Der Anspruch des Literaturbegriffs
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- Kevin Ursler
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1 Germanistik Miriam Böttcher Der Anspruch des Literaturbegriffs Rezension / Literaturbericht
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3 Literarische Erörterung Thema: Da die gesamte Gesellschaft größten Wert auf angenehme Gefühle legt, ist es gut, das Unangenehme zu betonen. Eines der Rechte der Literatur ist das Recht auf Unklarheit, darauf, eben nicht Spaß zu machen. Die Literatur ist eine Gegenkraft. ( Michel Houellebecq ) Der Anspruch des Literaturbegriffs Bei dem Thema meiner literarischen Erörterung handelt es sich um eine These von Michel Houellebecq. Er beschreibt darin das Verhältnis der Literatur zur Einstellung der Gesellschaft. Die These lässt sich in drei Abschnitte aufteilen. Zunächst geht er darin auf die Bedürfnisse der Gesellschaft heute ein und nennt gleichzeitig die Gegenbewegung zur Lebenseinstellung jener. Dann bringt er die Literatur mit in die These ein, indem er ihr das Recht auf Unklarheit zugesteht. Des weiteren beschreibt er die Literatur, welche seiner Meinung nach eine Gegenkraft ist. Houellebecq befürwortet in seiner These unangenehme Literatur. Da die Gesellschaft eine Spaßgesellschaft zu sein scheint, müsse die Literatur dieser Einstellung mit Unklarheit entgegentreten. Das Unangenehme soll hervorgehoben werden. Die Literatur stellt nach Houellebecq eine Kraft dar, welche sich stets umgekehrt zu der Gesellschaft, in der sie entsteht, verhält. Ich denke, die These ist sehr aktuell, denn die Gesellschaft, die größten wert auf angenehme Gefühle legt, entspricht der heutigen Gesellschaft vollkommen. Unangenehme werden erträglich gemacht, indem man beispielsweise dem Prinzip der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung folgt. Selbst während der Arbeit ist stets für das leibliche Wohl gesorgt und den Feierabend verbringt man vor dem Fernseher. Selbst das Lesen ist den meisten Menschen zu unbequem. Die eigene Phantasie weicht der Berieselung. Die Literatur jedoch soll sich von dieser Entwicklung abheben. Doch was bedeutet Unangenehmes für die Gesellschaft? Etwas Unangenehmes in der Literatur kann viele Ursprünge haben. Beispiele dafür sind ein hohes sprachliches Niveau, ein unangenehmer Inhalt, ein an sich schwieriges Thema oder ein weiter Deutungsbereich, sowie offene Unklarheiten. All diese Eigenschaften setzen voraus, dass sich der Leser intensiv mit der Lektüre beschäftigt, somit müsste die Berieselung durch elektronische Medien der eigenen aktiven Bemühung weichen. Das von Houellebecq angesprochene Recht auf Unklarheit der Literatur, leite ich davon ab, dass die Intention der Literatur nicht darin liegt, möglichst verständlich und trivial zu sein. Literatur ist Kunst und Kunst hat den Anspruch die Position des Verfassers zu ihn bewegenden Themen darzustellen, zu appellieren, zu mobilisieren und 2
4 zu dokumentieren; doch vor allem den Konsumenten der Kunst zum Denken anzuregen. Hier liegt die Verknüpfung zum ersten Teil der These. Will ein Künstler durch sein Werk etwas erreichen oder aussagen, so muss er es interessant und diskussionswürdig gestalten. Ein wirksames Mittel aufzufallen ist es unangenehme Dinge anzusprechen und offen darzustellen. Unklare Dinge sind unbequem, unangenehm und provokativ. Durch diese Eigenschaften kann der Künstler, in unserem Fall der Autor, die Aufmerksamkeit des Lesers auf sein Anliegen ziehen. Zudem ist das Unangenehme an der Literatur der Widerhaken, der sie in unserer Erinnerung haften lässt. Der dritte Teil knüpft an meine Deutung der These an. Wenn die Literatur eine Gegenkraft ist, dann provoziert sie die Gesellschaft, denn sie richtet sich gegen deren Einstellung. Der dritte Teil der These ist eine Verallgemeinerung des ersten und des zweiten Teils der These, da sie sich nicht nur auf die heutige Zeit sondern auf die Literatur allgemein bezieht. Das bedeutet, dass die Literatur sich mit der Gesellschaft, in der sie entsteht, verändert. Betrachtet man die Literatur im Vergleich mit der Epoche, in der sie entstanden ist, erkennt man oft die Eigenschaft großer, noch heute bekannter Werke, unbequem für die damalige Gesellschaft zu sein, Dafür gibt es viele Gründe. Ein Beispiel dafür ist Effi Briest von T. Fontane. Er stellt darin dar, wie die damalige Gesellschaft auf Menschen wirkte und was sie aus ihnen machte. Er kritisiert das Diktat der gesellschaftlichen Normen und stellt das Duell in Frage. Damit richtet er sich gegen die Gesellschaft und deren Eigenschaften, denn er fügt sich nicht ihren