Exergiebilanz der stofflichen & energetischen Abfallverwertung: Fallbeispiele
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- Ulrike Baumhauer
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1 File: 121 Exergiebilanz der stofflichen & energetischen Abfallverwertung: Fallbeispiele G. Jungmeier & J. Pucker G. Schmidt JOANNEUM RESEARCH, Energieforschung Graz, Österreich Saubermacher Dienstleistungs AG, Graz Österreich R. Pomberger Institut für Nachhaltige Abfall-wirtschaft und Entsorgungstechnik (IAE), Montanuniversität Leoben, Leoben, Österreich Abfallwirtschaft KURZFASSUNG: Die Saubermacher Dienstleistungs AG ist an einer Energie- und Exergiebilanz der stofflichen und energetischen Verwertung von Abfällen interessiert, um bei der Verwertung von Abfällen den sinnvollsten Behandlungsweg herauszufinden. Es sollen die Randbedingungen ermittelt werden, unter denen die stoffliche oder die energetische Verwertung sinnvoller ist. Anhand von vier Fallbeispielen Aluminium, Kunststoff, Papier und Siedlungsabfall wurde dieser Vergleich auf Basis einer Lebenszyklusanalyse (LCA) durchgeführt, und die wesentlichen Einflussparameter ermittelt. Die Energie- und Exergiebilanz wird in einer Lebenszyklusanalyse ermittelt, die eine Methode zur Abschätzung der Umweltauswirkungen eines Produktes im Verlauf des Lebensweges (d.h. von der Wiege bis zur Bahre ) ist. Ausgehend von der Art und Menge der eingesetzten Endenergieträger (Strom und Wärme) und Hilfsstoffe werden jene Primärenergiemengen ermittelt, die notwendig sind, um die Abfälle zu verwerten. Dieser gesamte Primärenergiebedarf wird auch als Kumulierter Energiebedarf bezeichnet. Es werden die unterschiedlichen Energieträger und der Heizwert der Abfälle erfasst. Der Primärenergieaufwand ist Exergie. 1 EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG Die Saubermacher Dienstleistungs AG ist an einer Energie- und Exergiebilanz der stofflichen und energetischen Verwertung von Abfällen interessiert, wobei die Randbedingungen ermittelt werden sollen, unter denen die stoffliche oder die energetische Verwertung sinnvoller ist. Anhand von vier Fallbeispielen Aluminium, Kunststoff, Papier und Siedlungsabfall wurde dieser Vergleich auf Basis einer Lebenszyklusanalyse ( LCA - Life Cycle Assessment ) durchgeführt, und die wesentlichen Einflussparameter ermittelt. Einem Entsorgungsunternehmen stehen üblicherweise verschiedene Möglichkeiten der Behandlung zur Verfügung. Die Entscheidung, welcher Entsorgungsweg gewählt wird, obliegt dem Stoffstrommanagement. Die Entscheidung wird auf Basis ökonomischer aber zunehmend auch abfallwirtschaftlicher und ökologischer Kriterien gefällt. Die neue Abfallhierarchie der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie sieht den Vorrang des Recycling (= stoffliche Verwertung) vor sonstige Verwertung (umfasst auch die thermische Verwertung). Auf der letzten Stufe steht die Beseitigung, darunter fällt z.b. die Deponierung oder die Verbrennung mit geringer Energieeffizienz. Im Abfallwirtschaftsgesetz ist aber vorgesehen, dass bei Betrachtung des gesamten Lebenszyklus im Einzelfall auch von der Abfallhierarchie abgewichen werden kann, wenn nachgewiesen werden kann, dass ein bestimmtes Behandlungsverfahren bessere Ergebnisse zeigt. Die Bedeutung der Methode der LCA zur Bewertung von Abfallbehandlungswegen wird daher zunehmen. Das Interesse von Saubermacher war einerseits die Bilanzierung bestimmter Abfallarten und andererseits die Untersuchung der Frage, ob ein exergetischer Ansatz zu anderen Erkenntnissen führt als die energetische Betrachtung.
