Das Recht auf die Jahresendprämie

Transkript

1 Das Recht auf die Jahresendprämie Eine Veröffentlichung der V.o.G. André Renard Aachener Straße Eupen

2 1 Dezember ist oft der Monat, in dem die Jahresendprämien, Treueprämien, dreizehnter Monat... bezahlt werden. Wer hat Anrecht auf diese Art Prämie? Im Gegensatz zu dem, was man glauben könnte, sehen weder das Gesetz noch ein auf den gesamten Privatsektor anwendbares kollektives Arbeitsabkommen die Zahlung einer Jahresendprämie vor. Auch kann das Recht des Arbeitnehmers auf diese Art Prämie herrühren von einem sektoriellen oder betrieblichen kollektiven Arbeitsabkommen (KAA); einem individuellen Arbeitsvertrag; der Arbeitsordnung; dem Gewohnheitsrecht. Was ist mit den Teilzeitarbeitnehmern, jenen mit Vertrag mit bestimmter Dauer, den Leiharbeitnehmern? Kollektives Abkommen Das KAA kann entweder innerhalb der paritätischen Kommission (PK) oder Unterkommission abgeschlossen werden, oder im Unternehmen. Es ist uns hier nicht möglich, die Inhalte aller Sektoren- und Unternehmensabkommen aufzuführen. Der Betrag der Prämie ist von Sektor zu Sektor, ja von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, manchmal selbst im Verhältnis der Funktion. Die Prämie wird oft, aber nicht immer, mit dem Dezemberlohn ausbezahlt. Nehmen wir zum Beispiel die PK 111.1: Untersektor industrielle Unternehmen des Sektors der Metall-, mechanischen und Elektrokonstruktion, die keine Jahresendprämie vorsieht. Das regionale KAA für die Provinzen Lüttich und Luxemburg sieht mindestens 2% der für die Referenzperiode (1. Dezember bis 30. November) an das Landesamt der Sozialsicherheit angegebenen Löhne vor. Die Mehrzahl der Unternehmen dieses Untersektors sieht auf Basis eines Unternehmensabkommens quasi einen dreizehnten Monat vor (manchmal auch mehr, im Verhältnis zur Betriebszugehörigkeit des Arbeiters). Der Betrag der Prämie ist von Sektor zu Sektor unterschiedlich In den meisten Fällen ist eine ganze Reihe von Modalitäten für die Gewährung vorgesehen: im Dienst sein im Augenblick der Auszahlung, eine Mindestanzahl Monate im Laufe des betreffenden Jahres gearbeitet haben (mit Gleichstellung bestimmter berechtigter Abwesenheiten), eine gewisse Betriebszugehörigkeit zu haben,... Im Sektor Garagen (PK 112), stellt die Jahresendprämie einen 13. Monat dar, (Stundenlohn des Monats Dezember multipliziert mit der wöchentlichen Arbeitsdauer {38 Stunden x 52/12}) Die Referenzperiode zur Berechnung dieser Prämie für die Arbeiter dieses Sektors erstreckt sich vom 1. Dezember des vorhergehenden Jahres bis zum 30. November des laufenden Jahres. Alle Fälle der Unterbrechung des Arbeitsvertrages werden gleichgestellt, aber begrenzt auf 30 Kalendertage Krankheit oder Unfall im Privatleben pro Referenzperiode, auf die zwölf ersten Monate ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit oder auch noch ein Maximum von 150 Tagen wirtschaftlicher Arbeitslosigkeit in der Referenzperiode. Die Arbeiter, die seit mindestens 3 Monaten beschäftigt sind (einschließlich jenen mit bestimmter Dauer), die (außer aus schwerwiegenden Gründen)entlassenen Arbeiter, die Arbeiter, welche das Unternehmen freiwillig verlassen, weil der Arbeitgeber sie in wirtschaftliche Arbeitslosigkeit versetzt hat, die Pensionierten und Frühpensionierten haben Recht auf eine proportionale Prämie (1/12 pro Arbeitsmonat, jeder angefangene Monat wird als vollständig geleisteter Monat angesehen). Im Gegensatz dazu verlieren die Arbeiter des Sektors Garagen, die das Unternehmen

