Tomaten sind nicht. Klassisch Rot, aber auch Orange,

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1 NATUR Garten Tomaten zu kultivieren verlangt gärtnerisches Wissen und vor allem Erfahrung. Besonders reizvoll ist es, alte und seltene Sorten anzubauen. Viele davon sind farbliche und geschmackliche Besonderheiten. Text und Fotos: Brunhilde Bross-Burkhardt Klassisch Rot, aber auch Orange, Gelb, Grün, Purpur, Weiss, Schwarz und sogar bunt gefärbt Tomaten gibt es in fast allen Farben. Aber nicht nur das: Es gibt sie zudem rund und länglich, glatt oder gerippt, birnen- und paprikaförmig und das von der Grösse einer Johannisbeere bis zu der einer Ananas. Die Pflanzen selbst wachsen unterschiedlich hoch, ihre Blätter sind mal heller und mal dunkler grün oder sie ähneln Kartoffelblättern. Die ursprünglich aus Südamerika stammende Pflanze wird heute fast weltweit angebaut und es gibt sie in unzähligen Farben, Formen und Sorten. Selbstverständlich unterscheiden sich die Sorten auch bei den inneren Werten wie Süsse, Säure und Aroma. Unterschiede gibt es auch in der Konsistenz des Fruchtfleischs, also bei der Schnittfestigkeit, und der Dicke der Haut. Oftmals glaubt man beim Probieren kleiner Tomatenstücke gar nicht, es mit einer Tomate zu tun zu haben. Diese grosse Vielfalt regt zum Experimentieren an. Kein Wunder, dass sich Köche und Feinschmecker für besondere Sorten für besondere Gelegenheiten interessieren (siehe «Natürlich» ). Samen-Archive und Saatgut-Tauschbörsen Zunächst einmal sind es die Gärtner, die für die Vielfalt sorgen. Viele engagierte Tomatengärtner haben Freude daran, Dutzende verschiedene Sorten nebeneinander stehen zu haben. Sie sehen den Tomaten sind nicht

2 Garten NATUR hohen kulturellen Wert der alten Sorten und der Lokalsorten und versuchen, sie weiterhin zu pflegen und zu erhalten. Das geht nur durch Anbau, Saatgutgewinnung und Verbreitung der Sorten. In Ländern wie der Schweiz, Österreich, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und den USA haben sich Menschen organisiert, um die Vielfalt der Gemüsearten und -sorten zu erhalten. Sie richten Samenbanken und -tauschbörsen ein und geben Saatgut oder Jungpflanzen von seltenen Sorten weiter. Durch die Aktivitäten der Sortenpfleger entwickelt sich nach und nach ein Bewusstsein in der Bevölkerung für solche Kulturpflanzenschätze, und seltene Kürbis-, Kartoffel-, Bohnen- oder Tomatensorten werden weiter in den Gärten kultiviert. Im üblichen Saatguthandel sind die gängigen samenechten Sorten, zum Teil auch alte Lokalsorten wie «Baselbieter Röteli» oder «Berner Rosen» und moderne Hybridsorten (F1-Hybriden) erhältlich. Ganz rare Sorten bekommt man oft nur im Tausch oder bei speziellen Bezugsquellen (siehe Kasten auf Seite 19). Ein Pilz bedroht die Ernte Nebst der Frage nach der gewünschten Sorte müssen sich Tomatengärtner auch mit der Kulturtechnik befassen, damit die Tomaten gesund heranwachsen und einen guten Ertrag bringen. Das grösste Problem beim Freilandanbau der Tomaten ist die Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans), bei der Blätter und Früchte oft über Nacht befallen werden und die Bestände total zusammenbrechen. In den vergangenen Jahren gab es dank einer günstigen Witterung relativ wenig Probleme mit der gefürchteten Pilzkrankheit. Doch das kann sich ändern. Tomatenanbauer tun also gut daran, sich auch weiterhin gegen die Kraut- und Braunfäule zu wappnen. Richtige Sorte ist Erfahrungssache Das Vorbeugen gegen die Kraut- und Braunfäule beginnt mit der Wahl der richtigen Sorten. Das ist aber alles andere als einfach, denn: Es gibt keine allgemein gültigen Sorten-Empfehlungen, die die Probleme aller Standorte und der unterschiedlichsten Klimabedingungen berücksichtigen können. Die einzelnen Standort-Voraussetzungen sind dafür zu unterschiedlich, das gilt auch für das nur rund und rot Natürlich

