänzender Hinweis: Schwere Lkw sind bei Höchstdrehzahl deutlich leiser als Motorräder. Dies liegt an der Kapselung der Lkw-Motoren und ist ein Erfolg der Lärmgesetzgebung. Vor 20 Jahren erreichten auch Lkw noch 94 db(a).

11 12 Verkehrslärm - Belästigung, gesundheitliche Auswirkungen Dr. Maschke, Müller BBM, München Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie recht herzlich und danke meinem Vorredner, dass er Sie bereits in das Thema eingeführt hat. Ich möchte diese Einführung gerne aus der Sicht der Lärmwirkungsforschung ergänzen. Wenn Sie in Ihre Unterlagen schauen, so sehen Sie, dass von mir ein Thesenpapier, oder Neudeutsch: Handout, beigefügt ist, das sich insbesondere mit den gesundheitlichen Aspekten lärmbedingter Belästigung aber auch mit lärmbedingten vegetativ hormonellen Reaktionen beschäftigt. In meinem Vortrag möchte ich diese Ausführungen nicht noch einmal wiederholen, sondern ich habe mir vorgenommen, Ihnen die Grundlagen für die Auffälligkeit von Schallereignissen zu erläutern, auch um eine Grundlage für die kontroverse Diskussion zu schaffen, die, wie ich vermute im Laufe des Tages noch kommen wird. Beginnen möchte ich mit zwei Folien über die Verbreitung von Lärm, die den Ergebnissen des Bundesgesundheitssurveys von 1998 entnommen sind. Anschließend möchte ich auf die lärmbedingte Aktivierung bzw. deren Grundlagen eingehen. Die relative Anzahl der Personen die ihre Geräuschsituation in der Wohnung als Lärm erleben liegt, wenn Sie sich die Abbildung 2 anschauen, für Gesamtdeutschland bei ungefähr 36%. In Westdeutschland fiel der Prozentsatz etwas geringer aus als in Ostdeutschland allerdings sind die Unterschiede statistisch nicht signifikant. Interessant ist, dass bei den 20- bis 39jährigen Frauen ein signifikant erhöhtes Lärmerleben in der Wohnung zu verzeichnen war. Wenn wir uns die Frage stellen (Abbildung 3), welches die dominanten Lärmquellen in Deutschland sind, so zeigt auch der Bundesgesundheitssurvey deutlich, dass dies der Straßenverkehr ist. Über 80% der betroffenen Bundesbürger erleben Straßenverkehrsgeräusche in der Wohnung als Lärm. An zweiter Stelle folgen Nachbarschaftsgeräusche und an dritter und vierter Stelle dann der Luftverkehr und der Schienenverkehr, die bei etwa 20% liegen. Natürlich hat dieses Lärmerleben unterschiedliche Intensität, und der Anteil, der das Lärmerleben bei Straßenverkehr als stark bezeichnet, liegt bei etwa 15%. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass mit dem Straßenverkehr auch häufige nächtliche Störungen verbunden sind. Der Prozentsatz der Betroffenen liegt bei ungefähr 18%. Damit möchte ich dieses Thema wieder verlassen und der Frage nachgehen, wie es eigentlich zu solch einem unerwünschten Lärmerleben kommt? In der nächsten Abbildung 4 ist unser Gehör vereinfacht dargestellt. Der gelbe Kreis kennzeichnet das Innenohr, und Sie wissen natürlich noch alle aus der Schule, dass dort eine Transformation des Schallereignisses in nervöse Impulse stattfindet, die über die afferente Hörbahn zum Cortex, zur Hörrinde, geleitet werden und erst dort zu einem Hörereignis führen. Auf ihrem Weg durch die Hörbahn - die Stationen sind hier mit Ziffern belegt - passieren sie Abzweigung zu anderen Funktionssystemen. Da ist einmal die Formatio reticularis zu nennen. Das ist ein Neuronengeflecht, das die Vigilanz, d.h. die Daueraufmerksamkeit bzw. die Wachheit des Menschen regelt, aber auch den Schlaf-Wach-Rhythmus. Wir haben als weiteres Funktionssystem den Hypothalamus-Hypophysen- Komplex, der als Steuerzentrale für die vegetativ hormonellen Reaktionen bezeichnet werden kann, und wir haben den Mandelkern die Amygdala zu beachten, einen Zellbereich, der sehr lernfähig ist, d.h. der sich bei wiederholter Einwirkung plastisch sehr schnell verändern kann. Der Mandelkern sorgt dafür, dass wir bei wiederkehrenden Ereignissen empfindlicher oder unempfindlicher werden können.

12 Die enge Verzahnung mit den anderen Funktionssystemen ist die Grundlage für die sog. schallbedingte Aktivierung. Das ist der zentrale Punkt, auf den ich heute näher eingehen möchte. 13 Die Aktivierungstheorie, die ich hier stark vereinfacht vorstelle (Abbildung 5), besteht im wesentlichen aus zwei Thesen. Was ich, Die erste These besagt: Der Reiz verändert Verhaltensweisen oder löst diese aus. Was bedeutet das? Wenn Sie eine Straße überqueren wollen und hören ein Motorengeräusch, dann werden Sie schnell einen Schritt rückwärts machen, um die Straße wieder zu verlassen. In dieser Situation, haben Sie eine Entscheidung getroffen d.h. eine Steuerung ausgelöst, die Straße wieder zu verlassen. Der Reiz löst aber gleichzeitig, mit dem Entscheidungsprozeß einen Mechanismus aus, der den Organismus mit Energie versorgt, die er für die Ausführung der Handlung benötigt. Um die Straße wieder zu verlassen, bedarf es nicht nur der Entscheidung, d.h. einer Steuerung, sondern dem Körper muss auch Energie zur Verfügung stehen, dieses Vorhaben durchzuführen. Letzteres wird als Mobilisierungsfunktion bezeichnet. 13 Für die Aktivierung besteht ein Zusammenhang mit dem Schalldruckpegel, der qualitativ angegeben werden kann. Wir sehen in der Abbindung 6 dass das Aktivierungsniveau grundsätzlich mit dem Schalldruckpegel steigt, und im mittleren Bereich sogar annähernd linear. Bei hohen Schalldruckpegeln kommen wir in einen Sättigungsbereich, d.h. der Organismus ist vollständig aktiviert, und auch wenn der Reiz noch intensiver wird, kann sich die Aktivierung nicht mehr erhöhen. Die Aktivierung hängt aber nicht nur vom Schalldruckpegel ab. Es besteht zusätzlich eine Abhängigkeit von der Frequenz (Tonhöhe). Auch hier lässt sich ein qualitativer Zusammenhang angeben, und wir erhalten eine Aktivierung die im mittleren bis hohen Frequenzbereich mit der Frequenz ansteigt (siehe auch Abbildung 7). Was ist der Grund für diese Abhängigkeit? Mit schnellen Prozessen, mit schnellen Änderungen, sind in der Regel auch höhere Frequenzanteile verbunden und deshalb signalisieren sie eine erhöhte Gefährdung. Eine Problemzone liegt, im tieffrequenten Bereich, denn gerade im tieffrequenten Bereich ist davon auszugehen, dass diese Schallereignisse biologisch aktiver sind als z.b. nach der Hörwahrnehmung zu erwarten ist. Ich möchte noch eine Begründung nachreichen, warum das Aktivierungsniveau mit dem Schalldruckpegel ansteigt. Der Hintergrund wird als sog. Physical Correlate Theory bezeichnet. Sie besagt, dass wir als Mensch nicht umsonst laut und leise hören. Wir könnten ja auch, egal, wo wir sind, immer mit der gleichen Lautstärke hören. Das würde mir im Moment helfen - ich bräuchte kein Mikrofon, weil die Leute in der letzten Reihe mich ebenfalls problemlos verstehen könnten. Der Grund, warum der Mensch laut und leise hört, liegt auch darin, dass aus dem Lautstärkeeindruck eine Entfernung gewonnen wird, eine Abschätzung der Entfernung zur Schallquelle. Bei leisen Geräuschen heißt das vereinfacht, dass die Quelle weit weg ist. Ist das Geräusch laut, ist die Quelle nah dran. Wenn eine potentielle Bedrohung aber nah dran ist, dann muss der Organismus, um sich auf außergewöhnliche Situationen vorzubereiten, äußerst schnell reagieren und demzufolge ist ein hoher Anstieg des Aktivierungspotenzials zu verzeichnen. Sowohl die Abhängigkeit der Aktivierung von der Lautstärke, als auch die Abhängigkeit von der Tonhöhe ist eng mit der Entwicklungsgeschichte des Menschen verknüpft. Gehen wir weiter. Heute ist schon mehrfach auf die besondere Rolle der zeitlichen Struktur von Geräuschen hingewiesen worden, die auch für die Aktivierung von Bedeutung ist. Das Aktivierungsniveau steigt um so höher, je häufiger sich der Schalldruckpegel ändert, je größer die Anstiegsgeschwindigkeit des Pegels ist und auch je stärker sich die Frequenzkomponenten mit der Zeit ändern (siehe auch Abbildung 8). Was ist der Hintergrund für diese Abhängigkeiten? Die Begründung folgt wieder biologischen Gesetzmäßigkeiten, denn unser Gehör ist die entscheidende Schnittstelle zwischen Mensch und Umwelt. Der Mensch hält über das Gehör ständig Kontakt mit der Umwelt, um sich zu vergewissern, dass er sich in einer sicheren Umgebung befindet. Das ist der Grund, warum wir im Gegensatz zu den Augen die Ohren nicht verschließen können. Das ist auch der Grund, warum wir um uns herum hören, also im gesamten Raum, und nicht wie mit den Augen nur einen bestimmten Teil des Raumes wahrnehmen. Wenn sich in unserer Umgebung Änderungen ergeben, heißt das immer, dass der Organismus überprüfen muss, ob mit dieser Änderung eine Gefährdung oder Bedrohung verbunden ist, und demzufolge ist er bei schnellen Wechseln, ob es nun die Änderungsgeschwindigkeit, also die Dynamik im Pegel ist, oder aber auch Änderung der Frequenzkomponenten, gezwungen, zu überprüfen, ob diese neue Bedingung eine Gefährdung für ihn darstellt oder nicht. Natürlich dürfen wir nicht den Informationsgehalt vergessen, der ja auch schon angesprochen worden ist (Abbildung 9). Was bedeutet der Informationsgehalt für die Aktivierung? Grundsätzlich nimmt das Aktivierungsniveau mit dem Informationsgehalt eines Schallereignisses zu. Auch dafür gibt es viele Beispiele. Versuchen Sie mal, einzuschlafen, wenn sich neben Ihnen zwei Leute - wenn auch ganz leise - unterhalten. Es wird Ihnen kaum gelingen. Obwohl, wenn Sie einen Schallpegelmesser bemühen, der Pegel äußerst gering sein wird, oder sie ihn gar nicht vom Grundgeräusch unterscheiden können. Der Grund ist ganz einfach: Sprache ist für den Menschen das informationshaltigste Geräusch, weil wir über die Sprache kommunizieren.

13 14 Sie können von Sprachgeräuschen nur schwer weghören. Ein zweites Beispiel ist der sog. Ammenschlaf. Es ist bekannt, dass Bezugspersonen von kleinen Kindern beim leisesten Geräusch aufwachen, obwohl andere Personen, die diesen Bezug nicht haben, weiterschlafen. Auch hier ist der Informationsgehalt das Entscheidende. Und es gibt noch viele Situationen, wo der Informationsgehalt der dominierende Faktor ist im Vergleich zu dem Schallpegel, oder auch zur zeitlichen Struktur. Der Begriff Aktivierungsniveau ist sehr abstrakt. Die Auswirkungen einer Aktivierung lassen sich aber gut im Zusammenhang mit der Leistung einer Tätigkeit veranschaulichen, wenn Motivation und Emotionen vernachlässigt werden. Unter dieser Bedingung kommen wir zum Yerkes-Dodsonschen Gesetz, das seit 1920 bekannt ist (Abbildung 9). Das Gesetz besagt, dass mit steigendem Aktivierungsniveau auch erst einmal die Leistung ansteigt. Wird das Aktivierungsniveau weiter erhöht, dann fällt die Leistung wieder ab. Wie lässt sich diese Erkenntnis interpretieren? Nun, wir haben die Begriffe Unter- und Überaktivierung zu diskutieren (Abbildung 11). Betrachten wir als erstes die Unteraktivierung mit einem Beispiel. Ich bevorzuge morgens das Radio anzustellen, gar nicht, um unbedingt zu hören, was da gesendet wird, sondern um die Aktivierung dieses Schalls auszunutzen, da ich morgens noch so müde bin, dass mir ein bisschen Aktivierung gut tut - zum Rasieren, zum Frühstücken etc. Ich befinde mich in einem Bereich der Unteraktivierung. Mein Aktivierungsniveau ist der Tätigkeit, die ich anstrebe, nicht angemessen. Wir können nun einen zweiten Bereich definieren, in dem die Aktivierung der angestrebten Tätigkeit angemessen ist. Und natürlich gibt es einen dritten Bereich, der als Überaktivierung bezeichnet wird, d.h. in diesem Bereich ist die Aktivierung viel zu hoch für die Tätigkeit, die ausführt werden soll. Ich denke, auch das kennen viele von Ihnen, vielleicht nicht direkt als Lärmwirkung, aber z.b. bei Zeitdruck, wenn eine Tätigkeit besonders schnell ausgeführt werden soll. Man rennt z.b. zum Kopierer, weil man es eilig hat, und stellt fest, dass man den Kopierschlüssel vergessen hat oder sonst irgendetwas. D.h., der Organismus ist stark mobilisiert, aber die Leistung, die unter dem Strich herauskommt, ist nicht mehr sehr groß. Bei einer Überaktivierung ist die Mobilisierung sehr hoch, die Energie, die zur Verfügung steht, ist groß, zu groß. Die Steuerung, die notwendig ist, um die Mobilisierung zu lenken, ist überfordert. Die Diskrepanz zwischen Steuerung und Mobilisierung, ruft letztendlich Stress hervorruft bzw., führt zum Belästigungsurteil. Ich muss hier allerdings noch ergänzen, dass diese Aktivierungsbereiche nicht festliegen, sondern von Person zu Person schwanken und auch stark von der Tätigkeit abhängen (Abbildung 12). Betrachten wir die Linie als Neutralniveau, dann werden leichte Aufgaben erst bei sehr viel höherem Aktivierungsniveaus zu einer Überforderung der Steuerung führen. Wenn Sie dagegen eine Tätigkeit ausführen, die komplexer ist, oder eine schwierige Aufgabe, dann tritt eine Überaktivierung schon bei geringeren Aktivierungsgraden auf. Wir haben noch eine weitere Abhängigkeit zu beachten. Was ist eigentlich, wenn die Person bemerkt, dass sie überaktiviert ist (Abbildung 13)? Dann versucht sie natürlich, gegen zu regeln. Dieser Regelungsprozess bedingt, oder kann dazu führen, dass das Aktivierungsniveau des Einzelnen runtergeregelt wird. Der Betroffene kann aber auch versuchen, seine Steuerung auf eine höhere Stufe zu heben, d.h. sich mehr zu konzentrieren. In beiden Fällen muss der Organismus eine zusätzliche Leistung erbringen, die er nur kurzfristig bewältigen kann und die langfristig ihren Tribut fordert. Und nun komme ich endlich, wieder auf das Motorrad zurück (Abbildung 14). Wie Sie bereits gehört haben, zeichnen sich Motorradgeräusche durch hohe Maximalpegel, markante Frequenzzusammensetzung, schnelle Pegelanstiege und schnelle Frequenzänderungen aus, die häufig deutlich aus dem allgemeinen Verkehrsgeräusch hervortreten. Vergleichen Sie diese Merkmale bitte mit meinen Ausführungen über die Aktivierungstheorie und sie werden vor diesem Hintergrund feststellen, dass das Belästigungspotenzial von Motorrädern nicht allein mit einem db(a)-wert erfasst werden kann. Ein weiterer Punkt, der ebenfalls schon angesprochen wurde, ist der Punkt, dass Motorradfahren häufig als Freizeitbeschäftigung angesehen wird und von den Lärmbelästigten deshalb als nicht notwendig Tätigkeit akzeptiert wird (Abbildung 15). So ist häufig eine Verbitterung vorzufinden: Damit die ihre Freude haben, muss ich diesen Krach ertragen! Damit erreichen wir den Bereich der nicht-akustischen Einflussfaktoren, und ich nehme an, das wir heute zu diesem Komplex noch mehr Informationen erhalten werden. Die Akzeptanz von Motorrädern ist daher in Wohngebieten und an stark befahrenen Strecken, besonders in den Tagesrandzeiten, nicht sehr groß. Aus Sicht der Lärmwirkungsforschung besteht hier Handlungsbedarf (Abbildung 16). Starke Belästigung kann Angst, Bedrohung, Ärger, Unstimmigkeiten, Ungewissheit, eingeschränktes Kommunikations- und Freiheitserleben, Wehrlosigkeit und Einschränkung der Lebensqualität auslösen und somit langfristig die Gesundheit gefährden. Ich bedanke mich bei Ihnen.

14 Geräuschbelastung in der Wohnung 15 M ÜLLER-BBM 2 Oben: Abbildung 2 Unten: Abbildung 3 Lärmquellen in deutschen Wohnungen M ÜLLER-BBM 3

15 16 Afferente Hörbahn Hörrinde Innenohr M ÜLLER-BBM 4 Oben: Abbildung 4 Unten: Abbildung 5 Aktivierungstheorie Der Reiz verändert Verhaltensweisen oder löst diese aus. Damit besitzt die Reizung eine Steuerungsfunktion. Der Reiz verursacht einen Vorgang, in dessen Folge der Organismus mir Energie versorgt wird, die er zur Ausführung von Handlungen benötige. In diesem Sinn besitzt die Reizung eine Mobilisierungsfunktion. M ÜLLER-BBM 5

16 Schalldruckpegel und Aktivierungsniveau 17 Bei gleicher Frequenzzusammensetzung Sättigung leise laut MÜLLER-BBM 6 Oben: Abbildung 6 Unten: Abbildung 7 Frequenz und Aktivierungsniveau Bei gleichem Schalldruckpegel Problemzone M ÜLLER-BBM 7

17 18 Zeitliche Struktur Das Aktivierungsniveau steigt umso höher, je häufiger sich der Schalldruckpegel ändert (Fluktuation), je größer die Änderungsgeschwindigkeit ist (Dynamik) und je stärker sich die Frequenzkomponenten mit der Zeit ändern. M ÜLLER-BBM 8 Oben: Abbildung 8 Unten: Abbildung 9 Informationsgehalt Das Aktivierungsniveau nimmt grundsätzlich mit dem Informationsgehalt des Schallereignisses zu. M ÜLLER-BBM 9

18 Yerkes-Dodsonsches Gesetz 19 M ÜLLER-BBM 10 Oben: Abbildung 10 Unten: Abbildung 11 Unter- und Überaktivierung Unteraktivierung Angemessene Aktivierung Überaktivierung M ÜLLER-BBM 11

19 20 Aktivierung und Tätigkeit Schwierige Aufgabe Leichte Aufgabe Neutralniveau M ÜLLER-BBM 12 Oben: Abbildung 12 Unten: Abbildung 13 Unerwünschte Aktivierung Sobald das Aktivierungsniveau die optimale Höhe zu überschreiten droht, versucht der Betroffene gegen zu regeln. Dieser Regelungsprozess kann eine Erniedrigung des Aktivierungsniveaus bewirken, oder auch eine qualitativ höhere Stufe der Steuerung verursachen. In beiden Fällen muss der Organismus eine zusätzliche Belastung (Stress) bewältigen, die nur kurzfristig erbracht werden kann und ihren "Tribut" fordert. M ÜLLER-BBM 13

20 Aktivierung und Motorradgeräusche 21 Motorradgeräusche zeichnen sich durch hohe Maximalpegel, markante Frequenzzusammensetzung, schnelle Pegelanstiege und schnelle Frequenzänderungen aus, die häufig deutlich aus dem allgemeinen Verkehrsgeräusch hervortreten. Damit sind Motorradgeräusche stark aktivierende Schallereignisse, die nicht allein mit einem db(a)- Wert beschrieben werden können. M ÜLLER-BBM 14 Oben: Abbildung 14 Unten: Abbildung 15 Damit die Ihre Freude haben Motorradlärm wird häufig von den Lärmgeplagten als nicht notwendig angesehen. Die Akzeptanz ist daher in Wohngebieten besonders in den Tagesrandzeiten - äußerst gering. M ÜLLER-BBM 15

21 22 Handlungsbedarf Starke Belästigung kann Angst, Bedrohung, Ärger, Unbestimmtheit, Ungewißheit, eingeschränktes Kommunikations- und Freiheitserleben, Wehrlosigkeit und Einschränkung der Lebensqualität, auslösen und somit langfristig die Gesundheit. M ÜLLER-BBM 16 Abbildung 16

22 Belastung sensibler Gebiete - Beispiele aus der Praxis Burkhard Stoyke, Deutscher Bäderverband e.v. 23 Frau Staatssekretärin, meine Damen und Herren, ich bin dankbar, dass der Deutsche Heilbäderverband eingeladen worden ist, zu dieser Problematik etwas zu sagen. Wir waren auch bereits in der Arbeitsgruppe von Herrn Dr. Kemper vertreten, und wir haben uns seit jeher mit der Problematik des Verkehrslärms im Deutschen Bäderverband früher und heute im Deutschen Heilbäderverband verbunden und verpflichtet gefühlt. Im Jahre 1927 behandelte der Deutsche Bäderverband (DBV) auf seinem 31. Deutschen Bädertag in Baden- Baden als Hauptthema den Verkehrslärm in Heilbädern. Kein Wunder, denn die besser gestellten Schichten bildeten die Mehrzahl der Gäste, und diese reisten mit den nicht gerade schallgedämpften Automobilen an und fuhren Tag und Nacht umeinander. Nach Beendigung der NS-Zeit, in der Kritik am technischen Fortschritt offenbar tabu war, nahm sich der DBV schon 1952 wieder dieser Thematik an und setzte mit seinen Überlegungen und Konsequenzen wegweisende Maßstäbe für eine heutzutage allgemein gültige bürgerfreundliche, gesundheitsschonende kommunale Verkehrsplanung und lenkung: Umgehungsstraßen, verkehrsberuhigte Zonen sowie Fußgängerzonen wurden erstmals in den Kurorten erdacht und bereits in den 60er Jahren realisiert. Während dieser Zeit verloren die motorbetriebenen Zweiräder mehr und mehr an gesellschaftlicher Bedeutung. Sowohl die schwereren Motorräder als auch die Mofas, die in den 50er Jahren noch vielfach der beruflichen und privaten Mobilität Freiheiten verschafft hatten, wichen den Klein-Pkw; die motorisierten Zweiräder gingen in der rasanten Entwicklung des PKW-Verkehrs weitgehend unbeachtet unter. Nur Easy-Rider und ähnliche Außenseiter-Events ließen damals aufscheinen, dass ein relativ kleiner Kreis eingefleischter Motorrad-Freunde an der alten Technik festhalten und sie konservieren will. Verbunden war damit eine Aura von Männlichkeit, Freiheit, Abenteuer und Risikobereitschaft. Bei der Arbeit in der vom BMU initiierten Projektgruppe Motorrad und Umwelt wurde aufgearbeitet bzw. erfahren dass diese Denkweise im Gegensatz zur Automobilentwicklung kaum Veränderungen erfahren hat. Während im Autobau konzentrierte Bemühungen um Senkung von Abgas- und Lärmemissionen nachhaltige Erfolge und auch eine Nachdenklichkeit in der Bevölkerung. bewirkt hat, ist eine analoge Entwicklung bei der Bikern weitgehend immer noch zu vermissen. Hierunter haben nicht zuletzt die Heilbäder und Kurorte und ihre Patienten und Ruhe suchenden Gäste zu leiden. Kurorte liegen zumeist in landschaftlich bevorzugten Tälern oder Höhen der Mittelgebirge, die oft über kurvenreiche Zufahrtsstraßen zu erreichen sind. Für viele Motorradfahrer ist dieses Kurven-Fahren eine besondere Herausforderung. Das Zufahren auf die Kurve unter Wegnahme des Gases, Herunterschalten in einen niedrigeren Gang und die extreme Beschleunigung hinter der Kurve sind die eigentliche Provokation, da in solchen Situationen extreme Werte an Kohlenwasserstoff-, Benzol- und unverbrannten Treibstoffemissionen entstehen, die heute von keinem PKW mehr die ASU-Prüfung überstehen könnten. Vor allem in Tal-lagigen Kurorten, und in von den

23 24 Motorradfahrern bevorzugten austauscharmen schönen Wetterlagen, belasten diese Immissionen die Luftqualität und belasten die Atemluft der gesundheitssuchenden Patienten. Des Gleichen ist der durch die Fahrweise zahlreicher Motorradfahrer verursachte extreme Lärm vielfach eine Belastung (nicht nur Belästigung!) für Kurpatienten. Wenn es nach der Rasenmäherverordnung untersagt ist, während der Mittagsruhe-Zeit unnötigen Lärm zu verursachen, ist nicht nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber es zulässt, dass Motorrad-Fahrer die von Rasenmähern ausgehenden Geräuschemissionen selbst an Wochenenden um ein Vielfaches überschreiten dürfen. Nach den Erfahrungen mit den Gesprächen mit der Motorradfahrer- und der Motorradproduzenten-Seite erwartet der DHV deshalb von der Bundesregierung ein ordnungspolitisches Eingreifen. Die Erfahrungen mit der Einführung der Gurtanschnallpflicht, der Abgaskatalysatorpflicht einerseits und dem Ergebnis des Vertrauens auf die Selbstverpflichtungspolitik im Getränke-Mehrwegsystem lassen es unverzichtbar erscheinen, dass der Gesetzgeber Normen für eine umweltgerechtere Produktion von motorisierten Zweirädern und Vorschriften für einen verantwortungsvolleren Umgang mit den Fahrzeugen erlässt. Ich danke Ihnen.

