Von Reto Kuster (Text und Fotos)
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- Martha Kolbe
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1 Zur letzten Zeichnung des Surinambuches («Metamorphosis insectorum Surinamensium») schreibt Maria Sibylla Merian: «Im Januar 1701 begab ich mich in den Urwald Surinams, um zu sehen, ob ich etwas entdecken konnte. Ich fand diese Blüte, die zierlich rot war, an einem Baum; Name und Eigenschaft sind den Bewohnern dieses Landes unbekannt.» Das Bild wird von einem blauen Caligo-Tagfalter dominiert, darunter ein ruhender Caligo-Falter. Das grosse Auge auf der Flügelunterseite soll insektenfressende Vögel abschrecken. (Quelle: Maria Sibylla Merian: Das Insektenbuch. Insel Verlag, Leipzig 1991) Maria Sibylla Merian ( ). Altersporträt der Naturforscherin und Künstlerin. Kupferstich von Jacob Houbraken Von Reto Kuster (Text und Fotos) Dass sie einst auf eigene Faust in das tropische Südamerika reisen würde, hätte sich Maria Sibylla Merian, 1647 in Frankfurt am Main als Tochter des bekannten Kupferstechers Matthäus Merian geboren, wohl kaum geträumt. Früh schon interessierte sie sich für die Natur und deren künstlerische Darstellung. Als Maria Sibylla drei Jahre alt war, starb ihr leiblicher Vater. Der Blumenmaler Jakob Marell, ihr Stiefvater, vermochte sie für Naturmalerei, Zeichenkunst und Kupferstecherei zu begeistern. Bereits die frühen Blumenbilder schmückte Maria Sibylla Merian mit Schmetterlingen. Nach der Heirat mit dem Architekturmaler Johann Andreas Graff zog Maria Sibylla Merian in dessen Heimatstadt Nürnberg, wo sie einen florierenden Farbenhandel und eine Malschule betrieb. In Nürnberg begann auch Merians naturforschende Leidenschaft für Insekten. Besonders die Metamorphose von Raupen über Puppen in Schmetterlinge, dieser Lebenszyklus unterschiedlicher Prägung, faszinierte sie. 20 Natürlich Nr
2 «Eine ganz schöne Raupe ist 1672 aus Regensburg, von des damaligen Nürnbergischem Herrn Abgesandten Frau Ehe-Liebste, in einem Schächtlingen, nach Nürnberg als ein angenehmes Präsent geschickt und von mir angenommen worden (...)» gab Maria Sibylla Merian ihr erstes Werk heraus: «Der Raupen wunderbare Verwandelung und sonderbare Blumennahrung.» Auf den einzelnen Tafeln stellte sie wissenschaftlich korrekt Futterpflanzen, Eier, Raupen, Puppen und Schmetterlinge dar. Schon zwei Jahrhunderte bevor Charles Darwin ( ) mit seiner Evolutionstheorie die Naturwissenschaften aufrüttelte, beschrieb die Deutsche erstmals die Metamorphose von Schmetterlingen, was sich den damaligen gesellschaftlichen und religiösen Normen frontal entgegensetzte. (Verbreitet war noch die Ansicht, dass Raupen aus Abwasser kriechen würden und Teufelsgetier seien.) Merian gilt zu Recht als Begründerin der Insektenkunde, der so genannten Entomologie. In Amsterdam fand Maria Sibylla Merian nach anfänglicher Abneigung gegen ihr Vorhaben die Unterstützung des dortigen Bürgermeisters, der ihr zu einem Stipendium verhalf und wertvolle Kontakte zu Beamten und Siedlern in Surinam herstellte. Ganze 3 Monate dauerte für die 52jährige für damalige Verhältnisse eine alte Frau die ermüdende Überfahrt von Europa nach Südamerika im Jahr Begleitet wurde sie von