2 2 METHODE Die Energie- und Exergiebilanz wird in einer Lebenszyklusanalyse ermittelt, die eine Methode zur Abschätzung der Umweltauswirkungen eines Produktes im Verlauf des Lebensweges (d.h. von der Wiege bis zur Bahre ) ist. Ausgehend von der Art und Menge der eingesetzten Endenergieträger (Strom und Wärme) und Hilfsstoffe werden jene Primärenergiemengen ermittelt, die notwendig sind, um die Abfälle zu verwerten. Dieser gesamte Primärenergiebedarf wird auch als Kumulierter Energiebedarf (KEA) bezeichnet. Es werden die unterschiedlichen Energieträger und der Heizwert der Abfälle erfasst. Der Primärenergieaufwand ist Exergie. Bei den Primärenergieträgern werden erfasst: die fossilen Energieträger Kohle, Erdgas und Erdöl, die erneuerbaren Energieträger Biomasse, Sonne, Wasserkraft und Wind, sonstige Energieträger wie Abfälle (z.b. thermische Verwertung in der Abfallverbrennung) und Atomkraft sowie der Heizwert der Materialien. Exergie bezeichnet den Teil der Gesamtenergie eines Systems oder Stoffstroms, der Arbeit verrichten kann, wenn er in das thermodynamische (thermische, mechanische und chemische) Gleichgewicht mit seiner Umgebung gebracht wird. Exergie basiert also auf einem Potential zwischen mindestens zwei Zuständen, wobei einer davon meist der Umgebungszustand ist. Die Freie Enthalpie gibt die Arbeitsfähigkeit eines chemischen Systems (in einem offenen isothermen Prozess) an. Sie unterscheidet sich von der frei werdenden Energie (H H2) um das Glied T (S1 S2). Diese Glied ist für Brennstoffe bei normaler Temperatur allerdings so klein, dass es meist vernachlässigt werden kann (daher Vereinfachung: Arbeitsfähigkeit = Heizwert): Strom, Brennstoff, Abfälle und Produkt sind 100 % Exergie Exergiegehalt der Wärme abhängig von Temperaturniveau: Prozesswärme 80 % (1.000 C) und Heizwärme 30 % (110 C). Zur Bewertung werden die energetische und die exergetische Effizienz folgend festgelegt (Nur auf Energieprodukte und Materialien mit Heizwert anwendbar, d.h. nicht auf Aluminium): Energetische Effizienz [%]: Output Energie / Input Energie = (Energie Strom+Wärme+Material ) / KEA, Exergetische Effizienz [%]: Output Exergie / Input Exergie = (Exergie Strom+Wärme+Material ) / KEA und Vergleich: Effizienz Stoffliche Verwertung zu Effizienz energetische Verwertung. Abb. 1: Methode für den Vergleich der stofflichen und energetischen Verwertung
3 In Abb. 1 ist die Methode für den Vergleich der stofflichen und energetischen Verwertung im Lebenszyklus dargestellt. Der Vergleich muss sich auf dieselbe Menge Abfall (z.b. 1 Tonne) wie auch auf dieselben erzeugten Produkte ( Nutzen ) beziehen (z.b. x MWh Strom, y MWh Wärme, z t Produkt), d.h. in den Systemgrenzen des Vergleiches müssen bei der stofflichen Abfallverwertung ein Energiesystem und bei der energetischen Abfallverwertung ein Produktsystem ergänzt werden. 3 UNTERSUCHTE FALLBEISPIELE Abfallwirtschaft In Tab. 1 sind die untersuchten Abfälle und deren Verwertungen mit den im Detail untersuchten Varianten in Tab. 2 dargestellt. Die Varianten sind abhängig von: elektrischen & thermischen Nutzungsgraden der Abfallverbrennung, Energiebedarf des Recyclings und stoffliche Ausbeute beim Recycling. Tab. 1: Untersuchte Abfälle und deren Verwertungen Abfall Stoffliche Verwertung Energetische Verwertung Altaluminium + 1) - Siedlungsabfall (als Ersatzbrennstoff) - + 2) Altkunststoff + + Altpapier untersucht, -..nicht untersucht 1) Vergleich mit Deponierung 2) Vergleich Müllverbrennung und Zementindustrie Tab. 2: Untersuchte Varianten Variante 2) Nutzungsrad Müllverbrennung 1) Energiebedarf Recycling bzgl. Primärproduktion Stoffliche Ausbeute beim Recycling Basis 60 % (20 %/40 %) 3) 40 % 80 % Ungünstig 20 % (20 %/0 %) 3) 80 % 65 % Günstig 80 % (20 %/60 %) 3) 30 % 90 % 1) 20 % elektrischer