Gutachten. ATI - Advanced Technology International AG electric drives Grütligasse Wollerau Switzerland. Verfasser: Dr.
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- Benedikt Kästner
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1 1 Gutachten für ATI - Advanced Technology International AG electric drives Grütligasse Wollerau Switzerland Verfasser: Dr. Manfred Büchele Bavendorf Sachverständiger für landw.bewertung und Schätzung, landw. Betriebsführung und Arbeitswirtschaft sowie Sonderkulturen Direktor Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee Leitung Arbeitsbereich Betriebswirtschaft und Markt Jede Art auch auszugsweiser Vervielfältigung aus diesem Gutachten bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Verfassers
2 2 Gliederung 1 Auftrag 2 Vorgehensweise 3 Einsatzbereiche 4 Überlegungen bei der Anschaffung
3 3 1 Auftrag ATI - Advanced Technology International AG electric drives ist an den Verfasser herangetreten mit dem Auftrag eine Expertise zu Einsatzmöglichkeiten ihres multifunktionellen Elektrotransport- und Erntewagens Piccolo im Obstbaubetrieb zu erstellen. Einbezogen werden sollen Wirtschaftlichkeitsaspekte und Abschätzung des möglichen Absatzpotenzials. 2 Vorgehensweise Der Multifunktionswagen Piccolo wird im Versuchsbetrieb Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee seit 1,5 Jahren eingesetzt. Zu den aufgeworfenen Fragestellungen wurden bislang nicht explizit Daten erfasst oder anderweitige Aufzeichnungen getätigt. Die Aussagen beruhen auf Erfahrungen des Betriebsleiters mit dem Gerät in der Arbeitspraxis sowie Kalkulationen des Verfassers zu Arbeitswerten für verschiedene regelmäßige Arbeiten in einem Obstbaubetrieb. Daraus werden Absatzmöglichkeiten extrapoliert. Verglichen wird die Vorzüglichkeit der Arbeitsplattformen (Überbegriff): Alternative A: Multifunktionswagen Piccolo mit max. 2 Arbeitskräften Besatzung Alternative B: Arbeitsbühne mit bis zu 4 sinnvoll einsetzbaren Arbeitskräften als aktuelle Standardlösung in den Betrieben 3 Einsatzbereiche Mangels Verfügbarkeit geeigneter Maschinen wurden Obstkulturen im Anbau nördlich der Alpen bisher häufig auf Wuchshöhe ca. 2 m begrenzt. Die Arbeit mit Leitern und ähnlichen Steighilfen wie Ernteschlitten, Getränkekisten oder Stelzen ist arbeitswirtschaftlich ungünstig sowohl hinsichtlich der Arbeitsleistung als auch wegen der schnellen Ermüdung. In Südtirol wird bei hoher Sonneneinstrahlung traditionell mit höheren Bäumen bis 3 m gearbeitet. Für Pflege und Erntearbeiten werden Arbeitsbühnen eingesetzt. Seit einigen Jahren hat sich nördlich der Alpen eine innovative Erziehungsform der Baumobstkulturen auf 3,5 m bis 4 m etabliert, die eine wesentlich höhere Flächenproduktivität und Wirtschaftlichkeit der Obsterzeugung ermöglicht. In der Steinobsterzeugung ist die Arbeit an höheren Bäumen unausweichlich weil diese Kulturen kulturtechnisch bedingt einen höheren Wuchs zeigen. Grundsätzliche Voraussetzungen für wirtschaftlichen Anbau sind neben der Erziehungsform die Möglichkeit die Arbeiten in der Höhe ergonomisch und wirtschaftlich durchzuführen.