ihrer Tochter Johanna. Die naturforschende Malerin ist heute wesentlich bekannter als das Land ihrer Untersuchungen. Seit der Unabhängigkeit 1975, als es den Einwohnern freigestellt war, entweder die holländische oder die surinamische Staatsbürgerschaft anzunehmen, leben rund Surinamstämmige in den Niederlanden. Die meisten besuchen ihre alte Heimat regelmässig, und zwischen den beiden Ländern herrscht reger Warenaustausch. «Es macht die Nachricht viel Aufsehen, es sei ein Frauenzimmer aus Holland hergekommen, eine Deutsche aus der Freien Reichsstadt Frankfurt, und hätte geforscht unter den Faltern und Kerfen und mirakulösen Pflanzen in Surinam.» 2 Spurensuche in Paramaribo. Die attraktive, saubere Hauptstadt wirkt mit ihren weissgetünchten niederländischen Kolonialbauten und ihren Veranden wie eine in die Tropen versetzte holländische Kleinstadt. Es braucht nicht viel Phantasie, sich die Siedlung zu Zeiten Merians vorzustellen. Zum Zeitpunkt ihrer Ankunft stand die Kolonie Niederländisch-Guyana bereits seit 32 Jahren unter der Verwaltung der Holländer. Sie hatten das Tropenland mit den Briten gegen die Stadt Nieuw Amsterdam am Hudson River getauscht, dem heutigen New York. Eher Karibik als Südamerika Das hölzerne Gebäude, welches Maria Sibylla Merian für ihre Untersuchungen zur Verfügung gestellt wurde, steht heute längst nicht mehr. Es wurde zerfressen von Termiten und der Schwüle der Tropen. Etliche von wuchernder Vegetation fast schon eingenommene Bauten, darunter viele ärmliche Hütten, erinnern an das schnelle Vergehen im äquatorialen Klima. «En gelukkige Dag» wünscht eine Wandbemalung. Holländisch ist noch immer Amtssprache, ein Kuriosum in Südamerika. Als Südamerikaner fühlen sich aber die wenigsten Surinamer, mit Brasilien bestehen zum Beispiel weder Strassen- noch Flugverbindungen. Spätestens die Rastalocken der Schwarzen und die Steelbands, welche abends im «Palmentuin» (Palmenhain) spielen, verdeutlichen die wesentlich stärkere kulturelle und wirtschaftliche Ausrichtung zur Karibik. Hoch oben in den Palmwipfeln keifen Totenkopfäffchen und grüne Amazonen-Papageien, und man kann sich ausdenken, dass Maria Sibylla Merian bereits in der Vegetation von Paramaribo eine Vielzahl exotischer Kreaturen fand. Ein Völkergemisch aus Schwarzen, Javanern, Indern, Chinesen und Kreolen prägt das Strassenbild von Paramaribo und widerspiegelt die Kolonialgeschichte des Landes. Sklaven aus Afrika wurden in der Plantagenwirtschaft eingesetzt, vor allem für die harte Arbeit in den Zuckerrohrfeldern. Kolonialisten brachten Tausende Inder und Indonesier für den Reisanbau an die Küste. Die Chinesen kamen freiwillig sie beherrschen heute den Kleinhandel. Marginalisiert am Rande der Gesellschaft leben heute die wenigen Indianer, die eigentlichen Ureinwohner Surinams. Lastwagen mit Vierradantrieb, in deren Frachtcontainer ruppige Sitzbänke eingebaut und zwei Von holländischer Kolonialarchitektur geprägt: Hauptstadt Paramaribo Natürlich 21