24 Rechtslage in Deutschland und Europa sowie Perspektiven Bernd Lange, Mitglied des Europäischen Parlaments 25 Erst einmal möchte ich ganz herzlich guten Tag sagen und freue mich, dass ich so viele gut bekannte Gesichter hier sehe. In diesem Sinne möchte ich auch in einem freundschaftlichen Kontext mit den hier Anwesenden die Frage diskutieren, inwieweit Lärm für Motorradfahren konstitutiv ist und was wir innerhalb der Europäischen Union auf diesem Gebiet machen. Ich bin verantwortlich für viele Gesetze, die Emissionen, sei es Abgas oder Lärm, betreffen, und ich versuche, diese so zu gestalten, dass die Interessen derjenigen, die im Freizeitbereich Geräte benutzen, mit denen, die mitunter davon betroffen sind, in Übereinstimmung kommen. Und zweifelsohne ist dies wichtig, auch in der Frage des Lärms. In der Europäischen Union werden etwa 120 Mio. Menschen täglich im Durchschnitt mit über 55 db(a) belästigt, wenn sie vor ihre Tür treten und damit den Verkehrslärm hautnah, bzw. ohrnah, zu spüren bekommen (Abbildung 17). Warum 55 db(a)? Das ist der Wert, den die Weltgesundheitsorganisation zur Belästigungsgrenze erklärt hat. Wie schon in den Referaten vorher zu hören war, ist die Bestimmung dessen, was letztendlich Belästigung ist, mit einer gewissen Spannbreite versehen und auch dem subjektiven Empfinden geschuldet. Deswegen gilt als Bezugsgröße hier der Wert der Weltgesundheitsorganisation. In den letzten Jahren ist der Lärmlevel innerhalb der Europäischen Union durch das wachsende Verkehrsaufkommen sogar etwas gestiegen, insbesondere natürlich durch die verstärkte Nutzung der Kraftfahrzeuge, aber auch z.b. durch Höchstgeschwindigkeitsschienenverkehr und die Veränderung der Siedlungsformen und damit der Verkehrsintensivierung in Siedlungsstrukturen. Insofern ist es, glaube ich, richtig und notwendig, dass man hier aktiv wird. Insbesondere, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Lärm ein unerwünschtes Geräusch ist (Abbildung 18) und neben den Belästigungen, die, wie wir vorhin gehört haben, offenbar schon bei relativ niedrigem Niveau körperliche Reaktionen hervorrufen und zu erheblichen Krankheitserscheinungen führen, insbesondere, wenn Lärm höhere Levels erreicht. Hier sind einige Punkte, die auch in der Diskussion der Weltgesundheitsorganisation oder auch in der Strategie der EU zur Lärmminderung als Begründung für ein Aktivwerden innerhalb der Europäischen Union zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger genannt werden. Ein Problem, das vorhin auch schon kurz von Herrn Lahl angesprochen wurde, ist in der Tat der letzte Punkt. Festzusetzen, was eigentlich ein Grenzwert ist, der einer korrekten Bestimmung der Dosis-Wirkung-Beziehung entspricht. Offenbar ist letztendlich noch nicht zu bestimmen, welcher durchschnittliche Schallpegel zu einer bestimmten Krankheitserscheinung führt, oder auch welche punktuelle Belastung zu einer bestimmten Belästigung oder einem bestimmten Krankheitsbild führt. Hier gilt es, glaube ich, noch intensiv weiter zu arbeiten. Wir haben gerade die Diskussion bei der Gesetzgebung um Umgebungslärm bei Flughäfen. Genau diese Diskussion, ob hier das größere Problem von einer dauernden Schallbelastung ausgeht, oder wenn man punktuell ein Flugzeug landen oder starten hört. Hier ist also noch einiges zu tun. Deswegen ist es zur Zeit, glaube ich, auch noch nicht möglich, diese Relation ganz konkret in Gesetzgebung umzusetzen. Nichtsdestotrotz haben wir natürlich verschiedene Verursacher von Lärm in der Europäischen Union. Hier habe ich einige aufgelistet mit ihren jeweiligen Schallpegeln (Abbildung 19). Wohlwissend, dass die wissenschaftliche Basis hinsichtlich der Dosis/Wirkung-Relation noch nicht 100%ig fest ist, wollen wir erreichen, dass der tägliche Level der Lärmbelästigung innerhalb der Europäischen Union maximal 65 db(a) beträgt und die Höchstbelastung punktuell maximal 87 db(a). Und wenn man sich die verschiedenen Lärmquellen anguckt, heißt das natürlich, dass man hierfür die entsprechende Gesetzgebung angeht. Das haben

25 26 wir in der Vergangenheit erheblich getan. Wir haben versucht, die Lärmemission in mehreren Stufen an der Quelle zu reduzieren, bei den Automobilen, bei den Krafträdern, bei den Treckern und den Flugzeugen (Abbildung 20). Was übrigens eine spannende Diskussion in diesem Kontext war, ist die Frage der Reifen und deren Lärmemissionen. In einem sehr kontroversen Vermittlungsverfahren ist es uns auch in Auseinandersetzung mit der beteiligten Industrie gelungen, auch die Lärmemissionen von PKW- und LKW-Reifen deutlich zu senken, um hier auch einen Beitrag zu leisten. In der Gesetzgebung sind Motorradreifen bisher ausgenommen. Die letzte Gesetzgebung war für Rasenmäher und kleine mobile Maschinen. Zur Zeit beschäftigen wir uns mit Sportbooten - auch ein interessantes Thema. Nichtsdestotrotz hat die Reduktion der Lärmemissionen an vielen Quellen noch nicht überzeugend dazu beigetragen, dass das Lärmniveau insgesamt in der Europäischen Union substanziell gefallen ist. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass eine Markteinführung der Produkte mit den neuen Anforderungen eine gewisse Zeit dauert, hängt aber sicherlich auch mit den verschiedenen Anwendungsgebieten der Geräte sowie deren Konzentration und dem jeweiligen Fahrverhalten zusammen. Insofern haben wir jetzt in einem neuen Ansatz eine integrierte Lärmpolitik gestartet. Ausgehend von den Emissionen wird versucht zu erfassen, wo der Lärm passiert und welche Belästigungen davon ausgehen, um dann entsprechende Maßnahmen zu ermöglichen (Abbildung 21). D.h., nach einer deutlichen Erfassung dessen, wo und unter welchen Bedingungen Lärm entsteht, sei es in Heilbädern oder in Städten oder auf bestimmten Hauptverkehrsstraßen, sind dann entsprechend Grenzwerte zu entwickeln, die aber in der Tat abhängig sind von einer konkreten wissenschaftlichen Bestimmung der Dosis/Wirkung-Relation. Ansonsten stünde man ja auf sehr tönernen Füßen. Wir wollen das mit einer klaren Aufstellung strategischer Lärmkarten erreichen, so dass die Öffentlichkeit auch erkennen kann, welche Lärmverursacher wo zu finden sind. Darauf müssen dann die nationalen Aktionspläne aufbauen, die natürlich in der Tat mit der Verkehrsgestaltung zu tun haben. Insbesondere soll dieser ganze Prozess von einem starken öffentlichen Dialog begleitet werden (Abbildung 22). Dieses Konzept soll dann auch Basis sein für eine Weiterentwicklung der Gesetzgebung für die einzelnen Quellen. Denn wir wollen in der Tat insbesondere dort ansetzen, wo aufgrund einer eindeutigen Lärmanalyse auch die Notwendigkeiten für Maßnahmen da sind. Deswegen ist in dem Vermittlungsverfahren zur Lärmrahmenrichtlinie vereinbart worden, dass spätestens bis zum 18. Juli 2006 Vorschläge für verschiedene Quellen auf Basis der Lärmanalysen vorliegen. Das bedeutet ggf. auch eine Revision der bestehenden Richtlinie 97/24/EG für Motorräder und ggf. auch eine ergänzende Richtlinie für Motorradreifen (Abbildung 23). Man kann in der Tat schon jetzt diskutieren, ob das Motorrad ein zentrales Problem dabei ist. Insgesamt, das haben wir auch schon gehört, ist es für den durchschnittlichen Lärmpegel sicherlich keine entscheidende Größe; gerade, wenn man das Jahresmittel nimmt. Wir wissen alle, dass wir im Winter nicht so viel mit dem Motorrad fahren. Nichtsdestotrotz hat ein Motorrad spezifische Fahreigenschaften und, wenn man sich die weltweite Entwicklung ansieht, kann man davon ausgehen, dass gerade in urbanen Räumen - nicht nur insbesondere in mitteleuropäischen Städten, sondern weit darüber hinaus - die Population von Motorrädern und Zweirädern zunehmen wird (Abbildung 24). Insofern glaube ich, ist schon klar, dass es Handlungsbedarf geben wird, auch wenn man das Ergebnis der Lärmrahmenrichtlinie abzuwarten hat. Wenn man sich anguckt, wie sich die Entwicklung vollzogen hat, stellt man eben fest, und Herr Dr. Kemper hat das ja schon praktisch erläutert, dass innerhalb der Europäischen Union die Grenzwerte für die verschiedenen am Verkehr teilnehmenden Fahrzeuge deutlich reduziert worden sind (Abbildung 25). Inzwischen haben wir ein Niveau von 74 db(a) für PKW und 80 db(a) für Motorräder und für LKW erreicht (Abbildung 26). Allerdings, und da werden wir noch drauf zurück kommen, gibt es bei diesen 80 Dezibel eben einen kleinen, aber nicht unwichtigen Unterschied. 80 Dezibel für Motorräder größer 175 Kubik - für kleinere haben wir entsprechend andere Grenzwerte. Dabei ist immer zu beachten, dass es in der Typprüfungsvorschrift hier eine Toleranz von 1 db(a) gibt, die den Messzuständen geschuldet wird, die aber durchaus auch von Herstellen genutzt wird. Ich möchte noch mal kurz auf das Testverfahren hinweisen (Abbildung 27 und 28). Da wird also ein Motorrad getestet, indem es mit 50 Kilometer auf die Teststrecke losfährt. Entsprechend wird auch der Gang definiert und während der Testfahrt die Beschleunigung durchgeführt. Also für die reale Fahrpraxis bei Motorrädern, wenn es gerade Spaß macht, eine relativ untypische Situation. Und deswegen würde ich vermuten, dass hier bei einer Neufassung der Gesetzgebung für Motorräder der entscheidende Punkt liegt. Es kommt nicht so sehr darauf an, auf Basis des bestehenden Testverfahrens weiter an die 80 Dezibel ranzugehen. Das kann durchaus ein sehr angenehmes Geräusch sein, wenn man mit 50 Stundenkilometern und 80 Dezibel vorbei fährt (Abbildung 29). Aber an die Testverfahren! Ich erinnere noch mal im Vergleich an die Lastwagen, die hier ihren Test mit voller Drehzahl zu erfüllen haben. Insofern würde ich vermuten, dass man insbesondere Tests für das Beschleunigungsverhalten, für eine Volllastprüfung und auch ein Standgeräuschgrenzwert einzuführen hat, wenn man in eine weitere Diskussion über die Veränderung der

26 Richtlinie 97/24/EG eintreten wird. Das sind erste Diskussionen, aber ich glaube, um die 80 Dezibel über verschiedene Fahrzustände stabil zu bekommen - wir haben ja vorhin eine Grafik gesehen, die durch das Beschleunigungsverhalten einen riesigen Spielraum eröffnet wird man geeignete Tests in dieses Typprüfverfahren hineinzunehmen haben. Das könnte eine Konsequenz aus der spezifischen Motorradlärmpolitik sein - immer unter der Prämisse, dass wir hier eine bestimmte Notwendigkeit auch 100%ig auf dem Tisch liegen haben. 27 Des weiteren - und da, glaube ich, greift schon heute die Situation stärker - werden wir uns noch einmal mit einer Revision der Richtlinie 97/24/EG zu beschäftigen haben (Abbildung 30 und 31). Zum einen ist - und das zeigen vielfältige Untersuchungen - das Problem des Einhaltens der regulären Testvorschriften schon ein Problem. Man kann das ja in vielen Motorradzeitschriften nachlesen, dass nicht einmal die 80 Dezibel eingehalten werden. Und hier glaube ich, muss man die Testverfahren so gestalten, dass man das in der Praxis, im Feld, überprüfen kann. Ich halte nicht so viel davon, jetzt zu sagen, man muss jährlich zur Lärmuntersuchung fahren, weil wir alle wissen, wie schnell man einen Auspuff an- und abbauen kann. Sondern es muss vielmehr möglich sein, wenn Verdacht im Feld ist, dass man das hier schnell und einfach überprüfen kann. Und zum Zweiten müssen auch Nachrüstteile entsprechend den Originalwerten ausgestaltet sein. Hier haben wir in der Richtlinie 97/24/EG gewisse Bestimmungen hinsichtlich der Antimanipulation, aber ich glaube, das ist noch nicht ausreichend. Auch finde ich es durchaus legitim und attraktiv, an ein Motorrad auch einen besonders schönen Auspuff zu bauen. Allerdings muss dann gesichert sein, dass hier die allgemeine Typprüfung nicht mit in Frage gestellt wird. Eine weitere Revisionsnotwendigkeit der bestehenden Richtlinie ist, dass eindeutig Manipulationen ausgeschlossen werden. Also, selbst bei Nachrüstschalldämpfern, die serienmäßig die Erfordernisse der Richtlinie erfüllen, hat man ja häufig die Situation, dass sehr leicht und einfach manipuliert werden kann. Letztens war ich auf einem Bikertreffen und habe mir ein paar schöne Auspuffs angeguckt und da kam gleich einer der Verkäufer auf mich zu und sagte: Also hier ist die kleine Schraube. Wenn Sie die abdrehen, dann können Sie den db-killer gleich rausnehmen und dann haben Sie einen ordentlichen Sound. Das glaube ich, ist ein falscher Ansatz und liefert den Kritikern von Motorradfahrern die Gegenargumente auf dem silbernen Tablett. Jüngst las ich in einer Händlerzeitschrift für den Motorhandel auch insbesondere folgenden Hinweis für die Händler: Im Trend liegen derzeit vor allem Anlagen, bei denen durch Entfernen eines db-killers im Endtopf von legaler auf voller Leistung umgerüstet werden kann. Ich glaube, hier gilt es vielleicht deutlicher zu werden als bei der Frage um die 80 Dezibel. Hier muss eindeutig sichergestellt werden, dass die Erfordernisse auch eingehalten werden. Unter der Prämisse, dass die beiden Wege eingeschlagen werden, also Veränderung des Testverfahrens und deutliche Einschränkung von Manipulationsmöglichkeiten, glaube ich, ist es akzeptabel, weiterhin spaßvoll Motorrad zu fahren. Insbesondere, wenn man sich noch einmal die Erfahrungen mit den Autos vergegenwärtigt, wo es durchaus inzwischen völlig normal ist, dass subjektiv der Porsche vom VW originär unterschieden werden kann, und man das Gefühl hat, eben in einem Porsche zu sitzen und nicht in einem VW Polo, aber objektiv beide Fahrzeuge flüsterleise sind (Abbildung 32). Und ich glaube, das sollte auch die Perspektive für den Motorradbau sein. Schönen Dank.

27 28 Lärmsituation in Europa Weit über 120 Mio. Menschen sind täglich Lärmwerten von über 55 db vor ihrer Haustür ausgesetzt. 55dB ist der Schwellenwert für eine Belästigung gemäß der WHO Quelle: Europäische Umweltagentur Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin, Oben: Abbildung 17 Unten: Abbildung 18 Lärm ist unerwünschtes Geräusch Belästigung/ Schlafstörung Kommunikationsstörung psychische Störungen Verhältnis Dosis/Wirkung noch in Diskussion EU-Ziel: im Mittel nicht mehr als 65 db Höchstbelastung 85 db Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin,

28 29 Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin, Oben: Abbildung 19 Unten: Abbildung 20 Lärmgesetzgebung in Europa Bisher: Begrenzung der Lärmemissionen an der Quelle: Kraftfahrzeuge und Auspuffvorrichtungen Krafträder und ihre Auspuffvorrichtungen Landwirtschaftliche Zugmaschinen Flugzeuge Reifen im Freien vorgesehene Maschinen und Geräte (70/157/EWG) (97/24/EG) (74/151/EWG) (80/51/EG) (2001/43/EG) (2000/14/EG) Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin,

29 30 Neuer Ansatz: Integrierte Lärmpolitik Rahmenrichtlinie (2002/49/EG) über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm: allgemeine Qualitätsstandards für alle Europäer gemeinsames Konzept,, um vorzugsweise schädliche Auswirkungen, einschließlich Belästigung durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern. Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin, Oben: Abbildung 21 Unten: Abbildung 22 Integrierte Lärmpolitik 1. Festlegung einheitlicher Lärmindizes der Belästigung und der Schlafstörungen und daraus abgeleitete Grenzwerte in den Mitgliedstaaten 2. Aufstellung strategischer Lärmkarten 3. Nationale Aktionspläne 4. Information und Konsultation der Öffentlichkeit Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin,

30 31 Integrierte Lärmpolitik Die Ergebnisse der Umsetzung der Lärmrahmenrichtlinine sind...grundlage für die Einführung von Gemeinschaftsmaßnahmen zur Lärmminderung bei den wichtigsten Lärmquellen Tochterrichtlinien zur Festlegung von EU- Lärmstandards für Emissionen aus den wichtigsten Lärmquellen (Vorschläge spätestens bis 18.Juli 2006) also ggf. auch für Motorräder und Motorradreifen Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin, Oben: Abbildung 23 Unten: Abbildung Fahrzeugbestand in Millionen Motorräder Nutzfahrzeuge Autos Globaler Trend des Fahrzeugbestandes Wachstums-Szenarien Die Belastungen durch Motorräder im Jahresmittel sind zweifelsohne gering, aber der Fahrzeugbestand nimmt zu, gerade in urbanen Räumen, die Nutzung ist auf bestimmte Zeiten fokussiert und das Fahrverhalten markiert jeweils eine spezifische Belastung Jahr 1980 Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin,

31 32 LKW-Test unter Volllast, max. Drehzahl Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin, Oben: Abbildung 25 Unten: Abbildung 26 Derzeitige EU-Geräuschemissionsgrenzwerte für Motorräder (RL 97/24/EG) I db Mopeds 66/ 71 Motorräder < 80 cm 3 75 > 80 < 175 cm 3 77 > 175 cm Toleranz von 1 db Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin,

32 Derzeitige EU-Geräuschemissionsgrenzwerte für Motorräder (RL 97/24/EG) II 33 Testverfahren: 1) Fahrgeräusch: während der Vorbeifahrt maximaler Geräuschpegel in db das Kraftrad nähert sich mit einer gleichförmigen Geschwindigkeit von 50km/h oder einer Geschwindigkeit, die 75% der Nennleistungsdrehzahl S des Motors entspricht; Durchschnittswert von 4 Messergebnissen; bei max. 4 Gänge Messung im 2. Gang, bei 5 und mehr Gängen und Hubraum über 175 cm 3 Mittelwert aus Messung im 2. und 3. Gang Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin, Oben: Abbildung 27 Unten: Abbildung 28 Derzeitige EU-Geräuschemissionsgrenzwerte für Motorräder (RL 97/24/EG) II 2) Standgeräusch: die Drehzahl des Motors ist konstant zu halten; mindestens 3 Messungen pro Messpunkt Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin,

33 34 Vermutung: Diskussion um Höhe der Grenzwerte nicht vordringlich! 80 db bei einer Vorbeifahrt von 50 km/h subjektiv keine größere Belästigung ABER... Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin, Oben: Abbildung 29 Unten: Abbildung Veränderung der Testverfahren! Das Testverfahren muß realitätsnäher werden, insbesondere der Geschwindigkeitsbereich zwischen km/h ist zu erfassen, wo zur Zeit bis zu 15 db zusätzlich emittiert werden. Beschleunigungsphase Volllastprüfung Standgeräuschgrenzwert UND... Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin,

34 2. Illegale Manipulationen müssen verschwinden! 35 leichte Kontrollmöglichkeiten - auch bei Nachrüstteilen Nachrüstteile müssen den Orginalwerten entsprechen (Überarbeitung RL 94/27) Manipualtionsmöglichkeiten von Auspuffanlagen müssen verhindert werden, z.b. Schrauben zum Entfernen des db-killers (Überarbeitung RL 94/27) Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin, Oben: Abbildung 31 Unten: Abbildung 32 Das Beispiel Auto zeigt: Der typische Klang einer Marke oder eines Modells kann subjektiv wahrgenommen werden, auch wenn das Fahrzeug objektiv flüsterleise ist. Bernd Lange, MdEP, Symposium Berlin,

35 36 Motorrad und Umwelt Gerd Lottsiepen, Verkehrsclub Deutschland e.v. Bundesverband Meine Damen und Herren! Die Rede, die Herr Lange gerade gehalten hat, ist bei mir - ich saß in der ersten Reihe - mit einem Mittelungspegel von 64 db(a) angekommen. Interessant ist, dass ungefähr 15 Millionen Menschen in unserem Lande am Fenster ihrer Wohnung einen Mittelungspegel haben, der lauter ist als die Vorträge, wie sie, über eine moderne Lautsprecheranlage verstärkt, an Ihrem Ohr ankommen. Dieser Vergleich zeigt, dass wir einen hohen Handlungsbedarf haben. Die Belastung der Menschen durch Verkehrslärm gilt als das am stärksten vernachlässigte Umweltproblem. 70 Prozent aller Einwohner Deutschlands fühlen sich durch Straßenverkehrslärm gestört. Experten schätzen, dass pro Jahr über Menschen an einem verkehrslärmbedingten Herzinfarkt sterben. Damit ist dieses Risiko inzwischen höher als das, durch krebserzeugende Abgase aus dem Straßenverkehr zu sterben. Ein neuzugelassenes Motorrad emittiert heute im Durchschnitt mehr gesundheitsschädigende Abgase und Lärm als ein Pkw. Die Emissionen sind so hoch, dass ein Motorrad als Auto nicht zulassungsfähig wäre. Zu den Abgasen sagt Herr Höpfner noch einiges, nur eine kurze Bemerkung: Mein besonderer Dank gilt Herrn Lange für seinen Einsatz in der europäischen Politik, gilt Frau Altmann und der Bundesregierung für ihre Unterstützung der europäischen Umweltpolitiker, die jetzt endlich in Brüssel für Motorräder einen akzeptablen Abgasgrenzwert durchgesetzt haben. Der entspricht im Jahr 2006 ungefähr dem, was beim Pkw zehn Jahren vorher zum Standard wurde. Motorradlärm Motorräder sind bei gutem Wetter in einigen Orten und in einigen Erholungsregionen wesentlicher, oft der nervigste Lärmverursacher. Weil ich die Beteuerungen der Motorradindustrie beim Motorrad-Symposium des BMU vor zwei Jahren oder aus der AG Motorrad noch gut im Kopf habe, dass laute Motorräder nur die Ausnahme seien, habe ich mit dem Messgerät aus dem VCD-Lärm-Aktions-Koffer in Berlin einige Messungen an verschiedenen Straßen vorgenommen. Ich habe einen Zeitraum von je 5 Minuten betrachtet. Und meistens war ein Motorrad das lauteste Ereignis. In einigen Straßen hatte es starke Konkurrenz durch die Straßenbahn. Ich gebe zwei Fakten gerne zu: 1. Es gibt leise Motorräder. 2. Meine Untersuchung ist keine wissenschaftliche. Aber ich bin sicher: eine Untersuchung der TU Berlin käme zu einem ähnlichen Ergebnis. Grenzwert und Messverfahren Ein Motorrad, das den Grenzwert einhält, ist so laut wie vier Autos. Der Grenzwert für Motorräder muss verschärft werden. Für Motorräder sollten wie bei den Abgaswerten mit einer Verzögerung von einigen Jahren die gleichen Werte gelten wie für Autos.

36 Der Motorradindustrie muss man vorhalten, dass sie die konstruktiven Möglichkeiten zur Geräuschminderung von Motorrädern bei weitem noch nicht ausgeschöpft hat. Geräuschminderung ist sowohl technisch machbar als auch finanziell vertretbar. 37 Auch die Europäische Union hat im Bereich der Lärmminderung von Motorrädern bislang geschlafen. Während die Geräuschgrenzwerte für die Typprüfung von Pkw, Lkw und Bussen seit Einführung EG-einheitlicher Regelungen im Jahre 1970 merklich gesenkt worden sind, gab es bei Motorrädern nur vergleichsweise geringe Grenzwertverschärfungen. Heute dürfen Motorräder mit einem Hubraum über 175 cm³ auf dem Niveau von schweren Lkw, d.h. bei 80 db (A) liegen. Wegen unterschiedlicher Messverfahren kann das Motorrad allerdings in der Praxis auch deutlich oberhalb dieses Grenzwerts betrieben werden. Dagegen wird bei der Geräuschmessung von Lkw der lauteste Betriebspunkt bei Höchstdrehzahl erfasst. Eigentlich unglaublich: Ein kleines Motorrad darf also lauter sein als ein großer Lkw! Wichtiger noch als der Grenzwert ist das Messverfahren. Das haben wir heute mehrfach gehört, und das ist auch richtig. Das jetzige Messverfahren hat mit der Realität zu wenig zu tun. Die Messung bildet nur einen einzigen Fahrtzustand ab. Das gleiche gilt für das Auto. Folglich sollte die Politik veranlassen, dass sich Experten schnell zusammenfinden und schnell Messverfahren sowohl für das Auto als auch für das Motorrad entwickeln, die realitätsnäher sind und die bessere Aussagen über die Umweltperformance von Fahrzeugen zulassen. Die Werbung für Motorradzubehör zielt leider immer noch auf satten Sound ab. Hier hat der VCD eine klare Forderung: Zubehör, das die Motorräder lauter macht, muss nicht nur verboten sein, nein, das Verbot muss auch durchgesetzt werden. Denn ein Verbot, das so leicht zu umgehen ist, wie es Herr Lange in seinem Vortrag plastisch beschrieb, ist ein Papiertiger. Anlagen, die einfach zu manipulieren sind, müssen vom Markt verschwinden. Eine einfache Möglichkeit wäre, dass bei Motorrädern, die neu auf den Markt kommen, der HU-Stempel, der sogenannte TÜV-Stempel, auf den Auspuff geklebt wird. Danach müssen die Fahrzeuge regelmäßig zur HU, dort kommt der aktuelle Stempel wieder auf den Auspuff. Sie kennen sicher diese Stempel, die zerbröseln, wenn an ihnen manipuliert wird. Ein Einwand kommt garantiert: Der Auspuff wird zu heiß für diese Stempel, aber ich bin mir sicher, dass die Industrie schnell ein geeignetes Material findet, wenn der Großauftrag droht. Wir müssen nur wirklich wollen, dass unerlaubtes Zubehör verschwindet, da darf es nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleiben - dann werden auch die technischen Problemchen gelöst. Information Autokäufer werden viel besser informiert als Motorradkäufer. Die Messung und Veröffentlichung des Kraftstoffverbrauches und der CO 2 -Emission jedes Pkw-Modells sind vorgeschrieben. Autokäufer haben einige Möglichkeiten, sich über die umweltrelevanten Daten von Neufahrzeugen zu informieren. Ein Beispiel ist die VCD-Auto- Umweltliste. Umweltrelevante Daten für Motorräder sind wenig vorhanden und kaum veröffentlicht. Die Messverfahren für Abgase und Lärm sind nicht realitätsnah. Es existiert überhaupt kein verbindlicher Test zur Messung des Kraftstoffverbrauchs und des CO 2 -Ausstoßes. Es kann aus Verbrauchersicht wirklich nur als skandalös bezeichnet werden: Ein Kunde erhält keine Information über den Verbrauch und über die dadurch entstehenden Kosten an der Tankstelle. Vergleichsdaten fördern den Wettbewerb. Kunden haben ein Anrecht auf Informationen, die Kosten- und Umweltvergleiche möglich machen. Motorräder müssen sich auch unter Umweltgesichtspunkten dem Wettbewerb mit Autos stellen. Zur Zeit sind sie nur beim Platzbedarf im Vorteil. Sie brauchen weniger Parkraum. VCD-Projekte zu Verkehrslärm Der VCD arbeitet an drei Projekten, die Verkehrslärm behandeln. 1. Maßnahmen gegen Verkehrslärm: Durch Produktion und Verbreitung von Informations- und Aktionsmaterialien werden Initiativen von Lärmbetroffenen gegen Verkehrslärm unterstützt. Mehrere Workshops zielen auf die Identifizierung eines geeigneten Maßnahmenbündels gegen Verkehrslärm und die Initiierung einer neuen Verkehrslärmschutzgesetzgebung ab. 2. ÖPNV-Ranking: ÖPNV-Unternehmen werden in Bezug auf ihr Umweltmanagement und die Umwelteigenschaften ihrer Fahrzeugflotte untersucht und verglichen. 3. VCD-Auto-Umweltliste: Umweltranking Pkw - der Lärmwert fließt zu 20 Prozent in die Gesamtbewertung ein.

37 38 VCD-Motorrad-Umweltliste Die VCD-Auto-Umweltliste hat klein angefangen, mit vielleicht 100 Autos, und kaum öffentlicher Beachtung. In der Auto-Industrie wurde versucht, einen Boykott zu verabreden, uns keine Informationen zu liefern. Aber da schlug der Wettbewerb zu. Autohersteller, die gute Produkte liefern, informierten uns zunehmend. Denn eine gute Positionierung im VCD-Umwelt-Ranking ist ein brauchbares Werbeargument verfasste das IFEU eine gutachterliche Stellungnahme zum Bewertungsverfahren der Auto-Umweltliste. Sie gewann zunehmend an Umfang und Renommee. Auch der letzte deutsche Hersteller, der sich noch zierte, unseren ausführlichen Fragebogen auszufüllen, gab irgendwann nach. Das war BMW - nachdem selbst die FAZ sich über deren Ignoranz mokierte. Seit Jahren berichten am Tag unserer Pressekonferenz einige Fernsehsender und zahlreiche Radiostationen. Am Tag nach unser Pressekonferenz berichten über 100 Zeitungen. Und ich denke und hoffe, dass in Zukunft auch eine Motorrad-Umweltliste, die wir nach der wissenschaftlichen Vorarbeit des Instituts für Umwelt- und Energieforschung (IFEU) und mit Unterstützung des Bundesumweltministeriums produzieren möchten, ein entsprechendes Echo bei den Kunden, den Motorradkäufern, der Fachwelt und den Medien findet. Und dass wir damit einen Beitrag leisten, dass Motorräder sauberer werden, dass Motorräder leiser werden.

