Vergleichende Auswertung der Daten des Schuljahres 2005/2006
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1 Monitoring der Gewichtsdaten der schulärztlichen Dienste der Städte Basel, Bern und Zürich Vergleichende Auswertung der Daten des Schuljahres 2005/2006 Zusammenfassung einer von Gesundheitsförderung Schweiz unterstützten Pilotstudie (November 2007) Hanspeter Stamm 1, Ursula Ackermann 2, Daniel Frey 3, Markus Lamprecht 1, Markus Ledergerber 4, Rolf Mühlemann 4, Thomas Steffen 4 und Susanne Stronski Huwiler 3 1 Lamprecht und Stamm Sozialforschung und Beratung AG Zürich 2 Gesundheitsdienst der Stadt Bern 3 Schulärztlicher Dienst der Stadt Zürich 4 Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Basel-Stadt Eine gemeinsame Strategie im Interesse zuverlässiger Daten Seit einigen Jahren wird die "Epidemie des Übergewichts" in den Medien und der Fachwelt breit diskutiert. Immer mehr Menschen in den hochentwickelten Ländern leiden unter Übergewicht oder gar Adipositas. Während diese Entwicklungen in anderen Ländern und bei den Erwachsenen gut dokumentiert sind, verfügt die Schweiz erst über lückenhafte Daten zum Ausmass des Problems bei Kindern und Jugendlichen. Vor diesem Hintergrund haben sich die schulärztlichen Dienste (SäD) der Städte Basel, Bern und Zürich im Frühjahr 2007 entschlossen, die Gewichtsdaten ihrer Schulkinder in Zukunft nach einem einheitlichen Modell zu erheben und auszuwerten. Mit Unterstützung von Gesundheitsförderung Schweiz wurde bei der Lamprecht und Stamm Sozialforschung und Beratung AG in Zürich eine Koordinations- und Analysestelle geschaffen, welche die von den SäD erhobenen Daten sammelt und auswertet. Die Resultate eines erfolgreichen Pilotprojekts mit Daten des Schuljahres 2005/06 erlauben erstmals einen direkten Vergleich der Situation in den drei Städten. Von der Datensammlung zur Analyse In Basel, Bern und Zürich werden die Kinder und Jugendlichen ausgewählter Schulstufen jedes Jahr anlässlich schulärztlicher Untersuchungen gewogen und gemessen. Aus diesen Angaben kann der sogenannte Body-Mass-Index (BMI) berechnet werden, auf dessen Grundlage zwischen normal- und übergewichtigen bzw. adipösen Personen unterschieden werden kann (vgl. das Kästchen am Schluss). Bei der Analyse gilt es zu beachten, dass nicht alle Kinder eines gegebenen Schuljahres untersucht werden, sondern jeweils nur ausgewählte Schulstufen. Das heisst, dass zwar nicht für jedes Altersjahr Angaben vorliegen, dass aber Aussagen über verschiedene Schulstufen gemacht werden können. Neben dem Alter wurden in der vergleichenden Analyse mit dem Geschlecht sowie der nationalen und sozialen Herkunft zudem weitere Merkmale berücksichtigt, die in Zusammenhang mit Gewichtsunterschieden stehen. Zusammenfassung zum BMI-Monitoring Basel, Bern und Zürich Schuljahr 2005/06 /1
2 Übergewicht und Adipositas in den Städten Basel, Bern und Zürich Abbildung 1 zeigt den Anteil der übergewichtigen und adipösen Kinder und Jugendlichen in den Städten Basel, Bern und Zürich. Betrachtet man alle Schulstufen zusammen, so kann festgehalten werden, dass jedes fünfte untersuchte Kind () übergewichtig und jedes zwanzigste () adipös ist. Der Anteil adipöser Kinder und Jugendlicher unterscheidet sich zwischen den Schulstufen nur geringfügig, während sich beim Übergewicht erhebliche Differenzen zeigen: Im Kindergarten sind 16 Prozent der Kinder übergewichtig, auf der Unter-/Mittelstufe sind es 22 Prozent und auf der Oberstufe gar 23 Prozent. Abbildung 1: Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder auf ausgewählten Schulstufen (Schuljahr 2005/06) % 6% alle Schulstufen Übergewicht (inkl. Adipositas) Adipositas Abbildung 2 zeigt, wie sich der Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder zwischen den Städten