3 NATUR Garten gärtnerische Wissen der Kultivatoren. Das bedeutet: Jeder Tomatenanbauer muss seine eigenen Erfahrungen sammeln. Allgemein lässt sich nur sagen, dass man in Regionen mit kurzer Vegetationszeit früh reifende Sorten anbauen sollte. Ratsam ist auch, immer ein paar Sorten nebeneinander anzubauen und zu beobachten, wie sich die einzelnen Pflanzen entwickeln. Sorten, die sich bewähren, können dann im darauf folgenden Jahr verstärkt angebaut werden. Die meisten Gärtner bauen für die unterschiedlichen Verwendungen ohnehin mehrere Tomatentypen an, wie Stabtomaten, Fleischtomaten und Cherrytomaten, dazu vielleicht noch Busch- oder Balkontomaten. Das macht auch der Schweizer Tomatenfachmann Andres Sprecher aus Breitenbach SO (siehe «Natürlich» ). Er pflanzt in seinem Garten in jeder Saison bis zu 70 Sorten an. Dazu gehören solche mit exotisch klingenden Namen wie «Ananastomate», «Grünes Zebra» oder die kartoffelblättrige und früh reifende «Matina». Letztere ist jedoch, wie die Erfahrung verschiedener Züchter zeigt, sehr anfällig für die Kraut- und Braunfäule. Zähe Früchte widerstehen dem Pilz Sehr widerstandsfähig gegen die Krautund Braunfäule hat sich gemäss erfahrenen Tomatengärtnern die Baumtomate «de Berao» erwiesen. Sie reift allerdings spät, so dass sie nur für warme Klimalagen mit langer Vegetationszeit zu empfehlen ist. Ebenfalls recht widerstandsfähig ist die Sorte «Weiss behaarte», eine cremefarbene, kleine und ganz weiche Tomate, die sich für Suppen und Saucen eignet. Einige Hybrid-Sorten wie die Stabtomate «Vitella F1» und die Cherrytomate «Philovita F1» sind gegen die Kraut- und Braunfäule und auch Mehltau in der Regel sehr resistent, allerdings sind sie in der Schweiz nur für Profigärtner erhältlich. Weitere robuste Hybrid-Sorten sind «Floridity F1», «Cristal F1» und «Vanessa F1». Bei den samenechten Tomaten gelten die «Königin von Sainte Marthe», «Berner Rosen», «Gezahnte», «Ananastomate», «Red & Yellow Pearshaped», «Pyros», «Selma- Duro» und «Selma-Tom» als wenig anfällig für die Kraut- und Braunfäule. Fleischtomate Emeraude Cuore di Bue oder Ochsenherz 18 Natürlich

4 Tomaten-Kultur auf der Terrasse: An einer wärmenden Wand und unter einem Vordach, geschützt vor Regen, gedeihen die köstlichen Früchte auch in Töpfen Garten NATUR Geschützter Anbau bringt Ertrag Am sichersten lässt sich dem Befall mit Krankheiten durch den Anbau unter Glas oder Folie vorbeugen. Zumindest sollten die Pflanzen von oben und zu den Wetterseiten hin geschützt sein. Manche Gartenbesitzer konstruieren mit Holz und Folie oder Plexiglas phantasievolle Tomatenhäuser. Tomatenpflanzen stehen aber auch gut an einem warmen und vor Regen geschützten Platz auf der Terrasse oder unter einem Dachvorsprung. An solchen Orten lassen sich Tomatenstöcke sehr gut in grossen Töpfen und Kübeln ziehen, vorausgesetzt sie wurzeln in guter Erde und bekommen genügend Wasser und Nährstoffe. Die Überdachungen dienen allein dem Zweck, Regen und Feuchtigkeit von den Tomatenstöcken fern zu halten. Blätter, Stängel und Früchte sollen nicht nass werden, denn Nässe begünstigt den Befall mit der Pilzkrankheit. Die Pilzsporen der Kraut- und Braunfäule keimen nämlich nur bei Feuchtigkeit. Dann aber dringen die Pilzhyphen rasch in das Pflanzengewebe ein und durchziehen es innerhalb kürzester Zeit völlig. Das erklärt, warum Tomatenbestände scheinbar «über Nacht» durch den rasch wachsenden Pilz zerstört werden. Der Feind kommt mit dem Wind Die Gefahr des Pilzbefalls besteht aber nicht von Anfang an. Erst etwa ab Ende Juni ist mit einem Befall zu rechnen, dann nämlich, wenn die Kartoffeln in den Gärten und auf den Äckern der Umgebung krank sind. Die Pilzsporen werden jedes Jahr neu von den Kartoffelbeständen in den Garten geweht. Insofern nützt es nichts, wenn man den Platz für die Tomaten im Garten wechselt; die Krautund Braunfäule ist keine Fruchtfolgekrankheit. Allerdings ist nicht völlig aus- Ziehen, Aussetzen, Ernten Die einfachste Art, Tomaten im eigenen Garten zu ziehen ist, in Gärtnereien Setzlinge zu kaufen. Die Sortenauswahl ist dabei aber sehr eingeschränkt. Eine riesige Auswahl gibt es aber bei den Samen. Die Aussaat: Ab Ende Februar bis Mitte März ist der geeignete Zeitpunkt für die Aussaat der Samen. Wichtig dabei: Aussaat-Erde verwenden und die Keimlinge bei Temperaturen um 20 Grad ziehen. Über die Aussaat-Gefässe gestülpte durchsichtige Plastiksäcke oder Gläser schaffen eine Miniatur-Treibhaus-Athmosphäre. Umtopfen: Ab Mitte Mai, nach den Eisheiligen, können die Setzlinge in den Garten oder in Töpfen auf Balkon und Terrasse ausgebracht werden. Empfehlenswert für die Topfzucht ist Balkonerde, angereichert mit wenig Kompost und zur Auflockerung einige Kokosfasern. Wichtig: Tomaten täglich giessen und mit Fingerspitzengefühl nachdüngen. Standort: Tomaten lieben warme, sonnige und vor Regen geschützte Plätze. Tomaten sind Selbstbestäuber und brauchen deshalb etwas Wind, der die Pflanzen bewegt. Ernte: Tomaten reifen nicht alle auf einmal. So können also über mehrere Wochen hinweg immer wieder frische Früchte geerntet werden. Etwas zu früh gepflückte Tomaten reifen an der Sonne nach. kel Mirabelle Blanche Andenhorn (Paprikatomate) Grünes Zebra Purpurkalebasse Natürlich