38 Motorrad und Umwelt Ulrich Höpfner, IFEU-Institut, Heidelberg 39 Guten Tag meine Damen und Herren, ich heiße Ulrich Höpfner und bin für den Fachbereich Verkehr und Umwelt am IFEU-Institut in Heidelberg verantwortlich. Dieses Forschungsinstitut besteht seit knapp 25 Jahren und hat derzeit rund 40 Mitarbeiter. Ich möchte Ihnen die Motorrad-Umwelt-Liste und Ergebnisse der ersten Arbeiten hierzu vorstellen. Erstens: Was ist die Motorrad-Umwelt-Liste, wozu soll sie dienen? Die Motorrad-Umwelt-Liste erhebt die ökologischen Eigenschaften von neu zugelassenen motorisierten Zweirädern und stellt sie einander gegenüber. Als ökologische Eigenschaften werden verstanden: gasförmige Emissionen wie Stickoxide oder Kohlenwasserstoffe, dazu der Kraftstoffverbrauch und damit einhergehend die Kohlendioxidemissionen und schließlich die Geräuschemissionen. Über letztere werde ich natürlich heute Vormittag nicht sprechen, nachdem so kompetente Vorredner bereits hierzu Stellung genommen haben. Die Analyse der ökologischen Eigenschaften bezieht sich vorzugsweise auf den Betrieb der Motorräder die Beiträge durch Produktion, Wartung und Entsorgung der Maschinen werden überhaupt nicht oder nur am Rande betrachtet. Die Motorrad-Umwelt-Liste bewertet diese ökologischen Eigenschaften in einem Punkteverfahren. Dafür haben sich die englische Ausdrücke Öko-Labeling und für den Vergleich Öko-Ranking eingebürgert. Im Grundsatz kennt man ja solche Tests aus Zeitschriften, sei es für Computer, Wäschetrockner oder ähnliches. Die Motorradumweltliste hat die Aufgabe, über die ökologischen Eigenschaften insbesondere neuer Motorräder zu informieren. Damit gibt sie dem Kunden die Möglichkeit, ökologische Unterschiede zwischen den einzelnen Motorrädern, zwischen den Gruppen der Motorräder, zwischen individuellen Typen, aber auch zwischen Motorrädern und Pkw in die Kauf- oder auch Nutzungsentscheidung einfließen zu lassen. Die Motorradumweltliste ist ein Vorhaben des IFEU im Auftrag des BMU/Umweltbundesamtes. Ergebnisse sollen Frühjahr 2003 vorliegen. Die Veröffentlichung ist geplant über den VCD. Dieses in Analogie zur Auto- Umwelt-Liste, die der VCD seit Ende der 80er Jahre betreibt, die dann 1997 vom Umweltbundesamt bzw. wissenschaftlich von uns, vom IFEU-Institut überarbeitet wurde und mittlerweile die Meßlatte für solche Vorhaben darstellt. Zweitens: Wie gehen wir bei der Erstellung der Motorrad-Umwelt-Liste vor, welche Probleme gibt es und gilt es auf welche Art und Weise zu lösen? Ein paar Punkte will ich Ihnen kurz vorstellen und bei dieser Gelegenheit auch ein wenig die Luftschadstoffseite der Motorräder beleuchten. Die potenziellen Schadstoffemissionen der neuen Motorräder können wir naturgemäß nicht über Messungen vieler realer Neu-Fahrzeugtypen erfassen. Eine solche Methode wäre zu aufwändig; zudem kämen ihre Ergebnisse viel zu spät. So, wie wir es in der Auto-Umwelt-Liste tun, wollen wir es auch hier tun: Wir beziehen uns die typischen Emissionen heute aktueller Motorräder und schätzen ab, wie sie sich angesichts der Anforderungen der neuen Grenzwerte verhalten werden. Diese Grenzwerte werden zur Zeit starken Verbesserungen unterzogen: Mofas und Kleinkrafträder, die im Jahr 1992 immerhin noch einen Anteil von 55 %, im Jahr 1997 von 38 % am gesamten Motorrad-Bestand hatten, haben 1999 erstmals Grenzwerte mit einem gewissen Anspruch auf

39 40 Schadstoffminderung erhalten. Diese Grenzwerte sind im Juni dieses Jahres auf Werte verbessert worden, die bei aller Problematik der Vergleichbarkeit der Testzyklen und bei Vernachlässigung des heute umwelthygienisch unbedeutenden Kohlenmonoxids etwa in der Größenordnung von Euro 1 für Pkw liegen, deren Ansprüchen also etwa 10 Jahre hinterher hinken. (Abbildung 33) Die heutige wichtigste Gruppe der Motorräder stellen die Krafträder über 150 ccm dar, bereits 1997 mit 51 % am Bestand vertreten mit weiter zunehmender Tendenz. Die heute bestehenden Grenzwerte sind mit dem EU-Beschluss im April dieses Jahres von meiner Seite nochmals Dank an Herrn Lange, der hierbei eine treibende Kraft darstellte zum verbessert worden. Der entscheidende Schritt findet im Jahr 2006 statt: Mit den dann gültigen Grenzwerten rücken die großen Motorräder erstmals in die Nähe der Abgasstandards von modernen Pkw. Der Testzyklus ist demjenigen der Pkw ziemlich vergleichbar; die Emissionen liegen dann fast auf EURO 3-Niveau der Otto-Pkw ab Anfang 2000 (Abbildung 34). Für den Vergleich zwischen Pkw und Motorrädern ist zu beachten, dass heute im Sommer 2002 praktisch nur noch Otto-Pkw mit EURO 4 angeboten werden. Hier haben steuerliche Anreize einiges im Markt der Neuzulassungen bewegt und das könnte ja auch ein Vorbild für die Motorräder sein. Allerdings sind die Testzyklen weder zwischen den einzelnen Grenzwertstufen bei den Pkw noch zwischen denjenigen der Motorräder und auch nicht zukünftig zwischen denjenigen von Pkw und Motorrädern identisch. Zwar hatte die Änderung der Testzyklen zumeist eine zusätzliche Verschärfung des Grenzwertes zur Folge. Beispielsweise sind heute die Emissionen der Startphase und des warmlaufenden Motors wesentlich besser berücksichtigt als bei früheren Grenzwerten. Jedoch erschweren solche unterschiedlichen Testbedingungen den Vergleich und damit die Einstufung der über die Testzyklen abgeschätzten Abgas-Emissionen in einer Motorrad-Umwelt-Liste. Denn nur in einzelnen Messungen (Abbildung 35) ist es möglich, verschiedene Fahrzeuge im gleichen Abgaszyklus zu erfassen, wo dann am Beispiel Kohlenwasserstoffe die hohe Bandbreite der Emissionen besonders deutlich wird. Schließlich müssen wir ein Verfahren finden, mit dem wir die hohen HC Verdunstungsemissionen von Motorrädern erheben und gewichten. Die Abbildung 36 zeigt sowohl die sehr große Spannbreite der Verdunstungsemissionen zwischen den verschiedenen Motorrad-Typen wie auch den meist sehr großen Unterschied zu modernen Pkw. Drittens müssen wir für eine Motorrad-Umwelt-Liste nicht nur die Daten für die erwarteten Emissionen ableiten bzw. abschätzen darüber sprach ich soeben, sondern sie dann auch skalieren und gewichten. Skalieren bedeutet, dass wir festlegen müssen, welche Emissionswerte wir bleiben weiterhin bei dem Beispiel der Luftschadstoffe den Anfangspunkt und den Endpunkt einer 10-teiligen Skala bilden. Beispielsweise könnte der Ausgangspunkt, dann mit 0 Punkten bewertet, bei einem alten Zweitakter liegen oder beim heutigen Durchschnitt des Bestandes einer Klasse von motorisierten Zweiräder oder beim Durchschnitt des Bestandes aller Motorräder dazu müssen uns die Datenlage noch genauer anschauen. Prinzipiell reizt es uns, den Ausgangspunkt identisch zu demjenigen der Pkw zu setzen. Dann wären die Punkte für eine bestimmte Umweltschadenskategorie aus der Auto-Umwelt-Liste mit denjenigen der Motorrad-Umwelt-Liste direkt vergleichbar. Als End- oder Zielpunkt, das ist derjenige mit der höchsten Punktzahl 10, hat sich meistens die Nullemission bewährt. Und beim Vergleich von konventionellen mit Elektroautos hat sich eine solche Skalierung auch als notwendig erwiesen. Weiterhin müssen wir Bewertungsmaßstäbe erarbeiten. Zuerst die einfachere Bewertung, nämlich diejenige nach der Zurechnung einer Emission zu einer bestimmten Umweltwirkungskategorie. Beispielsweise müssen die Emissionen von Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen in ihrem Beitrag zur Umweltwirkungskategorie Ozonbildung gewichtet werden. Die große Bandbreite der Motorrad-Emissionen macht da eine transparente Vorgehensweise besonders wichtig (Abbildung 37) Oft sind sehr hohe Stickoxidemissionen mit sehr niedrigen Kohlenwasserstoffemissionen bzw. umgekehrt gekoppelt vor allem eine Folge von Zweitakt- oder Viertakt-Motor bzw. der katalytischen Nachbehandlung. Die abschließende und problematischste Gewichtung, der die meisten Elemente einer auch gesellschaftlich geprägten Bewertung anhaften, ist diejenige der Gewichtung der verschiedenen Umweltwirkungskategorien untereinander. Dazu müssen wir etwas aussagen über den heutigen und zukünftigen Einfluss der Motorrad- Emissionen auf die gesamte Umweltsituation. Die Abbildungen 38 und 39 zeigen dieses in der absoluten Betrachtung und in der prozentualen Betrachtung. o Berechnungen mit TREMOD (das von IFEU im Auftrag des Umweltbundesamtes seit rund 10 Jahren entwickelt und fortgeschrieben wird) machen deutlich, dass die motorisierten Zweiräder heute einen Anteil von nur rund 2 % an der gesamten Fahrleistung haben, dass sie mit deutlich unter 1 % nur marginale Stickoxidemissionen verursachen, demgegenüber aber relativ hohe Kohlenwasserstoffemissionen. o Die Kohlenwasserstoffemissionen der Motorräder insgesamt werden sich zukünftig nicht so stark rückläufig entwickeln wie diejenigen der anderen Straßenverkehrsmittel in Deutschland. Zur Zeit wird eine Zunahme des Anteils auf rund 25 % aller Kohlenwasserstoffemissionen des Straßen-

40 verkehr im Jahr 2010 berechnet. Allerdings sind diese Zahlen nicht sehr belastbar; die Basisemissionsfaktoren werden gerade überarbeitet, die neuen Grenzwertvorschriften sind nur teilweise berücksichtigt. Dennoch ist die Tendenzaussage unstrittig: Eine Reduktion der gesamten Kohlenwasserstoffemissionen wird die motorisierten Zweiräder nicht vernachlässigen können. Erwartete Absenkungen oder Erhöhungen von Emissionen müssen im Kontext zu den anderen Verursachern ( Spezifischer Beitrag ) mit der gewollten, in absoluten oder relativen Umweltzielen beschriebenen Umweltqualität in Beziehung gesetzt werden ( Abstand zum Ziel ). Und schließlich müssen die Umweltwirkungskategorien noch untereinander bewertet werden. Überspitzt formuliert: Wie wichtig ist das Risiko der Krebserkrankung gegenüber dem Risiko durch einen Klima-GAU. Hier spätestens wird deutlich, auf welch dünnem Eis sich eine solche Bewertung bewegen muss und weshalb vielerorts eine Quantifizierung unterbleibt. In dem speziellen Fall der motorisierten Zweiräder kommt hinzu, dass regionale oder lokale Engpassfaktoren (wie eine übermäßige Abgas- oder Lärmbelastung in Innenstädten) in die Bewertungen einbezogen werden könnten oder gar sollten, ebenso wie bestimmte saisonale Situationen wie zum Beispiel besonders heiße Wochenenden im Sommer, an denen bekanntlich die Motorräder besonders häufig betrieben werden und ihre Emissionen einen wesentlich wichtigeren Einfluss auf die Ozonbildung haben könnten als im Jahresmittel ( Spezielle ökologische Relevanz ) 41 Nach diesem Schnelldurchgang durch die wichtigsten Aspekte und Probleme bei der Erstellung eines ökologischen Ranking-Verfahrens noch zum Abschluss zu den bisher noch nicht erwähnten klimarelevanten Emissionen, das sind im Kfz-Bereich insbesondere die Kohlendioxidemissionen. Ihnen allen ist bestens bekannt, dass größere Motorräder mindestens so viel Kraftstoff verbrauchen bzw. dabei mindestens so viel Kohlendioxid emittieren wie moderne Kleinwagen mit Ottomotor oder Diesel-betriebene Mittelklassewagen (Abbildung 40). Bezogen auf die Zahl der angebotenen Sitzplätze heißt das sogar: Mindestens das Doppelte. Dementsprechend wird also das Ranking der Motorrad-Umwelt-Liste neben den Luftschadstoffemissionen auch die Kohlendioxidemissionen enthalten. Diese Klimarelevanz gehört zusammen mit den Lärmwerten zu den mittel- und längerfristig wichtigsten Umwelteffekten. Ihr Beitrag wird hoch bewertet werden und daher das Endergebnis entscheidend prägen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Grenzwerte von Motorrädern und Pkw (1) Mofas ( 50 cm 3, 25 km/h) und Kleinkrafträder ( 50 cm 3, 50 km/h) Bestand 1992 nach KBA Anteil an gesamten Motorrädern % Bestand 1997 nach KBA Anteil an gesamten Motorrädern % Grenzwerte Neuzulassungen (g/km) CO HC NO x HC+NO x ab (Testzyklus R47) 9,6 6,5 ab (Testzyklus R47) 6,0 3,0 ab (Testzyklus R47) 1,0 1,2 Otto Pkw (Euro 1), ab 1992 (NEFZ-alt) 3,16 1,13 Otto Pkw (Euro 2), ab 1996 (NEFZ-alt) 2,2 0,5 Otto Pkw (Euro 3), ab 2000 (NEFZ-neu) 2,3 0,2 0,15 Otto Pkw (Euro 4), ab 2005 (NEFZ-neu) 1 0,1 0,08 Quelle: KBA, EU IFEU Heidelberg 2002 Berlin Abbildung 33 1

41 42 Grenzwerte von Motorrädern und Pkw (2) Leichtkrafträder ( cm 3 ) Krafträder (über 125 cm 3 ) Bestand 1992 nach KBA Anteil an gesamten Motorrädern % 38% Bestand 1997 nach KBA Anteil an gesamten Motorrädern % 51% Grenzwerte für Neuzulassungen (g/km) CO HC NO x ab Takt ,4-16,8 - (Testzyklus ECE R40) 4 Takt ,0-8,4 - ab Takt 8 4 0,1 (Testzyklus ECE R40) 4 Takt ,3 ab < 150 cm 3 5,5 1,2 0,2 (Testzyklus ECE R40 kalt) > 150 cm 3 5,5 1,0 0,3 ab < 150 cm 3 2,0 0,8 0,15 (Testzyklus ECE R40 kalt + EUDC) > 150 cm 3 2,0 0,3 0,15 Otto Pkw (Euro 3) (Testzyklus NEFZ-neu) 2,3 0,2 0,15 Otto Pkw (Euro 4) (Testzyklus NEFZ-neu) 1 0,1 0,08 Quelle: KBA, EU IFEU Heidelberg 2002 Berlin Oben: Abbildung 34 Unten: Abbildung 35 HC-Emissionen von Motorrädern im NEFZ g/km ,6 9,5 16,9 Zweitakter Viertakter Grenzwerte für HC nach Richtlinie 98/69/EG : PkW-EURO 3 = 0,2 g/km Pkw-EURO 4 = 0,1 g/km 3 2 0,5 1,3 1,6 0,7 0,4 1 0 Gilera Runner 180 FXR (2-Takt) Quelle: Friedrich, UBA, 9/2000 Yamaha TDR 125 (2-Takt) Aprilia RS 250 (2-Takt;U-Kat) BMW C1 (G-Kat) Honda CB 500 (ohne Kat) BMW F 650 GS (G-Kat) BMW R 850 C (G-Kat) Honda X eleven (G-Kat) 3 Berlin

42 43 HC-Verdunstungsemissionen von Motorrädern (g/test) Honda CBR 1100 XX (G-Kat), (4-Takt) Suzuki GSF 1200 N (4-Takt) Grenzwert für Pkw : 2 g/test BMW R 80 G/S (4-Takt) BMW R 850 C (G-Kat), (4-Takt) Kawasaki ZX-9R (U-Kat), (4-Takt) BMW F650 ST (U-Kat), (4-Takt) Yamaha FZS 600 Fazer (4-Takt) Honda CB 500 (4-Takt) Yqamaha TDR 125 (2-Takt) Yamaha YA 50 R (U-Kat), (2-Takt) Golf Cabrio, 110 kw (G-Kat), (4-Takt) Heißabstellen (1 h) Tankatmung (24 h ) Gesamtergebnis Quelle: Friedrich, UBA, 9/ Berlin Oben: Abbildung 36 Unten: Abbildung 37 spezifische Emissionen von Motorrädern und Pkw (D, 2000) 25 0,7 8,0 20 CO-Emission g/km MZR <50cc MZR > 50cc 2T MZR > 50cc 4T Otto-Pkw Diesel-Pkw 0,6 0,5 MZR <50cc MZR > 50cc 2T MZR > 50cc 4T Otto-Pkw Diesel-Pkw NOx g/km HC g/km 7,0 6,0 MZR <50cc MZR > 50cc 2T MZR > 50cc 4T Otto-Pkw Diesel-Pkw 15 0,4 5,0 4,0 10 0,3 3,0 0,2 2,0 5 0,1 1,0 0 0,0 0,0 Daten für die Emissionen eines bestandesdurchschnittlichen Fahrzeugs in Deutschland 2000; direkte Emissionen einschließlich der Verdunstungsemissionen Quelle: IFEU-Berechnungen mit TREMOD (IFEU i.a. von UBA/VDA/MWV/DB et al.), Version 11/01 Berlin

43 44 Emissionen des Kfz-Verkehrs in Deutschland Fahrleistung (Mrd. km) Stickoxide (kt) Sonstige Kohlenwasserstoffe (kt) Diesel-Pkw Otto-Pkw Motorräder Sonstige Diesel-Pkw Otto-Pkw Motorräder Sonstige Diesel-Pkw Otto-Pkw Motorräder Daten für Deutschland ; Sonstige: Nutzfahrzeuge und Busse; Fahrleistungsentwicklung in Anlehnung an die BVWP-Trendprognose (BMV 2001); Emissionsberechnungen unter der Annahme einer jeweils vorzeitigen Erfüllung neuer Grenzwerte; Emissionsfaktoren EURO 2 5 abgestimmt zwischen UBA und VDA; Einführung verbesserter Kraftstoffe; reale Fahrleistung inkl. 2000; Standard-Szenario ab 2001; in 4/2002 beschlossene Grenzwertverschärfungen bei Krafträdern >50 ccm noch nicht berücksichtigt Quelle: IFEU-Berechnungen mit TREMOD (IFEU i.a. von UBA/VDA/MWV/DB et al.), Version 11/01 6 Berlin Oben: Abbildung 38 Unten: Abbildung 39 Emissionen des Kfz-Verkehrs in Deutschland in % 100% 90% Fahrleistung 100% 90% Stickoxide 100% 90% Kohlenwasserstoffe 80% 80% Sonstige Diesel-Pkw 80% 70% 70% Otto-Pkw 70% 60% 60% Motorräder 60% 50% 50% 50% Sonstige Diesel-Pkw 40% 30% Sonstige Diesel-Pkw 40% 30% 40% 30% Otto-Pkw Motorräder Otto-Pkw 20% Motorräder 10% 0% % 20% 10% 2,2% 2,6% 0,3% 0,7% 5,9% 22% 0% 0% % Relative Darstellung; Daten für Deutschland ; Sonstige: Nfz + Busse; Fahrleistungsentwicklung in Anlehnung an die BVWP-Trendprognose (BMV 2001); Emissionsberechnungen unter der Annahme einer jeweils vorzeitigen Erfüllung neuer Grenzwerte; Emissionsfaktoren EURO 2 5 abgestimmt zwischen UBA und VDA; Einführung verbesserter Kraftstoffe; reale Fahrleistung inkl. 2000; Standard-Szenario ab 2001; in 4/2002 beschlossene Grenzwertverschärfungen bei Krafträdern >50 ccm noch nicht berücksichtigt; Datenwerte jeweils für 1995 und 2005 angegeben Quelle: IFEU-Berechnungen mit TREMOD (IFEU i.a. von UBA/VDA/MWV/DB et al.), Version 11/01 7 Berlin

44 Verbrauch von Motorrädern und Pkw (l/100 km im NEFZ) Motorräder minimal Mittelwert maximal Pkw (Typprüfwerte) Krafträder 500 bis 750 cm³ Quelle: Friedrich, UBA, 9/2000 Krafträder 750 bis 1000 cm³ Krafträder > 1000 cm³ SMILE 40 kw SMART 40 kw OPEL CORSA B 2T / 40 kw Renault TWINGO 43 kw TOYOTA YARIS 50 kw VW LUPO 55 kw 8 Berlin Abbildung 40

45 46 Lasst mir mein Moped Rene Bongartz, Bike-City, Bonn Frau Staatssekretärin, meine Damen und Herren, die Dinge, die ich hier zu sagen habe, dazu möchte ich einige Voraussetzungen an den Anfang stellen. Vieles ist heute Vormittag schon genannt worden. Ich möchte mit dem wichtigen Punkt beginnen, dass Motorräder heutzutage reine Freizeitgeräte sind, und zwar spreche ich von Motorrädern, und nicht von Leichtkrafträdern und Mofas und Rollern und Kleinkrafträdern, die eben auch schon in Folien auftauchten. Zum zweiten möchte ich sagen - dies vielleicht zum Vorteil der hier auch anwesenden Hersteller - dass Serienmotorräder in der Regel heutzutage ausgesprochen leise sind. Und zwar so leise, dass sie manchem Motorradfahrer zu leise sind. Denn sonst hätten wir dieses Problem überhaupt nicht, über das wir heute hier zu sprechen haben. Dass nämlich einige auf die Idee kommen, wir müssen da Zubehörauspuffanlagen an unsere Maschinen anbauen. Ich möchte auch vorausschicken, dass ich hier nicht über Roller spreche, auch ein Bereich der motorisierten Zweiradfahrzeugen, allerdings ein Bereich, der uns überhaupt nicht betrifft, weil die Roller, na ja, niemand hier würde behaupten, die sind zu laut. Also auch das müssen wir abgrenzen. Wir sprechen also rein über die Maschinen, wenn überhaupt, die über 125 cm³ liegen. Und bei diesen Maschinen scheint es also so zu sein, dass der technische Umbau die größte Rolle spielt, wenn es darum geht, das Motorrad zu verändern und zu individualisieren. Dies ist sicher ein ganz wichtiger Punkt, warum das überhaupt geschieht. Stellen Sie sich einmal vor, so ein Motorrad fängt heutzutage, wenn ich es kaufe, an bei Euro, knappen 7.000, und endet, na ja, oben offen, aber sagen wir mal, so das teuerste Serienmotorrad ist vielleicht gerade die Harley V-Rod mit Euro. Da geht also jemand her und bezahlt ein Heidengeld dafür, so ein Motorrädchen zu besitzen, aber er hat immer noch etwas von der Stange. Ich habe schon gesagt, vielleicht ist den Leuten das Motorrad zu leise, aber es sieht immer irgendwie gleich aus. Kaufe ich mir eine Yamaha YZF-R1, dann ist die meistens blau, die sehen alle gleich aus. Ich habe viel Geld auf den Tisch gelegt und ich habe trotzdem genau das gleiche wie mein Kumpel nebenan. Also gehe ich her und fange an, zu individualisieren, umzubauen, auszubauen. Ich kaufe mir vielleicht eine Rastenanlage und lege nochmal auf die ohnehin hohe Summe, die ich schon genannt hatte, für die Rastenanlage nochmal 300 Euro drauf. Dann kaufe ich mir einen Satz bunt eloxierte Aluminiumschrauben. Die sind relativ günstig. So alles in allem 150 Euro. Dann gehe ich her und kaufe mir noch einen bunten Lenker. Der ist mit 80 Euro extrem billig. Aber, um mich dann wirklich abheben zu können, weil die Sachen, die ich gerade gekauft habe, die kann sich ja noch jeder leisten, dann gehe ich her und kaufe mir eine richtig ordentliche Auspuffanlage, und zwar nicht irgendwie so etwas wie an dem Serienmotorrad schon dran ist, sondern eine, die mit dem ordentlichen Bumms. Ich spreche jetzt wohlgemerkt nicht von mir, sondern ich tue so als sei ich das. Die kostet auf den ganzen Haufen noch mal drauf, na ja, sagen wir mal, wenn es nur ein Schalldämpfer ist, fangen wir vielleicht bei 400 Euro an, aber wenn sie richtig was bringen soll Euro. Und dass ich hierbei meine persönliche Ausstattung, Lederkombi, Helm usw., Stiefel, Handschuhe, dass ich die noch gar nicht angesprochen habe. Dieses Hobby, da muss man schon einiges an Geld für aufbringen, um überhaupt etwas besonderes zu sein auf dieser Straße da draußen. Vielleicht will ich ja auch auffallen. Gerade dann muss ich also investieren. Und glauben Sie es mir: Es ist für den Motorradfahrer im allgemeinen substanziell, dass solche Umbauten vorgenommen werden können. Besonders interessant ist das dann, wenn ich auch vorzeigbar Qualitätssteigerungen habe oder Leistungssteigerungen. Und vorzeigbar ist auch so etwas wie hörbar. Ich halte es persönlich für einen Mangel, dass

46 die Hörbarkeit, sprich die Lautstärke - keinesfalls der Lärm, sondern der Sound - heutzutage noch als Indiz für Leistung genommen wird. Und wenn ich im weiteren Verlauf meines Vortrages hier einen Vorschlag unterbreiten werde, wie wir evtl. vorgehen können, dann gehört dazu auch Kommunikation nach außen, die eindeutig vermittelt: Sound, Lärm, Lautstärke, Geräusch ist nicht Indikator für Leistung. 47 Ich sprach davon, dass ich im weiteren Verlauf einen Lösungsvorschlag unterbreiten möchte. Schauen wir uns doch mal an, welche einfachen Lösungsvorschläge und welche Widersprüche da auch vorhanden sind. Nun, man könnte sagen, wenn das ganze Problem in der Individualisierung liegt, dann verzichten wir doch darauf. Schrauben wir das Rädchen wieder zurück um 25 Jahre. Da war das Motorrad noch kein Freizeitgerät, da musste man sich noch nicht gegenüber anderen beweisen. Vielleicht, dass man die Freundin hinten auf dem Moped hatte, aber nicht dadurch, dass der Auspuff laut war. Allerdings werden Sie sich dann sehr rasch, also mal ganz abgesehen davon, dass es wahrscheinlich unmöglich ist, 25 Jahre zurückzudrehen, Sie werden sich sehr rasch in einen Bereich begeben, wo Sie dem Motorrad als Fahrzeug sehr schaden werden. 25 Jahre zurück heißt nämlich, wir blicken genau in die Zeit, als die bekannten deutschen Motorradhersteller den Bach runter gingen. Ich erinnere beispielsweise an Marken wie Maico, die damals den Löffel abgegeben haben, man könnte nennen Kreidler, die sich damals verabschiedet haben, oder Zündapp, allen noch ein Begriff, die sind alle nicht mehr vorhanden. Irgendwann nach China verkauft oder nach Südkorea, die Marken, wenn überhaupt. Alle weg. Wenn wir uns also in diese Richtung begeben wollen, dann müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass wir damit das Motorrad kaputt machen, und ich hoffe, das will hier niemand. Kommen wir zum zweiten, einfachen oder - lassen Sie mich sagen - billigen Lösungsansatz. Wurde auch schon genannt. Sorgen wir doch einfach dafür, dass diese lauten Zubehöranlagen, Zubehörschalldämpfer einfach nicht mehr verkauft werden. Und hier muss ich einen ganz wichtigen Punkt ansprechen. Ich habe ja eben gesagt, dass wir das Internetportal Bike-City betreiben. Dieses Portal betreiben wir initiiert durch derzeit 102 Motorradhändler. Und von unseren Motorradhändlern weiß ich, dass die Marktlage zur Zeit - mit Verlaub - beschissen ist. Teilweise stehen noch, und da wird nicht drüber geredet, die 2001er Maschinen auf den Höfen, die 2002er Maschinen, da ist überhaupt nicht drüber zu reden. Die sind noch nicht verkauft. Die Händler haben vorfinanziert. Es ist im Moment eine ganz schlimme Situation, und wenn Motorradhändler auf den Bäumen wüchsen, dann könnten Sie in diesem Herbst zugucken, wie die herunterfallen. Da wird einiges an Katastrophen auf uns zukommen. Und es wurde eben auch schon die Frage gestellt, ja, warum verkaufen die denn überhaupt solche Zubehöranlagen. Ja, ganz einfach: Weil die zur Zeit alles verkaufen würden, was sie irgendwie verkaufen können. Die haben Personal zu finanzieren, die haben diese Vororder zu finanzieren. Im Moment können Sie an dieser Stelle einfach nicht kratzen. Aber ich möchte auch darauf hinweisen, dass ich selber dieses Argument Arbeitsplätze immer für sehr unseriös halte. Nichts desto trotz ist die Situation aber so wie gerade geschildert. Dritter Punkt - wie könnte man die Sache einfach lösen? Nun, man könnte, das wurde ja auch schon von Herrn Lange vorgeschlagen, einen Grenzwert einführen. Schön. Dann muss man aber auch darauf achten, dass nicht der Grenzwert das Bestimmende ist bei der Lautstärke, beim Lärm, beim Sound, bei der unterschiedlichen Wahrnehmung, sondern dass es individuelle Wahrnehmungen sind. Lassen Sie mich kurz einen Feldversuch machen. Die Frau Altmann, die fährt Motorrad. Frau Altmann, macht Ihr Motorrad eigentlich Lärm? Antwort Frau Altmann: Das kommt darauf an, wie ich fahre, und meistens fahre ich sehr defensiv. Defensiv bedeutet Nein. Gut. Hin und wieder macht es Lärm, aber wenig, ok? Fragen wir mal den Herrn Frieling. Herr Frieling, Ihr Motorrad, macht das eigentlich Lärm? Antwort Herr Frieling: Mein Motorrad macht wahrscheinlich keinen Lärm, es hat nur einen kleinen Sound. Das hatte ich erwartet. Herr Lenzen, Ihr Motorrad, macht das Lärm? Antwort Herr Lenzen: Das macht keinen Lärm, es ist laut, weil es 25 Jahre alt ist und den geltenden Vorschriften nicht mehr genügt. Das heißt, es ist lauter als 80 db(a). Und was macht Ihr Motorrad? Mein Motorrad macht keinen Lärm. Aber Ihres auch nicht, wenn ich das richtig verstanden habe. Das ist nur so laut, weil es ja so alt ist. Sie werden, und da gehe ich mit jedem hier im Saal die Wette ein, Sie werden keinen Motorradfahrer finden, der behauptet, sein Motorrad macht Lärm. Das Verständnis ist einfach nicht dafür da. Motorräder machen ja auch keinen Lärm. Meins auch nicht. Motorräder brauchen ein gewisses Geräusch, auch einen gewissen Geräuschpegel. Das ist allerdings problematisch, weil vor allen Dingen brauche ich den Geräuschpegel, sagen wir mal, auch zur Sondierung fühlt sich mein Moped wohl, im Stand. Das brauche ich viel weniger, ich kann das überhaupt nicht hören, weil ich einen Helm aufhabe, im hochtourigen Bereich, also bei schneller

