Die Bedeutung von Stepped-Care Ansätzen in der Suchthilfe
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- Kathrin Busch
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1 Die Bedeutung von Stepped-Care Ansätzen in der Suchthilfe Hans-Jürgen Rumpf Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Forschungsgruppe S:TEP (Substanzmissbrauch: Therapie, Epidemiologie und Prävention) Universität zu Lübeck Intervention 4 Stepped Care Intervention 3 Nein Intervention 2 Nein Erfolg? Intervention 1 Nein Ja Erfolg? Erfolg? Ja Ja B e h a n d l u n g s e n d e 1
2 ? Was spricht für Stepped-Care? Welche Befunde gibt es? Welche Konsequenzen ergeben sich für die Versorgung? Was spricht für Stepped-Care? Welche Befunde gibt es? Welche Konsequenzen ergeben sich für die Versorgung 2
3 Grund 1: Therapie kann zu spät kommen TACOS-Studie Stadt Lübeck und 46 umliegende Gemeinden Kreis Ostholstein Ostsee Einwohner Zufallsstichprobe Einwohnermeldeämter Kreis Segeberg Lübeck Kreis Nordwestmecklenburg Jahre 4075 Teilnehmer Teilnahmerate 70% Kreis Stormarn Hamburg Lübeck Stadt Kreis Herzogtum- Lauenburg 20 km Einzugsgebiet Lübecks Meyer et al., 2000,
4 Methoden Fälle n=153 Personen mit Alkoholabhängigkeit DSM-IV Lebenszeitpävalenz von 3,8 % (3,2-4,3%) n= 98 remittiert n= 55 aktual Vitalstatus Einwohnermeldeamtsanfrage 14 Jahre nach Baseline Erhebung => Lebend oder Todesdatum Informationen ermittelt für N=149 Personen Ergebnisse 149 Alkoholabhängige Lebend Verstorben Total Entwöhnungsbehandlung nein 85,7% 14,3% 100 ja 76,5% 23,5% 100 John, Rumpf, Bischof, Hapke, Hanke & Meyer (2013) Alcoholism: Clinical and Experimental Research 4
5 Grund 2: Therapie ist für viele nicht notwendig Behandlung Keine Behandlung 5
6 6
7 Das Krankheitsmodell der Sucht Johnson (1980): I ll quit tomorrow Alkoholismus ist eine tödliche Krankheit, sie ist zu 100% tödlich. Niemand überlebt den Alkoholismus, wenn dieser unkontrolliert bleibt. Diese Menschen werden nicht in der Lage sein, aus eigener Kraft mit dem Trinken aufzuhören. Sie sind gezwungen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Tun sie es nicht, gehen sie elendig zu Grunde. Das Krankheitsmodell der Sucht Dupont (1993): Preface in Ross, G.R. Treating Adolescent Substance Abuse Sucht wächst sich nicht aus. Eine unbehandelte Sucht verschlimmert sich unweigerlich, hat nicht nur ein zunehmende Schädigung zur Folge, sondern auch Haftstrafen und letzten Endes den Tod. 7
8 Das Krankheitsmodell der Sucht Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2008 Unbehandelt führt die Alkoholkrankheit meist zum Tod. 8
9 Benjamin Rush (1814). An inquiry into the effects of ardent spirits upon the human body and mind. Bericht über eine Reihe von Fällen, die ohne Hilfen von Alkoholproblemen remittierten. Erste Hinweise auf unbehandelte Remissionen Winick (1962). In Registern über Drogenabhängige nehmen die Zahlen im Längschnitt ab. Drew (1969). Die geringe Prävalenz von Suchtproblemen bei Älteren kann nicht vollständig durch Behandlungserfolge oder Mortalität erklärt werden. 9
10 Erste Hinweise auf unbehandelte Remissionen Robins (1974). Drogenabhängige Vietnam- Veteranen haben zum überwiegenden Teil bei Rückkehr in die USA eine Remission Nur 2-6% nehmen Hilfe in Anspruch Die Rückfallraten sind gering und bei Behandelten und Nichtbehandelten gleich. Längsschnittstudien von Vaillant, Cahalan und Fillmore: Abnahme des problematischen Alkoholkonsums ohne Inanspruchnahme von Hilfen. Greenfield & Clowd (1996): The Elephant that no one sees 10
11 Wie oft kommen unbehandelte Remissionen vor? Unbehandelte Remission bei Alkoholabhängigkeit Kanada: 78% (Sobellet al. 1996) USA: 72,4% (Dawson et al., 2005) 11
12 Inanspruchnahme von Hilfen bei remittierten Alkoholabhängigen (DSM-IV) Keine Inanspruchnahme 53,1% 13,3% 33,7% Wenige Kontakte Über wenige Kontakte hinausgehend Rumpf et al. (2000) Sucht 46, 9-17 Ehemaliger Drogengebrauch und Behandlung Cannabis (regelmäßig) Kokain/Crack LSD Speed Heroin 0 Cunningham,