4 4 Hierzu werden derzeit im Wesentlichen die in Südtirol seit längerem etablierten Arbeitsbühnen eingesetzt. Der Multifunktionswagen Piccolo soll laut Hersteller als preiswerte Alternative zur Arbeitsbühne in diesem Segment etabliert werden. Die Anschaffung einer Arbeitsplattform gleich welchen Typs ist unabdingbar um die Arbeiten überhaupt erledigen zu können. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung erübrigt sich in dieser Hinsicht. Es sind lediglich die Alternativen Multifunktionswagen (A) vs. Arbeitsbühne (B) zu vergleichen. Grundsätzlich kommen Multifunktionswagen (A) sowie Arbeitsbühne (B) bei allen Arbeiten über 2 m Höhe zum Einsatz während darunter vom Boden aus gearbeitet werden kann. Die Überlegungen sind damit im Arbeitszeitbedarf auf den oberen Teil der Kulturen auszurichten. Im Einzelfall wird bei Multifunktionswagen (A) auch die Transportfunktion interessant sein, wenn z.b. das erstmalige Überpflücken der zuerst reifenden Äpfel die Arbeit mit einem kompletten Erntezug überdimensioniert erscheinen lässt. Dies betrifft etwa 20 AKh/ha. Übersicht Einsatzmöglichkeiten bei den einzelnen Arbeiten Tätigkeit Einsatzstunden/ha Fläche/Maschine bei 5 ha Rest Handausdünnung 30 5 ha 150 Schnitt 30 > 10 ha 150 Sonst. Pflegearbeiten 40 > 10 ha 200 Kirschenernte 250 0,5 ha Apfelernte ha Die Übersicht zeigt die verschiedenen Arbeiten im Obstbaubetrieb, die eine Arbeitsplattform erforderlich machen, wenn in Höhen über 2 m gearbeitet wird. Die Erntearbeiten sind an Reifetermin gebunden, pflegende Arbeiten können dagegen über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Die einzelnen Tätigkeiten haben jeweils ihren spezifischen Arbeitszeitbedarf in Einsatzstunden/ha. Daraus ergibt sich die mit einer Maschine erreichbare Flächenbewirtschaftung. Für Betriebseinheiten um 5 ha errechnen sich die jährlichen Gesamteinsatzstunden einer Maschine. Die Spalte Rest zeigt dass Erntearbeiten die die Schlagkraft begrenzenden Faktoren bilden, d.h. für die optimale Ernte sollten mehr Maschinen vorhanden sein als für die übrigen Arbeiten erforderlich sind. Damit wird sich im Aufbau des Maschinenparks die Anzahl der Multifunktionswagen mittelfristig am Bedarf in der Ernte orientieren, d.h. für Pflegearbeiten werden nicht alle Multifunktionswagen verwendet oder mit einer Person besetzt werden.
5 5 Die Betriebsgröße um 5 ha wurde als ein definierter Größenbereich gewählt in dem die Anschaffung einer Hebebühne erst wirtschaftlich interessant ist. Bei geringerer Flächenausstattung sind alternative Verfahrensweisen sinnvoller wie z.b. Verzicht auf höhere Baumerziehung mit konsequenter Arbeit vom Boden aus. Gleichwohl können auch kleinere Betriebe eine Investition in einen Multifunktionswagen tätigen wollen, z.b. um die persönliche Arbeitsplatzqualität zu verbessern. Für Erntearbeiten muss zur Gewährleistung des optimalen Reifezeitpunkts die Anzahl der Maschinen/ha ausreichend sein. Andernfalls kann es zu Terminkosten infolge überreifer Früchte kommen was Preisabschlägen führt. Bei Apfel ist die Verteilung der Sorten wegen der unterschiedlichen Reifezeiten einschlägig: Ein Betrieb mit lediglich 1 Sorte benötigt eine höhere Schlagkraft und dementsprechend eine höhere Anzahl an Maschinen denn ein Betrieb mit einer Verteilung der Mengen über verschiedenen Sorten mit Ernten von Ende August bis Anfang November. Im Kernobst sind je Maschine 2 ha zu bewirtschaften, bei Kirschen und anderem Steinobst (Zwetschgen, Nektarinen) mit kurzen Reifeintervallen lediglich 0,5 ha. Betriebe mit 5 ha Kirschen sind allerdings nicht sehr häufig anzutreffen. - Handausdünnung/Fruchtbehangsregulierung Obstbäume neigen dazu, eine Vielzahl an Blüten zu bilden. Unter optimalen Blühbedingungen führt dies beim Apfel, aber auch bei Steinobst zu einem Überbehang mit negativen Folgen für Qualität/Größe sowie Ertragsvermögen im Folgejahr. Der Überbehang wird zunächst mit chemischen und mechanischen Mitteln, danach zur Qualitätserzeugung per Handausdünnung reduziert. Die Notwendigkeit ist grundsätzlich bei allen Sorten gegeben, sie unterscheidet sich jedoch in Nuancen nach Sorte und Kulturzustand. Der Einsatz des Multifunktionswagen (A) erscheint gegenüber der Bühne günstiger, da die Gruppe mit 1-2 Personen kleiner ist als auf einer Arbeitsbühne, auf der 4 Personen arbeiten und sich gegenseitig die Arbeit wegnehmen können bzw. sich behindern. - Schnitt/Sonstige Pflegearbeiten Durchgeführt werden Schnittarbeiten im Winter wegen der niedrigen allgemeinen Arbeitsbelastung, ergänzend im Sommer für korrigierende Eingriffe und Laubarbeiten. Besonders beschwerlich sind Schnittarbeiten oberhalb Augenhöhe. Auch bei Pflege- oder Bindearbeiten am Netz bzw. im Wipfelbereich können die Arbeitseinsätze zeitlich gestreckt werden. Gemeinsames Schneiden ist wegen unterschiedlichen Arbeitsgeschwindigkeiten für eine auf einer Arbeitsbühne zusammen gefassten Gruppe von 4 Arbeitskräften Besatzung möglich aber nicht optimal. Auch beim Multifunktionswagen ist der Einsatz 1 AK im Prinzip günstiger denn mit möglichen 2 Personen. Für Arbeiten im höheren Bereich z.b. am Draht ist die Arbeitsbühne weiterhin notwendig, da Bereiche über 4 m mit Piccolo in der aktuellen Version nicht erreicht werden.