3 2 freiwillig im Laufe der Referenzperiode verlassen und die weniger als 5 Jahre Betriebszugehörigkeit vorweisen, das Recht auf die Jahresendprämie, wenn ihre Kündigungsfrist vor dem 30. November endet. Arbeitsvertrag Wenn eine Jahresendprämie im Arbeitsvertrag vorgesehen ist, hat der Arbeitnehmer darauf Anrecht. Die Gewährung dieser Prämie kann ebenso in einem schriftlichen Vertrag wie in einem mündlichen vereinbart werden. Im letzteren Fall kann der Beweis seiner Existenz durch Zeugen bestätigt werden, was nicht leicht ist. Arbeitsordnung Die Jahresendprämie kann ebenfalls in der Arbeitsordnung vorgesehen sein. Es gibt keine Probleme, wenn die Vorschriften die Kategorien der betroffenen Arbeitnehmer klar definieren. Gewohnheitsrecht Als letztes kann das Recht eines Arbeitnehmers auf die Jahresendprämie auch aus dem Gewohnheitsrecht entstehen. Was bedeutet, dass sie während einer ausreichenden Zeit gewährt wurde, dass die Berechnungsgrundlage konstant bleibt und dass eine Kategorie (zum Beispiel die Angestellten) oder eine Unterkategorie (zum Beispiel alle Angestellten einer bestimmten Kategorie) Anrecht darauf hat. Diese Kriterien der Dauerhaftigkeit, Konstanz und Allgemeinheit müssen gleichzeitig erfüllt sein. Die Probleme der Beweislast sind nicht zu vernachlässigen. Hierarchie Die Quelle des Rechtes der niedrigeren Hierarchie muss der höheren weichen, außer wenn diese für den Arbeitnehmer günstiger ist. Entlohnung Die Jahresendprämie unterliegt den Beiträgen zur sozialen Sicherheit und zum Lohnsteuervorabzug. Sie gehört gegebenenfalls zur Berechnung der Kündigungsentschädigung sowie dem Urlaubsgeld für den Angestellten, der die Firma verlässt. Sie wird in der Berechnung des Urlaubsgeldes des Arbeiters berücksichtigt. Nach Anwendung der 13,07% der Sozialbeiträge (berechnet auf den Bruttolohn zu 108% für den Arbeiter), wird die Jahresendprämie um 23,22% bis 53,50% Lohnsteuer gesenkt, je nach Betrag der normalen jährlichen Bruttoentlohnung (siehe nachstehende Tabelle). So beträgt zum Beispiel der Anteil Arbeitnehmer der Sozialbeiträge 352,89 Euro bei einer Prämie von brutto für einen Arbeiter (15,20 / Stunde bei 38 Stunden / Woche). Nach Anwendung der Lohnsteuer von 997,12 (46,44% auf den steuerbaren Betrag von 2.147,11 der Prämie bleiben lediglich 1.149,99 netto. In gewissen Fällen wendet man sogar einen speziellen Beitrag zur sozialen Sicherheit an. Manchmal hält der Arbeitgeber weniger als die legale Lohnsteuer an, und der Arbeitnehmer hat die Illusion, in den Genuss einer höheren Jahresendprämie zu kommen. Aber bei der endgültigen Besteuerung wird die Situation regularisiert, was einer zusätzlichen Besteuerung gleichkommt. Erinnern wir daran, dass die Jahresendprämie eine Entlohnung ist. Ihr Betrag muss bei der Berechnung der Kündigungsentschädigung, der Kündigungsfrist (für die Angestellten) und des Urlaubsgeldes (für die Arbeiter) berücksichtigt werden.

