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1 I N N E N M I N I S T E R I U M B A D E N - W Ü R T T E M B E R G Postfach Stuttgart poststelle@im.bwl.de FAX: 0711/ An den Präsidenten des Landtags von Baden-Württemberg Herrn Peter Straub MdL Haus des Landtags Konrad-Adenauer-Str Stuttgart Datum Name Ulrich Ott Durchwahl Aktenzeichen /203 (Bitte bei Antwort angeben) nachrichtlich Staatsministerium Wirtschaftsministerium Antrag der Fraktion GRÜNE - Kontrolle von privaten Sicherheitsfirmen bei Auslandstätigkeiten und beim Export von Sicherheits-Know-how - Drucksache 14/2649 Ihr Schreiben vom 23. April 2008 Anlagen Schreiben des Innenministeriums vom , Az.: /203 Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, das Innenministerium nimmt zu dem Antrag in Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium wie folgt Stellung: I. 1. welche Regelungen über Nebentätigkeiten von Polizisten und die Weitergabe polizeilichen Wissens im Zusammenhang mit der Schulung libyscher Sicherheitskräfte getroffen wurden und inwieweit diese Regelungen bundesweit abgestimmt sind;
2 - 2 - Zu I. 1.: Das Innenministerium hat wiederholt, auf die geltenden Nebentätigkeitsbestimmungen hingewiesen und diese erläutert. Zuletzt erfolgte dies mit Schreiben vom 16. April Im Schreiben vom 16. April 2008 wurden die Polizeidienststellen im Hinblick auf den Transfer von polizeilichem Know-how ins Ausland sensibilisiert. Insbesondere wurde auf die Auswirkungen dienstlich veranlasster Aufenthalte in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken und außergewöhnlichen politischen Verhältnissen hingewiesen und darauf, dass Besuche in diesen Staaten regelmäßig ausgeschlossen sein dürften und deshalb der Transfer von polizeilichen Know-how im wesentlichen auf Staaten innerhalb der EU beschränkt werden sollte. Über die Grundsätze zur Ausübung von Nebentätigkeiten und die Geheimhaltung dienstlichen Wissens besteht bundesweit Konsens. Deshalb und angesichts der Zuständigkeit des Landes in diesem Bereich bestand keine Notwendigkeit einer bundesweiten Abstimmung. 2. inwieweit für die Weitergabe von Sicherheits-Know-how zwischen europäischen und außereuropäischen Zielgruppen unterschieden wird und welche Kontrollmechanismen dafür jeweils vorgesehen sind; Zu I. 2.: Relevant für die Weitergabe von Sicherheits-Know-how sind in erster Linie die Regelungen zur Erbringung technischer Unterstützung nach den Bestimmungen der Außenwirtschaftsverordnung (AWV), die auch Schulungs-, Ausbildungs- und Beratungsdienstleistungen umfassen. Diese Dienstleistungen sind für Gebietsansässige genehmigungspflichtig, wenn sie das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) davon unterrichtet haben, dass die technische Unterstützung im Zusammenhang mit ABC-Waffen oder Flugkörpern hierfür, mit einer militärischen Endverwendung bei Erbringung der technischen Unterstützung in einem Waffenembargoland oder einem Land der Länderliste K (Kuba und
3 - 3 - Syrien) oder mit der Errichtung oder dem Betrieb von Anlagen für kerntechnische Zwecke in den Ländern Algerien, Indien, Irak, Iran, Israel, Jordanien, Libyen, Nordkorea, Pakistan oder Syrien steht. Hat der Gebietsansässige Kenntnis davon, dass die technische Unterstützung für einen der genannten sensitiven Verwendungszwecke bestimmt ist, hat er das BAFA hiervon zu unterrichten. Die Erbringung einer Dienstleistung durch Gebietsansässige kann durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für Finanzen