3 Von Vegetation überwuchert: landestypische Siedlung Im Urwald von Brownsberg: Wasserfall Häufige Wegbegeleiter bei Erkundungen im Regenwald: Heliconius- Schmetterlinge Fenster aus der Metallwand geschnitten wurden, stehen in der Saramaccastraat zur Abfahrt in Richtung Brownsberg, Richtung Regenwald, bereit. Schweissgeruch erfüllt bald die mit Waren und Menschen überfüllte Kabine. Heiss ist es und feucht, und die langen Röcke müssen Maria Sibylla Merian damals schwer am Leib geklebt haben. Abenteuerliche Urwaldtouren Mitte des Jahres 1700 schlug Maria Sibylla Merian alle Warnungen der Siedler in den Wind und wagte, getrieben von der Suche nach exotischen Insekten, in die Wildnis ausserhalb der Plantagen vorzudringen. Ihr Hauptquartier bezog sie am Surinam- Fluss. Träge und friedlich fliesst er noch heute dahin, diese Lebensader im Dschungelteppich. An beiden Ufern bildet der Tropenwald scheinbar grüne Mauern, aus denen hin und wieder ein Greifvogel fliegt. Kleine Schwalben flattern auf der Jagd nach Fluginsekten über dem Wasser. Plumpst eine Baumfrucht klatschend in den Fluss, fallen sogleich Fische über sie her. Es ist die Ruhe des Surinam- Flusses und das Fehlen von Zivilisationsgeräuschen, die das Einfühlen in Merians Zeiten so erleichtert. Die schmalflügeligen Heliconius-Falter, die schon Maria Sibylla Merian malte, flattern gerne an Rankengewächsen, um daran ihre Eier abzulegen. «Der Wald ist so dicht mit Disteln und Dornen verwachsen, dass ich meine Sklaven mit Beilen in der Hand vorschicken musste, damit sie für mich eine Öffnung hackten, um einigermassen hindurchzukommen, was doch ziemlich beschwerlich war.» 2 Wer sich ins unzugängliche Landesinnere aufmacht, wo die Natur noch heute üppig und nur wenig zerstört ist, vermag den Abenteuergeist der Maria Sibylla Merian nachzuspüren, jenes Kribbeln des Unbekannten. Surinam ist ein menschenleeres Land: Auf einer Fläche viermal so gross wie die Schweiz leben nur knapp Menschen, die meisten an der Küste. Drei Viertel der Landesfläche sind von tropischem Regenwald bedeckt. Boote und gecharterte Kleinflugzeuge gewährleisten den Binnenverkehr, denn asphaltierte Strassen gibt es nur entlang der Küste. Einzig das Naturschutzgebiet Brownsberg kann über eine Piste erreicht werden. Für das ultimative Regenwalderlebnis wird direkt am Waldrand die eigene Hängematte aufgespannt. Es giesst wie aus Kübeln. Die Hitze des Tages verschwindet allmählich, während auf dem Boden kaninchengrosse Kröten plump herumhüpfen: Surinam ist die Heimat der Aga-Kröten, Giganten unter den Froschlurchen. Moskitos surren unablässig um den Kopf und lassen die Gedanken zurück zu Maria Sibylla Merian schweifen: Damals waren Insektenmittel und Malariamedikamente unbekannt, und 22 Natürlich Nr
4 jede Reise in die Tropen war lebensgefährlich: Malaria, Dengue-Fieber und andere Krankheiten lauerten. In Notfällen konnte man nicht einfach ins nächste Flugzeug nach Europa steigen. Nur mit Glück sind in den feuchten Wäldern die riesigen, aber relativ harmlosen Spinnen mit einer Spannweite von bis zu 30 Zentimetern zu beobachten. Maria Sibylla Merians Darstellung dieser haarigen Kreatur, die einen Jungvogel verspeist, verhalf einer ganzen Tierfamilie zum Ausdruck «Vogelspinne». «Möchte endlich noch erwähnen, dass wir arbeiten, meine Tochter Johanna und ich. In der trockenen Zeit des Junius haben wir gesammelt an sechzig verschiedene Arten Pflanzen, darauf gegen dreissig Raupen, auch geschlupfte Falter und feste Puppen. (...) Die hab ich grösstenteils lebendig durchgebracht in den Gläsern, auch viele abgezeichnet und koloriert.» 