1. Vergabekammer Rheinland-Pfalz. bei dem Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung VK 1-16/14
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- Ute Schräder
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1 1. Vergabekammer Rheinland-Pfalz bei dem Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung VK 1-16/14 Verkündungsdatum: 30. Juli 2014 Entscheidungserhebliche Normen: 104 Abs. 2 GWB Sofortige Beschwerde: ja Leitsätze: 1. Das Nachprüfungsverfahren dient der Überprüfung von Vergabeentscheidungen. Dokumente und Arbeitsunterlagen, die Vergabeentscheidungen erst vorbereiten sowie Ankündigungen und Absichtserklärungen im Vorfeld von Ausschreibungen sind grundsätzlich nicht überprüfbar. 2. Die nachprüfbare Vergabeentscheidung muss objektiv nach außen erkennbar und in für den Auftraggeber verbindlicher Form erfolgen.
2 Rheinlan^pfafe VERGABEKAMMER bei dem Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung VK1-16/14 In dem Nachprüfungsverfahren wegen der Vergabe des Auftrags IT-Dienstleistungen für den Flughafen F." Verfahrensbeteiligte: 1. A. AG, vertreten durch den Vorstand XXX - Antragstellerin - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte XXX 2. F. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer XXX Verfahrensbevollmächtigte: XXX Rechtsanwälte Antragsgegnerin -
3 Seite 2 hat die 1. Vergabekammer Rheinland-Pfalz durch die Vorsitzende Dr. Irmgard Wetter, die hauptamtliche Beisitzerin Susanne Rank und die ehrenamtliche Beisitzerin Wilhelmina Katzschmann am 30. Juli 2014 beschlossen: 1. Der Nachprüfungsantrag wird als unzulässig verworfen. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Nachprüfungs verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin. 3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin war notwendig. Gründe: I. Die Antragstellerin erbringt seit Januar 2000 auf der Grundlage verschiedener Verträge IT-Dienstleistungen für die Antragsgegnerin bzw. für deren Rechtsvorgänger. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um die aktuelle Betreibergesellschaft des Flughafens F., der seit dem 01. Januar 2009 zu 82,5 % vom Land Rheinland-Pfalz und zu 17,5 % vom Land Hessen gehalten wird. Die Verfahrensbeteiligten unterzeichneten am 21. Dezember 2011 die Vereinbarung Vertragsergänzung zur Anpassung von Preisen, Services und Laufzeiten aller zum Zeitpunkt dieses Vertragsschlusses bestehenden Konzessions- und Dienstleistungsverträge inkl. LAN-Vertrag". Sie vereinbarten darin unter Ziffer 1, dass sämtliche Verträge mit Ablauf des 31. Dezember 2014 enden. Nach 3 Abs. 3 des Vertrags vom 11. Januar 2000 hat der Konzessionsnehmer das Recht, in das für die Konzessionsgeber wirtschaftlich günstigste Angebot eines Dritten zur Erbringung der Dienstleistungskonzession einzutreten (sog. Last-Call-Option"). Das Last-Call-Recht" steht unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass die Verlängerung bzw. die Vergabe einer Dienstleistungskonzession zu dem fraglichen Zeitpunkt noch ohne Einhaltung von Ausschreibungspflichten möglich ist.