unterbunden werden, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die in 7 Absatz 1 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) genannten Rechtsgüter, d.h. die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland, das friedliche Zusammenleben der Völker und die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland, abzuwenden. Soweit es sich um die Weitergabe rein polizeilichen Wissens handelt, treten die genannten Regelungen in den Hintergrund. In diesen Fällen ist vorrangig der Rahmen dienstrechtlicher Genehmigungen von Nebentätigkeiten zu beachten. Angesichts offener Grenzen in Europa und der zunehmenden Internationalisierung der Kriminalität liegt es im Interesse des Landes, mit neuen und künftigen EU-Mitgliedstaaten, aber auch in Einzelfällen mit Staaten außerhalb der EU, die Zusammenarbeit zu intensivieren. Informationen und Erfahrungen werden im Rahmen von gegenseitigen Hospitationen, bei der Durchführung von Fachseminaren und Projekten ausgetauscht. Das Innenministerium beteiligt sich deshalb seit 1999 an der Heranführung von neuen und künftigen EU-Mitgliedstaaten an den Sicherheitsacquis der Europäischen Union im Bereich Justiz/Inneres. Dies geschieht im Wesentlichen im Rahmen des PHARE 1-1 In der ursprünglichen Bedeutung: Poland and Hungary: Action for the Restructing of the Economy, also Maßnahmen zur wirtschaftlichen Neuordnung von Polen und Ungarn; die PHARE-Projekte wurden als Vorbeitrittshilfen zwischenzeitlich auch auf andere Beitrittsländer und andere Bereiche (z. B. polizeiliche Aufbauhilfe) ausgedehnt.
4 - 4 - Twinning-Programms der Europäischen Kommission. Einheitliche Sicherheitsstandards und effektive internationale polizeiliche Zusammenarbeit sollen durch Projekte vor Ort gefördert werden. Im Rahmen der bilateralen Projektverträge sind im notwendigen Umfang auch Sicherheitsüberprüfungen der Projektteilnehmer (in der Regel Polizeibeamte und Angehörige der Staatsanwaltschaft) durch das jeweilige Partnerland vorgesehen. Bei der Zusammenarbeit mit Polizeien anderer Staaten wird jeweils anlass- und adressatenbezogen von den Verantwortlichen für die Kooperationsmaßnahmen geprüft, ob und inwieweit sicherheitsrelevante Informationen weitergegeben werden können. Des weiteren beteiligt sich die Polizei des Landes Baden-Württemberg im Rahmen internationaler Polizeimissionen aktuell an folgenden multinationalen Polizeikontingenten: - United Nation Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK) - Polizeimission der EU in Bosnien und Herzegowina (EUPM) - United Nations African Mission in Darfur/Sudan (UNAMID) - German Police Project Team Afghanistan (GPPT) Die Beteiligung an internationalen Polizeimissionen erfolgt als gemeinsame Aufgabe des Bundes und der Länder im Rahmen ihrer nationalen Gesamtverantwortung. Vor jeder Teilnahme an einer internationalen Polizeimission setzt sich der Bund mit den Ländern bezüglich einer Beteiligung der Länder an der Mission ins Benehmen. Die Polizeibeamten der Länder werden in den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern abgeordnet und für einen Einsatz dem jeweiligen Mandatsträger (Vereinte Nationen, Europäische Union oder Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) der Mission zur Dienstleistung zugewiesen. 3. wie viele in Baden-Württemberg ansässige Sicherheitsdienste im Ausland tätig sind und in welchen Ländern diese Tätigkeiten stattfinden; Zu I. 3.: Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor.
