Epilepsien: Klinische Aspekte und Therapiemöglichkeiten
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- Leopold Straub
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1 Epilepsien: Klinische Aspekte und Therapiemöglichkeiten Cycle de conférences «Le cerveau: fonctionnement et dysfonctionnements» Luxembourg, Priv.-Doz Doz.. Dr. Stefan Beyenburg Service de Neurologie Centre Hospitalier de Luxembourg
2 Was ist Epilepsie? Epilepsie ist eine Krankheit des Gehirns, bei der sich Gruppen von Nervenzellen (Neuronen) im Gehirn anormal entladen. Neuronen erzeugen normalerweise elektrochemische Impulse, die auf andere Nervenzellen, Drüsen und Muskeln wirken und Gedanken, Gefühle und Handlungen auslösen sen. Bei Epilepsie ist die normale Nerventätigkeit tigkeit gestört rt, so dass Missempfindungen, seltsame Gefühle und Verhaltensweisen oder Anfälle lle, Muskelkrämpfe und Bewusstlosigkeit auftreten. Bei einem Anfall entladen sich die Neuronen bis zu 500 Mal in der Sekunde, viel schneller als die normale Rate von etwa 80 pro Sekunde. Bei manchen Menschen passiert dies nur gelegentlich, bei anderen dagegen bis zu mehreren Hundert Mal am Tag.
3 Ursachen der Epilepsien Symptomatisch Kryptogen = Epilepsie unbekannter Ursache Idiopathisch = genetische Epilepsie Sauerstoffmangel Hirnverletzung Hirntumor Hirninfarkt Hirnentzündung ndung,, etc. Symptomatische Ursache vermutet, kann aber nicht gefunden werden (30%) Überwiegend durch Disposition (Veranlagung) entstandene Epilepsie
4 Epileptische Anfälle beruhen auf einer abnormen und hochsynchronisierten Entladung von Neuronenverbänden. Hierdurch kommt es zur Störung der normalen Aktivität von Hirnarealen.
5 Genetische Prädisposition Erworbene Hirnschädigung Erhöhte hte Anfallsbereitschaft Unspezisch provozierende Faktoren Spezisch provozierende Faktoren Epilepsie
6 Häufigkeit von Epilepsien in Bezug auf das Lebensalter
7 Verlauf und Prognose von Epilepsien Dauerhafte Remissionen Anfallsfreiheit > 5 Jahre am Ende des Beobachtungszeitraumes Cockerell et al. 1997: 54% Beobachtungszeitraum 9 Jahre Casetta et al. 1997: 81% (54% ohne Medikamente) Beobachtungszeitraum 19 Jahre Sillanpää et al. 1998: 64% (47% ohne Medikamente) Beobachtungszeitraum 28 Jahre
8 Verlauf und Prognose von Epilepsien Epilepsie ist eine Erkrankung mit einer relativ guten Prognose Langzeitremission bei etwa zwei Drittel der Patienten 1,2 Prinzipiell 3 Verlaufsmöglichkeiten 3 :» initiale Anfälle Anfallsfreiheit mit kompletter Remission, auch ohne Medikamente» initiale Anfälle Anfallsfreiheit Rezidiv, häufig nach Absetzen der Medikation» ständige Anfälle mit fehlender Remission 1 Annegers et al. 1979, 2 Goodridge u. Shorvon 1993, 3 Sander 1993
9 Verlauf und Prognose von Epilepsien Chronische Epilepsie Rezidivierende Anfälle > 5 Jahre bei etwa 30% der Patienten nur bei 20 % dieser Patienten kommt es zu längeren anfallsfreien Intervallen Problem: fehlende Anfallsfreiheit Cockerell et al. 1997
10 Psychosoziale Prognose von Epilepsien Die psychosoziale Prognose von Epilepsiepatienten ist oft beeinträchtigt! Im Vgl. zur Allgemeinbevölkerung lkerung beträgt die relative Wahrscheinlichkeit einer verkürzten Schulbildung 2,13 von Arbeitslosigkeit 3,76 nicht verheiratet zu sein 3,50 keine Kinder zu haben 3,00 Problem: soziale Integration Sillanpää et al. 1998
11 Arbeits- losigkeit Führererschein- verlust Fehl- bildungen Früh- berentung Problem: Kontrazeption Soziale Stigmata Verletzung Im Anfall Risikoprofil Epilepsie Depressionen Psychosen Neben- wirkungen Risiko- schwangerschaft Kognitive Störungen Hyposexualität SUDEP* Sek. Epileptogenese *SUDEP = Sudden Unexpected Death in Epilepsy Patients
12 Komorbidität: Beeinflussung der Lebensqualität Stress Angst Depressive Symptome sind der Depression wesentliche Prädiktor für die Lebensqualität von Epilepsiepatienten Anfalls- frequenz Lebensqualität Beyenburg et al. Anxiety in patients with epilepsy. Epilepsy Behav 2005;7: Thapar et al. Stress, anxiety, depression, and epilepsy: Investigating the relationship between psychological factors and seizures. Epilepsy Behav 2009;14: Canuet et al. Factors associated with impaired quality of life in younger and older adults with epilepsy. Epilepsy Res 2009;83:58-65