4 Seite 3 Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 13. Mai 2014 mit, dass sie beabsichtige, die von der Antragstellerin bislang erbrachten IT-Leistungen losweise öffentlich" auszuschreiben. Die Antragstellerin könne sich an diesen Ausschreibungen beteiligen. Die Antragstellerin rügte daraufhin mit Schreiben vom 27. Mai 2014 und mit Schreiben vom 24. Juni 2014 die Verletzung von Vergaberechtsbestimmungen. Sie ist der Auffassung, es handele sich bei der Beauftragung der IT-Dienstleistungen um eine nicht ausschreibungspflichtige Dienstleistungskonzession. Eine förmliche Ausschreibung bewirke eine Verletzung des Geheimwettbewerbs und des Vertraulichkeitsgrundsatzes, denn aufgrund ihrer Last-Call-Option" müssten ihr die Konditionen des wirtschaftlich günstigsten Angebots des Dritten offenbart werden. Des Weiteren sei die Antragsgegnerin als Sektorenauftraggeberin an das Gesetz des Landes Rheinland- Pfalz zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestentgelt bei öffentlichen Auftragsvergaben (LTTG) vom 01. Dezember 2010 gebunden. Die darin geforderte Mindestentgeltpflicht sei unionrechtswidrig. Die Antragsgegnerin versandte an die Antragstellerin unter dem 10. Juni 2014 eine Nichtabhilfemitteilung. Es handele sich bei den zu vergebenden Leistungen um keine Dienstleistungskonzession, sondern um einen ausschreibungspflichtigen Dienstleistungsvertrag, bei dem das Last-Call-Recht" der Antragstellerin suspendiert sei. Sie bekräftigte nochmals ihre Absicht, die angesprochenen Dienstleistungen einem formellen Vergabeverfahren zuzuführen". Die Antragsgegnerin hat wegen der streitgegenständlichen Leistungen bislang weder eine Vorinformation noch eine Auftragsbekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht. Auch nationale Veröffentlichungen haben nicht stattgefunden. Die Antragstellerin trägt unter Aufrechterhaltung ihres Rügevortrags weiter vor, dass auch schon im aktuellen Stadium mit der ihr gegenüber mitgeteilten Absicht, eine losweise öffentliche Ausschreibung durchführen zu wollen, es sich nicht mehr um lediglich interne Überlegungen der Antragsgegnerin handele, sondern bereits jetzt Verletzungen von Vergaberechtsvorschriften gegeben seien. Hinsichtlich des Beginns eines der Nachprüfung zugänglichen Vergabeverfahrens gelte die sog. funktionale Betrachtungsweise, die weniger auf die Form, sondern vorrangig auf den materiellen
5 Seite 4 Gehalt von Vorgängen abstelle. Entscheidend sei, ob der Auftraggeber den Beschaffungsvorgang organisatorisch und planerisch bereits eingeleitet habe. Dies habe die Antragsgegnerin vorliegend mit der Mitteilung an die Antragstellerin, auszuschreiben und nicht interimsweise die bisherige Vertragspartnerin weiter beauftragen zu wollen, nach außen manifestiert bekundet. Es sei zudem nicht auszuschließen, dass die Antragsgegnerin die Leistungen nur öffentlich ausschreiben werde, statt wegen des Überschreitens der EU-Schwellenwerte unter Zugrundelegung der SektVO ein Offenes Verfahren, Nichtoffenes Verfahren oder Verhandlungsverfahren durchzuführen. Die Antragstellerin beantragt, 1. Feststellung von Verstößen gegen Vergabevorschriften, 2. die Antragsgegnerin wird verpflichtet, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die gegenständlichen Leistungen unter Vermeidung von Verstößen gegen Vergabevorschriften und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beschaffen, 3. die bei der Vergabekammer anfallenden Verfahrenskosten sowie die der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen hat die Antragsgegnerin zu tragen, 4. die Beiziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt. Die Antragsgegnerin beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen und auszusprechen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin in dem vorliegenden Nachprüfungsverfahren für diese notwendig war. Die Antragsgegnerin meint, die angekündigte Durchführung eines Vergabeverfahrens stelle keine von den Nachprüfungsinstanzen überprüfbare Maßnahme" oder Entscheidung" in einem Vergabeverfahren dar. Sie habe zwar intern über das Ob" einer Ausschreibung entschieden, aber hinsichtlich des Wie" seien die entsprechenden
