Trend Nachhaltigkeit Praktische Tipps für den Umgang mit EPD, Ökobilanz und Co
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- Georg Fiedler
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1 Seite 1 von 8 Dipl.-Ing. (FH) Patrick Wortner, Projektingenieur, Zertifizierungs- und Überwachungsstelle Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg, Leiter PR & Marketingkommunikation Trend Nachhaltigkeit Praktische Tipps für den Umgang mit EPD, Ökobilanz und Co. Haben Sie schon eine Ausschreibung erhalten, in der eine EPD mit Informationen zu den Umweltwirkungen der Bauprodukte für eine BNB-, DGNB- oder LEED-Zertifizierung gefordert wurde? Wenn nicht, steigt 2011 die Wahrscheinlichkeit, denn die Nachfrage nach Gebäuden mit Nachhaltigkeitszertifikaten nimmt ständig zu. Der Begriff Nachhaltigkeit ist in aller Munde und wird vielfältig interpretiert. Der Duden bezeichnet nachhaltiges Handeln im ökologischen Sinn als nur in dem Maße, wie die Natur es verträgt. Nachhaltigkeit steht aber nicht nur für Ökologie, sondern auch für Ökonomie und für Soziokulturelles. Der Bau- und Immobilienbereich und damit auch der Metallbauer hat einen großen Einfluss auf die Energie-/Ressourceneinsparung, da hier große Mengen an Energie und Rohstoffen für die Herstellung und Nutzung von Gebäuden verbraucht werden. Nachhaltige Gebäude müssen aber nicht nur energieeffizient und ökologisch sein, sondern sollen das Wohnen auch sozialer, gesünder und komfortabler machen. Auch hier hat die Gebäudehülle einen großen Einfluss, da das Wohnklima, die Tageslichtversorgung und die natürliche Lüftung wesentlich durch Fenster, Fassaden und Glas bestimmt werden. Bild 1 Kriterien für nachhaltige Gebäude
2 Seite 2 von 8 Deshalb werden die Hersteller von Bauelementen in Zukunft stärker mit Ausschreibungen konfrontiert, die Anforderungen zur Nachhaltigkeit enthalten; beispielsweise weil ein Bauherr, der Investor oder die Bank die Zertifizierung des Gebäudes fordert, ob nun aus Imagegründen oder zur Wertsteigerung. Zudem wird das nachhaltige Bauen in 2011 maßgeblich durch zwei treibende Kräfte gefördert: 1. Die neue europäische Bauproduktenverordnung, die nach einer zweijährigen Koexistenzphase in Europa ab dem 1. Juli 2013 verbindlich sein wird. Diese beinhaltet als neue wesentliche Anforderung (essential requirement) das Kriterium 7 Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen, indem es in den Absätzen a und c heißt: a) Das Bauwerk, seine Baustoffe und Teile müssen nach dem Abriss recycelt werden können. sowie c) Für das Bauwerk müssen umweltfreundliche Rohstoffe und Sekundärbaustoffe verwendet werden. 2. Die Einführung des Leitfadens Nachhaltiges Bauen durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Dieser sieht eine Zertifizierung aller neuen Bundesbauten (Zoll, Bundeswehr, Finanzämter etc.) durch das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) mit dem Mindeststandard Silber vor. Nachhaltigkeitszertifizierung von Gebäuden Um dem Ziel von nachhaltigen Gebäuden näherzukommen, wurden verschiedene Bewertungssysteme für nachhaltiges Bauen entwickelt, die unter dem Dachverband des World-GBC (Green Building Council) gebündelt werden. International ist das amerikanische Zertifizierungssystem LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) am häufigsten verbreitet. Dieses Zertifizierungssystem kam beispielsweise bei den Green Towers der deutschen Bank in Frankfurt zum Einsatz. In Deutschland etablieren sich das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie das Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Beim DGNB- bzw. BNB-System werden über 40 ökologische, ökonomische, soziokulturelle, prozess-, standort- sowie technische Kriterien auf Gebäudeebene bewertet. Diese detaillierte Analyse ist ein Vorteil für Bauherren und Investoren, die hier bereits im Planungsstadium neben ökologischen Kriterien für das Gebäude auch eine kostenmäßige Einschätzung unterschiedlicher Ausführungsvarianten erhalten. Dies gilt vor allem für Kriterien, die für die Nutzungsphase eines Gebäudes relevant sind (Wartung, Reinigung, Energie). In vielen weiteren Ländern gibt es weitere nationale Zertifizierungssysteme. Wichtig ist jedoch zu wissen, dass es keine nachhaltigen Produkte geben kann, weil eine Beurteilung ohne den Verwendungszweck nicht möglich ist. Dies wird am Beispiel
3 Seite 3 von 8 Schallschutz verständlich, denn der Wohnkomfort und die Gesundheit werden beispielsweise durch den Einbau von Schallschutzfenstern in einem Gebäude in Flughafennähe deutlich verbessert, aber in einer ruhigen Wohngegend ist diese Maßnahme überflüssig. Dennoch gibt es Produkte, die für nachhaltige Gebäude besonders gut geeignet sind, weil die Produkteigenschaften den Anforderungen in der Summe gerecht werden. Auf Basis einer Bewertung durch einen geschulten Auditor (Architekten und Ingenieure) wird dann je nach Erfüllungsgrad ein Zertifikat für das Gebäude vergeben. Bild 2 Ablauf einer Gebäudezertifizierung Besonderheiten bei der Gebäudezertifizierung Bei der Gebäudezertifizierung werden Bauprodukte vor allem gemäß den Angaben aus einer Umweltproduktdeklaration (EPD) relevant. Gemäß pren muss bei der Erstellung von Umweltproduktdeklarationen als Pflichtangabe nur der Lebenszyklus der Herstellung (cradle to gate) betrachtet und dokumentiert werden. Gerade bei der Gebäudehülle sind die Einflüsse auf die Nutzungsphase für den Bauherren und auch den Gebäudezertifizierer wesentlich bedeutsamer, beispielsweise wenn es um die Abschätzung der Energie- oder Reinigungskosten geht. Architekten, Planer und Gebäudezertifizierer (Auditoren) fordern deshalb vom Bauprodukthersteller neben den Pflichtangaben zu den Umweltwirkungen auch Nachweise und Kenndaten für weitere Kriterien, beispielsweise zum Wärme-/Schallschutz, zur Barrierefreiheit oder zu Wartungsintervallen. Beispielsweise werden im BNB-System Angaben zur Barrierefreiheit verlangt. Im Kriteriensteckbrief Barrierefreiheit heißt es: Ein Gebäude, das nicht grundsätzlich barrierefrei zugänglich ist..., ist von der Nachhaltigkeitsbewertung
4 Seite 4 von 8 auszuschließen. Deshalb werden schwellenlose und automatisch betriebene Türen einen besonders hohen Stellenwert erhalten. Dies betrifft vor allem Metallbauer, die im Objektbereich und für die öffentliche Hand tätig sind. Auch bei LEED werden besondere Informationen und Angaben gefordert, beispielsweise zur Light Pollution Reduction, bei der die Belastung der natürlichen Nachtdunkelheit durch künstliche Beleuchtung von Gebäuden, Garagen oder Wegebeleuchtung bewertet wird wichtig für alle Betriebe die mit Verschattungen und Jalousien zu tun haben. Basis sind die Bewertungskriterien der jeweiligen Gebäudezertifizierungssysteme (BNB, DGNB, LEED). Die Vielzahl der unterschiedlichen Kriterien und Systeme macht es sowohl für den Hersteller, als auch für den Auditor schwierig, die notwendigen Daten zu ermitteln. Das ift Rosenheim erarbeitet deshalb bis Ende 2011 ein einfaches System, um dem Hersteller die Ermittlung der notwendigen Informationen zu