13 Verdacht auf Epilepsie Diagnostik Anamnese Neurostatus EEG, MRT, Video-EEG Ja Hat der Patient eine Epilepsie? Nein Anfallsklassifikation Andere Diagnosen wie z.b.: Synkopen, psychogene-anfälle, Migraine, TIA Fokale Anfälle Generalisierte Anfälle Wahl des AE Wahl des AE
14 Therapieoptionen bei Epilepsien Fokale Epilepsien Generalisierte Epilepsien Medikamente Epilepsiechirurgie Vagusnervstimulation Progesteronsubstitution Biofeedback Meiden von Anfalls- stimuli Medikamente
15 Therapieziele Anfallsfreiheit Keine oder nur geringe Nebenwirkungen Keine kognitiven Störungen (keine Gedächtnisstörungen etc.) Vollständige soziale Integration
16 Alte Antiepileptika Carbamazepin (CBZ) Lorazepam (LZP) Clobazam (CLB) Clonazepam (CZP) Diazepam (DZP) Ethosuximid (ESM) Phenobarbital (PB) Phenytoin (PHT) Primidon (PRM) Sulthiam (ST) Valproat (VPA) e.g. Tegretal, Tegretol, Timonil e.g. Temesta, Tavor e.g. Frisium e.g. Rivotril e.g. Valium, Valiquid e.g. Petnidan, Suxilept, Zarontin e.g. Gardenal, Luminal e.g. Epanutin, Diphantoine e.g. Mylepsinum, Mysoline e.g. Ospolot e.g. Dépakine, Convulex
17 Neue Antiepileptika Vigabatrin 1991* Sabril Lamotrigin 1993* Lamictal Felbamat 1995* Taloxa Gabapentin 1995* Neurontin Tiagabin 1997* Gabitril Topiramat 1998* Topamax Oxcarbazepin 2000* Trileptal Levetiracetam 2000* Keppra Pregabalin 2004* Lyrica Zonisamid 2004* Zonegran Lacosamid 2008* Vimpat *Zulassungsjahr in der BRD
18 Was tun, wenn ein Patient einen epileptischen Anfall bekommt? In der Regel endet der Krampfanfall nach kurzer Zeit (zwei bis drei Minuten). Schützen Sie den Anfallskranken, indem Sie Gegenstände nde, durch die er sich verletzten könnte, entfernen. Lagern Sie den Kopf des Patienten seitlich, um das Einatmen von Erbrochenem in die Luftröhre (Aspiration) zu verhindern.
19 Akut- und Notfalltherapie bei epileptischen Anfällen Sinnvolle Maßnahmen: Patient aus der Gefahrenzone bringen Lockerung der Kleidung, besonders am Hals Stabile Seitenlage zur Vermeidung von Aspiration Ruhe bewahren und Anfallsablauf möglichst m genau beobachten Auf die Uhr schauen: Dauer des Anfalls? Medikamentöse Behandlung bei Anfallsdauer > 2 Minuten
20 Akut- und Notfalltherapie bei epileptischen Anfällen Überflüssige Maßnahmen: Festhalten der krampfenden Gliedmaßen en Auseinanderbiegen der zusammengepreßten Kiefer, Beißkeil Herzmassage, Mund-zu zu-mund Beatmung Festhalten des Kranken bei dranghafter Bewegungsunruhe
21 Therapieoptionen bei Epilepsien Fokale Epilepsien Generalisierte Epilepsien Medikamente Epilepsiechirurgie Vagusnervstimulation Progesteronsubstitution Biofeedback Meiden von Anfalls- stimuli Medikamente
22 Pharmakotherapieresistente Epilepsien 1 von 3 Patienten leidet unter einer therapierefraktären Epilepsie Ein chronisches, lebenslanges Problem Neben Anfällen: Depression, Einbußen der Kognition, Probleme in der Schule, am Arbeitsplatz, etc. geringe Lebensqualität 1 Kwan P, Brodie MJ. N Engl J Med. 2000;342(5):
23 Pharmakoresistente Epilepsien Geringe Lebensqualität aufgrund folgender Faktoren: Häufige, beeinträchtigende Anfälle, z.t. mit Verletzung Unerwünschte Nebenwirkungen durch AE-Polytherapie immerdauernde Angstgefühle und Machtlosigkeit keine adäquate Anfallskontrolle durch multiple AEDs
24 Therapie der Epilepsien Voraussetzungen für eine epilepsiechirurgische Behandlung Pharmakotherapieresistenz Behinderung durch die Anfälle Operativ behandelbares Epilepsiesyndrom Symptomatische Temporallappenepilepsie Kryptogenetische Temporallappenepilepsie Extratemporale Epilepsien Diffuse hemisphärische Epilepsien (z.b. Rassmussen- Enzephalitis) Symptomatische generalisierte Epilepsien (z.b. West- und Lennox-Gastaut Gastaut-Syndrom)
25 Vagusnervstimulation
26 Vagusnervstimulation - Fazit - moderater antikonvulsiver Effekt komplette Anfallsfreiheit selten psychologisches Nebenwirkungsprofil eher günstig zusätzliche stimmungsaufhellende Effekte günstige Kosten-Nutzen-Analyse Behandlungsdauer relevant VNS ist indiziert bei pharmakotherapieresistenten, nicht epilepsiechirurgisch behandelbaren Patienten.
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