6 Seite 5 Entscheidungen noch nicht abgeschlossen. Dies bedeute konkret, dass sie sich gegenwärtig in Vorbereitungshandlungen hinsichtlich der Durchführung und Ausgestaltung eines Vergabeverfahrens befinde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Vergabeakten, die der Vergabekammer vorliegen, verwiesen. <1- Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Die Antragstellerin hat ihren Antrag verfrüht gestellt. Das Nachprüfungsverfahren dient im Sinne des 104 Abs. 2 GWB der Überprüfung von Vergabeentscheidungen öffentlicher Auftraggeber in einem Vergabeverfahren. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass die Entscheidung objektiv nach außen erkennbar und in für den Auftraggeber verbindlicher Form erfolgt ist. Dokumente und Arbeitsunterlagen, die Vergabeentscheidungen erst vorbereiten, sowie Ankündigungen und Absichtserklärungen im Vorfeld von Ausschreibungen sind grundsätzlich nicht überprüfbar. Im streitgegenständlichen Verfahren ist eine entsprechende Außenwirkung aktuell nicht erkennbar, sondern die Ausschreibung befindet sich noch in der Vorbereitungsphase. Die von der Antragsgegnerin-eingereichten Vergabeunterlagen lassen erkennen, dass sie beabsichtigt, eine europaweite Ausschreibung durchzuführen und zwar ein Verhandlungsverfahren mit dem Ziel der Vergabe eines IT-Rahmenvertrages in sieben Losen (s. Entwurf der Vergabebekanntmachung). Ihre ursprüngliche, gegenüber der Antragstellerin mitgeteilte Ankündigung, nur öffentlich - also nur national - ausschreiben zu wollen, scheint bereits überholt. Wie sie letztlich ausschreibt, ist jedoch erst nach Abschluss des internen Willensbildungsprozesses mit der Absendung der Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung erkennbar. Erst ab diesem Zeitpunkt ist der Auftraggeber an den objektiven Erklärungswert seiner Handlungen selbst gebunden und kann von diesen nicht mehr ohne weiteres abweichen (VK Sachsen, Beschl. v , 1/SVK/054-09). So hat auch das OLG Naumburg in seinem Beschluss vom 08. Oktober 2009 (1 Verg 9/09) in diesem Sinne entschieden, dass der Beginn des
7 Seite 6 Vergabeverfahrens bei einem förmlichen Vergabeverfahren in der Absendung der Bekanntmachung an das Veröffentlichungsorgan liegt (siehe auch OLG München, Beschl. v , Verg 21/10). Die Zuständigkeit der Vergabekammer greift daher erst im Anschluss an diese offizielle Verlautbarung. Nur ausnahmsweise ist an eine materielle Betrachtung des Verfahrensbeginns anzuknüpfen. So zum Beispiel, wenn es sich um eine vermeintlich vergaberechtswidrige Nichtausschreibung handelt, bei der gerade nicht auf die fehlerhaft unterbliebene Vergabebekanntmachung abgestellt werden kann. Dieser Ausnahmetatbestand ist jedoch offenkundig nicht gegeben. Die Entscheidung der Vergabekammer konnte gemäß 112 Abs. 1 Satz 2 GWB im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen. III. Die Kostenentscheidung beruht auf 128 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 GWB. Danach hat der Beteiligte die Kosten zu tragen, der in dem Verfahren unterlegen ist. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin war im konkreten Fall ausnahmsweise notwendig. Ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten auf Seiten der Vergabestelle notwendig war, ist bezogen auf den Zeitpunkt der Vollmachtserteilung aus einer ex-ante-sicht zu beurteilen. Abzustellen ist darauf, ob ein verständiger Beteiligter unter Beachtung seiner Pflicht, die Kosten so gering wie möglich zu halten, die Beauftragung als Bevollmächtigten für notwendig erachten durfte (OLG Koblenz, Beschluss vom , 1 Verg 4/09 und 1 Verg 5/09). Die Kenntnis der vergabespezifischen Vorschriften des nationalen Gesetz- und Verordnungsgebers sind auf Seiten der Vergabestelle regelmäßig vorauszusetzen (OLG Koblenz, Beschluss vom , 1 Verg 4/09 und 1 Verg 5/09). Dies vorausgeschickt war die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Vergabestelle im konkreten Fall ausnahmsweise notwendig, denn mit der von der Antragstellerin gerügten LTTG-Mindestlohnforderung war nicht nur die Anwendung nationalen Rechts streitgegenständlich, sondern es wurden ebenfalls europarechtliche Fragestellungen aufgeworfen (siehe dazu im Einzelnen: Vorabentscheidungsersuchen des OLG Koblenz, Beschl. v , 1 Verg 8/13).
8 Seite 1 IV. Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Ent scheidung beginnt, beim Oberlandesgericht Koblenz, Stresemannstraße 1, Koblenz, einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung beinhalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Die Be schwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Be schwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern. gez. Dr. Wetter gez. Rank gez. Katzschmann
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