2 Die Naturforscherin nahm die gefundenen Insekten oft lebend in ihre Unterkunft mit, um dort deren Lebensweise und die wunderbare Verwandlung von der Raupe in den Schmetterling zu studieren. Die dabei entstandenen Bilder sind von grosser naturwissenschaftlicher Präzision und Detailtreue. Merian war anders als die meisten damaligen Forscherkollegen weniger an der Klassifikation neuer Arten interessiert. Sie beschäftigte sich vielmehr mit Zusammenhängen zwischen Pflanzen- und Tierarten, mit der Metamorphose und den unterschiedlichen Farbausprägungen zwischen Geschlechtern innerhalb einer Art (bekannt unter dem Begriff Geschlechtsdimorphismus). Viele Sklaven brachten der Deutschen Tiere, die sie in den Plantagen und ärmlichen Hütten fanden, doch die meisten Siedler betrachteten Maria Sibylla Merian mit Argwohn wer sollte denn eine anstrengende und gefährliche Reise auf sich nehmen, nur um irgendwelches Getier zu suchen? Andererseits gewannen in Europa Naturalienkabinette an Popularität, und Adlige schmückten sich gerne mit exotischen Vogelfedern und seltenen Orchideen. Nachfahren der Sklaven «Teilweis sind die Schwarzen, wenn sie konnten, ausgewichen ins Landesinnere, wo sie im Busch selber siedeln. Sie sind jetzt gefährlich und fallen manchmal räuberisch über die an der fruchtbaren Küste her und sind sehr gefürchtet.» 2 «Buschnegros» nennen sich die Nachfahren ehemaliger Sklaven auch in Zeiten politischer Korrektheit mit Stolz. Hingegen empfinden sie den Begriff «Maroons» diskriminierend. Buschnegros waren einst von den Plantagen in den unzugänglichen Regenwald des Landesinneren geflohen und haben dort ihr eigenes, unabhängiges Leben aufgebaut. Balinsula, ein Buschnegronest in Zentralsurinam, macht einen einfachen, aber keinen ärmlichen Eindruck. Zum Zeitvertreib kauen die Kinder auf Zuckerrohrstücken herum oder pflücken die süssen Mangos, welche an riesigen Bäumen zwischen den strohbedeckten Holzhütten wachsen. Frauen sind mit der Zubereitung von Cassava, einer Knollenfrucht, beschäftigt. Buschnegro-Gemeinschaften werden durch strikte Gebräuche, die teils aus ihrer westafrikanischen Heimat stammen, und durch strenge Hierarchien zusammengehalten. Wichtige Entscheidungen werden in langen Gesprächen der Ältesten ausdiskutiert, und Fremde, die ohne Vorankündigung und ohne Begleitung eines Buschnegros in ihre Siedlungen kommen, werden noch heute argwöhnisch betrachtet. Damals wie heute bringt man dem Captain ein Gastgeschenk in Form einer Flasche Rum und zwei, drei Dosen Lebensmittel aus Paramaribo mit. Gehören zu den grössten Froschlurchen der Welt und sind in Surinam stark verbreitet: Aga-Kröte Diesem Fluss entlang reiste Maria Sibylla Merian: Buschnegro im Einbaum auf dem Surinam- Fluss Nr Natürlich 23