47 48 Fahrt. Das muss uns nachher noch interessieren. Weshalb ich den Ansatz, wir führen einen Grenzwert ein, aber auch kritisiere, ist, weil wir sehr unterschiedliche Motorräder haben. Von welchen sprechen wir denn überhaupt? Sprechen wir von den Crossern oder von den Enduros? Oder sprechen wir von den Naked Bikes, wo ja die Motoren auch noch offen liegen? Sprechen wir von den Sportlern oder von den Supersportlern? Sprechen wir von den Choppern oder von den Cruisern? Und ich halte es für ausgesprochen unseriös, wenn mir gesagt wird das Motorrad, weil das Motorrad gibt es nicht. Und das Motorrad ist schon überhaupt nicht mit dem Auto zu vergleichen, was hier dauernd versucht wird. Sie werden diese unterschiedlichen Gruppen von Motorrädern und Motorradfahrern in dem Bereich Auto überhaupt nicht finden. Oder nennen Sie mir mal zwei unterschiedliche Gruppen von Autofahrern, die sich ja fast bis auf s Messer bekriegen wie beispielsweise die Fahrer von Harley-Davidsons und die von Yamaha Supersportlern. Das sind nicht dieselben Leute. Oder vergleichen Sie mal einen Crosser, der ins Gelände geht und da durchaus auch laut ist mit dem Familienfahrer, der so ein dickes Naked Bike, so eine XJR fährt. Das geht einfach nicht. Aber ich habe Ihnen auch versprochen, ich möchte einen Lösungsansatz präsentieren. Deswegen möchte ich zunächst mal einen Blick auf die Kommunikationsstruktur eines solchen Lösungsansatzes werfen. Wie lauten den eigentlich die Minimalforderungen der drei benannten Parteien? Der Motorradfahrer, von Hersteller und Handel sowie der Lärmgegner. Ich spreche nicht von den Forderungen, sondern von den Minimalforderungen. Der Motorradfahrer sagt: Lasst mir mein Moped! Deswegen auch der Titel meines Vortrages. Er möchte die Individualisierung vornehmen können, er benötigt zum Einschätzen seines Fahrzeuges auch den Sound. Er möchte also sein Motorrad zumindest in diesem Zustand beibehalten haben wie es zur Zeit ist. Woran ihm vielleicht gelegen wäre, wäre eine Qualitäts- oder Leistungssteigerung. Darüber müssen wir nachher noch zu sprechen kommen. Wie wären die Minimalanforderungen von Herstellern und Handel? Ich behaupte einfach, denen ist im Grunde genommen egal, was verkauft wird. Hauptsache, es wird nicht weniger verkauft als heute. Weil das könnte desaströs werden. Ich habe eben noch ein paar Zahlen vergessen zu nennen: Frau Altmann hat in ihrem Eingangsbeitrag hier gesagt, dass wir im Jahr 2001 noch mal einen sprunghaften Anstieg hatten. Ich möchte diese Zahl ein bisschen gerade rücken. Wir sprechen immer von den Zulassungszahlen, also von den Fahrzeugen, die zugelassen sind zum 1.1. eines Jahres. Und das spiegelt genau das wider, was passiert ist. Im Jahr 2000 gab es einen regelrechten Boom noch einmal bei den Motorrädern, bei den Motorradneufahrzeugverkäufen. Daran müssen wir uns orientieren. Im Jahr 2001 war das ganze schon recht zwiespältig. Es gab Marken, auch große Marken, die 20% weniger verkauft haben. Und das macht für den Hersteller und für den Handel schon einiges aus. Genau die gleiche Marke, an die ich gerade denke, verkauft aber in diesem Jahr nochmals 20% weniger. Und es sind Marken dabei, die in diesem Jahr dermaßen in den Keller rauschen - ich nenne nur den Extremwert Buell, die Tochter von Harley-Davidson mit den Naked Bikes. Die haben im ersten Halbjahr % weniger verkauft. Wenn wir also nun hergehen und sagen, wir gehen nicht auf die Minimalanforderung von Herstellern und Handel ein, dann machen wir die Branche kaputt. Aber sprechen wir über die Minimalanforderungen der Lärmgegner. Ich glaube, denen geht es gar nicht darum, die Motorräder abzuschaffen. Denen geht es auch nicht darum, unbedingt dass irgendeine technische Maßnahme an einem Motorrad vorgenommen wird. Denen geht es einfach darum: wir wollen weniger Lärm. Und ich denke, da darf man Verständnis für haben. Fragen wir also, was die akzeptablen Forderungen sind. Und dann kann man immer zwei Sachen gegenüberstellen. Dann kann man sagen: Motorradfahrer, bist du damit einverstanden, dass du zwar weniger Geräusch bekommst, dafür aber eine qualitative Steigerung oder eine Leistungssteigerung? Ich behaupte, dann wird er zustimmen. Man kann den Hersteller oder den Händler fragen: Seid ihr eigentlich damit einverstanden, wenn ihr bestimmte Sachen nicht mehr verkaufen dürft, wenn wir euch euren Markt beschneiden, wenn auf der anderen Seite aber euer Business Unterstützung erfährt und ihr ggf. zwar weniger von der Spannbreite verkaufen könnt, aber mehr insgesamt? Dann würden die auch zustimmen. Und jetzt müssen wir damit rechnen, wenn wir das Motorrad auch noch unterstützen wollen - angenommen das Bundesumweltministerium geht her und sagt: Motorrad, tolle Sache! - dass die Zahl der Motorräder auch noch zunimmt. Und jetzt kommen wir zu den Lärmgegnern. Wenn wir zu denen sagen, akzeptiert ihr, dass die Menge aller Motorräder zunimmt, aber die Geräuschemissionen geringer werden, dann werden die auch zustimmen. Das bedeutet also, wir müssen den Motorradfahrern die Möglichkeit geben, sein Motorrad im Stand, da kam ich eben drauf zu sprechen, vielleicht sogar noch lauter zu hören als heute, auf jeden Fall diese Lautstärke beibehalten, aber keinesfalls während der Fahrt im hochtourigen Bereich. Und ich habe mich zur Vorbereitung dieses Vortrags mit drei Herstellern dieser verbiesterten Zubehörauspuffanlagen unterhalten. Mit einem etwas länger. Und ich habe ihn gefragt, was wäre denn zu tun? Er sagte: Wir könnten das im Grunde genommen machen. Wir bräuchten eine elektronische Steuerung, die müsste allerdings von den Fahrzeugen herkommen, sprich: das wäre eine Aufgabe der Hersteller, aber er schob nicht den schwarzen Peter weiter. Er sagte, das müsste eigent-

48 lich passieren, wenn wir eine elektronische Steuerung hätten und mit unseren Zubehöranlagen daran andocken könnten. Dann könnten wir das steuern, dass im niedertourigen Bereich die Motorräder einen satten Sound haben, und im hochtourigen Bereich, dass die Motorräder dort einfach leiser werden. Und zwar deutlich leiser. Im hochtourigen Bereich braucht niemand diese Lautstärke. 49 Und nun komme ich zum Schluss: Was bedeutet das? Das bedeutet: Die behördlichen Einrichtungen, die öffentlichen Stellen, des Ministerium, meinetwegen auch die Politik, müssen nach außen hin kommunizieren zu den Lärmgegnern, zu den Menschen: Wir unterstützen das Motorrad, weil wir bereit sind, uns auf dieser Basis zu einigen. Laut im niedertourigen Bereich, leise im hochtourigen Bereich. Hersteller und Handel müssen hergehen und sagen: Motorradfahrer, wir haben eine vernünftige Einigung gefunden mit den anderen, die an diesem Prozess beteiligt sind, und wir sind der Meinung, ihr bekommt etwas Gutes, ihr bekommt eine Qualitätssteigerung, die verkaufen wir euch auch gerne. Allerdings werden die zukünftigen Motorräder - nie rückwärts betrachtet - die werden, wenn ihr schnell fahrt, leise sein. Und letztendlich brauchen wir für so eine große konstatierte Aktion auch die Unterstützung der Medien, sprich: insbesondere der Fachpresse, die dann sagt: Wir müssen auf die Bedürfnisse der Bevölkerung eingehen, und die dann nicht mehr sagt: Na ja, da kommt der Bäderverband. Komm, also wenn man mal die Fläche hochrechnet auf die Fläche der Bundesrepublik Deutschland, kannst du eigentlich alles vergessen! In diesem Sinne denke ich, wir können, wenn wir alle wollen, eine Lösung herbeiführen. Aber wir dürfen nicht die Fehler machen, kurzfristige und kurzsichtige Lösungen oder Lösungsansätze verfolgen zu wollen. Ich bedanke mich.

49 50 Warum ist der Motorradsound so wichtig? Prof. Dr. Ulrich Schulz, Universität Bielefeld Recht schönen Dank für die Einführung. Ich möchte heute versuchen, weitere Hintergründe zu klären. Viele Begriffe sind heute schon gefallen. Ich werde versuchen, diese in einen systematischeren Zusammenhang zu stellen. Auf der anderen Seite möchte ich gleich vorausschicken, dass wie auch heute schon festgestellt worden ist, es nicht den Motorradfahrer sondern sehr unterschiedliche Motorradfahrer gibt und das kann man auch, glaube ich, ganz gut begründen. Dazu sollten wir vielleicht erst einmal anschauen, welche Komponenten wir eigentlich betrachten müssen (Abbildung 41). Wir haben, wenn wir Motorradfahren überwiegend als Freizeittätigkeit verstehen, die beiden Komponenten das Motorrad und die fahrende Person. Aber wir haben auch die anderen Motorradfahrenden und die anderen Beteiligten. Unter Beteiligten möchte ich Anwohner oder andere Verkehrsteilnehmer verstehen. Mit diesen drei Komponenten müssen wir uns auseinandersetzen, denn Motorradfahren als, überwiegende Freizeittätigkeit, bedeutet, dass die Person ein Konzept für ihre Freizeittätigkeit hat. Das habe ich hier als Selbstkonzept bezeichnet. Es gibt unterschiedliche Selbstkonzepte für das Fahren, sehr unterschiedliche Varianten. Der Vorredner hat schon angedeutet, dass das durchaus eine Rolle spielen kann. Und es gibt unterschiedliche Fahrwelten. Also nicht nur das Konzept, wie ich fahre, sondern auch, wo ich fahre, spielt eine Rolle. Und handelt sich dabei um sehr subjektive Dinge, die z.t. in den Personen, in ihren Wünschen und, in ihren Bedürfnissen relativ stark verankert sind. Auf die Gründe werde ich jetzt gleich ein bisschen eingehen. Wenn Sie von einem solchen Hintergrund ausgehen, müssen Sie sich etwas mit der Freizeitpsychologie beschäftigen. Da haben wir sehr häufig in der Freizeitpsychologie, dass Personen, die Freizeittätigkeiten ausüben, immer ein Image im Kopf haben und versuchen, einem Image nachzueifern oder ein Image zu realisieren. Und in unserem Fall bezieht sich das auf zwei Dinge: Wir haben unterschiedliche Motorradtypen, also Enduros, Chopper usw., auf die wir gleich noch ein bisschen eingehen werden. Da spielt sowohl das Erscheinungsbild des Fahrzeugs, zu dem insbesondere Styling und Design gehören, eine Rolle, und auf der anderen Seite eben auch der Sound. Sound ist mit ein integraler Bestandteil des Erscheinungsbildes des Fahrzeugs. Sound und alle auf den Sound bezogenen subjektiven Aspekte sind in der Abbildung in roter Schrift dargestellt. Nebenbei, weil wir uns heute hauptsächlich über das Fahrgeräusch bekümmern, spielen natürlich auch die Fahreigenschaften, die in der Graphik unten aufgeführt sind - also Leistung bis Handling - auch eine entscheidende Rolle für die Wertschätzung des Fahrzeugs. Alles zusammen ergibt das Image des Fahrzeugs. Auf der anderen Seite haben wir die Person. Auch die Person gehört zu dem Selbstkonzept mit dazu. Und die Person möchte sich in einer gewissen Erscheinung präsentieren. Nehmen Sie nur als kleines Beispiel, wenn Sie sich in der Motorradszene auskennen, folgendes: Ein Easy Rider sollte z.b. eine Fransenjacke haben, damit er so richtig schön wie in dem alten Easy Rider-Film sich stylen und präsentieren kann. Also, auch die eigene Erscheinung, die eigene Aufmachung spielt eine Rolle. Und das zusammen gibt dann die Selbstinszenierung wie man sich als Motorradfahrer mit seinem Fahrzeug präsentiert. Das ist auf der einen Seite sehr wichtig für die eigene Person. Es lässt einen sich selber wertschätzen. Es steigert den Selbstwert, wenn man sich entsprechend gut darstellen kann; darauf hat der Vorredner auch schon hingewiesen. Eine wertvolle, individuelle Maschine mit vielleicht noch dem entsprechenden Sound führt dazu, dass ich eine starke Individualität zum Ausdruck bringe, mich absetze von anderen und dadurch meinen eigenen Wert

50 steigere oder mich mehr wert fühle, weil ich eben etwas ganz Besonderes bin. Neben dieser Individualität und der Selbstbestätigung spielt natürlich manchmal auch eine subjektive Ventilfunktion eine Rolle, dass man z.b. irgendwelche Ärgernisse, Stress oder sonst etwas versucht auszuleben mit dem Motorrad. Natürlich auch unter Umständen mit dem Sound, und dass man unter Umständen durch die Nutzung des Motorrades und durch den Sound versucht, selber Kompensation für Frustrationen zu erreichen; Frustrationen, die man im Alltag erfahren hat, wo man eben vielleicht nur ein kleines Rädchen im Getriebe ist und keine extravagante Individualität aufweisen kann. Man versucht, das über das Fahrzeug, über das Erscheinungsbild des Fahrzeugs usw. auszudrücken. Das ist aber nicht nur etwas, das wir bei Motorradfahrern speziell finden, sondern das ist natürlich auch bei Autofahrern so. Also dieser Teil der Psychologie ist keine Spezialität für Motorradfahrer, sondern kommt da nur zum Ausdruck wie bei allen anderen Menschen auch. 51 Der zweite Teil besteht dann darin, dass man als Motorradfahrer nicht nur eine Singularität ist, sondern dass man durchaus mit anderen Motorradfahrern sich trifft, in einer Gruppe integriert ist usw., d.h. also auch Wirkungen auf andere erzielen möchte, die auch wieder Beziehungen zum Selbstwert haben. Zum Beispiel ist es wichtig, mit dem Motorrad Aufmerksamkeit zu erregen, effektive Auftritte zu gestalten, wozu insbesondere auch der Sound des Fahrzeuges zählt, d.h., eine Show abzuziehen, wenn man sich mit anderen beim Motorradfahren trifft. Und vielleicht sogar Dinge, die schon etwas weitergehend sind, zu erreichen, was die psychischen Aspekte angeht, nämlich Potenz zu zeigen, Macht über andere auszuüben, und natürlich auch Anerkennung zu finden. Das sind alles Dinge, die von anderen Motorradfahrern der Person entgegengebracht werden können und die natürlich auch dann, wenn man soziale Anerkennung findet, den Selbstwert steigern. In diesem Rahmen, den wir zunächst in einer Studie des Umweltbundesamtes durch Interviews ungefähr abgeklopft haben, wurden diese Themen in Interviews angesprochen. Wir haben darauf aufbauend einen Fragebogen entwickelt, und die Ergebnisse dieser Umfrage möchte ich Ihnen heute vorstellen. Die Untersuchung wurde so aufgezogen, dass wir von vornherein unterschieden haben, dass es unterschiedliche Motorradtypen gibt, und damit auch unterschiedliche Fahrkonzepte und Fahrwelten. Wir haben untersucht: Tourer, Sportler, Chopper und Enduros und wir haben auch unterschieden in der Untersuchung, ob die Personen eine originale oder zugelassene Abgasanlage hatten oder ob sie eine nicht originale und manipulierte Abgasanlage hatten (Abbildung 42). Die Abbildung 43 zeigt die Anzahl der Personen, die wir in unsere Untersuchung aufgenommen haben. Ca. die Hälfte hatte originale Abgasanlagen; die geänderten beziehen sich auf drei verschiedene Typen: Es waren geänderte Originalanlagen, Zubehöranlagen, die noch intakt waren, und geänderte Zubehöranlage - so etwas gibt es also auch - und zwar immerhin bei 10% der befragten Personen (Abbildung 44). Wenn man sich jetzt fragt, für welche dieser speziellen Motorradfahrertypen oder Motorradtypen - natürlich verbunden mit den Fahrern - ist jetzt der Sound besonders wichtig, haben wir hier unten aufgetragen die dargestellten vier Motorradtypen (Abbildung 45). Und dann haben wir noch weiter differenziert: die rote Linie zeigt die Wichtigkeit des Sunds für Fahrer verschiedener Motorradtypen mit nicht originaler Abgasanlage. Die grüne Linie zeigt die Wichtigkeit des Sounds für Fahrer mit originaler Abgasanlage. Und man sieht, dass die Wichtigkeit des Sounds bei allen Motorradleuten, die eine nicht originale Abgasanlage fahren, deutlich höher ist, als bei Fahrern mit originaler Abgasanlage. Man sieht weiter, dass bei speziellen Motorradtypen, die tendenziell eher eine spezielle Fahrwelt, ein spezielles Image, zu realisieren versuchen, -nämlich bei Choppern und bei sportlichen Motorrädern-, tatsächlich die Wichtigkeit des Sounds deutlich erhöht ist. Wir haben verbal vorgegeben, was für Klangbilder man haben könnte (Abbildung 46). Die Klangbezeichnungen haben wir aus den Interviews rausgefiltert und haben dann geschaut, bei welchen Motorrädern werden diese Soundeigenschaften von den Befragten hauptsächlich vermerkt. In der ersten Spalte ist die Soundeigenschaft aufgetragen. In der zweiten und dritten Spalte steht jeweils, für welchen Motorradtyp oder für welche Abgasanlage, nämlich original, bzw. nicht original, ein gewisser Sound besonders wichtig war. Man findet heraus, der dumpfe Sound ist eben wichtig für die Chopper und für die Personen, die nicht original Abgasanlagen fahren. Der bollerige Sound ist wieder wichtig für die Chopper und wieder für die, die nicht originale Abgasanlagen fahren. Der kraftvoll satte Sound ist wichtig für Sportler und Chopper usw. Zusammengefasst kann man sagen: Personen, die ein spezielles Fahrkonzept verfolgen, finden einen speziellen Sound auch besonders wichtig, und das trifft insbesondere auf Chopperfahrer und Sportler zu und auf diejenigen, die die Tendenz haben, ihre originale Abgasanlage zu tauschen gegen etwas, was ihren Wünschen stärker entgegenkommt.

51 Fragt man nach der Wirkung des Geräuschs auf den Fahrer, so sieht man, dass die wichtigste Eigenschaft des Geräusches für den Fahrer ist, dass es angenehm ist - viele bezeichnen das auch als normal (Abbildung 47). 52 Wichtig ist dann weiter ein mächtig kraftvoller Sound, ein entspannender Sound. Und Dinge, die man vermuten würde, dass sie vielleicht auch eine Rolle spielen wie zu laut, erregend, aggressiv, die werden eher als nicht so zutreffend bezeichnet. Besonders möchte ich darauf hinweisen - einer der Vorträge ging heute auf die physiologische Erregung ein, die gewisse db-zahlen erzeugen können - Die befragten Personen sehen das höchstens selten als gegeben an. Also die subjektive Wahrnehmung des Sounds des eigenen Fahrzeugs ist normal und angenehm. Wie wird der Sound des Motorrads von den Fahrern selber beurteilt (Abbildung 48)? Die Personen, die eine nicht originale Abgasanlage fahren, bezeichnen tendenziell ihren Sound als angenehm laut,. Es war auch die Wahl als normal oder angenehm leise möglich. Also, niemand hat im Grunde, seinen Sound als angenehm leise bezeichnet. Irgendwie spielt also die Lautstärke da schon eine Rolle. Wenn man jetzt fragt: Warum man selbst ein lautes Motorrad fährt? (Abbildung 49) - dann handelt es sich natürlich im Prinzip eine knifflige Frage. Von den meisten Personen wird angegeben: Weil man den Sound liebt. Andere Eigenschaften, die stärker mit Ausleben im Sinne des vorher dargestellten Konzepts zu tun haben, also z.b. Frust ausleben, effektive Auftritte, Individualität usw., werden eher von den Personen für sich selbst verneint. Witzigerweise allerdings, wenn man danach fragt: Warum fahren andere Motorradfahrer ein lautes Motorrad? (Abbildung 50) kommen jetzt die ganzen Dinge, die wir vorhin besprochen haben, wie Aufmerksamkeit erregen, Show fahren, Selbstbestätigung, Potenzdemo durchaus deutlich heraus. Also, man selbst tut das nicht, aber - das kann ein Klischee sein - die anderen tun es halt. Und insofern möchte ich jetzt hier meinen Beitrag schließen. Es ist sicherlich ein gewisser Nachholbedarf an Introspektion bei den Motorradfahrern notwendig und man sollte vielleicht das Selbstbewusstsein nicht nur in Steigerung des Selbstwertes sehen, sondern man sollte auch eine etwas kritischere Haltung zu sich selbst erzeugen. FAHRWELT & SELBSTKONZEPT MOTORRAD Erscheinungsbild Design Styling Optik Exklusivität SOUND Fahreigenschaften Leistung Beschleunigung. Straßenlage Handling PERSON Systemrückmeldung Erscheinung Fahrkompetenz Identifikation mit Fahrzeug WIRKUNG AUF SELBST Sound lieben Individualität Selbstbestätigung Frust ausleben Kompensation WIRKUNG AUF ANDERE Aufmerksamkeit erregen Show effektive Auftritte Potenz, Macht demonstrieren Anerkennung S E L B S T W E R T Andere warnen ANDERE MOTORRADFAHRER ANDERE BETEILIGTE Abbildung 41

52 53 Motorradtyp Normale Straßenm./ Tourer Sportler Abgasanlage Original Nicht original Chopper Enduro Oben: Abbildung 42 Unten: Abbildung 43 Stichprobenumfänge Normale Straßenm./ Tourer Originale Abgasanl. Nicht-originale Abgasanl Sportler Chopper Enduro 15 11

53 54 Abgasanlagen Zubehöranl. 28% geändert Zubehör 9% geändert Orig. 12% Original 51% Oben: Abbildung 44 Unten: Abbildung 45 Wichtigkeit des Sound sehr wichtig W i c h t i g k e i t wichtig etwas wichtig unwichtig Original abgasanl. ja Norm.& Tourer Sportler Chopper Enduros nein Typen selber kategorisiert

54 Wirkung des Fahrzeuggeräuschs auf den Fahrer 55 unangenehm erotisch zu laut erregend aggressiv körp. vibrierend gleichmäßig entspannend mäc htig, kraf tv oll normal angenehm nie 1 s elten 2 manc 3 hmal meis 4 tens immer 5 Häufigkeit Oben: Abbildung 46 Unten: Abbildung 47 Beurteilung des Sounds des eigenen Motorrads Lautstärke störend laut angenehm laut normal angenehm leise Originalabgasanl. zu leise ja nein Norm.&T. Sportler Chopper Enduros Grundtyp

55 56 Gründe, warum man selbst ein lautes Motorrad fährt Kumpels Kerl sein Individualität Frust ausl. effektv. Auftritt And. warnen Aufmerksamk. S. lieben trifft... nicht zu eher nicht zu eher zu zu 1 Zustimmung Oben: Abbildung 48 Unten: Abbildung 49 Gründe, warum andere Motorradfahrer laute Motorräder fahren And. warnen Kompensat. Potenzdemo. Selbstbestät. Show Aufmerksamk. S. lieben trifft...nicht zu eher nicht zu eher zu zu Zustimmung

56 Gründe für Änderung oder Zubehör bei Abgasanl. 57 Angenehmerer Sound Erhöh. Lautstärke Verbesserung Optik Leistungsoptim. Gering. Gewicht Prozent Abbildung 50

57 58 Motorradsound - ein Problem? Statements der Motorradfahrerverbände Rolf Frieling, Biker Union Sehr geehrte Frau Staatsekretärin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich darf mich zunächst kurz vorstellen: Mein Name ist Rolf Frieling. Ich bin seit gut vier Jahren Vorsitzender der Biker Union e.v., der mit Abstand größten Interessenvertretung für Motorradfahrer in Deutschland. Gleichzeitig bin ich aber auch 1. Vorsitzender der MID Motorradinitiative Deutschland e.v., dem Koordinierungsgremium der meisten deutschen Fahrerverbände. Ich möchte in der Folge ein paar Sätze aus der Sicht von uns Motorradfahrern und den Fahrerverbänden zum Thema Motorradsound - Ein Problem? beisteuern, die hoffentlich den einen oder die andere etwas nachdenklich stimmen werden. Dabei werde ich sicher etwas überzeichnen und vereinfachen müssen, um den Grundgedanken meines Beitrags deutlich machen zu können. Aber wie heißt es so schön: auf einen groben Klotz gehört eben auch ein grober Keil. Vielleicht noch ein weiterer Satz vorab. Mir ist wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass wir, wenn wir das Motorrad als reines Spaßmobil bezeichnen und es in diese Ecke abdrängen wollen, mit Sicherheit schief liegen. Der Anstieg in den Zulassungszahlen der letzten Jahre sind mit Sicherheit zu einem hohen Prozentsatz im Spaßbereich anzusiedeln. Aber es gibt auch eine ganze Menge Motorradfahrer, die überhaupt kein anderes Fahrzeug besitzen, die schon seit vielen Jahren Motorradfahrer sind, und die insofern nicht in diese Spaßecke reingehören. Ich will hier gar nicht näher darauf eingehen, dass die Geräuschentwicklung eines Motorrads ein zusätzliches Sicherheitselement für den Motorradfahrer als verletzbarem Straßenbenutzer ist und dass manch unvorsichtiger Fußgänger und Radfahrer sein Leben genau dieser Geräuschentwicklung verdankt. Nicht umsonst ist der Aufnäher Loud pipes save lives auch heute noch ein begehrter Artikel im Accessoires-Sortiment des einschlägigen Handels. Ich will mich auch nicht darüber auslassen, ob vor einer weiteren Senkung der Geräuschgrenzwerte - und wenn ich über Geräuschgrenzwerte rede, dann rede ich nicht nur über db(a), sondern eben auch über das Messverfahren der Geräusche von Motorrädern - nicht erst einmal über das Verbot von üppig dimensionierten Stereoanlagen in Pkw nachgedacht werden müsste. Viel interessanter ist für mich ein ganz anderer Gedanke. Bei der Lektüre der Einleitung zum Programm des heutigen Tages habe ich einiges über das angestrebte lärmarme und umweltgerechte future bike lesen können. Ausgespart blieb dabei der Aspekt der Akzeptanz bei den potenziellen Benutzern dieses Fahrzeuges, die mich ein bisschen an die Schöne neue Welt von Aldous Huxley erinnern. Bereits in der zu trauriger Berühmtheit gelangten Projektgruppe Motorrad und Umwelt des Bundesumweltministeriums, ging es über weite Strecken offenbar nicht um die Erarbeitung von konsensfähigen Positionen zu dem auch für uns als Motorradfahrer wichtigen Thema Umwelt. Die im ursprünglichen Berichtsentwurf aufgeführten Forderungen erinnerten durch den darin manifestierten Fanatismus stark an den Tonfall fundamentalistischer Bewegung in den islamischen Staaten. Mit Umweltfundamentalismus bekommt man aber das eigentliche Problem, den Schutz von Mensch und Natur vor übermäßiger Lärmentwicklung leider nicht in den Griff. Denn zu seiner Durchsetzung wäre die Einrichtung