13 Behandlungs- und Remissionsraten bei Jugendlichen 14-24jährige, 3 Follow-ups innerhalb von 10 Jahren Kontakt zum Suchthilfesystem: 4,6% Prävalenz Remission ohne formelle Hilfe: Alkohol: 17,2% Cannabis: 38,3% Illegale Substanzen: 37,4 Tabak: 20,4 Perkonigg,Rumpf,Wittchen(2009) Unbehandelten Remission bei Jugendlichen Rate der unbehandelten Remission unter allen Remissionen Alkohol: 86,9% Cannabis: 85,4% Illegale Substanzen: 95,4% Tabak: 99,3% Perkonigg,Rumpf,Wittchen(2009) 13
14 Remission ohne formelle Hilfe bei pathologischem Glücksspielen ,9 81,6 p= 0,19 Frauen Männer 20 0? Was ermöglicht Selbstheilungen 14
15 Wie unterscheiden sich die Selbstremittierer von denen, die in Behandlung gehen Insgesamt geringere Schwere der Abhängigkeit Weniger suchtbezogene Probleme 15
16 Anteil der unbehandelten Remissionen nach Problemschwere % Cunningham, 1999 One or more Two or more Three or more Four or more Five or more All six Selbstremittierer Bevölkerung Patienten in stat. Behandlung 16
17 You re in here for excessive drinking Great! When do we start? Auslöser der Remission Auslöser, Lebensereignisse Häufigste Bereiche (Carballo, 2007) Familiäre Probleme Gesundheit Finanzielle Gründe Wichtige Bezugspersonen Negative persönliche Folgen Soziale Konsequenzen 17
18 Life-events NESARC (Dawson et al., 2006) Nur wenige Lebensereignisse prädiktiv für Remission Anfang oder Ende einer ersten Ehe Geburt eigener Kinder Keine Unterschiede zwischen behandelten und unbehandelten Remissionen. Kognitiver Evaluationsprozess Negative Konsequenzen werden zunehmend bedeutsamer (u.a. Klingemann, 1992, Sobell et al. 1993, Sobell et al. 2001) 18
19 Was sind die Konsequenzen? Genutztes Wissen für die Behandlung von Sucht Ungenutztes Wissen 19
20 Spektrum notwendiger Behandlung Keine professionelle Hilfe Minimal- und Kurzinterventionen Ambulante Behandlung Intensive professionelle Hilfe Stationäre Behandlung? Was spricht für Stepped-Care? Welche Befunde gibt es? Welche Konsequenzen ergeben sich für die Versorgung 20
21 Studien zu Stepped Care im Suchtbereich Systematisches Review (Jaehne et al., 2012): 7 randomisierte Kontrollgruppenstudien (4 Alkohol, 3 Rauchen) Wenig positive Befunde Unterschiedliches Verständnis von Stepped Care Kleine Stichproben Projekt SIP: Stepped Interventions for Problem drinkers 81 Arztpraxen Screenings 408 randomisiert zugewiesen: Fixed Care: Expertensystem, Manual, 4 Beratungen Stepped Care: Expertensystem, Manual, Beratungen abhängig vom Erfolg Kontrollgruppe 21
22 Reduktion Alkohol (Gramm/Tag) Alkoholabhängigkeit Risikokonsum Missbrauch Bischof et al. (2008) Drug & Alcohol Dependence 93, Zeitaufwand der Intervention (Minuten) , ,3 Fixed Care Stepped Care 22
23 ? Was ist Stepped-Care? Was spricht für Stepped-Care? Welche Befunde gibt es? Welche Konsequenzen ergeben sich für die Versorgung Re-aktiv Pro-aktiv Behandlungssystem 23
24 Konsequenzen Pro-aktiv Erreichen Verkürzen Vermeiden Nutzung von Zugangswegen Internet Behörden Arbeitsplatz Krankenhäuser Arztpraxen 24
25 Versorgungsmodell Stepped-Care Step-Down Care Continued Care Gründe keine Hilfe in Anspruch zu nehmen Allein damit fertig werden 4,8 Trinken kein so großes Problem 3,8 Nicht eingestehen Hilfe zu brauchen Problem nicht mit anderen besprechen Zu peinlich Sorgen was andere denken Zu stolz Behandlung hilft nicht Behandlung zu aufwendig 2,2 2 1,8 1,7 1,6 1,6 1,1 Presseaufruf Bevölkerung 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 Rumpf et al. Addiction 2000, 95:
26 Konsequenzen für die Behandlung Entstigmatisierung von Behandlung Wahrung der Autonomie des Patienten Stärkung des Gefühls von Selbstwirksamkeit Der Patient sollte das Gefühl bekommen, dass er nicht in Behandlung ist. Vernetzung / neue Versorgungsstrukturen Medizinische Basisversorgung Psychosoziale Versorgung Suchtkrankenversorgung 26
27 Vernetzung / neue Versorgungsstrukturen Kurzintervention Ambulant Tagesklinik Stationär Vorteile von Stepped Care Erreichbarkeit erhöhen Haltequoten verbessern Motivation erhöhen Kosten sparen 27
28 Nachteile von Stepped Care Behandlung greift nicht Senkung der Wirkungserwartungen Erhöhung der Kosten Voraussetzungen für Stepped Care Etablierung/Verbesserung des Angebots niedrigschwelliger Maßnahmen Schaffung von Entscheidungsalgorithmen Weitere Forschung 28
29 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 29
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