5 Erinnert an Bilder aus Afrika: Buschnegro- Frauen bei der Zubereitung von Cassava- Mehl. «Die ausgepresste Cassava-Wurzel legt man auf eine eiserne Platte, wie die Hutmacher sie in diesen Ländern verwenden. Unter die Platte legt man ein kleines Feuer. Dann bäckt man das Brot wie Zwieback.» 1 Genauso, wie Maria Sibylla Merian die Herstellung von Cassava-Brot vor 300 Jahren schilderte, backen die Buschnegro-Frauen in ihren farbenfrohen Pangi- Wickeltüchern noch heute ihr Grundnahrungsmittel, das mit Fisch oder Gemüse zusammen gegessen wird. Weil durch die Hitze dem Cassava-Mehl alle Feuchtigkeit entzogen wird, lassen sich die dünnen Scheiben wochenlang im Tropenklima aufbewahren. Ihre kleinen Cassava-Felder pflanzen die Buschnegros in der Regel weitab des Dorfes. Sklavenjäger hatten einst, wenn sie keine Entflohenen finden konnten, deren Hütten und Felder angezündet. Durch die räumliche Trennung war ein solcher Verlust besser zu verschmerzen, und bis heute hat sich an dieser Pflanzmethode nichts geändert. Heute fürchten die Buschnegros nicht mehr Menschenjäger, sondern andere Eindringlinge in ihr Land: illegale Goldsucher. Tausende Desperados aus dem benachbarten Brasilien vergiften mit Quecksilber, das zur Goldgewinnung verwendet wird, die bis anhin noch sauberen Flüsse Surinams und damit das Trinkwasser der Buschnegros. Allerdings bringen die Goldsucher nicht nur Fluch, wie die jungen Männer erklären: Sie schuften in den Goldgräbercamps und verdienen sich so etwas Geld im Urwald die einzige Möglichkeit, an Bares zu kommen. Dass viele Junge dabei verrohen, dem Alkohol, Prostituierten und dem Konsum verfallen, goutieren die Captains, die Dorfältesten, nicht. Doch welche Alternativen haben sie zu bieten? Maria Sibylla Merian, die bei ihren Streifzügen stets Schwarze als Helfer zur Seite hatte, erlebte die unmenschliche Seite der Sklaverei, stiess aber mit ihrer Kritik auf taube Ohren. Dass sie auch in ihrer Arbeit immer wieder Hinweise auf Sklaven vermerkte, wurde ihr in Akademikerkreisen als «unwissenschaftlich» übel genommen. Wenig Anerkennung zu Lebzeiten Anfang des Jahres 1701 wurde die Forscherin von Malariaanfällen geplagt, die sie zur Rückkehr nach Europa zwangen. In ihrem Gepäck hatte sie neben Skizzen und Malereien auch Puppen, Raupen und andere Insekten, von denen allerdings viele die lange Fahrt auf dem Atlantik nicht überlebten. Mit viel Fleiss ging Maria Sibylla Merian sogleich daran, ihre Beobachtungen niederzuschreiben. Wichtigste Erkenntnis war, dass die Metamorphose der Schmetterlinge ein weltweit gültiges Phänomen und offenbar ein Grundgesetz der Natur darstellte. Ebenso wie die Schwalbenschwänze in Nürnberg, schlüpften auch die Heliconius-Falter in Surinam aus einer Puppe, in welche sich die Raupen verwandelt hatten. Ein Leben in Abgeschiedenheit: Buschnegro- Knaben 24 Natürlich
6 In der Heimat schenkten ihr manche Wohlwollen und Respekt angesichts der ungewöhnlichen Arbeit. Andere, vorab konservative kirchliche Kreise, verurteilten sie als eine Spinnerin, die sich mit schmutzigem Gewürm beschäftigte. Maria Sibylla Merian starb 1717 im Alter von 70 Jahren, nachdem sie vier Jahre nach der Rückkehr aus Südamerika mit grossem Aufwand ihr bekanntestes Werk über die Insekten Surinams veröffentlicht hatte. Diese Arbeit gewährte den Zeitgenossen in Europa erstmals einen ausführlichen Einblick in die Natur des fernen Südamerikas. Jim Douglas, ein alter, vornehmer Herr, hütete an der Waterkantstraat von Paramaribo das letzte in Surinam vorhandene Originalexemplar von «Metamorphosis