Das natürliche Verhalten des Pferdes. Einführung. Pferde sind speziell interessant für ethologische Studien
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- Roland Schreiber
- vor 7 Jahren
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1 Strickhof Pensionspferdetag 27. März 2013 Das natürliche Verhalten des Pferdes Iris Bachmann, Nationalgestüt Avenches Einführung Natürliches Verhalten der Pferde rel. früh im Interesse der Ethologen Wichtige Populationen für Forschung z.b: Mustangs in Nevada, USA Dülmener in Merfelder Bruch, Dülmen Camarguer in Südfrankreich (Tour du Valat) Pferde sind speziell interessant für ethologische Studien Komplexes Sozialsystem und differenzierte Kommunikation Enge Bindungen zwischen zahlenmässig wenigen Partnern Ausgeklügeltes Erziehungssystem Langzeit-Kooperation von unverwandten Tieren 1
2 LangzeitStudien bei frei lebenden Pferdepopulationen Zum Beispiel Hans Klingel (D) Ronald Keiper (USA) Beat Tschanz (CH) Bettina von Goldschmidt-Rotschild (CH) Patrick Duncan (UK - F) Klaus Zeeb (D) Lee Boyd (USA) Joel Berger (USA) Claudia Feh (CH - F) Das Verhalten unter natürlichen Bedingungen Ein Leben als Fluchttier auf offener Steppe 2
3 ausserordentlich gutes Thermoregulationsvermögen optimal ergänzt mit angepasstem Verhalten leistungsstarker, aber empfindlicher Atmungsapparat alle Sinne angepasst auf frühes Wahrnehmen von potentieller Gefahr Sehfeld erlaubt annähernden Rundum-Blick zurückgelegte Distanzen von bis zu 17 km / Tag Unbegrenzte Aktionsräume und keine Territorien vorwiegend in langsamer Gangart Verschiebungen oft in Einerreihe 3
4 Aktive Wahl der Aufenthaltsorte Körperpflege Soziale Organisation Sozialverhalten 4
5 Pferde, Bergzebra, Steppenzebra Harems und Junggesellengruppen Afrikan. Wildesel, Asiat. Halbesel, Grevy-Zebra Somali-Wildesel Kulane Kiang Territorien / keine stabilen Familien oft lebenslange Bindung von wenigen nicht verwandten Tieren (meist) 1 Hengst und 1 9 Adultstuten sowie Jungtiere Home Ranges von 0.6 bis 78 km 2 5
6 Gruppengrössen von 2 bis 35 Pferden / ø zwischen 3.4 und 18.1 Abhängig von: Unterschiedlicher Geburtsrate, Fohlensterblichkeit, Alter des Harem-Hengstes, Geschlechter-Verhältnis, Futtervorkommen und Futterqualität Boyd L., Keiper R. (2005): Behavioural ecology of feral horses. In: The Domestic Horse, ed. D.S. Mills & S.M. McDonnell, Cambridge University Press Lockerer Zusammenschluss von mehreren Jung- und gelegentlich Althengsten viele Kampfspiele Kräfte Messen, Festlegung der Rangposition im Alter von 4-5 Jahren vermehrt aktives Aufsuchen der Nähe zu anderen Familieneinheiten Erwachsene Pferde: Stabile, meist lineare Rangordnung Dominanz = erleichterter Zugang zu limitierten Ressourcen wie Wasser, Futter, Schatten, Windschutz Rangposition wird durch Alter und Dauer der Zugehörigkeit zur Familiengruppe bestimmt Rang der Mutter beeinflusst Rang der Nachkommen Erwachsene Hengste meist dominant über Harems-Stuten 6
7 Dominanz ist nicht gleichbedeutend mit Leadership! Leadership: Meist eine ältere erfahrene Stute initiiert eine Verschiebung und führt diese an Keine Korrelation zwischen Dominanz und Leadership Voraussetzung für Leben in der Gruppe: «Verhaltensregeln» Kommunikation (mittels Ausdrucksweisen / «Signalen») Hilft, Auseinandersetzungen «friedlich» zu regeln, ernsthafte Verletzungen zu vermeiden 7