58 totalitärer Strukturen notwendig, die sicher auch hier im Saal kaum einer haben will. Wenn uns die Umwelt also wirklich am Herzen liegt, müssen wir in der Tat einen Weg finden, der von möglichst vielen, der in diesem Kontext betroffenen Interessengruppen akzeptiert wird. Wenn man versucht, den typischen Motorradfahrer zu beschreiben, bekommt man schnell ein Problem. Selbst durch die Einteilung in einzelne Fahrerfraktionen, die man in den Motorradfahrerkreisen gerne zur Typisierung der kaum überschaubaren Vielfalt benutzt, stößt man sehr schnell an Grenzen. Das, was wir eben im Vortrag von Prof. Dr. Schulz gesehen haben, war ein sehr, sehr grobes Raster. Das Raster wäre sicherlich deutlich feiner zu ziehen. Und trotzdem: den typischen Tourenfahrer oder den typischen Vertreter der Knieschleifer-Fraktion mit einer typischen Meinung zu motorradrelevanten Themen gibt es eigentlich nicht. Motorradfahrer sind nun einmal ausgeprägte Individualisten, die sich nur schwer über einen Kamm scheren lassen. Zwei Dinge haben sie aber fast alle gemeinsam: Sie sind nicht nur Benutzer eines der faszinierendsten Massenverkehrsmittel auf diesem Planeten, das konstruktionsbedingt einen intensiven Kontakt zwischen Mensch und Natur sowie zwischen Mensch und Maschine vermittelt. Sie sind gleichzeitig fast alle Anwohner an einer Straße, auf der auch andere Motorradfahrer unterwegs sind. Und als solche sind sie immer auch Vertreter der Bevölkerung, deren Wohlbefinden durch Lärmeinwirkung, wie wir heute Vormittag ja schon gehört haben, mehr oder weniger stark beeinträchtigt wird. D.h., wir sitzen an beiden Seiten des Tischs. Wir produzieren Lärm und wir leiden unter Lärm. Um was geht es beim Thema Geräuschbelastung durch das Motorrad denn nun wirklich? Es ist ein unbestreitbarer Fakt, dass die derzeitigen Geräuschgrenzwerte für Neufahrzeuge von der Masse der Motorradfahrer quer durch alle Fraktionen als zu niedrig betrachtet werden. Ein gewisser Sound, darauf ist bereits hingewiesen worden, gehört für viele nun einmal zum Technikerlebnis Motorradfahren, das bauartbedingt wesentlich intensiver ist als beim Auto. Insofern sind viele Dinge auch nicht mit dem Auto vergleichbar. Da hilft dann auch nur bedingt der Appell an das gerade in Deutschland besonders ausgeprägte Umweltgewissen. Mir fällt in diesem Zusammenhang immer ein gutes Beispiel ein: Auf der Eröffnungsveranstaltung der Motorradmesse INTERMOT im September 2000 in München wurde die Band für das musikalische Rahmenprogramm von einer Gruppe Motorradfahrern auf nagelneuen Cruisern eines großen deutschen Motorradherstellers in die Halle gefahren. Statt dem satten Sound leise bollernder Zweizylinder erklang das melodische Surren moderner Strickmaschinen. Und das in einer großen, fast leeren Messehalle, in der sich die vielleicht 200 Gäste insgesamt eher verloren vorkamen. Wenn das die Vorboten der angestrebten verschärften Umweltgesetzgebung sind, verzichte ich lieber auf den Kauf eines neuen, unter dem Strich ja um vieles umweltfreundlicheren Motorrads als das, was ich heute fahre, und nutze verstärkt meinen Pkw, dessen Umweltbilanz sicherlich wesentlich schlechter ist als die eines modernen abgasgereinigten Zweirads. Selbst für mich, der sicher nicht zu den Fans dröhnender Krawalltüten gehört, sind die Grenzen der Akzeptanz bereits durch die heutigen Grenzwerte und Messverfahren überschritten. Um nicht missverstanden zu werden: Wenn am Wochenende Teile der Knieschleifer-Fraktion mit ihren praktisch leeren Racing-Töpfen durch die Naturschutzgebiete donnern, habe ich ein gewisses Verständnis dafür, wenn der ruhesuchende Anwohner am liebsten seine Schrotflinte aus dem Schrank holen würde. Der Lärm von Abfangjägern beim Alarmstart unmittelbar vor der eigenen Haustür ist nun einmal keine geeignete Geräuschkulisse für ein erholsames Wochenende. Gleiches gilt für Teile der Harley-Fraktion, deren ganzer Stolz der ungetrübte Blick durch ein leeres Auspuffrohr auf die verchromten Ventile seines Motors ist. Oder für die Stollenreiter, deren Off- Road-Erlebnis maßgeblich von den vor dem infernalischen Krach flüchtenden Waldbewohnern geprägt wird. Und diese Vergleiche könnte man fortsetzen. 59 Geräuschgrenzwerte für Motorradfahrer müssen die Interessen aller Betroffenen unter einen Hut bringen. Und damit sind wir beim eigentlichen Punkt. Der derzeitige Grenzwert von 80 db(a) wird, wie bereits ausgeführt, von der Masse der Motorradfahrer nicht akzeptiert. Viele greifen bereits heute in das Zubehörregal, um diesem Missstand abzuhelfen. Bei einer weiteren Senkung der Grenzwerte auf 78 db(a) oder gar 76 db(a) wird die Zahl derer, die sich beim Zubehörhändler bedienen, noch größer werden. Damit bekommt die Sache aber schnell eine völlig neue Dimension. Wenn man eh schon dabei ist, den Pfad der Tugend zu verlassen, kommt es auf den Grad der Illegalität nur noch beschränkt an. Statt einer leichten oder vielleicht noch hinnehmbaren Überschreitung der Grenzwerte wird man dann nach der alten Chemikerregel Viel hilft viel gleich ordentlich zulegen. Dem kann man aber mit administrativen Mitteln praktisch nicht Herr werden. Schon gar nicht bei den absoluten Zahlen, um die es dann geht.

59 60 Vor zwei Jahren, darauf ist ja auch bereits hingewiesen worden, hat an ähnlicher Stelle hier in Berlin Herr Lechner von der Verkehrspolizeiinspektion Tübingen eindrucksvoll darüber berichtet, dass die Polizei trotz technischer Aufrüstung dem Phänomen illegale Nachrüstschalldämpferanlagen schon heute weitgehend machtlos gegenübersteht. Eine Verstärkung der Kontrolldichte ist angesichts leerer Haushaltskassen kaum zu realisieren. Ob sie wünschenswert ist, ist eine zweite Frage. Und die Hoffnung, über ein Verbot des Verkaufs von illegalen Nachrüstanlagen die Situation in den Griff zu bekommen, ist angesichts des freien Warenaustauschs innerhalb der EU und der weiteren Öffnung der Weltmärkte reine Gesundbeterei. Aber selbst, wenn man das noch akzeptieren würde: dazu kommt, dass viele Motorradfahrer geniale Bastler sind, die sich auch von Antimanipulationskatalogen nicht von ihrer Tätigkeit abhalten lassen. Für den lärmgeplagten Anwohner bedeutet das, dass bei einer weiteren Absenkung der Grenzwerte plötzlich viel mehr Leute mit illegalen Auspuffanlagen vor seinem Wohnzimmerfenster herumkurven. Statt der erhofften Verbesserung der Lärmsituation wird also eine Verschlechterung der Lage eintreten. Anders herum könnte ein Schuh draus werden. Denn wenn man mit einer leichten Anhebung der Grenzwerte den massenhaften Drang zur Nachrüstanlagen eindämmt, könnte sich die Lärmsituation unter dem Strich tatsächlich verbessern. Der Industrie wäre es ja nicht verboten, in der Zukunft auch deutlich leisere Motorräder auf den Markt zu bringen. Jeder Motorradfahrer hätte also die Wahl und viele Motorradfahrer würden diese Wahl auch nutzen. Ruhebedürftigen Bewohnern in Naherholungsgebieten würde am Sonntag Nachmittag viel seltener die schon berühmte Kaffeetasse aus der Hand fallen, wenn eines der deutlich weniger gewordenen Einzelschallereignisse weit oberhalb der zulässigen Grenzwerte an der eigenen Terrasse vorbeidonnert. Darüber würden sich dann auch die motorradfahrenden Nachbarn, die davon ja auch betroffen sind, freuen. Damit komme ich aber zum Ausgangspunkt meiner Überlegung zurück. Motorradsound - ein Problem? Ja und nein. Wenn der Grenzwert um des Grenzwertes Willen zum Dogma erhoben wird, und wie gesagt, es geht nicht nur um die db(a) sondern auch um die Messverfahren und alles, was dazu gehört, dann wird der Drang zum Sound zum Problem derer, die die Suppe an schönen Sommerabenden und an den Wochenenden auslöffeln müssen. Die Polizei kann ihnen da nur sehr beschränkt helfen. Wenn man aber bereit ist, über die Akzeptanz, und damit auch die Legitimität von Grenzwerten nachzudenken, dann gäbe es in meinen Augen Lösungen, die allen Betroffenen gerecht würden, nicht nur für die Zukunft, sondern bereits heute. Dazu müsste man dann aber über den eigenen Schatten springen. Eine Disziplin, die gerade im Umweltsektor nicht besonders beliebt ist. Denn dazu gehört eine gehörige Portion Mut. Diesen Mut wünschen wir uns gerade wegen der vielen, derzeit noch weißen Schafe unter uns Motorradfahrern. Denn das würde uns als Verbänden erheblichen Handlungsspielraum bei der Argumentation gegenüber denen geben, die auch bei vernünftigen Grenzwerten noch meinen, dass sie ihren Spaß auf dem Rücken einer weitgehend wehrlosen Bevölkerung ausleben können. Bei den derzeitigen, erst recht aber bei zukünftig vielleicht noch verschärften Rahmenbedingungen ist unser Spielraum diesbezüglich denkbar gering. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

60 Motorradsound - ein Problem? Statements der Motorradfahrerverbände Michael Lenzen, Bundesverband der Motorradfahrer e.v. (BVDM) 61 Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Altmann, meine Damen und Herren, liebe Motorradfreunde! Damit Sie das vielleicht ein bisschen besser einschätzen können, was ich jetzt vortrage, vielleicht ein paar Worte zu unserem Verband. Das, was mein Vorredner vorgetragen hat, stellt nicht die Meinung der Motorradfahrerverbände in Deutschland dar. Dazu muss man mal ein ganz klares Statement zu abgeben. Deswegen möchte ich jetzt einfach ganz kurz ein paar Sachen zum Bundesverband der Motorradfahrer loswerden in aller Kürze. Zur Verbandsgeschichte: Wir sind die mit Abstand älteste und ich denke auch politisch aktivste und erfolgreichste Interessenvertretung der Motorradfahrer. Wurden 1958 von dem bekannten Motorradjournalisten Ernst Leverkus, besser bekannt unter dem Spitznamen Klacks, gegründet, und zwar zu einer Zeit, 1958, als das Motorrad sozusagen am Boden lag, keiner mehr an die Zukunft geglaubt hat, da haben sich ein paar Getreue zusammengeschlossen und haben diesen Verband gegründet mit dem Ziel, halt Motorradfahren und den Motorradfahrer wieder in der Gesellschaft zu mehr Akzeptanz zu verhelfen. Und vor allem das Motorradfahren auch jungen Menschen wieder schmackhaft zu machen. Und diese Ziele, die sich die Leute damals gegeben haben, sind für unseren Verband auch heute noch in weiten Teilen gültig. Unser Verband setzt sich aus drei großen Gruppen zusammen: Das sind Einzelmitglieder, dann kommen etwa 110 Clubs dazu, die uns angeschlossen sind, und kooperative Mitglieder, darunter auch einige Firmen. An der Spitze des Verbandes steht wie überall ein Vorstand. Wir werden unterstützt von 30 Fachreferenten, unter anderem ein Referent extra für das Thema Motorrad und Umwelt, und wir haben vor Ort etwa 21 Regionalbüros. Zu den Aufgaben und Zielen - das ist vielleicht gerade hier in diesem Gremium ganz interessant auch mal zu hören - gehört bei uns nämlich laut Satzung auch noch, nicht nur die Unfallverhütung und die Erhöhung der Verkehrssicherheit für Motorradfahrer, sondern auch die Förderung des Umweltschutzes und die Förderung des Motorrades. Dazu führen wir natürlich eine ganze Menge Veranstaltungen durch etc.. Das möchte ich jetzt nicht weiter ausführen, sondern ich komme jetzt zum eigentlichen Thema. Wenn man einmal genau so provozieren will, wie es dieser Titel dieser Veranstaltung bei den meisten Motorradfahrern macht, nämlich Macht Lärm Motorradfahren erst schön?, kann man genauso provokant sagen: Wer so etwas sagt, hat überhaupt keine Ahnung vom Motorradfahren! Das ist einfach so. Was macht das Motorradfahren aus? Doch in erster Linie das Fahrgefühl. Das Fahren auf schönen Strecken, das Erlebnis der Maschine, der Sound - sicher spielt der eine Rolle, aber er ist sicherlich nicht maßgebend. Das ist etwas, das mich ein bisschen jetzt auch im bisherigen Verlauf so gestört hat, die Motorradfahrer werden hingestellt als - in manchen Teilen, wenn man Herrn Schulz gehört hat und die Untersuchung gesehen hat, als persönlichkeitsgestörte Selbstdarsteller, die von einer Eisdiele zur anderen braten, die das Fortbewegungsmittel Motorrad zur Selbstdarstellung benutzen. Natürlich gibt es so Leute, aber das ist doch nicht die Masse. Das muss eigentlich jedem klar sein, ansonsten reden wir hier über Randgruppen, und das kann es nicht sein. Es gibt 4 Mio. Motorradfahrer und von denen sind die meisten ganz normale Menschen wie du und ich. Zurück zum Sound. Ich denke, das ist der richtige Ausdruck. Der Motorradmotor verursacht Geräusche. Die werden bestimmt durch die Technik, d.h. durch die mechanischen Geräusche, dann kommt der Schalldämpfer dazu und die Ansauggeräusche. Ich denke, zu diesen drei wichtigen Geräuschverursachern werden wir im Laufe der Veranstaltung noch eine ganze Menge hören.

61 62 Aber das ist natürlich richtig. Der Motorradfahrer möchte einen Sound haben. Er möchte einen Klang haben, und es ist natürlich schön, im Standgas so ein sanftes Bollern zu hören, da kann sich jeder mit anfreunden. Ich denke, das stört auch, wie wir schon bisher gehört haben, nicht besonders. Aber daraus zu schlussfolgern, dass der Motorradfahrer ein Motorrad ausschließlich wegen des Sounds kauft, oder dass das wirklich der vorherrschende Kaufaspekt ist, das halte ich also wirklich für äußerst fraglich. Und natürlich gibt es, das ist auch schon mehrfach angesprochen worden, unter den Motorradfahrern eine Menge schwarze Schafe, oder vielleicht ist es gar keine so große Menge, eher eine kleine Menge, die halt mit offenen Auspuffanlagen durch die Gegend fahren, weil sie sich davon eine bessere Leistung, einen besseren Sound versprechen. Aber deswegen strengere Grenzwerte zu fordern, ist übertrieben. Ich denke, die bestehenden Vorschriften reichen aus, wenn sie denn entsprechend kontrolliert werden. Und ich kann Anwohner einer stark frequentierten Motorradstrecke sehr gut verstehen, die sich über Lärm beschweren, doch denke ich, man sollte nicht immer sofort nach neuen Gesetzen und Verordnungen rufen oder nach Streckensperrungen, wie es ja auch vielfach der Fall ist, sondern man sollte durchaus versuchen, sofern das halt auch die leeren Kassen zulassen, einfach mehr Kontrollen durchzuführen. Damit kann man sicherlich eine ganze Menge bewegen. Wichtig dabei ist natürlich auch, dass man die Polizei technisch in die Lage setzt, richtig zu messen, dass die Beamten noch ein richtiges Augenmaß an den Tag legen, und dass es ein normiertes Messverfahren gibt. Das ist ja, denke ich, auch schon angeklungen und eine sehr wichtige Sache. Und das Augenmaß ist auch wichtig. Es kann doch nicht sein, dass man ein Motorrad an Ort und Stelle stilllegt, weil die Auspuffanlage keine ABE hat, selbst wenn das Ding laut ist. Wenn jemand in der Eifel sein Motorrad stillgelegt bekommt, kann er zu Fuß nach Hause gehen, sage ich jetzt mal überspitzt, dann ist das auch keine Verhältnismäßigkeit der Mittel. Das kann man anders regeln. Ein bisschen noch zur Akzeptanz der Motorradfahrer in der Gesellschaft. Die Zeiten als Motorradfahrer mit Rokkern gleichgesetzt wurden, sind längst vorbei. Mit dem Trend hin zum Freizeitobjekt, und es ist unverkennbar, dass dieser Trend besteht, hat sich ein Wertewandel vollzogen. Heute fährt der Nachbar, die Nachbarin ebenso Motorrad wie der Student, der Anwalt, der Zahnarzt oder auch der Politiker. Und Motorräder und ihre Fahrerinnen und Fahrer sind gesellschaftlich akzeptiert. Also wir sind keine Randgruppe in dem Sinne, auf die man mit dem Finger zeigt. Und das sieht man. Vier Millionen, oder eben war auch mal die Rede noch fünf Millionen Fahrzeugen, das ist keine Randgruppe im Straßenverkehr mehr. Zur Altersstruktur vielleicht auch nur soviel: Motorradfahren ist ein sehr teures Hobby, unbestritten. Es kostet eine Menge Geld, wenn man sich ein modernes Motorrad zulegen will. Und die Motorradfahrer, so zeigen auch alle Statistiken, sind in den letzten Jahrzehnten im Durchschnitt immer älter geworden. Wenn ich so richtig informiert bin, liegt so das Durchschnittsalter jetzt bei Mitte 30 oder tendiert, denke ich, auch gegen Ende 30. D.h. was sind das für Menschen? Das sind Menschen, die haben Familie, die sind beruflich etabliert und, ich denke, die sind verantwortungsbewusst. Und das ist etwas, das ist mir ganz, ganz wichtig ist, das zeigt sich immer noch an den Unfallzahlen. Das ist ja mit ein entscheidender Grund, warum die in den letzten Jahrzehnten immer gesunken sind. Die Leute fahren vernünftig Motorrad. Das ist einfach so. Jetzt komme ich auch ein bisschen noch zum Selbstverständnis. Wir haben ja schon gehört, es gibt ach so viele verschiedene Motorradfahrer, alle sind Individualisten, aber Tatsache ist doch: uns vereint etwas, nämlich diese Fortbewegung auf zwei Rädern, der Spaß am Fahren mit der Maschinen. Unterschiedlich ausgeprägt - ganz sicherlich. Der eine liebt es gern richtig sportlich, der andere fährt gerne gemütlich. Aber prinzipiell ist der Spaß am Fahren und das Naturerlebnis, die Technik, das, was uns vereint. Und was viele Motorradfahrer zu Recht aufregt, ist die Tatsache, dass man gegen sie Sturm läuft, wenn man sich durch sie belästigt fühlt. Das aber, und ich denke, dazu sind auch einige Symposien und viel Arbeit noch nötig, dass niemand sich dafür einsetzt, wenn Motorradfahrer gefährdet werden: durch Bitumenflickereien, durch unsinnige Leitplanken usw. Aber es ist nichts im Vergleich mit dem, was man tut, wenn man neue Gesetze erstellt, um andere Menschen zu schützen. Also ich denke, was das angeht, da ist noch viel, viel Arbeit erforderlich. Im Übrigen wird natürlich, das haben wir auch schon gehört, Lärm im großen Maße auch von Lkw verursacht und Pkw, das haben wir auch schon gehört, und natürlich Fluglärm. Wer in der Nähe eines Flughafens wohnt - ich spreche da aus eigener Erfahrung, weiß eigentlich, was Lärm ist. Und ich denke, da gibt es zwar etliche Bürgerbewegungen, aber auch die Presse hält sich da relativ stark zurück. Und da wird man politisch nicht ganz so schnell aktiv (. Arbeitsplatzargumente etc.). Bei Motorradfahrern, da kann man Druck ausüben, das sind wenige, das sind dann doch halt nur 4 Millionen. Allerdings gebe ich zu bedenken, es sind 4 Millionen Wähler. Und wenn man sich die Politik in bezug auf Motorräder einmal näher anschaut, offenbart sich eine Ambivalenz. Gerade in den letzten Jahren wurden Motorräder lange Jahre bei Gesetzen und auch in der Straßenverkehrsordnung - ich denke hier z.b. einerseits an die schadstoffbezogene Kfz-Steuer oder auch an Überholregeln im Hinblick auf Einspurfahrzeuge, die ja teilweise wirklich hanebüchen sind, was da heute noch drinsteht - hat man Motorräder als

62 fast nicht existent betrachtet. Das war unwichtig, die brauchte man nicht, die kleine Gruppe muss der Gesetzgeber nicht berücksichtigen. Und mit der starken Zunahme sind wir halt in den politischen Blickpunkt geraten. Das sind im übrigen Probleme, die wir als Bundesverband seit mehr als zehn Jahren immer wieder thematisiert haben. Und wir haben uns stark gemacht dafür, dass der Gesetzgeber endlich Grenzwerte schafft für ein schadstoffarmes Motorrad. Gott sei dank haben wir sie jetzt und die Industrie hat Vorgaben, da passiert jetzt endlich was. Und ich denke, das muss auch bei Lärm passieren, genau auf die gleiche Art und Weise. Und ich denke, das Symposium ist ja jetzt hier der Versuch, auch die Motorradfahrer, die Verbände, alle Betroffenen an einen Tisch zu holen und vernünftige Lösungen herbeizuführen. 63 Nichtsdestotrotz ist es so, dass viele Motorradfahrer die Gesetzgebung und neue Verordnungen in Deutschland und in der EU teilweise als Aktionismus betrachten. Und ich denke, das ist absolut fehl am Platz. Es ist so, dass das Motorradfahren, das habe ich eben schon angesprochen, relativ teuer geworden ist und viele Hersteller sich auch gerade das Umweltbewusstsein der Motorradfahrer auch sehr teuer bezahlen lassen, wenn man so an KAT denkt usw. Die Maschinen kosten halt eine ganze Menge mehr. Und wenn ich jetzt daran denke, es ist eben schon kurz angesprochen, Antmanipulationskatalog, geplante Umweltuntersuchung war ja auch im Gespräch, das sind alles Sachen, die verteuern das Motorradfahren weiterhin. Man sollte wirklich daran arbeiten, dass man Lösungen findet, die das Motorrad so preiswert lassen, dass es auch jungen Menschen ermöglicht wird, wieder einen Einstieg ins Motorradfahren zu finden. Dass die bestehenden Grenzwerte für die Lärmemissionen ausreichend sind, zeigen moderne Maschinen wie beispielsweise jetzt - man kann ruhig auch die Marken nennen - die neuen BMW-Modelle, Honda, es gibt auch noch andere, und auch bei älteren Maschinen ist es ja überwiegend so: Es liegt in der Hand des Fahrers, im wahrsten Sinne des Wortes, wie laut das Motorrad tatsächlich vor Ort ist. Wir plädieren für mehr Toleranz im gegenseitigen Umgang und fordern, dass nicht alle Motorradfahrer wegen einiger weniger schwarzer Schafe sozusagen abgestraft werden. Schärfere Lärmgrenzwerte sind den ohnehin von der Politik vielfach enttäuschten Motorradfahrern kaum zu vermitteln. Und das kann letztlich ja nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, der ja auch auf die Akzeptanz seiner Regeln und Verordnungen muss. Regeln lassen sich am einfachsten durchsetzen, das weiß jeder, wenn die Betroffenen ihre Notwendigkeit verstehen oder sie auch für sinnvoll halten. Ich möchte noch kurz ein bisschen auf die Wünsche der Motorradfahrer eingehen. Wir als BVDM wünschen uns eine differenzierte Betrachtungsweise aller motorradrelevanten Themen, denn das war oftmals in der Politik bisher nicht der Fall. Es greift zu kurz, das hat auch mein Vorredner schon angesprochen, Motorradfahren nur als Hobby zu sehen, auch wenn die Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten eindeutig in diese Richtung gegangen sind. Es gibt immer noch genug Menschen, die ihr Motorrad als Alltagsvehikel für den täglichen Weg zur Arbeit benutzen. Und in dem Zusammenhang wird das Motorrad, denke ich, auch als Alternative zum Auto in der Hinsicht ein bisschen zu wenig unterstützt. Neue Grenzwerte, die - wie schon angeführt - in unseren Augen nicht erforderlich sind, müssen, wenn sie denn kommen, und es spricht ja einiges dafür, mit sinnvollem technischen Aufwand machbar sein für die Industrie, damit sie für uns Motorradfahrer finanzierbar sind. Und vor allem muss man bei neuen Gesetzen auch an den großen Bestand alter Motorräder denken. Nicht nur an die Oldtimer, die kriegen ja meistens eine Ausnahmeregelung, aber auch an die Maschinen, die so 20 oder 30 Jahre alt sind. Und davon gibt es halt noch eine ganze Menge. D.h., wir wünschen uns sinnvolle Ausnahmen und Übergangsregelungen, so wie wir das auch gefordert haben bei der schadstoffbezogenen Kfz-Steuer. Für sinnvolle Verbesserungen im Sinne der Umwelt, und dass es hier bei dem Motorrad einen deutlichen Nachholbedarf gibt, ist unbestritten, ist unser Verband immer zu haben. Dazu stehen wir mit unserer Erfahrung und unserer Kompetenz gerne zur Verfügung. Ob das Fahrversuche sind, Umfragen oder Beteiligung an Arbeitskreisen und der Appell an die Motorradfahrer zu verstärkter Rücksichtnahme, wir arbeiten gerne mit. Doch ebenso wichtig wie die Einbeziehung der Motorradfahrer ist meiner Meinung nach die Zusammenarbeit mit der Motorradindustrie. Es ist so, die Motorradfahrer möchten nicht als Umweltschweine dargestellt werden. Wir fahren auch gerne ein umweltgerechtes Motorrad. Nur dazu braucht die Industrie Vorgaben. Der Weg dahin zu diesem umweltgerechten Motorrad muss aber mit Augenmaß beschritten werden. Und das ist mein Appell eigentlich, dass man dieses Augenmaß auch wirklich wahrt. Gegen überzogene Forderungen und unsinnige Regelungen werden wir uns mit allen Mitteln wehren. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

