Für S., die mich erinnert hat, was animo heißt. Ich spüre, was du auch spürst.

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Jesko Sauer
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2 Paz de la Vega Monnem Woinem 3

3 Paz de la Vega Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Verlag: Windsor Verlag ISBN: Titelbild: Paz de la Vega Boggy - Fotolia.com Umschlaggestaltung: Julia Evseeva Korrektorat: Windsor Verlag Layout: Julia Evseeva Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. 4

4 Was fühlst du zu Mannheim? Die Frage meiner Wiesnkollegin Sophia im Café Tambosi einen Tag nach dem Ende des Münchner Oktoberfestes kann ich leicht beantworten: Ich habe nur seltsame Erinnerungen daran komischer Ort und seltsame Menschen. Jetzt sitze ich mit Selina am Tisch im Hardrock-Café in Heidelberg. Es ist windig und frisch geworden draußen an diesem Sonntagnachmittag, doch die Wärme zwischen uns ist wie die Oktobersonne vor ein paar Tagen. Warum gerade in Mannheim?, frage ich Selina. Ich wollte ja eigentlich gar nicht aufs Oktoberfest. Aber meine Freundinnen haben mich so lange überredet, bis ich mit bin. Und dann läufst du ständig an mir vorbei. Mein allabendlicher Arbeitsweg durch das Bierzelt führte an ihrem Tisch vorbei. Am letzten der fünf Abende auf dem Mannheimer Oktoberfest brachte ich meine erste Runde mit zehn Maß zu meinen Gästen und da steht sie in ihrem blauen Dirndl an der Holzbande und strahlt mich an. Und ich kann nichts 5

5 mehr sagen. Sie auch nicht. So wie jetzt wieder. Aus himmelblauen Augen und dies mit einer Sonne, dass ich frage, Woher kommst du? Ich bin Spanierin. Ich hätte dich eher nach Südschweden gesteckt mit diesen Augen und roten Haaren. Aber deine Ausstrahlung hat so etwas Südliches, dass du etwas mit Spanien zu tun haben musst. Ja, mich zieht es immer wieder nach Andalusien. In die Ecke von Conil de la Frontera. Kennst du das? Ja. Und dabei merke ich, dass wir dasselbe sehen und spüren. Als wir gestern getanzt haben, war es ähnlich. Ich habe das versucht, Mili und meinen anderen spanischen Freundinnen zu erzählen, aber sie haben es nicht verstanden. Es ist mehr als faszinierend, was alles passiert, wenn Selina und ich uns in die Augen sehen. Derselbe Film dasselbe Gefühl alles. Meinst du, jetzt kommen endlich die Menschen zusammen, die früher nicht zusammen durften, weil sie zu gegnerischen Gruppen gehörten? Ich weiß genau, was du meinst, und kann gar nicht mehr weitersprechen, denn ich merke sofort, was du spürst, ohne dass du weiter reden müsstest. 6

6 Deine Augen sprechen jetzt zu mir und meine tun es auch. Auf jeden Fall strahlen wir jetzt wohl beide, denn es überträgt sich auch auf unsere Bedienung. Du hast einen Teil des Wissens mitbekommen, und ich reiße den Bierdeckel auseinander, auf dem Selinas Tasse mit marokkanischem Minztee steht und der andere ist bei mir gelandet. Selina sieht mich noch tiefer als bisher an und zieht einen Fetzen Papier aus ihrer Handtasche. Diesen Zeitungsausschnitt hat mir ein afrikanischer Strandverkäufer gegeben, als ich in meinem letzten Spanienurlaub war. Er hat etwas drauf geschrieben und gemeint: Behalte diesen Zettel bis nächstes Weihnachten. Du wirst jemandem begegnen, dem du dies dann zeigen wirst. Schau, was dann passiert. Als Selina den ca. 5 auf 5 cm großen Ausschnitt entfaltet, sehe ich, was draufsteht: Arabische Schriftzeichen ich kann sie nicht lesen, aber trotzdem spüre ich die Energie hinter den Glyphen. Und dabei durchfährt mich von oben bis unten ein heißer Strahl: Jetzt kann ich dir aufmalen, was auf deinen Teil und was auf meine Hälfte des Bierdeckels gehört. Und ich zeichne ihr einen fünfzackigen Stern auf und auf meine einen sechsstrahligen. Ich werde das aufbewahren und hüten wie einen Schatz. Wünsche dir einen schönen Tag, un beso, muak. 7

7 Deine sms erheitert mir den Tag, als ich einen Tag später wieder in Regensburg bin. Dort soll ich nun wieder leben und arbeiten? Mal schauen, was sich jetzt hier ergibt. Einen Einsatz habe ich ja noch in Mannheim: auf der Omnibus-Messe bei Daimler Benz am kommenden Wochenende. Ich erinnere mich an unseren Kuss, als wir in Heidelberg auseinandergingen, so sanft und zart, kaum zu spüren und doch hat er so viel ausgesagt. Ab Mitte November kann ich bei Maredo in der Regensburger Altstadt arbeiten. Vorher nun die vier Tage in Mannheim. Ich nehme Maria aus Südbayern in die Kurpfalz mit. Das wird dir gefallen, Alter, meint Georg zu mir, das ist genau das Richtige für dich! Ist es auch. Die Menschen, die zu uns kommen, um zu essen und zu trinken, sind ausnahmslos sehr angenehm. Herr Bauer genießt seine Pausen an meinem Softdrink-Stand und meint zu mir: Mannheim ist der Nabel der Welt. Aha, wie kommt das? Kann ich Ihnen nicht sagen, aber ich spüre es Tja, er könnte vielleicht Recht haben Menschen aus 178 Nationen in einer Stadt mit rund Einwohnern. Und alle passen in diese komischen Quadrate. Zumindest in der Innenstadt. Auch die sonstigen Angestellten von Mercedes und vor allem unsere Kollegen von der Catering-Firma, für die wir arbeiten, fühlen sich wohl mit uns. Lena meint zu mir: Es gibt 8

8 hier nicht wir oder euch, es gibt nur uns! So fühlt sich das auch an hier. Endlich, der Freitagabend ist da. Wir können uns wieder sehen. Hola! Hola Unser Lachen sagt alles der erste Kuss ist sanfter als der letzte, doch es steckt mehr dahinter. Wir laufen durch Mannheim, die Planken runter bis zum Paradeplatz. Der Regen will und will nicht aufhören. Es findet sich kein trockenes Plätzchen für unser Picknick, das wir an diesem lauen Novemberabend so gerne unter freiem Himmel machen wollten. Auch nicht am Alten Schloss. Unsere Küsse auf dem Weg führen uns wieder zurück an den Wasserturm. Cielo, warum setzen wir uns nicht in mein Auto? Gerne, warum nicht! Drinnen ist es bald kuschlig und gemütlich. Die Kerze erhellt uns die Nacht. Das Baguette und der Serranoschinken schmecken zum Rioja besonders lecker. Unser erstes Foto entsteht. Kaum zu sehen sind wir, aber unser Strahlen sieht man sogar im Dunkeln. Unsere Lippen finden wieder zueinander. Die Zeit verliert sich mehr und mehr und wir entdecken ein Gefühl, das bald unseren ganzen Körper flutet. Bueno corazón, ich muss jetzt gehen Wir sehen uns Schlaf gut! 9

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