Insectorum Surinamensium» aus dem Jahr 1705, nachdem das Stadtmuseum bei einem Militärputsch im Jahr 1980 verwüstet worden war. Die Nachforschungen sind ernüchternd. Vor einigen Jahren, so ist zu erfahren, verstarb Herr Douglas, seither ist das Original verschwunden. Auch an den Namen Merian erinnert im Surinam des 21. Jahrhunderts nichts mehr. Selbst in Europa gerieten die Pionierin und ihr Werk lange Zeit in Vergessenheit. Erst 1976, als ihr Studienbuch entdeckt wurde, kam das Interesse an Merian zurück. Ihr Porträt war in Deutschland auf der 500-Mark-Note abgedruckt; Strassen, Schulen, ja sogar ein Reisebuchverlag wurden nach ihr benannt, und in zahlreichen Büchern wird Merians Werk analysiert. War Maria Sibylla Merian nun Künstlerin, Naturforscherin oder einfach eine vielseitig interessierte Frau? Ihre frühe Ehescheidung, das Interesse an Kleingetier sowie die Reise nach Südamerika machten Maria Sibylla Merian im 17. Jahrhundert zu einer argwöhnisch betrachteten Aussenseiterin. Heute gilt sie als starke, eigensinnige und gleichzeitig feinfühlige Frau, die sich den konservativen Normen der damaligen Zeit widersetzte und unerschrocken ihren eigenen Weg ging, ohne ihren Traum, noch einmal zu den Insekten Surinams zurückzukehren, verwirklichen zu können. Zitate aus: 1 Charlotte Kerner: Seidenraupe, Dschungelblüte. Die Lebensgeschichte der Maria Sibylla Merian. Beltz & Gelberg Verlag Weinheim Utta Keppler: Die Falterfrau Maria Sibylla Merian. Dtv Verlag München Wehrhaft: Süsswasserkrabbe im Urwald von Surinam Wissenswertes über Surinam BRASILIEN Die Republik Surinam (Republiek van Suriname) ist mit über km 2 rund 4mal so gross wie die Schweiz. Der grösste Teil des Landes besteht aus Regenwald. Er erstreckt sich bis zum Amazonas und ist damit eines der weltweit grössten zusammenhängenden Urwaldgebiete. Die meisten der rund Einwohner leben an der Küste des Atlantischen Ozeans, über in der Hauptstadt Paramaribo. Die Bevölkerung ist ein multikulturelles Gemisch aus Indischstämmigen (38%), Kreolen (18%), Javaner (9%) sowie Schwarzen, Chinesen, Europäern und Nachkommen der indianischen Urbevölkerung. Die Amtssprache ist Niederländisch. Surinam kam 1593 in spanischen und 1650 in britischen Besitz wurde das Land eine holländische Kolonie. Erst 1975 erlangte Surinam die Unabhängigkeit vom Königreich der Niederlanden. Nach politischen Machtkämpfen, Militärputschs und blutigen Verfolgungen von Oppositionellen kam es im Mai 1996 zu Neuwahlen, welche die Neue Front für Demokratie (NF) für sich entscheiden konnte. Binnenwirtschaftlich ist die Landwirtschaft nach wie vor der wichtigste Sektor. Hauptanbaupflanzen sind Reis, Bananen und Zitrusfrüchte, wobei sich das Anbaugebiet auf einen küstennahen, rund 100 km ins Landesinnere reichenden Streifen beschränkt. Für den Fremdenverkehr ist das Land noch wenig erschlossen. Mit Einnahmen von rund 20 Mio. USD pro Jahr spielen denn auch die Einnahmen aus dem Tourismus bis heute eine marginale Bedeutung. Wichtigstes Exportprodukt ist Bauxit. (Quelle: Der Fischer Weltalmanach 2002) Kleine Auswahl, aber freundliche Bedienung: kreolische Früchteverkäufer in Paramaribo Nr Natürlich 25
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