Nutzungsgrad 2) Datengrundlagen: Grunddaten aus GEMIS und eigene Annahme 3) Nutzungsgrad Strom/Wärme 4 ERGEBNISSE 4.1 Fallbeispiele Der Vergleich der energetischen und exergetischen Effizienz der untersuchten Abfälle ergab folgende Ergebnisse Altaluminium: das Recycling von Altaluminium ist energetisch deutlich günstiger, als die Erzeugung von neuem Aluminium und Deponierung von Altaluminium. Siedlungsabfall: Die energetische und exergetische Effizienz der energetischen Verwertung von Siedlungsabfall (nach Aufbereitung als Ersatzbrennstoff) in der Zementindustrie ist etwa gleich wie in der hochwertigen Abfallverbrennung. Die Effizienz in der Zementindustrie ist deutlich höher, wenn in der alternativen Abfallverbrennung nur Strom erzeugt wird, im Gegensatz dazu ist die Effizienz in der Zementindustrie geringer, wenn in der Abfallverbrennung zusätzlich auch ein Großteil der anfallenden Wärme genutzt werden kann. Das Ergebnis wird sehr stark vom thermischen und elektrischen Nutzungsgrad der Abfallverbrennung beeinflusst. Altkunststoffe (Abb. 2 und 3): Die energetische und exergetische Effizienz der energetischen Verwertung von Altkunststoffen ist nur geringfügig günstiger als die stoffliche Ver-
4 wertung. Wenn bei der stofflichen Verwertung die Produktausbeute hoch und der Energiebedarf gering sind, kann die energetische bzw. exergetische Effizienz der stofflichen Verwertung von Altkunststoff höher sein als dessen energetische Verwertung. Altpapier (Abb. 4 und 5): Die energetische und exergetische Effizienz der energetischen Verwertung von Altpapier ist dann deutlich günstiger als die stoffliche Verwertung, wenn das nicht genutzte Holz im Fall der stofflichen Verwertung im Wald verbleibt und natürlich oxidiert. Für den Fall, dass Kunststoffe bzw. Altpapier öfters stofflich verwertet werden, kann angenommen werden, dass beim 1 Recycling die stoffliche Verwertung energetisch und exergetisch günstiger sein kann, da die Qualität des Altkunststoffs und Altpapiers vor dem 1 Recycling höher ist als beim 2. bzw. 3. Recycling. Beim mehrmaligen Recycling verschlechtert sich die Qualität des Altpapiers bzw. Altkunststoffes, sodass die energetische Verwertung günstiger sein kann als die stoffliche Verwertung. Abb. 2: Vergleich der stofflichen und energetischen Verwertung von Kunststoffen Abb. 3: Effizienz der stofflichen und energetischen Verwertung von Kunststoffen
5 Abb. 4: Vergleich der stofflichen und energetischen Verwertung von Altpapier Abb. 5: Effizienz der stofflichen und energetischen Verwertung von Altpapier 4.2 Methodische Erkenntnisse Die folgenden methodischen Erkenntnisse wurden gewonnen: Ein Vergleich der stofflichen und energetischen Abfallverwertung kann nur auf Basis einer Lebenszyklusanalyse durchgeführt werden. Der Vergleich muss sich auf dieselbe Menge Abfall (z.b. 1 Tonne) wie auch auf dieselben erzeugten Produkte ( Nutzen ) beziehen (z.b. x MWh Strom, y MWh Wärme, z t Produkt), d.h. In den Systemgrenzen des Vergleiches müssen bei der stofflichen Abfallverwertung ein Energiesystem und bei der energetischen Abfallverwertung ein Produktsystem ergänzt werden. Für die energetische bzw. exergetische Bewertung muss der kumulierte Primärenergieaufwand in der Lebenszyklusanalyse für die stoffliche und energetische Verwertung ermittelt werden. Zur energetischen bzw. exergetischen Bewertung wird die energetische bzw. exergetische Effizienz ermittelt, die sich aus dem Verhältnis der Energie bzw. Exergie der erzeugten Produkte zum kumulierten Primärenergie- bzw. Exergieaufwand ergib. Der Energiegehalt von Strom, Abfällen und Brennstoffen ist gleich der Exergie. Der Exergiegehalt der Wärme hängt vom Temperaturniveau der anfallenden bzw. genutzten Wärme ab, z.b. Wärme bei 100 C hat einen Exergiegehalt von etwa 30 %.