8 Signale der Pferde wie Lautäusserungen, körperliche Ausdrucksweisen, Gerüche werden stets zwischen Mitgliedern der Pferdegruppe ausgetauscht sind für uns Menschen die Grundlage zu sicherem und fairem Umgang mit dem Pferd können nicht alleine auf Grund der Theorie erlernt werden, sondern erfordern Einfühlungsvermögen, Beobachtungsgabe und Erfahrung mit dem Pferd! Weitere Kommunikationsmittel Gerüche prüfen / Markieren akustische Kommunikation Trächtige Stute bleibt aktiv während gesamter Trächtigkeit Normale Trächtigkeitsdauer: 315 bis 365 Tage, ø 340 Tage Geburten meist im Frühling 8
9 Geburt und erste Stunden Ankunft eines neuen Familienmitglieds wird interessiert wahrgenommen Mutterstute (und Vater) beschützen neugeborenes Fohlen halten andere Pferde auf Distanz Geruchtliche Prägung: Beriechen und Belecken des Fohlens dient der Stute für die künftige Erkennung des Fohlens als dasjenige Individuum, welches gesäugt und beschützt wird Fohlen beginnt aufzustehen, zu gehen, nach Euter zu suchen Erste Stunden / Tage nach Geburt Nach einigen Stunden: Mitglieder der Familiengruppe dürfen Kontakt aufnehmen zuerst Fohlen vom Vorjahr Erster Monat Aufwachsen im Familienverband Aufbau sozialer Beziehungen mit anderen Herdenmitgliedern - Spiel mit Gleichaltrigen. Fohlen ist Teil der Familiengruppe; stärkste Bindung zu Mutter, dann zu älterem Geschwister. 9
10 Erster Monat Erster Monat = kritische Periode frei lebender Pferde Hohe Mortalitätsrate auf Grund von Unfällen Verluste durch Raubfeinde Folgende Monate Erkunden, Erfahrungen sammeln, Erlernen der sozialen Regeln Durchlaufen vieler wichtiger Phasen der Verhaltensentwicklung für die Erlangung des arttypischen Verhaltens Verhaltensentwicklung = Resultat angeborener Verhaltensweisen und erlerntem Verhalten Wichtige Faktoren aus räumlicher und sozialer Umwelt müssen in diesen Phasen vorhanden sein Die ganze Familiengruppe ist von Bedeutung! Entwöhnung ca. ½ jährig: Aggressive Abwehrreaktionen Mutter ca. 8 monatig: endgültige Entwöhnung Änderung Zeit-Budget: Nahrungsaufnahme Ruhen Starke Bindung zu Mutter bleibt, wird v.a. vom Fohlen gepflegt 10
11 Geschlechtsreife (Alter von 2 3 Jahren) Stufenweises «Abwandern», Vertriebenwerden oder Entführtwerden. Anschluss an andere Gruppe: Hengste: Junggesellengruppe Stuten: In bestehende Gruppe oder Bildung neuer Familieneinheit mit Hengst Nahrungsaufnahme selektives Aufnehmen von rohfaserreichem Futter max. 12 Sek. an gleicher Stelle kontinuierlicher Nachschub an Nahrung, ca. 16h/Tag mal beissen, Kauschläge Synchrone Fressphasen 11
12 «Liebenthaler Pferde»: Brandenburg, nordöstlich Berlin 80 ha Grasland; ~ 90 Pferde: 6 Familiengruppen, 1 Junggesellengruppe Jahresdurchschnitt der Verhaltensweisen in Minuten von 24 Stunden (Wollenweber 2007) Aufsuchen der Wasserstelle Ein bis drei Mal pro Tag (Namib: Nur alle 30 bis 72 Stunden) Ruheverhalten 12
13 Liegen nur, falls es sicher genug ist! Wache schieben Leicht erhöhte trockene weiche Liegeplätze Kein Liegen in Kot/Urin ca. 7 h Ruhen, davon 1 h liegend Ruhen im Stehen, in Bauchlage, in Seitenlage Artspezifische Bedürfnisse: Ansprüche an die Umwelt 13
14 Bedürfnisse des Pferdes Raum für freie Bewegung und Kontrolle der Umgebung / Wahl des Aufenthaltsortes natürliches Licht und frische Luft Zusammenleben mit Artgenossen, aber mit Möglichkeit, auszuweichen lange Fressdauern, synchrones Fressen, rohfaserreiches Futter, Nahrung grossflächig verteilt trockene, weiche und saubere Liegeplätze, dem ausgeprägten Sicherheitsbedürfnis entsprechend 40 Merci! 14
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