6 - Ernte (Apfel/Kirsche) Für Erntearbeiten wird die Zwischenplattform entfernt und das Erntegut auf der unteren Plattform zwischengelagert. Die Lagermöglichkeit ist auf maximal 1 Großkiste mit Äpfeln (300 kg) bzw. 1 Palette Kirschen begrenzt. Bei der Apfelernte werden lediglich die Mengen oberhalb 1,8 2 m Kulturhöhe mit einer Arbeitsplattform geerntet, entsprechend etwa 40% der Gesamtmenge. Die unten wachsenden Erntemengen werden mit dem Erntezug gepflückt und eingefahren. Voraussetzung für den Einsatz des Multifunktionswagens (A) mit 2 Arbeitskräften ist maximale Reihenweite von 3,4 m was bei den meisten Kulturen die Regel sein dürfte. Bei Ernteleistungen von 150 kg/akh ist im Turnus 30 min bzw. alle Meter Reihenlänge die Kiste zu tauschen. Das Leergut wird zuvor in den Reihen verteilt und im Arbeitsablauf aufgenommen. Zusätzlich können bis zu 2 Leerkisten mitgenommen werden. Damit ist die Logistik im Hinblick auf Verfügbarkeit von Leergut und Minimierung der Unterbrechungszeiten bei Leergutwechsel gut zu lösen. Die Arbeitsbühne mit 4 Personen hat gegenüber Multifunktionswagen Piccolo keine Vorteile bzw. auch hier sind Verluste an Arbeitszeiten aufgrund der Koordinierung unterschiedlicher Arbeitsgeschwindigkeiten der Pflücker möglich, insbesondere wenn 4 Personen auf der Bühne stehen. Im Versuchsbetrieb am KOB werden regelmäßig 2 Personen je Arbeitsbühne eingesetzt. Die kleinere Einheit Multifunktionswagen ist flexibler. In Steinobstkulturen sind die Erntemengen mit 20 kg je Arbeitskraftstunde geringer. Voraussetzung für den Einsatz von Arbeitsplattformen jeglicher Art sind Erziehungsformen in Orientierung der Hecke, die ein Befahren der Anlage ohne in die Fahrgasse stehende und daher hinderliche kräftige Äste ermöglichen. In verschiedenen südeuropäischen Anbaugebieten ist statt der arbeitstechnisch optimalen Spindelerziehung oder Drapeau Marchand noch der Spanische Busch üblich (Bilder Anhang). Die Ernte erfolgt hier teilweise noch veraltet mit Leitern. Auch bei ungünstiger Erziehungsform scheint die kleinere Einheit Multifunktionswagen im Vergleich zu größeren Arbeitsbühne insgesamt wendiger und flexibler, zumindest haben nicht mehrere Erntekräfte allfällige Rangiervorgänge abzuwarten. 6
7 7 4 Überlegungen bei der Anschaffung Aufgrund der verschiedenen Tätigkeiten in Arbeitshöhen über 4 m sind größere Betriebe über 10 ha häufig bereits mit einer Arbeitsbühne ausgestattet. In kleineren Betrieben sind solche Arbeitsbühnen überdimensioniert und meist zu teuer in der Anschaffung. Hier dürften eher eine günstigere Lösung wie z.b. der Multifunktionswagen Piccolo gesucht werden. Damit würde dieses bisher für Arbeitsplattformen weniger gegebene Marktsegment Kleinbetriebe erschlossen. Die Arbeitsbühne hat als alleinige Arbeitsplattform zumindest in der Ernte, häufig aber auch schon bei der Ausdünnung für größere Betriebe eine zu geringe Schlagkraft. Bei daraus erforderlichen weiteren Investitionen bieten sich dann eher kleinere Einheiten wie der Multifunktionswagen Piccolo an. Diese sind flexibler einsetzbar und preiswerter in Anschaffung und Unterhaltung. Größere Betriebe