erleichtern. Durch eine laufende Orientierung an den Kriteriensteckbriefen der jeweiligen Gebäudebewertungssysteme können Metallbauer so die notwendigen Informationen einfach dem Gebäudezertifizierer (Auditor) zur Verfügung stellen. Die Daten lassen sich in der Regel aus den Angaben der CE-Kennzeichnung, dem zusammenfassenden ITT (ift-produktpass) oder auch aus Tabellen entnehmen, sodass je nach Zertifizierungssystem kaum weitere Nachweise notwendig sind. Praktische Umsetzung für Fenster, Türen und Tore Durch die Einführung der Gebäudezertifizierung für öffentliche Bauten des Bundes (BNB) werden 2011 entsprechende Anforderungen verstärkt in Ausschreibungen und Leistungsverzeichnissen auftauchen. Aber auch Zertifizierungen nach DGNB oder LEED benötigen Daten, die im Rahmen einer EPD, der CE-Kennzeichnung oder anderer Nachweise ermittelt wurden. Hersteller von Fenstern, Türen und Toren müssen dabei folgende Aspekte berücksichtigen: Nachweis der Umweltwirkungen (Pflichtangaben) auf Basis einer durchgeführten Ökobilanz und Deklaration im Rahmen einer Umweltproduktdeklaration (EPD). Zusammenstellung ergänzender Nachweise und Kennwerte, die für die Nutzungsphase des Gebäudes und den Bauherren wichtig sind; beispielsweise Angaben zum Schallschutz, Barrierefreiheit oder der Nutzungssicherheit. Die Bereitstellung einer Deklaration kann einfach auf Basis einer Durchschnitts- oder Muster-EPD erfolgen, bei der auf durchschnittliche Kenndaten zurückgegriffen werden kann, die einen typischen Branchenquerschnitt spiegeln. Die zweite, aufwändigere Möglichkeit ist die Erstellung einer produkt- bzw. firmenspezifischen EPD, bei der alle Daten firmen-/produktspezifisch erhoben und ausgewertet werden müssen.
5 Seite 5 von 8 Durchschnitts-EPD Bei einer Durchschnitts-EPD werden Daten bei verschiedenen Unternehmen ermittelt und als Durchschnittswerte in einem gemeinsamen Datenpool verwendet; diese geben einen Branchendurchschnitt wider und sind deshalb für ein vergleichbares Produkt innerhalb der definierten Bezugsgrenzen repräsentativ. Es können verschiedene Szenarien für die Herstellung, Nutzung, Nachnutzung definiert werden, denen der Hersteller seinen Betrieb bzw. sein Produkt zuordnen kann (s. Beispiel Transport vom Herstellort zur Baustelle). Für die verschiedenen Szenarien werden dann mit einer geeigneten Software die jeweiligen Umweltwirkungen ermittelt. In der Regel reichen hierfür einfache Eingangsdaten aus, beispielsweise beim Transport die Angabe des Transportmittels und die zurückgelegte Entfernung. So können die Hersteller auf Basis weniger Daten einfach und kostengünstig eine EPD erstellen, so dass dieses System auch gut für handwerklich und mittelständisch strukturierte Hersteller geeignet ist. Im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau vom Bundesministerium für Bau-, Stadt-, und Raumforschung wird gerade eine Durchschnitts-EPD für Fenster und Außentüren aus Holz, PVC und Aluminium erstellt. Das Forschungsprojekt wird gemeinsam mit dem Institut Bauen und Umwelt e.v. (IBU), PE International GmbH und den Branchenverbänden Bundesverband Flachglas e.v. (BF), Fachverband Schloss- und Beschlagsindustrie e.v. (FV S+B), Qualitätsverband Kunststofferzeugnisse e.v. und dem Verband Fenster + Fassade e.v. (VFF) durchgeführt. Die Ergebnisse werden voraussichtlich ab Oktober 2011 zur Verfügung stehen. Tabelle 1 Berücksichtigung unterschiedlicher Nutzungsszenarien bei einer Durchschnitts-EDP am Beispiel der Transportwege
