19. Pantaenius-Immobilientagung Die Instandsetzung von Fenstern: Wem gehören sie, wer setzt instand, wer zahlt?
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- Gotthilf Holtzer
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1 19. Pantaenius-Immobilientagung Die : Wem gehören sie, wer setzt instand, wer zahlt? Prof. Dr. Florian Jacoby
2 Agenda I. Grundlagen II. III. IV. Was gehört wem? Wer setzt instand? Wer zahlt? Folie 2
3 1. Regelungsprobleme 21 Abs. 1 WEG: Soweit nicht in diesem Gesetz oder durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer etwas anderes bestimmt ist, steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. 16 Abs. 2 WEG: Jeder Wohnungseigentümer ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Folie 3
4 2. Gesetzliche Weichenstellung Wenn ein Gebäudeteil im gemeinschaftlichen Eigentum steht, dann haben grundsätzlich die Wohnungseigentümer - in der Eigentümerversammlung über die Instandhaltung und Instandsetzung zu entscheiden (Verwaltung) und - die Kosten der Maßnahme nach Miteigentumsanteilen zu tragen (Kostentragung). Wenn eine Sache im Sondereigentum steht, dann - hat der Sondereigentümer zu entscheiden und die Kosten (aus seiner eigenen Beauftragung) selbst zu zahlen, - Beschlüsse der Wohnungseigentümer sind mangels Beschlusskompetenz nichtig. Folie 4
5 3. Gerechtigkeitsgefühl: Individuelle Nutzung von Gemeinschaftseigentum Spezifische Gebrauchsmöglichkeit am Gemeinschaftseigentum - aufgrund von - für Sondereigentum oder Sondernutzungsrecht einzelnen Eigentümer (individuell) oder mehrere Eigentümer (Nutzergruppe, insbesondere Mehrhausanlage) Bewertung/Reaktion - Das gleicht sich schon aus. - Jeder soll für das aufkommen, was er nutzt. Folie 5
6 4. Steuerungsmöglichkeiten 10 Abs. 2 WEG: Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes (...). Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. 10 Abs. 3 WEG: Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, sowie die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. 10 Abs. 4 WEG: Beschlüsse der Wohnungseigentümer gemäß 23 (...) bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch. Folie 6
7 II. Was gehört wem Bestandteile der zum Sondereigentum zählenden Räume sind grds. Sondereigentum ( 5 Abs. 1 WEG) Ausnahmsweise sind die Bestandteile Gemeinschaftseigentum, wenn - Veränderung wäre Beeinträchtigung isv 14 ( 5 Abs. 1 WEG), - Äußere Gestaltung des Gebäudes bestimmt ( 5 Abs. 1 WEG), - Für Bestand oder Sicherheit erforderlich ist ( 5 Abs. 2 WEG), - Dient zum gemeinschaftlichen Gebrauch ( 5 Abs. 2 WEG), - Zu Gemeinschaftseigentum erklärt ( 5 Abs. 3 WEG) Folie 7
8 Fenster sind Gemeinschaftseigentum BGH v V ZR 46/13: Kellerausgangstür, Nebenausgangstür und Fenster stehen zwingend im Gemeinschaftseigentum. Denn: Fenster sind Gebäudebestandteile, und bestimmen das äußere Erscheinungsbild, sind regelmäßig für Bestand und Sicherheit erforderlich. Folie 8
9 Keine Sondereigentumszuweisung in TE Beispiel aus einer Teilungserklärung: Fenster gehören zum Sondereigentum. Welche Wirkungen äußert diese Regelung? BGH v V ZR 57/12: Durch die Teilungserklärung kann Sondereigentum an wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes nicht begründet werden; 5 Abs. 3 WEG lässt nur ungekehrt die Zuweisung von Bestandteilen zum Gemeinschaftseigentum zu. Die gesetzliche Zuweisung von Bestandteilen zum Gemeinschaftseigentum durch 5 WEG ist indes zwingend und kann nicht durch Vereinbarung verändert werden. OLG Karlsruhe v WX 115/08: Ist die Zuweisung von Bauteilen zum Sondereigentum dinglich unwirksam, kann die gem. 140 BGB gebotene Umdeutung für Bauteile im räumlichen Bereich des Sondereigentums (hier: Fenster- und Türelemente) ergeben, dass für sie die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht auf eigene Kosten bei den jeweiligen Wohnungseigentümern liegen soll. Folie 9
10 III. Wer setzt instand? Nach Gesetz ist Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung durch die Eigentümer. Vereinbarung der Eigentümer kann Instandsetzungsverantwortlichkeit verlagern. Beschlussweise Verlagerung ( Jeder Eigentümer setzt sein Fenster selbst instand ) ist mangels Beschlusskompetenz nichtig. Folie 10