5 Garten NATUR Befall durch Kraut- und Braunfäule: Die Pilzkrankheit zerstört ganze Tomatenstauden über Nacht zuschliessen, dass die Pilzkrankheit über nicht verrottetes Blattwerk im Boden oder im Gewächshaus weiter verbreitet wird. Ein Fruchtwechsel tut also allein schon deshalb gut, um bodenbedingten Krankheiten auszuweichen. Doch auch der geschützte Anbau unter einem Dach bietet nicht hundertprozentige Sicherheit. Wenn die Pflanzen zu dicht stehen und wenn nach dem Wässern das Blattwerk nicht schnell genug abtrocknen kann, droht der Befall. Für eine sanfte Luftbewegung im Gewächshaus sollte deshalb gesorgt sein. Das ist auch nötig für die Befruchtung der Tomatenblüten. Viele Haus-, aber kein Wundermittel Wenn die Pflanzen trotz Vorbeugen und guter Sortenwahl auf den Blättern die verräterischen braunen Flecken der Krautund Braunfäule zeigen, ist rasches Handeln angesagt. Viele Gärtner brechen bei den ersten Spuren des Befalls die betroffenen Blätter oder Triebspitzen ab. Wenn es danach trocken bleibt, breitet sich die Pilzkrankheit oft nicht weiter aus. Erfahrene Tomatengärtner beugen zudem durch Abbrechen der unteren Blätter dem Befall vor. Dabei gilt zu beachten: Nicht zu viele Blätter auf einmal ausbrechen, denn die Pflanze braucht ihr grünes Blattwerk zum Leben. Seit etwa Mitte der 1990er-Jahre wurde die Kraut- und Braunfäule zu einem grossen Problem für die Tomatenanbauer in der ganzen Schweiz. Die gängigen Biogarten- Rezepte zum Schutz vor der Pilzkrankheit Spritzen mit Schachtelhalmbrühe, Mischkultur mit Petersilie oder Sellerie halfen gegen die Krankheit nicht mehr. Wer nicht mit konventionellen Fungiziden, zum Beispiel mit Kupferpräparaten, spritzen wollte, musste oft mit ansehen, wie seine Tomatenbestände in kurzer Zeit von der Pilzkrankheit zerstört wurden. Infobox Informationen über Tomaten und Bezugsquellen für Saatgut Biologische Samengärtnerei Zollinger, 1897 Les Evouettes, Telefon , Samen Mauser, 8404 Winterthur, Telefon , Wyss Samen und Pflanzen, 4528 Zuchwil, Telefon , Sativa Rheinau, 8462 Rheinau, Telefon , ProSpecieRara Schweizerische Stiftung für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren, 5000 Aarau, Telefon , Arche Noah Gesellschaft zur Erhaltung und Verbreitung der Kulturpflanzenvielfalt, A-3553 Schiltern, Coop-Filialen, ProSpecie-Rara-Sortiment, Bioterra, 8003 Zürich, Telefon , Bioanbauer berichten, dass das Spritzen von Magermilch im Gewächshaus Erfolg bringt. Gartenbauliche Versuchsanstalten testen Braunalgen- und Kräuterextrakte. Manche Anbauer schwören auf den Erfolg der EM-Mikroorganismen (siehe «Natürlich» ). Aber: Ein Wundermittel gegen die Kraut- und Braunfäule dürfte es auch in naher Zukunft nicht geben. VEN Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.v., D Schandelah, Buchtipps Sprecher: «Alles Tomaten», Herausgeber Bioterra, 2003, Zürich, Fr. 17. Bross-Burkhardt: «Tomaten, Paprika, Auberginen & Co.», Verlag BLV 2006, ISBN X, Fr Buchter-Weisbrodt: «Tomaten für den Hausgarten», Verlag Österreichisch. Agrarvlg 2006, ISBN , Fr Landis-Sager: «Tomaten Die besten Rezepte», AT Verlag 2001, ISBN , Fr Bankl: «Kolumbus brachte nicht nur die Tomaten», Goldmann Verlag 2004, ISBN , Fr Internet Natürlich