unterscheidet. In allen drei Städten ist Übergewicht ein ernstzunehmendes Problem. Während sich die Kindergartenkinder aus den drei Städten bezüglich des Übergewichts aber kaum voneinander unterscheiden, existieren auf der Unter-/Mittelstufe sowie der Oberstufe erhebliche Differenzen. Basel weist klar den höchsten Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder auf, während Bern die geringsten Anteile aufweist. Zürich nimmt eine Mittelstellung zwischen diesen beiden Polen ein. Abbildung 2: Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder auf ausgewählten Schulstufen in den Städten Basel, Bern und Zürich (Schuljahr 2005/06) % 27% 7% 8% 4% 2% 3% Basel Bern Zürich Basel Bern Zürich Basel Bern Zürich Übergewicht (inkl. Adipositas) Adipositas Signifikanz der Unterschiede zwischen den Städten: Kindergarten: n.s.; Unter-/Mittelstufe und Oberstufe: p <.01. Zusammenfassung zum BMI-Monitoring Basel, Bern und Zürich Schuljahr 2005/06 /2
3 Gewichtsunterschiede nach Geschlecht, nationaler und sozialer Herkunft Wie die Abbildungen 3 bis 5 zeigen, finden sich auch Unterschiede bezüglich des Geschlechts sowie der nationalen und der sozialen Herkunft der Kinder und Jugendlichen. Abbildung 3 zeigt zunächst, dass Übergewicht bei den Knaben etwas verbreiteter ist als bei den Mädchen. Insbesondere die männlichen Oberstufenschüler in Basel und Zürich sind deutlich häufiger übergewichtig als ihre weiblichen Klassenkameradinnen. Noch ausgeprägter als die Geschlechterunterschiede sind die in Abbildung 4 dargestellten Differenzen zwischen Schweizer/innen und Ausländer/innen: In allen drei untersuchten Städten und auf allen Schulstufen übertrifft der Anteil übergewichtiger ausländischer Kinder und Jugendlicher derjenige der Schweizer/innen um bis das Doppelte. Insgesamt ist über ein Viertel (27%) der ausländischen Kinder und Jugendlichen übergewichtig, während es bei den Schweizer/innen sind. In Basel und Bern existieren auch Angaben zur sozialen Herkunft der Kinder, die über den Beruf und den Bildungsstand der Eltern erfasst wurde. Abbildung 5 zeigt, dass Kinder aus bildungsfernen Haushalten deutlich häufiger von Übergewicht betroffen sind, als Kinder, deren Eltern eine Lehre oder eine höhere Ausbildung abgeschlossen haben. Je nach Schulstufe ist der Anteil der übergewichtigen Kinder aus Haushalten ohne nachobligatorische Schulbildung um bis zu viermal höher als bei Kindern von Eltern mit einer höheren Schulbildung. Der Anteil der adipösen Kinder und Jugendlichen wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit in den Abbildungen nicht dargestellt. Doch auch hier zeigen sich vergleichbare Resultate. Knaben (6%) und ausländische Kinder (8%) sind signifikant häufiger adipös als Mädchen (4%) und Schweizer Kinder (4%). In Basel und Bern zeigen sich diese Unterschiede auch bezüglich der sozialen Herkunft: Ein Prozent der Kinder von Eltern mit einer höheren Bildung sind adipös; bei Kindern von Eltern mit einem Lehrabschluss beträgt dieser Anteil 6 Prozent und bei Kindern von Eltern ohne nachobligatorische Schulbildung gar knapp 9 Prozent. Soziale Schicht und Herkunft sind somit wichtige Risikofaktoren bei der Erklärung von Übergewicht. Diese Faktoren erklären im übrigen auch einen Teil der Unterschiede zwischen den drei Städten. Basel weist einen im Vergleich zu den beiden anderen Städten höheren Anteil an Ausländer/innen, Industriearbeiter/innen und Personen mit einer geringen Schulbildung auf. Diese allgemeinen Unterschiede in der Bevölkerungsstruktur schlagen sich auch im höheren Anteil der übergewichtigen Kinder in Basel nieder. Abbildung 3: Anteil der übergewichtigen Mädchen und Jungen auf ausgewählten Schulstufen in den Städten Basel, Bern und Zürich (Schuljahr 2005/06) 3 14% 2 29% 19% 23% 23% 24% Basel Bern Zürich alle Basel Bern Zürich alle Basel Bern Zürich alle weiblich männlich Signifikanz der Unterschiede: Kindergarten und Unter-/MIttelstufe: n.s.; Oberstufe: p <.05. Hinweis: Unterschiedliche Höhen der Säulen trotz identischer Prozentangaben sind die Folge von Rundungsdifferenzen. Zusammenfassung zum BMI-Monitoring Basel, Bern und Zürich Schuljahr 2005/06 /3
