Thomas Stridsman HANDELSSYSTEME, DIE WIRKLICH FUNKTIONIEREN. Entwicklung und Auswertung erfolgreicher Trading-Systeme
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- Eike Oldwig Wagner
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1 Thomas Stridsman HANDELSSYSTEME, DIE WIRKLICH FUNKTIONIEREN Entwicklung und Auswertung erfolgreicher Trading-Systeme
2 KAPITEL 1 Analysefaktoren der Ergebnisauswertung Welche Analysefaktoren funktionieren beim Systemtest und welche nicht? Untersuchung und Entwicklung von Systemen müssen zwangsläufig auf der Grundlage historischer Daten durchgeführt werden. Es geht darum, das Beste aus diesen Daten zu machen und die Analyse so zu gestalten, dass sie zur bestmöglichen Prognose der künftigen Kursentwicklung führt. Dieses Kapitel enthält die Erläuterung der gängigsten Komponenten der Ergebnisübersicht von TradeStation und geht darauf ein, welche davon wertvoll sind und für welche das nicht gilt. Außerdem wird angesprochen, welche Komponenten mit Hilfe eines Tabellenberechnungsprogramms modifiziert werden können. Aber bevor wir damit beginnen, werden wir einen kleinen Test durchführen. Angenommen, Sie haben die Wahl zwischen zwei verschiedenen Aktien, wobei eine derzeit mit 12,50 Dollar und die andere mit 20 Dollar notiert. Von der einen Aktie wissen Sie, dass sie in den nächsten Tagen um 1,75 Punkte steigen wird, während die andere Aktie, die aktuell bei 20 Dollar notiert, im gleichen Zeitraum um 2,60 Punkte (also fast einen ganzen Punkt mehr) steigen wird. Für welche der beiden Aktien würden Sie sich entscheiden? Wenn Ihre Wahl auf die Aktie zu 12,50 Dollar fällt, dann verstehen Sie wahrscheinlich, worauf ich Sie hinweisen möchte, und dürften wohl kaum Verständnisprobleme mit diesem Teil des Buches haben. Wenn Ihre Wahl jedoch auf die Aktie zu 20 Dollar gefallen ist, dann haben Sie sich möglicherweise irritieren lassen. Halten Sie sich einfach an die Mathematik. Im vorliegenden Fall ist 12,50 dividiert durch 20 = 0,625, also 5/8. Dies bedeutet, dass Sie für 500 Aktien zu je 20 Dollar ebenso viel Geld ausgeben wie für den Kauf von 800 Aktien zu je 12, mal 2,60 ergibt einen Gewinn von
3 TEIL 1 AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE Punkten (oder 13 Prozent), wenn Sie für Dollar Aktien zu je 20 Dollar kaufen. 800 mal 1,75 ergibt hingegen einen Gewinn von Punkten (oder 14 Prozent), wenn Sie für Dollar Aktien zu je 12,50 Dollar kaufen. Vielleicht finden Sie diese Differenz unerheblich, aber wenn Sie bedenken, dass Sie während eines ganzen Jahres die Wahl zwischen zwei Trades wie diesen hätten, wären Sie höchstwahrscheinlich gerne in der Lage, die Aktie mit dem höheren Gewinn auszuwählen. Ihr Anfangskapital von Dollar würde auf Dollar ansteigen, wenn Sie sich für den Kauf der Aktie zu je 20 Dollar entschieden hätten, aber es wäre auf 137,435 Dollar gestiegen, wenn Ihre Entscheidung für den Kauf der Aktie zu je 12,50 gefallen wäre. Und was wäre für einen Zeitraum von drei Jahren herausgekommen? Ihr Anfangskapitel von Dollar wäre auf Dollar angewachsen, wenn Sie die Aktie zu je 20 Dollar gekauft hätten, aber bei einem Kauf der Aktie zu je 12,50 Dollar würde Ihr Konto nach drei Jahren einen Betrag von Dollar aufweisen. Das ist eine Differenz von über Dollar nach nur 60 Trades. Obwohl diese Zahlen eine ideale Entwicklung zugrunde legen und daher rein fiktiver Natur sind, veranschaulichen sie dennoch auf beeindruckende Weise, dass es sich auszahlt, einfache Berechnungen durchzuführen, bevor man sich für einen Trade entscheidet. Und genau diese Art von Berechnung kann Ihnen keine Trading-Software oder Marktanalyse liefern. Gesamter Nettogewinn Der gesamte Nettogewinn ist wahrscheinlich die Analyseeinheit von TradeStation, die am häufigsten herangezogen wird. Diese Angabe wird oft im Zusammenhang mit dem Maximalen Intraday-Drawdown 3 (auch Kapitalrückgang genannt) verwendet. Leider ist der gesamte Nettogewinn jedoch in Bezug auf die künftig