5 wie viele Polizeibeamte in den letzten fünf Jahren vom Polizeidienst zu einer Tätigkeit für private Sicherheitsdienste gewechselt sind; Zu I. 4.: Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. Ein Beamter kann nach 42 des Landesbeamtengesetzes jederzeit seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantragen. Die Angabe von Gründen ist nicht erforderlich. 5. welche Formen der Zusammenarbeit und/oder von dienstlichen Kontakten es bislang zu privaten Sicherheitsfirmen gab; Zu I. 5.: Der Austausch von Informationen und die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen in grundsätzlichen Fragestellungen erfolgen über den Verband für Sicherheit in der Wirtschaft Baden-Württemberg e. V. (VSW BW). Neben allgemeinen Informationsund Merkblättern werden regelmäßig Informationen über relevante Themenstellungen (z. B. über die aktuelle Gefährdungslage, neue Kriminalitätsphänomene, Spionagebekämpfung u. a.) ausgetauscht. Eine auf vertraglicher Basis institutionalisierte Zusammenarbeit des Landes mit dem privaten Sicherheitsgewerbe, wie sie beispielsweise in Form von Sicherheitskooperationen in den Ländern Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein existiert, besteht in Baden-Württemberg nicht und ist auch nicht beabsichtigt. Auf örtlicher Ebene haben sich konkrete Absprachen - etwa zur Vorbereitung auf bestimmte Einsatzlagen (z. B. Fußballspiele, Public Viewings, Open Air- Konzerte) und für die Informationsübermittlung konkreter Gefährdungserkenntnisse zur Gewährleistung polizeilichen Einschreitens - bewährt. 6. welche Vergütungen und Gegenleistungen die BDB protection GmbH angeboten hat für die Übernahme von Ausbildungsdienstleistungen durch Polizeikräfte;
6 - 6 - Zu I. 6.: Mit Rücksicht auf die laufenden Disziplinarverfahren können dazu keine Erkenntnisse offen gelegt werden. Im Übrigen dauert die Auswertung der von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf übersandten Akten durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart noch an. 7. ob die Landesregierung die Auffassung teilt, dass deutsche Polizisten ihre dienstlich erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, die ihnen in hochsensiblen Sicherheitsbereichen vermittelt werden, nicht an Dritte und auch nicht in der EU weitergeben dürfen. Zu I. 7.: Die Landesregierung teilt die Auffassung, dass sicherheitsrelevantes polizeiliches Know-how nicht über fragwürdige Geschäfte unter Verstoß gegen straf- oder dienstrechtliche Vorschriften an Dritte weitergegeben werden darf. Ein dienstlicher Bedarf zum Austausch sicherheitsrelevanter Informationen wird jeweils im Einzelfall geprüft. II. den Erlass über die Weitergabe polizeilichen Wissens dem Landtag vorzulegen; Zu II.: Das Schreiben des Innenministeriums vom 16. April 2008, Az.: /203 ist beigefügt. III. im Bundesrat darauf hinzuwirken, dass eine gesetzliche Grundlage für die Kontrolle der Tätigkeiten privater Sicherheitsdienste im Ausland geschaffen wird durch die Einführung von Lizenzierungs-, Melde- und Genehmigungspflichten; Zu III.: Die bestehenden Regelungen nach AWG und der AWV bezüglich Exportkontrollen, die weitgehend durch europäisches Recht vereinheitlicht sind, beinhalten auch im Dienstleistungsbereich bereits weitgehende Kontrollmöglichkeiten und Genehmi-
7 - 7 - gungspflichten in allen sensiblen Bereichen. Eine generelle Kontroll- oder Genehmigungspflicht von Tätigkeiten privater Dienstleistungsunternehmen des Sicherheitsbereichs im Ausland (weltweit einschließlich der EU) erscheint weder erforderlich noch verhältnismäßig, würde einen großen bürokratischen Aufwand verursachen und wäre wegen großer begrifflicher Abgrenzungsschwierigkeiten kaum praktikabel. Eine dem Antrag entsprechende Bundesratsinitiative ist deshalb nicht angezeigt. IV. den Landtag über die tatsächlichen Gründe zu informieren, die dazu führten, dass mit der Befragung der baden-württembergischen Polizisten, die ohne die erforderliche Genehmigung an Schulungen libyscher Sicherheitskräfte beteiligt waren, erst vier Monate nach Kenntniserlangung begonnen wurde. Zu IV: Hierzu wird auf die Beantwortung des Antrags der Fraktion SPD - Drucksache 14/2650 verwiesen. Mit freundlichen Grüßen In Vertretung des Ministers gez. Arnold Ministerialdirektor
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