11 Drohende Haftung der Eigentümer BGH v V ZR 9/14: 1. Entspricht nur die sofortige Vornahme einer zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Sanierungsmaßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, ist für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten oder des Alters einzelner Wohnungseigentümer kein Raum. 2. Erleidet ein einzelner Wohnungseigentümer einen Schaden an seinem Sondereigentum, weil eine Beschlussfassung über die sofortige Vornahme derartiger Instandsetzungsmaßnahmen unterblieben ist, so trifft die Verpflichtung zum Schadensersatz nicht den rechtsfähigen Verband, sondern diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben. Folie 11
12 BGH lässt Vereinbarung zu! BGH v V ZR 46/13: Die genannten Bestimmungen verpflichten den einzelnen Wohnungseigentümer zur Instandhaltung und Instandsetzung von im Gemeinschaftseigentum stehenden Türen und Fenstern, die sich im Bereich seines Sondereigentums befinden; BGH v V ZR 174/11: Damit wird nicht nur die Kostenlast geregelt (zu einer derartigen Regelung vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni V ZR 2/10), sondern auch die Verwaltungsbefugnis im Hinblick auf diesen Teil des Gemeinschaftseigentums. Folie 12
13 Auslegungsprobleme Nach der Teilungserklärung umfasst die Instandsetzungspflicht insbesondere die Türen und Fenster einschließlich Rahmen und Verglasung, ausgenommen den Farbanstrich der Außenseite der Wohnungsabschlusstüren und Fenster. In wessen Verantwortlichkeit fällt der Austausch der Fenster? BGH v V ZR 46/13: Da schon der Anstrich nicht von der Instandsetzungspflicht erfasst wird, muss das erst recht für den Austausch gelten; also ist die Gemeinschaft verpflichtet. Folie 13
14 IV. Wer zahlt? Gesetzliche Kostenverteilung: MEA aufgrund von 16 Abs. 2 WEG Abweichende Vereinbarung der Eigentümer Beschlussfassung auf Grundlage von 16 Abs. 4 WEG Folie 14
15 Vereinbarung Beispiel: In der Teilungserklärung heißt es u. a.: Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.b. Fenster), werden auf dessen Kosten instand gesetzt und instand gehalten. Folge: Über die Maßnahme hat die Eigentümerversammlung zu beschließen, die Kosten sind abweichend von 16 Abs. 2 WEG den betroffenen Eigentümern aufzuerlegen. Folie 15
16 Kostenregelung durch Beschluss 16 Abs. 4 WEG: 1 Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln (...). 2 Der Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung nach Satz 1 bedarf einer Mehrheit von - drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des 25 Abs. 2 und - mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. Folie 16
17 Beispiel Neuanlage Lassen sich in einer neuen WEG-Anlage über 16 Abs. 4 WEG anfechtungsfest die Kosten für die Sanierung von bestimmten Fenstern, den nutzenden/betroffenen Eigentümer auferlegen? BGH v V ZR 164/09: grds. nicht ordnungsmäßig, also anfechtbar, da - entweder jetzt (allein) zahlender Eigentümer bei künftiger Sanierung weiterer Fenster nach Gesetz ( 16 II WEG) fremde Fenster mitbezahlen muss, was ungerecht wäre, - oder aus Gedanke der Gleichbehandlung eine Bindung folgt, dass künftig immer Fenster selbst zu bezahlen sind, was aber dagegen verstieße, dass 16 Abs. 4 Beschluss nur Wirkungen für Einzelfall äußern darf. Folie 17
18 Abwandlung: Altanlage mit gefestigter Übung In der Vergangenheit wurden in einer Anlage stets Fenster von den betroffenen Eigentümern bezahlt, obwohl die Gemeinschaftsordnung keine entsprechende (wirksame) Regelung enthält. Die Fenster eines Eigentümers sind sanierungsbedürftig und er verlangt Austausch. Lassen sich die Kosten der Maßnahme über 16 Abs. 4 WEG mit der erforderlichen Mehrheit dem betroffenen Eigentümer auferlegen? Folie 18
19 Lösung: Abwandlung Eine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es noch nicht, in BGH v V ZR 164/09 gab es keine gefestigte Übung in der Anlage. Meines Erachtens ist der Beschluss ordnungsmäßig und daher nicht anfechtbar, - weil der Verteilungsmaßstab der jetzt zu beschließenden Maßnahme die bisherige Praxis fortsetzt. - Ordnungsmäßigkeit ergibt sich aus Vergangenheit, ohne dass im Unterschied zu BGH v V ZR 164/09 Bindung für die Zukunft (!) damit einhergeht. Folie 19
20 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Florian Jacoby Direktor der Forschungsstelle für Immobilienrecht, Universität Bielefeld Universitätsstr. 25, Bielefeld Folie 20
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