Regeln, sondern dokumentiert und kritisiert sie. Versetzt man sich also in die Zeit Fontanes zurück, muss es für die Leser von Effi Briest sehr unangenehm gewesen sein zu sehen, wie Effi Briest und Major Crampas an den Regeln der Gesellschaft zugrunde gehen. Zudem war es für sie unbequem sich damit auseinander zu setzen, ob Instetten und Wüllersdorf nicht Recht haben, wenn sie ihre Zweifel über die Gesellschaft äußern. Ein weiteres unbequemes Element ist der Chinesenspuk, welcher nie völlig aufgeklärt wird. Dadurch muss der Leser sich über die Eigenschaften der Charaktere informieren und ihre Beziehungen und Interessen kennen. Dies setzt eine gründliche Auseinandersetzung mit dem gesamten Werk voraus. Hier ist das Werk jedoch vorwiegend eine Gegenkraft. Ein anderes Beispiel für die Funktion als Gegenkraft der Literatur ist Kabale und Liebe von Schiller. Es setzt sich mit der problematischen Ständegesellschaft auseinander. Hier entstehen jedoch keine Unklarheiten, das Werk selbst ist durch das provokative Thema und die heftige Kritik spektakulär genug. Die Aktualität des Dramas, welches noch heute aufgeführt wird, liegt darin, dass Durchbrechen gesellschaftlicher Schranken heute in anderer Form sehr aktuell ist. Doch nicht nur in früheren Zeiten war die Literatur vom Aufbereiten unangenehmer Themen 3
5 geprägt. Der Vorleser beispielsweise beschäftigt sich mit der Zeit des Nationalsozialismus und den Folgen sowie dessen Wirkung auf die Menschen. Das Aufbereiten unliebsamer Themen ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit Literatur erfolgreich unangenehm zu gestalten. Auch die Sprache spielt eine große Rolle bei der Gestaltung der Literatur. Ein Beispiel mit dessen Hilfe ich Houellebecqs These bekräftigen kann, ist Das Parfüm von P. Süskind. Obwohl es sich nicht direkt mit der Epoche seiner Entstehung beschäftigt, hat es großen Erfolg und ist gleichzeitig literarisch anspruchsvoll. In diesem Roman ist die Sprache ein wichtiges Mittel um den Leser abzustoßen. Die Hauptperson Grenouille wird mit Tiernamen beschrieben und Süskind gibt ihm tierische Eigenschaften. Zudem ist die Handlung angereichert mit Themen wie Krankheit, Mord und Perversion. Süskind nutzt also auch den Effekt des Entsetzens um sein Buch und seine Intention einzubetten. Ein Paradebeispiel dafür, wie man Literatur anspruchsvoll und zunächst unklar gestaltet, ist Kafka. Ich möchte zur Begründung sein Werk Die Verwandlung heranziehen. Gregor, ein normaler Mann verwandelt sich plötzlich in einen Käfer. Allein diese Tatsache scheint völlig unklar. Bei Kafkas Werk gibt es Unklarheiten und Anomalien zu deuten. Damit ist der Leser gezwungen sich tiefgründig mit der Verwandlung Gregors und deren Umständen zu beschäftigen. Nur durch diese Beschäftigung mit dem Werk ist die Gesamtaussage zu erarbeiten. Die Unklarheit und die drastische Verwandlung sind außerdem nötig um die drastischen Familienverhältnisse zu verdeutlichen. Kafka muss nicht erklären, wie es möglich ist, dass sich ein Mann in einen Käfer verwandelt. Das ist nicht die Aufgabe des Autors. Die Aufgabe des Autors ist es seine Ziele durch die geeigneten literarischen Mittel zu verwirklichen. Zur Unterstützung möchte ich den Ausspruch von Heinrich Böll Das Gegenteil von Kunst ist gut gemeint zur Hilfe nehmen. Literatur ist eine Form der Kunst und die Aufgabe eines Autors ist es nicht, es gut zu meinen und seinen Lesern trivialen Stoff häppchenweise zu verfüttern. Seine Aufgabe ist es brisante Themen in eine anspruchsvolle, dem Thema angemessene Form zu bringen und den Leser zu fordern. Dabei spielt Unklarheit der Literatur eine große Rolle, denn nur unklare Dinge werden mehrmals gelesen, tiefer und gründlicher bearbeitet und analysiert. Als letztes Beispiel, das für Houellebecqs These spricht, möchte ich eines der wichtigsten deutschen Werke anführen. Faust von Goethe ist eines der anspruchsvollsten, meistgelesenen und bekanntesten Dramen in Deutschland. Er vereint in sich mehrere Mittel der Unklarheit und des Unangenehmen. Die Wortwahl erschwert es uns die Texte auf Anhieb zu verstehen. Zudem wird die Bedeutung der Sätze oft verschleiert. Fasut hat außerdem einen doppelten Rahmen, welcher das Verständnis ebenfalls erschwert, sofern man sich nicht intensiv damit auseinandersetzt. Die Handlung selbst ist kompliziert, da 4
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4. Schritt FASSUNG 1 Der deutsche Erfolgsautor Patrick Süskind stellte in seinem 1995 entstandenen Prosatext Der Zwang zur Tiefe eine junge Künstlerin in den Mittelpunkt des Geschehens. Der Text geht der
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