4 Abbildung 4: 4 3 Anteil der übergewichtigen Schweizer/innen und Ausländer/innen auf ausgewählten Schulstufen in den Städten Basel, Bern und Zürich (Schuljahr 2005/06) 23% % 32% 36% 14% 28% 27% 19% 31% Basel Bern Zürich alle Basel Bern Zürich alle Basel Bern Zürich alle Schweizer/innen Ausländer/innen Alle Unterschiede nach nationaler Herkunft und Schulstufe signifikant mit p <.01. Abbildung 5: Anteil der übergewichtigen Kinder auf ausgewählten Schulstufen nach sozialer Herkunft (Bildungsniveau der Eltern) in den Städten Basel und Bern (Schuljahr 2005/06) % 33% 28% 29% 26% 32% 4 19% 7% 9% 9% Kindergarten Unter/- Mittelstufe Oberstufe Kindergarten Unter/- Mittelstufe Oberstufe Basel Bern ohne Lehre mit Lehre höhere Ausbildung Signifikanz der Unterschiede zwischen der Herkunftsschicht: p <.01. Ausblick Die Daten des Schuljahres 2005/06 erlauben erstmals einen direkten Vergleich der Situation in den Städten Basel, Bern und Zürich. Dabei zeigen sich sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zwischen den Städten und den verschiedenen Schulstufen. Den in allen Städten vorhandenen Einfluss von Geschlecht und Nationalität sowie den in Basel und Bern dokumentierten Effekt der sozialen Herkunft gilt es dabei auch bei der Planung von präventiven Massnahmen und Interventionen zu berücksichtigen. Gerade bei der Einschätzung des Erfolgs solcher Massnahmen dürfte das vergleichende Gewichtsmonitoring der drei Städte in Zukunft eine grosse Bedeutung haben. Der Vergleich verschiedener Schuljahre wird nämlich nicht nur allgemeine Aussagen über die Entwicklung der Gewichtsproblematik erlauben, sondern auch Hinweise darauf vermitteln, in welchen Bevölkerungsgruppen allfällige Erfolge im Kampf gegen die Epidemie des Übergewichts erzielt werden. Zusammenfassung zum BMI-Monitoring Basel, Bern und Zürich Schuljahr 2005/06 /4
5 Weitere Informationen Weitere Resultate und Details zur Studie finden sich im Gesamtbericht zur gemeinsamen Datenauswertung der Gewichtsdaten, der bei den schulärztlichen Diensten der Städte Basel, Bern und Zürich sowie bei Gesundheitsförderung Schweiz angefordert werden kann. Anhang: Der Body-Mass-Index als Klassifikationsgrundlage Der Body Mass Index berechnet sich nach der folgenden Formel: BMI = Gewicht in kg / (Körpergrösse in m) 2 Bei Erwachsenen gilt ein BMI-Wert von unter 18 kg/m 2 als untergewichtig und von über 18 kg/m 2 und unter 25 kg/m 2 als "normalgewichtig", während ein BMI von 25 kg/m 2 oder mehr als "übergewichtig" klassifiziert wird. Die Gruppe der Übergewichtigen kann dabei noch weiter differenziert werden, indem bei einem BMI von 30 kg/m 2 oder mehr von Adipositas gesprochen wird. Diese Grenzwerte können für Kinder nicht direkt übernommen werden, da ihr BMI wachstumsbedingt tiefer liegt als bei den Erwachsenen. Es existieren allerdings Umrechnungstabellen für Kinder, auf deren Grundlage ebenfalls eine Klassifikation nach Normal-, Übergewicht und Adipositas vorgenommen werden kann. Verbindliche Grenzwerte für das Untergewicht wurden bislang noch nicht definiert. Quelle für die Umrechnung: Cole, Tim J., Mary C. Bellizzi, Katherine M. Flegal und William H. Dietz (2000): "Establishing a standard definition for child overweight and obesity worldwide: international survey". British Medical Journal 320: Zusammenfassung zum BMI-Monitoring Basel, Bern und Zürich Schuljahr 2005/06 /5
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