6 Seite 6 von 8 Produktspezifische EPD Die Erstellung einer produktspezifischen, individuellen EPD ist dann erforderlich, wenn es für das entsprechende Produkt keine Durchschnitts-EPD gibt. Bei Fenstern sind beispielsweise Fenster aus Verbundwerkstoffen betroffen, die nicht über die Durchschnitts-EPD des Forschungsprojekts abgedeckt werden. Für die Hersteller ist eine spezifische EPD wesentlich aufwändiger, weil umfangreiche Daten, wie beispielsweise Wasserverbrauch, Energieverbrauch aber auch Abfälle und Emissionen ermittelt und durch eine Ökobilanz ausgewertet werden müssen. Die spezifische EPD ermöglicht aber eine detaillierte und repräsentative Beschreibung des speziellen Produkts, mit der auch besondere Qualitäten für den gesamten Lebenszyklus beschrieben und als Differenzierungsmerkmal genutzt werden können. Hier können spezifische Daten zu Herstellung, Transport oder Montage gemacht werden; beispielsweise ein erhöhter Anteil regenerativer Energien bei der Produktion durch ein Blockheiz- oder Wasserkraftwerk oder besonders geringe Wartungsintervalle. EPDs für andere Bauprodukte finden sich bei der IBU. Um Hersteller von Fenstern, Fassaden, Türen, Toren etc. auch bei der Erstellung produktspezifischer EPDs zu unterstützen, wurden PCR-Dokumente erstellt, die typische Prozesse der Branche berücksichtigen und als Grundlage für eine EPD genutzt werden. Basis hierfür sind die DIN EN ISO sowie die EN In den Product Category Rules (PCR) werden die Regeln für die Erstellung einer EPD beschrieben. Bild 3 Prinzipieller Ablauf für die Erstellung einer produktspezifischen EPD CO 2 -Footprint Der CO 2 -Footprint beschreibt das CO 2 -Äquivalent für Produkte oder Dienstleistungen über einen bestimmten Lebenszyklus. So übersteigt zurzeit beispielsweise der CO 2 -Ausstoß der Menschheit die gesamte biologische Kapazität der Erde um etwa 20 Prozent. Der CO 2 -Footprint wird auch als ökologischer Fußabdruck oder Product Carbon Footprint
7 Seite 7 von 8 (PCF) bezeichnet. Der Ressourcenverbrauch kann in Form des freigesetzten Kohlendioxids in kg CO 2 -Äquivalent ausgedrückt werden. Der PCF wird im Rahmen der Ökobilanz ermittelt. Direkte Produktvergleiche anhand des PCF haben momentan eher einen orientierenden Charakter und sind nicht zur umfassenden Nachhaltigkeitsbewertung geeignet, weil Genauigkeit und Reproduzierbarkeit nicht ausreichend sind. Bild 4 ift-fachinformation NA-02/1 beschreibt detailliert die Zusammenhänge rund um das Thema Nachhaltig Bauen mit Fenstern, Fassaden, Türen und Glas Fazit Die Nachfrage nach Informationen zu Umweltwirkungen von Produkten, zum CO 2 - Footprint oder zu Nachweisen für die Gebäudezertifizierung nimmt zu. Die Anforderungen und Nachweise sind komplex und häufig noch unbekannt. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurden deshalb für Alu-, Holz- und Kunststofffenster sowie Glas im Bauwesen EPDs entwickelt, mit denen Fensterhersteller die notwendigen Nachweise einfach erstellen können. Weitere Informationen finden sich in der Fachinformation NA- 02/1 oder unter
8 Seite 8 von 8 Dipl.-Ing. (FH) Patrick Wortner Projektingenieur Zertifizierungs- und Überwachungsstelle Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg Jürgen Benitz-Wildenburg leitet im ift Rosenheim den Bereich PR & Marketingkommunikation. Als Schreiner, Holzbauingenieur und Marketingexperte ist er seit vielen Jahren in der Holz- und Fensterbranche in verschiedenen Funktionen tätig. Als Lehrbeauftragter, Referent und Autor gibt er seine Erfahrung weiter.
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