63 64 Das umweltfreundliche Motorrad aus Sicht der Fachpresse Franz Josef Schermer, Schermer Verlag GmbH Liebe Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich mich vorstelle und meine Gedanken zum Thema des Tages zum besten gebe, möchte ich etwas Aktuelles sagen: Vorhin saß ich ein paar Reihen weiter hinten im Saal und da fiel mir folgendes auf: Entweder ist die Akustik des Saales schlecht, oder die Soundanlage, oder beides. Denn die Zuhörer sind seit heute morgen sehr angestrengt dabei, den Worten der Redner zu lauschen. Dabei sehen sie immer wieder zu den teilweise geöffneten Fenstern, durch die der Lärm von der Straße hier in den Saal dringt. Und vielleicht ist es Ihnen ebenso aufgefallen wie mir, dass kein einziges Motorrad dabei war, also auch kein lautes, und keines, das Lärm machte. Hauptsächlich störte der Lärm von LKW und Bussen die Kommunikation hier im Saal. Sitzen wir hier möglicherweise zu einem Thema zusammen, das in der Schärfe, in der es hier behandelt wird, überhaupt nicht existiert? Oder ist hier möglicherweise eine Hyperaktivierung im Gange? Das nur als aktuellen Einwurf, bevor ich mich kurz vorstelle. Mein Name ist Franz Josef Schermer. Ich bin im Frühjahr 1947 zur Welt gekommen, als die Menschen in Deutschland dabei waren, sich aus den Trümmern des Krieges zu befreien, und damit begannen, ihr Land wieder aufzubauen. Schon 1946, als ich im Bauch meiner Mutter heranwuchs, war ich auf einem Motorradrennen und hörte den Sound der Rennmaschinen. Damals hatten Rennfahrergrößen aus der Vorkriegszeit auf einem Autobahnteilstück von Karlsruhe ein Rennen organisiert und dazu Rennmaschinen, die sie über die Kriegswirren von den feindlichen Truppen versteckt hatten, wieder ausgegraben und rennfertig gemacht. Meine Großmutter sagte damals zu meiner Mutter: Maria, das tut dem Kind nicht gut! Aber ich habe jetzt nach 55 Lebensjahren immer noch das Gefühl, dass es mir gut getan hat, denn ich bin seit frühester Kindheit begeistert von Motorrädern und der Freiheit, die sich damit erfahren lässt. Aus dieser Begeisterung heraus habe ich nicht nur 1972 den Beruf des Motorradjournalisten ergriffen, sondern kann auch auf sehr viele schöne private Erlebnisse mit dem Motorrad zurückgreifen und werde noch viele schöne Dinge erleben, denn ich habe nicht vor, das Motorradfahren in der Restzeit meines Lebens irgendwann an den Nagel zu hängen. Selbst, wenn wir 75 oder 70 Phon kriegen, ich fahre Motorrad! 1978 habe ich dann meine eigene Motorradzeitschrift im eigenen Verlag gegründet und unsere Objekte wurden auch deswegen erfolgreich, weil wir nie ein Blatt vor den Mund genommen und im Interesse der Leser unsere Artikel recherchiert und geschrieben haben habe ich meinen Verlag an meine Mitarbeiter verkauft und arbeite heute als freier Journalist und Berater für Verlage, Zeitschriften, Leute und Firmen, die ich mag und für die es sich meiner Meinung nach lohnt, zu arbeiten. Diese Worte nur vorab, um Ihnen, sehr verehrtes Publikum und liebe Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer zu sagen, wer hier zu Ihnen spricht in Vertretung meines Kollegen Michael Pfeiffer, Chefredakteur von Europas größter Motorradzeitschrift Motorrad. Herr Pfeiffer hat krankheitshalber absagen müssen und so kam ich zu der Ehre, dass ich Ihnen etwas zu dem Thema Motorradlärm oder -sound aus der Sicht des Fachjournalisten sagen darf. Um gleich voll in die Sache Lärm einzusteigen: Auch ich bin gegen manipulierte Auspuffanlagen im täglichen Straßenverkehr. Auch ich bin ein aktueller Lärmgegner im Alltag. Ich wohne seit fünf Jahren an einer breiten Einfallstraße in Baden Württembergs Landeshauptstadt Stuttgart, die tagtäglich von mehr als Kraftfahrzeugen genutzt wird. Darunter auch sehr viele Motorräder. Und auch bei Nacht rollt der Verkehr. Meist sind es Lastkraftwagen, die diese Strecke nutzen, um das Leonberger Dreieck abzuschneiden und somit rund 30 km teuren Frachtweg rund um Stuttgart herum zu sparen. Der Lärm, der speziell von einem leeren LKW verursacht wird,

64 wenn er über eine Bodenwelle oder einen Kanaldeckel rumpelt, der ist nur mit einer explodierenden Handgranate oder einem Schuss aus einer alten Kanone zu vergleichen. Dies nur als kleines Zwischenwort an die politische Seite dieser Runde, die sich zur Aufgabe gemacht hat, Motorräder noch leiser zu machen und beim wenig diplomatischen Frontalangriff auf die Minderheit der Zweiradfahrer vergisst, oder auch nicht beachtet, dass es noch viele andere Lärmquellen im Verkehr gibt, die weit nerviger sind als die paar Idioten auf Motorrädern, die mit manipulierten Auspuffanlagen durch die Gegend heulen. 65 Früher waren Motorräder weit lauter als heute. In der Nachkriegszeit tuckerten vor allen Dingen billige Zweitakter von A nach B, um das damalige Bedürfnis der Menschen nach ungezwungener Mobilität zu befriedigen. Wenn ich mich recht erinnere, dann dürften Motorräder bis in die späten 70er Jahre unter Ausnutzung der Toleranzen 86 Phon Fahrgeräusch haben. Heute haben sie zwischen 78 und 80 db(a). Nur mal ganz kurz zur Bewertung der Lautstärke: von 86 auf 84 Phon entspricht einer Halbierung der Hörempfindung; von 84 auf 82 nochmal die Hälfte, und auf 80 ebenso. Wobei sich die Messmethoden ebenfalls geändert haben, aber darauf kann ich hier nicht eingehen. Als das Motorrad in den 60er Jahren vom Nutzfahrzeug zum Sportgerät mutierte (der Motorradmarkt sank von mehreren Hunderttausend Einheiten pro Jahr zu Anfang der 50er Jahre auf kaum neue Maschinen zu Mitte der 60 Jahre), haben wir unsere Mopeds frisiert, später dann die Motorräder. Ein lauter Auspuff gehörte ebenso dazu wie größere Vergaser mit offenen Ansaugtrichtern. Neben der Steigerung der Motorleistung war uns auch der Sound wichtig. Ob es jugendliche Angabe war, weil wir unseren Freunden und Konkurrenten auf den anderen Motorrädern und den anderen Marken von vornherein den Schneid abkaufen wollten, ob wir uns der spießigen Gesellschaft damals auch akustisch mitteilen, oder ob wir nur den Mädels imponieren wollten, das weiß ich heute nicht mehr im Detail. Jedenfalls waren die Motorräder damals viel, viel lauter als heute und wir taten alles, damit sie noch lauter wurden. Denn der Sound, der war uns verdammt wichtig. Im Laufe der letzten Jahre hat die Jugend das Interesse an Motorrädern verloren. Die Motorradfahrer sind viel älter geworden. Zu Beginn der 80er Jahre waren mehr als die Hälfte der Motorradfahrer zwischen 18 und 24 Jahre alt, heute ist der typische Motorradfahrer um die 40 Jahre alt. Er kauft sich heute ein Motorrad, weil er einen Teil seiner Jugend wieder herbeiholen möchte. Wozu aber in den meisten Fällen kein lauter Auspuff gehört, denn der heutige Motorradfahrer ist sozial gefestigt, weiß um die gesellschaftlichen Probleme oft besser Bescheid als die Masse unserer Mitbürger. Das behaupte ich einfach mal so. Warum ich auch behaupte, dass heutige Motorräder viel, viel leiser sind als frühere, und auch leiser gefahren werden, das mache ich jetzt an einigen Beispielen fest. 1) Die Gesetzgebung hat sich verschärft. Die heutige Straßenverkehrszulassungsverordnung lässt kaum mehr Raum für illegal angeschraubte laute Auspuffe, oder veränderte Serienauspuffanlagen, in die z.b. Löcher gebohrt werden, um den Sound zu verbessern. 2) Die Kontrollen haben sich verschärft. Sehr viele Polizisten sind selbst Motorradfahrer und kennen sich innerhalb ihrer Hobbyszene sehr gut aus. Einem Motorradpolizisten bei einer speziellen Motorradverkehrskontrolle eine Krawalltüte als Serienauspuff zu verkaufen, das ist ein Ding der Unmöglichkeit. 3) Der heutige Motorradfahrer weiß ganz genau darüber Bescheid, dass, wenn er seinen Auspuff verändert, die Garantie erlischt. Diese beträgt in der Regel zwei Jahre. Nun zu kontern, er könne ja mit einem anderen Auspuff fahren und bei einem Garantiefall den Serienauspuff wieder anschrauben, der mag zwar logisch denken, der vergisst aber, dass die heutigen Motorradtechniker in den Werkstätten, Werken oder bei den Importeuren sehr gute Kenntnisse haben über alle Tricks und Kniffe, mit denen die Kundschaft operiert oder operieren möchte. Die Techniker brauchen sich die entsprechenden Schraubverbindungen und Auspuffdichtungen nur einmal kurz anzusehen, um zu wissen, ob da einer hintenrum geschraubt hat oder nicht. 4) Und eben, weil der heutige Motorradfahrer so gut Bescheid weiß, deshalb weiß er auch, dass sein Motorrad in serienmäßigem Zustand die beste Leistung hat. Glauben Sie mir: Ich habe in meiner Karriere als Motorradjournalist und auch als Motorradzeitschriftenverleger sehr viele Tests durchgeführt mit Nachrüstauspuffanlagen. Die meisten sind ihr Geld nicht wert. Nur mal eine Hausnummer: Ein Nachrüstsportauspuff mit Anbau, entsprechender Vergaserabstimmung und Eintrag in die Fahrzeugpapiere kostet zwischen 500 und Euro. Klar, kann man es selber billiger machen, aber dann kommt die Polizei wieder ins Spiel wie bei den vorherigen Punkten zum Thema Verkehrskontrolle gesagt. 5) Die Motorradindustrie ist ja wirklich nicht doof. Sie mag manchmal ein bisschen träge und unkreativ sein, wie seit geraumer Zeit, wo sie ziemlich unschlüssig ist, wie sie neue Käuferkreise mobilisiert, um die deutlich nach unten zeigende Verkaufskurve wieder nach oben zu bringen. Aber wirklich doof sind weder die vier Japaner noch BMW, Harley Davidson, Ducati oder all die anderen. Und glauben Sie bitte nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Motorradindustrie ihre Motorräder mit Absicht laut konstruiert, nur deswegen, um den Kunden Sound

65 anzubieten und sich damit möglicherweise frontal gegen die Öffentlichkeit und damit auch gegen die Gesetzgeber stellt. Sie dürfen nicht glauben, dass die Motorradindustrie so heftig am Ast sägt, auf dem sie sitzt. 66 6) Momentan arbeite ich als Presse und PR-Berater in der Verwaltung einer großen deutschen Rennstrecke. Diese hat sowohl Automobil- wie auch Motorradsportler zur Kundschaft. Und bei meiner Arbeit direkt auf der Rennstrecke ist mir endgültig das berühmte Licht aufgegangen, warum die heutigen Motorradfahrer keine lauten Auspuffanlagen mehr an ihre zugelassenen Motorräder, mit denen sie jeden Tag fahren, anschrauben. Das Warum sage ich Ihnen jetzt: Jahr für Jahr nimmt die Zahl der auf Rennstrecken veranstalteten Renntrainings rapide zu. Wir haben in Deutschland mittlerweile rund 60 professionelle Anbieter von Rennstreckenveranstaltungen, die für Ottonormalverbraucher den passenden Spielplatz für das Spielzeug organisieren. Mehr als Teilnehmer nehmen Jahr für Jahr diese Angebote wahr und buchen zwei oder drei tägliche Renntrainings, um sich mit ihren meist nicht zugelassenen Hobbyrennmotorrädern auf der Rennstrecke auszutoben. Klar, dass an einem solchen Gerät ein lauter Auspuff dran ist, ja dran sein muss, aber auf der Rennstrecke ist das ja durchaus legitim. Jetzt möchte ich noch einen kleinen Streifzug durch die gestrige und heutige Motorradtechnik machen, immer mit dem speziellen Blickwinkel auf Auspuffsound. Jeder von Ihnen kennt Harley-Davidson, neben Coca Cola und BMW eine der berühmtesten Motorradlogos der Welt, oder Markenlogos generell. Motorräder dieser Marke verbindet man mit Sound. Denn es ist ja auch wirklich schön, diesen großvolumigen V2 mit wenig Drehzahl zu fahren und auch zu hören. Bei Harley Davidson ist ein mehrköpfiger Technikerstab ausschließlich damit beschäftigt, die Motorräder für Deutschland und die Nachbarländer, wo z.t. noch rigorosere Lärmbestimmungen gelten, zulassungsfähig zu machen. Der leise Auspuff ist aber nur ein kleiner Teil dessen, was die amerikanischen Techniker im Harley- Stammwerk Milwaukee immer wieder vor neue Herausforderungen stellt. Denn vielmehr ist das speziell bei den Harleys die mechanischen Geräusche aus dem Motor. Denn da drinnen im V2 rumpelt und klappert es, weil die vier Stößelstangen des Ventiltriebs reichlich Luft haben, ein ganzer Haufen eher minderwertig gefertigte Zahnräder in Motor und Getriebe mahlen, (so nennt der Techniker diese Laufgeräusch), und die fetten Reifen laut schmatzend auf dem Asphalt abrollen. Hinzu kommen Klappergeräusche von den Anbauteilen wie Koffer, Topcase, federgedämpfte Trittbretter, Verkleidung und verschiedenen Abdeckblechen. All diese Geräusche summieren sich und führten letztendlich im Werk dazu, dass der Auspuff immer mehr zugestopft wurde und eine serienmäßige Harley kaum ordentlich fahrbar ist. Sie zieht schlecht, sie wird heiß, sie hat keinen Auspuffsound, und der Kunde ist enttäuscht. Nun hat der Kunde aber rund Euro für seine Harley ausgegeben, was tut er also? Etwas zugeben, dass das, was er gekauft hat, nicht seinen Vorstellungen entspricht? Nein, er will sich ja nicht blamieren - weder vor sich noch vor den anderen. Er geht also zum Händler und bittet um Rat. Dieser legt ihm einen dicken Katalog vor, der Kunde sieht die schönen bunten Bilder und kauft eine original Harley-Auspuffanlage, schraubt sie dran, freut sich über den Durchzug und den satten Sound, der nicht unbedingt laut sein muss, und ist illegal - er wird bei der nächsten Verkehrskontrolle außer Gefecht gesetzt. Im Ernstfall muss er sein Motorrad an Ort und Stelle stehen lassen und darf es dann Tage später wieder per LKW abholen. Hier sind die Hersteller gefordert, ihre Lärmquellen abseits der Auspuffanlage abzustellen, um den Kunden nicht zu einem anderen, in diesem Falle lauten Auspuff, zu verführen. Und an dieser Stelle sei noch eingefügt, dass ich mir bei solchen Kontrollen mehr Augenmaß von der durchführenden Behörde wünsche. Denn bei vielen der Grünberockten mangelt es an Erziehung, wenn sie glauben, die Macht in der Hand zu haben. Vorurteile sind dazu da, gepflegt zu werden. Und noch ein Beispiel aus der Tiefe der Motorradindustrie. Und Sie könne mir das glauben, weil ich weder Lobbyist bin noch von irgendeinem Hersteller derzeit bezahlt werde. Vor fünf Jahren stellte BMW in USA einen Cruiser vor. Das ist ein auf dem amerikanischen Markt höchst erfolgreiches Modell. Im gemeinen Sprachgebrauch sagt man Chopper dazu. In Deutschland allerdings müssen die beiden Auspuffe zugestopft sein, denn hier darf die R1200 C immerhin zwei Dezibel weniger laut sein als in USA. Und ausgerechnet hier im Heimatland lacht die ganze Gemeinde der Motorradfahrer über den total verunglückten Sound des BMW-Cruisers, denn dessen Auspuffgeräusch ist eher mit einem Babyfurz zur vergleichen als mit dem Auspuffton eines Motorrads mit immerhin 1,2 Litern Hubraum, mit dem sich der Fahrer ein bisschen wie Easy Rider fühlen können soll. Andererseits ist gerade BMW sich seiner sozialen Verantwortung so sehr bewusst, dass es manchmal schon ins Kuriose abgleitet. Ich habe von Oktober 1999 bis September 2000 bei BMW Motorrad in Japan gearbeitet und wir hatten dort allergrößte Probleme, eben das Modell R1200 C unter das Volk zu bringen. Denn weder BMW noch der freie Markt bieten Nachrüstauspuffanlagen dafür an. Der japanische BMW Kunde hatte schon grundsätzliches Interesse an der R1200 C, kaufte sich dann letztendlich aber doch eine Harley, weil er dafür zig Aus-

66 puffanlagen angeboten bekam und damit sein Motorrad zum echten Chopper in US-Style aufmotzen konnte. Unser Problem der vollen Lagerhalle war nur so lösbar, dass BMW die Motorräder vom Markt nahm und zurückschickte nach Deutschland, als den Händlern mit zwei zugedrückten Augen zu erlauben, den Kunden andere Auspuffe anzubieten. Und dies ist ein wirklich erlebter Beweis, wie ernst die Hersteller das Thema Auspuffmanipulation nehmen und wie ernst BMW seine soziale und umweltpolitische Verantwortung nimmt. 67 Das allerletzte Beispiel soll Ihnen zeigen, wir ernst die japanische Motorradindustrie das Thema Lärm aus dem Auspuff nimmt. Vor zehn Jahren stellte Yamaha ein neues Modell vor namens FZn600, Herr Weihe, Chef von Yamaha Deutschland, kann mich gerne korrigieren, es können auch zwölf Jahre sein. Das war damals ein wunderbares Sportmotorrad mit einem verblüffend leisen Auspuffton. Beim Fahren allerdings kam sehr viel Sound zum Fahrer rüber. Meine Nachfrage beim japanischen Konstrukteur direkt vor Ort bei der Präsentation brachte folgende Antwort: Wir als Hersteller - und ich sagte, es war Anfang der 90er Jahre, also liegt schon zehn oder mehr Jahre zurück Wir als Hersteller nehmen unsere Verantwortung gegenüber der Umwelt sehr ernst. Wir wissen aber auch, dass viele unserer Kunden Sound mögen und deswegen andere Auspuffe anbauen, was oft dazu führt, dass Motorräder im Alltag ein schlechtes Image bekommen. Nun haben wir die Sache folgendermaßen geregelt: Der Auspuff ist leise, aber das Ansauggeräusch wird nach oben aus der Verkleidung heraus zum Fahrer hin abgestrahlt. Bei ihm, also dem Fahrer, kommt also genügend Sound an und erhat dadurch das Gefühl, dass sein Motorrad laut genug ist. Ich habe diese Aussage mit Interesse gespeichert und ich darf Ihnen sagen, dass diese Idee sofort Nachahmer fand, wobei ich nun nicht annehme oder behaupten möchte, dass Honda von Yamaha abguckt oder Kawasaki von Suzuki. Es lag, glaube ich, damals einfach nur im Grundinteresse der japanischen Motorradindustrie. Denn alle heutigen japanischen Sportmotorräder sind nach diesem Soundstrickmuster konstruiert. Ja, sogar die italienische Marke Ducati ist schon lange darauf eingestiegen. Das Ergebnis dieses konstruktiven Kniffes im Fall der Yamaha FZF600 war, dass eben das Modell in Kundenhand überhaupt nicht mit einem lauten Auspuff nachgerüstet wurde. Und die kurz danach auf den Markt gekommenen Modell der Mitbewerber ebenso wenig. Als Fazit meiner Ausführungen möchte ich Ihnen nur drei Punkte zurufen: 1. Die heute auf dem Markt angebotenen Motorräder sind nicht zu laut. 2. Die Motorradindustrie tut alles, um imageschädigende Auspuffmanipulationen zu verhindern. 3. Der europäische Gesetzgeber muss zusammen mit der weltweiten Motorradindustrie endlich vernünftige Geräuschgrenzwerte erarbeiten, die dann aber auch international für längere Zeit Gültigkeit haben und nicht durch nationale politische Egoismen plötzlich wieder außer Kraft gesetzt werden. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

67 68 Fahrverhalten Jürgen Vöbel, Fahrschule Vöbel, Bergisch Gladbach Sehr verehrte Frau Staatssekretärin, meine Damen und Herren. Ich darf mich kurz vorstellen: Mein Name ist Jürgen Vöbel ich bin 41 Jahre alt und seit 14 Jahren Fahrlehrer, betreibe eine durchschnittliche Fahrschule, wie ich denke: Betriebsgröße: 4 Angestellte, 1 Filiale, 1 Hauptstelle. Inwieweit man das, was ich jetzt sage, verallgemeinern kann, das als Durchschnitt setzen kann, lasse ich jetzt mal in den Raum und dahingestellt sein. Ich denke aber, dass viele meiner Kollegen ähnliche Erfahrungen gemacht haben und auch ähnliche Erfahrungen machen. Wollen wir jetzt mal zu den Gründen kommen, warum jemand den Führerschein macht. Die liegen in der Regel begründet im Bekanntenkreis, im Freundeskreis und beziehen sich noch relativ wenig auf die Auswahl eines Motorrades. Die Erwartungen, die Fahrschüler an Motorräder haben, sind in der Regel nicht sehr technisch geprägt, sind in der Regel auch schon gar nicht bezogen auf den Sound des Motorrades, sondern in erster Linie zunächst einmal vom Wir-Gefühl der Motorradfahrer-Szene oder eben auch von der natürlichen Faszination des Motorradfahrens, von der ich dann, Gott sei dank, niemanden zu überzeugen brauche, wenn er erstmal in der Fahrschule ist, denn dann hat er sich schon entschieden. Welches Motorrad sich der Motorradfahrschüler oder die Motorradfahrschülerin im Anschluss an die Ausbildung aussuchen wird, ist in der Regel noch nicht festgelegt. Der theoretische Unterricht, der angeboten wird seitens der Fahrschulen, bezieht sich in bestimmten Themenbereichen ausschließlich auf das Motorradsegment, auf das Zweiradsegment, und hier sitzen auch nur Motorradfahrschüler. D.h. also, es gibt vier Unterrichtsblöcke, in denen ausschließlich Motorradfahrschüler zum theoretischen Unterricht kommen. Diejenigen, die ihren alten Klasse-3- Führerschein, ich müsste jetzt Klasse B sagen, die meisten von Ihnen werden mit dem Begriff noch nicht allzu viel anfangen können, also mit dem alten Pkw-Führerschein den Motorradführerschein zusammen machen, ist sehr stark zurückgegangen. D.h., früher war es eher mal die Regel - wenn ich früher sage, dann spreche ich von einem Zeitraum von vor 6, 7 Jahren - dass jemand in die Fahrschule kam, sich für den Pkw-Führerschein anmeldete und gleichzeitig den Motorradführerschein mitmachte. Das ist heut leider - aus betriebswirtschaftlicher Sicht - nicht mehr ganz so der Fall. Der durchschnittliche Fahrschüler im Zweiradbereich hat die Mitte 20 in der Regel überschritten, hat sich sehr bewusst für den Motorradführerschein entschieden. Die andere Hälfte, oder ein großer Teil meiner 200 Fahrschüler, ist dann halt noch der Teil, die noch nichts anderes fahren dürfen, sprich, das sind dann die Mofa-Fahrschüler und das sind die 50 Kubik-Fahrschüler, die 16-Jährigen, die die Klasse M machen oder die Klasse A1, früher der alte Klasse-4-Führerschein. Heute ist es ja getrennt in das 50 Kubik-Segment und in das 125 Kubik-Segment. Und wenn wir das jetzt beziehen wollen auf die Lärmsituation bei Motorrädern, so kann man hier feststellen, oder so stelle ich hier fest, muss ich immer dazu sagen, dass in diesem Bereich während der Fahrschulzeiten ja schon darüber berichtet wird, welches Fahrzeug man sich zugelegt hat und wie man das bauartlich verändert, damit es sich schneller anhört. Es geht also nicht darum, dass die Dinger tatsächlich schneller werden, es geht in der Regel darum, dass der Eindruck gewonnen wird, von der Außenwelt, von der Sozialisationsgruppe, dass ihr Fahrzeug schneller ist als das andere. Wenn ich das gerade richtig verfolgt habe, ist diese Gruppe der Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer aber vernachlässigbar, weil es nicht mehr so viele sind.

68 Bei denjenigen, die den großen Motorradführerschein machen, da, wie vorhin schon erwähnt, fällt auf, dass sie sich eigentlich zum größten Teil erst während der Fahrausbildung für ihre Maschine entscheiden. Das muss nicht immer das Motorrad sein, auf dem sie lernen, zumal jede Fahrschule ja mittlerweile so viele Motorräder vorhalten muss - bedingt durch die verschiedenen Führerscheinklassen - dass auch hier Möglichkeiten vorhanden sind, verschiedene Fahrzeugtypen auszuprobieren: Bikes, Stichwort, oder Chopper, wenngleich die auch ganz verschiedene Leistungen haben, und sich dann während der Fahrschulzeit in der Regel entschieden wird, welches Fahrzeug ich anschließend fahre. 69 Der Sound des Motorrades - und im Hinblick auf dieses Symposium habe ich in den letzten Wochen eigentlich fast jeden Unterricht dazu wahrgenommen, meine Fahrschülerinnen und Fahrschüler zu fragen: Ist euch eigentlich der Klang des Motorrades wichtig? Ist er kauf- entscheidend? Überlegt ihr, welche Maschine ihr kaufen wollt? - ist also durchgehend verneint worden und ist eigentlich auch mit Kopfschütteln eigentlich verneint worden, d.h. darüber macht sich der Fahrschüler, wenn er sich ein Motorrad kauft zunächst einmal überhaupt keine Gedanken. Da geht es um ganz andere Dinge. Da geht es um Sitzhöhe, da geht es um Gewicht, und da geht es nicht zuletzt sicherlich auch um Ansehen des Motorrades, das ich mir kaufen möchte, in der Gesellschaft, sprich: Reputation, ist es eine sehr teure Maschine, wird sie als solche anerkannt, oder aber ist es mir gleich. Wie es dann anschließend am Ende der Ausbildung und mit Beginn der fahrerischen Tätigkeit aussieht, das entzieht sich nicht ganz meiner Kenntnis, da ich einen sehr engen Kontakt noch so zu meinen Fahrschülern versuche zu pflegen. Und da entgleitet mir auch mein Einflussmöglichkeit. Denn ich versuche natürlich während des theoretischen Unterrichtes auch auf das Umweltbewusstsein hinzuweisen, muss das zumindest in der Altersgruppe, von der wir vorhin gesprochen haben, von den über 25 Jährigen, in der Regel gar nicht so sehr tun, da die Akzeptanz von vornherein da ist. D.h. da ist die Bereitschaft, anschließend lauter zu werden, gar nicht da. Im Anschluss an die Ausbildung, wie gesagt, werden dann die Leute von anderen Faktoren beeinflusst. Also versuchen, Kontakt zu knüpfen zur Gemeinschaft Motorradfahrer, das sind in der Regel die Motorradfahrer-Clubs, das ist die Fachpresse, auch da wird immer wieder gefragt, wo kann ich mich orientieren, wo bekomme ich Tipps, welche Maschine, usw. Und hier kann ich, da ich ja anschließend nicht mehr so viel Zeit auf meine Fahrschüler verwenden kann, eigentlich immer nur noch auf diese Gremien verweisen und sagen, ja, es gibt also die und die Fachzeitschriften, die und die kann man sich ganz gut angucken, da kann man sich informieren, und wenn ich die dann mal nach einem Jahr oder anderthalb Jahren wiedersehen - in der Regel mache ich Sicherheitstrainings, die sich an diese Fahrausbildung anschließen, wer da will, kommt - und dann ist die Fahrzeugauswahl auch getroffen. Und ich habe es, ehrlich gesagt, noch nicht erlebt, dass da jemand eine Auspuffanlage montiert gehabt hätte, die nicht serienmäßig oder nicht zumindest EU-geprüft gewesen wäre. Vielleicht noch ein Wort zur Fahrschulausbildungsordnung. Wie vieles in Deutschland ist auch hier alles sehr detailgenau geregelt im Hinblick auf Sonderunterricht Umwelt und Technik. Das ist seit der Novellierung des Fahrschulgesetzes 1999 auch des Führerscheinrechtes im Klasse B-Bereich, d.h. im Autobereich, vom Gesetzgeber vorgegeben worden. Und zwar gibt es, früher gab es sehr wenige Unterrichte, heute gibt es 14 Unterrichte, die vom normalen Fahrschüler besucht werden müssen. Und von diesen 14 Unterrichten sind zwei explizit vorgeschrieben, die er in einer bestimmten Reihenfolge zu hören hat. Die anderen zwölf kann er hören wie er will und Zeit hat. Das ist organisatorisch auch nicht anders machbar. Der eine hat Schichtarbeit, der andere nicht, aber zwei Unterrichte, hat der Gesetzgeber gesagt, die müsst ihr auf jeden Fall hören. Habt ihr sie nicht gehört, dürft ihr keine theoretische Prüfung machen. Ich betone noch einmal: Ich beziehe mich jetzt hier auf den Unterricht für die Pkw-Führerscheine. Und diese beiden Unterrichte sind Umwelt und Technik. Das gibt es nicht in dieser Form im Klasse A-Unterricht. Da unterrichte ich das auch - ich habe gerade gesehen, wir haben gleich noch Hörbeispiele zum Motorradsound - und in meiner Software, die ich den Fahrschülern vorführe, haben wir auch genau das mit drin. D.h. da wird Motorrad gefahren, man hört sich das an, eine Geschwindigkeit von 50 km/h, im ersten Gang, im zweiten Gang, oder im sechsten Gang. Und man kann sehr gut wahrnehmen, inwieweit sich das Fahrgeräusch verändert. Und das Problem bei der Geschichte ist halt, dass die, die sich viermal den ersten Unterricht anhören genauso zur theoretischen Prüfung zugelassen sind wie Diejenigen die alle Unterrichte, also auch Umwelt und Technik, gehört haben. Die Krad Fahrschüler sind hier also nicht so gut informiert wie meine Pkw-Fahrschüler. Ja, das war der Beitrag, den ich dazu zu leisten hatte. Ich hoffe, ich bin kurz genug gewesen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