haben damit die Möglichkeit in kleinen Schritten zu wachsen. Hinsichtlich des Energieverbrauchs existieren an der Forschungseinrichtung KOB keine Vergleichszahlen und Daten. Aufgrund des deutlich geringeren Gewichts wird der Verbrauch der kleinen Einheit auf etwa 25 % der Arbeitsbühne geschätzt. Ein wesentlicher Vorteil des Multifunktionswagens Piccolo ist der deutlich geringere Anschaffungspreis und daraus ebenso geringere jährliche Abschreibungen. Mit einer Investitionssumme von lassen sich bei einer Arbeitsbühne (B) max. 4 Arbeitskräfte zweckmäßig einsetzen. Für kleinere Betriebe bis 10 ha ist die hohe Investitionssumme eine nicht nur psychologische sondern auch wirtschaftliche Hemmschwelle. In diesen Betrieben werden vermutlich eher 4 kleine Einheiten denn eine Arbeitsbühne beschafft. Alternative Piccolo Arbeitsbühne Kostenvergleich AfA Unterhalt Energie 25% 100% Anzahl Maschinen 7 1 Besatzung je Einheit 1 bis 2 Max. 4 Ausgestattete Arbeitskräfte 7 bis 14 Max. 4
8 8 Mit der Investitionssumme für eine Arbeitsbühne sind alternativ etwa 7 Multifunktionseinheiten finanzierbar. Diese unterscheiden sich in der Funktionalität unwesentlich zur Arbeitsbühne bzw. zeigen sich in einigen Situationen eher günstiger, da nicht eine ganze Arbeitsgruppe von 4 Arbeitskräften koordiniert werden muss. Diese 7 Einheiten können mit bis zu 14 Arbeitskräften besetzt werden. Die Erfahrungen aus dem Versuchsbetrieb zeigen eine gute Eignung der Piccolo-Geräte für den praktischen Einsatz im Baumobstbau. Die Maschine ist einfach zu bedienen und funktional. Positiv ist zudem der einfache Transport vom Betrieb zum Einsatzort per Hänger, falls die Obstgärten weiter vom Betriebsgebäude entfernt liegen sollten. Im Hinblick auf die Absatzmöglichkeiten ist der Multifunktionswagen Piccolo für kleinere Betriebe eine preisgünstige Alternative zur teuren Arbeitsbühne. Größere Betriebe sind häufig bereits mit einer Arbeitsbühne ausgestattet, bei weiteren Anschaffungen im Bereich Arbeitsplattform ist der flexiblere Multifunktionswagen eine sehr interessante Alternative da er in kleineren Einheiten flexibler einsetzbar und in der Anschaffung deutlich preiswerter ist. Eine interessante Fragestellung sind Einsatzmöglichkeiten in den Steinobstplantagen in Südeuropa mit unterschiedlichen Baumerziehungsformen. Hier wird häufig noch mit unwirtschaftlichen Steighilfen gearbeitet. Die Bewirtschaftung der großen Steinobstanbauflächen in diesen Gebieten eröffnen weitere Absatzchancen. Hier wären weitere arbeitswirtschaftliche Untersuchungen interessant Dr. Manfred Büchele
9 Ausdünnung mit Multifunktionswagen 9 Kirschenernte mit Multifunktionswagen
10 Ausdünnung mit Arbeitsbühne mit 2 Personen 10 Kirschenernte mit Arbeitsbühne mit 2 Personen
11 Erntearbeiten mit Multifunktionswagen und Erntekiste 11
12 Pflegearbeiten mit Multifunktionswagen 12
13 Apfelernte beidseitig mit Erntekiste und Multifunktionswagen 13
14 Leeren einer Erntekiste in die Großkiste 14 Absetzen der Großkiste in die Reihe
15 Erziehungsformen im Plantagenanbau 15 Spanisch Busch Schlanke Spindel
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