6 Der Vergleich der energetischen und exergetischen Effizienz der stofflichen und energetischen Abfallverwertung ergibt dasselbe Ergebnis, da bei beiden Verwertungen der Exergiegehalt der Produkte derselbe ist, d.h. die exergetische Bewertung ergibt keine zusätzlichen Erkenntnisse zur energetischen Bewertung. Insgesamt zeigt sich, das die folgende beiden Faktoren den Vergleich der energetischen bzw. exergetischen Effizienz der energetischen und stofflichen Verwertung maßgeblich beeinflussen: der Nutzungsgrad der Strom- und Wärmeerzeugung (bzw. Möglichkeit der Wärmenutzung) aus Abfall in der Müllverbrennung und der Energiebedarf und die Produktausbeute der stofflichen Verwertung. Im Einzelfall kann auch eine günstige stoffliche (oder energetische) Verwertung mit einer ungünstigen energetischen (oder stofflichen) Verwertung verglichen werden. Das Ergebnis des Vergleiches ist von der Qualität der Verwertungsverfahren abhängig, die durch wesentliche Einflussfaktoren bestimmt wird. 4.3 Einflussfaktoren Die folgenden wesentlichen Einflussfaktoren wurden identifiziert: Energetische Verwertung: Nutzungsgrade der Abfallverbrennung, d.h. das Verhältnis der Brennstoffenergie zur erzeugten Strom- bzw. Wärmemenge, Menge der nutzbaren Wärme bei Abfallverbrennung, Temperaturniveau der nutzbaren Wärme, z.b. Fernwärme, Prozesswärme in Zementindustrie, Ersetze Energie: Stromerzeugung, Art der ersetzten Energieträger: Holz vs. Kohle, KWK bei fossiler Energie oder getrennte Strom- und Wärme- Erzeugung Stoffliche Verwertung: Energiebedarf, Produktausbeute, Nutzung der Reststoffe bei der stofflichen Verwertung, Qualität von Recylingprodukten: Kunststoff, Papier, Aluminium, Berücksichtigung der natürlichen Oxidation von Holz bei stofflicher Verwertung von Altpapier Allgemein: Transportdistanzen, Standort der Anlagen, z.b. Österreich, China, Energie- Exergieinhalt der Stoffe mit Heizwert Zur Beurteilung ob ein Abfallbehandlungsverfahren abfallwirtschaftlich sinnvoll ist können noch viele andere Kriterien herangezogen werden. Die Bewertung anderer Umweltaspekte wie z.b. Treibhausgaspotential, Wasserverbrauch oder Verbleib von Schadstoffen kann andere Ergebnisse als die energetische bzw. exergetische Bewertung ergeben. LITERATUR Diese Analysen wurden von der JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbh im Auftrag und in Zusammenarbeit mit der Saubermacher Dienstleistungs AG durchgeführt.
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