69 70 Sound-Engineering mit Hörbeispielen Prof. Dr. Foken, Westsächsische Fachhochschule Zwickau Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, sehr geehrte Damen und Herren, ich bin gebeten worden, etwas zu Sound Engineering zu sagen. Es wurde dazu gesagt, mit möglichst wenig Technik. Dies lässt sich jedoch nicht ganz vermeiden. Ich hoffe, das erste Soundbeispiel konnte man hören. Ich möchte also etwas erzählen über Sound Engineering an Motorrädern. Ich habe noch darunter geschrieben Lärm kontra Sound (Abbildung 51). Ich werde mich aber nicht in die Diskussion so einmischen, dass ich irgendwo Stellung beziehen muss. Ich habe da einen gewissen Vorteil, ich kann mich also auf die technische Seite zurückziehen. Wir werden also etwas hören zur kleinen Einführung. Ich möchte danach etwas zu Sound Engineering und zu den Möglichkeiten und Vorgehensweisen sagen, und ich muss natürlich etwas zu den Dingen sagen, die dann schon wieder in die psychologischen Aspekte hineinreichen. Wir werden also Messungen, Ranking und Zielgrößen - beim Ranking sind wir schon wieder sehr bei Psychologie - abhandeln. Zudem die Frage: Kann man sowas überhaupt machen? Und ein paar Beispiele sollen die ganze Sache abschließen. Kleinen Ausblick vielleicht noch am Ende (Abbildung 52). Das hatten wir heute alles schon: Veränderte Nutzung von Motorrädern in den letzten Jahrzehnten. Spaß am Motorradfahren, das ist übrigens ja nicht generationsspezifisch, und dass das durch Biker und Nichtbiker als gegensätzlich oft beurteilt wird, da brauche ich nicht drauf einzugehen. Aber auch eine Erwartungshaltung von Käufergruppen an den Motorradsound ist unbestritten (Abbildung 53). Die Statistik in Abbildung 54 zeigt - auch das hatten wir schon - die Entwicklung von Neuzulassungen. Die Leichtkrafträder, das sind also die mit den 125 Kubik, das ist auch ganz interessant, haben alle doch stark zugenommen. Wenn wir mal die Altersstruktur anschauen, dann haben wir eine solche Altersstruktur bei Neuzulassungen nach Altersklasse der Käufer sortiert. Bei den über 50 Jährigen, da steigt das dann noch mal ein bisschen an, wenn die dann in Rente gehen, dann wird noch mal Motorrad gefahren oder so. Das ist etwas überspitzt dargestellt. Wir haben also mehrere Motorradtypen hier (Abbildung 55). Das ist ein typischer Sound für eine Harley. Wir haben hier auf der anderen Seite halt einen anderen Typ von Motorrädern, etwas sportlicher, und man kann sich durchaus vorstellen, dass die Leute auch unterschiedliche Einstellungen zu solchen Motorrädern haben. Lärm kontra Sound: Was kann Sound Engineering überhaupt an dieser Stelle tun? Gibt es Möglichkeiten, an dieser Stelle einzugreifen? Die wichtigsten Grundsätze dazu habe ich hier (Abbildung 56) aufgeschrieben: Eine gezielte Geräuschbeeinflussung, und da spielen natürlich auch die psycho-akustischen Gesichtspunkte eine Rolle. Wir haben die Fragestellung: Welche Geräuschkomponenten sind für die Beurteilung beispielsweise als Lärm überhaupt relevant bzw. auf der anderen Seite, welche Geräuschkomponenten sind es denn, die sozusagen den Biker das Vergnügen bereiten an der Stelle? Aber auch die Fragestellung eines produktspezifischen Geräusches oder eines produktspezifischen Sounds, herstellerspezifischen Sounds muss man mit in Betracht ziehen.

70 Und das Ziel könnte sein, dass man versucht, trotz einer Lärmminderung die emotional wirkenden Anteile im Sound beizubehalten. Das ist, muss ich zugeben, insgesamt eine ganz schwierige Aufgabe, die durchaus eine ganze Menge von Arbeit erfordert. Wir machen das, beispielsweise habe ich hier versucht, mal darzustellen, was man da beispielsweise tun kann (Abbildung 57). Es sind zwei Säulen, die man verfolgen muss. Die eine Säule ist, dass man sehr viel wissen muss über die Geräuschentstehung im Motorrad, über die unterschiedlichen Geräuschentstehungsmechanismen. Auf der anderen Säule haben wir die Dinge, die man sich überlegen muss: Ich muss Zielgeräusche einmal analysieren, beispielsweise psycho-akustische Kenngrößen. Ich muss Kunden befragen, ich muss ein Ranking durchführen, ich muss definieren, welche Zielgrößen ich denn dann haben will am Ende. Auf der mehr technischen Seite muss ich einen Haufen messen, um herauszubekommen, wo denn eigentlich die einzelnen Komponenten der Geräusche herkommen? Ich muss Simulationsprogramme nutzen und hier unten am Ende sollte man dann mal das zusammenführen, dass man die Erkenntnisse beider Säulen irgendwo in den konstruktiven Teil einfließen lässt. 71 Ja, ich habe das hier noch einmal dargestellt (Abbildung 58). Man muss also die geräuschrelevanten Vorgänge kennen und simulieren. Man muss verifizieren, über messtechnische Aspekte und man muss am Ende eine konstruktive Umsetzung machen. Ich habe mir ein Beispiel herausgesucht (Abbildung 59), was man z.b. simulieren kann, wenn man mechanische Geräusche von Motorrädern analysieren will. Ich habe hier mal den Kolbenquerweg aufgezeigt - das ist wieder sehr technisch - dass der Kolben im Zylinder nicht nur auf und ab geht, sondern auch hin und her geht. Und das sind die Komponenten, die mechanische Geräusche verursachen. So etwas kann man simulieren. Man kann errechnen: Was macht denn mein Kolben im Zylinder? Ich kann die Anstöße genau definieren und kann sogar am Ende sagen, wie viel jeder Stoß in irgendwelchen Komponenten meiner Mechanik an db verursacht in der Abstrahlung. Man muss auch die ganz modernen Werkzeuge nutzen, beispielsweise FE-Analysen (Abbildung 60). Hier sieht man mal so ein Netz von so einem Zylinder, vernetzten Zylinder. Dann hat man beispielsweise solche Dinge, die man untersucht: Wie schwingt denn ein Bauteil, wenn eben der Kolben im Zylinder anstößt? Das ist hier (Abbildung 61) gezeigt. Der Kettenschacht, der schwingt doch recht stark, und dann vergleicht man das mal mit den sog. Eigenfrequenzen solcher Strukturen, die haben bestimmte Eigenfrequenzen, so etwa als wenn man an ein Glas schlägt, dann kommt natürlich eine dominante Frequenz heraus. So ist das hier auch. Und nun kann man mal sehen, wenn man das miteinander vergleicht: Wie passt denn das zusammen? Werden denn diese Komponenten aus den Stößen im mechanischen Bereich auch abgestrahlt? Gehen wir dazu über, dass man etwas messen möchte am Motorrad. Ich meine, man hört das ja, man muss es ja dann irgendwann messen (Abbildung 62). Und es bleibt ja nichts anderes übrig als gehörgerecht zu messen, das macht man heute im allgemeinen mit einem solchen Kunstkopf. Das braucht man, damit man das auch wiedergeben kann und Versuche machen kann. Um Zielsounds herauszufiltern muss man also in einer Audiokabine das wiedergeben und das muss genauso klingen als wenn es in Natur wäre. So etwas hatten wir auch schon mal. Man kann nicht alle Motorradfahrer gleich behandeln, man muss also Klassifizierungen machen. Ich habe hier ein paar Klassifizierungen gezeigt, die man machen muss (Abbildung 63). Hier unten in der letzten Spalte, da ist auch sozusagen die Situation, die mal verdeutlicht, was muss ich denn eigentlich messen, welche Geräusche, welche Situationen sind entscheidend für den Motorradfahrer? Was interessiert ihn? Wir haben uns das Standgeräusch und das Vorbeifahrgeräusch herausgesucht. Ganz normale Vorbeifahrt, wie man es auch in der gesetzlichen Regelung tut. Standgeräusch ist nicht ganz so ein tolles Geräusch dafür, besser wäre also ein Standgeräusch, wo man noch mal Gas gibt. Das ist vielleicht noch die wichtigere Situation. Aber die ist leider schlecht reproduzierbar. Deswegen haben wir das normale Standgeräusch genommen. Nun muss man die Probanten halt irgendwo auswählen (Abbildung 64). Da muss man auch ein bisschen aufpassen, die müssen motiviert sein. Man kann nicht irgendjemanden nehmen dazu, der nicht motiviert ist. Das hat keinen Zweck, da bekommt man nichts dabei heraus. Man braucht Eingewöhnungszeit, man muss mit der Art eines Hörbeispiels operieren. Das ist nicht ganz so einfach, damit Sie sich dran gewöhnen, so etwas zu hören. Das ist eine ganz schwierige Frage, dieser Gewöhnungseffekt. Und auch die Dauer der Versuche darf nicht zu hoch sein. Ja, da gehe ich mal drüber hinweg. Man braucht natürlich eine Ranking-Software, die man anpassen muss, wo man noch bestimmte Bedingungen beachten muss dazu (Abbildung 65). Wir haben eine gewählt, das nennt sich dann ohne Konsistenzprüfung. Wir vergleichen also nicht Motorräder untereinander, sondern wir sagen, das

71 72 Geräusch eines Motorrads wird nicht zu anderen bewertet, sondern in Bezug auf den Typ der jeweiligen Motorklasse. Das sieht dann etwa so aus (Abbildung 66): Man macht eine Vorauswahl, beispielsweise hier der Sportler, bis Kubik. Dann kann man sich das Vorbeifahrgeräusch anhören und die Leute können sozusagen mehrere solche Vorbeifahrgeräusche von unterschiedlichen Motorrädern hören und schieben ihren Schieberegler hin in die Stelle - wie soll man sagen - so etwa in der Art: ist das Geräusch typisch. Und das bewertet man nur. Und nur das. Jetzt das Standgeräusch, um das ein bisschen abzukürzen. Am Ende haben wir dann beispielsweise mal, ich habe es hier für drei Motorräder mal zusammengefasst (Abbildung 67). Wir haben also hier drei Motorradgeräusche. Wir hören uns einfach mal die Standgeräusche an. Das ist natürlich hier nicht gehörgerecht in der Wiedergabe, aber ich kann Ihnen trotzdem mal das Ergebnis sagen, was also Leute dort bewertet haben, und wir sehen, die Bewertung ist nicht so sehr eindeutig: 55% sagen, dieses Standgeräusch ist typisch für ein Sportmotorrad bis Kubik. Da haben wir schon die Bewertung. Erstes Vorbeifahrgeräusch, zweites Vorbeifahrgeräusch, drittes Geräusch. Das ist die typische Vorbeifahrt: Ranfahren, Beschleunigen, und wie man das so normalerweise tut. Hier ist die Bewertung schon etwas eindeutiger. Und man würde heute sagen, das etwas bissigere Geräusch wurde also von den Leuten als besonders positiv bewertet. Nun muss man darangehen, herauszufinden: Was macht denn diesen typischen Sound aus. Ich habe mal noch ein bisschen was anderes. Ich sage gleich was dazu, hören Sie sich erstmal diese Geräusche an (Abbildung 68). Die Unterschiede sind recht deutlich. Das ist jetzt in Beispielen dazu: Was kann man denn an dem Motorradgeräusch sozusagen drehen? Das ist immer ein und dasselbe Motorrad. Wir haben das Standgeräusch, bevor man etwas gedreht hat, gehört: so ein bisschen Schraubenbüchse oder so etwas. Und wir haben auf der anderen Seite das Standgeräusch, nachdem Maßnahmen an dem Motorrad durchgeführt wurden, um das Geräusch zu verbessern. Was sehen wir hier für Diagramme? Das sieht so bunt aus. Das muss ich halt erklären. In der Waagerechten haben wir die Zeit. In der senkrechten Achsen haben wir die Frequenzverteilung und die Farben, das sind sozusagen die db. Wir sehen ganz deutlich hier im niederfrequenten Bereich: Auspuffgeräusch, Ansauggeräusch und solche Dinge. Und wir sehen: Bei dem Standgeräusch vor den Maßnahmen haben wir einen hochfrequenten Bereich, einen recht erheblichen Anteil im Geräuschspektrum. Das sind reine mechanische Geräusche, die unterwünscht sind. Wir können in dem zweiten Bild erkennen, dass man das durchaus wegbekommen kann und auch ein vernünftiges Standgeräusch produzieren kann. Ich darf an dieser Stelle erwähnen, dass wir dankenswerterweise hier sehr eng mit einem Motorradwerk zusammenarbeiten können, die uns Maschinen zur Verfügung stellen und wo wir also Untersuchungen machen, wo wir solche Dinge untersuchen können und sicherlich auch zum Vorteil des Motorradwerkes bestimmte Dinge erreichen können. Ich konnte nur einen ganz kurzen Abriss geben. Es ist auf der Strecke Sound Engineering noch relativ viel zu tun, bis man am Ende ein Werkzeug den Konstrukteuren an die Hand geben kann, wo man sagen kann: Also wenn du deine Konstruktion in dieser Weise oder jener Weise veränderst, dann verändert sich das Geräusch vielleicht in dieser oder in jener Weise. Das ist möglich, wir sind der Meinung, dass das insgesamt auch möglich ist für alle drei wichtigen Geräuschbaugruppen im Motorrad, geräuschrelevanten Baugruppen im Motorrad. Es macht sehr, sehr viel Mühe und es kostet in der Regel auch sehr viel Geld, so etwas zu tun, weil es enorm zeitaufwendig ist (Abbildung 69). Ja, das soll es an der Stelle erst einmal gewesen sein. Ich will die Zeit auch nicht überziehen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

72 Westsächsische Hochschule Zwickau (FH) University of Applied Sciences Innovationszentrum für Fahrzeugtechnik 73 Symposium Motoradlärm Berlin Sept W. Foken, D. Grundke, Th. Hausotte Oben: Abbildung 51 Unten: Abbildung 52 Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Inhalt Einführung Sound Engineering Möglichkeiten und Vorgehensweise Messung, Ranking, Zielgrößen Beispiele Zusammenfassung, Ausblick Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik

73 74 Einführung - Ausgangssituation Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Veränderte Nutzung von Motorrädern in den letzten Jahrzehnten Spaß am Motorradfahren ist nicht generationsspezifisch Gegensätzliche Beurteilung des Motorradgeräusches durch Biker und Nicht-Biker (oft auch ambivalente Einstellung) Erwartungshaltung von Käufergruppen an den Motorradsound Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik Oben: Abbildung 53 Unten: Abbildung 54 Einführung - Statistik Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik

74 Einführung - Motorradklassen Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Soundbeispiele extrem unterschiedlicher Motorradklassen 75 Harley Davidson Sportster 1200 Sportler Honda VTR 1000 Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik Oben: Abbildung 55 Unten: Abbildung 56 Sound-Engineering Möglichkeiten Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Lärm kontra Sound Sound-Engineering als Werkzeug zur Konfliktlösung Gezielte Geräuschbeeinflussung auch unter psychoakustischen Gesichtspunkten. Welche Geräuschkomponenten sind für die Beurteilung als Lärm bzw. für den gewünschten Sound verantwortlich? Entwicklung eines dem Produkt entsprechenden Geräusches trotz deutlicher Lärmminderung unter Beibehaltung der emotionalen, mit dem Sound gekoppelten Geräuschkomponenten FUTURE - BIKE Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik

75 76 Sound-Engineering Vorgehensweise Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Sound Engineering an Motorrädern Simulation der Mechanismen Kurbeltrieb Grundlager Kolben-Zylinder Ventiltrieb Abgas- und Ansauganlage Analyse von Zielgeräuschen über Psychoakustische Kenngrößen Messtechnische Verifikation der Simulationsergebnisse Befragungen und Audiotests mit Kunden bzw. Zielgruppen Simulationsprogramm zur Geräuschprognose Definition eines Zielsounds als Markendesign Konstruktion bzw. Konstruktionsänderung von Baugruppen Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik Oben: Abbildung 57 Unten: Abbildung 58 Sound-Engineering Vorgehensweise Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Simulation geräuschrelevanter Vorgänge Verifikation Simulationsprogramme konstruktive Umsetzung Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik

76 77 Oben: Abbildung 59 Unten: Abbildung 60 Sound-Engineering Vorgehensweise Macht Lärm Motorradfahren erst schön? FE - Netz FE - Analyse an einem Motorradzylinder Schnelleverteilung infolge Impulsanregung der Zylinderinnenwnad Beulmode der Kettenschachtabdeckung bei ca. 4,6 khz Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik

77 78 Sound-Engineering Vorgehensweise Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Beschleunigungsmessung - Bauteilanschläge Anschlagsignale - gemessen und berechnet Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik Oben: Abbildung 61 Unten: Abbildung 62 Messung Ranking Zielgrößen Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Gehörgerechte Erfassung von Motorradgeräuschen Erarbeitung von Kriterien zur Soundqualität Erarbeitung von Sound-Zielgrößen Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik

78 Messung Ranking Zielgrößen Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Gehörgerechte Erfassung von Motorradgeräuschen 79 Motorradart Cruiser Chopper Tourer Sporttourer Sportler Enduro Reiseenduro Naked Bike Funbike Hubraumklasse bis 125 ccm bis 500 ccm bis 750 ccm bis 1000 ccm über 1000 ccm Geräuschart Standgeräusch Vorbeifahrtgeräusch Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik Oben: Abbildung 63 Unten: Abbildung 64 Messung Ranking Zielgrößen Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Psychologische Aspekte von Ranking-Feldversuchen Motivation wichtigster Aspekt Eingewöhnungszeit einige Sekunden bis max. eine Minute Art des Hörbeispieles artfremdes Geräusch Dauer der Versuche Maximal 30 Minuten Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik

79 Messung Ranking Zielgrößen Macht Lärm Motorradfahren erst schön? 80 Ranking-Software direktes Verfahren ohne Konsistenzprüfung sehr schnelles Verfahren in Bezug auf die Probanden und auch für die Ergebnisfindung Geräusch eines Motorrades wird nicht im Vergleich zu anderen bewertet sondern in Bezug auf den Typ der jeweiligen Motorradklasse Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik Oben: Abbildung 65 Messung Ranking Zielgrößen Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik Unten: Abbildung 66 Macht Lärm Motorradfahren erst schön?

80 Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Beispiele 81 Rankingversuch - Sportler bis 1000ccm Bauart,Zylinder: V,2 2-/4-Takt: 4 Hubraum: 996ccm Standgeräusch Standgeräusch 55% Vorbeifahrtgeräusch Ergebnis 54% Vorbeifahrtgeräusch 49% Ergebnis 58% Leistung 72/92kK Vmax 254km/h Preis DM Standgeräusch 36% Vorbeifahrtgeräusch 37% Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik Oben: Abbildung 67 Unten: Abbildung 68 Macht Lärm Motorradfahren erst schön? Beispiele Standgeräusch nach Maßnahmen Standgeräusch vor Maßnahmen Standgeräusch vor Maßnahmen Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik Standgeräusch nach Maßnahmen

81 82 Zusammenfassung Ausblick Macht Lärm Motorradfahren erst schön? laufende Arbeiten, Ergebnisse künftige Arbeiten, Ausblick Simulation Verifikation Konstruktion Programmodule geräuschrelevanter Vorgänge (Mechanik) erfolgreiche Verifikation mechanischer Geräusche konstruktive Umsetzung beim Auftraggeber/Kooperationspartner CAD-Anbindung FEM / BEM-Anbindung Einbeziehung weiterer Größen zur Verifikation Future Bike 1000 mit 77dB(A) Future - Bike 125 mit 74dB(A) Messung Ranking Zielgrößen gehörgerechte Aufnahme von Vorbeifahrt- und Standgeräuschen gehörgerechte Wiedergabe, Ranking Formulierung von Sound-Zielgrößen (spektrale Zusammensetzung) Messung weiterer Motorräder Ranking mehrerer Motorräder weitere Spezifizierung mit Korrelation zu Ranking-Ergebnissen Westsächsische Hochschule Zwickau (FH), Innovationszentrum Fahrzeugtechnik Oben: Abbildung 69

82 Geräuschemissionen im realen Verkehr - Möglichkeiten der Lärmminderung am Motorrad Dipl.-Ing. Heinz Steven, RWTÜV 83 Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, meine Damen und Herren. Ich habe das Thema hier Geräuschemissionen von Motorrädern im praktischen Betrieb genannt (Abbildung 70). Und als ich dann gehalten wurde, ein Manuskript abzuliefern vor zwei Tagen, habe ich noch mal in das Programm geguckt erstmalig und festgestellt, dass das Thema dort umfassender geschildert war, nämlich Möglichkeiten der Minderung. Die habe ich jetzt hier am Ende noch ganz kurz hinten drangehängt. Ich habe kürzlich mit Herrn Kemper festgestellt, dass ich mich jetzt seit etwa 25 Jahren mit dem Thema Messverfahren und mit der Verbesserung von Messverfahren beschäftige. Und muss sagen, dass ich mich in letzter Zeit mehr darum gekümmert habe: Bewirkt man denn mit einem Messverfahren und mit einer Grenzwertsenkung überhaupt etwas draußen im Betrieb? Und um das beurteilen zu können, muss man erst mal wissen: Wie werden denn Fahrzeuge draußen im Betrieb gefahren? Und das ist etwas, was wir in den letzten Jahren vorrangig gemacht haben - bei allen Arten von Kraftfahrzeugen. Bei Motorrädern waren wir in der Lage, Ergebnisse der TU Darmstadt zu verwenden, die wir im Rahmen eines F+E-Vorhabens gekauft haben und ich wollte Ihnen diese Ergebnisse hier kurz mal vorstellen. Ich will das hier übergehen (Abbildung 71), das ist glaube ich heute schon angesprochen worden: Die Fahrleistungen von Motorrädern sind im Vergleich zu allen übrigen Kategorien so gering, dass das Motorrad für den Mittelungspegel überhaupt kein Problem darstellt. Interessanter ist schon dieses Bild hier (Abbildung 72), was zeigt, dass überwiegenden Fahrleistungen der Motorräder auf Außerortstraßen erbracht werden und nicht auf Autobahnen und nicht im Innerortsbereich. Das ist u.a. auch ein Grund, warum man hier, wie man hier raushört, wenig Motorräder hört. Ich komme auf den Punkt noch näher zurück. Dennoch nehmen Motorräder eine Spitzenstellung bei Umfragen zur Lärmbelästigung ein, was heute auch schon angesprochen wurde, und sind am häufigsten Gegenstand von Beschwerden über Kraftfahrzeuglärm. Ich habe hier mal ein paar Gründe angegeben (Abbildung 73): Verwendung geräuscherhöhender, illegaler Ersatzschalldämpfer - ist auch schon angesprochen worden. Herr Kemper hat heute auch schon gezeigt: Motorräder haben das größte Emissionspotenzial aller Fahrzeugkategorien, und ein Teil der Fahrer nutzt dies durch hochtourige Fahrweise. Und Herr Schulz hat auch heute darauf hingewiesen, dass für einen beträchtlichen Teil der Fahrer die Geräuschentwicklung integraler Bestandteil des Fahrerlebnisses ist. Das ist auch ein Teil des Problems. Ganz kurz ein Beispiel für einen illegalen Schalldämpfer (Abbildung 74): Die gestrichelte Kurve zeigt Ihnen das Frequenzspektrum eines Originalschalldämpfers. Auf der x-achse sind die Frequenzen, auf der y-achse ist der Schallpegel aufgetragen. Die rote Kurve ist dann die Kurve für einen Schalldämpfer, wir man ihn dann kaufen und anschrauben kann. Dieser Schalldämpfer ist uns vom Institut für Zweiradsicherheit zur Verfügung gestellt worden für diese Messung. Wie Sie sehen, ist es hier dem Hersteller gelungen, in fast allen Frequenzbereichen den Pegel um mehr als 10 db(a) zu erhöhen. Man kann sagen: Das macht es einfach schlicht und ergreifend lauter. Ich glaube nicht, dass der Sound unbedingt besser ist. Dieses Bild hat Herr Kemper schon mal in einer anderen Version gezeigt (Abbildung 75). Ich neige immer dazu, zu normieren. Das hat den Vorteil: es ist nicht ganz so anschaulich, aber man kann besser vergleichen.