4 3 Wenn eine Jahresendprämie in einem individuellen Arbeitsvertrag vorgesehen ist, hat der Arbeitnehmer Anrecht darauf. Einstellung im Laufe des Jahres Zahlreiche Abkommen regeln ausdrücklich dieses Problem. So besteht in manchen Sektoren das Recht auf ein zwölftel des Grundbetrags der Prämie für jeden gearbeiteten Monat. Meistens müssen Bedingungen der Betriebszugehörigkeit und der Zugehörigkeit zum Unternehmen im Augenblick der Zahlung der Prämie erfüllt sein. Als Beispiel diene der hiervor angeführte Sektor der Garagen. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn weder das Abkommen, noch der individuelle Arbeitsvertrag und die Arbeitsordnung etwas vorsehen und das Recht auf die Prämie nur auf Grund des Gewohnheitsrechtes besteht. Seit der Entscheidung des Kassationshofes von September 1985 kann man annehmen, dass bei Fehlen jeder gegensätzlichen Bestimmung die Jahresendprämie gezahlt werden muss im Verhältnis der Dauer der Leistungen im Laufe des betreffenden Jahres. Teilzeit Diese Logik ist ebenfalls anwendbar auf die Teilzeitarbeiter auf Grund des KAA n 35, anwendbar auf den gesamten Privatsektor. Wenn ein Vollzeitarbeitnehmer in einem Unternehmen Anrecht auf eine Jahresendprämie hat, hat sein Kollege, der teilzeitig arbeitet und die gleiche Arbeit oder eine gleichwertige Arbeit erbringt, Anrecht auf eine Jahresendprämie proportional zu seinen Leistungen. Leiharbeiter Die Leiharbeiter haben Anrecht auf eine Jahresendprämie zu Lasten des sektoriellen Sozialfonds (PK n 124). Seit 2009 stellt ihre Prämie, die im Laufe des Monats Dezember ausbezahlt wird, 8,22% des Bruttolohnes dar, den sie in der Referenzperiode verdient haben. Diese erstreckte sich vom 1. April des Vorjahres bis zum 31. März des laufenden Jahres. Ab der Jahresendprämie 2011 wird die Referenzperiode sich vom 1. Juli des Vorjahres bis zum 30. Juni des laufenden Jahres erstrecken. Auch, ausnahmsweise und als Übergangsregelung, erstreckt sich die Zeitspanne für die Jahresendprämie 2010 über fünf Quartale (anstatt vier). Um auf eine Jahresendprämie 2010 Anrecht zu haben, muss man als Leiharbeiter für eine oder mehrere Interimsagenturen während mindestens 65 Tagen (im Regime der 5 Tagewoche) zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. März 2010gearbeitet haben, oder diese 65 Arbeitstage zwischen dem 1. Juli 2009 und dem 30. Juni 2010 erreicht haben. Höchstens 5 Tage wirtschaftlicher Arbeitslosigkeit unter dem Statut des Leiharbeiters werden ebenfalls berücksichtigt. Praktischer Ratschlag Auf Grund der Komplexität des Themas konnte diese Analyse nur einen kurzen Überblick über das Recht auf Jahresendprämie geben. Wenn Sie Fragen betreffend Ihre Rechte in dieser Angelegenheit haben, sprechen Sie Ihren Delegierten oder Gewerkschaftssekretär an, oder surfen Sie auf der Internetseite des föderalen öffentlichen Dienstes Beschäftigung (SPF Emploi) (emploi.belgique.be unter CCT) für die Jahresendprämien, anwendbar auf Grund von sektorenabkommen.

5 4 Jahresendprämie Jährliches steuerbares Einkommen Steuersatz < % 6.460, ,00 23,22% 8.015, ,00 25,23% 9.970, ,00 30,28% , ,00 35,33% , ,00 38,36% , ,00 40,38% , ,00 43,41% , ,00 46,44% , ,00 51,48% ,01 und mehr 53,50%

6 5 Inhaltsverzeichnis Kollektives Abkommen... 1 Arbeitsvertrag... 2 Arbeitsordnung... 2 Gewohnheitsrecht... 2 Hierarchie... 2 Entlohnung... 2 Einstellung im Laufe des Jahres... 3 Teilzeit... 3 Leiharbeiter... 3 Praktischer Ratschlag... 3