zu erwartenden Ergebnisse einer Handelsstrategie nicht besonders aufschlussreich, wobei es keine Rolle spielt, wie rigoros die Tests 3 Der größte prozentuale kumulative Verlust wird als drawdown bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen Wert, der Aufschluss über den Kapitalrückgang beziehungsweise den Kapitalverlust gibt. Der Berechnung des Drawdowns werden sowohl die Gewinne aus offenen als auch aus geschlossenen Trades zugrunde gelegt. Der Begriff intraday besagt, dass dieser Kapitalrückgang jederzeit einsetzen kann, also auch im Verlauf einer Handelssitzung. Der Drawdown gibt somit Auskunft über die zur Gewinnerzielung eingegangenen Risiken. 22
4 ANALYSEFAKTOREN DER ERGEBNISAUSWERTUNG durchgeführt wurden und wie stabil das System ist. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe, die damit zusammenhängen, ob man vorzugsweise mit je einem Markt oder mit mehreren Märkten oder Systemen gleichzeitig arbeitet. Was für einen Markt gilt, ist auch für das gesamte Portfolio zutreffend. Im Falle eines Marktes sagt der gesamte Nettogewinn nichts darüber aus, wann sich die Gewinne eingestellt haben und wie groß diese im Verhältnis zueinander ausfielen. Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn der jeweilige Markt trendanfällig ist. Wenn sich der Markt beispielsweise in einem anhaltenden Aufwärtstrend befindet, ist es wahrscheinlich, dass der Dollar-Wert des entsprechenden Trades mit dem zunehmenden Dollar-Wert des Marktes steigt. Dies wiederum bedeutet, dass der gesamte Nettogewinn im Zeitverlauf ungleichmäßig verteilt ist und zumeist durch die letzte Marktaktivität beeinflusst wird. In einem Abwärtstrend gilt das Gegenteil. Beachten Sie jedoch, dass der Trend eines Marktes nichts darüber aussagt, ob das System dadurch stabiler geworden ist oder nicht. In einem Markt, der mehrere unterscheidbare Auf- und Abwärtstrend aufweist, ist es noch komplizierter. Falls es um mehrere Märkte geht, sagt der gesamte Nettogewinn nichts darüber aus, wie gut oder schlecht Ihr Portfolio diversifiziert ist. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn Sie immer die gleiche Anzahl von Aktien oder immer nur einen Kontrakt in den Futures der Rohstoffmärkte handeln. Dies liegt daran, dass das, was in einigen Aktien- oder Futuresmärkten als riesige Kursbewegung betrachtet wird, in anderen Märkten kaum der Beachtung wert ist. So können Sie beispielsweise nicht einen Kontrakt im S&P-500-Futuresmarkt mit einem Kontrakt im Maismarkt diversifizieren, ganz gleich, wie gut Ihr System auch in beiden Märkten funktionieren mag. Man kann es auf folgenden einfachen Nenner bringen: Je größer der Wert eines Marktes ist, desto größer ist der Einfluss dieses Marktes auf den gesamten Nettogewinn eines Portfolios. Im Aktienmarkt kann die Bewertung eines Systems aufgrund seines gesamten Nettogewinns abstruse Folgen haben, wenn ein Unternehmen einen Aktiensplit durchführt. Angenommen, eine Aktie wird gerade zu 90 Dollar gehandelt, und eine Handelsstrategie, die fortlaufend pro Trade 100 Aktien kauft beziehungsweise verkauft, weist aufgrund des Backtestings einen Gewinn von Dollar auf. Am Tag nach dem Aktiensplit drei zu eins wird die Aktie zu jeweils 30 Dollar gehandelt, wobei sich der Gewinn aufgrund des Backtestings auf Dollar reduziert hat. Bedeutet das nun, dass das System auf einmal nur noch ein Drittel des Gewinnes produziert, den es zuvor aufwies? Natürlich ist das nicht 23