83 84 100% ist die Nenndrehzahl, 0% ist die Leerlaufdrehzahl und die rote Kurve ist von einem Lkw. Man sieht, dass er bei Nenndrehzahl leiser ist als die hier aufgezeigten PKW und Motorräder, dass er aber bei Leerlaufdrehzahl der lauteste ist. Was man aber hier auch gut sehen kann, das ist die grüne Kurve: sie zeigt einen durchschnittlichen Pkw, dass Motorräder bereits im Leerlauf deutlich lauter sind als Pkw. Wenn ich mal hingehe und einen Vergleich ziehe zwischen einem modernen, leisen Pkw und einem durchschnittlichen Motorrad kann man sagen, das sind bei Leerlauf 10 db(a) Unterschied. Also die Anhebung bei den niedrigen Drehzahlen ist bereits Realität. Die muss man, glaube ich, nicht noch künstlich höher machen. Das nächste Bild wäre dasselbe bei Volllast (Abbildung 76). Da gehe ich jetzt mal drüber weg. Dann haben wir, wie gesagt, das Fahrverhalten untersucht, d.h. wir haben Geschwindigkeiten gemessen, Drehzahlen gemessen, wir haben Motorleistungen gemessen, Beschleunigungen und so etwas. Und ich möchte hier einfach mal Pkw und Motorräder vergleichen, weil ich denke, der Vergleich ist durchaus gerechtfertigt. Ich habe hier (Abbildung 77) die Geschwindigkeitshäufigkeiten für verschiedene Fahrzeuge zusammengestellt - blau sind Pkw, rot sind Motorräder. Und es ist innerorts und außerorts zusammengefasst. Es ist ohne Stillstandsanteile, damit man es besser vergleichen kann und damit nicht irgendwelche Unterschiede durch unterschiedliche Zeiten, in denen gefahren wurde, die eine Rolle spielen und das Ergebnis verfälschen, wiedergegeben. Und was man hier sieht, das entspricht dem, was man auch erwartet: Motorräder kommen im Verkehr halt schneller vorwärts, deswegen sind die roten Kurven hier von den blauen abgehoben. Und offensichtlich gibt es auch einen Teil von Fahrern, die riskieren im Außerortsbereich, die 100 Stundenkilometer, die eigentlich das Limit sind, deutlich zu überschreiten, deutlicher als Pkw das tun. Bei den roten Kurven, bei den Motorrädern muss ich dazu sagen, dass es drei verschiedene Fahrzeuge waren, die von bis zu 30 Fahrern und Fahrerinnen jeweils gefahren wurden. Immer dieselbe Strecke. Wenn man sich dann anguckt, wie das Beschleunigungsverhalten aussieht, kommt man auch zu einem sehr interessanten Vergleich (Abbildung 78): Wieder die blauen Kurven sind Pkw, die roten Kurven sind Motorräder. Man sieht im Anfahrbereich, dass Motorräder - das entspricht auch wieder der täglichen Erfahrung - deutlich schneller sind beim Anfahren als Pkw. Dann gibt es hier aber einen Bereich, so zwischen 20 und 60 Stundenkilometer, wo sie sich eigentlich kaum unterscheiden. Und dann, oberhalb von 60, heben sich die Motorräder, wenn sie denn können, ab. Dieses hier ist ein 25 Kilowatt-Motorrad, also so ein Einsteigermotorrad, das kann in dem Bereich nicht mehr so stark beschleunigen. Aber die Fahrzeuge, die das können, heben sich deutlich von Pkw ab, selbst wenn der Pkw mit seiner Leistung - wir haben hier einen mit 210 kw, den kann man auch nicht gerade als schwach motorisiert bezeichnen, das auch könnte. Und ich denke, das ist eben der Kern des Problems: dieser Geschwindigkeitsbereich 80 bis 100/110 Stundenkilometer. Da werden Motorräder deutlich anders betrieben als PKW. Gemessen werden sie hier bei 50 km/h im Messverfahren. Wir haben uns dann auch noch mal die Motordrehzahlen angeguckt über der Geschwindigkeit - und das sind hier immer Spitzenwerte, d.h. das ist der Wert, der zu 5% der Fahrzeit überschritten wurde in den jeweiligen Geschwindigkeitsklassen (Abbildung 79): Rote Kurven sind wieder die Motorräder, blau sind die Pkw. Man sieht, dass die Drehzahlen mit der Geschwindigkeit ansteigen - Das muss so sein, weil der Leistungsbedarf auch wächst - dass aber die Drehzahlen, die normierten Drehzahlen zwischen Pkw und Motorrädern eigentlich gar nicht so sehr unterschiedlich sind. Die Motorräder werden im Prinzip nicht hochtouriger betrieben. Das ist nur ein Teil der Klientel, der das tut. Wir haben auch dann dazu mal das Geräusch berechnet und kommen da auch zu dem erstaunlichen Ergebnis: dass sie sich auch geräuschmäßig eigentlich nicht sehr unterscheiden (Abbildung 80). Die roten Kurven hier sind wiederum Motorräder und es ist wieder das Spitzengeräusch, d.h. das Geräusch, was zu 5% der Fahrzeit erreicht wird oder überschritten wird. Motorräder bringen es, wie man hier sieht, wieder auf höhere Geschwindigkeiten und sind dann da oben wieder etwas lauter. Das setzt aber voraus, dass das Motorrad die gesetzlichen Bestimmungen erfüllt hat, und zwar wirklich erfüllt hat und nicht mit irgendwelchen Tricks, und dass das Motorrad halbwegs manierlich gefahren wird. Sonst wäre dieser Vergleich so nicht da. Ich möchte ganz kurz auf den Fahrereinfluss eingehen (Abbildung 81). Hier ist die Drehzahl auf der X-Achse und wir haben hier den Pegel auf der Y-Achse. Die obere Kurve stellt den Pegel bei Volllast und die untere stellt den Pegel ohne Motorbelastung dar. Blau ist dasselbe Fahrzeug, dieselbe Fahrstrecke, zwei extreme Fahrer ausgesucht. Ein Fahrer, der nie höher gegangen ist als etwa 55% dieser normierten Drehzahl und ein Fahrer, der sogar manchmal die Nenndrehzahl überschritten hat. Man kann es hier auch an der Gangwahl ablesen: Der rote Fahrer, der deutlich lauter fährt, hat bei diesem Motorrad, das sechs Gänge hatte, immer nur die vier untersten Gänge benutzt, in 5 und 6 ist er nie gewesen. Die Fahrer hatten übrigens keine Vorgabe, wie sie fahren sollten, sondern die haben einfach das Motorrad zur Verfügung gestellt bekommen und konnten es fahren, wie sie wollten. Das ist hier auch ein Bild zum Fahrereinfluss (Abbildung 82): Das zeigt jetzt das Geräusch. Da ist es praktisch

84 dasselbe. Ich habe hier das mittlere Geräuschverhalten über der Geschwindigkeit aufgetragen. Und das sind mehr als 5 db(a) mit ein und demselben Fahrzeug, nur durch unterschiedliche Betriebsweise, durch unterschiedliche Fahrer. Wenn ich solche Vergleiche mache, dann habe ich ganz gerne immer eine Kontrolle: Stimmt das denn auch, was du da gemessen, gerechnet und analysiert hast? Deswegen haben wir uns auch mal an die Straße begeben und haben zufällig vorbeikommende Fahrzeuge gemessen. Und das Ergebnis aus einem laufenden UBA-Vorhaben habe ich Ihnen hier mal dargestellt (Abbildung 83): Das sind zwei verschiedene Messorte, aber es sind am selben Ort Pkw und Motorräder gemessen worden. Die gelben Kringel sind Motorräder, die grünen Dreiecke sind Motorräder, und das Blaue und das Pinke hier, das sind Pkw. Und Sie sehen hier auch, dass die Motorräder eigentlich im gesamten Streuband der Pkw wiederzufinden sind. D.h. auch draußen an der Straße misst man Motorräder, die nicht lauter als Pkw dort vorbeifahren. Allerdings gibt es hier oben einen hohen Pegelbereich, wo man nur noch Motorräder findet und keine Pkw mehr. Und der Prozentsatz ist so ungefähr 15-20% bei diesen Stichproben. 85 Ich komme ganz kurz zu den Minderungspotenzialen und bin dann eigentlich mit meinem Vortrag auch schon fertig (Abbildung 84): Bei den Motorrädern haben Geräuschanteile von Ansaug- und Abgastrakt im Gegensatz zu anderen Fahrzeugarten immer noch einen erheblichen Anteil am Gesamtgeräusch, wenn sie nicht sogar dominierend sind. Ich weiß nicht, ob mir nachher die Experten aus der Industrie widersprechen werden, aber ich denke, dass das immer noch gilt: Diese Geräuschquellen müssen leider auch bei Minderungsmaßnahmen im Vordergrund stehen. Im Grunde genommen ist die Minderungstechnik verfügbar. Das ist also keine Zauberkunst oder keine dolle Entwicklungsarbeit, die man da treiben müsste. Zielkonflikte entstehen allerdings durch höheren Platzbedarf bei wirksameren Dämpfern und durch höhere Kosten. Ich denke aber, dass man dieses Problem leichter lösen kann als das nichttechnische, das darin besteht, dass hohe Geräuschentwicklung bei vielen Fahrern zum Reiz des Motorradfahrens dazu gehört. Ich will Ihnen hier nur zwei Beispiele zeigen, die wir gemessen haben (Abbildung 85): Wir haben also mal Motorräder hergenommen und haben zusätzlich an die Auspuffmündung einen weiteren Schalldämpfer montiert und haben das Fahrzeug dann noch mal gemessen. Die rote Kurve hier zeigt das Originalmotorrad: das sind hier zwischen 75 und 80 db(a). Auf der Y-Achse ist die Geschwindigkeit aufgetragen. Die untere Kurve zeigt das Geräusch ohne Motorbelastung und die obere zeigt das Geräusch bei Volllastbeschleunigung. Und mit dem Zusatzdämpfer, können Sie sehen, dass Sie genau dazwischen liegen. Also ist die Differenz ungefähr 3 db(a). Als nächstes sei ein Beispiel gezeigt, wo die Differenz zu dem Original mit einem Zusatzdämpfer sogar noch größer ist (Abbildung 86). Ich komme jetzt zu meinen Schlussfolgerungen und diese Schlussfolgerungen beziehen sich nicht nur auf das, was ich hier gezeigt habe, sondern auch auf zusätzliche Analysen, die ich hier aus Zeitgründen nicht darstellen kann (Abbildungen 87 und 88): Motorräder werden im Verkehr schneller betrieben als Pkw. Bei Anfahr- und bei Beschleunigungsvorgängen oberhalb von 60 km/h sind die Beschleunigungen erheblich höher als auch bei leistungsstarken Pkw. Motorräder, die den Typprüfbedingungen entsprechen und nicht extrem hochtourig betrieben werden, sind dennoch oberhalb von 50 km/h nicht lauter als durchschnittliche Pkw, allerdings ist der Geräuscheindruck stark unterschiedlich: Das Motorradgeräusch ist reines Antriebsgeräusch und beim Pkw dominiert das Rollgeräusch. Beim Pkw höre ich den Reifen im Vordergrund und habe ein Geräusch, was alltäglich ist - ich glaube, das kommt auch daher, dass das Motorrad natürlich nicht so häufig vorkommt wie der Pkw - und das deswegen besser erkannt wird. Unterhalb von 50 km/h sind Motorräder mit abnehmender Geschwindigkeit zunehmend lauter, und im Stand kann der Unterschied bis zu 10 db(a) betragen. Motorradgeräusche sind vor allem in Anfahrbereich bei Beschleunigungsvorgängen auf Landstraßen problematisch. Das Geräuschniveau ist keine Frage der Nenndrehzahl. (Ich werde häufig gefragt, ja man müsste die Drehzahlen einfach nur reduzieren und dann hat man das Problem gelöst. Wir haben hier Fahrzeuge dabei gehabt, das eine hatte eine Nenndrehzahl von Umdrehungen, das andere von Und das von war nicht lauter als das andere.) Der Typprüfwert ist ungeeignet zur Beurteilung der Emissionen im praktischen Betrieb. Das ist eine ganz klare Schlussfolgerung, die wir aus unseren Analysen machen können. Die Geräuschanteile von Ansaug- und Abgastrakt haben im Gegensatz zu anderen Fahrzeugen einen erheblichen Anteil. Diese Geräuschquellen müssen vorrangig gemindert werden. Ich glaube, die anderen Dinge hatte ich schon genannt. Ich möchte damit schließen. Danke schön.

85 86 Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? 6. September 2002, Berlin Geräuschemissionen von Motorrädern im praktischen Betrieb Von Heinz Steven Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 1 Oben: Abbildung 70 Unten: Abbildung 71 Einleitung, Fahrleistungen von Motorrädern rigid trucks 2.9% trailer trucks 4.0% coach 0.3% bus 0.3% mopeds 0.3% motorcycles 1.7% LDV 4.2% annual mileage, all road categories cars 86.3% Quelle: TREMOD Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 2

86 Einleitung, Fahrleistungen von Motorrädern 87 urban 17% Motorway 22% Motorway rural urban motorcycles, rural 61% Quelle: TREMOD Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 3 Oben: Abbildung 72 Unten: Abbildung 73 Einleitung, Problemstellung Motorräder leisten keinen signifikanten Beitrag zur Gesamtbelastung durch den Straßenverkehr. Dennoch nehmen Motorräder eine Spitzenstellung bei Umfragen zur Lärmbelästigung ein und sind am häufigsten Gegenstand von Beschwerden über Kraftfahrzeuglärm. Gründe: Verwendung geräuscherhöhender, illegaler Ersatzschalldämpfer durch einen Teil der Fahrer, Motorräder haben das größte Emissionspotential aller Fahrzeugkategorien, ein Teil der Fahrer nutzt dies durch hochtourige Fahrweise, Für einen beträchtlichen Teil der Fahrer ist die Geräuschentwicklung integraler Bestandteil des Fahrerlebnisses. Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 4

87 88 Auswirkung illegaler Schalldämpfer Terzpegel in db(a) HD Wilde Glide FXDWG, original, Vollast, Gang 3 HD Wilde Glide FXDWG, Auspuff mod., Vollast, Gang 3 VDTÜV/DEKRA: 14,6% von 381 Fz, Nahfeldgeräusch mehr als 5 db(a) über eingetragenem Wert Frequenz in Hz Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 5 Oben: Abbildung 74 Unten: Abbildung 75 Emissionspotential von Motorrädern Lmax in db(a) n - Drehzahl, n_idle - Leerlaufdrehzahl, s - Nenndrehzahl const, Pkw, 90 kw const, Mot 25 kw const, Mot 72 kw const, Lkw 320 kw 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 110% (n - n_idle)/(s - n_idle) Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 6

88 Emissionspotential von Motorrädern Lmax in db(a) n - Drehzahl, n_idle - Leerlaufdrehzahl, s - Nenndrehzahl Vollast, Pkw, 90 kw Vollast, Mot 25 kw Vollast, Mot 72 kw Vollast, Lkw 320 kw 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 110% (n - n_idle)/(s - n_idle) Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 7 Oben: Abbildung 76 Unten: Abbildung 77 Fahrverhalten im Verkehr, Geschwindigkeiten 100% Quelle der Motorraddaten: TU Darmstadt Häufigkeitssumme 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% Mot 14, 66 kw Mot 12, 72 kw Mot 13, 25 kw Pkw 1, 110 kw Pkw 2, 90 kw Pkw 7, 210 kw Pkw 9, 40 kw 10% Innerorts und außerorts, ohne 0% Geschwindigkeit in km/h Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 8

89 90 Fahrverhalten im Verkehr, Beschleunigungen a_95 in m/s² Mot 14, 66 kw Mot 12, 72 kw Mot 13, 25 kw Pkw 1, 110 kw Pkw 2, 90 kw Pkw 7, 210 kw Pkw 9, 40 kw Quelle der Motorraddaten: TU Darmstadt a_95 - Beschleunigungsspitzenwert, der zu 5% der Zeit noch überschritten wird Geschwindigkeit in km/h Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 9 Oben: Abbildung 78 Unten: Abbildung 79 Fahrverhalten im Verkehr, Drehzahlen 100% Quelle der Motorraddaten: TU Darmstadt 90% 80% 70% n_norm_95 60% 50% Mot 14, 66 kw 40% Mot 12, 72 kw Mot 13, 25 kw 30% Pkw 1, 110 kw Pkw 2, 90 kw 20% Pkw 7, 210 kw n_norm = (n - n_idle)/(s - n_idle) 10% Pkw 9, 40 kw n_norm_95 - Drehzahlspitzenwert, der zu 5% der Zeit noch überschritten wird 0% Geschwindigkeit in km/h Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 10

90 Fahrverhalten im Verkehr, Geräuschpegel L_95 in db(a) Mot 14, 66 kw Mot 12, 72 kw Mot 13, 25 kw Pkw 1, 110 kw Pkw 2, 90 kw Pkw 7, 210 kw Pkw 9, 40 kw L_95 - Geräuschpegelspitzenwert, der zu 5% der Zeit noch überschritten wird Geschwindigkeit in km/h Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 11 Oben: Abbildung 80 Unten: Abbildung 81 Fahrereinfluss, Drehzahlen 95 Lmax in db(a) veh 12, driver 23 veh 12, driver 24 const, veh 12 WOT1, veh % 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 110% 120% (n - n_idle)/(s - n_idle) Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 12

91 92 Fahrereinfluss, Geräuschemissionen Leq(Lmax) in db(a) vehicle 14, 1100 cm³, 66 kw driver 1 driver 2 driver 3 driver 4 driver 5 driver 6 driver 7 driver 8 driver 9 driver 10 driver 12 driver 14 driver 15 driver 16 driver 17 driver 20 driver 21 driver 22 driver 23 driver 24 driver 25 driver 26 driver 27 driver 28 driver 30 driver 31 veh 2, 210 kw, economical veh 2, 210 kw, average veh 2, 210 kw, high revs vehicle speed in km/h Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 13 Oben: Abbildung 82 Unten: Abbildung 83 Messergebnisse von Zufallsstichproben cars, MO 28 cars, MO 29 Motorcycles, MO 28 Motorcycles, MO Lmax in db(a) Ergebnisse aus einem laufenden UBA-Vorhaben vehicle speed in km/h Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 14

92 Minderungspotentiale 93 Bei den Motorrädern haben die Geräuschanteile von Ansaugund Abgastrakt im Gegensatz zu den anderen Fahrzeugarten erheblichen Anteil am Gesamtgeräusch, wenn sie nicht gar dominierend sind. Diese Geräuschquellen müssen daher auch bei Minderungsmaßnahmen im Vordergrund stehen. Die Minderungstechnik ist verfügbar, Zielkonflikte entstehen durch den höheren Platzbedarf wirksamerer Dämpfer und höhere Kosten. Diese sind jedoch leichter lösbar als ein weiterer, nichttechnischer Zielkonflikt, der darin besteht, dass hohe Geräuschentwicklung bei vielen Fahrern zum Reiz des Motorradfahrens dazugehört. Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 15 Oben: Abbildung 84 Unten: Abbildung 85 Minderungspotentiale Lmax in db(a) asag, constant original, constant asag, full load original, full load Linear (original, constant) Linear (original, full load) Linear (asag, full load) Linear (asag, constant) veh 12, gear vehicle speed in km/h Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 16

93 94 Minderungspotentiale asag, constant asag, full load Logarithmisch (original, constant) Linear (asag, full load) original, constant original, full load Linear (original, full load) Linear (asag, constant) Lmax in db(a) veh 18, gear vehicle speed in km/h Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 17 Oben: Abbildung 86 Unten: Abbildung 87 Schlussfolgerungen (1/2) Die Schlussfolgerungen beziehen sich nicht nur auf die vorstehend gezeigten Ergebnisse sondern auf eine vertiefte Analyse der Ergebnisse mehrerer Forschungsvorhaben Motorräder werden im Verkehr schneller betrieben als Pkw. Beim Anfahren und bei Beschleunigungsvorgängen oberhalb von 60 km/h sind die Beschleunigungen erheblich höher als die leistungsstarker Pkw. Motorräder, die den Typprüfbedingungen entsprechen und nicht extrem hochtourig betrieben werden, sind dennoch oberhalb von 50 km/h nicht lauter als durchschnittliche Pkw, allerdings ist der Geräuscheindruck stark unterschiedlich: das Motorradgeräusch ist reines Antriebsgeräusch, beim Pkw dominiert das Rollgeräusch. Unterhalb von 50 km/h sind Motorräder jedoch mit abnehmender Geschwindigkeit zunehmend lauter, im Stand kann der Unterschied bis zu 10 db(a) betragen. Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 18

94 Schlussfolgerungen (2/2) 95 Motorradgeräusche sind vor allem im Anfahrbereich und bei Beschleunigungsvorgängen auf Landstraßen (an Ortsausgängen) problematisch. Das Geräuschniveau ist keine Frage der Nenndrehzahl. Der Typprüfwert ist ungeeignet zur Beurteilung der Emissionen im praktischen Betrieb. Die Geräuschanteile von Ansaug- und Abgastrakt haben im Gegensatz zu anderen Fahrzeugarten erheblichen Anteil am Gesamtgeräusch. Diese Geräuschquellen müssen daher auch vorrangig gemindert werden. Die Minderungstechnik ist verfügbar, Zielkonflikte entstehen durch den höheren Platzbedarf wirksamerer Dämpfer, die Anforderungen einer weiteren Minderung der Schadstoffemissionen und höhere Kosten. Symposium Macht Lärm Motorradfahren erst schön? RWTÜV Fahrzeug Gmbh, Institut für Fahrzeugtechnik 19 Abbildung 88

95 96 Schalldämpferanpassung - technische Möglichkeiten Rainer Wirtz, Bastra Engineering, Italien Guten Tag, meine Damen und Herren. Ich bin Rainer Wirtz von Bastra Engineering. Wir beschäftigen uns mit der strömungsmechanischen Auslegung von Verbrennungsmotoren hinsichtlich der Leistungsoptimierung, Geräuschoptimierung, Emissions-, Abgas- als auch Geräuschoptimierung. Viele Dinge, die ich eigentlich ausschweifend auch erklären wollte, sind bereits gesagt worden. Ich werde mich konzentrieren, mich kurz zu halten um gleich auf das Wesentliche kommen. In erster Linie möchte ich die Schallquellen am Motorrad noch einmal explizit aufgreifen (Abbildung 89). Wir haben Ansauggeräusche, Abgasgeräusche, Reifenabrollgeräusche und mechanische Geräusche, d.h. schwingende Oberflächen. Prozentual könnte man es in etwa in drittel aufteilen, d.h. ein Drittel geht an Ansauggeräusche, ein Drittel an Abgasgeräusche und die restlichen Geräusche auch ungefähr mit einem Drittel. Das entspricht in etwa dem, was in vorangegangenen Beiträgen auch bereits gesagt wurde. Hier muss man zwei Schalltypen unterscheiden (Abbildung 90). Es gibt einmal den Luftschall und einmal den Körperschall. Luftschall wird verursacht durch Druckimpulse, welche intern im Motor durch den Ladungswechsel entstehen. Körperschall wird verursacht durch schwingende Oberflächen, welche Druckwellen erzeugen, welche dann auch in Form von Luftschall zu uns kommen. D.h. wir haben am Motorrad, oder am Fahrzeug, hauptsächlich zwei Quellen, einmal die Ladungswechselquelle und einmal die schwingenden Oberflächen, welche wir anschließend als Geräusch, als Lärm oder Sound hören. Mein Vortrag geht über die Schalldämpferanpassung. An der Stelle möchte ich mich nicht ausschließlich auf den Auspuff oder auf den Abgasschalldämpfer konzentrieren, wie das häufig der Fall gewesen ist in den vorrangegangenen Vorträgen. Für mich ist auch das Ansauggeräusch mit einem Schalldämpfer gedämpft, welcher in Form eines Luftfilterkastens in der Regel vorliegt. Dies sind zwei Beispiele, wie das in der Regel aussieht (Abbildung 91): Ein Luftfilterkasten mit einem Ansaugtrakt, welcher vielleicht durch gewisse Maßnahmen den Schall schon beeinträchtigt und die Auspuffanlage - sehr übliche Bilder. Um Volumengrößen einmal zu nennen, momentan an modernen ccm³-motorrädern, finden wir in der Regel um die 10 Liter Airbox, also Luftfilterkasten, und auch um die 8-10 Liter Schalldämpfer, nur um eine Größenordnung zu geben, wie viel Volumen gebraucht wird auf aktuellen Motorrädern. Wie wird Schall gedämpft? Ich nenne erst mal drei Hauptprinzipien, wie man Schall nachbehandeln kann, oder Druckimpulse nachbehandeln kann (Abbildung 92). Wir können mit Absorptionsmethode, d.h. mit Dämmmaterialien arbeiten, d.h. wir haben ein poröses, weiches Material, welches durch Druckwellen schwingt, also die Druckwellen lassen das Dämmmaterial schwingen und dadurch wird die Druckenergie in Form von Wärme, Deformationsenergie umgewandelt. Wir können den Luftstrom zerstreuen, aufteilen, dadurch haben wir eine Dissipation innerhalb des Luftstroms. Oder wir können akustische Filter anwenden, d.h. Resonanzanlagen, welche das akustische Signal filtern. Ein Beispiel dafür: Ein klassischer Abgasschalldämpfer, in diesem finden wir sehr gut diese Prinzipien wieder (Abbildung 93): Wir haben ein Mehrkammersystem, welches durch Rohre miteinander verbunden ist, welches eine bestimmte Resonanzantwort bietet. D.h., wenn ich ein Signal reinschicke, wird es mit dieser Resonanz teilweise verstärkt und teilweise abgedämpft, hauptsächlich abgedämpft, um leiser zu werden. Und wir finden Dämmmaterial wieder, welches in der Regel darum herum gewickelt ist.

96 Das eigentlich erst mal schnell zur Einführung, wie überhaupt so ein Schalldämpfer aussieht. Und nun können wir zum Thema Anpassung kommen. Dadurch möchte ich ein schematisiertes Modell einführen, welches sowohl für die Ansaug- als auch für die Abgasseite gültig ist (Abbildung 94). D.h. wir haben eine Anregung, welches unser Motor ist. Diese Anregung erzeugt Druckpulsationen, welche in unseren Schalldämpfer gelangen und von unserem Schalldämpfer an die Umgebung abgegeben werden. Die Pfeilrichtung ist die Pfeilrichtung der Druckpulsationsrichtung, nicht der Strömungsrichtung, d.h. das gilt sowohl für den Ansauganteil als auch für den Abgasanteil. Und anhand dieser schematisierten Skizze möchte ich auch sofort zeigen, wo man eingreifen kann. 97 Hier haben wir also noch einmal genau das gleiche Modell (Abbildung 95). Wir haben unsere Druckanregung, wir haben unseren Schalldämpfer und wir haben unsere Umgebung. Wir haben die Möglichkeiten, an der Druckanregung einzuwirken, d.h. wir können z.b. durch Motormanagement, Drosselung, Zündzeitpunkte usw. die Druckanregung senken und dadurch dementsprechend auch unser Schallniveau senken. Wir können Querschnittsvariationen einführen in dem Übertragungstrakt von Druckanregung in den Schalldämpfer. Wir können den Schalldämpfer selber nutzen als lärmmindernde Maßnahme durch sein Resonanzverhalten, durch seine Volumenrohre, Absorptions- und Dissipationsprinzipien. Und wir haben einen Querschnitt, der unseren Schalldämpfer mit der Umgebung verbindet, welchen wir auch variieren könnten. Diese ganzen Variationen haben allerdings Einflüsse auf das Leistungsverhalten des Motors. Nun die Auflistung der Möglichkeiten zur Schallreduzierung (Abbildung 96): Veränderung der Druckanregung, Vergrößerung der Schalldämpfervolumina, um die Effizienz der Schalldämpfer zu verbessern, wurde auch bereits schon erwähnt. Wir können die Ein- und Ausströmungsquerschnitte variieren oder verkleinern und dementsprechend die Kommunikationsquerschnitte kleiner zu gestalten, dementsprechend weniger Lärm oder Geräusche zu hören. Wir können unsere Resonanzanlagen, d.h. das ganze Schalldämpfersystem an die Anregung anpassen, d.h. dass wir die Resonanzen so auslegen, dass die Frequenzverstärkungen, die zwangsweise stattfinden, in Bereiche treffen, wo keine Anregungsfrequenz vorhanden ist und dass wir dort dämpfen, wo viel Anregung vorhanden ist. Und die Möglichkeit, die auch sehr wichtig ist, ist, dass wir eine aktive Steuerungsmöglichkeit hätten evtl., dass wir also Systeme verwenden, die gesteuert sind, um dementsprechend unser System variabel zu gestalten und an einen bestimmten Fahrzustand anpassen könnten: Zum Beispiel innerhalb geschlossener Ortschaften ein Betriebszustand, außerhalb geschlossener Ortschaften ein anderer Betriebszustand. Die ganzen Maßnahmen, die ich erwähne, bringen allerdings deutliche Konflikte mit sich (Abbildung 97). D.h. ich kann nicht einfach eine Sache verändern und das Produkt bleibt das Gleiche, ist nur leiser geworden. Sondern wir haben deutliche Meinungsunterschiede in den Lösungen. Wir haben z.b. die größeren Bauvolumina, welche sehr wichtig wären, um die Effizienz der Schalldämpfer zu verbessern. Ein größerer Schalldämpfer bedeutet mehr Bauvolumen und das steht in der Regel in deutlichem Konflikt mit dem Motorraddesign, denn alle Motorradhersteller versuchen, ihre Motorräder so klein und filigran wie möglich zu halten und nicht besonders ausladend zu bauen. Wenn wir auch besonders schöne Motorräder betrachten, ist in der Regel die Schalldämpferanlage versteckt irgendwo untergebracht. Wenn man mehr Volumen braucht, wird es schwieriger, diese Schalldämpferanlagen zu verstecken. Die Veränderung der Kommunikationsquerschnitte von der Umgebung zu unseren Schalldämpfern, wenn wir die verkleinern, haben wir natürlich Einbußen in der Motorleistung, das ist völlig klar. Jeder weiß, dass wenn man einen Pfropfen in den Auspuff steckt, dass er leiser wird, aber dementsprechend Leistung verliert. Und wenn wir aktive Steuerung einführen, die das Motorrad regeln in dem Sinne, haben wir einen größeren Entwicklungsaufwand und höhere Produktionskosten. Also muss ein Kompromiss gefunden werden. Damit bin ich eigentlich auch schon im schnellen Durchgang fast am Ende meines Vortrages und möchte noch mal kurz zusammenfassen, was ich gesagt habe (Abbildung 98). Wenn wir unsere aktuellen Schalldämpfer angucken wie wir sie in den Motorrädern finden, sind sie meistens in ihrem Resonanzverhalten und ihren physikalischen Möglichkeiten, die sie haben, mit den Volumina, mit denen sie verwendet werden, fast ausgereizt. D.h. wenn wir diese optimieren, findet man hier noch mal ein halbes db evtl. oder, wenn man glücklich ist, noch 1 db(a), aber auch nicht mehr. D.h. mit den aktuellen Schalldämpfern so wie sie jetzt sind, in deren Größen, sind wir am Ende der Fahnenstange. Wo sehe ich also noch Potenziale, um Schalldämpferanlagen zu verbessern? Indem wir einmal mehr Volumen zur Verfügung stellen, auf jeden Fall, und indem wir aktive Steuerung einbringen, die dementsprechend die Schalldämpferanlagen dann regeln, wenn es notwendig ist, und wenn es nicht mehr notwendig ist, auch ein bisschen lauter sein dürfen. Und damit bin ich auch schon am Ende.

97 98 Oben: Abbildung 89 Unten: Abbildung 90

98 99 Oben: Abbildung 91 Unten: Abbildung 92

99 100 Oben: Abbildung 93 Unten: Abbildung 94

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