5 TEIL 1 AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE der Fall, sondern es handelt sich nach wie vor um das gleiche System, und an diesem Beispiel lässt sich leicht erkennen, dass man seine Position nach einem Aktiensplit auf 300 Aktien pro Trade erhöhen muss, um die Gewinne nach dem Aktiensplit mit denjenigen davor vergleichen zu können. Es ist aber nicht immer so einfach, beispielsweise mehrere Märkte über verschiedene Zeiträume miteinander zu vergleichen, wenn dabei unterschiedliche Systeme eingesetzt wurden. In den folgenden Kapiteln werden Sie erfahren, wie man mit dieser Situation umgeht und ein ausgewogenes Portfolio aufbaut, das sich wahrscheinlich künftig bewähren wird und auch weiterhin einen angemessenen Risikoschutz bietet. Der maximale Intraday-Kapitalrückgang Manche haben vielleicht schon einmal die bekannte Redensart gehört: Deine schlimmste Minuslage steht noch bevor. Man muss zwar damit rechnen, dass dies wahrscheinlich früher oder später eintreten wird, aber es muss nicht schon morgen passieren, was allerdings voraussetzt, dass Sie Ihre Hausaufgaben gemacht haben. Leider reichen die Informationen, die uns die meisten Softwareprogramme liefern, meist nicht aus, weil lediglich Dollar-Beträge angegeben werden, sodass Sie nichts von den Zusammenhängen erfahren und nicht wissen, wann und wo dies geschehen könnte. Beispielsweise besteht beim S&P 500 mit einem Punktwert von 250 Dollar ein riesiger Unterschied zwischen einem Kapitalrückgang (Drawdown) von Dollar, während der Markt bei 500 Zählern gehandelt wird, und einer Minuslage von Dollar bei einem Zählerstand des Index von Punkten. Im zweiten Fall ist ein Kapitalrückgang um Dollar vergleichbar mit einer Reihe von schlechten Trades, von denen man überrascht wird, was etwa fünf Prozent des aktuellen Marktwertes ausmacht und jedem passieren kann. Aber im ersten Fall entspricht der gleiche Betrag von Dollar ungefähr 16 Prozent des aktuellen Marktwertes. Bei einem Aktienindex von Zählern bedeutet ein Kapitalrückgang von 16 Prozent Dollar. Wenn aber lediglich die üblichen Informationen der Ergebnisübersicht zur Verfügung stehen, lässt sich dies nicht herausfinden. Da ist es auch kein Wunder, dass so viele Trader bereits weggefegt werden, noch bevor sie eigentlich richtig angefangen haben. Um den tatsächlich zu erwarteten Kapitalrückgang errechnen zu können, muss zunächst der höchste Kapitalrückgang und zwar als Prozentangabe im Verhältnis zum Marktwert ermittelt werden, sobald dieser eintritt, und daraufhin muss dieser Prozentsatz auf den derzeitigen Marktwert übertragen werden. 24
6 ANALYSEFAKTOREN DER ERGEBNISAUSWERTUNG Wenn Sie Ihren Kapitalrückgang berechnen, müssen Sie auch wissen, womit Sie es zu tun haben. Bei TradeStation wird der Kapitalrückgang auf der Grundlage der geschlossenen Trades (KGT) und der offenen Trades (KOT) berechnet, woraus sich dann der gesamte Kapitalrückgang eines Trades (GKT) zum jeweiligen Zeitpunkt ergibt. Aber das ist nicht die beste Vorgehensweise, was die Erfassung des Kapitalrückgangs (Drawdown) im Rahmen der Entwicklung eines stabilen Handelssystems anbelangt. (Den Gründen hierfür werden wir uns im weiteren Verlauf des Buches zuwenden.) In Teil 3 werden wir uns auch damit beschäftigen, wie man den KOT (Kapitalrückgang offener Trades) in den anfänglichen Kapitalrückgang eines Trades (AKT) und den Kapitalrückgang beim Abschluss des Trades (KAT) unterteilt und wie man diese Faktoren analysiert, um bessere Ein- und Ausstiege zu erhalten. Ohne diese Aufgliederung sollte man nicht erwarten, dass der Kapitalrückgang bei geschlossenen Trades (KGT) zur Verbesserung der Ergebnisse beiträgt. Erforderliche Kontengröße und Kapitalrendite Die erforderliche Kontengröße und Kapitalrendite ist wahrscheinlich die Angabe der Systemauswertung, die von allen am trügerischsten ist. Wie Sie in Abbildung 1.1 sehen können, die die TradeStation-Ergebnisübersicht ( Performance Summary ) einer früheren Version des BlackJack/Meander-Systems zeigt, stimmt der Betrag für die erforderliche Kontengröße mit dem Betrag für den maximalen Intraday-Drawdown (Kapitalrückgang) überein. Aber dabei handelt es sich lediglich um eine theoretische Zahl, die erst im Nachhinein zustande kam. Aber diese Zahl kennen Sie nicht, bevor Sie Ihren Trade eröffnen, und natürlich können Sie sich auch nicht darauf verlassen, dass sich diese Zahlenangabe künftig als richtig erweisen wird. 25
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